Inhalt

VG München, Urteil v. 12.05.2021 – M 7 K 20.3447
Titel:

Zum Gebot der Spiegelbildlichkeit der Ausschussbesetzung

Normenkette:
BayGO Art. 33 Abs. 1, Art. 46 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Jeder Ausschuss eines Gemeinderats muss in seiner Zusammensetzung ein verkleinertes Abbild des Plenums darstellen und dessen Zusammensetzung widerspiegeln. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
2. Kommunale Gremien haben als Ausfluss ihrer Organisationskompetenz die Wahlmöglichkeit unter den verschiedenen, den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Prinzips der repräsentativen Demokratie und des Gebots der Wahlgleichheit gerecht werdenden Berechnungsverfahren; die einzelnen Fraktionen haben keinen Anspruch auf die Wahl eines für sie mathematisch vorzugswürdigen Verfahrens. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kommunalverfassungsstreit, Spiegelbildlichkeit der Ausschussbesetzung, Spiegelbildlichkeit, Ausschussbesetzung, Hare-Niemeyer-Verfahren, Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren, Verfahren d´Hondt, Willkürverbot
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 21.10.2021 – 4 ZB 21.1776
Fundstelle:
BeckRS 2021, 30612

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten über die Zusammensetzung der Ausschüsse des Gemeinderats der Beklagten.
2
Nach der Kommunalwahl am 15. März 2020 hat sich für den aus insgesamt 24 ehrenamtlichen Gemeinderatsmitgliedern bestehenden Gemeinderat der Beklagten folgende Sitzverteilung ergeben:
Christlich-Soziale Union (CSU): 9 Bündnis 90/DIE GRÜNEN: 4 Sozialdemokratische Partei (SPD): 4 Junge Union (JU) 3 Vereinigte Freie Wählergemeinschaft (VFW): 2 Freie Demokratische Partei (FDP): 2
3
In der konstituierenden Sitzung am 11. Mai 2020 gab sich der (neue) Gemeinderat der Beklagten unter dem Tagesordnungspunkt 3 eine Geschäftsordnung, die hinsichtlich der Besetzung der Ausschüsse unter anderem Folgendes regelt:
§ 6 Bildung, Vorsitz, Auflösung
(1) In den Ausschüssen nach § 2 der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts sind die den Gemeinderat bildenden Fraktionen und Gruppen unter Berücksichtigung von Ausschussgemeinschaften gemäß ihren Vorschlägen nach dem Verhältnis ihrer Stärke vertreten (Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO). Die Sitze werden nach dem Verfahren Hare-Niemeyer verteilt. Dabei wird die Zahl der Gemeinderatssitze jeder Fraktion, Gruppe oder Ausschussgemeinschaft mit der Zahl der zu vergebenden Ausschusssitze multipliziert und durch die Gesamtzahl der Gemeinderatssitze geteilt. Jede Fraktion, Gruppe oder Ausschussgemeinschaft erhält zunächst so viele Sitze, wie ganze Zahlen auf sie entfallen. Die weiteren zu vergebenden Sitze sind in der Reihenfolge der höchsten Zahlenbruchteile, die sich bei der Berechnung nach Satz 3 ergeben, auf die Fraktionen, Gruppen oder Ausschussgemeinschaften zu verteilen. Haben Fraktionen oder Gruppen den gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz, so entscheidet die größere Zahl der bei der Gemeinderatswahl auf die Wahlvorschläge der betroffenen Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen; bei Beteiligung einer Ausschussgemeinschaft entscheidet das Los. Wird durch den Austritt oder Übertritt von Gemeinderatsmitgliedern das ursprüngliche Stärkeverhältnis der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen oder Gruppen verändert, so sind diese Änderungen nach den Sätzen 2 bis 5 auszugleichen (Art. 33 Abs. 3 Satz 1 GO); haben danach Fraktionen, Gruppen oder Ausschussgemeinschaften den gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz, so entscheidet das Los.
4
Die Geschäftsordnung wurde mit 19 (Ja) zu 6 (Nein) Stimmen beschlossen. Ein Änderungsantrag des Vertreters der Klägerin (Nr. 3), dass das Berechnungsverfahren nach Hare-Niemeyer nicht zur Anwendung kommen und die Sitze nach dem Verfahren Sainte-Laguë/Schepers verteilt werden sollten, wurde mit 6 (Ja) zu 19 (Nein) Stimmen abgelehnt. Ein weiterer, ebenfalls unter dem Tagesordnungspunkt 3 gestellter Antrag des Klägervertreters (Nr. 5), dass die Ausschüsse mit elf anstatt mit zehn Sitzen zu besetzen seien, wurde ebenfalls mit 6 (Ja) zu 19 (Nein) Stimmen abgelehnt.
5
Die Zahl und die Kopfstärke der ständigen Ausschüsse ist in § 2 der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts geregelt. In der konstituierenden Sitzung wurde unter dem Tagesordnungspunkt 6 einstimmig eine Änderungssatzung beschlossen, nach der die Zahl der ständigen Ausschüsse auf vier (zuvor: fünf) reduziert und die Kopfstärke teilweise verkleinert wurde. Nach dem geänderten § 2 der Satzung bestehen Haupt-, Bau- und Ferienausschuss aus jeweils zehn (zuvor: elf) ehrenamtlichen Gemeinderatsmitgliedern zuzüglich des Vorsitzenden und der Rechnungsprüfungsausschuss aus sieben ehrenamtlichen Gemeinderatsmitgliedern (zuvor: sechs zuzüglich des Vorsitzenden).
6
Unter dem Tagesordnungspunkt 8 der konstituierenden Sitzung wurden die Ausschusssitze nach dem Verfahren Hare-Niemeyer besetzt. Hiernach ergab sich für den Haupt-, Bau- und Ferienausschuss folgende Sitzverteilung:

CSU

Bündnis 90/

DIE GRÜNEN

SPD

FDP

VFW

JU

4

1

2

1

1

1

7
Die Besetzung wurde mit 22 (Ja) zu 3 (Nein) Stimmen beschlossen.
8
Die Beigeladenen zu 5) und zu 6) (FDP/VOLT) bilden eine Ausschussgemeinschaft, wobei der Beigeladene zu 6) aus der FDP aus- und der VOLT beigetreten ist.
9
Am 12. Mai 2020 erhob der Vertreter der Klägerin, der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, beim Landratsamt München eine Beschwerde über die Ausschussgrößen. Das Landratsamt teilte ihm mit Schreiben vom 10. Juni 2020 mit, dass kein Anlass für rechtsaufsichtliches Einschreiten bestehe und bei der Bildung der Ausschussgrößen weder der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit, noch das Willkürverbot verletzt worden sei.
10
Ein in der Gemeinderatssitzung vom 7. Juli 2020 gestellter Antrag der Klägerin auf Erlass einer Satzung zur Änderung der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrecht wurde mit 19 (Ja) zu 5 (Nein) Stimmen abgelehnt.
11
Am 30. Juli 2020 reichte die Klägerin mittels EGVP Klage gegen die Besetzung der Ausschüsse wegen Missachtung des Gebots der Spiegelbildlichkeit ein. Zur Begründung wurde vorgetragen, die Verteilung der Ausschusssitze entspreche nicht dem Gebot der Spiegelbildlichkeit nach Art. 33 Abs. 1 GO. Trotz gleicher Anzahl an Gemeinderatssitzen (vier) sei die SPD in den Ausschüssen mit zwei Sitzen doppelt so stark vertreten wie sie selbst. Die CSU sei im Gemeinderat etwas mehr als doppelt so stark wie sie, in den Ausschüssen habe sie jedoch viermal so viele Sitze. Dies sei eine grobe, durchaus vermeidbare Verzerrung der Stärkeverhältnisse im Gemeinderat. Die grundsätzlich freie Wahl von Ausschussgröße und Verteilungsverfahren entbinde die Gemeinde nicht davon, dem Stärkeverhältnis der im Gemeinderat vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Ausgehend von den mit zehn ehrenamtlichen Gemeinderäten besetzten Ausschüssen wäre das Verteilungsverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers das Verfahren der Wahl. Wolle man die Fehler in der Proportionalität nicht nur bei gegebener Sitzzahl minimieren, sondern auch absolut verringern, wäre die bisherige Ausschussstärke von elf statt zehn beizubehalten. Das Unterlassen jeglichen Optimierungsversuchs verstoße gegen die Chancengleichheit, da der Erfolg der vertretenen Parteien und Gruppierungen ohne zwingenden sachlichen Grund ungleich gewichtet werde. Die Divisormethode nach Sainte-Laguë/Schepers liefere hinsichtlich der Proportionalität nachweislich immer das optimale Ergebnis. Hiernach seien 2,6 Gemeinderatssitze für einen Ausschusssitz einzubringen, im Anschluss erfolge die übliche Rundung (Standardrundung):

