Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 27.09.2021 – W 8 K 20.1860
Titel:

Widerruf der Bestellung zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger nach Bestellung zum hauptamtlichen Bürgermeister

Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
SchfHwG § 11, § 12 Abs. 1 Nr. 2
Leitsätze:
1. Der im Beamtenrecht geltende Grundsatz der Ämterstabilität ist nicht auf die Bestellung von Bezirksschornsteinfegermeistern übertragbar (Anschluss an VGH München BeckRS 2012, 45687). (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. In Anbetracht der ihm übertragenen öffentlichen Aufgaben im Bereich des präventiven Brand- und Immissionsschutzes und des Umweltschutzes sind an die Zuverlässigkeit eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers hohe Anforderungen zu stellen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Unzuverlässigkeit des Klägers als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger resultiert aus der durch die gleichzeitige Wahrnehmung des Bürgermeisteramts stammenden Arbeitsbelastung und nicht lösbaren Interessenkonflikten und basiert damit auf Umständen, von denen in der Folge schwerwiegende Gefahren für die Allgemeinheit ausgehen können. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schornsteinfegerrecht;, Widerruf der Bestellung als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger;, gleichzeitige Ausübung des Amts als berufsmäßiger 1. Bürgermeister;, unauflösbare Interessenkollision bezüglich gemeindlicher Grundstücke;, fehlende Möglichkeit der Vertretung;, gleichzeitige Ausübung zweier hauptamtlicher Tätigkeiten;, Bezugnahme auf Beschluss im Sofortverfahren und des BayVGH im Beschwerdeverfahren;, Ablehnung von Beweisanträgen;, Grundsatz der Ämterstabilität, Doppelstellung, Arbeitsbelastung, Interessenkonflikt
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 15.06.2022 – 22 ZB 21.2785
Fundstelle:
BeckRS 2021, 30544

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 27. Oktober 2020, mit dem seine Bestellung zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger auf den Kehrbezirk ... widerrufen wird.
2
1. Der Kläger wurde für den Zeitraum vom 1. März 2016 bis 28. Februar 2023 zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger auf den Kehrbezirk ... bestellt.
3
Seit dem 1. Mai 2020 ist der Kläger erster Bürgermeister .... Gleichzeitig war er weiterhin zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger des Kehrbezirks ... bestellt.
4
Mit Schreiben vom 9. April 2020 teilte die Regierung von Unterfranken dem Kläger mit, dass ein Nebeneinander eines berufsmäßigen Bürgermeisteramtes und der Tätigkeit als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger nicht in Betracht komme, weshalb dem Kläger ein Antrag auf Aufhebung der Bestellung auf den Kehrbezirk ... nahegelegt werde. Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger nicht gestellt.
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Der Gemeinderat ... erteilte am 26. Mai 2020 dem Kläger die Genehmigung, dass er acht Stunden wöchentlich seiner Nebentätigkeit als Kaminkehrermeister nachgehen darf.
6
Mit Schreiben vom 24. September 2020 teilte die Regierung von Unterfranken dem Kläger mit, dass der Widerruf seiner Bestellung als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger beabsichtigt sei, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme.
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Mit Bescheid vom 27. Oktober 2020 widerrief die Regierung von Unterfranken die Bestellung des Klägers zum 1. März 2016 zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger auf den Kehrbezirk .... Der Widerruf werde mit Bestandskraft dieses Bescheides wirksam (Nr. 1). Weiter verpflichtete sie den Kläger, die Kosten des Verfahrens zu tragen, wobei eine Gebühr von 150,00 EUR festgesetzt wurde. Hinzu kommen Auslagen (Nr. 2). In den Gründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Im Vorfeld der Kommunalwahlen 2020 habe sich der Kläger über einen Landtagsabgeordneten an den Bayerischen Staatsminister des Innern, für Sport und Integration mit dem Anliegen gewandt, als Bürgermeisterkandidat bei der anstehenden Kommunalwahl zu kandidieren. Gleichzeitig solle sein Kehrbezirk bei seiner möglichen Wahl zunächst sechs Jahre (eine Periode) durch einen Stellvertreter betreut werden. Mit dieser Option wäre es ihm möglich, nach nur einer Amtsperiode wieder in seinen ursprünglichen Kehrbezirk zurückzukehren und er müsse dann nicht auf die Zuteilung eines neuen, gegebenenfalls weiter entfernten Kehrbezirks im Auswahlverfahren auf Regierungsebene warten. Sollte die Wiederwahl erfolgreich gewesen sein, würde der Kehrbezirk dann neu ausgeschrieben. Der Bayerische Staatsminister des Innern, für Sport und Integration habe mit Schreiben vom 15. April 2020 geantwortet, dass eine Vertretung eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegermeisters für die gesamte Dauer seiner Bürgermeister-Amtszeit nicht zulässig sei. Es sei bereits fraglich, ob ein Fall der Verhinderung nach § 11 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (SchfHwG) im vorliegenden Fall gegeben sei. Auch sei der Zeitraum von sechs Jahren für eine Stellvertretung zu lang. Über eine erforderliche Nebentätigkeitsgenehmigung habe der Gemeinderat zu entscheiden. Rechtsgrundlage für den Widerruf des Bestellungsbescheids zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger vom 19. Februar 2016 sei Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 5 BayVwVfG. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschriften seien erfüllt. Der Widerruf stehe grundsätzlich im Ermessen der Behörde. Durch die Wahl des Klägers zum berufsmäßigen ersten Bürgermeister … … … seien nachträglich Tatsachen eingetreten, die einer Bestellung zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger entgegenstünden. Ohne den Widerruf würde das öffentliche Interesse gefährdet werden. Gleichzeitig würden durch den Widerruf mögliche schwere Nachteile für das Gemeinwohl zumindest verhütet. Die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger würden hoheitliche Tätigkeiten ausüben und über die Betriebs- und Brandsicherheit der betreffenden Anlagen in ihrem Kehrbezirk wachen, vgl. § 8 SchfHwG. Hierzu würden sie die Einhaltung der Pflichten der Eigentümer nach § 1 Abs. 1 und 2 SchfHwG kontrollieren und die Kehrbücher führen. Sie seien nach § 5 SchfHwG für die Mängelverwaltung zuständig. Eine Hauptaufgabe der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger sei außerdem die Feuerstättenschau nach § 14 SchfHwG, bei der u.a. die Betriebs- und Brandsicherheit der Anlagen überprüft werde. Außerdem hätten die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger die Befugnis zu anlassbezogenen Überprüfungen. Weitere Aufgaben seien die Ausstellung von Bescheinigungen über die Tauglichkeit und sichere Benutzbarkeit von Feuerungsanlagen sowie Mitwirkung bei der Brandbekämpfung. In § 18 Abs. 1 SchfHwG werde ausdrücklich darauf verwiesen, dass der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger seine Aufgaben unparteiisch zu erfüllen habe. Bei einer gleichzeitigen Tätigkeit als berufsmäßiger 1. Bürgermeister … … … seien erhebliche Interessenkonflikte zu erwarten. Die unparteiische Aufgabenerfüllung eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers sei nicht garantiert. Dieser habe vielfach Mängel zu beanstanden oder Vorschriften umzusetzen, die für den Bürger „unangenehm“ seien (z.B. Austauschpflicht von Festbrennstoffanlagen, veralteten Heizungen usw.). Dies sei ein Grund, der den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger in der Gunst Betroffener zumindest nicht steigen lasse. Gleichzeitig erfordere die Stellung als erster Bürgermeister, dass bei einer angestrebten Wiederwahl möglichst viele Wähler gewonnen werden könnten. Hier bestehe die Befürchtung, dass eine konsequente Mängelverfolgung aufgrund der widerstrebenden Interessen unterbleiben oder zumindest relativiert werden könnte. Eine Gefährdung der Betriebs- und Brandsicherheit wäre die Folge. Die Arbeitsbelastung durch die hoheitlichen Tätigkeiten eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers sei nicht unerheblich. Im Allgemeinen werde von einem Prozentsatz von 30 bis 35% der allgemeinen Arbeitszeit ausgegangen. Bei einer 38,5 Stundenwoche ergäben sich 11,55 bis 13,48 Stunden, also rund 12 bis 13 Stunden Arbeitsbelastung pro Woche. Die von der Gemeinde erteilte Nebentätigkeitsgenehmigung vom 28. Mai 2020 decke diesen Umfang nicht. Der Kläger rechne in seiner Stellungnahme vom 9. September 2020 vor, dass von den erforderlichen 492 Jahresstunden für hoheitliche Tätigkeiten 416 Stunden direkt von ihm und der Rest durch seine Frau als Bürokraft (78 Stunden) bzw. durch seinen Bruder als Vertreter erbracht werden könnten. Dabei setze er allerdings die Untergrenze von 30% für hoheitliche Tätigkeiten an. Bei einem Ansatz von 35% kämen nach der dortigen Berechnungsweise bereits weitere 5% bzw. 82 Stunden hinzu (5% von 1.640,10 Jahresstunden). Außerdem müssten Büroarbeiten vom bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger zumindest überwacht und mitverwaltet werden. Eine Unterschreitung der Acht-Stunden-Grenze sei damit anzuzweifeln bzw. nicht sichergestellt. Dies vermöge auch nicht die von dem Kläger sicherlich gut durchdachte Arbeitsorganisation innerhalb seines Kehrbezirks zu entkräften. Diese betreffe im Wesentlichen die freien Tätigkeiten. Die hoheitlichen Tätigkeiten könne ein bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger nicht delegieren. Vielmehr seien diese von ihm höchstpersönlich auszuführen, vgl. § 14 Abs. 1 SchfHwG. Eine Vertretung nach § 11 SchfHwG sei nur in zugelassenen Fällen möglich. Eine Vertretung bzw. Freistellung für die Tätigkeit als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger bis zu einer möglichen Wiederwahl zum Bürgermeister von … in sechs Jahren sei nicht vorgesehen bzw. könne aus Gründen der Betriebs- und Brandsicherheit, die stets gewährleistet sein müsse, nicht zugelassen werden. Eine generelle drohende Arbeitslosigkeit in sechs Jahren wie vom Kläger geltend gemacht könne für einen ehemaligen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger grundsätzlich nicht eintreten, da er selbständiger Handwerker sei und sogenannte freie Tätigkeiten grundsätzlich immer ausgeführt werden könnten. Die tatsächliche Arbeitsbelastung als Bürgermeister werde auch durch die mögliche freie Zeiteinteilung und die Kenntnisse von Verwaltungsabläufen im Rathaus und ähnliches nicht reduziert. Eine optimierte Arbeitsorganisation durch Wohnortwahl und Arbeitseinteilung sowie zur Verfügung stehende Mitarbeiter (auch aus dem familiären Umfeld) würde nichts an der Tatsache ändern, dass ein ganz erheblicher Arbeitsanteil vom jeweiligen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegermeister persönlich erbracht werden müsse. Eine Arbeitsaufteilung dahingehend, dass die hoheitlichen Tätigkeiten ungleichmäßig über die Jahre verteilt würden, um in einzelnen Jahren eine Entlastung zu erfahren, würden den durchschnittlichen Arbeitsaufwand nicht reduzieren. Die angeführte Verkleinerung des Kehrbezirks durch Wegzüge und Sterblichkeit sowie eine geringe Zahl an Neubauten könne nicht sicher vorhergesagt werden. Zum anderen würden auch im Bereich der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger die zu erledigenden Aufgaben tendenziell immer komplexer. Der Widerruf der Bestellung des Klägers sei geeignet, erforderlich und auch angemessen gewesen. Ein milderes Mittel habe nicht zur Verfügung gestanden.
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Mit Ausschreibung vom 29. Oktober 2020 zum Bestellungstermin 1. Januar 2021 wurde der Kehrbezirk des Klägers neu ausgeschrieben.
9
Mit Wirkung vom 1. September 2021 wurde seitens des Beklagten mit Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 28. Juni 2021 im betroffenen Kehrbezirk bestellt. Der hiergegen erhobene Widerspruch des Klägers wurde mit Bescheid vom 4. August 2021 zurückgewiesen. Gegen den Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 28. Juni 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. August 2021 ließ der Kläger am 13. September 2021 im Verfahren W 8 K 21.1180 Klage erheben, über die noch nicht entschieden ist.
