Titel:
Ermittlung eines Wohnwertes
Normenketten:
AO § 174 Abs. 4, § 176
BewG § 162 Abs. 4, § 166
FGO § 100 Abs. 1
Leitsatz:
Bei Einsprüchen gegen Sammelbescheide erfolgt die Auslegung eines Einspruchs anhand der erklärten Zielrichtung des Rechtsbehelfs (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 08. Mai 2008 - VI R 12/05 -, BFHE 222, 196, BStBl II 2009). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gesonderte Feststellung, Einspruch
Rechtsmittelinstanzen:
BFH München, Beschluss vom 25.03.2022 – II B 33/21
BFH München, Beschluss vom 08.03.2023 – II S 10/22
BVerfG Karlsruhe vom 18.10.2024 – 1 BvR 659/23
Fundstellen:
StEd 2021, 668
EFG 2021, 1967
LSK 2021, 30396
BeckRS 2021, 30396
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
1
Streitig ist die Befugnis des Finanzamts, einen Änderungsbescheid zu erlassen.
2
Anlässlich des Todes von A. am 08.02.2015 reichte die Klägerin - nach Aufforderung durch das Finanzamt - am 24.11.2016 eine Bedarfswerterklärung für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (angekreuzt in Zeile 3) des Verstorbenen ein. In dieser gab sie an, dass der Betrieb im Ganzen verpachtet sei (Zeile 41 Anlage L& F), kein Wohnteil zum Betrieb gehöre (Zeile 32 Anlage L& F) und kein räumlicher Verbund zur Hofstelle bestehe (Zeile 35 Anlage L& F). Davon abweichend trug sie in Zeile 34 ein, dass ein räumlicher Verbund des Wohnteils mit Gebäuden des Wirtschaftsteils bestehe.
3
Mit gesonderter Feststellung vom 21.12.2016 wurde der Grundbesitzwert für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, 1, Straße 1 für Zwecke der Erbschaftsteuer auf den 08.02.2015 auf 32.468 € festgestellt. Der Bescheid führt sowohl unter „Wert des Wirtschaftsteils“ als auch unter den Erläuterungen auf, dass Grundlage der Bewertung eine Betriebsverpachtung im Ganzen sei. Er enthält in den Berechnungsgrundlagen ausschließlich Ausführungen zum Wert des Wirtschaftsteils und den Grundbesitzwert; Ausführungen zu einem Wohnteil oder Wohngebäuden finden sich nicht.
4
Nach Aufforderung durch das Finanzamt mit Schreiben vom 21.03.2017, eine Bedarfswerterklärung auch für den Wohnteil der Straße 1 auf den 08.02.2015 abzugeben und einer entsprechenden Bedarfswerterklärung durch die Klägerin stellte das Finanzamt mit Bescheid vom 12.06.2017 den Bedarfswert für den Wohnteil, 1, Straße 1 für Zwecke der Erbschaftsteuer auf den 08.02.2015 gesondert fest. Die Erklärung erfolgte ausdrücklich für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (Zeile 3) und nicht für das Grundstück (Zeile 2); anders als bei der Erklärung aus 2016 findet sich in Zeile 24 - 26 keine Angabe zur Mitwirkung eines Berufsträgers. Mit Bescheid vom 24.08.2017 reduzierte das Finanzamt die Feststellung in der Höhe.
5
Mit Beschluss vom 05.02.2018 (4 V 950/17) setzte das Finanzgericht Nürnberg die Vollziehung dieses Bescheides für die Dauer des Einspruchsverfahrens aus, weil die Klägerin erstmals im gerichtlichen Aussetzungsverfahren vorgetragen hatte, dass ein bedeutender Anteil der landwirtschaftlichen Flächen nicht verpachtet worden sei.
6
Mit Bescheid vom 18.12.2018 wurden die Bescheide vom 12.06.2017 und 24.08.2017 (wirtschaftliche Einheit 1, Straße 1 - Wohnteil) aufgehoben. Mit weiterem Bescheid vom selben Tage wurde die Feststellung für den Betrieb der Land- und F. Straße 1 geändert. Der festgestellte Wert wurde auf 668.528 € erhöht. Die Berechnungsgrundlagen enthalten auch einen Wert für den Wohnteil; ausweislich der Erläuterungen war das Wohnhaus als land- und forstschaftliches Vermögen wegen einer nicht nur gelegentlichen Bewirtschaftung zu bewerten. Der Bescheid enthält als Anlagen explizit gesonderte Bewertungsfeststellungen für den Grund und Boden des Flurstücks …, 2 (Anlage 1; Liquidationswert) und des Wohnteils (Anlage 2).
