Titel:
Gefahrenabwehrrechtliche Verantwortlichkeit
Normenketten:
VwGO § 42 Abs. 1 Alt. 1
BayVwVfG Art. 41
BayFwG Art. 28 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 2
StVG § 7
BGB § 930
Leitsätze:
1. Jede Form der Bekanntgabe setzt voraus, dass ein Bekanntgabewille der Behörde vorliegt. Dieser Bekanntgabewille muss umfassen, ob, wann und an wen der Verwaltungsakt bekanntgegeben wird, nicht jedoch den Bekanntgabeweg. Es fehlt am Bekanntgabewillen, wenn der Beteiligte nur zufällig von dem Verwaltungsakt Kenntnis nimmt, etwa weil ein anderer Beteiligter ihn hiervon unterrichtet, wenn dem Adressaten lediglich Akteneinsicht gegeben wird oder wenn die Behörde den Verwaltungsakt dem Betroffenen als Entwurf zur Kenntnis gibt. Abzustellen ist auf den objektiven Empfängerhorizont, solange die Abgabe des Verwaltungsakts einem Behördenvertreter zugerechnet werden kann. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. An einer Zustandsverantwortlichkeit aufgrund von Eigentum fehlt es, wenn die gefährliche Sache gem. § 930 BGB mit Wissen und Wollen des Käufers durch Einigung und Vereinbarung eines Besitzkonstituts auf einen Dritten (zB eine Bank) übergegangen ist. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
3. Art. 28 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BayFwG stellt nicht auf eine Halterhaftung, sondern nur auf die Haltereigenschaft ab. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kosten für Feuerwehreinsatz, Beseitigung einer Ölspur, Austritt von Hydrauliköl aus Radlader, Statthaftigkeit der Klage, Bekanntgabe eines Verwaltungsakts, Bekanntgabewille, Zustandsverantwortlichkeit, Verantwortlichkeit als Halter eines Fahrzeugs, Kosten eines Feuerwehreinsatzes, Handlungsstörer, Zurechnung, Halter eines Kraftfahrzeugs, Besitzkonstitut
Fundstelle:
BeckRS 2021, 2875
Tenor
I. Der Bescheid des Beklagten vom 14. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Main-Spessart vom 29. Mai 2018 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen zwei Bescheide des Beklagten in Gestalt eines Widerspruchsbescheids, mit der ihr Kosten für die Inanspruchnahme gemeindlicher Feuerwehren im Rahmen der Beseitigung eines Ölschadens auferlegt wurden.
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1. Im April 2012 kaufte die Firma …S … bei der Klägerin einen Radlader (Gewicht ca. 30 t). Die Klägerin beauftragte später die Transportfirma T … … … mit der Lieferung des Radladers durch einen Tieflader auf das Betriebsgelände der Firma S … Bei der Anlieferung am Morgen des 24. August 2012 wurde vor der engen Ortsdurchfahrt von R. der Tieflader durch einen Mitarbeiter der Firma S … wahrgenommen. Dieser versuchte, den Fahrer des Tiefladers durch die Ortsdurchfahrt von R. zum Steinbruch zu lotsen. Die Gasse war jedoch offensichtlich zu eng für eine Durchfahrt. Der Angestellte der Firma S … fuhr daraufhin (wohl nach Rücksprache mit dem Geschäftsführer der Firma S …) den Radlader vom Tieflader herunter, um diesen selber durch den Ort hindurch zum Steinbruch zu fahren. In einer Gasse trat dann plötzlich aus der rechten Seite des Radladers unter hohem Druck ein Sprühstrahl Hydrauliköl in großer Menge aus. Durch diesen Ölstrahl wurde nicht nur die öffentliche Straße der Beklagten, sondern auch der Hof eines privaten Anwesens mit Öl verschmutzt. Wenige Minuten nach Austritt des Öls aus dem Radlader setzte starker Regen ein. Durch die alarmierte Feuerwehr wurde eine Ölsperre errichtet und das Öl mit einem Ölbindemittel abgestreut, welches anschließend wieder abgekehrt bzw. durch eine Reinigungsfirma mit entsprechenden Maschinen aufgenommen wurde.
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2. Mit Schreiben vom 21. September 2012 forderte der Beklagte von der Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.299,67 Euro. Dieses Schreiben enthält den Betreff „Kostenerstattung wegen Ölunfall“ und in Fettdruck auf der Mitte des Blattes das Wort „Rechnung“. Die verlangte Summe setzt sich aus verauslagten Kosten für eine Rechnung der Firma Sch … vom 29. August 2012 in Höhe von 4.208,67 Euro, einer Rechnung der Abwasserbeseitigung Wertheim (ABW) vom 13. September 2012 in Höhe von 869 Euro, angeführten Kosten für drei Stunden Bauhofarbeiter in Höhe von 117 Euro, Kosten für eine Stunde Kehrmaschine Bauhof mit Fahrer in Höhe von 55 Euro und einer Verwaltungspauschale von 50 Euro zusammen. Für den Einsatz der Feuerwehr werde die Klägerin zu gegebener Zeit noch einen separaten Kostenbescheid erhalten.
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Nach Mahnung und Ankündigung der Vollstreckung durch den Beklagten zahlte die Klägerin am 19. Dezember 2012 den geforderten Geldbetrag.
