Inhalt

VG München, Urteil v. 01.03.2021 – M 7 K 20.3380
Titel:

Ungültigerklärung der Wahl des ersten Bürgermeisters

Normenkette:
GLKrWG Art. 20 Abs. 3, Art. 50 Abs. 3
Leitsätze:
1. Amtliche Befugnisse dürfen nicht im Sinne einer Wahlwerbung ausgeübt werden, insofern unterliegt auch der Bürgermeister einer Gemeinde einer strengen Neutralitätspflicht. Dies gilt auch für Äußerungen in gemeindlichen Amtsblättern oder anderen Verkündungsorganen der Gemeinde, die in amtlicher Eigenschaft erfolgen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein festgestellter Verstoß gegen Wahlvorschriften führt zur Verdunkelung des Wahlergebnisses, wenn die Möglichkeit besteht, dass ein anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre, wenn die Wahlbestimmungen eingehalten worden wären. Bei einer unzulässigen Wahlbeeinflussung muss das grundsätzlich angenommen werden. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ungültigerklärung der Wahl des ersten Bürgermeisters, Unzulässige Wahlbeeinflussung, Neutralitätsgebot für die mit der Durchführung der Wahl betrauten Behörden, Verteilung eines gemeindlichen Mitteilungsblattes zwei Tage vor der Wahl, Leistungs- Erfolgs- und Arbeitsbericht, Veröffentlichung nicht aus akutem Anlass geboten, Wahlbeeinflussung, Neutralitätsgebot, Wahlrechtsverstoß, Verdunkelung des Wahlergebnisses
Fundstelle:
BeckRS 2021, 28664

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Ungültigerklärung der Wahl des ersten Bürgermeisters in der Gemeinde B. vom 15. März 2020 durch Bescheid des Landratsamts Weilheim-Schongau (im Folgenden: Landratsamt) vom 30. Juni 2020.
2
Am 13. März 2020 ließ der Kläger als amtierender erster Bürgermeister der Gemeinde B. ein gemeindliches Mitteilungsblatt an alle Haushalte in B., T. und H. verteilen. Als Herausgeber tritt die „Gemeinde B. … Bürgermeister J. S. …“ auf. In der Kopfzeile befinden sich unter anderem das gemeindliche Wappen sowie ein Panoramabild von B.. Bei dem auf März 2020 datierten Mitteilungsblatt handelt es sich um eine mit „Gemeinde B. … aktuell“ überschriebene vierseitige Information zu verschiedenen gemeindlichen Projekten, auf die unter der entsprechenden Überschrift jeweils mit Kurztexten und Bildern - teilweise unter Danksagungen für freiwillige Leistungen der Beteiligten - näher eingegangen wird. Im Einzelnen werden die folgenden Themen behandelt: Bau des Dorfgemeinschaftshauses, Bau des neuen Waldkindergartens sowie Sanierungsarbeiten im bestehenden Kindergarten St. Anna, Erwerb des Molkereigebäudes, Erschließungsarbeiten und Baubeginn in den Neubaugebieten S. … straße und „M. … Garten“, Ausbau von Feld-, Spazier- und Radwegen, Herrichtung des Bachgrabens des E. …baches, Aufstellen einer neuen Panoramaliege, Planung neuer Grabstätten auf dem Friedhof T. …, Erneuerung des Schlauchturms des Feuerwehrhauses und geplante Anschaffung eines neuen Feuerwehrautos, geplante Straßensanierung/Neubau an der W. … Bei mehreren Projekten wird explizit darauf hingewiesen, dass keine Kreditaufnahme zur Verwirklichung notwendig sei und Fördermöglichkeiten genutzt worden seien. Die Einheimischenförderung findet ebenfalls ausdrückliche Erwähnung (Auftragsvergaben an einheimische Unternehmen, Einheimischenmodell für junge Familien). Das Mitteilungsblatt schließt mit einer Zusammenfassung des Themas Finanzen und den Worten „Die Rücklagen in der Gemeindekasse ermöglichen alle zuvor genannten Baumaßnahmen ohne Kreditaufnahme zu verwirklichen. Ich danke den Gemeinderäten für die gute Zusammenarbeit und für die vorausschauende Finanzpolitik. Das Ausschöpfen aller staatlichen Zuschüsse und der gewissenhafte, sparsame Umgang mit Ihren Steuergeldern wird von der Gemeinde gewährleistet.“ Daneben befindet sich die Unterschrift des Klägers eingerahmt durch die Worte „Ihr Bürgermeister J. … S. …“. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Mitteilungsblatts Bezug genommen.
3
Am 15. März 2020 fand im Rahmen der landesweiten Kommunalwahlen in der bayerischen Gemeinde B. die Wahl des ersten Bürgermeisters statt. Das Ergebnis dieser Wahl wurde am 26. März 2020 vom Wahlausschuss der Gemeinde B. festgestellt und am gleichen Tag durch den Wahlleiter verkündet. Nach dem amtlichen Ergebnis entfielen 579 der 1.007 abgegebenen gültigen Stimmen (von insgesamt 1.030 abgegebenen Stimmen) auf den Kläger, der auch für die Bürgerliste B. bei der zeitgleich durchgeführten Wahl des Gemeinderats kandidierte, sowie 428 Stimmen auf den Herausforderer - hier Beigeladener zu 1), der zugleich als Kandidat der Unparteiischen Wählergemeinschaft - UWG - B. für den Gemeinderat antrat. 574 Stimmen waren im Wege der Briefwahl abgegeben worden.
4
Mit Schreiben vom 8. April 2020, eingegangen beim Landratsamt am 9. April 2020, wurden die Wahl des ersten Bürgermeisters sowie die Wahl des Gemeinderats vom Beigeladenen zu 1), der auf Listenplatz 1 der UWG B. in den Gemeinderat gewählt worden war, sowie den vier weiteren gewählten Gemeinderatsmitgliedern der UWG B. - hier die Beigeladenen zu 2) bis 5) - wegen unzulässiger Wahlbeeinflussung zugunsten des Klägers und der Bürgerliste B. angefochten. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, der Kläger habe zwei Tage vor der Kommunalwahl das gemeindliche Mitteilungsblatt als seinen Leistungs-/Erfolgsbericht in der heißen Phase des Wahlkampfes erfolgreich missbraucht. Das Mitteilungsblatt, welches nur unregelmäßig erscheine, stelle Dinge im Positiven dar, die so nicht seien. Auch entspreche die finanzielle Lage der Gemeinde nicht dem Erfolgsbericht. Der Kläger habe in dem Mitteilungsblatt einen einzelnen Gemeinderat besonders hervorgehoben.
