Titel:
zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts
Normenketten:
GVG § 17a Abs. 2 S. 1
VwGO § 52 Nr. 2 S. 3, § 83 S. 1
BayAGVwGO Art. 1 Abs. 2 Nr. 3
Leitsatz:
Ein inhaftierter Asylbewerber hat seinen Aufenthalt gemäß § 52 Nr. 2 S. 3 VwGO zwangsweise im Bezirk desjenigen Verwaltungsgerichts zu nehmen, in dem sich die Justizvollzugsanstalt befindet; durch seine Inhaftierung wird ein neuer behördlich bestimmter Aufenthaltsort begründet mit der Folge, dass eine frühere asylrechtliche Zuweisungsentscheidung gegenstandslos wird. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Iran, Verweisung, örtliche Unzuständigkeit, Inhaftierung bei Klageerhebung, Aufenthaltsbestimmung bei Klageerhebung für Oberfranken, örtliche Zuständigkeit des VG Bayreuth, örtliche Zuständigkeit, Zuweisungsentscheidung, Justizvollzugsanstalt
Fundstelle:
BeckRS 2021, 30550
Tenor
I. Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg ist örtlich unzuständig.
II. Der Rechtsstreit wird an das örtlich zuständige Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth verwiesen.
Gründe
1
Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg ist örtlich unzuständig. Der Rechtsstreit ist nach erfolgter Anhörung der Beteiligten und deren ausdrücklichen Zustimmung von Amts wegen gemäß § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das örtlich zuständige Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth zu verweisen.
2
Denn die örtliche Zuständigkeit des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth resultiert aus § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO i.V.m. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 AGVwGO, wonach in Streitigkeiten nach dem Asylgesetz das Gericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat. Der Kläger hatte zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 22. Februar 2021 seinen Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt M.allee ..., ... B. zu nehmen und sich auch tatsächlich dort aufgehalten. Er befand sich zu diesem Zeitpunkt dort in Untersuchungshaft, der sich ab 10. März 2021 die Strafhaft bzw. später eine Unterbringung im Bezirkskrankenhaus anschloss, wie die Staatsanwaltschaft Würzburg mit Schreiben vom 6. August 2021 auf ausdrückliche Anfrage des Gerichts mitgeteilt hat.
3
Ein inhaftierter Asylbewerber hat seinen Aufenthalt gemäß § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO zwangsweise im Bezirk desjenigen Verwaltungsgerichts zu nehmen, in dem sich die Justizvollzugsanstalt befindet. Die frühere asylrechtliche Zuweisungsentscheidung ist durch die strafrechtliche Haftanordnung überdeckt. Der Kläger hat durch seine Inhaftierung einen neuen behördlich bestimmten Aufenthaltsort. Die frühere Zuweisungsentscheidung nach § 44 ff. AsylG wird gegenstandslos, da sie auf Grund der vorrangigen anderweitigen Aufenthaltsbestimmung in Folge der Inhaftierung zwangsläufig keine Wirkung entfalten kann (ebenso VG Ansbach, B.v. 5.8.2020 - AN 3 K 20.30010 - juris; B.v. 23.7.2018 - AN 1 K 18.30681 - juris; anderer Ansicht: VG Bayreuth, B.v. 8.3.2021 - B 8 K 21.30170 - juris; siehe auch Berstermann in BeckOK VwGO, Posser/Wolff, 58. Edition, Stand: 1.1.2021, § 52 Rn. 9; m.w.N. auch zur jeweils gegenläufigen Auffassung). Aber selbst wenn man gemäß § 52 Nr. 2 Satz 3 Halbsatz 2 i.V.m. Nr. 3 Satz 2 VwGO auf den Sitz bzw. Wohnsitz des Klägers abstellen wollte, wäre der Ort der Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt als Lebensmittelpunkt zum Zeitpunkt der Klageerhebung in Ermangelung eines anderen legalen Aufenthaltsortes als Wohnsitz anzusehen und damit ebenfalls das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth, in dessen Regierungsbezirk sich die Justizvollzugsanstalt befindet, örtlich zuständig (ebenso VG Ansbach, B.v. 5.8.2020 - AN 3 K 20.30010 - juris).
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Nach dem in § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG statuierten Grundsatz der perpetuatio fori haben Änderungen ab Rechtshängigkeit keine Auswirkungen auf die Zuständigkeit des Gerichts.
5
Die Entscheidung über die Kosten bleibt gemäß § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17b Abs. 2 GVG der Endentscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vorbehalten.