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Mit Klage vom 5. September 2013 (W 4 K 13.911), beim Verwaltungsgericht Würzburg eingegangen am 9. September 2013, erhob die Klägerin Klage gegen den Beklagten und beantragte, diesen zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.304,67 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von mindestens 5 Prozentpunkten seit dem 19. April 2013 zu zahlen. Das Verwaltungsgericht Würzburg wies diese Klage mit Urteil vom 11. März 2014 ab. Hiergegen beantragte die Klägerin die Zulassung der Berufung.
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Mit Urteil vom 24. September 2015 (4 B 14.1831) hob der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 11. März 2014 auf und verurteilte den Beklagten, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.304,67 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9. September 2013 zu zahlen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin die Rückzahlung der 5.304,67 Euro verlangen könne, weil der Beklagte jedenfalls derzeit keinen Anspruch gegenüber der Klägerin auf Erhalt dieser Geldsumme habe. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liege auch kein Leistungsverwaltungsakt vor, der aufgrund seiner Bestandskraft einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der genannten Geldsumme darstellen würde. Insbesondere sei das Schreiben des Beklagten nicht als Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 BayVwVfG anzusehen. Zivilrechtliche Ansprüche des Beklagten seien nicht ersichtlich. § 7 Abs. 1 StVG könne vorliegend keine Anspruchsgrundlage sein, denn es fehle vorliegend jedenfalls an der Haltereigenschaft der Klägerin. Ohne dass es für den vorliegenden Rechtsstreit noch darauf ankäme, merkte der Senat „wegen des vom Beklagten bereits erlassenen Feuerwehreinsatzkostenbescheids an, dass sich der Beklagte bisher nicht mit der Tatsache auseinandergesetzt hat, dass die Klägerin weder Eigentümerin noch Halterin des Radladers war“. Auch dürften Feuerwehreinsatzkosten nur für solche Aufwendungen Dritter verlangt werden, die die Feuerwehr tatsächlich selbst beauftragt habe.
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3. Im Laufe des Berufungszulassungsverfahrens vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof hatte der Beklagte mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 30. Juni 2014 die Auffassung vertreten, dass die verauslagten Kosten insbesondere der Fa. Sch … und des gemeindlichen Bauhofs zu den notwendigen Aufwendungen des Feuerwehreinsatzes gehört hätten. Diese Kosten seien daher neben den Kosten für die Feuerwehrfahrzeuge und Feuerwehrleute nach Art. 28 Abs. 1 BayFwG zu erstatten. Dem Schriftsatz des Bevollmächtigten des Beklagten war ein „Bescheid“ mit Datum „06.06.2014“, gerichtet an die Klägerin beigefügt, mit dem festgestellt wurde, dass durch den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehren Kreuzwertheim und R. am 24. August 2012 Kosten in Höhe von insgesamt 7.797,62 Euro entstanden seien und die Firma … … … als Begünstigte des Einsatzes zum Ersatz der Kosten verpflichtet sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG die Gemeinden Ersatz der notwendigen Aufwendungen verlangen könnten, die ihnen durch Ausrücken, Einsätze und Sicherheitswachen gemeindlicher Feuerwehren entstanden seien. Kostenersatz nach Absatz 1 könne gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG verlangt werden für Einsätze im abwehrenden Brandschutz und im technischen Hilfsdienst, bei denen die Gefahr oder der Schaden durch den Betrieb von Kraft-, Luft-, Schienen- oder Wasserfahrzeugen veranlasst worden sei. Nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG sei zum Ersatz der Kosten verpflichtet, wer in den Fällen des Absatz 2 Nr. 1 die Gefahr, die zu dem Einsatz der Feuerwehr geführt habe, verursacht habe oder sonst zu Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahr verpflichtet gewesen sei. Die Firma … sei überdies als Eigentümer/Halter des Fahrzeugs zur Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahr verpflichtet (Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayFwG). Mehrere Verpflichtete hafteten als Gesamtschuldner. Der Markt Kreuzwertheim wende sich an den Eigentümer des Radladers. Dies sei zum Schadenszeitpunkt noch die Firma … gewesen, weil die Übergabe des Radladers erst auf dem Betriebsgrundstück der Firma S … habe erfolgen sollen. Die Übergabe an die Firma T …zum Transport zum Übergabeort ändere hieran nichts. Unmaßgeblich sei der Hinweis auf § 7 StVG und die fehlende Haftpflichtversicherung, weil sich die Kostenerstattungspflicht aus den Regelungen des BayFwG ergebe. Am Ende dieses Bescheides findet sich der Hinweis, dass vom geforderten Betrag 5.299,67 Euro bereits bezahlt seien. Es sei daher nur noch der Restbetrag von 2.497,95 Euro zu entrichten.
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Der Bayer. Verwaltungsgerichtshof stellte den Bescheid vom 6. Juni 2014 als Anlage zum Schriftsatz des Beklagtenbevollmächtigten auch der Bevollmächtigten der Klägerin am 24. Juli 2014 zu. Diese wies darauf hin, dass sie für ihre Mandantschaft noch einen weiteren Bescheid über die Verpflichtung zur Tragung der Feuerwehreinsatzkosten vom 14. Juli 2014 erhalten habe, der jedoch mit dem vom Gericht übersandten Bescheid vom 6. Juni 2014 nicht ganz inhaltsgleich sei. Sie habe daher beide Bescheide mit einem Widerspruch angefochten.