7
Die Klägerin erhob fristgerecht Einspruch gegen die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 08.02.2015 für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (unter Nennung des Wertes von 668.528 €). Eine Antragstellung behielt sie einem gesonderten Schriftsatz vor, ohne diese Ankündigung umzusetzen. In der Begründung wendete sie sich ausschließlich gegen die Befugnis zur Änderung des Bescheides vom 21.12.2016; inhaltliche Angriffe gegen die festgestellten Werte führte sie nicht. Einsprüche gegen die weiteren Feststellungen (Flurstück …, Wohnteil) erhob sie nicht.
8
Das Finanzamt wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 21.05.2019 als unbegründet zurück.
9
Die Klägerin hat fristgerecht Klage gegen den Bescheid vom 18.12.2018 über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 08.02.2015 für Zwecke der Erbschaftsteuer für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21.05.2019 erhoben und beantragt, den Bescheid vom 18.12.2018 über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 08.02.2015 für Zwecke der Erbschaftssteuer für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21.05.2019 dahingehend zu ändern, dass der Grundbesitzwert mit 302.778 € festgestellt werde.
10
Weiter hat sie beantragt, für den Fall, dass das Gericht an der Überzeugung festhalte, dass in der Anlage zum angegriffenen Bescheid eine eigene gesonderte Feststellung für den Wohnteil enthalten sei, diese ersatzlos aufzuheben.
11
Sie begründet ihre Klage damit, dass eine Befugnis zur Änderung des Bescheides vom 21.12.2016 nicht gegeben sei. Das Finanzamt habe im Bescheid vom 21.12.2016 erklärungswidrig eine vollständige Selbstbewirtschaftung angenommen, weswegen sich die falsche Angabe einer vollständigen Betriebsverpachtung nicht im Bescheid ausgewirkt habe. Das Wohnhaus sei bereits im Bescheid vom 21.12.2016 erfasst. Das Finanzamt hätte aufgrund der widersprüchlichen Angaben in der Erklärung vom 24.11.2016 weitere Nachforschungen anstellen müssen. Auf die umfangreichen protokollierten Einlassungen des Prozessvertreters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.
12
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen und begründet dies im Wesentlichen damit, dass das Wohnhaus im Bescheid vom 21.12.2016 wegen der Annahme einer Betriebsverpachtung im Ganzen nicht mit erfasst worden sei und wegen der später bekannt gewordenen Eigenbewirtschaftung eine Änderung der Feststellung möglich gewesen sei. Darüber hinaus könne eine Änderung auch auf § 174 Abs. 4 Abgabenordnung (AO) gestützt werden.
13
Mit Beschluss vom 15.07.2020 wurde der Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
Entscheidungsgründe
14
Die Klage gegen die gesonderte Feststellung des Wertes des Wohnteils ist unzulässig.
15
Der Bescheid vom 18.12.2018 ist ein Sammelbescheid, da über die gesonderte Festsetzung des Grundbesitzwertes für die wirtschaftliche Einheit „Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in 1, Straße 1“ hinaus in den Anlagen 1 und 2 weitere gesonderte Feststellungen enthalten sind.
16
Gemäß Anlage 1 des Bescheides handelt es sich um eine „Feststellung für den Grund und Boden“ einer bezeichneten Flurnummer für die ausdrücklich ein „Wert des Grund und Bodens“ „festgestellt“ wird.
17
Unter Anlage 2 findet sich eine „Feststellung für den Wohnteil in Straße 1“. Es wird dort explizit ein „Wert des Wohnteils“ „festgestellt“.
18
Es handelt sich nicht um bloße Berechnungen für die Festsetzung des Grundbesitzwertes. Dies wäre zwar die richtige Vorgehensweise gewesen, aber über eine bloße Berechnung, die in der Anlage auch enthalten ist, hinaus werden ausdrücklich „Feststellungen“ getroffen („festgestellt“) (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 02.07.1997 I R 32/95, BStBl II 1998, 176, Rn. 11). Der Umstand, dass neben einer Berechnung auch ein ausdrücklich als „Feststellung“ bezeichneter Teil vorhanden ist, steht der Annahme entgegen, dass es sich aus Sicht eines objektiven Empfängers nur um eine Berechnung gehandelt haben könnte. Ob die Klägerin (bzw. ihre steuerliche Vertretung) oder das Finanzamt diese Feststellung als solche tatsächlich erkannt haben, ist hingegen nicht von entscheidender Bedeutung. Zwar ist von mehreren möglichen Auslegungen aus Rechtsschutzgründen der weniger belastenden der Vorzug zu geben (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27.11.1996 X R 20/95, BStBl II 1997, 791), eine Auslegung dahingehend, dass die Anlagen keine eigenen Feststellungen enthielten, ist jedoch mit deren Wortlaut nicht vereinbar.
