Inhalt

LG München II, Urteil v. 18.03.2021 – 2 KLs 48 Js 6787/21
Titel:

Beihilfe zum Handeltreiben durch Begleitung des Rauschgiftrücktransports nach gescheiterter Übergabe (im Strafausspruch von BGH BeckRS 2021, 30545 aufgehoben)

Normenketten:
StGB § 27
BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2
Leitsätze:
1. Der Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist weit auszulegen (stRspr, zB BGH BeckRS 2005, 12860 Rn. 33 ff.). Die großräumige Verbringung von Betäubungsmitteln stellt eine auf die Förderung von Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit dar und erfüllt damit den Tatbestand des Handeltreibens. (Rn. 82) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zwar ist das konkrete Mittel der Beihilfe generell unbegrenzt. Das „bloße Dabeisein“ genügt jedoch für die Annahme strafbarer Beteiligung nicht. Wer nach gescheiterter Übergabe den Rücktransport der Betäubungsmittel begleitet, um mit doppeltem Gehilfenvorsatz das Rauschgift für den Auftraggeber zu sichern, leistet Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln. (Rn. 14 und 83) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ergibt die Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte von einem niedrigeren als dem festgestellten Wirkstoffgehalt ausgehen durfte oder tatsächlich ausgegangen ist, gilt für die innere Tatseite bzgl. der Wirkstoffgehalte, dass derjenige, der sich am Umsatz von Rauschgift beteiligt, hinsichtlich der Menge und des Wirkstoffgehalts des Rauschgifts regelmäßig mit jeder nach den Umständen des Falls in Betracht kommenden Möglichkeit einverstanden ist (stRspr, zB BGH BeckRS 9998, 24466; KG BeckRS 2011, 23741 mwN). (Rn. 74) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bei Marihuana stellt ein THC-Gehalt zwischen 9,9% und 10,8% einen durchschnittlichen Wirkstoffgehalt dar. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
5. Es stellt einen für die Beweiswürdigung verwertbaren Umstand dar, dass die Nutzung eines sehr teuren Mobiltelefons in Verbindung mit einer sehr teuren Überwachungs- und Verschlüsselungssoftware (hier: SKY ECC) bei Ermittlungen zu großen bis erheblichen Betäubungsmitteln häufiger angetroffen wird. (Rn. 72) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beihilfe, Handeltreiben, Wirkstoffgehalt, Marihuana, Vorsatz, Transport, Kurier, Mobiltelefon
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 07.09.2021 – 1 StR 302/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 30546

Tenor

I. Der Angeklagte D. K., geboren 1987, ist schuldig der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
II. Der Angeklagte D. K. wird deswegen zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren 3 Monate verurteilt.
III. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Angewandte Vorschriften:
§§ 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage I zum BtMG, 3 Abs. 1 Nr. 1, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, §§ 27, 49 Abs. 1 StGB

Entscheidungsgründe

A. Persönliche Verhältnisse
I. Werdegang und wirtschaftliche Verhältnisse
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Der Angeklagte D. K. wurde 1987 in P. in Serbien als einziges Kind seiner verheirateten Eltern geboren. Die Eltern des Angeklagten sind Bauern. Der Vater des Angeklagten, R. K., ist serbischer Abstammung, seine Mutter, L. K., ist Kroatin. Der Angeklagte ist verheiratet und serbischer Staatsangehöriger. Er wohnte zuletzt zusammen mit seiner montenegrinischen Ehefrau und mit dem gemeinsamen einjährigen Sohn in P. in seinem Elternhaus in Serbien.
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Nach eigenen Angaben lebte der Angeklagte bis zum Jahr 2001 in seiner Geburtsstadt P. und besuchte dort insgesamt 8 Jahre die Grund- und Hauptschule. Von 2001 bis 2005 zog er allein nach Pl. in Montenegro, um dort die technische Schule für Straßenverkehr als Mittelschule zu besuchen. In dieser Zeit lebte er zur Miete; Schulbesuch und gemietetes Zimmer finanzierten seine Eltern. Nach dem Schulbesuch kehrte er wieder nach Hause zurück. Von 2007 bis 2013 lebte der Angeklagte in B.. Ab Dezember 2008 leistete der Angeklagte dabei einen sechsmonatigen Wehrdienst in Pa. und in B. ab. Seit 2013 lebte der Angeklagte wieder in P.. Am …09.2018 heiratete der Angeklagte seine jetzige Ehefrau. Die beiden hatten sich 2016 kennen gelernt. Im Juni 2019 wurde der gemeinsame Sohn V. geboren. Nach der Verhaftung des Angeklagten in Deutschland verließ seine Frau sein Elternhaus und zog mit dem gemeinsamen Kind zu ihrer Familie nach Po. in Montenegro.
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Der Angeklagte verdiente seinen Lebensunterhalt nach Abschluss der Schule nach Ableisten des Wehrdienstes zunächst für fünf Jahre als Staubsaugerverkäufer. Danach arbeitete er auf Baustellen, vornehmlich als Fliesenleger. Als Verkäufer verdiente er umgerechnet monatlich zwischen 300 und 400 Euro. Auf der Baustelle verdiente er täglich 15 bis 20 Euro.
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Aufgrund der unterschiedlichen Ethnien innerhalb der Familie gab es immer wieder Spannungen. Der Angeklagte stellte deshalb aus der Untersuchungshaft heraus am 30.08.2020 einen Asylantrag in Deutschland und wurde dazu am 18.11.2020 angehört.
II. Gesundheitszustand, Betäubungsmittelkonsum und Vorstrafen
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1. Der Angeklagte ist nach eigenen Angaben gesund und erscheint auch körperlich und geistig gesund. Unfälle oder Vorerkrankungen des Angeklagten, insbesondere solche mit einer Kopfverletzung, sind nicht bekannt.
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2. Der Angeklagte K. trinkt gelegentlich Alkohol und raucht Zigaretten. Hinweise auf einen nicht sozialadäquaten Konsum sind dabei nicht ersichtlich.
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Der Angeklagte konsumierte nach eigenen Angaben in seinem Leben nur einmal Cannabis (im Jahr 2003) und habe im Übrigen keine anderen illegalen Betäubungsmittel probiert. Die toxikologische Untersuchung der Haarprobe kam jedoch zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte im Zeitraum Ende November bis zur Festnahme am 22.12.2019 mindestens einmal Kokain (zusammen mit Alkohol) konsumiert habe. Im Übrigen wurde eine sehr niedrige THC-Konzentration nachgewiesen, die jedoch nicht zwingend auf einen Konsum schließen lässt.
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3. Im Bundeszentralregisterauszug finden sich keine strafrechtlichen Eintragungen. Auch in den Strafregisterauszügen aus Serbien und Montenegro finden sich keine Eintragungen.
III. Haftdaten
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Der Angeklagte K. wurde am 22.12.2019 festgenommen und befindet sich seit 23.12.2019 ununterbrochen in Untersuchungshaft aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 23.12.2019, Gz: ER VII Gs 4123/19, in der JVA M.-S..
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Gegen den Angeklagten ist ein Verfahren der Staatsanwaltschaft Erfurt (Az: 602 Js 32749/20) beim Landgericht Erfurt wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge anhängig. Der Vorwurf bezieht sich auf eine Lieferung von 22.717,32 Gramm Marihuana am 15.03.2019 von Montenegro nach Thüringen in einem für den Transport präparierten Kurierfahrzeug. Aufgrund des in diesem Verfahren am 23.10.2020 von dem Amtsgericht Erfurt erlassenen Haftbefehls (Gz: 45 Gs 29977/20) ist Überhaft angeordnet.
B. Strafbares Verhalten
I. Sachverhalt
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Der anderweitig Verurteile M. E. und der Angeklagte D. K. kennen sich, da sie beide aus der Grenzregion von Serbien und Montenegro stammen; die Ehefrau des Angeklagten K. stammt aus derselben Ortschaft wie der anderweitig Verurteilte E..
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Der anderweitig Verurteilte E. erklärte sich aufgrund seiner finanziellen Probleme Anfang Dezember 2019 gegenüber einem nicht bekannten Aufraggeber in Montenegro bereit, für einen Betäubungsmitteltransport ein Kraftfahrzeug von Montenegro nach Deutschland und wieder zurück zu fahren. Zu einem nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt am 21.12.2019 reiste der anderweitig Verurteilte E. auf dieser Fahrt in der Nähe von Passau mit einem schwarzen Pkw BMW 1er, montenegrinisches Kennzeichen PG- … …, in das Bundesgebiet ein und verbrachte dabei insgesamt 20.975 Gramm Marihuana in das Bundesgebiet. Die Betäubungsmittel waren in dem Pkw in einem dort aufwendig eingeschweißten doppelten Boden unter dem Fußraum auf Beifahrer- und Fahrerseite versteckt. Das Marihuana war abgepackt in 45 Pakete, die jeweils mit mehreren Schichten Folie umwickelt waren, wobei sich in Zwischenschichten Waschmittelpulver und Kakaopulver befanden. Entsprechend den Anweisungen des unbekannten Auftraggebers fuhr der anderweitig Verurteilte E. am Abend des 21.12.2019 zu dem McDonalds-Restaurant in der D.straße 6 in E. an der F. in Baden-Württemberg. Dem ursprünglichen Tatplan entsprechend hätte der anderweitig Verurteilte E. dort das Fahrzeug mit den eingebauten Betäubungsmitteln an eine Kontaktperson übergeben sollen, welche dann alles Weitere regeln sollte. Er selbst hätte bei einem Ausbau und einer gegebenenfalls stattfindenden Übergabe der Betäubungsmittel nicht dabei sein sollen. Es kam jedoch aus unbekannten Gründen zu einer Änderung des Plans. Deshalb fuhr der anderweitig Verurteilte E. weisungsgemäß weiter zum nahegelegenen Hotel L. in der H.straße 3 im benachbarten Ort S.. Das Fahrzeug mit den darin versteckten Betäubungsmitteln stellte er dort auf dem Hotelparkplatz ab.
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Der Angeklagte K. war bereits am Mittag des 19.12.2019 nach Österreich eingereist und von dort aus auf im Einzelnen nicht genauer bestimmbarem Wege nach S. in Baden-Württemberg weitergereist. Am Abend des 21.12.2019 trafen sich der Angeklagte Kn. und der anderweitig Verurteilte E. mit zwei unbekannten Personen, einem Mann und einer Frau, die im weiteren Verlauf für den anderweitig Verurteilten E. und den Angeklagten K. eine Übernachtung in dem Hotel L. vom 21.12.2019 auf den 22.12.2019 inklusive Frühstück buchten und bar bezahlten. Der anderweitig Verurteilte E. und der Angeklagte K. übernachteten im Anschluss im Hotel L. in S.. Am 22.12.2019 frühstückten der anderweitig Verurteilte E. und der Angeklagte K. im Hotel und brachen im direkten Anschluss daran gemeinsam mit dem schwarzen Pkw BMW 1er mit dem montenegrinischen Kennzeichen PG- … … wieder in Richtung des ca. 7 Kilometer entfernten McDonalds-Restaurants in E. auf, wo sich der anderweitig Verurteilte E. spätestens ab 10:00 Uhr und bis in die Nachmittagsstunden aufhielt. Der Angeklagte K. hielt sich wenigstens zeitweise auch dort auf.