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Mit Bescheid vom 14. Juli 2014, zugestellt dem Bevollmächtigten der Klägerin am 18. Juli 2014, wurde festgestellt, dass durch den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehren Kreuzwertheim und R. am 24. August 2012 Kosten in Höhe von insgesamt 7.797,62 Euro entstanden seien und die Firma … … … als Begünstigte des Einsatzes zum Ersatz der Kosten verpflichtet sei. Die Begründung dieses Bescheids ist nahezu inhaltsgleich mit der des Bescheids vom 6. Juni 2014. Im Unterschied zum Bescheid vom 6. Juni 2014 trägt der Bescheid vom 14. Juli 2014 eine Unterschrift.
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4. Mit Bescheid des Beklagten vom 10. November 2015, der Firma … S … zugestellt am 21. Oktober 2015, wurde festgestellt, dass durch den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehren Kreuzwertheim und R. am 24. August 2012 Kosten in Höhe von insgesamt 7.830,99 Euro entstanden seien und die Firma … S … als Begünstigte des Einsatzes zum Ersatz der Kosten verpflichtet sei. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die Firma … S … nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG zum Ersatz der Kosten verpflichtet sei, weil sie die Gefahr, die zum Einsatz der Feuerwehr geführt habe, verursacht habe. Denn sie habe den Radlader zum Schadenszeitpunkt betrieben. Es habe nämlich einer ihrer Beschäftigten zu diesem Zeitpunkt den Radlader gefahren. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Landratsamts Main-Spessart vom 11. September 2018 zurückgewiesen.
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5. Bereits mit Schriftsätzen vom 14. August 2014 hatte die Bevollmächtigte der Klägerin jeweils Widerspruch gegen die Bescheide vom 6. Juni 2014 sowie 14. Juli 2014 eingelegt. Mit Widerspruchsbescheid des Landratsamts Main-Spessart vom 29. Mai 2018 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 6. Juni 2014 als unzulässig, der Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. Juli 2014 als unbegründet zurückgewiesen.
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6. Hiergegen ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte am 5. Juli 2018 Klage erheben mit dem Antrag,
die Bescheide der Beklagten vom 6. Juni 2014 und vom 14. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamts Main-Spessart vom 29. Mai 2018 aufzuheben.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Fehl gehe zunächst die Auffassung des Beklagten und der Widerspruchsbehörde, dass in Bezug auf den Bescheid vom 6. Juni 2014 kein anfechtbarer Verwaltungsakt vorliege. Bei dem Schreiben vom 6. Juni 2014 handele es sich weder um einen Entwurf noch um die Übermittlung des Akteninhaltes. Bereits aus dem äußeren Erscheinungsbild des Bescheids spreche hierfür nichts. Die von dem Beklagten beauftragten Bevollmächtigten hätten im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens den angeforderten Bescheid willentlich übermittelt und sich auf dessen Inhalt in den dortigen Schriftsätzen berufen. Für die Bekanntgabe eines Bescheides sei es ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Behörde bzw. deren Bevollmächtigte willentlich dem Adressaten oder dessen Empfangsvertreter von seinem Inhalt Kenntnis verschafften. Selbiges sei vorliegend geschehen. Der Bescheid vom 6. Juni 2014 sei nicht nur zufällig durch einen Unbefugten übermittelt worden. Da sich die Ausgangsbehörde gerade auch auf den Inhalt des Bescheides berufen habe, könne von einem Fehlen des Bekanntgabewillens keine Rede sein. Hinzu komme, dass der Bescheid vom 6. Juni 2014 ein früheres Datum als der weitere Bescheid vom 14. Juli 2014 trage. Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein behördlicher Verwaltungsakt vorliege, sei im Zweifel nicht, was die Behörde gewollt oder gedacht habe, sondern der objektive Sinngehalt. Auch ein bloßer Formalverwaltungsakt - als solcher sei der Bescheid vom 6. Juni 2014 zumindest anzusehen - wäre im Übrigen auf entsprechenden Widerspruch förmlich aufzuheben gewesen.