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Mit Schreiben des Landratsamts vom 9. Juni 2020 wurde der Kläger zur beabsichtigen Ungültigerklärung der Bürgermeisterwahl angehört. Hierzu nahmen die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 25. Juni 2020 Stellung und führten im Wesentlichen aus, dass die Herausgabe des gemeindlichen Mitteilungsblattes keine unzulässige Wahlwerbung darstelle. Vielmehr handele es sich dabei um eine zulässige gemeindliche Öffentlichkeitsarbeit, in deren Rahmen es falle, dass Gemeinden der Öffentlichkeit ihre Politik, Maßnahmen und Vorhaben sowie die künftig zu lösenden Fragen darlegten und erläuterten. Die zeitliche Nähe der Herausgabe zur Wahl begründe keine unzulässige Wahlwerbung. Schon dem Grunde nach könne der Zeitpunkt einer im Übrigen nicht zu beanstandenden Veröffentlichung keine unzulässige Wahlbeeinflussung konstituieren. Eine neutrale und daher zulässige gemeindliche Öffentlichkeitsarbeit werde nicht durch den Veröffentlichungszeitpunkt parteiisch. Zudem sei das Mitteilungsblatt der Gemeinde B. grundsätzlich in einem regelmäßig wiederkehrenden Zeitraum veröffentlicht worden. Für die Auswahl der Inhalte habe es jeweils einen unmittelbar aktuellen Anlass gegeben, der die Erwähnung im Mitteilungsblatt gerechtfertigt habe. Jeder der - in dem Schreiben hinsichtlich ihrer Aktualität einzeln ausgeführten - aufgeführten Aspekte betreffe aktuelle Entwicklungen, bezüglich derer die Gemeinde ein berechtigtes Interesse an der Betreibung von Öffentlichkeitsarbeit gehabt habe. Zudem seien die angesprochenen Punkte auch umfänglich vollkommen neutral geschildert. Es würden keine Bezüge zu Einzelleistungen hergestellt. Der Bürgermeister trete lediglich - so wie in allen anderen Mitteilungsblättern - als Herausgeber der Veröffentlichung in Erscheinung. Im Vergleich mit Publikationsorganen anderer Kommunen halte sich das gegenständliche Mitteilungsblatt stark zurück. Konkret verwiesen werde auf zwei Veröffentlichungen der Gemeinde I. … bzw. des Marktes P. …, die ebenfalls kurz vor der Wahl erschienen seien. Im Übrigen sei der Vorsprung von 150 Stimmen vor dem Zweitplatzierten so deutlich, dass es ausgeschlossen erscheine, dass das Amtsblatt zu einem Umschwenken derartig vieler Wähler geführt habe. Zu berücksichtigen sei auch, dass das Mitteilungsblatt zu einem Zeitpunkt veröffentlicht worden sei, an dem die Briefwahl bereits - jedenfalls weitestgehend - abgeschlossen gewesen sei. Auf knapp die Hälfte der Stimmen habe die Veröffentlichung daher von vorneherein keinen Einfluss nehmen können.
6
Mit Bescheid vom 30. Juni 2020, dem Kläger zugestellt am 3. Juli 2020, erklärte das Landratsamt die Wahl des ersten Bürgermeisters in der Gemeinde B. vom 15. März 2020 für ungültig. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Anfechtung der Wahl des ersten Bürgermeisters sei zulässig und begründet. Die Anfechtung sei von Wahlberechtigten der Gemeinde B. rechtzeitig innerhalb der Frist von 14 Tagen ab Verkündigung des abschließenden Wahlergebnisses eingereicht worden. Die wahlrechtlichen Verstöße seien auch durch konkrete, sofort nachprüfbare Tatsachen belegt worden (Vorlage des Mitteilungsblattes). Aufgrund der Herausgabe des gemeindlichen Mitteilungsblattes am 13. März 2020 durch den Kläger als ersten Bürgermeister sei gegen Art. 20 Abs. 3 Gesetz über die Wahl der Gemeinderäte, der Bürgermeister, der Kreistage und der Landräte (Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz - GLKrWG) verstoßen worden. Danach sei den mit der Durchführung der Wahl betrauten Behörden und den Wahlorganen untersagt, den Inhalt der Stimmrechtsausübung in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Die Wähler müssten ihr Urteil in einem freien, offenbaren Prozess der Meinungsbildung gewinnen und fällen können. Auch wenn Mitteilungsblätter, wie das streitgegenständliche, während der Wahlperiode durchaus zulässig wären, seien Erfolgs- und Leistungsberichte in der heißen Phase des Wahlkampfes Amtsträgern verwehrt. Mit dem Neutralitätsgebot sei jegliche auf Wahlbeeinflussung gerichtete, parteiergreifende Einwirkung öffentlicher Organe zugunsten oder zulasten von Wahlvorschlagsträgern und Bewerbern unvereinbar. Die Wahlrechtsverletzung sei geeignet gewesen, das Ergebnis der Bürgermeisterwahl zu verdunkeln, denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Wahlergebnis anders ausgefallen wäre, wenn nicht gegen das Neutralitätsgebot durch den Amtsinhaber verstoßen worden wäre. Durch die Verteilung des gemeindlichen Mitteilungsblattes an alle Haushalte sei eine unzulässige Wahlwerbung hinsichtlich der Bürgermeisterwahl durch den Kläger betrieben worden. Ein Mitteilungsblatt im Jahr 2020 zwei Tage vor der Kommunalwahl am 15. März 2020 sei vom Termin her außerordentlich auffällig. Ein regelmäßiger Erscheinungsrhythmus der gemeindlichen Mitteilungsblätter sei nicht ersichtlich. Ein drängender Anlass für den Publikationszeitpunkt sei nicht erkennbar. Es handele sich bei dem Mitteilungsblatt u.a. um eine Erfolgs- und Leistungsbilanz des Bürgermeisters, auch mit Blick in die kommende Wahlperiode. Dies könne nicht Sinn und Zweck eines gemeindlichen Mitteilungsblattes sein. Verbunden sei die Aufzählung der gemeindlichen Projekte im Mitteilungsblatt vom 13. März 2020 teilweise mit dem Hinweis, dass alle Projekte aus den Haushaltsrücklagen und ohne Kreditaufnahmen bzw. mit Zuschüssen errichtet werden könnten. Vielfältig werde einzelnen Gruppen und Einzelpersonen für ihre Mithilfe gedankt. Bei diesen Themen handele es sich um keine aktuellen drängenden Anlässe, die zwingend zwei Tage vor der Kommunalwahl veröffentlicht werden müssten, was im Folgenden näher ausgeführt wurde. Für alle diese Informationen wäre eine Veröffentlichung nach oder weit vor dem Wahltermin zeitlich möglich gewesen. Die von der Größe her auffällige Unterschrift auf dem Mitteilungsblatt lasse den Leser die genannten Errungenschaften dem Kläger als amtierendem Bürgermeister zurechnen. Das Mitteilungsblatt lasse ihn für den Wähler als aktiven, gewissenhaften, sparsamen und dabei Kreditaufnahmen vermeidenden und alle staatlichen Zuschüsse abschöpfenden Gemeindechef erscheinen. Dies könne als indirekte