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2. Mit Schriftsatz vom 18. November 2020, bei Gericht eingegangen am 27. November 2020, ließ der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 27. Oktober 2020 erheben. Zur Klagebegründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Arbeit am Wochenende sei für den Kläger eine Selbstverständlichkeit. Seine Planung gehe dahin, dass er zukünftig freitags nachmittags und samstags bzw. bei Bedarf mittwochmittags im Umfang von acht Stunden die Woche seine Tätigkeit als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger wahrnehme. Seine Erfahrung seit der Wahl zum ersten Bürgermeister der … … zeige, dass die parallele Wahrnehmung der Tätigkeit als Bezirksschornsteinfeger neben dem Bürgermeisteramt bei seinem Arbeitstempo und entsprechender Organisation ohne Qualitätsmangel möglich sei. Der Kläger sei vor seiner Wahl zum ersten Bürgermeister bereits über sechs Jahre zweiter Bürgermeister der 7.500-Einwohner-Gemeinde gewesen und daher mit den Strukturen vertraut. Zudem existiere eine zweite Bürgermeisterin, die bereit sei, bei Bedarf verschiedene Aufgaben zu übernehmen. Im Rahmen seiner Tätigkeit als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger habe der Kläger festgestellt, dass ihm beispielsweise die Fertigung von Bescheiden leichter falle und schneller von der Hand gehe als vielen Kollegen. Auch das Landratsamt ... als zuständige Aufsichtsbehörde habe keinerlei Qualitätsmängel hinsichtlich der Arbeit als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger im Nachgang zu der Wahl des Klägers als Bürgermeister festgestellt. Der Widerruf der Bestellung zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger vom 27. Oktober 2020 sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Anders als nach früherem Recht sei die Tätigkeit der Schornsteinfeger nicht mehr streng reglementiert. Insbesondere sei das Nebentätigkeitsverbot aufgehoben worden, wodurch neue Tätigkeitsfelder und Einkommensmöglichkeiten für Schornsteinfeger eröffnet würden. In der Gesetzesbegründung vom 22. Mai 2008 zu dem neuen Schornsteinfegerhandwerksgesetz sei zu § 18 in Bezug auf die Berufspflichten des Bezirksbevollmächtigten vielmehr u.a. ausgeführt, dass Nebentätigkeiten erlaubt seien, solange die ordnungsgemäße Erfüllung der dem Bezirksbevollmächtigten übertragenen Aufgaben gewährleistet bleibe und keine unmittelbaren Interessenskonflikte auftreten würden. Der Umstand, dass ein Bewerber um das Amt des Bezirksschornsteinfegers überhaupt eine andere Tätigkeit ausübe, hätte die Behörde infolge der Aufhebung des Nebentätigkeitsverbots für Bezirksschornsteinfeger daher bei Erlass des Bestellungsbescheides grundsätzlich nicht berechtigt, eine Bewerbung um die Stelle als Bezirksschornsteinfeger zurückzuweisen. Bei zutreffender Würdigung liege damit schon nicht die tatbestandliche Voraussetzung für den Widerruf nach Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG vor, dass die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen. Etwas anderes gelte auch nicht unter Berücksichtigung des Sonderfalls, dass ein Bewerber um das Amt des Bezirksschornsteinfegers im Bereich, für den er sich bewerbe bzw. eingesetzt sei, auch Bürgermeister sei. Die Würdigung, dass die Stellung als erster Bürgermeister bei einer angestrebten Wiederwahl erfordere, dass möglichst viele Wähler gewonnen werden könnten, sodass eine konsequente Mängelverfolgung im Hinblick darauf unterbleiben oder relativiert werden könnte, verkenne, dass dem Kläger entsprechendes schon bzw. infolge seiner Stellung als Bürgermeister verboten sei. Als solcher unterliege er nämlich dem Neutralitätsgebot. Zudem verbiete Art. 20 Abs. 3 GLKrWG die Ausnützung einer obrigkeitlichen Stellung zur Einflussnahme auf die Wahlberechtigten. Es lägen keinerlei Anhaltspunkte in Form von Tatsachen vor, die darauf schließen ließen, dass der Kläger zukünftig dem geltenden Recht zuwiderhandeln könnte. Auch die im Bescheid pauschal behauptete Gefährdung der Betriebs- und Brandsicherheit im Falle einer fortdauernden Bestellung des Klägers als Bezirksschornsteinfeger im Sinne des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG sei nicht gegeben. Anhaltspunkte in Form von Tatsachen, die die Annahme einer konkreten Gefährdung der behaupteten Rechtsgüter begründen könnten, seien tatsächlich nicht gegeben. Ferner enthalte das Gesetz keine Regelung dazu, in welchem zeitlichen Umfang ein bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger pro Woche zur Verfügung stehen müsse. Tatsächlich sei dieser in der zeitlichen Gestaltung seiner Tätigkeit frei und er sei lediglich verpflichtet, die ihm obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß und den gesetzlichen Vorgaben entsprechend durchzuführen. Insoweit liege es allerdings in der Natur der Sache, dass je nach Größe des Kehrbezirks und Arbeitsweise und Organisationsfähigkeit des jeweiligen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers hierfür acht Stunden die Woche ausreichen könnten. Ebendies sei vorliegend - wie nicht zuletzt auch die Erfahrungen des Klägers seit seiner Wahl im Mai 2020 zeigen würden - der Fall.
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3. Mit weiterem Schriftsatz vom 21. Juli 2021 ließ der Kläger vorbringen, dass es dem Beklagten obliege darzulegen, auf welcher tatsächlichen Grundlage die von ihm erwähnten „behördlichen Erfahrungswerte“ beruhten. Sollten die angesprochenen „behördlichen Erfahrungswerte“ ihre Grundlage allein in den statistischen Daten aus Niederbayern habe, möge der Beklagte dies klarstellen und diese Werte vorlegen. Ansonsten möge er auch die anderen Daten vorlegen, damit die Würdigung des Beklagten, man gehe von einem durchschnittlichen Anteil der hoheitlichen Aufgaben im Verhältnis zu den übrigen Tätigkeiten von 30 bis 35% aus, nachvollzogen werden könne. Die Frage, welchem Arbeitsumfang der Kläger ausgesetzt sei, sei für die streitentscheidende Frage, ob eine Vereinbarkeit beider Tätigkeiten gegeben sei, von Bedeutung. Der Umstand, dass dies nur einen von mehreren Aspekten betreffe, auf die der Bayerischen Verwaltungsgerichtshof seinen Beschluss vom 21. Mai 2021 gestützt habe, habe nicht zur Folge, dass die Vorlage dieser Information unerheblich wäre.
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Mit Schriftsatz vom 24. September 2021 führte die Klägerbevollmächtigte ergänzend aus, aus einer Veröffentlichung der Wirtschaftswoche vom 21. August 2014 ergebe sich, dass nach Schätzung des Bundesverbandes des Schornsteinfegerhandwerks - Zentralinnungsverband (ZIV) - hoheitliche Tätigkeiten lediglich 20% aller Schornsteinfegertätigkeiten ausmachten. Dies decke sich mit den Erfahrungen des Klägers. Soweit er bei der Berechnung des Zeitaufwands einen Umfang von 30% in Ansatz gebracht habe, sei dies allein auf Grund entsprechender Vorgaben des Beklagten erfolgt. Der Kläger erledige durchschnittlich in acht Stunden 17 Häuser. Hochgerechnet auf ein Jahr sei er theoretisch in der Lage, pro Jahr 884 Häuser unter Beachtung der ihm hierfür zur Verfügung stehenden 8 Stunden/Woche zu erledigen. Im Kehrbezirk befänden sich lediglich 1994 Häuser. Die dem Kläger pro Woche zur Verfügung stehenden acht Stunden würden angesichts seiner effektiven und gut organisierten Arbeitsweise ausreichen, um trotz seiner Tätigkeit als Erster Bürgermeister die ihm als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger obliegenden Aufgaben weiterhin ordnungsgemäß zu erfüllen. Der … … habe in einer Stellungnahme vom 22. September 2021 klargestellt, dass sich die dem Kläger erteilte Nebentätigkeitsgenehmigung vom 26. Mai 2020 selbstverständlich auch auf die Tätigkeit des Klägers als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger bezogen habe und beziehe.