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Die Klägerin unterfalle auch nicht dem Kreis der in Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BayFwG abschließend benannten Ersatzpflichtigen. Im vorliegenden Fall bestehe zwar der für Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG erforderliche rechtliche Zurechnungszusammenhang zwischen dem Fahrzeugbetrieb und dem eingetretenen Schadensereignis. Die Klägerin sei indes nicht Verursacherin der sich realisierenden Gefahr gewesen, denn sie unterfalle vorliegend nicht dem verwaltungsrechtlichen Störerbegriff. Sie sei nicht Handlungsstörerin; Mitarbeiter der Klägerin seien nicht vor Ort gewesen. Sie sei aber auch nicht Zustandsstörerin. Denn sie sei weder Eigentümerin noch habe sie die tatsächliche Gewalt über die Sache gehabt, von der die Gefahr ausgegangen sei. Soweit in den angefochtenen Bescheiden davon ausgegangen werde, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Ölaustritts noch Eigentümerin des Radladers gewesen sei, gehe dies fehl. Das Eigentum sei mit Wissen und Wollen des Käufers durch Einigung und Vereinbarung eines Besitzkonstituts bis zur Anlieferung auf die … Bank AG übertragen worden. Das entsprechende Schreiben sei Bestandteil der Behördenakte. Soweit in den angefochtenen Bescheiden stets darauf abgestellt werde, dass ein Eigentumsübergang auf den Käufer mangels Übergabe der Sache nicht vorgelegen habe, werde verkannt, dass der Käufer mit der Übertragung des Eigentums nach § 930 BGB auf die darlehensgebende Bank einverstanden gewesen sei. Die Klägerin sei auch nicht Halterin eines Fahrzeugs i.S.v. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG. Fahrzeughalter i.S.v. § 7 StVG sei derjenige, der das KFZ im eigenen Namen nicht nur ganz vorübergehend für eigene Rechnung in Gebrauch habe und der die Verfügungsgewalt über das KFZ ausübe. Auf wen das Fahrzeug zugelassen oder haftpflichtversichert sei, sei für die Frage der Haltereigenschaft von untergeordneter Bedeutung. Im hiesigen Fall fehle es darüber hinaus an einer Zulassung und einer Haftpflichtversicherung. Selbst wenn man von der Haltereigenschaft der Klägerin ausginge, widerspräche die Inanspruchnahme der Billigkeit, weil das Fahrzeug vorliegend ohne Wissen und Wollen der Klägerin auf öffentlichen Straßen gefahren worden sei.
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7. Der Beklagte beantragte durch seinen Bevollmächtigten,
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage gegen den „Bescheid“ vom 6. Juni 2014 sei bereits unzulässig, da es sich um einen Nicht-Bescheid handele. Rechtsirrig und tatsächlich irrig gehe die Klägerin davon aus und wolle glauben machen, es handele sich bei dem Schreiben (Entwurf) für einen Kostenfestsetzungsbescheid vom 6. Juni 2014 um eine rechtsmittelfähige Verbescheidung oder um einen Bescheid überhaupt. Im vorangegangenen Verwaltungsstreitverfahren sei dem Beklagten auferlegt worden, den vollständigen Akteninhalt vorzulegen. Dem sei der Beklagte nachgekommen und habe den internen Entwurf für einen entsprechenden Kostenfestsetzungsbescheid vom 6. Juni 2014 vorgelegt. Irgendein Schreiben sei aber kein Verwaltungsakt. Auch der Entwurf eines Kostenfestsetzungsbescheids sei kein Verwaltungsakt. Er sei weder unterschrieben, noch zugestellt worden, noch in irgendeiner Weise zielgerichtet mit dem entsprechenden Inhalt desselben an die Klägerin übermittelt worden. Ein Erlass habe weder tatsächlich noch rechtlich stattgefunden, es handele sich vielmehr um ein Behördeninternum im Rahmen der Akteneinsicht, die dem Beklagten als Aktenvorlage aufgegeben gewesen sei.
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Mit dem Bescheid vom 14. Juli 2014 nehme der Beklagte die Klägerin sachlich richtig und rechtsfehlerfrei auf Ersatz des konkreten Aufwandes in Anspruch und begründe zutreffend, weswegen in öffentlich-rechtlicher Hinsicht und in der Anwendung der Maßstäbe zu der Auswahl eines Störers die Klägerin die konkret in Anspruch zu nehmende Störerin sei. Störer könne sein und sei, wer die konkrete Sache im Verkehr bewege. Hierdurch werde eine konkrete Gefahr realisiert und die Folgen der sich realisierenden Gefahr und deren Beseitigung trage der Verursacher. Tatsächlich sei zu der Klägerin ein konkreter Handlungsstrang bei Überführung des Radladers herzustellen und die konkrete Zuordnung und Zurechenbarkeit der entsprechend veranlassten Tätigkeit bzw. des konkret realisierten Lebenssachverhalts in den Rechtskreis der Klägerin zu legen, mithin der Zugriff seitens des Beklagten auf jene statthaft und angemessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Informatorisch werde dem Gericht mitgeteilt, dass die hier zur Rede stehende Kostenerstattung zwischenzeitlich seitens der Firma S … mit vorbehaltloser Zahlung vom 17. August 2018 im Umfang von 7.830,99 EUR beglichen worden sei.
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8. Mit schriftlichen Erklärungen vom 5. Januar 2021 und vom 11. Januar 2021 erklärten sich der Beklagte, der Vertreter des öffentlichen Interesses und die Klägerin mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
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Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die einschlägigen Behördenakten verwiesen. Die Akten im Verfahren W 5 K 13.911 wurden beigezogen.
Entscheidungsgründe
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Die in objektiver Klagehäufung (§ 44 VwGO) erhobenen Anfechtungsklagen, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden konnte (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO), haben im tenorierten Umfang Erfolg. Die auf Aufhebung des Kostenbescheids des Beklagten vom 6. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Main-Spessart vom 29. Mai 2018 gerichtete Klage ist unzulässig und war deshalb abzuweisen. Die auf Aufhebung des Kostenbescheids des Beklagten vom 14. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Main-Spessart vom 29. Mai 2018 gerichtete Klage ist zulässig und begründet, so dass ihr stattzugeben war.
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1. Die auf Aufhebung des Kostenbescheids des Beklagten vom 6. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Main-Spessart vom 29. Mai 2018 gerichtete Anfechtungsklage hat keinen Erfolg, denn sie ist unstatthaft und damit bereits unzulässig.