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Das für den Abend des 21.12.2019 oder für den Vormittag des 22.12.2019 geplante Betäubungsmittelgeschäft über die in dem Fahrzeug BMW 1er versteckten Betäubungsmittel scheiterte aus unbekannten Gründen. Zu einem Ausbau und einer Übergabe der Betäubungsmittel an unbekannte Dritte in Deutschland kam es nicht. Der anderweitig Verurteilte E. erhielt daher im Laufe des Nachmittags des 22.12.2019 den Auftrag, nun wieder in Richtung Montenegro zu fahren. Der Angeklagte K. kannte dabei das Betäubungsmittelversteck im Fahrzeug und wusste von den dort befindlichen Betäubungsmitteln. Er leistete dem unbekannten Auftraggeber dadurch wissentlich Hilfe, dass er den Rücktransport der Betäubungsmittel begleitete und damit das Marihuana für den unbekannten Auftraggeber sicherte.
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Der anderweitig Verurteilte E. fuhr sodann zusammen mit dem Angeklagten K. als Beifahrer wieder in Richtung Montenegro bzw. Österreich zurück, als er am 22.12.2019 gegen 20:00 Uhr mit dem schwarzen Pkw BMW 1er mit dem eingeschweißten doppelten Boden mit den darin befindlichen 45 Paketen Marihuana auf dem Parkplatz S. See an der Autobahn A8 München Richtung Salzburg im Gemeindegebiet W. einer verdachtsunabhängigen Fahrzeugkontrolle der bayerischen Grenzpolizei unterzogen wurde. Aufgrund der bei dieser Kontrolle festgestellten Verdachtsmomente wurden der anderweitig Verurteilte E., der Angeklagte K. und das Fahrzeug im direkten Anschluss durch zwei Streifen der bayerischen Grenzpolizei zur GPI R. verbracht, wo sodann das Versteck und die darin befindlichen Betäubungsmittel entdeckt wurden.
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Von den insgesamt 20,975 Kilogramm Marihuana aus dem Auto hatten 3,1248 Kilogramm mindestens einen Wirkstoffgehalt von 10,2% bis 10,8% und enthielten somit mindestens 327,7 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC). Weitere 10,376 Kilogramm Marihuana wiesen mindestens einen Wirkstoffgehalt von 9,9% bis 10,4% auf und enthielten in der Summe mindestens 1.061,6 Gramm THC. Die übrigen 7,475 Kilogramm Marihuana hatten mindestens einen Wirkstoffgehalt von 9,9% bis 10,4% und enthielten mindestens 745,8 Gramm THC. Insgesamt enthielt die sichergestellte Menge Marihuana mindestens 2.144,1 Gramm THC. Die nicht geringe Menge an THC von 7,5 Gramm THC war damit mindestens um das 285,88-fache überschritten.
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Der Auftraggeber des anderweitig Verurteilten E. und des Angeklagten K. plante, durch einen Verkauf des Betäubungsmittels Gewinn zu erzielen. Der Angeklagte K. nahm dies sowie die Wirkstoffgehalte der Betäubungsmittel jedenfalls billigend in Kauf. Wie der Angeklagte wusste, besaßen weder er noch der anderweitig Verurteilte E. noch ihr Auftraggeber die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis. Dem Angeklagten K. war spätestens ab dem Zeitpunkt des Treffens mit dem anderweitig Verurteilten E. in Baden-Württemberg bekannt und bewusst, dass dieser als Kurier Betäubungsmittel in diesem Fahrzeug nach Deutschland gebracht hatte und dass diese für einen hiesigen Weiterverkauf bestimmt waren. Der Angeklagte handelte mit dem Willen, seinen Auftraggeber bei dessen Betäubungsmittelgeschäft zu unterstützen.
II. Schuldfähigkeit
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Der Angeklagte K. war zum Tatzeitpunkt voll schuldfähig. Eine erhebliche Beeinträchtigung oder Aufhebung der Einsichtsfähigkeit lag nicht vor. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit aufgrund eines etwaigen vorangegangen Betäubungsmittel- oder Arzneimittel- oder Alkoholkonsums lag ebenfalls nicht vor.
C. Beweiswürdigung
I. Persönliche Verhältnisse
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Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten K. beruhen auf dessen Angaben in der Hauptverhandlung, den verlesenen aktuellen Strafregisterauszügen aus Montenegro und Serbien, welche keine Eintragungen enthielten, dem verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 22.01.2021, welcher ebenfalls keine Eintragungen enthielt, der verlesenen Niederschrift über die Anhörung gemäß § 25 AsylG am 18.11.2020 in München und dem verlesenen Haftbefehl des Amtsgerichts Erfurt vom 23.10.2020, Gz: 45 Gs 29977/20.
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Hinsichtlich des Betäubungsmittel- und Genussmittelkonsums des Angeklagten beruhen die Feststellungen sowohl auf dessen eigenen Angaben hierzu, als auch auf dem ärztlichen Bericht der Blutentnahme vom 23.12.2019 sowie den Ergebnissen hinsichtlich der Untersuchung der am 23.12.2019 bei dem Angeklagten entnommenen Urin-, Blut- und Haarproben. Der Sachverständige Prof. Dr. F. M. führte dazu in seinem in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten aus, dass sich aus Schnelltests zunächst Hinweise auf den Konsum von Amphetamin und Benzodiazepinen ergeben hätten. Die dann durchgeführten Tests hätten jedoch diese Hinweise auf Amphetamine und Benzodiazepine nicht bestätigt. Dennoch habe anhand der Proben festgestellt werden können, dass der Angeklagte K. in den letzten Tagen vor der Probenentnahme Alkohol konsumiert habe. Für eine konkrete Alkoholisierung bei der Tat habe es jedoch keine Anhaltspunkte gegeben. Die zur Verfügung stehende Haarprobe habe eine Länge von etwa einem Zentimeter aufgewiesen. In dieser habe der Kontakt mit Kokain nachgewiesen werden können. Aufgrund der vorgefundenen Stoffwechselprodukte von Kokain sei auch eine Leberpassage und damit der Konsum belegt. Die Konzentrationen hinsichtlich Kokains und dessen Stoffwechselprodukten seien jedoch recht niedrig gewesen, was mit einem gelegentlichen oder auch nur einmaligen Konsum in Einklang gebracht werden könne. In der Haarprobe fanden sich ferner Hinweise auf eine Exposition in Bezug auf THC. Ein eigener Konsum von Cannabis sei aufgrund der Untersuchungsergebnisse nicht sicher nachzuweisen, wobei hinsichtlich von Stoffwechselprodukten von THC nicht untersucht worden sei. Falls bei dem Angeklagten ein Konsum von Cannabis wie Haschisch oder Marihuana stattgefunden habe, so sei dies jedenfalls ein sehr niedriger, möglicherweise vielleicht sogar nur einmaliger Konsum gewesen. Die Kammer macht sich die Ausführungen des Sachverständigen in der Hauptverhandlung hierzu aufgrund eigener Überzeugung zu eigen. Diesen steht teilweise die Einlassung des Angeklagten entgegen, welcher angab, zwar Alkohol zu konsumieren, aber in seinem Leben nur einmal in seiner Jugend Marihuana probiert zu haben, sonst habe er noch nie Betäubungsmittel konsumiert und auch sonst nichts mit diesen zu tun gehabt. Letztere Einlassung wurde zur Überzeugung der Kammer aufgrund der Ergebnisse der Untersuchung von Urin-, Blut- und Haarprobe des Angeklagten jedoch widerlegt und vermögen die Angaben des Sachverständigen nicht zu erschüttern.
II. Feststellungen zum Sachverhalt
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Der unter B.I abgehandelte Sachverhalt steht insbesondere fest aufgrund der glaubhaften Angaben des anderweitig Verurteilten M. E., der Zeugenaussagen der diversen mit dem Sachverhalt betrauten Polizeibeamten, den Ergebnissen der Auswertungen der am Fahrzeug gesicherten DNA-Spuren sowie der Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen.
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Die Einlassung des Angeklagten wird dabei nicht nur widerlegt, sondern es kann der Nachweis geführt werden, dass er jedenfalls den Rücktransport des in dem Pkw BMW 1er verbauten Marihuanas zur Sicherung für den unbekannten Auftraggeber begleitete und dabei in Kenntnis aller Tatumstände handelte. Ob er aktiv im Sinne eines tatsächlichen Kundenkontakts eingebunden war in die wohl avisierte Übergabe des Rauschgiftes in Baden-Württemberg am 21./22.12.2019 kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden. Es gibt jedoch deutliche Indizien, die den Schluss nahelegen, dass er jedenfalls spätestens am 22.12.2019 in einem weiteren Sinn am Tatfahrzeug am Rauschgiftversteck in geöffnetem Zustand zugegen war. Auf dieser Basis gelingt in einer Zusammenschau der Nachweis, dass der Angeklagte jedenfalls ab dem 22.12.2019 als Gehilfe für den unbekannten Auftraggeber in die Sicherung des Rauschgiftes aktiv eingebunden war. Ob er davor schon den Transport sicherte und insbesondere auch die Einfuhr des Rauschgiftes durch den anderweitig Verurteilten E. begleitete, kann nicht nachgewiesen werden.
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1. Der Angeklagte D. K. hat sich zum Sachverhalt teilweise eingelassen. Soweit er Angaben zur Sache machte, bestritt er, von den Betäubungsmitteln im Fahrzeug gewusst zu haben, geschweige denn etwas damit zu tun zu haben. Der Angeklagte hat sich dabei während der Hauptverhandlung mehrfach selbst ergänzt. Die Ergänzungen erfolgten jeweils angepasst an den aktuellen Stand der Beweisaufnahme.
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Der Angeklagte hat sich zunächst dahingehend eingelassen, dass er seit September 2019 in Deutschland „schwarz“ als Fliesenleger gearbeitet habe. Den Verurteilten E. kenne er, da er aus demselben Ort in Montenegro wie seine Frau stamme. Über einen Bekannten, den er nicht nennen wollte, habe er eine Mitfahrgelegenheit bei dem anderweitig Verurteilen E. vermittelt bekommen, da er den Jahreswechsel bei seiner Familie in Serbien habe verbringen wollen. Aus diesem Grund habe er von S. aus mit dem anderweitig Verurteilten E. die Rückfahrt auf den Balkan angetreten. Er habe sich von seinem letzten Auftraggeber zu dem Hotel fahren lassen. Der anderweitig Verurteilte E. habe dort übernachten wollen, so dass er auch dort übernachtet habe. Ihm sei erzählt worden, der Angeklagte E. käme von einem Besuch bei seiner Schwester in der Schweiz. Am nächsten Tag seien sie noch in dem McDonalds-Restaurant gesessen, da der anderweitig Verurteilte E. auf etwas habe warten müssen. Auf was, das wisse er nicht. Auch konnte er kein bestimmtes Ereignis nennen, das schließlich zur Abfahrt geführt habe. Er sei somit jedoch nur zufällig auf einem Beifahrersitz gesessen, unter dem Betäubungsmittel verbaut gewesen seien.