CSU: 3,46

SPD: 1,54

Grüne: 1,54

JU: 1,15

FDP: 0,77

VFW: 0,77

CSU: 3

SPD: 2

Grüne: 2

JU: 1

FDP: 1

VFW: 1

In Erwartung von Einwendungen der CSU sei alternativ eine Sitzzahl von elf vorgeschlagen worden, bei der jedes der drei Verteilungsverfahren zum gleichen Ergebnis führe (4/2/2/1/1/1). Bei der Anhörung zum Thema „Sitzzuteilungsverfahren bei Kommunalwahlen im Freistaat“ im Bayerischen Landtag am 18. Oktober 2017 habe es kritische Äußerungen gegeben. Die freie Festlegung von Ausschussgrößen und Verteilungsverfahren nach der Wahl (ex post) öffne dem Missbrauch Tür und Tor. Die Grenzen zwischen einem unvermeidlichen Jonglieren und einer nachträglichen Manipulation des Wahlergebnisses seien fließend. Indizien für einen Verstoß gegen das Willkürverbot seien, dass die Klägerin nicht vorab konsultiert worden sei und die Verwaltung keine Alternativen mit Beispielrechnungen präsentiert habe. Alle Unterlagen seien auf eine Ausschussgröße von zehn und das Verfahren Hare-Niemeyer abgestellt gewesen. Die Verkleinerung der Ausschüsse sei ohne jede Begründung erfolgt. Pattsituationen seien in den vergangenen Jahren ebenso wenig ein Thema gewesen wie Fragen der Effizienz, die sich bei der Wahl zwischen einem 10er- und einem 11er-Ausschuss auch kaum stellen dürften.
12
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass die von der Beklagten am 11. Mai 2020 vorgenommene Verteilung der Ausschusssitze von 1. Bauausschuss, 2. Ferienausschuss, 3. Hauptausschuss nicht dem Gebot der Spiegelbildlichkeit entspricht und damit rechtswidrig ist. Die Beklagte ist zu verpflichten, eine den Vorgaben des Art. 33 Abs. 1 BayGO entsprechende Ausschussbesetzung zu beschließen.
13
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
14
Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 22. September 2020 vorgetragen, der Gemeinderat habe in seiner konstituierenden Sitzung am 11. Mai 2020 die Reduktion der Ausschusskopfgröße von bisher elf Gemeinderatsmitgliedern auf jetzt zehn Gemeinderatsmitglieder jeweils plus dem ersten Bürgermeister beschlossen. Die Ladung für die Sitzung mit allen Beschlussunterlagen sei am 4. Mai 2020 erfolgt. Schon im Vorfeld der Ladung sei den Gemeinderatsmitgliedern durch den Bürgermeister vorab per E-Mail ein Entwurf der neuen Geschäftsordnung verbunden mit dem Hinweis, dass diese komplett neu aufgesetzt werden solle, zugeleitet worden. Nach der Verabschiedung der Geschäftsordnung und der Ablehnung eines Änderungsantrags des Vertreters der Klägerin zur Änderung des Verteilungsverfahrens sei die Sitzverteilung in den Ausschüssen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Geschäftsordnung nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren erfolgt. Nach § 6 Abs. 1 Satz 6 Geschäftsordnung sei bei gleichem Anspruch auf einen Ausschusssitz die größere Zahl der abgegebenen Stimmen ausschlaggebend. Da auf die SPD 26.322 Wählerstimmen und auf die Klägerin 22.119 Wählerstimmen entfallen seien, habe der zu vergebende Ausschusssitz der SPD-Fraktion zugestanden. Ein Änderungsantrag des Vertreters der Klägerin, die Pattsituation mit Losentscheid aufzulösen, sei ebenfalls abgelehnt worden. Die Änderung der Satzung und damit die Verkleinerung der Kopfstärke in den Ausschüssen sei einstimmig beschlossen worden. Die verschiedenen Möglichkeiten für Ausschussgrößen und Pattauflösung seien in der Sitzung diskutiert worden. Ein unter dem Tagesordnungspunkt 3 gestellter Antrag eines Mitglieds der VFW-Fraktion zur Festlegung der Kopfzahl auf elf plus den ersten Bürgermeister sei abgelehnt worden. Auch die Kommunalaufsicht habe keinen Anlass gesehen, die Ausschussgröße, den Ablauf und das Verfahren bei der Bildung der Ausschüsse zu monieren. In der Sitzung vom 7. Juli 2020 sei ein Antrag der Klägerin zur Vergrößerung der Ausschüsse auf elf Gemeinderatsmitglieder plus ersten Bürgermeister abgelehnt worden. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage sei aufgrund ihrer Subsidiarität zu der hier statthaften allgemeinen Leistungsklage unzulässig. Sofern die Klägerin auch die zahlenmäßige Verkleinerung der Ausschüsse angreife, fehle es ihr am Rechtsschutzbedürfnis. Sie habe ihr Klagerecht durch ihr widersprüchliches Verhalten verwirkt, da sie der Verkleinerung der Ausschüsse selbst zugestimmt habe. Soweit sie rüge, hierzu im Vorfeld nicht vom Bürgermeister konsultiert worden zu sein, sei zu entgegnen, dass es kein solches Informationsrecht gegenüber der Gemeindeverwaltung gebe. Es sei Pflicht des einzelnen Gemeinderats, sich vor der Beschlussfassung eigenverantwortlich über die maßgebliche Rechtslage Klarheit zu verschaffen. Die Gemeinderäte seien mit der Ladung am 4. Mai 2020 über die geplante Satzungsänderung informiert worden. Neue Gesichtspunkte, die ein Rechtsschutzbedürfnis begründen würden, seien nicht hinzugetreten. Die Klage sei auch unbegründet, da die Mitgliederzahlen des Bau-, Ferien- und Hauptausschusses nicht dem Gebot der Spiegelbildlichkeit des Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO widersprächen. Es gebe keinen Anspruch auf Anwendung eines aus Sicht der Klägerin mathematisch vorzugswürdigen Verfahrens. Die Entscheidung über die Ausschussbesetzung als Ausfluss der Organkompetenz kommunaler Gremien finde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs erst ihre Grenze, wenn durch die Wahl der Methode vermeidbare Überaufrundungen ausgeschlossen werden könnten. Der Kommunalgesetzgeber habe, da sich mit keinem der Verfahren eine exakte Spiegelbildlichkeit erreichen ließe, ebenso wie der Verfassungsgeber darauf verzichtet, die örtlichen Volksvertretungen auf die Wahl des jeweils „bestmöglichen“ Verfahrens festzulegen. Bei einer maßstabsgetreuen Verkleinerung des Gemeinderats auf einen Ausschuss mit zehn Sitzen entfielen auf die CDU 3,75 Sitze, Bündnis 90/DIE GRÜNEN 1,67 Sitze, die SPD 1,67 Sitze, die FDP 0,83 Sitze, die VFW 0,83 Sitze und die JU 1,25 Sitze. Das angewendete Verfahren nach Hare-Niemeyer sei grundsätzlich für kleinere Gruppen und damit auch für die Klägerin vorteilhaft. Da die SPD-Fraktion und die Klägerin denselben Anspruch auf einen Sitz gehabt hätten, sei der Sitz der SPD-Fraktion, wie in Art. 33 Abs. 1 Satz 3 GO, § 6 Abs. 1 Satz 6 Geschäftsordnung vorgesehen, aufgrund der höheren Anzahl der Wählerstimmen zugesprochen worden. § 6 Abs. 1 Geschäftsordnung i.V.m. § 2 Abs. 1 der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts genüge den gesetzlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO. Nach Hare-Niemeyer ergebe sich folgende Sitzverteilung:

Partei

Sitze Gemeinderat

Sitze Ausschuss

Anzahl

Anteil

Anzahl

Anteil

CSU

9

37,5%

4

40,0%

Grüne

4

16,7%

1

10,0%

SPD

4

16,7%

2

20,0%

JU

3

12,5%

1

10,0%

FDP

2

8,3%

1

10,0%

VFW

2

8,3%

1

10,0%

Sitze

24

10

Eine Verteilung nach dem von der Klägerin geforderten Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren oder nach dem Verfahren d´Hondt käme einem spiegelbildlichen Abbild nicht näher:
Sitzverteilung nach Sainte-Laguë/Schepers:

Partei

Sitze Gemeinderat

Sitze Ausschuss

Anzahl

Anteil

Anzahl

Anteil

CSU

9

37,5%

3

30,0%

Grüne

4

16,7%

2

20,0%

SPD

4

16,7%

2

20,0%

JU

3

12,5%

1

10,0%

FDP

2

8,3%

1

10,0%

VFW

2

8,3%

1

10,0%

Sitze

24

10

Sitzverteilung nach d´Hondt:

Partei

Sitze Gemeinderat

Sitze Ausschuss

Anzahl

Anteil

Anzahl

Anteil

CSU

9

37,5%

4

40,0%

Grüne

4

16,7%

2

20,0%

SPD

4

16,7%

2

20,0%

JU

3

12,5%

1

10,0%

FDP

2

8,3%

0

0,0%

VFW

2

8,3%

1

10,0%

Sitze

24

10

Nach dem Verfahren Sainte-Laguë/Schepers wäre die Abweichung zulasten der CSU-Fraktion mit 7,5% höher als zulasten der Klägerin mit 6,7% nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren. Nach dem Verfahren d´Hondt wäre die Abweichung zulasten der FDP-Fraktion mit 8,3% höher als nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren, die dann gar nicht mehr im Ausschuss vertreten wäre. Nach dem Verfahren Hare-Niemeyer habe weder eine Fraktion noch zwei Fraktionen gemeinsam im Ausschuss die absolute Mehrheit, obwohl dies im Plenum nicht der Fall wäre, und es käme auch nicht zu einer Überaufrundung. Der Gemeinderat habe sich im Rahmen seiner Organisationshoheit bewegt und das Gebot der Spiegelbildlichkeit nicht verletzt. Anlass für die von der Klägerin erwähnte Expertenbefragung vom 18. Oktober 2017 sei eine im Rahmen einer Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes angedachte verbindliche Rückkehr zum Sitzverteilungsverfahren nach d´Hondt bei Kommunalwahlen gewesen. Das Berechnungsverfahren für Ausschusssitze sei jedoch nicht an das Berechnungsverfahren für Kommunalwahlen gekoppelt, welches in der Vergangenheit mehrmals gewechselt habe. Die Festsetzung der Ausschussgröße sei von der Organisationshoheit des Gemeinderats umfasst. Dem Gemeinderat stehe die Einschätzung zu, bei welcher Größe das jeweilige Gremium sachgerecht arbeiten könne. Eine Ausschusskopfstärke von zehn Gemeinderatsmitgliedern plus dem ersten Bürgermeister sei weder besonders klein noch ungewöhnlich. Es bestehe kein Anspruch auf eine das Spiegelbildlichkeitsgebot optimierende Ausschussgröße. Die Reduzierung vermeide effektiv Pattsituationen bei Abstimmungen, zudem sei in den Abwägungsprozess mit eingeflossen, dass ein kleineres Gremium effizienter arbeiten könne und dadurch die Willensbildung fördere.
15
Die Klägerin replizierte mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2020, sie habe sich aufgrund der verschiedenen Kombinationen aus Zuteilungsverfahren und Ausschussgröße für die subsidiäre Feststellungsklage entschieden. Zu jeder konkreten, grundsätzlich einklagbaren Leistung (z.B. Ausschussbesetzung nach Sainte-Laguë/Schepers) gebe es eine Alternative (z.B. 11er-Ausschuss). Bei der Zustimmung habe es sich um einen „Betriebsunfall“ gehandelt. Wenn es keine Wortmeldungen gebe, vergingen vom Aufruf eines Tagesordnungspunkts bis zur Abstimmung oft nur Sekunden. In diesen Sekunden sei es ihr nicht mehr gegenwärtig gewesen, dass die Ausschussgröße Teil der Satzung gewesen sei. Unter dem Tagesordnungspunkt 3 sei über die Ausschussgröße bereits gesprochen und abgestimmt worden, sodass das Thema aus ihrer Sicht abgehakt gewesen sei. Zudem sei die „Schuld“ verteilt. Art. 33 Abs. 1 Satz 1 GO gebe klar vor, dass die Zusammensetzung der Ausschüsse in der Geschäftsordnung zu regeln sei. Zum anderen hätte eine aufmerksame Sitzungsleitung über strittige Punkte nicht im Paket, sondern gesondert abstimmen lassen. Der Verweis auf Treu und Glauben führe ins Leere, da niemand durch die Abstimmung getäuscht worden sei. Zudem fehle für eine Verwirkung das Zeitmoment. Die Beschwerde der Klägerin über die Ausschusszusammensetzung sei bereits am Tag nach der bis 23:20 Uhr dauernden, konstituierenden Sitzung - also am 12. Mai 2020 - beim Landratsamt eingegangen. Die irrtümliche Zustimmung sei auch wegen des Gemeinderatsbeschlusses vom 7. Juli 2020, der eine prozessvermeidende Korrektur der Ausschusszusammensetzung gegen die Stimmen der Klägerin und VFW mehrheitlich ablehne, irrelevant. Eine Satzung könne jederzeit mit einfacher Mehrheit geändert werden. Die Klage sei am 30. Juli 2020, also nach dem Beschluss, erfolgt. Eine pflichtwidrige Nichtbefassung mit dem Thema anzunehmen, sei abwegig, da sich der Klägervertreter bereits vor der Sitzung mit E-Mail vom 4. Mai 2020 an den Bürgermeister bezüglich der Kritik an der Ausschussbesetzung gewendet habe. Nach Art. 45 GO gebe der Gemeinderat dem Gemeinderat eine Geschäftsordnung. Der Bürgermeister habe jenseits einer koordinierenden, unterstützenden und vermittelnden Rolle agiert und damit seine Kompetenzen überschritten. Die Beklagte habe zudem den Sachverhalt unrichtig dargestellt. Die aktive und erläuternde Rolle des Bürgermeisters in der Diskussion werde bestritten. Der Sitzungsverlauf zu dem Tagesordnungspunkt 3 sei geprägt von den (Änderungs-)anträgen der Klägerin und deren mehrheitlicher Ablehnung gewesen. Einlassungen zu den Anträgen seien „Mangelware“ gewesen. Persönliche Ansprachen durch die Klägerin habe der Bürgermeister ignoriert. Zwischen dem Tagesordnungspunkt 3 und dem Tagesordnungspunkt 6 seien mehr als 100 Minuten gelegen. Die von der Beklagten beschriebene rege Diskussion, an deren Ende der einstimmige Beschluss zur Verkleinerung der Ausschussgröße gefasst worden sei, lege einen Spannungsbogen nahe, den es nicht gegeben habe. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs werde eine Überaufrundung als hinreichend für den Ausschluss eines grundsätzlich zulässigen Verfahrens angesehen. Die Notwendigkeit einer Überaufrundung zur Ablehnung eines Zuteilungsverfahrens lasse sich aus der Entscheidung nicht herauslesen. Der Verwaltungsgerichtshof sehe Berechnungsverfahren und Pattauflösungsregel als einen gemeinsam zu betrachtenden Vorgang an. Die Zusammensetzung der Ausschüsse sei ein Zerrbild, kein Spiegelbild des Gemeinderats. Die Frage der Optimierung/Feinjustierung stelle sich daher nicht. FDP und VFW seien im Gemeinderat halb so stark wie die Klägerin, in den Ausschüssen aber gleich stark vertreten. Die im Gemeinderat gleich starke SPD sei doppelt so stark in den Ausschüssen und die im Gemeinderat doppelt so starke CSU im Ausschuss viermal so stark vertreten. Den Stärkeverhältnissen werde nicht Rechnung getragen. Die Mindesterwartung an das Zuteilungsverfahren sei ein definiertes, vorhersehbares Ergebnis. Dies sei nicht der Fall. Die bei der Wahl errungenen Stimmen seien irrelevant; nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs habe die Wahl mit der Bildung des Gemeinderats ihren Abschluss gefunden. Die Ausschüsse sollten das Vollgremium, nicht das Wahlergebnis widerspiegeln. Die Beklagte verwechsele Prozentpunkte mit Prozenten. Die Gemeindeordnung fordere die Beachtung der relativen Stärke („Stärkeverhältnis“). Die CSU bekäme bei Anwendung des Verfahrens Sainte-Laguë/Schepers 30% der Ausschusssitze und käme dann auf 80% ihrer eigentlichen Stärke, die Klägerin käme nach der jetzigen Verteilung aber nur auf 60% ihrer Stärke im Plenum. Die gewählte Kombination aus Zuteilungsverfahren und Ausschussgröße sei offensichtlich ermessensfehlerhaft. Dies sei eine massive Verzerrung der Größenverhältnisse, die sich auch deswegen nicht rechtfertigen lasse, weil im Einzelfall und im Nachhinein über die Verfahrenswahl entschieden worden sei. Die Pattvermeidung bei ungerader Sitzzahl sei ein Scheinargument ohne praktische Relevanz. In sechs Jahren habe es elf Patts über alle Ausschüsse und hunderte von Entscheidungen gegeben. Ein Patt könne über einen Nachprüfungsantrag nach Art. 32 Abs. 3 GO vom Vollgremium aufgelöst werden.
16
Die Beklagte trug mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2020 weiter vor, nach einer Überprüfung von Tonbandaufnahmen zu der konstituierenden Gemeinderatssitzung seien Protokollierungsfehler festgestellt worden. Bei dem Tagesordnungspunkt 3 sei unter Nr. 5 protokolliert worden, der Gemeinderat H. …-F. … habe zu § 6 Geschäftsordnung den Antrag gestellt, die Ausschüsse mit elf statt mit zehn Sitzen zu besetzen. Tatsächlich habe es sich um einen gemeinsamen Antrag der Klägerin und der VFW-Fraktion gehandelt. Zudem sei festgestellt worden, dass bei den Abstimmungsergebnissen im Diskussionsverlauf zum Tagesordnungspunkt 3, außer bei Abstimmung Nr. 13, immer 25 Stimmen hätten abgegeben werden müssen, während im Protokoll nur 24 Stimmen vermerkt worden seien. Man habe vergessen, die Stimme des Bürgermeisters mitzuzählen.