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Die Anfechtungsklage ist nämlich nur gegen Verwaltungsakte statthaft, § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO. Seitens des Beklagten ist aber unter dem 6. Juni 2014 schon kein entsprechender Verwaltungsakt ergangen. Denn es fehlt hierfür an der Bekanntgabe gegenüber der Klägerin.
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Eine Anfechtungsklage, die vor Ergehen des Verwaltungsaktes erhoben wird, ist (grundsätzlich) unzulässig und wird auch durch das Ergehen des Verwaltungsaktes nicht nachträglich zulässig (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 74 Rn. 4a). Denn die Anfechtungsklage kann nur erhoben werden, wenn der Verwaltungsakt bereits äußerlich wirksam ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42 Rn. 11). Ein Verwaltungsakt wird gemäß Art. 10 Nr. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG i.V.m. § 124 Abs. 1 Satz 1 AO gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben wird (zur Anwendung der Vorschriften des II. Abschnitts des KAG - Art. 10 bis 17 auf den Leistungsbescheid nach Art. 28 BayFwG vgl. Forster/Pemler/Remmele, Bayerisches Feuerwehrgesetz, Stand 45. Erg.Lief. Okt. 2019, Art. 28 Rn. 11; zur Heranziehung im Wege des Kostenersatzes nach Art. 28 BayFwG als Kommunalabgabe i.w.S. vgl. BayVGH, U.v. 14.12.2011 - 4 BV 11.895 - juris). Nichts Anderes gilt bei Heranziehung der allgemeinen Verfahrensvorschrift des Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG.
24
Unter Bekanntgabe ist die Eröffnung des Verwaltungsaktes gegenüber dem Betroffenen zu verstehen, d.h. die Tatsache des Ergehens und des Inhalts des Verwaltungsaktes, mit Wissen und Willen der Behörde, die den Verwaltungsakt erlässt, d.h. eines für die Behörde handelnden Rechtsträgers nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 41 Rn. 6 m.w.N.). Jede Form der Bekanntgabe setzt nach st. Rspr. voraus, dass ein sog. Bekanntgabewille der Behörde vorliegt. Dem Bekanntgabeadressaten muss die Tatsache des Ergehens des Verwaltungsaktes und sein Inhalt mit Wissen und Willen der Behörde eröffnet werden. Dieser Bekanntgabewille muss umfassen, ob, wann und an wen der Verwaltungsakt bekanntgegeben wird, nicht jedoch den Bekanntgabeweg (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 41 Rn. 53). Somit ist es unerheblich, wenn ein Verwaltungsakt unmittelbar dem Adressaten bekannt gegeben wird, die Bekanntgabe aber über einen Dritten (Boten oder andere Stelle) erfolgen sollte (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 41 Rn. 53). Der Bekanntgabewille wird bei schriftlichen Verwaltungsakten aus der Unterschrift oder der Namenswiedergabe i.S.d Art. 37 Abs. 3 BayVwVfG aus der bei den Akten verbliebenen Urschrift (ggf. mit Absendervermerk) oder aus sonstigen Umständen (z.B. Begleitschreiben oder frühere Bekanntgabeversuche) geschlossen. Es fehlt am Bekanntgabewillen, wenn der Beteiligte nur zufällig von dem Verwaltungsakt Kenntnis nimmt, etwa weil ein anderer Beteiligter ihn hiervon unterrichtet, wenn dem Adressaten lediglich Akteneinsicht gegeben wird oder wenn die Behörde den Verwaltungsakt dem Betroffenen als Entwurf zur Kenntnis gibt. Abzustellen ist nicht nur bei der Frage, ob ein Verwaltungsakt vorliegt, sondern auch bei der Frage, ob ein Bekanntgabewille vorliegt, auf den objektiven Empfängerhorizont, solange die Abgabe des Verwaltungsaktes einem Behördenvertreter zugerechnet werden kann (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 41 Rn 59).
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Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Maßstäbe durfte die Klägerin im vorliegenden Fall nach dem obj. Empfängerhorizont hinsichtlich des Bescheids (besser: Bescheidentwurfs) vom 6. Juni 2014 nicht von einem Bekanntgabewillen seitens der Marktgemeinde Kreuzwertheim ausgehen. Der Klägerin ist zwar beizupflichten, wenn sie vorbringt, dass der „Bescheid“ vom 6. Juni 2014 ihr nicht zufällig übermittelt worden sei und auch nicht im Rahmen der Akteneinsicht, dass der Beklagtenbevollmächtigte den Bescheid im Rahmen seines Schriftsatzes an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommen habe und er auch nicht als „Entwurf“ überschrieben gewesen sei. Allerdings spricht vorliegend nach dem objektiven Empfängerhorizont Folgendes maßgeblich gegen einen Bekanntgabewillen des Beklagten: Zunächst bleibt festzuhalten, dass sich aus den Akten eindeutig ergibt, dass es sich bei dem „Bescheid“ mit dem Datum „06.06.2014“ lediglich um den von der Verwaltungsgemeinschaft Kreuzwertheim erstellten Entwurf handelt, der dem Bevollmächtigten des Beklagten per E-Mail ausschließlich zur rechtlichen Prüfung und Überarbeitung - nicht aber zur Bekanntgabe an die Klägerin - übersandt worden war. Der „Bescheid“ mit dem Datum „06.06.2014“ ist bei der Klägerbevollmächtigten mit Schreiben des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juli 2014 im Verfahren 4 ZB 14.982 erst am 24. Juli 2014 eingegangen (vgl. Widerspruchsschriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 14.8.2014) und damit erst nach Eingang des Bescheids vom 14. Juli 2014, der bei der Klägerbevollmächtigten schon am 18. Juli 2014 zugegangen war (vgl. Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 14.8.2014 im Verfahren 4 ZB 14.982). Aus diesem Umstand in Verbindung mit dem Umstand, dass der auf den 14. Juli 2014 datierte Bescheid im Tenor vollständig übereinstimmt und auch in der Begründung nahezu inhaltsgleich ist, er aber im Unterschied zum „Bescheid“ mit dem Datum „06.06.2014“ keine Unterschrift enthält, hätte die Klägerseite ohne Weiteres erkennen können, dass es sich bei der Übersendung des „Bescheids“ durch ein Gericht hier nicht um die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes handelt, und ihm nur der Bescheid vom 14. Juli 2014 bekanntgegeben werden sollte.