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Hinsichtlich der Kommunikation zwischen ihm und dem anderweitig Verurteilten E. vor dem Beginn der Kurierfahrt des E. in Montenegro vom 17.12.2019 ließ sich der Angeklagte ergänzend dahingehend ein, dass die Mitnahme auch mit seiner Frau abgesprochen gewesen sei; es sei - entgegen der ursprünglichen Einlassung, er habe den Jahreswechsel mit seiner Familie in Serbien verbringen wollen - geplant gewesen, den Jahreswechsel bei der Mutter seiner Frau in Montenegro zu verbringen und er habe nur gefragt, ob E. auch seine Frau zu deren Mutter mitnehmen könne. Der Hinweis, dass sich keiner gemeldet habe, sei auf seine Ehefrau bezogen gewesen.
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Weiter ließ sich der Angeklagte ergänzend dahingehend ein, dass von ihm geführte Telefonate und ein Treffen auf dem Parkplatz vor dem McDonalds in S. mit einem Bekannten - den er ebenfalls nicht nennen wollte - stattgefunden hätten, welcher aufgrund einer Auftragsvermittlung zum Fliesenlegen in Deutschland von ihm noch eine „Kick-back-Zahlung“ erhalten habe. Diese habe er auf dem Parkplatz übergeben. Er habe dann weiter dort vor dem McDonalds zugewartet, da es noch um eine Anschlussarbeit gegangen sei, die ihm vermittelt werden sollte. Es sei dabei jedoch nichts herausgekommen, weshalb er dann doch mit dem anderweitig Verurteilten E. in Richtung Montenegro mitgefahren sei. An dieser Ergänzung ist unter anderem bemerkenswert, dass bislang lediglich der Angeklagte selbst unterstellte, dass er für gleich mehrere Telefonate das McDonalds-Restaurant verlassen habe und dass er sich auf dem Parkplatz mit einem Dritten getroffen habe.
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Hinsichtlich des Umstands, dass bei ihm und im Fahrzeug praktisch kein persönliches Reisegepäck festgestellt werden konnte, gab er an, er habe seine Arbeitsausstattung bei seinem letzten Auftraggeber in Deutschland deponiert. Diesen könne er jedoch aufgrund der fehlenden Anmeldung aus nachvollziehbaren Gründen nicht nennen.
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Auf Vorhalt einer automatisierten SMS mit dem Text „Willkommen in Österreich“ vom 19.12.2019 um 15.05 Uhr auf dem vom polizeilichen Ermittler KHK B. als „privates“ Mobiltelefon des Angeklagten identifizierten Mobiltelefon Samsung (serbische Rufnummer +381* …*) revidierte der Angeklagte seine bisherige Einlassung zu seinem Aufenthalt in Deutschland und gab nun an, tatsächlich kurzfristig im Dezember 2019 wieder zurück nach Hause gefahren zu sein, um dann etwas später - ein Datum nannte er nicht - wieder nach Deutschland eingereist zu sein. Er erklärte dies mit dem Touristenvisum: Wegen dieses Visums könne er nur maximal 90 Tage im Schengenraum bleiben. Wenn er rechtzeitig innerhalt des 90-Tage-Zeitraums ausreise, könne er im Anschluss erneut als Tourist wieder einreisen. Er sei daher erst für kurze Zeit wieder in Deutschland gewesen, bevor er sich mit dem anderweitig Verurteilten E. getroffen habe.
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Auf weiteren Vorhalt der in Augenschein genommenen Grenzübertrittsstempel aus dem serbischen Reisepass des Angeklagten K., die eine vielgestaltige Reisebewegung des Angeklagten K. allein für Dezember 2019 belegen, verzichtete der Angeklagte auf erneute Präzisierungen seiner unschlüssigen Einlassung. Denn die Stempel zeigen, dass der Angeklagte am 07.12.2019 von Slowenien nach Kroatien und von Kroatien nach Bosnien reiste. Sie zeigen ferner, dass er am 08.12.2019 von Bosnien nach Montenegro und am 09.12.2019 erneut von Bosnien nach Montenegro reiste (die Ausreise z.B. aus Montenegro nach Bosnien ist nicht dokumentiert). Ausweislich der Stempel ist der Angeklagte ferner am 12.12.2019 von Montenegro nach Bosnien eingereist. Am 13.12.2019 dokumentieren die Grenzübertrittsstempel eine Einreise von Bosnien nach Kroatien und von Kroatien nach Slowenien.
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Zuletzt wurde die Einlassung des Angeklagten unter Vorlage eines serbischen Registerauszugs für den Angeklagten datiert auf den 20.12.2019 dahingehend ergänzt, dass der Angeklagte auf dem Weg gewesen sei, um in der Slowakei eine Firma anzumelden, damit er nicht mehr alle 90 Tage den Schengenraum verlassen müsse, sondern zum Arbeiten dauerhaft hier bleiben könne. Auf der vorgelegten Bescheinigung findet sich der Ausstellungszweck „Anmeldung eines Gewerbes im Ausland“. Ausweislich der Erkenntnisse aus den Grenzübertrittsstempeln im Reisepass des Angeklagten und aus den Länder-SMS aus der Telekommunikationsauswertung ist es praktisch ausgeschlossen, dass der Angeklagte sich am 20.12.2019 in Serbien aufgehalten hat.
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Hinsichtlich des zweiten bei ihm aufgefundenen Mobiltelefons Apple iPhone (Rufnummer unbekannt) mit der Verschlüsselungssoftware SKY ECC hat sich der Angeklagte K. nicht eingelassen. Dabei steht aufgrund der Angaben der Zeugen PHM S. und KHK B. fest, dass der kontrollierende Polizeibeamte PHM S. noch auf dem Parkplatz S. See am 22.12.2019 an der Person des Angeklagten das sichergestellte Mobiltelefon Apple iPhone vorfand. KHK B. gab dazu an, dass auf dem Gerät die Verschlüsselungssoftware SKY ECC installiert sei, die ein Auslesen bislang verhindert habe. Die Software bewirke, dass u.a. keine Verbindung zum Gerätespeicher hergestellt werde, auch würden sich Nachrichten nach gewisser Zeit von selbst löschen. Die Software sei teuer in Anschaffung und Unterhalt. Er habe Mobiltelefone mit dieser Ausstattung in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Betäubungsmittelgeschäften und Bargeldgeschäften festgestellt. KHK B. führte aus, der Angeklagte K. habe ihm gegenüber die - zutreffende - PIN des Apple iPhones genannt. Auch wenn der Kammer klar ist, dass die Verschlüsselungssoftware auch bei legalen Geschäften zum Einsatz kommen mag, ist kaum zu erklären, wie ein „schwarz“ arbeitender Fliesenleger aus prekären Verhältnissen vom Balkan an ein derartiges Gerät kommt, dessen PIN er kennt.
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Die Einlassungen des Angeklagten sind im Wesentlichen als bloße Schutzbehauptungen zu werten, welche sich nicht nur teils gegenseitig widersprechen, sondern auch mit den Übrigen miteinander übereinstimmenden und in sich logisch nachvollziehbaren Ergebnissen der Beweisaufnahme im Widerspruch stehen.
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2. Die Feststellungen zum Rauschgiftfund im Pkw BMW 1er mit dem montenegrinischen Kennzeichen PG- … … beruhen insbesondere auf den Zeugenangaben des polizeilichen Ermittlers KHK B., den Angaben der kontrollierenden Polizeibeamten PHM‘in Sch. und PHM S., den weiter eingebundenen Polizeibeamten POK F. und KHK’in L. sowie den in Augenschein genommenen Lichtbildern.
34
KHK B. gab an, selbst das Tatfahrzeug und das Rauschgiftversteck in Augenschein genommen zu haben und schilderte dazu Einzelheiten. Er führte aus, dass er angesichts der festgestellten 45 Pakete zunächst nur für insgesamt sechs Pakete eine spurentechnische Untersuchung veranlasst zu haben. Auch das Wirkstoffgutachten sei wegen der schieren Menge in zwei Tranchen erstellt worden.
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Die Polizeibeamten PHM‘in Sch. und PHM S. schilderten übereinstimmend Auffälligkeiten im Rahmen der verdachtsunabhängigen Kontrolle des Tatfahrzeugs am 22.12.2019 gegen 20:00 Uhr auf dem Autobahnparkplatz S. See der A 8 Fahrtrichtung Süden (Salzburg), die sie dazu veranlassten, mittels hinzugerufener Kollegen eine nähere Überprüfung des Tatfahrzeuges zu veranlassen. Bereits am Parkplatz sei beiden aufgefallen, dass im Fahrzeugboden etwas verbaut sein könnte, das nicht mit Originalbauteilen erklärbar sei. Nach der übereinstimmenden Angabe aller vernommener Polizeibeamter konnte dann in der Waschhalle auf dem Gelände der GPS R. festgestellt werden, dass unter dem Beifahrersitz und unter dem Fahrersitz in einem doppelten Boden insgesamt 45 Folienpakete mit Marihuana verbaut waren. Die Zeugen PHM‘in Sch., POK F. und PHM S. gaben dabei übereinstimmend an, dass hauptsächlich PHM’in Sch. mit dem Ausbau befasst war, wobei sie auf der Beifahrerseite begann. In Einzelheiten schilderte Sie die Bergung der einzelnen Pakete.
36
Die ausführliche Lichtbildertafel dokumentiert jeden Ausbauschritt und damit den Rauschgiftfund in seinen Einzelheiten und bestätigt die Aussagen der befassten Polizeibeamten. PHM S. bestätigt in seiner Aussage die Angaben seiner Kollegen, am ersten entnommenen Paket einen Schnelltest vorgenommen zu haben, der positiv auf Cannabis reagiert habe. anschließend habe er sich zur Sachbearbeitung zurückgezogen und nicht mehr am weiteren Ausbau und der weiteren Bergung der Pakete mitgewirkt.