17
Am 6. November 2020 reichte die Klägerin ihre per EGVP übermittelte Klage zusätzlich schriftlich ein.
18
Das Gericht wies die Parteien mit Schreiben vom 16. Dezember 2020 darauf hin, dass es das Verfahren grundsätzlich für entscheidungsreif halte. Es sei beabsichtigt, die bisher nicht beteiligten Gemeinderatsfraktionen zum Verfahren beizuladen, da eine etwaige Änderung des Sitzverteilungsverfahrens diese jedenfalls teilweise unmittelbar betreffe. Weiter rege es eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren an. Gelegenheit zur Äußerung wurde gegeben. Schließlich wies das Gericht darauf hin, dass das Klageziel aus dem Klageantrag hinreichend deutlich werde, so dass der Antrag einer Auslegung oder Umdeutung zugänglich sei.
19
Die Beklagte erklärte mit Schriftsatz vom 4. Januar 2021, dass weder gegen eine Beiladung noch eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren Einwände bestünden. Weiter teilte die Beklagte mit, dass Herr K. … aus der FDP aus- und der VOLT beigetreten sei. Er bilde jedoch zusammen mit Herrn J. … eine Ausschussgemeinschaft.
20
Die Klägerin erklärte im Schriftsatz vom 7. Januar 2021 ebenfalls ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren, auch wenn sie glaube, dass der Vorwurf der Willkür am besten in Rede und Widerrede zu plausibilisieren sei. Die großen Ausschüsse in K. … hätten von 1996 bis 2020 immer aus elf Gemeinderäten bestanden. Eine Pattsituation habe nie ein Problem dargestellt. Die Klägerin sei als Betroffene vor der konstituierenden Sitzung zur Frage der Ausschussgröße nicht angehört worden, obwohl dies Sache des Gemeinderats und nicht des Bürgermeisters gewesen sei. Der Sachvortrag in den Sitzungsunterlagen habe keine Begründung für die verkleinerten Ausschüsse enthalten. Die Besetzungslisten in den Sitzungsunterlagen seien nicht entscheidungsoffen, sondern ausschließlich für eine Größe von zehn und eine Verteilung nach Hare-Niemeyer vorbereitet gewesen. Die Beiladung werde aus Zeit- und Kostengründen nicht befürwortet. Aufgrund der Chancengleichheit seien die Zuteilungsverfahren nach d´Hondt und Hare-Niemeyer ungeeignet, sodass allenfalls die CSU betroffen sei. Ungleiche Ausschusssitzzahlen gleich großer Gruppierungen stellten einen gravierenden Verstoß gegen das Gebot der Spiegelbildlichkeit und geltende Wahlrechtsgrundsätze dar. Eine Pattauflösung sei Teil des Verfahrens. Nach dem Bundesverfassungsgericht sei ein zwingender Grund erforderlich, der hier nicht erkennbar sei. Bei einer Sitzverteilung nach Hare-Niemeyer stünden die Erfolgswerte von SPD und der Klägerin offensichtlich in einem Missverhältnis, bei einer Verteilung nach d´Hondt diejenigen von FDP und VFW. Bei einem zehnköpfigen Ausschuss sei die Gleichheit der Wahl und die Chancengleichheit nur bei dem Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers gegeben. Ein zusätzlicher Ausschusssitz sei ebenfalls eine Option. Man könne davon ausgehen, dass die CSU für ein elfköpfiges Gremium eintreten werde, wenn die einzige Alternative die Verteilung nach Sainte-Laguë/Schepers sei, bei der sie einen Sitz abgeben müsse.
21
Mit Beschluss vom 9. Februar 2021 hat das Gericht die Fraktionen der CSU, SPD, JU, VFW sowie zwei Mitglieder der Ausschussgemeinschaft FDP/VOLT zum Verfahren beigeladen und ihnen mit Schreiben vom gleichen Tage Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
22
Die Beklagte trug mit Schriftsatz vom 12. Februar 2021 weiter vor, der Bürgermeister habe die Sitzung geleitet und die Beschlussvorlagen sowie die Anträge und insbesondere die Notwendigkeit der Verkleinerung der Ausschüsse erläutert. Es werde lediglich ein Ergebnisprotokoll geführt. Dass zu dem Tagesordnungspunkt 6 ein Diskussionsverlauf stattgefunden habe, lasse sich einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 12. Mai 2020 entnehmen. In der Gemeinderatssitzung vom 19. Januar 2021 habe der Gemeinderat der Beklagten Aufgaben des Gemeinderats und der beschließenden Ausschüsse auf den Hauptausschuss während des bayernweit festgestellten Katastrophenfalls sowie bei Überschreitung der 7-Tage-Inzidenz von 200 im Landkreis München übertragen. In Ergänzung ihres bisherigen Vorbringens bestehe für eine Auslegung des Klagebegehrens bezüglich der Feststellung eines Rechtsverhältnisses kein Raum, da die Klägerin die Feststellungsklage in vollem Bewusstsein der Subsidiarität erhoben habe. Dass es mehrere Alternativen zur Ausschussbesetzung gebe, überzeuge nicht. Die Klägerin könne sich nicht eine Klageart für die Kommunalverfassungsstreitigkeit voraussetzungslos aussuchen, zudem betreffe die Vielfalt der alternativen Ausschussbesetzungsmöglichkeiten aufgrund des Organisationsermessens nur die Spruchreife der Leistungsklage und nicht die Klageart. Daher könne nur die Verpflichtung zur Ausschussbesetzung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts begehrt werden. Mit der Leistungsklage mit kassatorischer Wirkung unter Aufhebung des Beschlusses könne eine Leistung und somit ein Mehr verlangt werden. Im Hinblick auf die Auslegung mache es keinen Unterschied, ob eine Partei anwaltlich vertreten sei. Die Unzulässigkeit der Klage ergebe sich weiter deshalb, weil die Klägerin nicht dargelegt habe, welches Rechtsverhältnis sie mit der Feststellungsklage erfassen wolle. Ein solches sei bei Kommunalverfassungsstreitverfahren regelmäßig nicht gegeben. Im Übrigen fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da sie bereits mit der Verpflichtung zur Ausschussbildung gemäß Art. 33 Abs. 1 GO ihr Klagebegehren erreichen könne. Ein Antrag in Bezug auf die Reduzierung der Ausschussgröße sei nicht gestellt worden. Selbst wenn ein solcher gestellt worden sei, sei dieser wegen widersprüchlichen Verhaltens unzulässig, da die Klägerin der Verkleinerung zugestimmt habe. Die Implikation der Änderung der Satzung sei ihr bekannt gewesen, da sie den Satzungsentwurf mit der Ladung vom 4. Mai 2020 erhalten und auch in ihrer E-Mail vom 4. Mai 2020 thematisiert habe. Auf das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich Treu und Glauben und Verwirkung, das Täuschungswirkung und Zeitmoment thematisiere, komme es nicht an, da es um den Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens gehe, dessen Voraussetzung der sachlichen Unvereinbarkeit des früheren und späteren Verhaltens erfüllt sei. Die Klägerin hätte, wenn sie sich nicht ausreichend auf den Tagesordnungspunkt vorbereitet gefühlt hätte, dessen Vertagung beantragen können. Der Vorwurf gegenüber der Sitzungsleitung sei unangebracht, da sie sich selbst um angemessene Vorbereitung kümmern müsse. Es bestehe kein Anspruch auf gesonderte Abstimmung über strittige Punkte, im Übrigen hätte die Klägerin dies beantragen können. Der Gemeinderat sei nicht zu einer Korrektur des eindeutigen Beschlusses zu Tagesordnungspunkt 6 verpflichtet, um den Abstimmungsfehler der Klägerin wiedergutzumachen. Es liege keine Kompetenzüberschreitung des Bürgermeisters vor. Art. 45 Abs. 1 GO bestimme, dass der Gemeinderat die Geschäftsordnung beschließen müsse, ein besonderes Verfahren zu ihrer Erarbeitung sei nicht geregelt. Daher werde, wie allgemein bei der Vorbereitung von Entscheidungen des Gemeinderats zulässig und notwendig, auch die Geschäftsordnung von der Verwaltung und dem ersten Bürgermeister vorbereitet. Die Klage sei zudem unbegründet, da die Klägerin weder einen Anspruch auf ein mathematisch vorzugswürdiges noch ein „bestmögliches“ Berechnungsverfahren habe. Der Landesgesetzgeber habe das neuerdings für die Kommunalwahl geltende Divisorverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers für die Besetzung der Ausschüsse nicht verbindlich vorgeschrieben. Die kommunalen Gremien hätten daher grundsätzlich die Auswahl unter den verschiedenen Verfahren, wobei die Beweggründe der Gemeinderatsmitglieder unerheblich seien. Die Gemeinderatsmehrheit habe sich daher frei für Hare-Niemeyer entscheiden können. Der von der