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Nach allem war die gegen den „Bescheid“ des Beklagten vom 6. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Main-Spessart vom 29. Mai 2018 gerichtete Anfechtungsklage als unzulässig abzuweisen.
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2. Die auf Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 14. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Main-Spessart vom 29. Mai 2018 gerichtete Klage hat Erfolg, denn sie ist zulässig und begründet.
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Der Leistungsbescheid des Marktes Kreuzwertheim vom 14. Juli 2014 i.d.F. des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Main-Spessart vom 29. Mai 2018, mit dem der Beklagte von der Klägerin Kosten für den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehren Kreuzwertheim und R. am 24. August 2012 in Höhe von insgesamt 7.792,62 EUR verlangt hat, ist aufzuheben, denn er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes - BayFwG - vom 23. Dezember 1981 (GVBl S. 626, BayRS 215-3-1-I) in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 27. Juli 2016 (GVBl S. 278) können die Gemeinden in den unter Absatz 2 Nrn. 1 bis 8 aufgezählten Fällen Ersatz der notwendigen Aufwendungen verlangen, die ihnen durch Ausrücken, Einsätze und Sicherheitswachen gemeindlicher Feuerwehren (Art. 4 Abs. 1 und 2 BayFwG) oder durch Einsätze hilfeleistender Werkfeuerwehren (Art. 15 Abs. 7 BayFwG) entstanden sind; der Anspruch wird gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 durch Leistungsbescheid geltend gemacht. Nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG besteht der Kostenersatzanspruch für Einsätze der Feuerwehr u.a. im technischen Hilfsdienst, bei denen die Gefahr oder der Schaden durch den Betrieb u.a. eines Kraftfahrzeugs veranlasst war. Einen solchen entgeltlichen technischen Hilfsdienst haben die Freiwilligen Feuerwehren des Beklagten bei dem Ölschaden am 24. August 2012 unstreitig geleistet. Die Gefahr bzw. der Schaden wurde im vorliegenden Fall i.S.v. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG auch durch den Betrieb des Kraftfahrzeugs, nämlich des Radladers veranlasst, denn der zwischen dem Betrieb dieses Fahrzeugs und der Gefahr bzw. dem Schaden, die den Feuerwehreinsatz ausgelöst haben, geforderte Ursachenzusammenhang ist gegeben.
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Allerdings ist die durch den Beklagten vorgenommene Heranziehung der Klägerin als Erstattungspflichtige rechtswidrig und damit zu beanstanden. Im Einzelnen:
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Gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG ist u.a. in dem - hier gegebenen - Fall des Abs. 2 Nr. 1 zum Ersatz der Kosten derjenige verpflichtet, der die Gefahr, die zu dem Einsatz der Feuerwehr geführt hat, verursacht hat oder sonst zur Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahr verpflichtet war. Gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayFwG ist derjenige, der im Fall des Abs. 2 Nr. 1 Halter eines Fahrzeugs i.S.v. Abs. 2 Nr. 1 ist, durch das ein Feuerwehreinsatz veranlasst war, zum Ersatz der Kosten verpflichtet.
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Die Klägerin ist weder verantwortlich i.S.v. Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG noch i.S.v. Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayFwG.
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2.1. Vorliegend hat die Klägerin die zum Einsatz der Freiwilligen Feuerwehren Kreuzwertheim und R. führende Gefahr weder verursacht, noch ist sie als Zustandsverantwortliche für die Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahr verpflichtet.
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Es ist aus Sicht der Kammer schon nicht nachzuvollziehen, dass der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid ohne jegliche Begründung unterstellt, dass die Klägerin die Gefahr im vg. Sinne „verursacht hat“, zumal sie im Widerspruch dazu im Bescheid vom 21. Oktober 2015, gerichtet an die Fa. … S …, (auch) diese als Handlungsstörerin ansieht (mit der zutreffenden Begründung, dass einer der Beschäftigten dieser Firma den Radlader zum Schadenszeitpunkt gefahren habe).
