Titel:
Erfolglose Klage gegen Kostenbescheid nach Durchführung der Feuerstättenschau und Kehrarbeiten
Normenketten:
BayKG Art. 1, Art. 2, Art. 6, Art. 16
SchfHwG § 1 Abs. 4 S. 1
BayVwZVG Art. 36 Abs. 2
Leitsätze:
1. Kostenschuldner für Amtshandlungen ist derjenige, der die Amtshandlung veranlasst hat. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Erlass einer Duldungsanordnung zur Feuerstättenschau stellt dem Grunde nach eine gebundene behördliche Entscheidung dar. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gerichtsbescheid, Schornsteinfegerwesen, Mieter eines Anwesens, Kostenfestsetzung für Duldungsanordnung, Duldung des Betretens des Grundstücks durch Bezirksschornsteinfeger, Androhung unmittelbaren Zwangs, Kostenschuldner, Amtshandlung, Kosten, Duldungsanordnung, Feuerstättenschau, Kehrarbeiten, Schornsteinfeger, Kostenbescheid, unmittelbarer Zwang
Fundstelle:
BeckRS 2021, 27724
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die festgesetzten Kosten für die mit der Androhung unmittelbare Zwangs verbundene Anordnung der Duldung des Zutritts zu seinem gemieteten Anwesen zwecks Durchführung der Feuerstättenschau und von Kehrarbeiten.
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1. Der Kläger bewohnt ein von ihm angemietetes Haus in S. Eigentümer des Hauses ist Herr K.
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Mit Feuerstättenbescheid des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers vom 13. Mai 2019 wurde dem Eigentümer die Veranlassung der jährlichen Durchführung von Kehrarbeiten an der „Abgasanlage Einzelfeuerstelle fester Brennstoff“ zwischen 15. Februar und 15. März (Termin 1), 1. Juli und 31. Juli (Termin 2) und 1. Dezember und 31. Dezember (Termin 3) aufgegeben.
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Mit E-Mail und Schreiben des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers an das Landratsamt Kitzingen jeweils vom 12. Mai 2020 teilt er mit, es sei ihm bis jetzt noch nicht gelungen, die anfallenden Kehrarbeiten im streitgegenständlichen Anwesen durchzuführen. Der Kläger habe am Anfang immer wieder Termine abgesagt und dann habe er wegen Corona niemanden mehr ins Haus gelassen. Der Eigentümer habe trotz Erinnerungsschreiben die vorgeschriebenen Schornsteinfegerarbeiten nicht form- und fristgerecht nachgewiesen.
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Mit Zweitbescheid vom 23. Juni 2020 ordnete das Landratsamt Kitzingen gegenüber dem Eigentümer die erforderlichen Kehrarbeiten an.
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Mit Schreiben vom 10. Juli 2020 bat das Landratsamt Kitzingen den Kläger um eine Terminvereinbarung mit dem Bezirksschornsteinfeger bis 23. Juli 2020 und hörte ihn zum Erlass eines Duldungsbescheids zur Durchführung der Arbeiten an. Mit Schreiben vom 22. September 2020 wurde der Kläger um eine Terminvereinbarung mit dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger bis 25. September 2020 gebeten. Andernfalls werde ein kostenpflichtiger Duldungsbescheid erlassen.