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Die Regierung von Unterfranken führte für den Beklagten mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2020 zur Klageerwiderung im Wesentlichen aus: Die Aufhebung der Bestellung zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger lasse sich auf Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 5 BayVwVfG stützen. Ebenso könne die Aufhebung auf § 12 Abs. 1 Nr. 2 SchfHwG gestützt werden. Der Widerruf sei hier zur Abwehr einer Gefährdung des öffentlichen Interesses geboten. Die Interessenskollision einerseits, andererseits aber auch die Arbeitsbelastung, die sich aus der Wahrnehmung des Amtes des ersten Bürgermeisters, den hoheitlichen Tätigkeiten als Bezirksschornsteinfeger und der Betriebsleitereigenschaft ergebe, würden dazu führen, dass die ordnungsgemäße Kehrbezirksverwaltung nicht mehr gewährleistet sei. Die Zuverlässigkeit des Klägers sei nachträglich weggefallen, weil er nach dem Gesamteindruck im Rahmen einer prognostischen Bewertung nicht die Gewähr dafür biete, dass er die hoheitlichen Aufgaben ordnungsgemäß erfülle bzw. er sei auch rechtlich nicht dazu in der Lage. Ein Zuwarten, bis im Einzelfall tatsächlich ein Schaden für Leib und Leben oder die Umwelt eintrete, könne nicht gefordert werden. Die Gefährdungslage bestehe vielmehr darin, dass das allgemeine öffentliche Interesse an der ordnungsgemäßen Kehrbezirksverwaltung einschließlich der ständigen Verfügbarkeit des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers dauerhaft konkret beeinträchtigt werde. Die Tätigkeit als hauptamtlicher Bürgermeister sei eine Tatsache, die dazu geführt hätte, dass die Bestellung zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger nicht vorgenommen worden wäre. Wie in § 8 SchfHwG zum Ausdruck komme, sei zwischen der Bestellung und den übrigen Tätigkeiten, die dem Schornsteinfegerhandwerk angehörten, zu unterscheiden. Die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger müssten stets zuverlässig sein, also die Gewähr dafür bieten, jederzeit die ihnen obliegenden Aufgaben wahrzunehmen. Dazu gehöre auch die ständige Verfügbarkeit der eigenen Person, da die hoheitlichen Aufgaben nicht delegierbar seien. Die Arbeitsbelastung durch die hoheitlichen Tätigkeiten sei nicht unerheblich. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass die Arbeitsbelastung zumindest so hoch sei, dass sich eine Bestellung auf mehr als einen Bezirk verbiete (Verbot der Mehrfachbestellung). Der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger habe sich aufgrund der Bedeutung seiner Tätigkeit für die Betriebs- und Brandsicherheit vollständig zur Verfügung zu halten. Eine Einteilung derart, dass nur an bestimmten Tagen im Bereich der hoheitlichen Tätigkeiten gearbeitet werde, komme dabei nicht in Betracht. Die Annahme eines durchschnittlichen Anteils der hoheitlichen Aufgaben im Verhältnis zu den übrigen Tätigkeiten von 30 bis 35% entspreche den behördlichen Erfahrungswerten. Die genehmigten acht Stunden wöchentlich wolle der Kläger nach eigenen Angaben allein deshalb einhalten, weil er einen Teil der Aufgaben nicht in eigener Person ausführen wolle, was aber unzulässig sei. Die Tätigkeit als hauptamtlicher erster Bürgermeister sei nicht ansatzweise als Nebentätigkeit zu qualifizieren. Wenn der Kläger meine, infolge guter Organisation komme er mit acht Stunden wöchentlich für die hoheitlichen Tätigkeiten aus, lasse er unberücksichtigt, dass er neben den hoheitlichen Aufgaben noch über weitere Tätigkeitsfelder in seinem Betrieb verfüge, die er nicht delegieren könne. Bei den zulassungspflichtigen Handwerken gelte das Betriebsleiterprinzip. Die damit zusammenhängenden Aufgaben könnten nicht delegiert werden, außer es werde eine andere Person mit den Aufgaben des Betriebsleiters, die ebenfalls über einen Meistertitel verfüge, betraut. Beim Schornsteinfegerhandwerk sei von einer ständigen Präsenzpflicht auszugehen. Bei einer berufsmäßigen Stellung als erster Bürgermeister könne die Präsenz nicht ansatzweise sichergestellt werden. Unabhängig davon liege es auf der Hand, dass die Aufgaben eines Betriebsleiters einen Mindestumfang aufwiesen, der zusammen mit den hoheitlichen Tätigkeiten weit über das hinausgehe, was mit einer Nebentätigkeitsgenehmigung für acht Stunden wöchentlich abgedeckt wäre. Die Erledigung der schriftlichen Sachen durch die Ehefrau des Klägers sei unzulässig. Die schriftlichen Sachen zusammen mit den hoheitlichen Tätigkeiten könnten nicht delegiert werden. Die Übernahme von Tätigkeiten, in denen es zu Berührungspunkten kommen könnte, durch den Bruder des Klägers sei ebenfalls nicht zulässig, da eine dauerhafte Vertretung auch für Teilbereiche eines Kehrbezirks nicht vorgesehen sei. Zudem wäre bei einer längeren Vertretung eine von der Kreisverwaltungsbehörde angeordnete Vertretung erforderlich. Da der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger die hoheitlichen Tätigkeiten in eigener Person ausführen müsse, liege hierin ein gravierender Verstoß gegen die gesetzlichen Pflichten. Der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger müsse grundsätzlich vollständig und jederzeit zur Verfügung stehen. Bei einer gleichzeitigen Tätigkeit als berufsmäßiger 1. Bürgermeister und als bestellter Bezirksschornsteinfeger seien erhebliche Interessenkonflikte zu erwarten. Die unparteiische Aufgabenerfüllung sei nicht garantiert. Der Kläger habe im Anhörungsverfahren selbst die bestehende Konfliktlage bestätigt. Im Falle des § 12 Abs. 1 Nr. 2 SchfHwG sei die Aufhebung von vornherein zwingend. Zuverlässig in diesem Sinne sei nur, wer die Gewähr dafür biete, jederzeit seine Amtspflichten aus §§ 13 bis 15 bzw. 16 SchfHwG zu erfüllen, und zwar sowohl in persönlicher als auch fachlicher Hinsicht. Die erforderliche Gewähr könne der Kläger aus den bereits genannten Gründen nicht bieten. Die Aufhebung der Bestellung sei auch nicht unverhältnismäßig. Insbesondere liege kein Verstoß gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG vor, weil die Aufhebung der Bestellung des Klägers als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger der Gewährleistung des präventiven Brand- und Immissionsschutzes im Kehrbezirk und damit einem überragend wichtigen Gemeinschaftsgut diene.