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Aufgrund der glaubwürdigen Angaben der mit dem Ausbau befassten Polizeibeamten PHM’in Sch., PHM S. und POK F. steht in Zusammenschau mit den in Augenschein genommenen Lichtbildern fest, dass nachträglich in professioneller Manier ein doppelter Boden in das Fahrzeug eingebaut worden war und der dadurch entstandene Hohlraum über verschraubte Deckel unter Fahrer- und Beifahrersitz erreicht werden kann. Ferner steht aufgrund deren glaubwürdiger Angaben sowie der Lichtbilder fest, dass dieser Hohlraum eng bepackt mit insgesamt 45 in Folien gewickelten Paketen war. Der verschraubte Deckel war sowohl auf Beifahrer- als auch auf Fahrerseite - wie auf den Lichtbildern gut erkennbar - durch Teppich und Innendämmung verdeckt. Er war erreichbar, in dem zunächst der jeweilige Fahrzeugsitz ausgebaut werden musste. Dieser war verschraubt und ließ sich mit herkömmlichen Werkzeug nach Angabe der oben genannten polizeilichen Zeugen lösen und entfernen. Aus der Lichtbildtafel folgt, dass in dem Tatfahrzeug ein Werkezugkoffer mit einem Schraubenschlüsselsatz mitgeführt wurde, mit dessen Hilfe ein Ausbau möglich ist. Der Teppich war nur hineingelegt und die Innenraumdeckung ließ sich hochklappen.
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Alle drei Beamten gaben unabhängig und übereinstimmend in ihrer Zeugenaussage jeweils an, dass von allen regelmäßig dabei die Handschuhe gewechselt worden seien; von PHM‘in Sch. am häufigsten, da dieser beim Bergen der Pakete aus dem engen Versteck die Gummihandschuhe auch mehrmals gerissen seien.
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Die konkrete Lage der sichergestellten Spuren am Fahrzeug und an den Paketen mit den Betäubungsmitteln steht fest aufgrund der glaubwürdigen Angaben der Zeugin KHM’in L. von der Spurensicherung der KPI R., die darüber hinaus noch schlüssig die Anforderung an eine ordnungsgemäße Spurensicherung und die Schulung der Einsatzkräfte dahingehend darlegte. Die Lage der genommenen Spuren wurde anhand von Lichtbildern nachvollziehbar und schlüssig erläutert.
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3. Die Feststellungen zu den jeweiligen Mengen an Rauschgift und deren Wirkstoffgehalten der Folienpakete mit Marihuana beruhen auf der nachvollziehbaren Erläuterung der beiden Wirkstoffgutachten des Bayerischen Landeskriminalamtes durch den Sachverständigen Dr. W., eines Diplomchemikers vom Bayerischen Landeskriminalsamtes. Den klaren, schlüssigen Angaben ist die Kammer gefolgt, die Dr. W. in zahlreichen Verfahren bereits als Sachverständigen kennen gelernt hat. In Übereinstimmung mit den beiden vorab bereits schriftlich erstatteten Wirkstoffgutachten bestätigte dieser, dass, wie bereits von den Beamten der Spurensicherung der Polizei beschrieben, die Pakete jeweils mehrschichtig aufgebaut waren und dabei grundsätzlich gängiges Verpackungsmaterial, wie es bei Drogenpaketen üblicherweise zum Einsatz kommt, verwendet wurde. Außerdem wurde zwischen den Verpackungsschichten jeweils Waschpulver und Kakaopulver gefunden. Beim Inhalt der Pakete habe es sich ausschließlich um Marihuana bzw. Cannabisprodukte gehandelt. Der Inhalt sei stark gepresst gewesen. Es habe sich vor allem um Blütenstände gehandelt. Sowohl der Wirkstoffgehalt als auch alles andere sei grundsätzlich unauffällig gewesen und habe im Durchschnitt gelegen. Insgesamt habe es sich bei der untersuchten Menge um mindestens 2.144,1 Gramm THC gehandelt, wobei 3,1248 Kilogramm Marihuana mindestens einen Wirkstoffgehalt von 10,2% bis 10,8%, gehabt und somit mindestens 327,7 Gramm THC enthalten habe, weitere 10,376 Kilogramm Marihuana mindestens einen Wirkstoffgehalt von 9,9% bis 10,4% aufgewiesen und in der Summe mindestens 1.061,6 Gramm THC enthalten hätten und die übrigen 7,475 Kilogramm Marihuana mindestens einen Wirkstoffgehalt von 9,9% bis 10,4% gehabt und somit mindestens 745,8 Gramm THC enthalten hätten. Die Kammer macht sich die nachvollziehbaren und glaubhaften Angaben des Sachverständigen zu Eigen.
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4. Insbesondere aufgrund der Einlassung des anderweitig Verurteilten E., der Zeugenaussage des ermittelnden polizeilichen Sachbearbeiters KHK B. und der Auswertung der Mobiltelefone steht fest, dass Hintergrund der Fahrt des Angeklagten und des anderweitig Verurteilten E. ein Rauschgiftgeschäft ist, das seinen Anfang in Montenegro genommen hat.
42
Aufgrund der Angaben des polizeilichen Ermittlers KHK B., der Auswertung der Mobiltelefone - soweit möglich -, der Einlassung des anderweitig Verurteilten E. und der Angaben des Zeugen PHM S. steht ferner fest, dass insgesamt vier Mobiltelefone sichergestellt wurden, wovon aufgrund der Sicherstellungsorte und der Auswertung für alle vier eine Zuordnung vorgenommen werden kann. Alle Sicherstellungen wurden nach den übereinstimmenden Angaben der Polizeibeamten KHK B., PHM’in Sch. und PHM S. von PHM S. vorgenommen. Das weiße Mobiltelefon Samsung (montenegrinische Telefonnummer +382* …*) und das schwarze Nokia Typ TA-1174 (serbische Rufnummer +381* …*) werden dem anderweitig Verurteilten Erak und das Samsung (serbische Rufnummer +381* …*) und das Apple iPhone mit der Software SKY ECC werden dem Angeklagten zugeordnet. Die beiden Mobiltelefone Samsung sind den Feststellungen zu den jeweiligen Inhalten zufolge, die KHK B. im Einzelnen nachvollziehbar und anhand von Beispielen schilderte, jeweils „private“ Handys. Dies bestätigt der anderweitig Verurteilte E. auch in Bezug auf sein weißes Mobiltelefon Samsung. Das schwarze Nokia TA-1174 (serbische Rufnummer +381* …*) stammt nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben des anderweitig Verurteilten E. von jenem Bekannten, der ihm den Auftrag für die Kurierfahrt vermittelt hat. Darauf befinden sich ausweislich der Ermittlungen, die KHK B. im Einzelnen näher erläuterte, nur vier Kontakte. Nach den nachvollziehbaren Angaben des Zeugen KHK B. sei es üblich, dass derartige billige Mobiltelefone bei Rauschgifttransporten dem Kurier mitgegeben werden, um mit deren Hilfe Kontakt zu halten und gegebenenfalls den Kurier zu überwachen. Die Kontaktliste mit lediglich vier Kontakten lässt keine Schlüsse auf eine Beteiligung des Angeklagten im Vorfeld oder außerhalb der Sicherung des Rücktransportes zu. Das Apple iPhone wird - wie bereits unter C.II.1 dargelegt - dem Angeklagten zugeordnet, weil es bei ihm sichergestellt wurde und er die PIN des Mobiltelefons kannte. Der anderweitig Verurteilte E. führte im Rahmen einer Zeugenaussage aus, dass das an der Person des Angeklagten K. sichergestellte Mobiltelefon Apple iPhone mit der Verschlüsselungssoftware SKY ECC sich nicht in dem Kurierfahrzeug befunden habe, als er dieses am 19.12.2019 in Po. übernommen habe.
43
Der anderweitig Verurteilte E. gab in seiner Einlassung an, von einem Bekannten, dessen Namen er nicht nennen wolle, Mitte Dezember 2019 das Angebot zur Kurierfahrt für 2.500 Euro Kurierlohn nach Deutschland erhalten zu haben. Ihm sei dabei klar gewesen, dass es sich um einen Rauschgifttransport handle, wenn er auch nicht gewusst haben will, wo wieviel welchen Rauschgiftes in dem von ihm am 19.12.2019 übernommen Tatfahrzeugs versteckt gewesen sei.
44
Die polizeilichen Ermittlungen des Zeugen KHK B. bestätigten, dass anhand der im Tatfahrzeug aufgefunden Tankquittung vom 19.12.2019 in Po. in Montenegro der Rauschgifttransport seinen Anfang genommen hat. Es gäbe keinerlei Anhaltspunkte, dass ein anderer Ort Ausgangspunkt sei. KHK B. schilderte nachvollziehbar anhand der in Augenschein genommenen Vollmacht für den anderweitig Verurteilten E. zum Führen jenes Tatfahrzeugs und vor dem Hintergrund des beim anderweitig Verurteilten E. aufgefundenen schwarzen Mobiltelefons Nokia, dass es sich dabei um ein typisches Handy handle für Kuriere, wie er diese schon mehrfach in vergleichbaren Fällen festgestellt habe. Der anderweitig Verurteilte E. hat in seiner Aussage in der Hauptverhandlung diese Einschätzung des Ermittlers bestätigt und angegeben, dass er das Mobiltelefon Nokia von einem ihm unbekannten jungen Mann erhalten habe, um damit in Zukunft mit seinem Bekannten, der ihm die Kurierfahrt vermittelt habe, Kontakt zu halten. Die Auswertung der Kommunikation auf diesem Mobiltelefon zeige nur vier Kontakte, wobei eine Rufnummer aus Graz auch auf dem „privaten“ Mobiltelefon Samsung des anderweitig Verurteilten E. (montenegrinische Rufnummer +382* …*) eingespeichert gewesen sei. Auffällig seien zwei Nachrichten vom 22.12.2019 um 21.37 Uhr und um 21.38 Uhr gewesen mit den serbischen Fragen „was machst du Bruder?“ und „was machst du?“. Denn zu diesem Zeitpunkt habe sich das Tatfahrzeug bereits in der Waschhalle der GPI R. zur näheren Untersuchung befunden.
45
Die Ermittlungen haben nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu keinen Erkenntnissen bezüglich etwaiger Auftraggeber oder weiterer Hinterleute geführt. Insoweit kann die Kammer keine Feststellungen treffen etwa in Bezug auf Bandenstrukturen oder ähnliches. Der anderweitig Verurteilte E. hat mit Hinweis auf seine Angst vor Repressalien für sich und insbesondere seine Familie - der verheiratete E. ist Vater von vier Kindern - bewusst keine Namen genannt, auch soweit sie ihm bekannt sind. Er hat lediglich den formalen Ablauf der Kontaktaufnahme und der Übergabe des Pkw BMW 1er und die Hintergründe seiner finanziellen Notlage geschildert, die ihn veranlassten, sich auf die Fahrt für einen Kurierlohn von 2.500 Euro einzulassen. Der Ablauf erscheint schlüssig, lässt aber keine Rückschlüsse auf die Identität von Dritten zu.