Wahlempfehlung gesehen werden. Die Themen sprächen breite Wählerkreise an. Nachdem das Mitteilungsblatt an jeden Haushalt der Gemeinde B. verteilt worden sei, sei jeder Wähler erreicht worden. Zahlreiche Wähler würden sich erst kurz vor der Wahl bzw. erst in der Wahlkabine endgültig entscheiden. Es sei nicht ausgeschlossen, dass diese noch unter dem „frischen“ Eindruck des Mitteilungsblattes gestanden hätten. Durch das kurz vor der Wahl erscheinende Mitteilungsblatt werde anderen Bewerbern auch die Möglichkeit genommen, die angesprochenen Themen aus ihrer Sicht, sofern bekannt, darzulegen. Unabhängig davon habe ein Gegenkandidat nicht die Möglichkeit ein gemeindliches Mitteilungsblatt für sich in Anspruch zu nehmen. Falls ein erster Bürgermeister Mittel einsetze, die ihm nur kraft seines Amtes zustünden, z.B. Verwendung des Amts- oder Mitteilungsblattes als Herausgeber, oder wenn er Hinweise gebe, die kein Bewerber als Privatmann geben könne, wie hier z.B. zur gemeindlichen Haushaltslage, zu Förderanträgen oder den zwischen ihm und dem Kreiskämmerer geführten Gesprächen, ohne vorab den Gemeinderat zu informieren, so sei die Grenze zur unzulässigen Wahlbeeinflussung überschritten. Das Mitteilungsblatt sei nach Auskunft von Mitarbeitern der Verwaltungsgemeinschaft, der die Gemeinde B. angehöre, anders als alle vorherigen Mitteilungsblätter, ohne deren Hilfe und Beteiligung erstellt worden. Die Informationen der Gemeinde I. … und des Marktes P. … könnten nicht als Bezugsfälle herangezogen werden. Das Informationsblatt der Gemeinde I- … sei bereits im Dezember 2019 und damit nicht in der heißen Phase des Wahlkampfes erschienen und enthalte keinen Leistungs- und Erfolgsbericht des damaligen ersten Bürgermeisters. Das Informationsblatt des Marktes P. … erscheine in einem regelmäßigen Turnus - so auch im März/April 2020 - und enthalte ebenfalls keinen Leistungs- und Erfolgsbericht, sondern einen Wahlaufruf der damaligen ersten Bürgermeisterin. Der wahlrechtliche Verstoß gegen das Neutralitätsgebot durch die extreme zeitliche Nähe des gemeindlichen Mitteilungsblattes könne zu einer unrichtigen Ämterverteilung geführt haben. Der nach dem amtlichen Wahlergebnis festgestellte Vorsprung von 76 Stimmen vor dem Herausforderer sei gerade nicht als deutlicher Vorsprung zu sehen. Auch die Briefwahl könne zum Teil noch von dem Mitteilungsblatt beeinflusst worden sein. Es sei gängige Praxis, dass die Briefwahl erst am Wahlwochenende in den gemeindlichen Briefkasten eingeworfen werde. Insgesamt hätten 574 Wähler Briefwahlunterlagen für die Bürgermeisterwahl abgegeben. Es könne nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger durch die unzulässige Beeinflussung der Wahlberechtigten seine Mehrheit erlangt habe. Auch könne nicht ausgeschlossen werden, dass durch das kurz vor der Wahl verteilte Mitteilungsblatt sich Wahlberechtigte veranlasst gesehen hätten, nicht zur Wahl zu gehen, da nach dieser eindeutigen Erfolgsbilanz eine „Vorentscheidung“ schon gefallen gewesen sein könnte, oder eben zur Wahl zu gehen, um den Kläger für seine Leistungen zu bestätigen.
7
Hinsichtlich der Anfechtung der Gemeinderatswahl wurde die Wahlanfechtung mit Bescheid des Landratsamts ebenfalls vom 30. Juni 2020 zurückgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass durch die Verteilung des gemeindlichen Mitteilungsblattes an alle Haushalte kurz vor dem Wahltag zwar eine unzulässige Wahlwerbung betrieben worden sei, dies jedoch nicht ausreiche, das Wahlergebnis für den Gemeinderat zu verdunkeln. Das gemeindliche Mitteilungsblatt enthalte keine Anhaltspunkte für eine Wahlwerbung zugunsten einer bestimmten Wählergruppe.
8
Mit der durch seine Bevollmächtigten am 27. Juli 2020 erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Ungültigerklärung der Bürgermeisterwahl mit Bescheid des Landratsamts vom 30. Juni 2020.
9
In der mit Schriftsatz vom 21. September 2020 eingereichten Klagebegründung wird unter teilweiser Wiederholung der bereits mit Schreiben vom 9. Juni 2020 vorgebrachten Ausführungen ergänzend im Wesentlichen vorgetragen, die Gemeinde B., deren Bürgermeister der Kläger seit 2008 sei, gebe in regelmäßigen Abständen von zwischen zwei und vier Monaten Mitteilungsblätter heraus. Die letzten Veröffentlichungen hätten in den Monaten Oktober und Dezember 2017, Februar, Juli und Oktober 2018 sowie August und Dezember 2019 stattgefunden. Die Lücke zwischen Oktober 2018 und August 2019 hinge zum einen mit der gesundheitlichen Situation des Klägers Anfang/Mitte 2019 zusammen, die die Erstellung des Blattes vereitelt habe. Der Kläger erstelle das Mitteilungsblatt vollständig eigenständig nur unter Beteiligung einer Grafikerin der Druckerei. Zudem habe es in dem Zeitraum auch keine berichtenswerten Aktualitäten gegeben, da sämtliche in Frage kommenden Projekte noch in Vorbereitung gewesen seien und der Gemeindehaushalt für 2019 erst im November 2019 verabschiedet worden sei. Nach dieser Pause sei allerdings wieder der regelmäßige Turnus eingeschlagen worden, sodass im März 2020 eine Veröffentlichung angestanden habe. Das streitgegenständliche Mitteilungsblatt sei am Freitag, den 13. März 2020 verteilt worden, da in der Gemeinde eine „Austragerunde“ von Jugendlichen existiert habe, die freitags ohnehin den Kreisboten austrügen und die aus diesem Anlass das Mitteilungsblatt mitverteilt hätten. Es sei ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass sämtliche recherchierbaren Entscheidungen eine unzulässige Wahlwerbung ausschließlich auf den parteiischen Inhalt einer Veröffentlichung stützten, der durch die Nähe zur Wahl allenfalls noch intensiviert würde. Es sei keine einzige gerichtliche Entscheidung ersichtlich, die eine neutrale Veröffentlichung allein wegen der zeitlichen Nähe zur Wahl für unzulässig erklärt hätte. Dies hätte in der Praxis die kaum zu bewältigenden Hürden zur Folge, dass in einem wohl nur schwer konkretisierbaren zeitlichen Rahmen vor der Wahl jedes öffentliche Tätigwerden der Gemeinde unmöglich wäre, da immer mit der Gefahr der Wahlbeeinflussung gerechnet werden müsse. Letztlich dürfe sich der Bürgermeister im Vorfeld der Wahl dann gar nicht mehr in offizieller Funktion äußern oder