14
Mit Schriftsatz vom 4. August 2021 führte die Regierung von Unterfranken für den Beklagten ergänzend aus: Der Beklagte habe bereits mit der Klageerwiderung dargelegt, dass ein durchschnittlicher Anteil der hoheitlichen Tätigkeiten von 30 bis 35% den behördlichen Erfahrungswerten entspreche, womit die eigenen Erfahrungswerte bei der Regierung von Unterfranken gemeint gewesen seien. Die statistische Erhebung aus dem Regierungsbezirk Niederbayern als Erfahrungswerte einer anderen Behörde seien zusätzlich und zur Untermauerung der eigenen Erfahrungswerte herangezogen worden. Die eigenen Erfahrungswerte würden auf Erkenntnissen beruhen, die sich regelmäßig im Laufe der Tätigkeit der sachbearbeitenden Ebene ergäben. Hierzu würden die im Laufe der Jahre gewonnenen Erkenntnisse aus den verschiedensten Dienstbesprechungen mit anderen Behörden (Bezirksregierungen, Kreisverwaltungsbehörden, Ministerium), aus Gesprächen mit einzelnen Bezirksschornsteinfegern und aus der Kommunikation bei ähnlichen Gelegenheiten gehören. Hierzu existierten keine Unterlagen, die vorgelegt werden könnten. Eine nähere Erläuterung könne jedoch im Rahmen der mündlichen Verhandlung erfolgen. Der Kläger habe im Übrigen in seinem Schreiben vom 9. September 2020 selbst angegeben, dass er von einem hohen Anteil der hoheitlichen Tätigkeiten in Höhe von 30% ausgehe. Dies entspreche gerade den behördlichen Erfahrungswerten. Der Kläger könne nach wie vor nicht belegen, dass er die Gewähr dafür biete, seine Aufgaben als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger erfüllen zu können. Allein daraus, dass es bislang zu keiner konkreten Beanstandung gekommen sei, ergebe sich das nicht. Denn es sei denkbar, dass beispielsweise seit der Amtsübernahme als Bürgermeister noch nicht so viele Feuerstättenschauen angefallen und auch keine Einsätze gem. §§ 15, 16 SchfHwG nötig gewesen seien. Der Kläger sei zudem den statistischen Werten der Regierung von Niederbayern (30% bis 35% für die hoheitlichen Aufgaben bezogen auf eine 38,5 Stundenwoche) für seinen Kehrbezirk bislang nicht substantiiert entgegengetreten. Hinzu komme, dass nach der Wertung des Gesetzgebers bei einer gleichzeitigen Bestellung für mehrere Kehrbezirke die Gefahr bestünde, dass die Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß wahrgenommen werden könnten und ein bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger deshalb nur für einen Kehrbezirk bestellt werden könne. Wenn der Gesetzgeber also annehme, dass ein Schornsteinfeger in Vollzeit nicht die Gewähr dafür bieten könne, die hoheitlichen Aufgaben in zwei Kehrbezirken zu erfüllen, so werde auch davon auszugehen sein, dass der Gesetzgeber annehme, dass ein Schornsteinfeger mit ca. 1/5 der Vollzeittätigkeit diese Gewähr nicht einmal für einen Kehrbezirk bieten könne. Zudem unterscheide sich der Kehrbezirk des Klägers nicht wesentlich von den Kehrbezirken in Niederbayern. Weiter werde darauf hingewiesen, dass bei einer deutlich unterdurchschnittlichen Arbeitsbelastung im hoheitlichen Bereich ggf. die Konsequenz zu ziehen wäre, dass die Kehrbezirke in diesem Bereich neu geordnet werden müssten, woraus sich zwangsläufig wieder eine andere Arbeitsbelastung ergäbe. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung sei davon auszugehen gewesen, dass unter Berücksichtigung der nicht delegierbaren hoheitlichen Aufgaben und der Meisterpräsenzpflicht ein konfliktfreies Nebeneinander beider Tätigkeiten nicht gewährleistet sei. Dem Kläger fehle die Zuverlässigkeit gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 SchfHwG. Es entspreche den allgemeinen Grundsätzen des Rechts der Gefahrenabwehr, umso strengere Anforderungen an die Zuverlässigkeit zu stellen, je schutzwürdiger die Rechtsgüter seien, die gefährdet werden können, und je höher der mögliche Schaden sei. Angesichts der Gefahren für Leib und Leben seien an die Zuverlässigkeit des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers sehr hohe Anforderungen zu stellen. Zuverlässig im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 2 SchfHwG sei nur, wer im Rahmen einer Prognoseentscheidung zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung die Gewähr dafür biete, zukünftig seine beruflichen Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen und die geltende Rechtsordnung jederzeit verlässlich zu beachten. Nach ständiger Rechtsprechung besitze ein bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger nur dann die erforderliche fachliche und persönliche Zuverlässigkeit für die Ausübung seines Amtes, wenn er die Gewähr dafür biete, jederzeit seine Berufspflichten zu erfüllen.
15
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 2. März 2021 (W 8 S 21.241) wurde der Sofortantrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage abgelehnt. Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde des Klägers wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Mai 2021 (22 CS 21.858) zurückgewiesen.
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4. In der mündlichen Verhandlung am 27. September 2021 ließ der Kläger beantragen,
den Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 27. Oktober 2020 aufzuheben.
17
Der Beklagtenvertreter beantragte,
die Klage abzuweisen.
18
Zudem stellte die Klägerbevollmächtigte zwei unbedingte Beweisanträge, die vom Gericht jeweils abgelehnt wurden.
19
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Sofortverfahrens W 8 S 21.241 und des Verfahrens W 8 K 21.1180) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20
Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 27. Oktober 2020, mit dem die Bestellung des Klägers zum 1. März 2016 zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger auf den Kehrbezirk ... widerrufen wird, rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21
Das Gericht nimmt Bezug auf seinen Beschluss vom 2. März 2021 - W 8 S 21.241 - juris, in welchem es das klägerische Vorbringen bereits ausführlich gewürdigt hat, sowie auf den hierzu ergangenen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Mai 2021 - 22 CS 21.858 - juris, soweit sich nicht aus den nachfolgenden Ausführungen etwas Abweichendes ergibt.
22
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass mit Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 28. Juni 2021 mit Wirkung vom 1. September 2021 im betroffenen Kehrbezirk ein neuer bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger bestellt wurde. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger im Verfahren W 8 K 21.1180 Klage erhoben. Der im Beamtenrecht geltende Grundsatz der Ämterstabilität, wonach ein Amt mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers unwiderruflich vergeben ist, ist nicht auf die Bestellung von Bezirksschornsteinfegermeistern übertragbar (vgl. BayVGH, U.v. 22.12.2011 - 22 B 11.1139 - juris Rn. 25). Bei einem - hier im Ergebnis zu verneinenden - Obsiegen des Klägers hätte der Beklagte vielmehr im Wege der Folgenbeseitigung die Bestellung des neu bestellten Schornsteinfegermeisters rückgängig zu machen, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO (vgl. VG Augsburg, U.v. 2.8.2012 - Au 5 K 12.55 - juris Rn. 39).
23
Die Klage ist jedoch unbegründet.
24
Hinsichtlich der von der Behörde herangezogenen Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Bescheids bzw. der grundsätzlichen Möglichkeit von dessen Aufrechterhaltung mit § 12 Abs. 1 Nr. 2 SchfHwG als Rechtsgrundlage und den allgemeinen Ausführungen zu deren tatbestandlichen Voraussetzungen nimmt das Gericht Bezug auf seinen Beschluss vom 2. März 2021 - W 8 S 21.241 - (juris Rn. 23 ff.) sowie auf den hierzu ergangenen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Mai 2021 - 22 CS 21.858 - (juris Rn. 27 ff.).