19
Auch dass diese Feststellungen keine eigene Rechtsbehelfsbelehrung:enthalten und dass eine Rechtsgrundlage hierfür prima facie nicht ersichtlich ist (vgl. § 179 AO in Verbindung mit §§ 2, 151 Abs. 1 Nr. 1, 157 Abs. 2, 158 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 6 sowie §§ 162 Abs. 4, 166 Bewertungsgesetz - BewG), nimmt ihnen nicht die Qualität eines verbindlichen Verwaltungsakts, da sich die Auslegung behördlichen Handelns nicht (quasi Palmström’isch) nach dessen Zulässigkeit richten kann.
20
Es handelt sich auch nicht um Scheinfeststellungen, da das Finanzamt den (Sammel-)bescheid aus Empfängersicht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10.05.2012 IV R 34/09, BStBl II 2013, 471) unzweifelhaft mit Regelungswillen erlassen hat. Eine Aufspaltung des Reglungswillens hingegen auf einzelne Teile des Sammelbescheides widerspräche der dargelegten Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont.
21
Der Einspruch der Klägerin richtete sich nur gegen die Feststellung des Grundbesitzwertes für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Die weiteren Feststellungen in den Anlagen zum angegriffenen Bescheid hat die Klägerin hingegen nicht angegriffen und wurden dementsprechend bestandskräftig.
22
Die Klägerin wurde bereits im Verwaltungsverfahren von ihrem jetzigen Prozessvertreter, einem nach eigener Kenntnis des Gerichts prozess erfahrenen Steuerberater, vertreten. Dieser nannte im Einspruch vom 31.12.2018 nur die Feststellung des Grundbesitzwertes „für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft“ und unter Nennung des Gesamtwertes vom 668.528 € als Gegenstand des Einspruchs, obwohl die Formulierungen in den Anlagen zum Bescheid vom 18.12.2018 keinen Zweifel zulassen, dass dort weitere gesonderte Feststellungen enthalten sind. Die Notwendigkeit, selbständige Feststellungen, welche häufig gebündelt in einem Bescheid zusammengefasst werden, gesondert anzugreifen, muss einem Berufsvertreter bekannt sein.
23
Entgegen den Ausführungen des Prozessvertreters in der mündlichen Verhandlung kann bei einem Berufsvertreter gerade nicht unterstellt werden, dass sämtliche in einem Sammelbescheid zusammengefassten Feststellungen angegriffen seien, wenn gegen einen Bescheid Einspruch erhoben werde. Vielmehr ist gelten die allgemeinen Auslegungsregeln, da sich die Bestandskraft einer rechtswidrigen Festsetzung auch zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken kann.
24
Auch bei Einsprüchen gegen Sammelbescheide erfolgt die Auslegung eines Einspruchs anhand der erklärten Zielrichtung des Rechtsbehelfs (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 08. Mai 2008 - VI R 12/05 -, BFHE 222, 196, BStBl II 2009). Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige denjenigen Verwaltungsakt anfechten will, der angefochten werden muss, um zu dem erkennbar angestrebten Erfolg zu kommen. Dies gilt grundsätzlich auch für Erklärungen rechtskundiger oder rechtskundig beratener Personen. Die Auslegung kann hingegen nicht zur Annahme eines Erklärungsinhalts führen, für den sich in der Erklärung selbst keine Anhaltspunkte finden lassen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 28.11.2018 I R 61/16, HFR 2019, 839, und vom 19. August 2013 X R 44/11, BStBl II 2014, 234).
25
Die Klägerin hat sich in ihrem Einspruch nicht grundsätzlich gegen eine Wertfeststellung für den Wohnteil gewendet, sondern im Gegenteil dem Finanzamt vorgeworfen, diese sei fehlerhaft im Erstbescheid unterblieben und könne nun nicht mehr nachgeholt werden. So hat sie im Einspruchsschreiben auf Seite 4 ausgeführt, dass „bei dieser Erklärungslage […] die Steuerpflichtige vorgetragen [habe], dass ein Wohnteil vorhanden“ sei, um daran die Schlussfolgerung anzuschließen, dass „der Tatbestand eines Wohnteils […] keine neue Tatsache“ sei. Die Wertermittlung selbst hingegen hat die Klägerin mit keinem Wort angegriffen.
26
Der Klägervertreter irrt, wenn er meint, die bloße Nennung des Wohnteils in seinem Einspruchsschriftsatz genüge, um seinen Einspruch auch auf diese Wertfeststellung zu erweitern, denn es kommt für die Auslegung auf die erkennbare Zielrichtung des Einspruches an, aus der sich der wirkliche Wille des Einspruchsführers ableiten lässt (vgl. BFH-Urteil vom 29. Oktober 2019 IX R 4/19, BFHE 266, 126, BStBl II 2020, 368).