an Terminen teilnehmen. Das Mitteilungsblatt sei auch keine parteiische Veröffentlichung, die einen anlasslosen Leistungsbericht des Bürgermeisters darstellen würde. Für die Auswahl der Inhalte habe es jeweils die im Einzelnen dargelegten unmittelbaren aktuellen Anlässe gegeben, die die Erwähnung im Mitteilungsblatt rechtfertigten. Unzutreffend sei schon der Ausgangspunkt der Überlegungen des Landratsamts, wonach Äußerungen nur bei einem „aktuellen drängenden Anlass“ zulässig gewesen wären. Nach der Rechtsprechung seien anlasslose Leistungsdarstellungen unzulässig. Dafür, dass für eine gemeindliche Veröffentlichung ein drängendes Interesse vorliegen müsse, gebe es keine rechtliche Grundlage. Die angesprochenen Punkte seien sämtlich neutral geschildert. Hinsichtlich der namentlichen Nennung des Gemeinderatsmitglieds W. sei zu berücksichtigen, dass Herr W. nicht für die Bürgerliste B. angetreten sei, sondern für die konkurrierende Liste. Auch der Umstand, dass breite Wählerkreise angesprochen würden, könne den Vorwurf der Parteilichkeit der Veröffentlichung nicht begründen. Ein Mitteilungsblatt informiere gerade über die Interessen aller Gemeindebürgerinnen und -bürger und müsse insofern naturgemäß breite Wählerkreise ansprechen. Sämtliche ersichtliche Rechtsprechung, die unzulässige Veröffentlichungen des Bürgermeisters in offizieller Funktion bejahe, betreffe konkrete Wahlempfehlungen bzw. Wertungen, nicht jedoch eine angeblich anrüchige zeitliche Nähe zur Wahl oder die Größe der Unterschrift des Bürgermeisters bei ansonsten neutralen Veröffentlichungen. Nach der Rechtsprechung gebe es keinen Grundsatz in der vom Landratsamt angenommenen Form, wonach ein erster Bürgermeister keine Mittel einsetzen dürfe, die ihm nur kraft seines Amtes zustehen. Die Frage, ob ein Wahlbewerber von Möglichkeiten Gebrauch macht, die ihm nur kraft seines Amtes zustehen, werde bei der Frage aufgeworfen, ob eine Äußerung in amtlicher Eigenschaft erfolge. Dass das Mitteilungsblatt eine amtliche Veröffentlichung darstelle und keine private Meinungsäußerung des Klägers, stehe vorliegend aber außer Frage. Stehe ein Handeln in amtlicher Eigenschaft fest, stelle sich auf einer zweiten Stufe die Frage, ob eine parteiische Äußerung in amtlicher Eigenschaft vorliege, was aber vorliegend gerade nicht der Fall sei. Das Vorgehen des Landratsamts im Hinblick auf die Gemeinderatswahl offenbare dessen inkonsequentes Vorgehen. Der Kläger sei auch auf der Wahlliste zur Gemeinderatswahl aufgeführt gewesen. Wenn man bei der Bürgermeisterwahl eine Beeinflussung angenommen habe, hätte dies auch hinsichtlich der Gemeinderatswahl angenommen werden müssen.
10
Der Kläger beantragt,
Der Bescheid des Landratsamts vom 30. Juni 2020 (Az. 0270.021-0016/2020) wird aufgehoben.
11
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
12
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die Ungültigerklärung der Wahl des ersten Bürgermeisters in der Gemeinde B. sei rechtmäßig gewesen, da durch die extreme zeitliche Nähe des Mitteilungsblattes zum Wahltag und die geringe wahlentscheidende Stimmenzahl der Verstoß gegen das Neutralitätsgebot des Art. 20 Abs. 3 GLKrWG zu einer unrichtigen Ämterverteilung geführt haben könne. Maßgeblich für die Entscheidung sei die zeitliche Nähe zum Wahltag gewesen. Eine Regelmäßigkeit des Erscheinens der gemeindlichen Mitteilungsblätter könne nach wie vor nicht festgestellt werden. Auch wenn Mitteilungsblätter, wie das streitgegenständliche, während der Wahlperiode durchaus zulässig seien, sei eine Herausgabe, je näher der Wahltag rücke, umso problematischer. Der Schlusssatz des Mitteilungsblattes sei als Wahlwerbung für den Bürgermeister anzusehen. Die in der Vergangenheit erstellten Mitteilungsblätter hätten keine vergleichbare Zusammenfassung enthalten. Die geschilderten Projekte bzw. Themen seien nicht zwingend zwei Tage vor der Wahl zu veröffentlichen gewesen. Auch habe der Kläger im Mitteilungsblatt Informationen veröffentlicht, die zu diesem Zeitpunkt nur ihm bekannt gewesen seien. Es sei weder ein Verschulden noch die Absicht der Beeinflussung erforderlich. Es sei darauf abzustellen, welche Wirkung die Informationen des Mitteilungsblattes auf einen durchschnittlichen Leser und Wähler hätten oder haben könnten. Aus der Neutralitätspflicht folge auch ein Wahrheitsgebot, weil nur so die Entscheidungs- und Wahlfreiheit der Bürger gewährleistet werden könne. Setze ein erster Bürgermeister Mittel ein, z.B. durch Verwendung eines Amtsblattes, oder gebe er Hinweise, die kein Bewerber als Privatmann geben könne, z.B. zur gemeindlichen Haushaltslage oder zur gemeindlichen Aufgabenerfüllung, so könne die Grenze zur unzulässigen Wahlbeeinflussung überschritten sein. Dies gelte auch und insbesondere für jegliche, auf den ersten Blick neutrale Öffentlichkeitsarbeit in Form von sog. Arbeits-, Leistungs- oder Erfolgsberichten.
13
Mit Schreiben vom 4. Dezember 2020 bzw. 8. Januar 2021 nahmen die Parteien nochmals Stellung zum Wahrheitsgehalt der im Mitteilungsblatt getroffenen Aussagen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schreiben Bezug genommen.
14
Mit Beschluss vom 20. Januar 2021 hat das Gericht die Anfechtungsführer zum Verfahren beigeladen.
15
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16
Die zulässige Klage ist unbegründet.
17
Der Bescheid des Landratsamts vom 30. Juni 2020, mit dem die Wahl des ersten Bürgermeisters in der Gemeinde B. vom 15. März 2020 für ungültig erklärt wurde, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18
Nach Art. 50 Abs. 3 GLKrWG hat die Rechtsaufsichtsbehörde die Wahl für ungültig zu erklären, wenn Wahlvorschriften verletzt wurden und es möglich ist, dass es dadurch zu einer unrichtigen Sitzverteilung oder Ämterverteilung gekommen ist, die nicht berichtigt werden kann.
19
Vorliegend war das Landratsamt nach Art. 50 Abs. 3 GLKrWG verpflichtet, die streitgegenständliche Wahl für ungültig zu erklären, da mit der Verteilung des gemeindlichen Mitteilungsblattes nur zwei Tage vor der Wahl, ohne dass dies aus akutem Anlass geboten gewesen wäre, gegen Art. 20 Abs. 3 GLKrWG verstoßen wurde und dieser Verstoß auch geeignet war, das Wahlergebnis zu verdunkeln.