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Mit Duldungsverfügung des Landratsamts Kitzingen vom 6. November 2020, dem Kläger zugestellt am 11. November 2020, wurde der Kläger als Mieter des Anwesens … Straße … in … S. verpflichtet, dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger Herrn S.R. am 16. November 2020 um 10:00 Uhr Zutritt zu den erforderlichen Räumen zu gestatten, damit die Feuerstättenschau gem. § 14 Abs. 1 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (SchfHwG) und die im Feuerstättenbescheid vom 13. Mai 2019 genannten Kehrarbeiten durchgeführt werden können (Nr. 1). Sollte der Kläger dieser Verpflichtung nicht nachkommen, werde der unmittelbare Zwang angewendet. Das Landratsamt werde sich Zugang zu den Räumen - bei Abwesenheit auch mit einem Schlüsseldienst - verschaffen, damit der Kläger die Feuerstättenschau und die Kehrarbeiten durchführen könne (Nr. 2). Nr. 1 der Verfügung wurde für sofort vollziehbar erklärt. Nr. 2 ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar (Nr. 3). Die Kosten der Duldungsanordnung wurden dem Kläger auferlegt. Gegebenenfalls anfallende Auslagen für den Schlüsseldienst würden ebenfalls in Rechnung gestellt. Für den Bescheid wurde eine Gebühr in Höhe von 50,00 EUR festgesetzt. Für die Postzustellungsurkunde wurden erstattungsfähige Auslagen in Höhe von 4,00 EUR festgelegt (Nr. 4). Zur Begründung des Bescheids wurde im Wesentlichen ausgeführt: Nr. 1 des Bescheids finde seine Rechtsgrundlage in § 1 Abs. 3 SchfHwG. Der Kläger sei verpflichtet, dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für die Durchführung der Feuerstättenschau den Zutritt zu gewähren. Werde der Zutritt nicht gestattet, werde gemäß § 1 Abs. 4 eine Duldungsverfügung erlassen. Die Rechtsgrundlage für die freien Kehrarbeiten sei in § 25 Abs. 1 und 2 SchfHwG zu finden. Die Anordnung sei in Nr. 2 mit der Androhung des unmittelbaren Zwangs zu verbinden gewesen, um die Durchführung der Arbeiten sicherstellen zu können. Die Feuerstättenschau sei eine Begutachtung aller Feuerungsanlagen in einem Gebäude. Die letzte sei am 8. März 2015 durchgeführt worden. Gemäß § 14 Abs. 1 SchfHwG sei die Feuerstättenschau innerhalb von sieben Jahren zwei Mal durchzuführen, sei also längst überfällig. Die zwangsweise Durchführung der Feuerstättenschau sei geeignet, etwaige drohende Gefahren zu beseitigen. Die Kehrarbeiten an der Abgasanlage, Einzelfeuerstelle, fester Brennstoff, hätten bereits bis zum 15. März 2020 erledigt sein müssen. Mittlerweile komme auch der Termin 2 (1. Juli - 31. Juli 2020) hinzu und sei überfällig. Ein Zwangsgeld sei unzweckmäßig, weil es nicht zum beabsichtigten Erfolg - Durchführung der Feuerstättenschau und der Kehrarbeiten - führen würde. Für die Androhung des unmittelbaren Zwangs gelte die sofortige Vollziehbarkeit kraft Gesetzes. Die Kostenentscheidung beruhe auf Art. 1 Abs. 1 und 2 des Kostengesetzes (KG) i.V.m. lfd. Nr. 2.IV.8/10 des Kostenverzeichnisses (KVz) sowie lfd. Nr. 1.I.8/1 des KVz. Die Auslagen für die Postzustellungsurkunde in Höhe von 4,00 EUR würden gemäß Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG verlangt.
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2. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2020, bei Gericht eingegangen am 11. Dezember 2020, erhob der Kläger Klage gegen die Duldungsverfügung zum Preis von 54,00 EUR.
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Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2021 teilte der Kläger mit, dass er keinen Anlass gegeben habe für eine Ersatzvornahme des Kaminkehrers. Deswegen sei auch kein Grund vorhanden, dass er eine Ordnungsstrafe zu zahlen habe.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 14. Juli 2021 brachte der Kläger vor, er habe sich korrekt verhalten, weshalb er keine Ordnungsstrafe zahle. Ordnungswidrig verhalten hätten sich die Polizeibeamte, die Vertreterin des Landratsamtes und der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen Corona-Auflagen. Erschwerend komme noch hinzu, dass sie gewaltsam eingedrungen seien, ohne sich vorher bemerkbar zu machen. Hätte er das mitbekommen, hätte er sie natürlich reingelassen, dann wären nur zwei Personen im Hof gewesen.
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Das Landratsamt Kitzingen beantragte für den Beklagten zuletzt:
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Die Klage wird abgewiesen.