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Der anderweitig Verurteilte E. ist gemeinsam mit dem Angeklagten im hiesigen Verfahren unter dem Aktenzeichen 48 Js 49042/19 angeklagt worden. Am vierten Verhandlungstag (10.02.2021) erging gegen ihn Urteil, gegen das die Verteidigung Revision einlegte.
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a) Die Kurierfahrt des anderweitig Verurteilten E. sowie der Aufenthalt und die Übernachtung des anderweitig Verurteilten E. und des Angeklagten K. in S./ Baden-Württemberg, der längere Aufenthalt am 22.12.2019 in einen Restaurant der Kette McDonalds in E. sowie die Rückfahrt der beiden zusammen stehen insbesondere fest aufgrund der glaubhaften Angaben des anderweitig Verurteilten E., aufgrund der Angaben des ermittelnden Polizeibeamten KHK B., aufgrund des Inhalts eines Chatverkehrs, der auf dem sichergestellten Mobiltelefon Samsung (serbische Rufnummer +381* …*) des Angeklagten K. gefunden wurde, aufgrund der auf dem Mobiltelefon Samsung des Angeklagten E. festgestellten, mit diesem Mobiltelefon aufgenommenen Bilder, aufgrund der Einträge im Reisepass des anderweitig Verurteilten E., aufgrund der im Fahrzeug BMW 1er aufgefundenen Tank- und Mautbelege, aufgrund der ebenfalls im Tatfahrzeug gefundenen Rechnung des Hotels L. in S. für eine Übernachtung für zwei Personen vom 21.12.2019 auf den 22.12.2019, sowie aufgrund weiterer Nachrichten insbesondere auf den „privaten“ Mobiltelefonen des anderweitig Verurteilten E. und des Angeklagten K..
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Der anderweitig Verurteilte E. hat den Sachverhalt betreffend die Kurierfahrt vom 19. bis 22.12.2019 eingeräumt. Nach Übernahme des Tatfahrzeugs, in dem sich die Fahrzeugschlüssel, eine in Augenschein genommene Vollmacht und 300 Euro Reisegeld befunden hätten, und Reinigung des verschmutzten Pkws sei er am 19.12.2019 in Po. losgefahren. Über den Kosovo, Serbien, Ungarn und Österreich sei er bei Passau in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Diese Einlassung betreffend die Fahrtroute bis zur Einreise in das Bundesgebiet Nähe Passau wird bestätigt durch das Ergebnis der Ermittlungen, wie dies insbesondere der polizeiliche Sachbearbeiter KHK B. im Einzelnen ausführte. Der anderweitig Verurteilte E. hat während seiner Fahrt mit seinem „privaten“ Mobiltelefon Samsung (montenegrinische Rufnummer +382* …*) diverse Lichtbilder gefertigt, die in Augenschein genommen wurden. Die Maut- und Tankbelege aus dem Tatfahrzeug sowie die Stempel im Reisepass des anderweitig Verurteilten E. lassen klar erkennen, dass dieser - wie angegeben - am 19.12.2019 losgefahren ist (Tankrechnung vom 19.12.2019 um 12:55 Uhr für 48,1 Liter Dieselkraftstoff), am 20.12.2019 gegen 09:02 Uhr aus dem Kosovo nach Serbien einreiste, gegen 13:03 Uhr die Ausfahrt „B.“ (Vorort von Belgrad - Lichtbild auf dem „privaten“ Mobiltelefon Samsung des anderweitig Verurteilten E.) passierte, nachdem er zuvor um 12:37 Uhr in Serbien für die Strecke P. nach O. und später um 15:53 Uhr für die Strecke B. nach S. Maut zahlte. Der Grenzübertritt von Serbien nach Ungarn wird belegt für den Zeitraum 16:28 Uhr bis 16:28 Uhr. Eine in Augenschein genommenen Tankrechnung vom 21.12.2019 um 10:20 Uhr der OMV Tankstelle in Sch./Österreich zeigt, dass sich der anderweitig Verurteilte E. zu diesem Zeitpunkt bereits südlich von Wien befunden hat.
49
b) Die Kammer geht aufgrund der weiteren Einlassung des anderweitig Verurteilten E. davon aus, dass nach dem Grenzübertritt bei Passau am 21.12.2019 zunächst der anderweitig Verurteilte E. mit dem Tatfahrzeug ein McDonalds-Restaurant in der D.straße 7 in E. in Baden-Württemberg ansteuerte. Denn der anderweitig Verurteilte E. führte aus, er habe über das Mobiltelefon Nokia die Anweisung erhalten, den McDonalds in E. anzusteuern. Es erscheint schlüssig, dass dem anderweitig Verurteilten E. über das Mobiltelefon Nokia dies als Zielort seiner Fahrt mitgeteilt worden ist, auch wenn sich - wie dargelegt - auf dem Mobiltelefon nur wenig Kontakte finden und sich dies nicht verifizieren lässt. Auf dem Navigationsgerät aus dem Tatfahrzeug konnte ausweislich der Angaben des Ermittlers KHK B. dies nicht als Zielort bestätigt werden, da es den Kollegen der KPI R. nicht gelungen sei, das Gerät auszulesen.
50
Der anderweitig Verurteilte E. gab an, dass er in dem McDonalds-Restaurant in E. das Fahrzeug einer Kontaktperson übergeben sollte. Der anderweitig Verurteilte machte keine näheren Angaben zur Kontaktperson und dazu, ob eine Übergabe an diese Person am 21.12.2019 scheiterte. Er führte lediglich aus, dass diese Kontaktperson alles weitere regeln sollte. Auch hierbei berief sich der anderweitig Verurteilte E. auf seine Angst vor Repressalien.
51
Vor dort aus sei er dann weisungsgemäß weitergefahren in das nur ca. sieben Kilometer entfernte Hotel L. in S..
52
Der Hotelaufenthalt des anderweitig Verurteilten E. - wie auch des Angeklagten K. - wird insbesondere gestützt durch die im Tatfahrzeug aufgefundene Rechnung über einen Aufenthalt von zwei Personen vom 21.12.2019 auf den 22.12.2019 inklusive Frühstück und der Aussagen der Zeugen J. und L. vom Hotel in S. (dazu nachfolgend unter C.II.4.c).
53
Da die Angaben des anderweitig Verurteilten E. zu seiner Fahrt sich alle als zutreffend erwiesen haben, soweit sie weiteren Nachweisen zugänglich waren, geht die Kammer auch insoweit davon aus, dass dies auch für diesen Streckenabschnitt und auch für die gescheiterte Übergabe des Fahrzeugs an eine unbekannte Kontaktperson zutrifft. Im Rahmen der Einlassung in der Hauptverhandlung konnte dem anderweitig Verurteilten E. in keinem Fall ein Widerspruch zu anderen objektiven Beweismitteln nachgewiesen werden.
54
c) Es lässt sich nicht der Nachweis führen, dass der Angeklagte den anderweitig Verurteilten E. bei dieser Kurierfahrt begleitete. Der anderweitig Verurteilte E. hat sich nicht näher zur Rolle des Angeklagten K. geäußert. Im Ermittlungsverfahren hat der anderweitig Verurteilte E. angegeben, den Angeklagten K. erst am Hotel L. in S. angetroffen zu haben. In der Tat lassen sich keine Nachweise dafür finden, dass der Angeklagte K. bereits vor der Übernachtung im Hotel in S. in der Nacht vom 21. auf den 22.12.2019 im Pkw BMW 1er saß oder in sonstiger Weise den Rauschgifttransport in das Bundesgebiet begleitete. Insbesondere die automatisierte SMS vom 19.12.2019 um 15.05 Uhr auf das „private“ Mobiltelefon Samsung (serbische Rufnummer +381* …*) des Angeklagten K. („Willkommen in Österreich“) ist nicht geeignet, die Begleitung des Kurierfahrzeugs auch in einem weiteren zeitlichen Zusammenhang zu belegen. Denn Anhaltspunkte für einen Aufenthalt konkret im oder in der Nähe des Kurierfahrzeuges gibt es nicht.
55
Aufgrund der Einlassung des ermittelnden Polizeibeamten KHK B., der in Augenschein genommenen Rechnung des Hotels L. in S./Baden-Württemberg, die im Tatfahrzeug sichergestellt werden konnte, und der Angaben der Zeugen J. und L., zweier Mitarbeiter des Hotels L., steht ferner fest, dass der Angeklagte entsprechend der frühen Einlassung des anderweitig Verurteilten E. in der Nacht vom 21. auf den 22.12.2019 im Hotel L. in S. übernachtet hat. Spätestens kurz vor der Übernachtung am Abend des 21.12.2019 muss daher ein Treffen des Angeklagten mit dem anderweitig Verurteilten E. stattgefunden haben.
56
Die Erinnerung der beiden Hotelmitarbeiter war zwar stark ausgedünnt; im Ergebnis gaben beide übereinstimmend an, dass die Übernachtung stattgefunden habe. Der Zeuge J. arbeitete eigenen Angaben zufolge am 21.12.2019 von 17:00 Uhr bis 22:00 Uhr im Hotel L. im Restaurant und betreute in der Zeit auch die Rezeption. Er gab an, dass sich zum Checkin ein Mann und eine Frau zu ihm an die Rezeption begeben hätten. Eine weitere Person habe draußen vor der Tür gewartet. Das Zimmer sei im Voraus in bar bezahlt worden. Er sei ursprünglich davon ausgegangen, dass auch ein Mann und eine Frau im Hotel übernachten würden; von seiner Kollegin habe er jedoch erfahren, dass zwei Männer am nächsten Morgen beim Frühstück gewesen seien. Zu seinem Feierabend um 22:00 Uhr sei ihm außerdem ein 1er BMW auf dem Hotelparkplatz aufgefallen, da insgesamt an dem Abend sehr wenig Gäste dagewesen seien und dieser ein montenegrinisches Kennzeichen gehabt habe. Die Zeugin L. arbeitete ausweislich ihrer Zeugenaussage am 22.12.2019 ab 06:30 Uhr in der Morgenschicht im Hotel L. und machte dort das Frühstück. Sie konnte bestätigen, dass die beiden Männer aus dem schon bezahlten Zimmer bei ihr beim Frühstück gewesen seien. Es sei ihr jedoch keine Konversation mit den beiden erinnerlich; sie seien eher unauffällig gewesen, hätten beide gefrühstückt und seien dann auch gegangen. Die Kammer geht von der Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen aus, deren Aussage sich mit der übrigen Beweislage deckt. Da weder der Angeklagte noch der anderweitig Verurteilte der deutschen Sprache auch nur in Ansätzen mächtig sind, ist der Kontakt zu den unbekannten beiden weiteren Personen - und sei es nur zum Zwecke der Buchung - nicht ungewöhnlich.
