Titel:
Unbegründeter Anspruch auf teilweisen Erlass einer Grundsteuerschuld
Normenketten:
GrStG § 33 Abs. 1 S. 1, S. 2
FGO § 76 Abs. 1 S. 2, S. 3
Leitsätze:
1. Ein Grundstückseigentümer, der in den Genuss der Vergünstigung nach § 33 GrStG gelangen will, ist grundsätzlich gehalten, einen Makler mit der Vermarktung zu beauftragen oder sich herkömmlicher Medien zu bedienen, das Objekt am Markt anzubieten. Die Feststellung, dass fehlende Vermietungsbemühungen keine Auswirkungen auf die Ertragsminderung gehabt haben, ist nur möglich, wenn der Grundeigentümer bzw. die von ihm beauftragten Personen versucht haben, den Kreis möglicher Interessenten möglichst umfassend zu erreichen. Maßgeblich für die Bewertung sind dabei die Umstände des jeweiligen Einzelfalles. Im Einzelnen können etwa der Objektcharakter, das jeweilige Marktsegment sowie die Marktsituation vor Ort berücksichtigt werden. (Rn. 23 – 27) (red. LS Andy Schmidt)
2. Auf eine beantragte Beweiserhebung kann ein Gericht im Regelfall verzichten, wenn es auf das Beweismittel für die Entscheidung nicht ankommt oder das Gericht die Richtigkeit der durch das Beweismittel zu beweisenden Tatsachen zugunsten der betreffenden Partei unterstellt oder das Beweismittel nicht erreichbar oder völlig ungeeignet ist, den Beweis zu erbringen. Auch ist ein Gericht nicht verpflichtet, unsubstantiierten Beweisanträgen nachzugehen. In welchem Maße eine solche Substantiierung zu fordern ist, hängt von der im Einzelfall bestehenden Mitwirkungspflicht der Beteiligten ab. Dabei stehen der zumutbare Inhalt und die Intensität der richterlichen Ermittlungen notwendigerweise im Zusammenhang mit dem Vorbringen der Beteiligten, die nach § 76 Abs. 1 S. 2 und 3 FGO eine Pflicht zur Förderung des finanzgerichtlichen Verfahrens haben. (Rn. 36 – 39) (red. LS Andy Schmidt)
Schlagworte:
Grundsteuererlass, Leerstand, Nachweis von Vermietungsbemühungen, Beweisausforschungsantrag, Grundsteuer, Erlass, Grundstückseigentümer, Vergünstigung, Vermietungsbemühungen
Fundstelle:
BeckRS 2021, 26825
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt für das Jahr 2016 den teilweisen Erlass der Grundsteuer.
2
Der Kläger war Eigentümer des gewerblich genutzten Anwesens … straße 8 in … … … mit einer Nutzfläche von 3380 m² für Büros und Produktion. Das Anwesen war im Jahr 2016 (wie auch in den beiden Vorjahren) nicht vermietet und stand ungenutzt leer.
3
Mit Grundsteuerbescheid vom 14. Januar 2015 setzte die Beklagte für das Jahr 2015 sowie die Folgejahre ab 2016 die Grundsteuer auf 4652,75 EUR fest. Der Kläger beantragte am 6. März 2017 bei der Beklagten einen teilweisen Erlass der Grundsteuer nach § 33 Grundsteuergesetz (GrStG). Vermietungsbemühungen seien bisher vergeblich geblieben, obwohl die Makler … und … mit einer Vermietung des Objekts beauftragt worden seien. In einem beigefügten Schreiben von … und … vom 23. Juni 2016 wurde bestätigt, dass das Unternehmen mit der Vermarktung der Immobilie des Klägers seit dem 1. August 2015 beauftragt sei.
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Auf die Aufforderung der Beklagten hin, die Vermietungsbemühungen zu substantiieren, legte der Kläger keine weiteren Unterlagen über Vermietungsversuche vor.