Klägerin angestellte Vergleich der Stärkeverhältnisse sei plakativ. Art. 33 GO statuiere ein Gebot der Spiegelbildlichkeit, eine exakte Spiegelbildlichkeit lasse sich nicht erreichen. Eine Überaufrundung, die das Organisationsermessen des Gemeinderats einschränke, liege nicht vor. Die Ausschussgröße von zehn Sitzen bei einem Gemeinderat von 24 Mitgliedern sei großzügig gewählt, so dass auch kleinere Parteien und Wählergruppen die Chance hätten, in den Ausschüssen vertreten zu sein. Das Ziel der Vermeidung von Pattsituationen sei anerkannt und bei der Bemessung der Ausschussgrößen mitzudenken. Die Entscheidung sei Ausfluss der Organisationshoheit. Aus der Zahl der Pattsituationen in der Vergangenheit ließen sich für die Zukunft nur begrenzt Schlüsse ziehen, wobei auch zu berücksichtigen sei, dass vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie eine effiziente Willensbildung in den Ausschüssen sinnvoll sei. Durch die Aufgabenübertragung auf den Hauptausschuss würden von diesem zügige Diskussionen und die Vermeidung langwieriger Pattsituationen erwartet. Die Auswahl von Berechnungsverfahren und Pattauflösung sei nicht willkürlich. Das Berechnungsverfahren nach Hare-Niemeyer sei auch bisher genutzt worden. Für die Wahl des Berechnungsverfahrens und der Ausschussgröße seien insbesondere für die Fraktion der CSU und der SPD nach dem Verwaltungsgerichtshof zulässige eigennützige Motive, in den Ausschüssen eine größere Zahl an Sitzen zu erhalten, bzw. für die FDP, überhaupt einen Ausschusssitz zu erhalten, erkennbar. Es gebe weder Äußerungen von Parteien oder Fraktionen im Hinblick auf eine Diskriminierung der Klägerin noch habe diese eine solche vorgetragen oder nachgewiesen. Dass die Besetzungslisten nicht mehrere Varianten aufgezeigt hätten, sei unmaßgeblich, da es keine idealtypische Abbildung des Gemeinderats geben könne. Der Gemeinderat habe weder intendiert noch Erläuterungen abgegeben oder Hinweise geliefert, dass die gewählte Methode gezielt auf die Ausgrenzung der Klägerin zugeschnitten gewesen sei. Vorsorglich führt die Beklagte weiter aus, dass sich die Klägerin nicht auf die Unzulässigkeit der Ausschussgemeinschaft von FDP und VOLT berufen könne. Die Klägerin sei bereits mit einem Sitz im Ausschuss vertreten. Die Ausschussgemeinschaft von FDP und VOLT sei somit nach Art. 33 Abs. 1 Satz 5 GO zulässig und bei der Sitzverteilung zu berücksichtigen.
23
Die Beigeladenen zu 5) und zu 6), Mitglieder der Ausschussgemeinschaft FDP/VOLT, tragen mit gemeinsamem Schriftsatz vom 25. Februar 2021 vor, dass die gewählten Ausschussgrößen befürwortet würden und sich gut bewährt hätten. Sie hätten sich mit den verschiedenen Berechnungen intensiv auseinandergesetzt und unterstützten das gewählte Verfahren. Eine Berechnung nach d´Hondt werde abgelehnt, da sie hierdurch ihre Mitwirkungsmöglichkeit in den Ausschüssen verlören. Im Vorfeld der Sitzung habe es ausreichend Zeit gegeben, sich mit den Unterlagen und Entscheidungsgrundlagen auseinanderzusetzen, eine Willkür sei nicht erkennbar.
24
Die Beigeladene zu 1), die CSU-Fraktion, hat mit Schriftsatz vom 26. Februar 2021 auf mündliche Verhandlung verzichtet und führt in der Sache aus, der Vorwurf der Klägerin, die Verteilung der Ausschusssitze verletze das Gebot der Spiegelbildlichkeit, sei unbegründet. Die Äußerung, dass keine ausreichende Vorab-Konsultation der Fraktionen erfolgt sei, sei nicht belastbar. Die Ausschussgröße sei auf zehn festgelegt worden, um eine effiziente Ausschussarbeit zu ermöglichen und Pattsituationen zu vermeiden. Das effiziente Arbeiten der Ausschüsse habe wegen der Reduzierung der Anzahl der Ausschüsse an Bedeutung gewonnen. Der Gemeinderat habe sich mehrheitlich nach einer intensiven Diskussion wie in der Vergangenheit für das Verfahren Hare-Niemeyer entschieden, das kleine Parteien nicht diskriminiere. Anhaltspunkte für willkürliches Handeln sehe sie nicht. Die Klägerin habe im Vorfeld der Sitzung alle Möglichkeiten gehabt, ihren Standpunkt einzubringen und diese nicht genutzt.
25
Die Beigeladene zu 3), die JU-Fraktion, schließt sich in ihrer Stellungnahme vom 24. Februar 2021 dem Beklagtenvorbringen an. Eine Reduktion auf zehn Sitze sei ihr sinnvoll erschienen, da eine Pattsituation vermieden und der Diskussionsverlauf und die Entscheidungsfindung erleichtert werde. Mit weiterem Schriftsatz vom 4. März 2021 hat sie auf mündliche Verhandlung verzichtet.
26
Die Beigeladene zu 2), die SPD-Fraktion, hat mit Schriftsatz vom 2. März 2021 auf mündliche Verhandlung verzichtet. In der Sache führt sie aus, das Verfahren Hare-Niemeyer sei nach ihrer Kenntnis Standard, daher habe sie zugestimmt. Die Ausschussgröße von zehn Mitgliedern sei bewusst gewählt worden, um Pattsituationen zu vermeiden und den Kleinstfraktionen die Möglichkeit eines Ausschusssitzes zu geben. Der Beschluss sei einstimmig gefasst worden.
27
Die Klägerin ergänzt ihren bisherigen Vortrag mit Schriftsatz vom 3. März 2021 dahingehend, dass der SZ-Artikel lediglich belege, dass eine Diskussion über die Ausschussgröße stattgefunden habe, jedoch nicht wann. Die Diskussion habe unter Tagesordnungspunkt 3 im Vorfeld der Abstimmung über ihren Antrag stattgefunden. Hinsichtlich der Klageart sei eine Verpflichtung zur Ausschussbildung nach Art. 33 Abs. 1 GO als Leistungsklage nicht bestimmt genug, diese verhindere keine erneut rechtswidrige Ausschussbildung. Ob sie (irrtümlich) unter dem Tagesordnungspunkt 6 der Ausschussgröße zugestimmt habe, sei unerheblich, da sie nicht gegen die Ausschussgröße, sondern gegen die rechtswidrige Ausschussbildung klage. Dieser habe sie wegen der vorherigen Ablehnung der Geschäftsordnung nicht zugestimmt. Ihr Antrag vom 7. Juli 2020 sei kein Korrekturantrag, sondern ein eigenständiger Antrag zur rechtskonformen Ausschussbildung gewesen. Ihre Forderung nach gleicher Vertretung in den Ausschüssen bei gleicher Stärke im Gemeinderat leite sich aus den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts ab. Rundungsfehler könnten nicht als Begründung für die Nichtbeachtung dieses Prinzips herhalten.
28
Die Beigeladene zu 4), die VFW-Fraktion, hat mit Schriftsatz vom 19. April 2021 auf mündliche Verhandlung verzichtet.
29
Der Beigeladene zu 5), Herr J. …, hat am 20. April 2021 auf mündliche Verhandlung verzichtet.
30
Mit Schriftsatz vom 22. April 2021 legte die Beklagte die korrigierte Niederschrift vom 11. Mai 2020 sowie den beglaubigten Beschlussbuchauszug vom 10. November 2020 vor. Auf Seiten 9 und 10 wurde zum Tagesordnungspunkt 3 die Stimmenzahl mittels Randvermerkkorrektur gemäß Beschluss vom 10. November 2021 (Tagesordnungspunkt 1.1.) berichtigt. Hiernach wurde der Antrag des Klägervertreters zu § 6 Abs. 1 Satz 2 Geschäftsordnung (Nr. 3), dass das Berechnungsverfahren nach Hare-Niemeyer nicht zur Anwendung kommen soll und die Sitze nach dem Verfahren Sainte-Laguë/Schepers verteilt werden, mit 6 (Ja) zu 19 (Nein) Stimmen abgelehnt. Zu dem unter Nr. 5 zu § 6 Geschäftsordnung gestellten Antrag, die Ausschüsse mit elf anstatt mit zehn Sitzen zu besetzen, wurde mittels Randvermerkkorrektur der Zusatz: „Antrag von GRM Z. …“ aufgenommen, der mit 6 (Ja) zu 19 (Nein) Stimmen abgelehnt wurde.
31
Die Klägerin stellte mit Schriftsatz vom 22. April 2021 hinsichtlich der Randvermerkkorrektur zu Nr. 5 klar, dass der Antrag ausschließlich vom Vertreter der Klägerin gestellt worden sei. Weitere Unterlagen sowie eine Audioaufnahme wurden vorgelegt.
32
Der Beigeladene zu 6), Herr K. …, hat mit am 27. April 2021 bei Gericht eingegangenem Schreiben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
33
Die Beklagte trug mit weiterem Schriftsatz vom 3. Mai 2021 hinsichtlich der geänderten Niederschrift zu der konstituierenden Sitzung vor, nach der Tonbandaufnahme sei der Antrag von dem Vertreter der Klägerin und Herrn H. …-F. … gemeinschaftlich gestellt worden. Der einstimmig beschlossene Randvermerk sei ein Konsensvorschlag des Bürgermeisters gewesen, ein Änderungsantrag sei nicht gestellt worden.
34
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