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Es ist auch sonst nicht das Geringste dafür ersichtlich, was dafür sprechen würde, dass die Klägerin hier die Gefahr verursacht hat, dass sie die Handlungsstörerin ist. Für die Verursachung kommt es auf die adäquate Kausalität an (Schulz in PdK Bay K-16 BayFwG, Stand Sept. 2020, Art. 28 Anm. 3.1.1.). Verursacher i.S.d. Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Var. 1 BayFwG ist zumeist der Fahrzeuglenker, also der Fahrer, wobei es auf ein Verschulden nicht ankommt (vgl. Stober, Kostenersatz nach Feuerwehreinsätzen in Bayern, 2. Aufl. 2008, Rn. 102). Dies war beim Schadensereignis vom 24. August 2012 ein Mitarbeiter der Käuferin des Radladers, der Fa. … S …, wovon (zwischenzeitlich) auch der Beklagte ausgeht (siehe Bescheid vom 21.10.2015 an die Fa. … S …). Das Verhalten dieses Mitarbeiters der Fa. S … kann der Klägerin nicht zugerechnet werden.
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Die Klägerin war aber auch nicht als Zustandsverantwortliche für die Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahr i.S.v. Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Var. 2 BayFwG verpflichtet. Der Eigentümer einer Sache ist (auch wenn er nicht Halter ist) für die von dieser ausgehenden Gefahren grundsätzlich unabhängig davon verantwortlich, ob der polizeiwidrige Zustand der Sache von ihm selbst oder einem Dritten herbeigeführt worden ist oder etwa auf Zufall oder höherer Gewalt beruht; dies gebietet grundsätzlich die Sozialbindung des Eigentums (BayVGH, U.v. 3.9.2009 - 4 BV 08.696 - juris m.w.N; Schulz in PdK Bay K-16 BayFwG, Stand Sept. 2020, Art. 28 Anm. 3.1.1.).
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Allerdings war die Klägerin zum maßgeblichen Schadenszeitpunkt - entgegen der unsubstantiierten Behauptung des Beklagten, der sich gerade nicht mit dem insoweit maßgeblichen Vorbringen der Klägerin auseinandersetzt - nicht (mehr) Eigentümerin des Radladers. Der Beklagte stellt nämlich im Bescheid vom 14. Juli 2014 allein darauf ab, dass „die Übergabe des Radladers erst auf dem Betriebsgelände der Firma S … erfolgen sollte“ und somit Eigentümer des Radladers „zum Schadenszeitpunkt noch die Firma … “ gewesen sei. Dabei wird von Beklagtenseite vollständig verkannt und auch im Klageverfahren ignoriert, dass das Eigentum am Radlader gemäß § 930 BGB mit Wissen und Wollen des Käufers durch Einigung und Vereinbarung eines Besitzkonstituts bis zur Anlieferung auf die … Bank AG, Niederlassung … übergegangen war. Dies ergibt sich aus einem von der Bevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 19. August 2014 im Verwaltungsverfahren vorgelegten und in der Behördenakte enthaltenen Schreiben der … Bank AG vom 13. Juni 2012, mit dem sich weder der Beklagte noch dessen Bevollmächtigter zu irgendeinem Zeitpunkt auseinandersetzen.
38
Die Klägerin hatte zum maßgeblichen Zeitpunkt auch nicht mehr die tatsächliche Gewalt über die Sache, von der die Gefahr ausging, inne, zumal - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Urteil vom 24. September 2015 (4 B 14.1831 - BeckRS 2015, 53565 Rn. 27) ausführt -, die Klägerin „davon, dass sich die Käuferin des Fahrzeugs noch auf dem Transportweg des gekauften Radladers bemächtigte, diesen in Besitz nahm und auf öffentlichen Straßengrund bewegte… keine Kenntnis“ hatte.
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2.2. Die Klägerin ist auch nicht als Halterin des Fahrzeugs, durch das der Feuerwehreinsatz veranlasst war, zum Ersatz der Kosten verpflichtet (Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayFwG; offenbleiben kann, ob die Halterhaftung nicht bereits unter Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Var. 2 fällt, vgl. hierzu Forster/Pemler/Remmele, Bayerisches Feuerwehrgesetz, Stand. 45. Erg.Lief. Okt. 2019, Art. 28 Rn. 59, 61).
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Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayFwG stellt seinem Wortlaut nach nicht auf eine Halterhaftung, sondern nur auf die Haltereigenschaft ab. Halter eines Kraftfahrzeugs i.S.d. § 7 StVG ist derjenige, der es für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt, also über Anlass, Zeit und Zeitpunkt der Fahrten bestimmt (Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beck-online, Großkommentar, Stand 1.9.2020, § 7 StVG Rn. 72 unter Verweis auf BGH, U.v. 10.7.2007 - 1 BvR 624/03 - NJW 2007, 3120). Wer in diesem Sinn tatsächlich und wirtschaftlich der Verantwortliche für den Einsatz des Kraftfahrzeugs im Verkehr ist, schafft die vom Fahrzeug ausgehenden Gefahren, für die der Halter nach den strengen Vorschriften des StVG einstehen soll (Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beck-online, Großkommentar, § 7 StVG Rn. 72 unter Verweis auf BGH, U.v. 10.7.2007 - 1 BvR 624/03 - NJW 2007, 3120).