25
Das Gericht hat in seinem Beschluss vom 2. März 2021 - W 8 S 21.421 - (juris Rn. 26) bereits ausgeführt:
„Nach ständiger Rechtsprechung besitzt ein bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger nur dann die erforderliche fachliche und persönliche Zuverlässigkeit für die Ausübung seines Amtes, wenn er die Gewähr dafür bietet, jederzeit seine Berufspflichten zu erfüllen. Diese ergeben sich insbesondere aus § 8 und §§ 13 bis 16 SchfHwG. Danach hat der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger eine Doppelstellung inne, wobei der hoheitliche Bereich der Tätigkeit als Beliehener von dem handwerklichen Teil zu unterscheiden ist. So gehört er gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG als Gewerbetreibender dem Schornsteinfegerhandwerk an und übt zugleich gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG hoheitliche Tätigkeiten aus, insbesondere bei der Führung der Kehrbücher nach § 13 SchfHwG, bei der Feuerstättenschau nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG, bei Erlass des Feuerstättenbescheides nach § 14a SchfHwG und bei der Bauabnahme nach § 16 Abs. 1 SchfHwG i.V.m. Art. 28 Abs. 3 BayBO (vgl. Seidel/Fischer/Kreiser, Schornsteinfegerhandwerksrecht, 2. Aufl. 2019, § 8 SchfHwG, Rn. 14). Der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger hat somit im Vergleich zu anderen Handwerkern eine Sonderstellung inne, bei der die öffentlich-rechtlichen Elemente überwiegen. Für ihn gelten nicht nur die Anforderungen des allgemeinen Handwerks- und Gewerberechts. Zusätzlich muss er auch die Gewähr dafür bieten, diejenigen spezifischen Berufspflichten zu erfüllen, die sich gerade aus der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben begründen. Ob der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger unzuverlässig ist, beurteilt sich anhand von Tatsachen, die auf sein künftiges Verhalten in Ausübung seines Berufs schließen lassen. Von der Behörde wird demnach eine Wertung von Tatsachen verlangt, verbunden mit einer Prognose auf das künftige Verhalten des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers. Dabei entspricht es den allgemeinen Grundsätzen des Rechts der Gefahrenabwehr, umso strengere Anforderungen an die Zuverlässigkeit zu stellen, je schutzwürdiger die Rechtsgüter sind, die gefährdet werden können, und je höher der mögliche Schaden ist. Insoweit sind in Anbetracht der ihm übertragenen öffentlichen Aufgaben im Bereich des präventiven Brand- und Immissionsschutzes und des Umweltschutzes an dessen Zuverlässigkeit hohe Anforderungen zu stellen (vgl. VG München, U.v. 28.5.2019 - M 16 K 17.4056 - juris; B.v. 6.2.2018 - M 16 S 17.4055 - juris; SächsOVG, U.v. 15.6.2017 - 3 A 358/16 - GewArch. 2017, 438; SaarlOVG, B.v. 11.10.2013 - 1 B 395/13 - GewArch 2014, 89; BVerwG, U.v. 7.11.2012 - 8 C 28/11 - BVerwGE 145, 67).“
26
Wie bereits im Beschluss vom 2. März 2021 - W 8 S 21.241 - (juris Rn. 31) ausgeführt, resultiert die Unzuverlässigkeit des Klägers als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger aus der durch die gleichzeitige Wahrnehmung des Bürgermeisteramts resultierenden Arbeitsbelastung und nicht lösbaren Interessenkonflikten und basiert damit auf Umständen, von denen in der Folge schwerwiegende Gefahren für die Allgemeinheit ausgehen können. Bei dieser Sachlage kann dem Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der letzten Behördenentscheidung in Bezug auf sein künftiges, berufliches Verhalten keine positive Prognose dahingehend gestellt werden, dass er die Gewähr dafür bietet, seinen Beruf in Zukunft ordnungsgemäß auszuüben.
27
Mit Beschluss des Marktgemeinderats vom 26. Mai 2020 wurde dem Kläger eine Nebentätigkeitsgenehmigung erteilt, wonach er acht Stunden wöchentlich seiner Nebentätigkeit als Kaminkehrermeister nachgehen darf. Mit Schreiben vom 22. September 2021 an die Regierung von Unterfranken stellt ... klar, dass dem Gemeinderat bekannt ist und war, dass der Kläger als amtierender Bürgermeister weiterhin bevollmächtigter Kaminkehrer ist und auch hoheitliche Tätigkeiten ausführt.
28
Auf die Frage des konkret erforderlichen Zeitaufwands des Klägers für die von ihm wahrzunehmenden Schornsteinfegertätigkeiten, wozu das Gericht im Beschluss vom 2. März 2021 - W 8 S 21.421 - (juris Rn. 32 ff.) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 21. Mai 2021 - 22 CS 21.858 - (juris Rn. 46 ff.) umfangreiche Ausführungen gemacht haben, kommt es jedoch nicht entscheidungserheblich an. Es kann mangels Entscheidungserheblichkeit unterstellt werden, dass der Kläger während seiner gleichzeitigen Ausübung des Bürgermeisteramts hoheitliche und nicht-hoheitliche Tätigkeiten innerhalb eines Zeitraums von weniger als acht Stunden pro Woche ausgeübt hat.
29
Die Unzuverlässigkeit des Klägers im Sinn von § 12 Abs. 1 Nr. 2 SchfHwG ergibt sich vielmehr allein tragend schon aus den durch die gleichzeitige Wahrnehmung des Bürgermeisteramts resultierenden Arbeitsbelastung und nicht lösbaren Interessenkonflikten (vgl. schon BayVGH, B.v. 21.5.2021 - 22 CS 21.858 - juris Rn. 62; VG Würzburg, B.v. 2.3.2021 - W 8 S 21.241 - juris Rn. 31, 36). Insofern ist es unerheblich, ob der Kläger seine Aufgaben als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger grundsätzlich in der ihm nach der Nebentätigkeitsgenehmigung des Gemeinderats dafür zur Verfügung stehenden Zeit ausüben kann.
30
Die Frage der Rechtmäßigkeit der Nebentätigkeitsgenehmigung kann folglich weiterhin offenbleiben. Insoweit wird lediglich auf die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 21. Mail 2021 - 22 CS 21.858 - (juris Rn. 44) hingewiesen, dass die Nebentätigkeitsgenehmigung lediglich das (Dienst-)Verhältnis zwischen dem Kläger und seiner Gemeinde (vgl. Art. 30 KWBG, Art. 81 BayBG) betrifft. Sehe sich jedoch der Kläger an eine solche, in seiner Bestellung und im SchfHwG nicht enthaltene Vorgabe, in welchem zeitlichen Umfang er seine Aufgaben als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger zu erledigen habe, gebunden, spreche viel dafür, dass schon dies zureichende Anhaltspunkte dafür biete, dass er seine Berufspflichten nicht - wie für die Annahme seiner Zuverlässigkeit geboten - jederzeit in vollem Umfang erfüllen werde. Die Vorgabe, die Aufgaben des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers innerhalb einer bestimmten wöchentlichen Stundenzahl zu erfüllen, dürfte nämlich nicht mit dem Erfordernis vereinbar sein, dass die jederzeitige Aufgabenerfüllung gewährleistet sein müsse.