35
Über den Rechtsstreit konnte im Wege des schriftlichen Verfahrens entschieden werden, da die Beteiligten übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
36
Die Klage hat keinen Erfolg.
37
I. Die Klage ist zulässig.
38
1. Bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Besetzung der Ausschüsse eines Gemeinderats handelt es sich um einen kommunalverfassungsrechtlichen Innenrechtsstreit, für den der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet ist (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
39
2. Die Klägerin begehrt die Neubesetzung der Ausschüsse. Die hierfür statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage mit kassatorischer Wirkung. Der Beschluss der Beklagten über die Verteilung der zu vergebenden Ausschusssitze ist eine im Gemeindeverfassungsrecht wurzelnde organisationsrechtliche Entscheidung, die im Wege der allgemeinen Leistungsklage - oder subsidiär - der Feststellungsklage angreifbar ist (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Juni 2020, Art. 33 GO Rn. 35, mit Verweis auf BayVGH, U.v. 8.5.1968 - Nr. 145 IV 67 - BayVBl. 1968, 324/325).
40
Der von der Klägerin ebenfalls gestellte Feststellungsantrag steht dem nicht entgegen und ist insoweit nicht unzulässig. Das Gericht darf nach § 88 VwGO zwar nicht über das Klagebegehren hinausgehen, ist an die Fassung der Anträge aber auch nicht gebunden. Der Begriff des Klagebegehrens deckt sich mit dem des prozessualen Anspruchs, der zusammen mit dem tatsächlichen Lebenssachverhalt, aus dem die Klägerin ihr Begehen herleitet, den Streitgegenstand definiert (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 88 Rn. 7). Bei der im Rahmen der Auslegung des Klageantrags notwendigen Würdigung des gesamten Vorbringens begehrt die Klägerin ersichtlich die Rückgängigmachung der aus ihrer Sicht rechtswidrigen Ausschussbesetzung und die anschließende Neuverteilung der Ausschusssitze. Dass die Klägerin ihre Klage teilweise ausdrücklich als Feststellungsklage bezeichnet hat, ist insoweit unerheblich. Denn zum einen kommt dem geäußerten Feststellungsbegehren schon deshalb keine eigenständige Bedeutung zu, weil die gleichzeitig beantragte Verpflichtung der Beklagten zu einer Neubesetzung der Ausschüsse die vorherige Feststellung der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Ausschussbesetzung durch das Gericht voraussetzt. Zum anderen wird aus dem Vorbringen hinreichend deutlich, dass es der Klägerin insgesamt um die Rückgängigmachung der aus ihrer Sicht rechtswidrigen Ausschussbesetzung sowie deren Neubesetzung geht.
41
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt der Klägerin auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Zwar kann die Ausübung des Klagerechts unzulässig sein, wenn sie ein widersprüchliches Verhalten darstellt (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Vor §§ 40-53 Rn. 22). Ein widersprüchliches Verhalten der Klägerin ist hier indes nicht erkennbar. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage, wie sie im Schriftsatz vom 3. März 2021 ausdrücklich klarstellt, gerade nicht gegen die Ausschussgröße selbst, sondern gegen die aus ihrer Sicht rechtswidrige Sitzverteilung. Aus diesem Grund ist es unerheblich, dass die Klägerin - aus welchen Gründen auch immer - in der konstituierenden Sitzung am 11. Mai 2020 der Reduzierung der Kopfstärke auf zehn Sitze zugestimmt hat. Im Übrigen wird aus dem korrigierten Protokoll hinreichend deutlich, dass - jedenfalls - der Vertreter der Klägerin im Rahmen des Tagesordnungspunktes 3 für eine Kopfstärke von elf Sitzen eingetreten ist. Dass die Klägerin zur Begründung der Klage auch auf die Erhöhung der Kopfstärke als eine der bestehenden Möglichkeiten zum Erreichen einer dem Gebot der Spiegelbildlichkeit nach Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO genügenden Ausschussbesetzung abstellt, vermag ein widersprüchliches Verhalten nicht zu begründen. Die Bestimmung der Ausschussgröße ist neben der Auswahl des Berechnungsverfahrens einer der beiden relevanten Faktoren zur Wahrung des Spiegelbildlichkeitsgebotes (vgl. BayVGH, U.v. 17.3.2004 - 4 BV 03.1159 - juris Rn. 14).
42
II. Die Klage ist jedoch unbegründet, da die angegriffene Verteilung der Ausschusssitze im Bau-, Ferien- und Hauptausschusses rechtmäßig ist und dem in Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO einfachgesetzlich normierten Gebot der Spiegelbildlichkeit nicht widerspricht. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Neuverteilung der Ausschusssitze. Eine Verletzung ihres organschaftlichen Rechts aus Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO liegt nicht vor.
43
Nach Art. 33 Abs. 1 Satz 1 GO regelt der Gemeinderat die Zusammensetzung der Ausschüsse in der Geschäftsordnung (Art. 45 GO); die Mitglieder werden vom Gemeinderat für die Dauer der Wahlzeit aus seiner Mitte bestellt. Nach Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO hat der Gemeinderat hierbei dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Haben dabei mehrere Parteien oder Wählergruppen gleichen Anspruch auf einen Sitz, so ist statt eines Losentscheids auch der Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl auf diese Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen zulässig. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung des Gemeinderats der Beklagten werden die streitgegenständlichen Ausschusssitze nach dem Verfahren Hare-Niemeyer verteilt. Haben Fraktionen oder Gruppen den gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz, so entscheidet gemäß § 6 Abs. 1 Satz 6 Geschäftsordnung die größere Zahl der bei der Gemeinderatswahl auf die Wahlvorschläge der betroffenen Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen. Die Kopfstärke der streitgegenständlichen Ausschüsse (Haupt-, Bau- und Ferienausschuss) beträgt gemäß § 2 Abs. 1 Buchstabe a) bis c) der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts in der Fassung der Änderungssatzung vom 27. Mai 2020 zehn ehrenamtliche Gemeinderatsmitglieder zuzüglich des Vorsitzenden.
44
Die Entscheidung über die Bildung von Ausschüssen, deren Größe sowie das bei der Besetzung anzuwendende Verfahren sind Ausfluss der Organisationskompetenz des Gemeinderats. Dessen Regelungsermessen ist in Bezug auf die Kopfstärke sowie auf die Wahl des Besetzungsverfahrens nur insoweit gebunden, als nach Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO dem Stärkeverhältnis der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen und Gruppen Rechnung zu tragen ist. Dabei muss jeder Ausschuss in seiner Zusammensetzung ein verkleinertes Abbild des Gemeinderats darstellen (vgl. BayVGH, U. v. 17.3.2004 - 4 BV 03.1159 - juris Rn. 13 m.w.N; B.v. 7.8.2020 - 4 CE 20.1442 - juris Rn. 16). Das Gebot der Spiegelbildlichkeit soll als Ausfluss des Prinzips der repräsentativen Demokratie die dem Gemeinderat als Plenum aufgetragene Repräsentation aller Gemeindebürger auf der Ebene seiner fachlichen Untergliederungen sichern. Die Willensbildung in den Ausschüssen - und in gesteigertem Maße die abschließende Entscheidung bei beschließenden Ausschüssen (Art. 32 Abs. 2 Satz 1 GO) - verlangt nach demokratischer Legitimation, die über den Gemeinderat nur vermittelt wird, wenn der Ausschuss mit Blick auf das Plenum hinreichend repräsentativ besetzt ist. Die Repräsentation setzt deshalb voraus, dass jeder Ausschuss ein verkleinertes Abbild des Plenums ist und dessen Zusammensetzung widerspiegelt (vgl. BayVGH, U.v. 17.03.2004 - 4 BV 03.1159 - juris Rn. 22 f. m.w.N.).
45
1. An der formellen Rechtmäßigkeit der getroffenen Regelungen zu dem Berechnungsverfahren sowie der Kopfstärke der Ausschüsse bestehen keine Bedenken.
46
Insbesondere steht Art. 33 Abs. 1 Satz 1 GO der Errichtung der Ausschüsse und die Bestimmung der Zahl ihrer Mitglieder durch § 2 der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts nicht entgegen. Die Gemeinde kann wichtige gemeindeverfassungsrechtliche Bestimmungen, die sie trifft, in einer Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts zusammenstellen (vgl. Glaser in Widtmann/Grasser/Glaser, BayGO, Stand: Februar 2020, Art. 23 Rn. 2), auch wenn sie diese Fragen nach nunmehr überwiegender Auffassung zulässigerweise auch in der Geschäftsordnung regeln könnte (zum Streitstand vgl. Glaser in Widtmann/Grasser/Glaser, BayGO, Stand: Februar 2020, Art. 32 Rn. 19 m.w.N.).
47
Entgegen dem klägerischen Vortrag ist die Vorbereitung der konstituierenden Sitzung am 11. Mai 2020 durch den ersten Bürgermeister rechtlich nicht zu beanstanden. Nach Art. 46 Abs. 2 Satz 1 GO bereitet der erste Bürgermeister die Beratungsgegenstände vor. Hierbei bedeutet „vorbereiten“ nicht nur die abschließende Formulierung für die Gemeinderatssitzung, sondern auch dafür zu sorgen, dass der Gemeinderat sachgemäße Beschlüsse möglichst ohne weitere langwierige Beratungen fassen kann (vgl. Glaser in Widtmann/Grasser/Glaser, BayGO, Stand: Februar 2020, Art. 46 Rn. 5). Die Beratungsgegenstände sind in sachlicher und rechtlicher Hinsicht so aufzubereiten, dass der Gemeinderat zu einer sachkundigen Beratung und Beschlussfassung in der Lage ist. Die konkreten Maßnahmen sowie die Form des Zur-Verfügung-Stellens stehen im pflichtgemäßen Ermessen des ersten Bürgermeisters unter Berücksichtigung der Komplexität und des Umfangs des Beratungsgegenstandes (vgl. Wernsmann/Neudenberger in Dietlein/Suerbaum, BeckOK Kommunalrecht Bayern, Stand: 1.2.2021, Art. 46 GO Rn. 8; vgl. auch: Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO, LKrO und BezO für den Freistaat Bayern, Stand: März 2015, Art. 46 GO Erl. 3; Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Juni 2020, Art. 46 GO Rn. 5). Das einzelne Gemeinderatsmitglied hat keinen Anspruch auf eine bestimmte Vorbereitung der Beratungsgegenstände (vgl. Wernsmann/Neudenberger in Dietlein/Suerbaum, BeckOK Kommunalrecht Bayern, Stand: 1.2.2021, GO Art. 46 Rn. 9; BayVGH, B.v. 11.2.2014 - 4 ZB 13.2225 - juris Rn. 15). Nach diesen Maßstäben war die Vorbereitung der Beratungsgegenstände durch den ersten Bürgermeister der Beklagten ausreichend und es bestand weder eine Verpflichtung, die Klägerin im Vorfeld der Sitzung zu der beabsichtigten Verkleinerung der Ausschüsse gesondert anzuhören noch dazu, die Besetzungslisten in den Beratungsunterlagen für alle in Frage kommenden Ausschussgrößen und Berechnungsverfahren vorzubereiten. Ausweislich der Verwaltungsakte wurde der Entwurf der neuen Geschäftsordnung den Gemeinderatsmitgliedern per E-Mail am 30. April 2020 übermittelt. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Geschäftsordnung komplett neu aufgesetzt, die Anzahl der Ausschüsse reduziert, die Themen gebündelt und die Kraft dieser Gremien gestärkt werde. Weiter enthielt die E-Mail die Bitte um Vorab-Übermittlung etwaiger Änderungsanträge sowie den Hinweis auf bestehende Rückfragemöglichkeiten. Die Ladung für die konstituierende Sitzung selbst erfolgte nach dem insoweit unwidersprochenen Vortrag der Beklagten mit allen entsprechenden Beschlussvorlagen am 4. Mai 2020. Dass die Reduzierung der Ausschussgröße Gegenstand des Tagesordnungspunktes 6 war, konnte den Beratungsunterlagen entnommen werden. Im Übrigen ergibt sich aus der von der Klägerin vorgelegten E-Mail ihres Vertreters an den ersten Bürgermeister vom 4. Mai 2020, dass der Vertreter der Klägerin bereits vor der konstituierenden Sitzung Kenntnis von den geplanten Ausschussgrößen hatte. Schließlich haben auch die Beigeladenen zu 1), 5) und 6) in ihren Einlassungen die Möglichkeit, sich mit den Beratungsunterlagen und dem Entwurf der Geschäftsordnung im Vorfeld der konstituierenden Sitzung auseinanderzusetzen, als ausreichend angesehen.
48
2. Die Besetzung der streitgegenständlichen Ausschüsse ist auch in materieller Hinsicht sowohl in Bezug auf die Ausschussgröße, als auch auf die Wahl des Berechnungsverfahrens rechtmäßig. Ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO liegt nicht vor.
49
a) Die Festlegung der Ausschussgröße auf zehn ehrenamtliche Mitglieder zuzüglich dem Vorsitzenden ist nicht zu beanstanden.
50
Die Bestimmung der Ausschussgröße - soweit gesetzlich nicht festgelegt - hat sich an dem sachlichen Gesichtspunkt der Gewährung effektiver Ausschussarbeit auszurichten. Ausschüsse als fachlich spezialisierte Untergliederungen des Gemeinderats dienen - insbesondere durch die Übernahme der Beratung - einer Beschleunigung der im Plenum vergleichsweise umständlicheren Willensbildung. Es liegt auf der Hand, dass die Effektivität und damit der Entlastungseffekt gegenüber der Plenararbeit mit zunehmender Größe des Gremiums abnimmt. Daher garantiert das in Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO verankerte Gebot der Spiegelbildlichkeit nicht jeder kleinsten Fraktion oder Gruppe einen Anspruch auf einen Ausschusssitz. Die Bestimmung der Zahl der Ausschussmitglieder ist vielmehr Ausdruck der Organisationsautonomie des Gemeinderats (vgl. BayVGH, U.v. 8.5.1968 - Nr. 145 IV 67 - BayVBl. 1968, 324/326) und dessen Einschätzung, bis zu welcher Größe das jeweilige Gremium sachgerecht zu arbeiten vermag. Neben dem Willkür- und dem Übermaßverbot wirkt das Spiegelbildlichkeitsgebot nur insoweit limitierend, als die Mitgliederzahl eines Ausschusses nicht so gering bemessen werden darf, dass ansehnlich große Fraktionen und Gruppen von einer Vertretung im Ausschuss ausgeschlossen werden, so dass der Ausschuss kein Spiegelbild der Zusammensetzung des Gemeinderats mehr darstellen würde. Insoweit enthält Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO nur ein Verbot grober Verzerrungen (vgl. BayVGH, U. v. 17.3.2004 - 4 BV 03.1159 - juris Rn. 14 f.; B.v. 12.9.2006 - 4 ZB 06.535 - juris Rn. 9; B.v. 7.8.2020 - 4 CE 20.1442 - juris Rn. 17, jeweils m.w.N.).
51
Ausgehend von diesen Grundsätzen bewegt sich die festgelegte Sitzzahl im Rahmen des dem Gemeinderat der Beklagten zustehenden Organisationsermessens. Bei der gewählten Ausschussgröße von zehn bei einer Gesamtgröße des Plenums von 24 sind über ein Drittel der Gemeinderatsmitglieder - und alle Fraktionen bzw. Gruppen - in den Ausschüssen vertreten und an der Ausschussarbeit beteiligt (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 15.12.2020 - 4 CE 20.2166 - juris Rn. 19). Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Reduzierung der Kopfstärke im Wesentlichen erfolgt ist, um eine effektive und schnelle Ausschussarbeit zu ermöglichen und insbesondere Pattsituationen zu vermeiden. Das Ziel einer effektiven, das Gemeinderatsgremium entlastenden Ausschussarbeit ist wesentliches Kriterium bei der Festlegung der Ausschussgröße (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Juni 2020, Art. 33 GO Rn. 3). Gleiches gilt für die Bestimmung einer geraden Zahl ehrenamtlicher Ausschussmitglieder zur Vermeidung von Pattsituationen (vgl. Glaser in Widtmann/Grasser/Glaser, BayGO, Stand: Februar 2020, Art. 33 Rn. 2). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass es in der vorangegangenen Legislaturperiode lediglich zu elf Pattsituationen gekommen ist. Rückschlüsse auf das Abstimmungsverhalten der Gemeinderatsmitglieder in der Zukunft lassen sich hieraus nicht ziehen. Ebenso wenig ist maßgeblich, dass die Ausschüsse zuvor aus elf ehrenamtlichen Gemeinderatsmitgliedern zuzüglich des Vorsitzenden bestanden. Der Gemeinderat ist bei der Festlegung der Ausschussgröße nicht an die Praxis vorheriger Wahlperioden gebunden (vgl. BayVGH, B.v. 26.10.2020 - 4 CE 20.2238 - juris Rn. 23; vgl. für das Ausschussbesetzungsverfahren BayVGH, B.v. 7.12.2020 - 4 CE 20.2032 - juris Rn. 20; B.v. 15.12.2020 - 4 CE 20.2166 - juris Rn. 23). Schließlich hat auch außer Betracht zu bleiben, dass bei einer Vergrößerung der Ausschüsse auf elf ehrenamtliche Gemeinderatsmitglieder die Zusammensetzung des Gemeinderats insofern besser abgebildet wäre, als die gegenwärtig bestehende Überrepräsentation der SPD-Fraktion (um 3,3%) und Unterrepräsentation der Klägerin (um 6,7%) ausgeglichen wäre, da beide in den Ausschüssen mit je zwei Sitzen gleich stark vertreten wären. Denn Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO verlangt nicht die Festlegung einer das Spiegelbildlichkeitsgebot optimierenden Ausschussgröße, sondern verbietet lediglich grobe Verzerrungen der Stärkeverhältnisse im Plenum (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2006 - 4 ZB 06.535 - juris Rn. 10; U. v. 17.3.2004 - 4 BV 03.1159 - juris Rn. 15). Diese rechtliche Grenze ist hier nicht überschritten.
52
Ein Verstoß gegen das Willkürverbot ist nicht zu erkennen. Insbesondere liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass die Reduzierung der Ausschussgröße ausschließlich oder primär mit dem Ziel der Diskriminierung der Klägerin vorgenommen wurde.
53
b) Die Beklagte hat dem gebotenen Spiegelbildlichkeitsgebot auch mit der Wahl des Berechnungsverfahrens nach Hare-Niemeyer mit anschließender Anwendung der Pattauflösungsregel des Rückgriffs auf die größere Zahl der bei der Wahl auf die Wahlvorschläge der betroffenen Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen Rechnung getragen. Die Sitze 1 bis 9 konnten über die berechneten ganzen Zahlen bzw. die Zahlenbruchteile vergeben werden. Für den 10. Sitz ergab sich ein Patt zwischen der Fraktion der SPD und der Klägerin, da beide den nächst höheren, gleichen Zahlenbruchteil von 1,67 hatten. Diese Pattsituation löste die Beklagte zurecht dahingehend auf, dass sie auf die bei der Wahl abgegebenen Stimmen zurückgriff. Da hier auf die SPD-Fraktion 26.322 und auf die Klägerin 22.119 Stimmen entfielen, war der 10. Sitz der SPD-Fraktion zuzuteilen. Die von der Klägerin vorgetragenen Einwände führen zu keinem anderen Ergebnis.
54
Nachdem der Landesgesetzgeber den kommunalen Gremien kein bestimmtes Berechnungsverfahren vorgeschrieben hat, haben diese als Ausfluss ihrer Organisationskompetenz grundsätzlich die Wahlmöglichkeit unter den verschiedenen, den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Prinzips der repräsentativen Demokratie und des Gebots der Wahlgleichheit gerecht werdenden Berechnungsverfahren (vgl. BayVGH, U. v. 17.3.2004 - 4 BV 03.1159 - juris Rn. 16; B.v. 7.8.2020 - 4 CE 20.1442 - juris Rn. 20; B.v. 7.12.2020 - 4 CE 20.2032 - juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 15.12.2020 - 4 CE 20.2166 - juris Rn. 21 jeweils m.w.N). Entscheidet sich der Gemeinderat für ein Verfahren, ist dieses konsequent bis zur Verteilung aller Sitze anzuwenden (vgl. BayVGH, U.v. 8.5.1968 - Nr.145 IV 67 - BayVBl. 1968, 324/326).
55
Gewisse Abweichungen vom mathematischen Proporz treten bei jedem dieser Verteilungsverfahren auf. Die Umrechnung der Gemeinderatssitze auf Ausschusssitze führt regelmäßig nicht zu ganzen, sondern zu Bruchteilszahlen, so dass Rundungen notwendig werden. Bei jedem Berechnungsverfahren werden die Fraktionen zwangsläufig teils über-, teils unterrepräsentiert (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2003 - 8 C 18.03 - juris Rn. 21). Der Kommunalgesetzgeber hat, nachdem sich mit keinem der Verfahren eine exakte Spiegelbildlichkeit der Sitzverteilung erreichen lässt, ebenso wie der Verfassungsgeber darauf verzichtet, die örtlichen Volksvertretungen auf die Wahl des jeweils „bestmöglichen“ Verfahrens festzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 7.8.2020 - 4 CE 20.1442 - juris Rn. 21; B.v. 7.12.2020 - 4 CE 20.2032 - juris Rn. 18 m.w.N; B.v. 15.12.2020 - 4 CE 20.2166 - juris Rn. 21). Eine Korrektur aufgrund von Billigkeitserwägungen findet grundsätzlich nicht statt (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.1992 - 4 B 19.2372 - juris Rn. 16).
56