20
Nach Art. 20 Abs. 3 GLKrWG, einer wahlrechtlichen Vorschrift i.S.d. Art. 50 Abs. 3 GLKrWG, ist es den mit der Durchführung der Wahl betrauten Behörden und den Wahlorganen u.a. untersagt, den Inhalt der Stimmrechtsausübung in irgendeiner Weise zu beeinflussen.
21
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können Wahlen demokratische Legitimation im Sinne des Art. 20 Abs. 2 GG nur verleihen, wenn sie frei sind. Das erfordert nicht nur, dass der Akt der Stimmabgabe frei von Zwang und unzulässigem Druck bleibt, wie es Art. 38 Abs. 1 GG gebietet, sondern ebenso sehr, dass die Wähler ihr Urteil in einem freien, offenen Prozess der Meinungsbildung gewinnen und fällen können. Damit unvereinbar ist eine auf Wahlbeeinflussung gerichtete, parteiergreifende Einwirkung von Staatsorganen als solchen zugunsten oder zulasten einzelner oder aller am Wahlkampf beteiligten politischen Parteien oder Bewerber. Sie verstößt gegen das Gebot der Neutralität des Staates im Wahlkampf und verletzt die Integrität der Willensbildung des Volkes durch Wahlen und Abstimmungen. Daher verbietet das in Art. 20 Abs. 2 GG und Art. 2, 4 BV verankerte Demokratieprinzip, dass sich öffentliche Organe im Hinblick auf Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern identifizieren und sie unter Einsatz öffentlicher Mittel unterstützen bzw. durch Werbung die Entscheidung des Wählers beeinflussen. Damit verbunden ist die verfassungsrechtliche Grundverpflichtung, dass alle Staatsgewalt am Wohl aller Bürger ausgerichtet werden und auch die Rechte der Minderheit beachten und ihre Interessen mitberücksichtigen muss. Sie verbietet, dass unter dem Mantel öffentlicher Hoheit parteiergreifend auf den Grundakt demokratischer Legitimation, die Wahlen, eingewirkt wird (vgl. BayVGH, U.v. 27.11.1991 - 4 B 91.601 - juris Rn. 16 und U.v. 22.6.1983 - 4 B 80 A.1769, BeckRS 1983, 03875 beide unter Verweis auf BVerfG, U.v. 2.3.1977 - 2 BvE 1/76 - juris).
22
Diese für die Wahl zum Bundestag entwickelten Grundsätze gelten über Art. 28 Abs. 1 GG auch für den kommunalen Bereich (vgl. BayVGH in st. Rspr. z.B. U.v. 27.11.1991 - 4 B 91.601 - juris Rn. 17). Daraus folgt - in landesrechtlicher Übernahme und Ausgestaltung der bundesrechtlichen Wahlgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG für den kommunalen Bereich - eine Neutralitätspflicht der mit der Wahl betrauten Behörden und der Wahlorgane im Kommunalwahlkampf, die ihren einfachgesetzlichen Niederschlag insbesondere in Art. 20 Abs. 3 GLKrWG gefunden hat. Diese Pflicht zur Neutralität gilt vor allem für die Gemeinde, und zwar sowohl für die der Gemeinde zugeordneten Wahlorgane (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GLKrWG), als auch für die anderen Organe der Gemeinde und die Gemeindeverwaltung. Denn die Gemeinde ist die zentrale „mit der Durchführung der Wahl betraute Behörde“ i.S.d. Art. 20 Abs. 3 GLKrWG. Ihr obliegen nach den allgemeinen kommunalrechtlichen Zuständigkeitsregelungen kraft staatlichen Auftrags im übertragenen Wirkungskreis wichtige Aufgaben bei der Vorbereitung, Durchführung und Abwicklung der Wahlen (vgl. BayVGH, U.v. 21.10.2003 - 4 BV 03.671 - juris Rn. 38).
23
Dieser strengen Neutralitätspflicht unterliegt indes auch der Bürgermeister der Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft. Dies gilt vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Gebotenheit der Neutralitätspflicht für alle öffentliche Organe ungeachtet dessen, dass bei Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften die Aufgaben, die den Gemeinden im übertragenen Wirkungskreis zugewiesen sind, wozu auch die Durchführung der Kommunalwahlen gehört, von den Verwaltungsgemeinschaften zu erledigen sind (vgl. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgemeinschaftsordnung für den Freistaat Bayern). Denn im Hinblick auf das Demokratieprinzip verbietet sich jegliche auf Wahlbeeinflussung gerichtete, parteiergreifende Einwirkung öffentlicher Organe zugunsten oder zulasten von Wahlvorschlagsträgern und Bewerbern (vgl. Büchner, Kommunalwahlrecht in Bayern, Stand: 1.2.2020, Nr. 11.20, zu Art. 20 GLKrWG Anm. 5; vgl. auch VG Ansbach, U.v. 11.11.2014 - AN 4 K 14.01333 - juris Rn. 37 f., das im Hinblick auf die Zuständigkeit des Gemeinderats nach Art. 5 Abs. 1 GLKrWG auch eine Mitgliedsgemeinde als Wahlbehörde einstuft). Denn der alle Wahlen beherrschende Grundgedanke ist, dass amtliche Befugnisse nicht im Sinn einer Wahlwerbung ausgeübt werden dürfen (vgl. BayVerfGH, E.v. 11.3.1994 - Vf. 22-VI-92 - juris Rn. 31). Eine unzulässige Wahlbeeinflussung kann daher aber auch nur bei solchen Handlungen angenommen werden, die von Amtsträgern in amtlicher Eigenschaft ausgehen und sich gezielt an die Wähler wenden (vgl. BayVGH, U.v. 21.10.2003 - 4 BV 03.671 - juris Rn. 38). Auch Äußerungen in gemeindlichen Amtsblättern oder anderen Verkündungsorganen der Gemeinde, die in amtlicher Eigenschaft erfolgen, haben die gebotene Neutralität und Zurückhaltung zu wahren (vgl. VG Karlsruhe, U.v. 19.10.2018 - 14 K 3350/18 - juris Rn. 50).
24
Nach diesen Grundsätzen unterlag der Kläger bei der Veröffentlichung des gemeindlichen Mitteilungsblattes als amtierender erster Bürgermeister - einer verwaltungsgemeinschaftsangehörigen Gemeinde - zwei Tage vor der Wahl dem strengen Neutralitätsgebot öffentlicher Organe in der Vorwahlzeit. Auch ein Tätigwerden in amtlicher Eigenschaft liegt bei der Erstellung und Veröffentlichung des gemeindlichen Mitteilungsblattes - eines amtlichen Druckerzeugnisses - unzweifelhaft vor. Durch die Verteilung des Mitteilungsblattes an alle gemeindlichen Haushalte wurden auch gezielt die für die anstehende Kommunalwahl Wahlberechtigten angesprochen.