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Mit Bescheid vom 1. September 2017 lehnte die Beklagte einen Grundsteuererlass ab. Grundsätzlich bestünde ein Rechtsanspruch auf Grundsteuererlass, wenn Vermietungsbemühungen vorzuweisen seien. Ein (einziges) Schreiben für die Beauftragung zur Vermietung der Immobilie sei nicht ausreichend. Da keine weiteren begründenden Unterlagen wie Zeitungsartikel, Annoncen, Rechnungen, Internetanzeigen etc. eingegangen seien, müsse der Erlassantrag abgelehnt werden. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen.
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Mit Schreiben vom 11. September 2017 legte der Kläger „Einspruch“ gegen die Ablehnung des Teilerlasses der Grundsteuer ein. Es sei nicht einfach, ein großes Gewerbeobjekt zu vermarkten, da es nicht so viele Interessenten gebe wie bei einer Wohnung. Er habe alles Erdenkliche versucht, um das Objekt zu vermieten. Er sei sogar bereit gewesen, das Objekt für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Hierzu habe am 15. Februar 2016 eine Besichtigung mit dem Bürgermeister der Beklagten, dem zuständigen Landrat und einer Verwaltungsdelegation der Regierung stattgefunden. Bedauerlicherweise hätten sich die Verantwortlichen für ein anderes Objekt entschieden. Die eingeschaltete Maklerfirma … und … hätte wie er selbst auch größtes Interesse daran gehabt, das Objekt schnellstmöglich zu vermarkten. Der Kläger sei zudem mit lokalen Immobilienmaklern in Kontakt.
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Mit Mail vom 13. Oktober 2017 legte das Büro von … und … 2 Internet-Screenshots von Inseraten des gegenständlichen Büro- und Produktionsgebäudes vor; dabei war jeweils ein Kaufpreis von 4,4 Millionen EUR angegeben. Die Immobilie werde schon seit etwa 2 Jahren auch im Internet aktiv vermarktet. Vor Ort sei ein großes Vermarktungsbanner am Gebäude angebracht, die Immobilie werde in dem Shop in … im Schaufenster ausgestellt und auch auf der Messe … … in … werde sie angeboten.
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Mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 legte der Kläger 7 Rechnungen des Unternehmens Immobilienscout24 vor, die sich auf einen Auftrag vom 11. Januar 2016 bezogen. Als Abrechnungszeiträume waren der 12. Januar bis 11. Februar, 25. Februar bis 24. März, 1. April bis 30. April, 7. Mai bis 6. Juni, 11. September bis 10. Oktober, 14. Oktober bis 13. November und 21. November bis 20. Dezember 2016 angegeben; als Objekt war jeweils angegeben: 3380 m² Büro und Produktion.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2019 wies das Landratsamt … … … (Landratsamt) den Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung des Teilerlasses zurück. Die Beklagte habe den Erlassantrag zu Recht abgelehnt, insbesondere habe der Kläger die Minderung des Rohertrags zu vertreten. Ein Steuerschuldner habe eine Ertragsminderung nur dann nicht zu vertreten, wenn sie auf Umständen beruhe, die außerhalb seines Einflussbereiches lägen, wenn er also die Ertragsminderung weder durch ein ihm zurechenbares Verhalten herbeigeführt habe noch ihren Eintritt durch geeignete und ihm zumutbare Maßnahmen habe verhindern können. Vorliegend sei der Ertragsminderung durch den Leerstand nicht durch geeignete und zumutbare Maßnahmen begegnet worden. Ein Steuerschuldner habe einen Leerstand nur dann nicht zu vertreten, wenn er sich nachhaltig um eine Vermietung der Räumlichkeiten zu einer marktgerechten Miete bemüht habe. Die dafür notwendigen Vermietungsabsichten hätten jedoch nicht nachgewiesen werden können. Insbesondere hätten den vorliegenden Inseraten des Maklers … und … nur Verkaufsabsichten entnommen werden können und aus den Rechnungen der Firma Immoscout 24 sei nicht ersichtlich, was der Inhalt der Anzeigenvermietungsangebote gewesen sei. Ein konkreter Nachweis über die tatsächliche Installierung als Mietobjekt durch den Immobilienmakler sei nicht geführt worden.