Die Organisationshoheit des Gemeinderats findet nur dort ihre Grenze, wo es zu einer Überaufrundung kommt, d.h. zu einem Sprung auf die übernächste statt auf die nächsthöhere ganze Zahl. Eine derart massive Verzerrung der Größenverhältnisse lässt sich vor dem verfassungsrechtlich fundierten Grundsatz der Spiegelbildlichkeit nicht rechtfertigen (vgl. BayVGH, U.v. 17.3.2004 - 4 BV 03.1159 - juris Rn. 22; U.v. 8.5.2005 - 4 BV 15.201 - juris Rn. 30).
57
Nach diesen Maßstäben ist die Vergabe der Ausschusssitze nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren nicht zu beanstanden.
58
Da sich das Recht auf eine dem Spiegelbildlichkeitsgebot nach Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO Rechnung tragende Teilhabe an der Ausschussarbeit grundsätzlich nach der vom gegenwärtigen Gemeinderat verbindlich festgesetzten Ausschussgröße richtet (vgl. BayVGH, B.v. 26.10.2020 - 4 CE 20.2238 - juris Rn. 23), war bei der Beurteilung auf die nicht zu beanstandende Ausschussstärke von zehn ehrenamtlichen Ausschussmitgliedern zuzüglich Vorsitzendem abzustellen. Zu einer möglicherweise zu einem anderen Beurteilungsmaßstab führenden, die Organisationshoheit begrenzenden Überaufrundung ist es vorliegend weder durch das Berechnungsverfahren noch durch die Kombination von Berechnungsverfahren und Pattauflösungsregel gekommen. Die aufzurundenden Bruchteilszahlen wurden lediglich auf die nächsthöhere ganze Zahl aufgerundet. Ohnehin kann es zu einer solchen Überaufrundung bei der Anwendung des Hare-Niemeyer-Verfahrens bereits systembedingt nicht kommen (vgl. VG München, U.v. 22.6.2016 - M 7 K 15.4896 - juris Rn. 25). Der in § 6 Abs. 1 Satz 6 Geschäftsordnung geregelte Rückgriff auf die Stimmenzahl anstelle eines Losverfahrens bei der Vergabe des Restsitzes bei gleichem Anspruch ist nach Art. 33 Abs. 1 Satz 3 GO zulässig. Die Regelung ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs verfassungsgemäß (vgl. BayVerfGH, E.v.13.12.1974 - Vf.27 - VII - 73, BayVBl. 1975, 166/167).
59
Die Beklagte war auch nicht gehalten, bei der Vergabe der Ausschusssitze auf das für die Klägerin vorteilhafte Divisorverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers zurückzugreifen. Die einzelnen Fraktionen haben grundsätzlich keinen Anspruch auf die Wahl eines für sie mathematisch vorzugswürdigen Verfahrens. Der Gemeinderat ist nach der Rechtsprechung schon nicht verpflichtet, kleineren Gruppen durch die Wahl eines sie besonders begünstigenden Auswahlverfahrens überhaupt die Entsendung von Vertretern in Ausschüsse zu ermöglichen (vgl. BayVGH. B.v. 7.8.2020 - 4 CE 20.1442 - juris Rn. 21 m.w.N.; B.v. 15.12.2020 - 4 CE 20.2166 - juris Rn. 21). Erst recht bestand daher für die Beklagte keine Verpflichtung, das Verfahrens so zu wählen, dass der Klägerin noch ein weiterer Ausschusssitz zugeteilt wird.
60
Einen Anspruch auf Anwendung des Verfahrens nach Sainte-Laguë/Schepers lässt sich schließlich auch nicht daraus herleiten, dass der Gesetzgeber die Anwendung dieses Verfahrens neuerdings für die Kommunalwahlen (vgl. Art. 35 Abs. 2 Gesetz über die Wahl der Gemeinderäte, der Bürgermeister, der Kreistage und der Landräte (Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz - GLKrWG)) vorgeschrieben hat. Eine entsprechende Änderung des Art. 33 Abs. 1 GO ist gerade nicht erfolgt. Die grundsätzliche Wahlmöglichkeit zwischen den Berechnungsverfahren besteht daher weiterhin (vgl. BayVGH, B.v. 7.8.2020 - 4 CE 20.1442 - juris Rn. 20; B.v. 7. 12 2020 - 4 CE 20.2032 - juris Rn. 17; B.v. 15.12.2020 - 4 CE 20.2166 - juris Rn. 21; vgl. auch Wolff in Dietlein/Suerbaum, BeckOK Kommunalrecht Bayern, Stand: 1.2.2021, Art. 33 GO Rn. 5a).
61
Soweit die Klägerin den behaupteten Verstoß gegen das Gebot der Spiegelbildlichkeit damit begründet, dass sie trotz gleicher Stärke im Gemeinderat in den Ausschüssen einen Sitz weniger als die SPD-Fraktion innehat, ist darauf hinzuweisen, dass eine vollständige Spiegelbildlichkeit auch in Bezug auf die anderen Fraktionen nicht erreicht wurde. So haben die JU-Fraktion, die VFW-Fraktion und die FDP-Fraktion (bzw. die Ausschussgemeinschaft FDP/VOLT) in den Ausschüssen jeweils einen Sitz, sind dort somit gleich stark vertreten, obwohl die JU-Fraktion im Plenum mit drei Sitzen einen Sitz mehr als die beiden anderen hat.
62
Eine vollständige Spiegelbildlichkeit wäre im Übrigen auch bei Anwendung der Berechnungsverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers oder d´Hondt nicht zu erreichen. Würden die Ausschusssitze nach dem von der Klägerin favorisierten Berechnungsverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers verteilt, bekäme die CSU-Fraktion 7,5% weniger als die ihr mathematisch zustehenden Sitze, die SPD-Fraktion und die Klägerin aber 3,3% mehr. Bei der Anwendung des Berechnungsverfahren nach d´Hondt bekäme die CSU-Fraktion 2,5% mehr und die SPD-Fraktion sowie die Klägerin jeweils 3,3% mehr als ihnen rechnerisch zustehen würden. Die FDP-Fraktion (bzw. die Ausschussgemeinschaft FDP/VOLT) hingegen wäre überhaupt nicht mehr im Ausschuss vertreten und bekäme 8,3% weniger als die ihr rechnerisch zustehenden Sitze. Mithin ist festzustellen, dass die größte Abweichung von den den Beteiligten rechnerisch zustehenden Sitzen bei Anwendung des Verfahrens nach Hare-Niemeyer mit 6,7% zulasten der Klägerin insgesamt am kleinsten ist.
63
c) Die Wahl des Berechnungsverfahrens verstößt auch nicht gegen das Willkürverbot.
64
In der Geschäftsordnung des Gemeinderats getroffene Organisations- oder Verfahrensregelungen sind willkürlich und daher unzulässig, wenn sie sich gegen eine bestimmte politische Gruppierung richten und das alleinige oder vorrangige Ziel verfolgen, deren Tätigkeit zu beeinträchtigen oder sie als unerwünschte politische Kraft auszuschalten. Ob eine solche vom Zweck der Geschäftsordnungsautonomie nicht mehr gedeckte diskriminierende Gestaltung des ratsinternen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesses vorliegt, beurteilt sich nicht allein anhand der offiziellen Erklärungen jener Fraktionen und Wählergruppen, die sich mehrheitlich für die betreffenden Bestimmungen ausgesprochen haben. Von Bedeutung sind darüber hinaus die äußeren Umstände, die dem Erlass der Vorschrift zugrunde liegen, sowie die möglichen Sachgründe, die sich für das gewählte Regelungskonzept anführen lassen. Je stärker von einer bisher überwiegend akzeptierten Handlung abgewichen wird und je gezielter die gewählte Verfahrensgestaltung auf einen bestimmten (Ausgrenzungs-)Effekt hin zugeschnitten erscheint, desto gewichtiger müssen die sachbezogenen Argumente sein, die das Vorgehen der Ratsmehrheit rechtfertigen (vgl. BayVGH. B.v. 7.8.2020 - 4 CE 20.1442 - juris Rn. 23; B.v. 7.12.2020 - 4 CE 20.2032 - juris Rn.28; B.v. 15.12.2020 - 4 CE 20.2166 - juris Rn. 26, jeweils m.w.N.). Die Beweggründe der einzelnen Gemeinderatsmitglieder für die Wahl des Berechnungsverfahrens sind unerheblich, der Motivation können sowohl grundsätzliche Erwägungen wie beispielsweise die Abbildung der Mehrheit auch in Ausschüssen oder die Beteiligung möglichst vieler Parteien und Wählergruppen, aber auch eigennützige Gründe wie die Wahl desjenigen Verfahrens, das der eigenen Partei oder (kommunal-)politisch nahestehenden Parteien/Wählergruppen eine größere Zahl an Ausschusssitzen einbringt (vgl. BayVGH, B.v. 7.12.2020 - 4 CE 20.2032 - juris Rn. 19; B.v. 15.12.2020 - 4 CE 20.2166 - juris Rn. 22), zugrunde liegen. Auch die Beigeladenen bzw. nicht unmittelbar betroffenen Fraktionen können sich frei entscheiden, welcher politischer Konkurrent durch die Wahl des Verfahrens einen weiteren Ausschusssitz erhalten soll. Sie können daher für dasjenige Besetzungsverfahren votieren, das die ihnen jeweils politisch näherstehende Partei oder Wählergruppe begünstigt (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2020 - 4 CE 20.2166 - juris Rn. 30).
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Hiernach ist eine unzulässige Diskriminierung der Klägerin nicht gegeben. Die Geschäftsordnung mit der in ihrem § 6 Abs. 1 Satz 2 enthaltenen Bestimmung zur Anwendung des Berechnungsverfahrens nach Hare-Niemeyer wurde vom Gemeinderat der Beklagten mit großer Mehrheit (19 (Ja) zu 6 (Nein) Stimmen) beschlossen. Für die Anwendung dieses Verfahrens, welches bereits in der vorangegangenen Wahlperiode eingesetzt wurde, sprechen nachvollziehbare Gründe des Minderheitenschutzes. Nach dem glaubhaften Vortrag der Beklagten sollte sichergestellt werden, dass alle Fraktionen und Gruppen einen Ausschusssitz bekommen. Dies wäre beispielsweise durch die Wahl des Verfahrens nach d´Hondt nicht der Fall gewesen. Dass dieses Motiv nur vorgeschoben wäre und mit der getroffenen Regelung stattdessen das alleinige oder vorrangige Ziel verfolgt worden wäre, die politische Arbeit der Klägerin zu beeinträchtigen, kann nicht angenommen werden. Weder den vorgelegten Unterlagen noch dem Vorbringen der Beklagten oder den Einlassungen der Beigeladenen zu 1), 2), 3), 5) und 6) lassen sich Anhaltspunkte hierfür entnehmen. Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen das Willkürverbot darin zu erkennen glaubt, dass sie im Vorfeld der konstituierenden Sitzung nicht konsultiert worden sei, die Beratungsunterlagen auf das Verfahren Hare-Niemeyer und eine Ausschussgröße von zehn zugeschnitten, die Verkleinerung ohne Begründung erfolgt und Pattsituationen sowie die Effizienz der Ausschussarbeit kein Thema gewesen seien, vermag dies nicht zu überzeugen. Insofern wird auf obige Ausführungen zur formellen Rechtmäßigkeit der Regelungen bzw. zur Ausschussgröße verwiesen. Im Übrigen weist die Beklagte zurecht darauf hin, dass auch mit dem von der Beklagten geforderten Berechnungsverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers keine vollständige Spiegelbildlichkeit hätte erreicht werden können. Diesem Vortrag ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten.
66
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären, da diese keinen Antrag gestellt haben.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).