25
Das im Auftrag des Klägers verteilte gemeindliche Mitteilungsblatt stellt als „Leistungs-, Erfolgs- oder Arbeitsbericht“ (auch) des ersten Bürgermeisters eine in der „heißen Phase des Wahlkampfes“ unzulässige Wahlbeeinflussung dar.
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Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung anerkannt, dass Öffentlichkeitsarbeit der Regierung nicht nur zulässig, sondern auch notwendig ist, um den Grundkonsens im demokratischen Gemeinwesen lebendig zu erhalten. In den Rahmen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit fällt danach, die Politik der Regierung, ihre Maßnahmen und Vorhaben sowie künftig zu lösende Fragen darzulegen und zu erläutern. Zulässige Öffentlichkeitsarbeit findet indessen dort ihre Grenze, wo die Wahlwerbung beginnt (vgl. BVerfG, B.v. 23.2.1983 - 2 BvR 1765/82 - Rn. 53 f.).
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Hinweise dafür, dass ein Hineinwirken in den Wahlkampf bezweckt ist, können sich aus der äußeren Form und der Aufmachung von Anzeigen, Broschüren, Faltblättern und anderen Druckschriften ergeben. Tritt der informative Gehalt einer Druckschrift oder Anzeige eindeutig hinter die reklamehafte Aufmachung zurück, so kann das ein Anzeichen dafür sein, dass die Grenze zur unzulässigen Wahlwerbung überschritten ist. Entsprechendes gilt, wenn sich im Vorfeld der Wahl Druckschriften oder Anzeigen häufen, die bei unbefangener Betrachtung mehr der Steigerung des Bekanntheitsgrades und der Sympathiewerbung für Mitglieder der Bundesregierung als der Befriedigung eines von der Sache her gerechtfertigten Informationsbedürfnisses der Bürger dienen (vgl. BVerfG, U.v. 2.3.1977 - 2 BvE 1/76 - juris Rn. 74).
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Als Anzeichen für eine Grenzüberschreitung zur unzulässigen Wahlwerbung kommt weiterhin ein Anwachsen der Öffentlichkeitsarbeit in Wahlkampfnähe in Betracht, das sowohl in der größeren Zahl von Einzelmaßnahmen ohne akuten Anlass, wie in deren Ausmaß und dem gesteigerten Einsatz öffentlicher Mittel für derartige Maßnahmen zum Ausdruck kommen kann. Die Grenze, die das Grundgesetz zwischen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit und unzulässiger Wahlwerbung zieht, kann in der Vorwahlzeit nämlich auch bereits dort überschritten sein, wo regierungsamtliche Veröffentlichungen sich auf eine sachliche Information des Bürgers beschränken, sich also weder durch ihren Inhalt noch durch ihre Aufmachung als Werbemaßnahmen zugunsten eigener Machterhaltung oder für eine politische Partei zu erkennen geben. Derartige Informationen stehen nicht frei im politischen Raum; sie können nur im Rahmen des Zusammenhanges sachgerecht gewürdigt werden. Unterrichtet die Regierung im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit den Bürger über ihre Leistungen und Erfolge, so entfaltet dies regelmäßig Wirkungen auch zugunsten der die Regierung tragenden Parteien. Das ist verfassungsrechtlich zwar unbedenklich, solange die betreffende Veröffentlichung nicht in unmittelbarer zeitlicher Beziehung zu einer bevorstehenden Wahl steht, sich also voraussichtlich nur in begrenztem Umfang werbend auf das Wahlergebnis auswirken wird. Hingegen kann die Regierung ihre Pflicht, die Wahlentscheidung des Bürgers nicht zugunsten einer Partei oder im Interesse ihrer eigenen Machterhaltung zu beeinflussen, verletzen, wenn sie im nahen Vorfeld der Wahl ihrem Inhalt und ihrer Aufmachung nach nicht zu beanstandende Veröffentlichungen, insbesondere in Form von sogenannten Arbeits-, Leistungs- oder Erfolgsberichten mit beträchtlichem Aufwand und in erheblicher Menge veröffentlicht oder gegen ihre Verbreitung keine ausreichenden Vorkehrungen trifft, die ihre Verwendung zu wahlwerbenden Zwecken verwehren (vgl. BVerfG, U.v. 2.3.1977 - 2 BvE 1/76 - juris Rn. 75 f.; B.v. 23.2.1983 - 2 BvR 1765/82, Rn. 55).
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Wann diese Grenze überschritten ist, der voraussichtliche Einfluss solcher Veröffentlichungen auf die politische Meinungsbildung des Wählers also verfassungsrechtlich nicht mehr gerechtfertigt ist, lässt sich nicht allgemeingültig festlegen; dies hängt vor allem von Zahl und Umfang solcher Maßnahmen, der Nähe des Wahlzeitpunktes und der Intensität des Wahlkampfes ab. Je näher die Veröffentlichungen an den Beginn der „heißen Phase“ des Wahlkampfes heranrücken, desto weniger können ihre Auswirkungen auf das Wahlergebnis ausgeschlossen werden. Deshalb tritt hier die Aufgabe und Kompetenz der Regierung, den Bürger auch über zurückliegende politische Tatbestände, Vorgänge und Leistungen sachlich zu informieren, zunehmend hinter das Gebot zurück, die Willensbildung des Volkes vor den Wahlen nach Möglichkeit von staatlicher Einflussnahme freizuhalten. Aus der Verpflichtung der Bundesregierung, sich jeder parteiergreifenden Einwirkung auf die Wahl zu enthalten, folgt schließlich das Gebot äußerster Zurückhaltung und das Verbot jeglicher mit Haushaltsmitteln betriebenen Öffentlichkeitsarbeit in Form von sogenannten Arbeits-, Leistungs- oder Erfolgsberichten. Denn in der „heißen Phase des Wahlkampfes“ gewinnen solche Veröffentlichungen in aller Regel den Charakter parteiischer Werbemittel in der Wahlauseinandersetzung, in die einzugreifen der Regierung verfassungskräftig versagt ist. Von diesen Beschränkungen der Öffentlichkeitsarbeit unberührt bleiben dagegen auch im Vorfeld der Wahl informierende, wettbewerbsneutrale Veröffentlichungen, die aus akutem Anlass geboten sind (vgl. BVerfG, U.v. 2.3.1977 - 2 BvE 1/76 - juris Rn. 77; B.v. 23.2.1983 - 2 BvR 1765/82, Rn. 55).
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Unter Berücksichtigung dieser für die Wahl zum Bundestag entwickelten Grundsätze, die - wie ausgeführt - über Art. 28 Abs. 1 GG auch für den kommunalen Bereich Geltung beanspruchen (vgl. BayVGH in st. Rspr. z.B. U.v. 27.11.1991 - 4 B 91.601 - juris Rn. 17; HessVGH, U.v. 10.10.1991 - 6 UE 2578/90 - juris Rn. 46 m.w.N.), stellt das nur zwei Tage vor der Wahl an alle gemeindlichen Haushalte verteilte gemeindliche Mitteilungsblatt keine zulässige Öffentlichkeitsarbeit, sondern eine unzulässige Wahlbeeinflussung dar.