57
d) Der längere Aufenthalt am 22.12.2019 von mindestens 10.00 Uhr an bis nachmittags im McDonalds-Restaurant in E. steht insbesondere fest aufgrund der ergänzenden Einlassung des Angeklagten, der Einlassung des anderweitig Verurteilten E., der Angaben des Ermittlers KHK B., der in Augenschein genommenen Lichtbilder aus der Handyauswertung des „privaten“ Mobiltelefons Samsung des anderweitig Verurteilten E. und der Auswertung des „privaten“ Mobiltelefons Samsung des Angeklagten.
58
Mit dem „privaten“ Mobiltelefon Samsung des anderweitig Verurteilten E. wurden am 22.12.2019 ab 10.10 Uhr mehrere Lichtbilder (auch Selfies) gefertigt, die den anderweitig Verurteilten E. in dem McDonalds-Restaurant in E. zeigen. Der anderweitig Verurteilten E. bestätigte dies in seiner Einlassung; ergänzend gab der Ermittler KHK B. an, dass er dem Filialleiter in anonymisierter Form die Lichtbilder zeigte und dieser das Interieur seiner Filiale erkannte. Auch hätte die Telekommunikationsauswertung ergeben, dass die abgespeicherten Zeitangaben zuträfen. In einer SMS-Nachricht, die der anderweitig Verurteilte E. am 22.12.2019 um 18:09 Uhr von seinem „privaten“ Mobiltelefon Samsung aus sandte, schrieb er „Wir sind los(gefahren)“ und weiter „Ich rufe an, wenn ich nach Graz komme“. Dies stützt die Angaben des anderweitig Verurteilten E., dass er sich zusammen mit dem Angeklagten K. am 22.12.2019 wieder auf den Rückweg machte. Eine Recherche über einen Online-Kartendienst bestätigt die Einschätzung des Ermittlungsbeamten KHK B., wonach angesichts der Entfernung zwischen dem McDonalds in E. und dem Parkplatz S. See je nach Verkehrsaufkommen mit einer Fahrtzeit von gut 2 ½ bis 3 Stunden zu rechnen sei. Die Kontrolle am Parkplatz S. See fand nach übereinstimmenden Angaben von KHK B., PHM’in Sch. und PHM S. gegen 20:00 Uhr statt.
59
e) Es spricht in einer Zusammenschau der zeitlichen und örtlichen Gegebenheiten, wie sie sich aufgrund des geschilderten Ergebnisses der Beweisaufnahme darstellen, viel dafür, dass ein Rauschgiftgeschäft, das für den 21.12.2019 bzw. in einem weiteren Anlauf für den 22.12.2019 mit Tatort oder Treffpunkt im oder beim McDonalds-Restaurant in E. geplant war, am 22.12.2019 endgültig scheiterte. Aus zahlreichen Verfahren ist der 2. Strafkammer bekannt, dass im Zusammenhang mit Betäubungsmittelgeschäften gerne mehr oder weniger anonyme Orte ausgesucht werden, die gut erreichbar sind. Dies trifft auf diese McDonalds-Filiale zu, zumal in den gängigen Navigationsgeräten diese Schnellrestaurants auch gut auffindbar sind. Dies bestätigte auch der Ermittler KHK B.. Der Ermittler KHK B. bestätigt ferner die Erfahrung der 2. Strafkammer, dass ein Rauschgifttransport von Marihuana in dieser Größenordnung von Deutschland aus nach Süden ungewöhnlich ist; üblicherweise werden mit Rauschgift gefüllte Kurierfahrzeuge eher in der Fahrtrichtung Norden festgestellt. Die Einlassung des anderweitig Verurteilten E. zum Rahmengeschehen der Einfuhr des Rauschgiftes über Serbien, Ungarn, Österreich nach Bayern und dann weiter nach Baden-Württemberg in der Zusammenschau mit dem ungewöhnlich langen Aufenthalt am 22.12.2019 im McDonalds legen nahe, dass mit der Ladung etwas währenddessen passieren sollte.
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f) Es kann nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit der Nachweis geführt werden, dass der Angeklagte K. in das gescheiterte Rauschgiftgeschäft im Sinne eines konkreten Kontaktes zu Kunden bereits eingebunden war, auch wenn es Indizien gibt, die eine Nähe andeuten:
61
Auf dem „privaten“ Mobiltelefon Samsung des Angeklagten wurde ein Chatverkehr zwischen ihm und dem anderweitig Verurteilten E. vom 17.12.2019 festgestellt. Am 17.12.2019 schreibt dabei der anderweitig Verurteilte E. (beglaubigte Übersetzung ins Deutsche): „Bruder, es hat mich niemand angerufen“, und der Angeklagte K. antwortet ebenfalls am 17.12.2019: „Er/Sie wird dich bald/schnell anrufen, höre auf“. Diese Kommunikation lässt sich aus Sicht der Kammer zwar damit in Einklang bringen, dass der Angeklagte K. hier als Kontaktperson für den Kurier E. fungiert haben mag, aber es erlaubt nicht den zwingenden Schluss, dass der Angeklagte in die Geschäftsabwicklung konkret und vor Ort eingebunden war.
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Als Indiz für eine Beteiligung des Angeklagten am Rauschgiftgeschäft bedeutender ist der Chat vom Mobiltelefon Samsung des Angeklagten vom 22.12.2019 mit einer unbekannten Person mit deutscher Mobilfunknummer, die als „Drug Selo“ gespeichert ist. Zwar lässt dieser Chat nicht den unmittelbaren Nachweis zu, jene unbekannte Person sei unmittelbar als Abnehmer des Rauschgiftes vorgesehen. Zutreffend wies die Dolmetscherin und damit Sprachmittlerin im hiesigen Verfahren Frau Dipl. phil. F. darauf hin, dass „drug“ (друг) übersetzt aus dem Serbischen „Freund“ heiße. Der Angeklagte schrieb um 10:58 Uhr „Mcdonalds…“ und sein Gesprächspartner antwortete um 11:02 Uhr „Ok“ und „Brate“ (Anm.: sinngemäß „Bruder“). Um 12:29 Uhr schrieb der Angeklagte weiter „did you manage to cope“ (Anm. sinngemäß „hast du es geschafft, damit fertig zu werden“) und sein Gesprächspartner antwortete „We do something“ (Anm. sinngemäß: „wir tun etwas“). Um 15:03 Uhr schrieb schließlich der Angeklagte wieder: „You vant soon“. Da die Person des „Drug Selo“ völlig im Unklaren geblieben ist und sich die Bezeichnung „drug“ im Serbischen mit „Freund“ und nicht zwangsläufig mit dem englischen Wort für „Droge“ erklären lässt, ist die konkrete Verbindung jenes „Drug Selo“ zum im Tatfahrzeug verbauten Marihuana als einem Kunden für das Marihuana nicht zwangsläufig. Andererseits weist der über vier Stunden dauernde Chat darauf hin, dass der ungewöhnlich lange Aufenthalt des Angeklagten, des anderweitig Verurteilten E. und des Tatfahrzeugs am McDonalds in E. etwas mit „Drug Selo“ zu tun haben kann. Hinzu kommt, dass der Erklärungsversuch des Angeklagten, es handle sich dabei um einen Bekannten, der von ihm eine Provisionszahlung erhalten habe und ihm einen neuen Auftrag als Fliesenleger vermitteln wollte, ebenfalls nicht zu überzeugen vermag. Denn ein Chatverkehr mit diesem Hintergrund hätte wohl einen anderen Inhalt gehabt.
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g) Die Kontrollsituation auf dem Parkplatz S. See an der Autobahn A8 in Fahrtrichtung nach Süden von München nach Salzburg bestätigt die Aussage des anderweitig Verurteilten E., sich auf dem Rückweg nach Montenegro befunden zu haben.
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5. Ausweislich der in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten zu den DNA-Untersuchungen an den am Tatfahrzeug gesicherten Spuren der Sachverständigen Dr. D. und Dr. Sch, welche ihre Methoden und Ergebnisse in der Hauptverhandlung jeweils gut nachvollziehbar darlegen und erklären konnten, steht fest, dass in einer an der zur Fahrzeugaußenseite liegenden Kante sowie an der Unterseite dieser Kante der Öffnung in das Versteck im doppelten Boden unter dem Beifahrersitz gesicherten Spur, also unmittelbar am Ort der Betäubungsmittel, das DNA-Profil des Angeklagten K. vollständig nachgewiesen werden konnte. Es handelt sich dabei um eine Mischspur, welche auf insgesamt drei oder vier Spurenleger schließen lässt. Auch der anderweitig Verurteilte E. konnte aufgrund der Untersuchungsergebnisse nicht als Mitspurenleger ausgeschlossen werden. Nicht aufgrund der Spur nachweisbar ist jedoch eine Spurenlegung durch einen oder mehrere der spurensichernden und anderen eingesetzten Polizeibeamten. An weiteren gesicherten Spuren in den Betäubungsmittelverstecken und an den Betäubungsmitteln selbst konnten jeweils Einzel- oder Mischprofile festgestellt werden, bei denen alle genannten Personen nicht als Spurenleger in Frage kommen.
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Ausweislich des in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachtens des Sachverständigen EKHK B. konnten weder in oder an dem Versteck noch an den Betäubungsmitteln selbst daktyloskopische Spuren des Angeklagten - aber auch sonst keine - festgestellt werden.
66
Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass eine Kontamination der Spur mit der DNA des Angeklagten K. im Rahmen der Sachbehandlung durch die Polizei oder im Rahmen der Spurensicherung konkret praktisch ausgeschlossen werden kann. Dies steht zur Überzeugung der Kammer fest zum einen aufgrund der Tatsache, dass bei einer Kontamination mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch die DNA zumindest eines der eingesetzten Beamten aufgefunden worden wäre; nachdem bei einer Vielzahl von genommenen Proben nirgends auch nur einer der Beamten als Treffer auftauchte, spricht dies für einen sehr sachgemäßen Umgang mit den Beweismitteln und bei der Spurensicherung. Dies wird ferner bestätigt durch die Angaben der eingesetzten Beamten, welche übereinstimmend angaben, wer, wann und wie oft beispielsweise die dienstlich gelieferten Gummihandschuhe bei der Spurensicherung wechselte und welche Beamten für welche konkreten Schritte eingesetzt wurden. Gegen eine Kontamination beim Ausräumen der Betäubungsmittelverstecke spricht aber andererseits auch, dass es einen Treffer nur an dieser einen Stelle gab; bei einer Kontamination bei der polizeilichen Sachbehandlung wäre zu erwarten, dass eine solche an verschiedenen Stellen auftritt und dies insbesondere auch zusammen mit Spuren der eingesetzten Polizeibeamten; beides ist hier nicht der Fall. Diese Einschätzung steht im Einklang mit der Bewertung der Sachverständigen Dr. Sch, welche hierzu im Rahmen ihres Gutachtens in der Hauptverhandlung ausführliche Angaben machen konnte.