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Zur Begründung der Klageerwiderung wird im Schriftsatz vom 13. Januar „2020“ im Wesentlichen ausgeführt: Die Möglichkeit, den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger freiwillig in das Wohnhaus zu lassen, sei vom Kläger abgelehnt worden. Der Kläger sei als Besitzer des Grundstücks verpflichtet, dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für die Durchführung der Ersatzvornahme Zutritt zu dem Grundstück und den Räumen zu gestatten (§ 1 Abs. 3 Satz 1 SchfHwG). Darüber hinaus sei er verpflichtet, dem mit Schornsteinfegerarbeiten Beauftragten für die Durchführung der in § 2 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG gesetzlich vorgeschriebenen Arbeiten Zutritt zu dem Grundstück und den Räumen zu gestatten (§ 1 Abs. 3 Satz 2 SchfHwG). Weil der Kläger den Zutritt nicht gestattet habe, habe das Landratsamt eine Duldungsverfügung nach § 1 Abs. 4 SchfHwG erlassen. Die Kosten der Duldungsanordnung seien vom Verursacher zu tragen (Art. 2 KG). Die festgesetzten 50,00 EUR würden sich im mittleren Bereich bewegen. Die Auslagen für die Postzustellungsurkunde hätten zum Zeitpunkt des Bescheid-Erlasses - unter Beachtung der verringerten Mehrwertsteuer - 4,00 EUR betragen.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 29. Juli 2021 brachte das Landratsamt Kitzingen für den Beklagten vor: Am 16. November 2020 sei die Achte Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (8. BayIfSMV) vom 30. Oktober 2020 gültig gewesen. Die Kontaktbeschränkung in deren § 3 Abs. 1 habe geregelt, dass der gemeinsame Aufenthalt im öffentlichen Raum, in privat genutzten Räumen und auf privat genutzten Grundstücken nur gestattet war mit den Angehörigen des eigenen Hausstands sowie zusätzlich den Angehörigen eines weiteren Hausstands, solange dabei eine Gesamtzahl von insgesamt höchstens zehn Personen nicht überschritten worden sei. Nach § 3 Abs. 2 der 8. BayIfSMV habe Abs. 1 nicht für „berufliche und dienstliche Tätigkeiten …,“ bei denen ein Zusammenwirken mehrerer Personen zwingend erforderlich gewesen sei, gegolten. Bei jeder Ersatzvornahme nach § 26 Abs. 1 SchfHwG sei ein Verantwortlicher des Landratsamtes mit den Unterlagen/Bescheiden vor Ort, um dem Verpflichteten auf Verlangen nochmals die Rechtslage erläutern zu können. Die Polizei leiste bei Ersatzvornahmen Amtshilfe in Form von Personenschutz, wenn dies für die Sicherheit des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers angezeigt erscheine. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn der Zutritt gegen den Willen des Wohnungsinhabers erfolgen müsse. Der Kläger habe seitens des Landratsamtes vor Erlass der Duldungsanordnung zweimal die Gelegenheit erhalten, mit dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger einen Termin für die Durchführung der Arbeiten zu vereinbaren. Von dieser Möglichkeit habe er keinen Gebrauch gemacht, was den Schluss zugelassen habe, dass er den Bezirksschornsteinfeger nicht ins Haus habe lassen wollen. Daher sei das Zusammenwirken der an der Ersatzvornahme beteiligten Personen zwingend erforderlich. Bei der Durchführung der Ersatzvornahme habe ausschließlich der Bezirksschornsteinfeger das Gebäude betreten; die Polizei und die Mitarbeiterin des Landratsamtes hätten im Hof gewartet. Der später eintreffende Schlüsseldienst habe weder Hof noch Gebäude betreten. Auf das mehrmalige Klopfen und Rufen hin sei keine Reaktion des Klägers erfolgt. Folglich sei davon auszugehen gewesen, dass sich niemand im Haus befunden habe und ein Schlüsseldienst anzufordern gewesen sei.
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3. Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 28. Mai 2021 und 3. August 2021 zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Das Landratsamt Kitzingen hat sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schreiben vom 2. Juni 2021 und Schriftsatz vom 29. Juli 2021).
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage, über die nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 84 Abs. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden werden konnte, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, ist zulässig, aber unbegründet.
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Nach verständiger Würdigung des Vorbringens des Klägers (§ 88 VwGO) ist seine „Klage gegen die Duldungsverfügung zum Preis von 54 EUR“ als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Hs. 1 VwGO) auszulegen, mit der er die Aufhebung der Kostenentscheidung in Nr. 4 der Duldungsverfügung des Landratsamtes Kitzingen vom 6. November 2020 begehrt. Nach Art. 12 Abs. 3 KG ist die Kostenentscheidung grundsätzlich einer isolierten Anfechtung zugänglich und kann damit isoliert Gegenstand einer Klage sein.