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Dies ist hinsichtlich des Schadensereignisses vom 24. August 2012 aber keinesfalls die Klägerin, denn diese hatte zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schadenseintritts den Radlader nicht für „eigene Rechnung in Gebrauch“ und auch nicht „die tatsächliche Verfügungsgewalt“ über den Radlader inne, vielmehr hatte - wie sich den Akten entnehmen lässt - der Mitarbeiter der Fa. S … … (wohl nach Rücksprache mit seinem Vorgesetzten) entschieden, das Fahrzeug vom Tieflader zu bewegen und dann Richtung Steinbruch zu fahren. Die Klägerin hatte den Radlader lediglich durch die Transportfirma auf deren Tieflader transportieren lassen, ohne dass der Radlader selbständig am Straßenverkehr teilnehmen sollte.
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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat hierzu im Urteil vom 24. September 2015 (4 B 14.1831 - BeckRS 2015, 53565 Rn. 28 und 30) Folgendes ausgeführt:
„Auch § 7 Abs. 1 StVG kann vorliegend keine Anspruchsgrundlage des Beklagten gegen die Klägerin sein. Nach dieser Vorschrift ist der Halter eines Fahrzeugs verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen, der bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden ist. Unabhängig von der auch im anhängigen Zivilprozess noch nicht abschließend geklärten Frage, ob der Radlader zum Schadenszeitpunkt überhaupt in der Lage war, auf ebener Bahn mit einer höheren Geschwindigkeit als 20 km in der Stunde zu fahren (vgl. § 8 Nr. 1 StVG), fehlt es vorliegend jedenfalls an der Haltereigenschaft der Klägerin. Halter eines Kraftfahrzeugs ist derjenige, der ein Kraftfahrzeug im eigenen Namen nicht nur ganz vorübergehend für eigene Rechnung in Gebrauch hat und der die Verfügungsgewalt über das Kraftfahrzeug ausübt. Dabei ist die Frage, auf wen das Fahrzeug zugelassen und haftpflichtversichert ist, von untergeordneter Bedeutung, ebenso die Eigentumslage. Beim Verkauf eines Kraftfahrzeugs wird der Erwerber mit der Übergabe Halter. Dies gilt auch, wenn für das Kraftfahrzeug ein Eigentumsvorbehalt etwa des Verkäufers weiter besteht. (vgl. Bormann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl. 2014, § 7 StVG Rn. 5 m. w. N.). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin den Radlader bei dessen Fahrt durch die Ortschaft nicht „für eigene Rechnung in Gebrauch gehabt“. Die Klägerin wollte lediglich ein verkauftes Fahrzeug als Transportgut ohne eigene Bewegung im öffentlichen Verkehrsraum an die Käuferin liefern. Dabei sollte das Fahrzeug - schon gar nicht „auf Rechnung“ der Klägerin - nicht auf öffentlichem Straßengrund in Betrieb genommen und fortbewegt werden. Wenn im vorliegenden Fall überhaupt jemand das Fahrzeug im eigenen Namen und für eigene Rechnung in Gebrauch genommen hat, so war dies die Käuferin des Fahrzeugs, die wohl einem Mitarbeiter gestattete, das Fahrzeug vom Tieflader herunter und danach durch den Ort und in den Steinbruch zu fahren, und sich durch diese Handlungen den Besitz und die Verfügungsgewalt an dem Fahrzeug verschaffte. Die Klägerin als bloße Verkäuferin kann bei einem solchen Sachverhalt nicht als Halterin angesehen werden.
Ohne dass es für den vorliegenden Rechtsstreit noch darauf ankäme, merkt der Senat wegen des vom Beklagten bereits erlassenen Feuerwehreinsatzkostenbescheides an, dass sich der Beklagte bisher nicht mit der Tatsache auseinandergesetzt hat, dass die Klägerin weder Eigentümerin noch Halterin des Radladers war.“
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Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer vollumfänglich an, zumal sich der Beklagte weder im Verwaltungsverfahren noch im Klageverfahren mit dieser rechtlichen Problematik auch nur im Geringsten auseinandergesetzt hat.
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Mithin hat der Beklagte schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die ihm durch den Feuerwehreinsatz am 24. August 2012 entstanden sind, gegen die Klägerin.
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2.3. Nach allem kam es auf die Frage, ob es sich bei den geltend gemachten Kosten der Firma Sch … (in Höhe von 5.299,67 EUR) um notwendige Aufwendungen i.S.d. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG handelt oder um Aufwendungen Dritter, die nicht von der Feuerwehr beauftragt wurden und somit (wohl) nicht nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG erstattungsfähig sind (vgl. hierzu BayVGH, U..v. 28.2.1996 - 4 B 94.2229 - NVwZ-RR 1996, 652 und U.v. 24.9.2015 - 4 B 14.1831 - BeckRS 2015, 53565 Rn. 30; Schober, Kostenersatz nach Feuerwehreinsätzen, 2. Aufl. 2008, Rn. 68; zu der Frage, wer am Schadenstag den Auftrag an die Firma Sch … erteilt hat vgl. die Ausführungen des BayVGH im Urteil vom 24.9.2015 - 4 B 14.1831 - BeckRS 2015, 43565 Rn. 17 f.) nicht mehr entscheidungserheblich an.
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2.4. Im Ergebnis war der Klage gegen den Bescheid vom 24. Juli 2014 somit stattzugeben und die Klage gegen den Bescheid vom 6. Juni 2014 abzuweisen.
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3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 709 ff. ZPO.