27
Die rechtsschutzwahrende Auslegung kann - jedenfalls im Fall der Vertretung durch einen Rechtskundigen - nicht so weit gehen, entgegen der begrenzten Zielrichtung eines Einspruches diesen auf weitere Festsetzungen in einem Sammelbescheid im Hinblick auf mögliche Wechselwirkungen zwischen den Bescheiden auszudehnen. Denn dies würde bedeuten, die rechtliche Prüfung in die Auslegung der Einspruchseinlegung und damit die Zulässigkeitsprüfung vorzuverlagern.
28
Die Klage gegen die Feststellung des Grundbesitzwertes ist unbegründet, weil die angegriffene Feststellung nicht rechtwidrig ist und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt ist (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO).
29
Die gesonderte Wertfeststellung des Wohnanteils ist bindend für die angegriffene Feststellung (§ 182 Satz 1 AO), da das Wohnhaus zwingend zu der wirtschaftlichen Einheit des vererbten Betriebes der Land- und Forstwirtschaft gehört (§ 158 Abs. 3 Nr. 6 BewG), mithin für diese Bewertung von Bedeutung ist (151 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz 2. Alternative BewG).
30
Die angegriffene Feststellung war daher bereits gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern.
31
Dies würde auch gelten, wenn die Feststellung von 21.12.2016 - wie die Klägerin vorträgt - bereits auch das Wohngebäude mit bewertet hätte. Das Gericht weist aber darauf hin, dass die Feststellung vom 21.12.2016 offenkundig und zweifelsfrei keine Bewertung des Wohngebäudes enthält. Das Fehlen der entsprechenden Bewertungsberechnungen steht in Einklang damit, dass - ebenso offenkundig und zweifelsfrei - der bewertete landwirtschaftliche Betrieb als im Ganzen verpachtet bewertet wurde. Die Bewertung entsprechend einer Eigennutzung wurde in den Erläuterungen auch verständlich dargelegt, indem darauf hingewiesen wurde, dass bei einer Betriebsverpachtung der Verpächter „so behandelt [wird], als würde er den Betrieb selbst fortführen“; eine Praxis in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BFH (seit Urteil vom 13.11.1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315). Eine Aufgabeerklärung hat die Klägerin hingegen nicht abgegeben.
32
Die Befugnis zum Erlass des angegriffenen Änderungsbescheides folgt gemäß Vorstehendem auch aus § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Dem Finanzamt wurde erstmals mit dem Schriftsatz der Klägerin vom 04.09.2017 und damit nachträglich bekannt, dass der Betrieb im Gegensatz zu den Angaben der Klägerin in der Feststellungserklärung nicht im Ganzen verpachtet war. Damit war die Hofstelle zu Unrecht aus der wirtschaftlichen Einheit Land- und Forstwirtschaftlicher Betrieb ausgeschieden worden (§§ 158 Abs. 4 Nr. 1, 168 Abs. 1 Nr. 3 BewG) und der Fehler zu korrigieren.
33
Dass die Finanzbehörde nach Treu und Glauben wegen einer Verletzung ihrer Ermittlungspflicht daran gehindert wäre, die neue Tatsache „Fortbestand der Eigenbewirtschaftung“ zum Anlass für eine Änderung zu nehmen, scheitert schon daran, dass die Klägerin selbst die Betriebsverpachtung im Ganzen erklärt hat und sich deswegen die von der Klägerin in Anspruch genommene Ermittlungspflicht des Finanzamts gerade auf die Fehlerhaftigkeit der Erklärung stützen müsste. Der Erklärung eines Steuerpflichtigen nicht zu misstrauen, kann aber nicht als treuwidrig angesehen werden.
34
Darüber hinaus kann sich die angegriffene Änderung auch auf § 174 Abs. 4 AO stützen. Die Feststellung vom 12.06.2017, in der das Wohngebäude separat als Grund und Boden bewertet wurde, wurde aufgrund des Einspruches der Klägerin aufgehoben.
35
Die Berufung der Klägerin auf § 176 AO ist unergiebig; keiner der dort genannten Fälle der Änderung einer Norm, Rechtsprechung oder Verwaltungsvorschrift ist einschlägig.
36
Der festgestellte Grundbesitzwert ist, soweit er nicht bindend in den nicht angegriffenen Feststellungsbescheiden vorweggenommen wurde, materiell richtig ermittelt; Fehler wurden aber auch bzgl. dieser bestandskräftigen Feststellungen nicht gerügt und ergeben sich für das Gericht auch nicht aus den Akten. Die Klägerin hat im Gegenteil in der mündlichen Verhandlung die erfolgte Wertermittlung ausdrücklich unstreitig gestellt.
37
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.