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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Die Kostenfestsetzung in Nr. 4 des Bescheids des Landratsamtes Kitzingen vom 6. November 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Das Vorbringen des Klägers im Klageverfahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
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Die mit Bescheid vom 6. November 2020 in Nr. 4 erhobenen Kosten beruhen auf Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KG und, soweit es die Höhe der festgesetzten Gebühr betrifft, auf Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG i.V.m. Tarif-Nr. Lfd. Nr. 2.IV.8/10 und Tarif-Nr. Lfd.Nr. 1.I.8/1 des Kostenverzeichnisses und Art. 10 Abs. 1 KG.
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Gemäß Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KG erheben die Behörden des Freistaats Bayern für Tätigkeiten, die sie in Ausübung hoheitlicher Gewalt vornehmen (Amtshandlungen), Kosten (Gebühren und Auslagen). Zu deren Zahlung ist als Kostenschuldner derjenige verpflichtet, der die Amtshandlung veranlasst hat, hier also der Kläger. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG bemisst sich die Höhe der Gebühren grundsätzlich nach dem Kostenverzeichnis. Nach Tarif-Nr. Lfd. Nr. 2.IV.8/10 des Kostenverzeichnisses ergibt sich für den Erlass einer Duldungsverfügung nach § 1 Abs. 4 SchfHwG ein Gebührenrahmen von 30,00 EUR bis 80,00 EUR. Ist wie hier mit dem Erlass der Duldungsverfügung die Androhung eines Zwangsmittels nach Art. 36 VwZVG verbunden, erhöht sich die Gebühr um die Gebühr nach Tarif-Nr. Lfd. Nr. 1.I.8/1 des Kostenverzeichnisses, die einen Gebührenrahmen von 12,50 EUR bis 150,00 EUR vorsieht. Damit ergibt sich insgesamt ein Gebührenrahmen von 42,50 EUR bis 230,00 EUR.
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Die streitgegenständliche Gebühr in Höhe von 50,00 EUR liegt im unteren Bereich der Rahmengebühr. Die festgesetzte Gebühr ist nicht überhöht, sondern der Sachlage angemessen und ist auch gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG im Hinblick auf den mit der Amtshandlung verbundenen Verwaltungsaufwand und die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten nicht zu beanstanden. Die Erhebung der Auslage in Höhe von 4,00 EUR beruht auf Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG.
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Ein Ermessensfehler ist im streitgegenständlichen Fall nicht erkennbar; die Gebührenfestsetzung hält einer gerichtlichen Überprüfung stand. Bei der Festsetzung der konkreten Gebühr wurden die gesetzlichen Grenzen des Ermessens (vgl. Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO) eingehalten.
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Im Übrigen sind die Duldungsanordnung und die Androhung unmittelbaren Zwangs in Nr. 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids als Grundlage für die Kostenfestsetzung in rechtmäßiger Weise erfolgt (vgl. Art. 16 Abs. 5 KG). Unabhängig davon, dass sich die streitgegenständliche Klage nur gegen die Kostenfestsetzung richtet und die Duldungsanordnung und die Androhung unmittelbaren Zwangs somit nachfolgend bestandskräftig geworden sind, sind Anhaltspunkte für eine unrichtige Sachbehandlung nicht ersichtlich. Die Duldungsanordnung und die Androhung unmittelbaren Zwangs unter Nr. 1 bzw. Nr. 2 der Duldungsverfügung des Landratsamtes Kitzingen vom 6. November 2020 begegnen keinen rechtlichen Bedenken.
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Der Kläger wurde mit Schreiben des Landratsamts Kitzingen vom 10. Juli 2020 hinsichtlich der im Feuerstättenbescheid vom 13. Mai 2019 genannten Kehrarbeiten zum Erlass einer kostenpflichtigen Anordnung und - wenn erforderlich - deren zwangsweiser Durchsetzung angehört. Eine Anhörung zur Durchführung der Feuerstättenschau ist in dem Schreiben vom 10. Juli 2020 nicht erfolgt. Dem Kläger wurde mit Schreiben des Landratsamts Kitzingen vom 22. September 2020 (Bl. 23 der Behördenakte) jedoch im Zusammenhang mit der Mitteilung der Kosten für die Kehrarbeiten und auch für die Feuerstättenschau eine Frist zur Vereinbarung eines Termins gesetzt und mitgeteilt, dass ein kostenpflichtiger Duldungsbescheid erlassen wird, falls kein Termin zustande kommt. Etwaige Anhörungsmängel wurden jedenfalls nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG geheilt.