67
Eine etwaige Kontamination hinsichtlich des nur teilweise in der Spur vorhandenen Profils des anderweitig Verurteilten E. - beispielsweise durch den Angeklagten K. - kann hingegen nicht vollständig ausgeschlossen werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der anderweitig Verurteilte E. angab, bei Übernahme des Fahrzeugs dieses erst einmal vollständig gereinigt zu haben, da es vollkommen verdreckt und vermüllt gewesen sei, was ihn angeekelt habe, und der Tatsache, dass der anderweitig Verurteilte E. bereit seit 19.12.2019 sich mehr oder weniger lange in dem Fahrzeug aufgehalten hatte, mithin mehr als genug Gelegenheiten hatte, seine DNA-Spuren im ganzen Fahrzeug zu verteilen, wodurch diese sehr leicht durch den Angeklagten K. aufgenommen und sekundär weiterverteilt werden konnten.
68
Dass das vollständige DNA-Profil des Angeklagten K. hier neben einer möglichen Kontamination bei der Spurensicherung anderweitig zufällig an diesen Ort gekommen sein könnte, hält die Kammer ebenso für ausgeschlossen. Der Fundort der DNA-Spur befindet sich in dem Versteck bzw. an dessen verdeckter Kante. Über diesen Fundort war ein verschraubter Metalldeckel verbaut, welcher, das Bodenblech über einen Zentimeter überlappend, fest verschraubt war. Darüber war das originale Dämmmaterial des Fahrzeugs verbaut, auf welchem wiederum der originale Teppichboden des Fahrzeugs lag. Über diesem Teppichboden war der Beifahrersitz des Fahrzeugs mit dem Fahrzeugboden dergestalt bauartbedingt verschraubt, dass der Teppichboden und das Dämmmaterial nur angehoben werden konnten, wenn zuvor der Sitz ausgebaut wurde. Über dem Teppichboden lag eine Fußmatte in dem Fahrzeug. Eine zufällige Kontamination im Inneren des Verstecks ist damit praktisch ausgeschlossen.
69
Die Spur des Angeklagten K. in dem Versteck lässt sich vernünftigerweise nur dadurch erklären, dass diese Spur von dem Angeklagten K. selbst dort gesetzt wurde. Dies bedeutet, dass der Angeklagte K. von dem Versteck im Fahrzeug und von dessen Inhalt Kenntnis hatte. Der Umstand ließe sich auch unproblematisch mit einem Szenario dergestalt erklären, dass am wahrscheinlichen Bestimmungsort der Betäubungsmittel in Baden-Württemberg bereits eine Stoffprobe für den oder die Abnehmer aus dem Versteck entnommen wurde, und bei diesem Vorgang die Spurenlegung erfolgte. Eine derartige Annahme stünde auch im Einklang mit den auf den Lichtbildern festgestellten Umstand, dass sich am Rand der relevanten Kante eine kleine Lücke der im übrigen formschlüssig verbauten Betäubungsmittel befand, was für eine Entnahme einer Probe sprechen würde, genauso wie der Umstand, dass in dem im Übrigen nahezu leeren Kofferraum des Fahrzeugs ein Steckschlüsselsatz gefunden wurde, genau dasjenige Werkzeug also, welches erforderlich aber auch ausreichend ist, um die Vordersitze aus dem Fahrzeug aus- und einzubauen, welche jeweils mit vier Schrauben am Fahrzeugboden befestigt sind. Trotz aller Indizien reichte es jedoch für die Bildung der richterlichen Überzeugung der Kammer nicht aus, ein solches Szenario als gesichert festgestellt als Ergebnis der Beweisaufnahme anzunehmen. Unbeschadet dessen reichen diese Indizien zusammen mit den weiteren festgestellten Tatsachen zur Überzeugung des Gerichts jedoch aus, um die anderweitige Beteiligung des Angeklagten K. an einem Betäubungsmittelgeschäft bezüglich des im Fahrzeug verbauten Marihuanas anzunehmen.
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6. Die Annahme der Beteiligung des Angeklagten K. an Betäubungsmittelgeschäften hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittel in dem Fahrzeugversteck wird weiter gestützt durch die Ermittlungen im Zusammenhang mit den beiden Mobiltelefonen des Angeklagten:
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a) Das „private“ Mobiltelefon Samsung des Angeklagten K., das ausweislich der Angaben der Polizeibeamten KHK B. und PHM S. in der Seitentüre auf der Beifahrerseite des Tatfahrzeugs festgestellt wurde und aufgrund seines privaten Inhaltes dem Angeklagten zugeordnet wurde, weist den Chatverkehr mit dem anderweitig Verurteilten E. vom 17.12.2019 und den Chatverkehr mit dem unbekannt gebliebenen „Drug Selo“ wie oben unter C.II.4.f) dargelegt auf. Diese beiden Kommunikationen stellen Indizien dafür dar, dass der Angeklagte in das Rauschgiftgeschäft mit dem verbauten Marihuana eingebunden war.
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b) Das zweite dem Angeklagten K. zugeordnete Mobiltelefon, ein Apple iPhone, wurde ausweislich der Angaben des Zeugen PHM S. bei dem Angeklagten K. am Mann sichergestellt. Der Zeuge KHK B. bestätigte, dass der Angeklagte ihm gegenüber den richtigen Entsperrcode für das Telefon angeben konnte. Die Sichtung des Telefons durch den Zeugen KHK B. ergab auch, dass auf diesem Gerät die spezielle Überwachungs- und Verschlüsselungssoftware SKY ECC installiert war. Die Zugangsdaten zu dieser Software wurden von dem Angeklagten K. nicht offengelegt. Da das Mobiltelefon im Übrigen praktisch leer war, konnte eine Auswertung von Daten dieses Telefons nicht stattfinden. Ausweislich der im Rahmen der Ermittlungen durchgeführten Recherchen des Zeugen KHK B. wird die SKY ECC-Software bei Ermittlungen zu BtMG-Verstößen mit großen bis erheblichen Mengen an Betäubungsmitteln immer wieder angetroffen; mit der Nutzung durch einen Handwerker, auch wenn dieser seine Umsätze „schwarz“ generieren sollte, lässt sich weder die Nutzung dieses vergleichsweise sehr teuren Mobiltelefons noch die Nutzung der sehr teuren Software in Einklang bringen. Nach den Angaben des Zeugen KHK B. belaufen sich nach dessen Recherchen die Kosten für die Nutzung der Software auf etwa 600 Euro pro Monat und Gerät. Es handelt sich somit um durchaus erhebliche Kosten, so dass eine solche Investition zur Überzeugung der Kammer für die Ausübung der Tätigkeit eines einfachen Handwerkers überhaupt keinen Sinn ergäbe.
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7. Das Fehlen von persönlichen Gegenständen im Gepäck des anderweitig Verurteilten E. und des Angeklagten K. und das Fehlen von Arbeitskleidung und Ausrüstung zum Fliesenlegen beim Angeklagten K. legen weiter den Schluss nahe, dass für beide jeweils nur eine kurzfristige Abwesenheit geplant war. Dies steht im Einklang mit den Angaben des anderweitig Verurteilten E. hinsichtlich seiner Person. Hinsichtlich der Person des Angeklagten K. vermag dies dessen ursprüngliche Einlassung, er sei seit September in Deutschland, um hier „schwarz“ Fliesen zu legen, nicht zu stützen; seine ergänzende Einlassung dahingehend, er sei bereits Anfang Dezember aufgrund des ablaufenden Touristenvisums für den Schengenraum zurück nach Hause und nun wieder kurz nach Deutschland gekommen, erscheint schon in sich nicht logisch. Diese Variante steht außerdem im Widerspruch zu den Eintragungen im Reisepass des Angeklagten K., welche belegen, dass dieser seit September mehrfach in verschiedenen Ländern innerhalb und außerhalb des Schengenraums ein- und ausgereist war. Ausweislich der Stempel in dem Reisepass des Angeklagten K. ist dieser - wie oben unter C.II.1 dargelegt - allein im Dezember 2019 am 07.12.2019 von Slowenien nach Kroatien und von dort nach Bosnien-Herzegowina gereist; am 08.12.2019 reiste er weiter von dort nach Montenegro; am 09.12.2019 reiste er abermals von Bosnien-Herzegowina nach Montenegro ein; am 12.12.2019 folgte dann ein Grenzübertritt von Montenegro nach Bosnien-Herzegowina und am 13.12.2019 eine Weiterreise von Bosnien-Herzegowina über Kroatien nach Slowenien (Einreise in den Schengenraum). Auf dem Mobiltelefon Samsung des Angeklagten K. konnten mehrere SMS-Nachrichten von Netzbetreibern festgestellt werden, so SMS vom 13.12.2019 um 12:18 Uhr mit der Nachricht „Willkommen in Kroatien (…)“, vom 14.12.2019 um 14:29 Uhr mit der Nachricht „Willkommen in Polen (…)“, vom 18.12.209 um 19:45 Uhr mit der Nachricht „Willkommen in der Slowakei (…)“ und am 19.12.2019 um 15:05 Uhr mit der Nachricht „Willkommen in Österreich (…)“. Diese Variante der Einlassung des Angeklagten steht außerdem - unabhängig davon - im Widerspruch zu den geltenden Aufenthaltsbestimmungen des Schengenraums, wonach das einschlägige Visum von 90 Tagen jeweils nur innerhalb von 180 Tagen gültig ist; dies bedeutet, dass, wenn zwischen September und Dezember 2019 diese 90 Tage für den Angeklagten K. aufgebraucht gewesen wären, dieser nicht wenige Tage später am 19.12.2019 wieder in den Schengenraum hätte einreisen können, jedenfalls nicht auf Basis dieser Visumsregelung. Beide Varianten der Einlassung des Angeklagten K. hierzu sind somit widerlegt. Andere Gründe für die Mitfahrt des Angeklagten K. in dem Pkw BMW 1er als der, dass der Angeklagte in Verbindung mit den transportierten Betäubungsmitteln unterwegs war, sind in der Zusammenschau der verschiedenen Indizien nicht ersichtlich.
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8. Nach alledem steht zur Überzeugung der Kammer auch fest, dass der Angeklagte K. auch vorsätzlich da in Kenntnis aller relevanten Umstände handelte. Jedenfalls wollte er zumindest den Rücktransport des wertvollen Rauschgiftes für den Auftraggeber sichern. Er kannte den anderweitig Verurteilten E. schon vorher, hatte auch vor Fahrtantritt Kontakt. Es spricht aufgrund dessen alles dafür, dass er wusste, dass der anderweitig Verurteilte E. „neu in dem Geschäft“ war und deswegen eine Sicherung erforderlich sein kann. Hinsichtlich der inneren Tatseite bezüglich der Wirkstoffgehalte ist darüber hinaus festzuhalten, dass nach Maßgabe des in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes derjenige, der sich am Umsatz von Rauschgift beteiligt, hinsichtlich der Menge und des Wirkstoffgehalts des Rauschgifts regelmäßig mit jeder nach den Umständen des Falls in Betracht kommenden Möglichkeit einverstanden ist (BGH, NStZ-RR 1997, 121). Die Beweisaufnahme hat keine Anhaltspunkte für Umstände ergeben, aufgrund derer der Angeklagte im konkreten Fall von einem niedrigeren als dem festgestellten Wirkstoffgehalt ausgehen durfte oder tatsächlich ausgegangen ist.