31
Eine nicht lösbare und damit zur Unzuverlässigkeit im Sinn von § 12 Abs. 1 Nr. 2 SchfHwG führende Interessenkollision des Klägers besteht hinsichtlich der vom Kläger zu prüfenden Gebäude im Eigentum der Gemeinde. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Beschluss vom 21. Mai 2021 - 22 CS 21.858 - (juris Rn. 57) von einem Interessenkonflikt aus und führt aus:
„Der Antragsteller ist als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger selbst Behörde (vgl. Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG), weil er als beliehener Unternehmer Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrnimmt (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2015 - 7 C 5.14 - BVerwGE 153, 367 - juris Rn. 24). Gleichzeitig vertritt er als erster Bürgermeister seine Gemeinde nach außen (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GO). Dass ein Interessenskonflikt besteht, wenn Prüfer und der Vertreter des Geprüften identisch sind, liegt auf der Hand und wird durch den pauschalen Hinweis des Antragstellers auf seine Bindung an Recht und Gesetz in beiden Funktionen nicht in Frage gestellt.“
32
Die Klägerbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung auf die Möglichkeit einer Vertretung des Klägers als Schornsteinfeger bei der Frage der Interessenkollision infolge einer rechtlichen Verhinderung nach § 11 SchfHwG verwiesen. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass als Verhinderungsgrund meistens zeitliche und damit tatsächliche Gründe in Betracht kämen. Unter die restlichen Fälle würde also auch eine Verhinderung aus rechtlichen Gründen fallen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/9237, S. 33) § 11 SchfHwG Regelungen für den Fall trifft, dass Bezirksbevollmächtigte vorübergehend gehindert sind, ihre Aufgaben wahrzunehmen und die Regelung des § 11 Abs. 1 SchfHwG vor allem bei geplanter Abwesenheit in Frage kommen wird. Eine lediglich vorübergehende Verhinderung ist jedoch bei einer Interessenkollision der vorliegenden Art gerade nicht gegeben.
33
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt hinsichtlich § 11 SchfHwG in seinem Beschluss vom 21. Mai 2021 - 22 CS 21.858 - (juris Rn. 57) aus:
„Der Gesetzgeber wollte mit dieser Norm Regelungen für den Fall treffen, dass Bezirksbevollmächtigte vorübergehend gehindert sind, ihre Aufgaben wahrzunehmen (vgl. BT-Drs. 16/9237, S. 33); dementsprechend hat er in § 11 Abs. 2 und Abs. 3 SchfHwG differenzierte Regelungen hinsichtlich der Dauer der Verhinderung getroffen. Von einer wegen eines Interessenskonflikts einerseits dauerhaften, andererseits nur auf bestimmte Objekte (hier: solche im Eigentum der Gemeinde des Antragstellers) bezogenen „Verhinderung“ ist in § 11 SchfHwG nicht die Rede. Eine Vertretung gem. § 11 SchfHwG wegen eines möglichen Interessenskonflikts wird auch nur in § 18 Abs. 3 SchfHwG für die - hier nicht vorliegenden - Fälle des § 18 Abs. 2 SchfHwG angeordnet. Die genannten Vorschriften regeln die Vertretungsfälle abschließend (BayVGH, B.v. 18.12.2017 - 22 ZB 17.1419 - juris Rn. 17).“
34
Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen an. Nach § 18 Abs. 3 Satz 1 SchfHwG hat sich der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger in den in § 18 Abs. 2 SchfHwG geregelten Fällen einer Interessenkollision vertreten zu lassen. § 11 SchfHwG ist hiernach entsprechend anzuwenden, § 18 Abs. 3 Satz 2 SchfHwG. Die entsprechende Anwendung des § 11 SchfHwG zeigt, dass entgegen der Ansicht der Klägerbevollmächtigten nach der Gesetzessystematik § 11 SchfHwG keine (unmittelbare) Regelung für eine Vertretung in Interessenskonflikten enthält.
35
Daneben ergeben sich im Hinblick auf die eigene Gemeinde des Klägers weitere Interessenkonflikte aus seinem Schreiben vom 9. September 2020 (Bl. 24 der Behördenakte), wonach viele seiner Kunden ihm gesagt hätten, dass sie ihn nur dann wählen würden, wenn er ihr Kaminkehrer bleibe, und dass er im Wahlkampf immer gesagt habe, dass er seinen Kehrbezirk behalten werde. Dies zeigt, dass für den Kläger eine enge - auch persönliche - Verbindung zwischen der Bestellung als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger und seiner Wahl als erster Bürgermeister besteht (vgl. BayVGH, B.v. 21.5.2021 - 22 CS 21.858 - juris Rn. 58).
36
Die Unzuverlässigkeit des Klägers im Sinn von § 12 Abs. 1 Nr. 2 SchfHwG ergibt sich zudem aus der durch die gleichzeitige Wahrnehmung des Bürgermeisteramts resultierenden Arbeitsbelastung.
37
Die Aufgaben eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers umfassen auch die Bewältigung der in den §§ 15 und 16 Abs. 2 SchfHwG genannten, nicht planbaren Situationen, die damit eine ständige Verfügbarkeit des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers erfordern, zumal solche, die im Hinblick auf die Belange der Betriebs- und Brandsicherheit sowie des Umweltschutzes Handeln unter Zeitdruck erfordern (BayVGH, B.v. 21.5.2021 - 22 CS 21.858 - juris Rn. 61). Aufgrund der fehlenden Planbarkeit der Aufgaben führt das Erfordernis der ständigen Verfügbarkeit des Bezirksschornsteinfegers zu einer zeitlichen Kollision mit dem berufsmäßig ausgeübten Bürgermeisteramt, die nicht allgemein durch eine Vertretung durch die zweite Bürgermeisterin geregelt werden kann. Auch im Rahmen der Tätigkeit als berufsmäßiger Bürgermeister lässt sich vieles zeitlich nicht frei disponieren, mitunter sind unaufschiebbare Entscheidungen zur treffen, wie bereits der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 21. Mai 2021 - 22 CS 21.858 - (juris Rn. 38) aufgezeigt hat. Weiter wird vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Aufgaben des berufsmäßigen ersten Bürgermeisters in dem genannten Beschluss ausgeführt:
„Die mit diesen Funktionen und sachlichen Aufgaben verbundene Verantwortung verlangt, soll sie ordnungsgemäß und wirkungsvoll wahrgenommen werden, bei berufsmäßigen ersten Bürgermeistern ein erhebliches, den Durchschnitt übersteigendes Maß an Arbeitseinsatz, Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit im Sinn physischer und psychischer Belastbarkeit. Der erforderliche, der gewissenhaften Erfüllung der Amtspflichten geschuldete (Art. 27 Abs. 1 KWBG) Einsatz für die Aufgaben der Gemeinde oder des Landkreises und deren - beispielsweise soziale, kulturelle, wirtschaftliche und finanzielle - Belange ist nicht nur umfangreich, sondern insbesondere nicht oder nur begrenzt absehbar und dementsprechend nicht steuerbar. Das weite Aufgabenspektrum bedingt, dass viele Themen von außen auf die Gemeinden zukommen, sei es - wiederum nur beispielhaft - etwa infolge von Anliegen der Gemeindebürger, durch wirtschaftliche Unternehmungen oder überörtliche Planungen. … Eine „geregelte“ Arbeitszeit ist den Anforderungen des Amts fremd; es fordert die Gewählten auch an Abenden und Wochenenden. Die gesetzlichen Vertretungsregeln sehen bei den berufsmäßigen Bürgermeistern im Regelfall eine lediglich ehrenamtliche Vertretung vor (Art. 35 Abs. 1 Satz 2 GO).“
38
Das Erfordernis der ständigen Verfügbarkeit des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers ist mit der gleichzeitigen Wahrnehmung des Bürgermeisteramts durch den Kläger nicht vereinbar.