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Rechtsgrundlage für den Erlass der Duldungsverfügung in Nr. 1 des Bescheids des Landratsamtes Kitzingen vom 6. November 2020 ist § 1 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 SchfHwG (vgl. OVG NRW, B.v. 20.4.2020 - 4 A 3726/18 - juris). Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 SchfHwG ist jeder Eigentümer oder Besitzer eines Grundstücks oder eines Raums verpflichtet, dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger und sonstigen Beauftragten der zuständigen Behörden für die Durchführung der in den §§ 14, 15 und 26 SchfHwG bezeichneten Tätigkeiten sowie von Tätigkeiten, die durch Landesrecht vorgesehen sind, Zutritt zu den Grundstücken und Räumen zu gestatten. Aus § 14 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SchfHwG i.V.m. § 10 Abs. 1 SchfHwG ergibt sich, dass die Feuerstättenschau innerhalb von sieben Jahren zweimal durchzuführen ist, wobei sie spätestens fünf Jahre nach der letzten Feuerstättenschau durchgeführt werden soll. Die letzte Feuerstättenschau war vorliegend am 8. März 2020, so dass zum Zeitpunkt des Erlasses der Duldungsverfügung schon mehr als fünf Jahre vergangen waren. Mit Zweitbescheid vom 23. Juni 2020 wurde der Eigentümer des streitgegenständlichen Anwesens zudem zur Durchführung von Kehrarbeiten an der Abgasanlage, Einzelfeuerstelle, fester Brennstoff verpflichtet. Nach § 26 Abs. 1 SchfHwG hat die zuständige Behörde den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger unverzüglich mit der Vornahme der Handlungen im Wege der Ersatzvornahme zu beauftragen, wenn - wie hier - die Verpflichtung, die in dem Zweitbescheid nach § 25 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG festgesetzten Schornsteinfegerarbeiten durchführen zu lassen, nicht oder nicht fristgemäß erfüllt wird.
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Nach § 1 Abs. 4 Satz 1 SchfHwG erlässt die zuständige Behörde unverzüglich eine Duldungsverfügung, sofern ein Eigentümer oder Besitzer eines Grundstücks oder eines Raums den Zutritt zu dem Grundstück oder dem Gebäude entgegen Absatz 3 (Nr. 1) oder die Durchführung einer Tätigkeit, die auf Grund einer der in Absatz 3 bezeichneten Vorschriften durchzuführen ist (Nr. 2), nicht gestattet. Diese Voraussetzungen für den Erlass einer Duldungsverfügung sind vorliegend erfüllt. Nach dem unbestrittenen Vorbringen des Landratsamts Kitzingen gestattete der Kläger dem Bezirksschornsteinfeger keinen Zutritt zu dem von ihm gemieteten Anwesen, um die anfallenden Schornsteinfegerarbeiten durchführen zu können. Nachdem es trotz Aufforderung zu keiner Terminvereinbarung gekommen ist, konnte das Landratsamt Kitzingen den Kläger verpflichten, dem zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger, den Zutritt zu den erforderlichen Räumen in dem streitgegenständlichen Anwesen zu gestatten. Der Erlass der Duldungsanordnung stellt nach § 1 Abs. 4 SchfHwG bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen dem Grunde nach eine gebundene behördliche Entscheidung dar. Die Frage der Rechtmäßigkeit des bestandskräftigen Zweitbescheids vom 23. Juni 2020 stellt sich insoweit nicht. Die Duldungsverfügung wurde auch unverzüglich i.S.v. § 1 Abs. 4 Satz 1 SchfHwG, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (Seidel/Fischer/Kreiser, Schornsteinfeger-Handwerksrecht, 2. Auflage 2019, § 1 Rn. 108), erlassen.