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Zwar drängt sich das Mitteilungsblatt seiner äußeren Form und Aufmachung nach nicht als Wahlwerbung des Klägers auf, da es bereits an einer reklamehaften Aufmachung fehlt, hinter der der informative Gehalt des Mitteilungsblattes zurücktreten könnte. Jedoch handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Mitteilungsblatt inhaltlich um einen in amtlicher Eigenschaft verfassten und mit öffentlichen Mitteln finanzierten „Erfolgs-, Leistungs- bzw. Arbeitsbericht“ der Gemeinde und damit (auch) des Klägers in seiner Funktion als erster Bürgermeister. Da die im Mitteilungsblatt enthaltenen Informationen dabei sämtlich nicht aus akutem Anlass geboten waren, stellt die Veröffentlichung nur zwei Tage vor der Wahl eine unzulässige Wahlbeeinflussung dar.
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Das streitgegenständliche gemeindliche Mitteilungsblatt enthält eine überblicksmäßige Darstellung diverser gemeindlicher Projekte, mit der ganz überwiegend über Bauprojekte in der Gemeinde und deren Fortschritt informiert wird. So wird gleichermaßen über bereits erfolgreich abgeschlossene Projekte, wie die erfolgte Bachgrabenräumung sowie die Aufstellung einer neuen Panoramaliege und die Herrichtung des Fußweges am hinteren B. …, berichtet, wie auch über derzeit in Umsetzung befindliche Projekte, namentlich über das Dorfgemeinschaftshaus (hier: Räumung, Rückbau und Baubeginn) sowie das Baugebiet S. … straße und „M. … Garten“ (hier: voraussichtlicher Abschluss der Erschließungsarbeiten zur Ermöglichung des Baubeginns). Im Übrigen werden für die (nähere) Zukunft geplante Projekte aufgezeigt: Bau des Waldkindergartens sowie Sanierung des bestehenden Kindergartens, Kauf des Molkereigebäudes, Feldwege- und Straßenbau, Erweiterung des Friedhofs, Instandsetzungsarbeiten am Feuerwehrhaus, Anschaffung eines neuen Feuerwehrautos sowie der Straßenbau an der W. … Zudem finden sich im Zusammenhang mit den Projekten überwiegend auch Ausführungen über die Finanzierung der Maßnahmen. Abschließend wird unter der Überschrift „Finanzen“ nochmals eigens darauf hingewiesen, dass es die Rücklagen in der Gemeindekasse ermöglichten, alle zuvor genannten Baumaßnahmen ohne Kreditaufnahme zu verwirklichen. Den Gemeinderäten wird in diesem Zusammenhang eine vorausschauende Finanzpolitik („Ich danke den Gemeinderäten für die gute Zusammenarbeit und für die vorausschauende Finanzpolitik“), der Gemeinde ein gewissenhafter, sparsamer Umgang mit den Steuergeldern unter Ausschöpfung aller staatlicher Zuschüsse („Das Ausschöpfen aller staatlichen Zuschüsse und der gewissenhafte, sparsame Umgang mit Ihren Steuergeldern wird von der Gemeinde gewährleistet“) zugeschrieben. Diese Aussagen sind in der Zusammenschau mit der Vielzahl der aufgeführten Projekte, den Hinweisen auf die Finanzierung aus Haushaltsrücklagen, den individuellen Danksagungen für freiwillige Arbeitsleistungen, der Betonung einer Auftragsvergabe an einheimische Firmen sowie der Förderung junger Familien über das Einheimischenmodell geeignet, die Arbeit der Gemeinde positiv hervorzuheben. In der „heißen Phase des Wahlkampfes“ gewinnt eine solche Veröffentlichung in Form eines „Leistungs-, Erfolgs- oder Arbeitsberichts“ den Charakter eines parteiischen Werbemittels in der Wahlauseinandersetzung zugunsten derjenigen, die die Durchführung der dargestellten Gemeindeprojekte ermöglichen und für diese verantwortlich zeichnen. Dies sind ausweislich der Danksagung am Ende des Mitteilungsblattes zunächst die Mitglieder des Gemeinderats, ganz vorrangig aber auch der amtierende Bürgermeister selbst, der als Unterzeichner und Herausgeber des Mitteilungsblattes auftritt, welches aus der „Ich-Perspektive“ (vgl. Formulierungen „danke ich“, „mein besonderer Dank gilt“, „sage ich ein herzliches Dankeschön“, „Ihr Bürgermeister“) formuliert ist, und als solcher eine besonders hervorgehobene Stellung in der Wahrnehmung der Lesenden einnimmt.
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Die Veröffentlichung erfolgte vorliegend auch in der „heißen Phase des Wahlkampfes“. Ungeachtet dessen, ab welchem konkreten Zeitpunkt in der Vorwahlzeit diese und damit das Gebot äußerster Zurückhaltung und das Verbot jeglicher mit Haushaltsmitteln betriebenen Öffentlichkeitsarbeit in Form von sogenannten Arbeits-, Leistungs- oder Erfolgsberichten beginnt, fällt jedenfalls eine Veröffentlichung nur zwei Tage - und damit unmittelbar - vor dem Wahltermin unzweifelhaft in diese „heiße Phase“ (vgl. auch HessVGH, U.v. 10.10.1991 - 6 UE 2578/90 - juris Rn. 49; VG Meiningen, U.v. 24.10.2006 - 2 K 444/06 - juris Rn. 47).