39
Ferner erlauben die hauptamtliche Tätigkeit eines Bürgermeisters und die Tätigkeit als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger generell jeweils nur anderweitige Nebentätigkeiten, sind aber nicht jeweils hauptamtlich nebeneinander möglich. Zwar ist das früher für den Bezirksschornsteinfegermeister grundsätzlich geltende Nebenerwerbsverbot (§ 14 SchfG) mit Geltung des SchfHwG entfallen. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich aber, dass auch unter Geltung des SchfHwG nur Nebentätigkeiten erlaubt sind (vgl. BT-Drs. 16/9237, S. 35). Gegen die Vereinbarkeit einer gleichzeitigen Wahrnehmung des berufsmäßigen Bürgermeisteramts als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger spricht auch, dass jeder Bezirksbevollmächtigte grundsätzlich nur für einen Bezirk bestellt werden kann, da bei einer gleichzeitigen Bestellung für mehrere Bezirke die Gefahr bestünde, dass die Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß wahrgenommen werden und dadurch die Betriebs- und Brandsicherheit sowie der Umweltschutz gefährdet werden könnten (Gesetzesbegründung zu § 10 SchfHwG, BT-Drucksache 16/9237, S. 32; Seidel/Fischer/Kreiser, Schornsteinfegerhandwerksrecht, 2. Aufl. 2019, § 10 SchfHwG, Rn. 5). Dies zeigt, dass nach der Wertung des Gesetzgebers von einem nicht unerheblichen zeitlichen Umfang der hoheitlichen Tätigkeiten auszugehen ist, der mit der Ausübung einer weiteren Tätigkeit mit ähnlicher zeitlicher Arbeitsbelastung nicht vereinbar ist Ergänzend wird auch insoweit auf die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Beschluss vom 21. Mai 2021 - 22 CS 21.858 - (juris Rn. 62) Bezug genommen:
„Auch aus dem Wegfall der früheren Regelungen zum Nebenerwerb (vgl. § 14 SchfG) ergibt sich hier nichts zu Gunsten des Antragstellers. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen (BA S. 24), dass es sich bei der Tätigkeit als berufsmäßiger erster Bürgermeister um eine hauptamtliche, nicht um eine Nebentätigkeit handelt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sind auch nach Ablösung des SchfG durch das SchfHwG (nur) Nebentätigkeiten erlaubt; auch dann muss zudem die ordnungsgemäße Erfüllung der den Bezirksbevollmächtigten übertragenen Aufgaben gewährleistet bleiben und dürfen keine unmittelbaren Interessenskonflikte auftreten (vgl. BT-Drs. 16/9237, S. 35). Angesichts der an die Ausübung des Amts eines berufsmäßigen ersten Bürgermeisters gestellten Anforderungen (vgl. oben) - auch und gerade in zeitlicher Hinsicht - sowie der beschriebenen Interessenskonflikte sprechen gerade diese Erwägungen des Gesetzgebers vorliegend gegen eine Zuverlässigkeit des Antragstellers.“
40
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf einen Landtagsabgeordneten verwiesen hat, der während seiner Zeit als Abgeordneter in seinem Kehrbezirk hoheitliche Aufgaben beanstandungsfrei durchgeführt habe, ist darauf hinzuweisen, dass Landtagsabgeordnete im Gegensatz zu berufsmäßigen Bürgermeistern keine Beamte auf Zeit sind und daher keinen bestimmten Dienstpflichten unterliegen, sondern vielmehr nur ihrem Gewissen verantwortlich und an Aufträge nicht gebunden sind, Art. 13 Abs. 2 Satz 2 BV (BayVGH, B.v. 21.5.2021 - 22 CS 21.858 - juris Rn. 65).
41
Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen war eine weitere Beweiserhebung nicht erforderlich.
42
Die Ablehnung eines Beweisantrags führt nur dann zu einer Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör, wenn die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung nach dem Rechtsstandpunkt des entscheidenden Gerichts erheblich ist und die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots im Prozessrecht keine Stütze findet (BVerfG, B.v. 8.11.1978 - 1 BvR 158/78 - BVerfGE 50, 32; BVerwG, B.v. 13.9.2017 - 1 B 118.17 - juris Rn. 5; B.v. 25.1.2016 - 2 B 34.14 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO Nr. 75 Rn. 32).
43
Die in der mündlichen Verhandlung am 27. September 2021 von der Klägerbevollmächtigten gestellten Beweisanträge wurden abgelehnt, da sie unbehelflich waren. Wie die obigen Darlegungen zeigen, kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, dass der Kläger während seiner gleichzeitigen Ausübung des Bürgermeisteramts die Schornsteinfegerarbeiten - unabhängig davon, ob hoheitlich oder nicht-hoheitlich - innerhalb eines Zeitraums von weniger als acht Stunden pro Woche ausgeübt hat. Denn jedenfalls besteht der eigenständige Grund der Interessenkollision fort. Die hauptamtliche Tätigkeit eines Bürgermeisters und die Tätigkeit als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger erlauben zudem generell wechselseitig nur anderweitige Nebentätigkeiten, sind aber nicht jeweils hauptamtlich nebeneinander möglich.
44
Die Aufhebung der Bestellung ist auch verhältnismäßig. Insoweit nimmt das Gericht Bezug auf die Ausführungen im Beschluss vom 2. März 2021 - W 8 S 21.241 - (juris Rn. 41), in welchem es das klägerische Vorbringen bereits ausführlich gewürdigt hat, sowie auf den hierzu ergangenen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Mai 2021 - 22 CS 21.858 - (juris Rn. 63).
45
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
46
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.