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Die Duldungsverfügung in Nr. 1 des Bescheids vom 6. November 2020 ist auch verhältnismäßig. Insbesondere bestehen hinsichtlich des im Bescheid für die Durchführung der anstehenden Kehr- und Überprüfungsarbeiten konkret verfügten Termins (16. November 2020) keine Bedenken, denn die erforderlichen Kehrarbeiten waren bereits spätestens zum 15. März 2020 vorzunehmen und die letzte Feuerstättenschau lag bereits mehr als fünf Jahre zurück. Zudem liegt die Durchsetzung des vorbeugenden Brand- und Gesundheitsschutzes im besonderen öffentlichen Interesse und duldet - wenn überhaupt - nur wenig Aufschub; dagegen müssen die Interessen des Klägers zurücktreten.
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Schließlich erweist sich auch die Androhung unmittelbaren Zwangs in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids zur Durchsetzung des Betretungsrechts als rechtmäßig. Sie soll nach Art. 36 Abs. 2 Satz 2 VwZVG mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Duldung aufgegeben wird, wenn wie hier den Rechtsbehelfen keine aufschiebende Wirkung zukommt. Die allgemeinen (Art. 18 ff. VwZVG) und besonderen (Art. 29 ff. VwZVG) Vollstreckungsvoraussetzungen lagen im Zeitpunkt des Bescheiderlasses vor. Nachdem der zugrundeliegende Zweitbescheid bereits bestandskräftig ist und die streitgegenständliche Duldungsverfügung kraft Gesetzes sofort vollziehbar, ist der Grundverwaltungsakt (Duldung/Gestattung des Zutritts zur Durchführung der erforderlichen Kaminkehrerarbeiten) gemäß Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG vollstreckbar. Der unmittelbare Zwang ist gemäß Art. 29 Abs. 2 Nr. 4 und Art. 34 VwZVG ein taugliches Mittel zur Durchsetzung einer Duldungspflicht. Das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs steht vorliegend insbesondere in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck und es kommen keine sonst zulässigen, milderen Zwangsmittel in Betracht, Art. 34 VwZVG. Angesichts der bereits in der Vergangenheit gezeigten hartnäckigen Weigerung des Klägers, die anstehenden Kehr- und Überprüfungsarbeiten durchführen zu lassen, verspricht die Androhung von Zwangsgeld keinen rechtzeitigen Erfolg. Die Durchführung der anstehenden Kehrarbeiten und der Feuerstättenschau ist dringend geboten und angesichts des bestehenden öffentlichen Interesses an der Brand- und Betriebssicherheit sowie dem Umweltschutz auch verhältnismäßig.
32
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die corona-bedingten Kontaktbeschränkungen (vgl. VG Hannover, U.v. 9.11.2020 - 13 A 4340/20 - juris Rn. 28). Die Ausübung des Schornsteinfeger-Handwerks war zum Zeitpunkt des Erlasses der Duldungsverfügung vom 6. November 2020 und des geplanten Termins zur Durchführung der Kehrarbeiten und der Feuerstättenschau am 16. November 2020 durch die 8. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (8. BayIfSMV - Achte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 30. Oktober 2020) nicht verboten. Bei einer weiteren Verzögerung der erforderlichen Arbeiten hätten erhebliche Gefahren der Brand- und Betriebssicherheit der Anlagen und nachteiliger Auswirkungen auf Klima und Umwelt bestanden.
33
Insbesondere waren die Duldungsverfügung und die Androhung unmittelbaren Zwangs nicht auf die Duldung bzw. Vornahme einer Tätigkeit gerichtet, die ggf gegen die Kontaktbeschränkung nach in § 3 Abs. 1 der 8. BayIfSMV verstößt. Vielmehr sah § 3 Abs. 3 der 8. BayIfSMV eine Ausnahme für berufliche und dienstliche Tätigkeiten vor, bei denen ein Zusammenwirken mehrerer Personen zwingend erforderlich ist, wie es bei der Ersatzvornahme gegebenenfalls unter Anwendung unmittelbaren Zwangs der Fall ist.
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Im Übrigen ist die konkrete Durchführung der Ersatzvornahme am 16. November 2020 für das vorliegende Verfahren, welches die Kostenfestsetzung in Nr. 4 des Bescheids des Landratsamts Kitzingen vom 6. November 2020 für den Erlass der Duldungsanordnung zum Gegenstand hat, nicht entscheidungserheblich. Dies gilt auch für das weitere klägerische Vorbringen in Bezug auf die Ausführung der Ersatzvornahme.
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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3. Die Kostenentscheidung des gerichtlichen Verfahrens beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 84 Abs. 1 Satz 3 VwGO i.V.m. § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.