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Sämtliche im Mitteilungsblatt enthaltenen Informationen waren dabei auch nicht aus akutem Anlass geboten, sodass sich die Veröffentlichung in der Gesamtschau eine in der „heißen Phase“ des Wahlkampfes unzulässige Wahlbeeinflussung darstellt. Aus den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien des akuten Anlasses und der Gebotenheit ergibt sich, dass nicht bereits jeder aktuelle Anlass für die Veröffentlichung eines Leistungs-, Erfolgs- oder Arbeitsberichts in der Vorwahlzeit genügen kann. Im Hinblick darauf, dass die Aufgabe der allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit mit näher rückendem Wahltermin hinter das Gebot zurücktritt, die Willensbildung der Wähler von staatlicher Einflussnahme bestmöglich freizuhalten, bleibt in der „heißen Phase des Wahlkampfes“ allgemeine Öffentlichkeitsarbeit in Form von Leistungs-, Erfolgs- und Arbeitsberichten nur in solchen Fällen möglich, in denen dies aus akutem Anlass geboten ist, die Information des Bürgers also mit einem akuten Informationsbedürfnis von einigem Gewicht korreliert. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Information des Bürgers ausnahmsweise so dringlich und gewichtig sein muss, dass ein Zuwarten bis nach der Wahl vernünftigerweise nicht in Betracht zu ziehen ist und selbst eine Einflussnahme auf den Wählerwillen wegen übergeordneter Interessen in Kauf genommen werden muss. Ein solcher dringender und gewichtiger Anlass dürfte sich etwa im Hinblick auf das ebenfalls vom Kläger im März 2020 veröffentlichte gemeindliche „Corona Sonderblatt“ betreffend die Einrichtung eines Lieferservices für ältere Menschen durch den ersten Bürgermeister angesichts des akuten Pandemiegeschehens ohne weiteres erschließen. Hinsichtlich der im streitgegenständlichen Mitteilungsblatt enthaltenen Informationen allgemeiner Art fehlt es jedoch sämtlich an einem eine Wahlbeeinflussung rechtfertigenden akuten Anlass. Einzig, soweit in Bezug auf das Dorfgemeinschaftshaus mitgeteilt wird, dass das alte Gemeindehaus nur noch bis zum 28. März 2020 genutzt werden könne und anschließend bis zum 15. April 2020 durch die Vereine in Eigenleistung geräumt werde, könnte aufgrund der zeitlichen Nähe eine gewisse Dringlichkeit der Mitteilung gegeben sein. Gleichwohl fehlt es aber auch diesbezüglich an der Gebotenheit der Mitteilung nur zwei Tage vor der Wahl in Gestalt eines an alle Haushalte verteilten - inhaltlich sehr weit darüber hinausgehenden - Mitteilungsblattes. Zum einen hätte diese Information - losgelöst von den übrigen Mitteilungen - etwa per Anschlag am alten Gemeindehaus den betroffenen Kreisen oder durch Mitteilung an die betroffenen Vereine in ausreichender Weise bekannt gemacht werden können, ggf. auch durch Verteilung eines solchen Hinweises an einen größeren Empfängerkreis. Zum anderen hätte insoweit auch noch eine Veröffentlichung am Tag nach der Wahl ausgereicht, wenn zuvor ein Zuwarten bis zum 13. März 2020 ohne weiteres möglich gewesen ist. Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Gebotenheit der äußersten Zurückhaltung öffentlicher Organe in der Vorwahlzeit lässt sich der Veröffentlichungszeitpunkt zwei Tage vor der Wahl insbesondere auch nicht aufgrund einer ohnehin stattfindenden Austragerunde von Jugendlichen oder durch einen - vorliegend überdies nicht erkennbaren - regelmäßigen Veröffentlichungsturnus rechtfertigen. Selbst wenn eine Veröffentlichung im März angestanden hätte, wäre eine Veröffentlichung erst nach der Wahl mangels akuten Anlasses bedenkenlos möglich gewesen.
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Demnach liegt in der Veröffentlichung und Verteilung des streitgegenständlichen Mitteilungsblattes nur zwei Tage vor der eine unzulässige Wahlbeeinflussung vor. Dies gilt unabhängig von der Frage der Richtigkeit der dort getroffenen Aussagen. Soweit der Wahrheitsgehalt einzelner Angaben im Mitteilungsblatt, insbesondere im Zusammenhang mit der Finanzthematik, durch die Beigeladenen und auch beklagtenseits angezweifelt wurde, kam es hierauf vorliegend daher nicht mehr streitentscheidend an.
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Durch die sich aus der streitgegenständlichen Veröffentlichung ergebende unzulässige Wahlbeeinflussung konnte auch das Wahlergebnis i.S.d. Art. 50 Abs. 3 GLKrWG verdunkelt werden.
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Bei der Prüfung, ob ein festgestellter Verstoß gegen Wahlvorschriften zur Verdunkelung des Wahlergebnisses führt, dürfen keine Wahrscheinlichkeitserwägungen angestellt werden. Es kommt nur darauf an, ob die Möglichkeit bestand, dass ein anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre, wenn die Wahlbestimmungen eingehalten worden wären. Bei einer unzulässigen Wahlbeeinflussung muss das grundsätzlich angenommen werden. Es kann daher nicht darauf ankommen, wie sich die Wahlberechtigten nachträglich zu der Frage äußern, wie sie gestimmt hätten, wäre die unzulässige Wahlbeeinflussung unterblieben. (vgl. BayVGH in st. Rspr., z.B. U.v. 27.11.1991 - 4 B 91.601 - juris Rn. 29; vgl. auch BayVerfGH, E.v. 11.3.1994 - Vf. 22-VI-92 - juris Rn. 36). Unbeachtlich sind demnach Vermutungen, die festgestellten Wahlrechtsverstöße ließen auf weitere schließen, wie umgekehrt die Überlegung, dass die unter Beeinflussung oder unter Bruch des Wahlgeheimnisses abgegebenen Stimmen bei einwandfreiem Wahlvorgang mit dem gleichen Votum abgegeben worden wären. Ausschlaggebend ist, ob die festgestellten Wahlrechtsverstöße ohne solche Wahrscheinlichkeitsberechnungen so viele Stimmen erfassen, dass der gewählte Bewerber, wären diese Stimmen nicht auf ihn, sondern gegebenenfalls auf seinen Mitbewerber entfallen, nicht gewählt gewesen wäre (vgl. BayVGH, U.v. 21.10.2003 - 4 BV 03.671 - juris Rn. 47).
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Nach diesen Grundsätzen begründet der festgestellte Wahlrechtsverstoß die nach der Lebenserfahrung nicht ganz fernliegende Möglichkeit der Verfälschung des Wählerwillens; das heißt, die Wahlbeeinflussung ruft Zweifel an der Richtigkeit des festgestellten Wahlergebnisses hervor, die nicht zu beheben sind. Angesichts der Tatsache, dass das streitgegenständliche Mitteilungsblatt an sämtliche Haushalte verteilt worden ist und damit nahezu alle Wahlberechtigten potentiell erreicht worden sind - noch dazu lediglich zwei Tage vor der Wahl und damit den Wahlberechtigten am Wahltag noch frisch in Erinnerung - sind Auswirkungen auf das Wahlergebnis vorliegend nicht auszuschließen. Dies gilt insbesondere angesichts des konkreten Stimmenvorsprungs von 150 Stimmen, wonach bereits dann, wenn von den abgegebenen 1.007 gültigen Stimmen 76 Stimmen nicht auf den Kläger, sondern auf den Beigeladenen zu 1) entfallen wären, letzterer gewählt gewesen wäre. Insbesondere ist auch nicht auszuschließen, dass das streitgegenständliche Mitteilungsblatt auch noch auf solche Briefwähler Einfluss nehmen konnte, die ihre Stimme erst am Tag vor der Wahl oder am Wahltag selbst im Wege der Briefwahl abgegeben haben. Selbst wenn man jedoch zugrunde legen würde, dass sämtliche 547 im Wege der Briefwahl abgegebenen Stimmen bereits vor der Verteilung des Mitteilungsblattes abgegeben waren und von dem vorliegenden Wahlrechtsverstoß mithin nicht betroffen gewesen wären, wären noch immer mindestens 433 Abstimmende potentiell in ihrer Stimmrechtsausübung beeinflusst worden, sodass selbst in diesem Fall noch ausreichend viele Stimmen von der Wahlrechtsverletzung betroffen wären, dass konkret die Möglichkeit bestünde, dass ohne die festgestellte Wahlrechtsverletzung nicht der Kläger sondern der Beigeladene zu 1) gewählt worden wäre.
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Daher war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, da sie keinen Antrag gestellt haben und sich damit nach § 154 Abs. 3 VwGO keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.