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Das Gericht geht davon aus, dass die Angaben des mitangeklagten und mittlerweile bereits verurteilten E. glaubhaft sind, da - wie dargelegt - sich der anderweitig Verurteilte E. nie in Widersprüche verwickelt hat. Seine Angst wird bestätigt durch die toxikologische Untersuchung der Blut- und der Urinprobe des anderweitig Verurteilten E., die der Sachverständige Toxikologe Prof. Dr. M. schlüssig und nachvollziehbar erläuterte. In beiden Proben war Alpazolam nachweisbar, ein Arzneistoff aus der Gruppe der Benzodiazepine, der zur kurzzeitigen Behandlung von Angst- und Panikstörungen eingesetzt werde. Der anderweitig Verurteilte E. bestätigte die Medikamenteneinnahme vor der Fahrt zur Angstlösung.
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Das Gericht geht ferner von der Glaubhaftigkeit der Aussagen der polizeilichen Zeugen aus. Sämtliche Angaben lassen sich aus der Akte und den Ermittlungen herleiten, waren in sich schlüssig und widerspruchsfrei und konnten - wo möglich - durch Lichtbilder, Urkunden oder Untersuchungsergebnisse bestätigt werden.
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Die Ausführungen sämtlicher Sachverständiger entsprachen den jeweiligen schriftlich vorliegenden Gutachten. Alle erläuterten jeder für sich jeweils widerspruchsfrei und unmittelbar nachvollziehbar ihre jeweiligen Gutachten und konnten auch auf Nachfragen jeweils fundiert und schlüssig Erklärungen liefern. Das Gericht hat sich daher deren Ausführungen zu eigen gemacht.
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In der Zusammenschau aller vorgenannten Umstände hat das Gericht keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte die Tat, wie unter B.I festgestellt, begangen hat.
III. Feststellungen zur Schuldfähigkeit
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Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten beruhen auf dessen eigenen Angaben in der Hauptverhandlung, dem unmittelbaren Eindruck von dem Angeklagten in der Hauptverhandlung, welchen sich die Kammer bilden konnte, sowie den Ergebnissen der Untersuchung der von dem Angeklagten abgegeben Blut-, Urin- und Haarproben, wonach eine relevante Beeinflussung etwa durch Alkohol, Arznei- oder Betäubungsmittel ausgeschlossen werden kann, sowie den diese bestätigenden Angaben der am 22.12.2019 eingesetzten Polizeibeamten PHM´in Sch., PHM S., POK F. und KHK B., die von keinerlei Auffälligkeiten des Angeklagten dahingehend berichten konnten.
D. Rechtliche Würdigung
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Der Angeklagte hat sich aufgrund des unter B. I. festgestellten Sachverhalts der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gem. §§ 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage I zum Betäubungsmittelgesetz, 3 Abs. 1 Nr. 1, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 27 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
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Der Nachweis der Beteiligung an der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge konnte nicht geführt werden.
I. Handeltreiben
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Handeltreiben ist jede eigennützige, auf die Förderung des Umsatzes von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (BGH, Urteil vom 20.08.1991, 1 StR 321/91). Dabei ist der Begriff des Handeltreibens nach ganz herrschender Meinung weit auszulegen (BGH, Urteil vom 24.03.1999, 1 StR 84/99). Ausgehend von diesem weiten Begriff des Handeltreibens der höchstrichterlichen Rechtsprechung hat der Auftraggeber des Angeklagten und des anderweitig Verurteilten E. den Tatbestand des Handelstreibens vollumfänglich verwirklicht. Bei dem sichergestellten Marihuana handelt es sich um Betäubungsmittel i.S.d. BtMG. Es ist auch davon auszugehen, dass die Betäubungsmittel in Baden-Württemberg hätten weiter übergeben werden sollen; warum es dazu nicht kam, konnte bislang nicht geklärt werden. Nichtsdestotrotz erhielt der Angeklagte K. im Folgenden den Auftrag, die Betäubungsmitteln Richtung Montenegro zurückzubegleiten Diese großräumige Verbringung von Betäubungsmitteln stellt eine auf die Förderung von Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit dar und erfüllt damit den Tatbestand des Handeltreibens.
II. Beihilfe
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Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat, § 27 Abs. 1 StGB. Das konkrete Mittel der Beihilfe ist generell unbegrenzt. Das „bloße Dabeisein“ genügt jedoch für die Annahme strafbarer Beteiligung nicht. Der Angeklagte K. hat physische Beihilfe als Tathilfe geleistet zum Handeltreiben mit den Betäubungsmitteln, welche sich in dem Fahrzeug BMW 1er befanden, indem er sich bereit erklärte, mit dem von dem anderweitig Verurteilten E. geführten Fahrzeug und den Betäubungsmitteln an Bord wieder zurück zu fahren und dabei sicherzustellen, dass die Betäubungsmittel nicht verloren gingen oder anderweitig abhandenkämen. Der Angeklagte K. handelte dabei, um die Betäubungsmittel für den Auftraggeber zu sichern. Dies war auch erforderlich, da der anderweitig Verurteilte E. sich nicht verständigen konnte, da er weder Deutsch noch Englisch sprach, er sich auf seiner ersten Kurierfahrt befand, so dass seine Zuverlässigkeit und seine Fähigkeiten noch nicht eingeschätzt werden konnten, und es bereits zu unvorhergesehenen Komplikationen bei der Abwicklung eines Betäubungsmittelgeschäfts bezüglich des transportierten Marihuanas gekommen war. Der Angeklagte K. wusste und wollte dabei, dass durch sein Handeln der Handel mit den Betäubungsmitteln, welche sich in dem Fahrzeug befanden, gefördert wurde. Da er den Handel mit den Betäubungsmitteln nicht erwiesener Maßen als eigene Tat wollte, kommt vorliegend nur die Beteiligungsform der Beihilfe in Betracht. Er handelte dabei mit dem erforderlichen doppelten Gehilfenvorsatz.
III. Nicht geringe Menge
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Der Bundesgerichtshof legt in ständiger Rechtsprechung den Grenzwert der nicht geringen Menge für Cannabis bei 7,5 Gramm THC fest (BGHSt 42, 1). Dieser Grenzwert wurde hinsichtlich der in dem Fahrzeug BMW 1er aufgefundenen Betäubungsmittel mit insgesamt mindestens 2.144,1 Gramm THC mindestens um das 285,88-fache überschritten.
E. Strafzumessung
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I. Für die verfahrensgegenständliche Straftat des Angeklagten K. legt die Kammer den gemäß §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG i. V. m. § 38 StGB von Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 11 Jahren 3 Monaten zu Grunde.
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II. Ein minderschwerer Fall des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nach § 29a Abs. 2 BtMG liegt nicht vor.
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1. Zur Prüfung der Frage, ob ein minderschwerer Fall angenommen werden kann, ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Hierfür sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichviel, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Dabei müssen auch die Persönlichkeit des Täters, sein Gesamtverhalten, seine Tatmotive und die seine Tat begleitenden Umstände gewürdigt werden.
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2. Zu Gunsten des Angeklagten K. und damit für die Annahme eines minderschweren Falls spricht zwar insbesondere, dass er sich nur wegen Beihilfe strafbar gemacht hat, dass er als Ausländer ohne hinreichende Kenntnis der deutschen Sprache besonders haftempfindlich ist und eine lange Untersuchungshaft unter erschwerten Corona-Bedingungen hinter sich hat, es sich bei dem tatgegenständlichen Rauschgift um Marihuana, eine sogenannte „weiche“ Droge handelt, der Angeklagte bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und er sich auch mit der formlosen Einziehung der sichergestellten bzw. beschlagnahmten Gegenstände einverstanden erklärt hat. Zu Gunsten des Angeklagten wirkt auch, dass er aufgrund finanzieller Probleme bedingt durch die wirtschaftlich schwierige Lage in seiner Heimat P. gehandelt haben mag. Zu Gunsten des Angeklagten spricht schließlich, dass das Betäubungsmittel sichergestellt werden und es mithin sein Gefährdungspotential nicht entfalten konnte.
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3. Dem gegenüber sprechen aber entscheidende Gründe gegen die Annahme eines minderschweren Falls. Insbesondere muss sich erheblich zu Lasten des Angeklagten auswirken, dass die nicht geringe Menge hierdurch erheblich, nämlich um mehr als das 288-fache, überschritten wurde. Zu Lasten des Angeklagten ist weiter das höchst professionelle und organisierte Vorgehen bei dem Handel mit Betäubungsmitteln zu berücksichtigen, welches etwa in dem aufwendigen und professionellen Fahrzeugumbau zum Verstecken der Betäubungsmittel, der aufwendigen Verpackung der Betäubungsmittel selbst oder der Verwendung der Überwachungs- und Verschlüsselungssoftware SKY ECC auf dem Mobiltelefon zum Ausdruck kommt und jedenfalls zum Teil auch auf dem eigenen Einbringen des Angeklagten K. und seinem Tatbeitrag beruht.
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4. Bei einer Gesamtbetrachtung aller vorgenannten Umstände ist nach Überzeugung der Kammer die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens des § 29a Abs. 2 BtMG weder geboten noch vertretbar. Der Umstand, dass sich der Angeklagte nicht als Täter, sondern nur der beihilfeschaftlichen Begehungsweise strafbar gemacht hat, kann und wird gesondert mittels Strafrahmenverschiebung gem. §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB berücksichtigt werden.
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III. Die unter E.II.2 und E.II.3 angeführten Strafzumessungsgesichtspunkte waren abgesehen von dem Umstand, dass der Angeklagte nicht als Täter anzusehen ist, sondern sich einer beihilfeschaftlichen Begehungsweise schuldig gemacht hat, auch maßgeblich für die Zumessung der Strafe im engeren Sinn. Der Umstand der beihilfeschaftlichen Begehungsweise wurde bereits bei der Wahl des Strafrahmens berücksichtigt.
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Unter Gesamtabwägung der danach jeweils für und gegen den Angeklagten sprechenden übrigen Strafzumessungsgesichtspunkte erachtet die Kammer unter Anwendung des maßgeblichen Strafrahmens (E.I) für die geschilderte Tat eine
Freiheitsstrafe von
3 Jahren 3 Monaten
als tat- und schuldangemessen.
F. Einziehung
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Über eine Einziehung war nicht zu entscheiden, soweit der Angeklagte der formlosen Einziehung bereits zugestimmt hat. Im Übrigen sind die Voraussetzungen für die Anordnung einer Einziehung nach §§ 73 ff. StGB nicht gegeben.
G. Kosten
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1 StPO.