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Am 30. Januar 2019 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht München Klage mit den Anträgen:
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1. Ich beantrage die Beklagte zu verurteilen, den Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2019 aufzuheben und eine Teilrückerstattung nach § 33 GrStG wegen Leerstand in Höhe von 50% = 2326,38 EUR der geleisteten Grundsteuer (geleistet Euro 4652,75) für das Jahr 2016 zurückzuerstatten.
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2. Ich beantrage die Beklagte zu verurteilen, die Kostenrechnung vom 8. Januar 2019 für den Widerspruchsbescheid zu stornieren und dem Kläger die bezahlte Summe über 153,45 EUR zurückzuerstatten.
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Zur Begründung wird ausgeführt, der Kläger habe alles Erdenkliche getan, um die Immobilie zu vermieten. Bedauerlicherweise habe das Objekt nicht als Asylbewerberunterkunft vermietet werden können. Er habe neben dem Makler … und … auch mit 2 lokalen Immobilienmaklern zusammengearbeitet und mit beiden Maklern Besichtigungstermine mit Mietinteressenten durchgeführt. Er habe auch mit einer Mitarbeiterin der Beklagten zusammengearbeitet, die für Industrieansiedlungen zuständig sei. Diese habe ihm Mietinteressenten genannt, die durch die Beklagte bisher nicht hätten bedient werden können. Weiterhin habe er Vermietungen bei Immobilienscout24 beauftragt und entsprechende Rechnungen vorgelegt. Die Firma … und … habe nicht nur Verkaufsinserate geschaltet, sondern auch Besichtigungen mit Mietinteressenten durchgeführt, wobei es aber zu keinem Vertragsabschluss gekommen sei. Das Objekt sei bereits in den Jahren 2014 und 2015 leer gestanden. Damals habe er nicht einmal einen Makler eingeschaltet. Für den damals gewährten Teilerlass habe er lediglich Rechnungen der Firma Immobilienscout24 vorgelegt. Somit habe er auf einen Vertrauenstatbestand aufbauen können und annehmen, dass ihm weiterhin der Teilerlass gewährt werde, wenn er Rechnungen der Firma Immobilienscout24 vorlege. Printmedien und andere Internetportale seien für die Vermietung von Gewerbeflächen bedeutungslos. Ihm sei in den vorangegangenen Jahren nicht mitgeteilt worden, dass er von Vermietungsanzeigen Bilder erstellen müsse, da anhand der Immobilienscout24 Rechnungen nicht ersichtlich sei, ob es sich um Vermietungsanzeigen oder um Verkaufsanzeigen handle.
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Mit Schreiben vom 8. März 2019 beantragt die Beklagte:
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Die Klage wird abgewiesen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen gehen nicht eindeutig hervor, dass das Objekt im Jahr 2016 zur Vermietung angeboten worden sei. Angaben zum vorgesehenen Mietzins sei nicht vorgelegt worden. Den vorgelegten Rechnungen der Firma Immobilienscout 24 seien weder die Anschrift des Objekts zu entnehmen noch sei aus den Rechnungen ersichtlich, ob das Objekt dort zu Vermietung oder zum Verkauf angeboten worden sei. Aus den von der Firma … und … vorgelegten Screenshots der eigenen Homepage des Maklers gehe ausschließlich hervor, dass das Objekt zum Verkauf angeboten worden sei. Erst später habe der Kläger ein weiteres Schreiben von … und … vorgelegt, wonach mit Vermarktung des Objekts auch die Vermietung gemeint sei. Weitere Nachweise für Vermietungsbemühungen oder den vorgesehenen Mietzins seien nicht erbracht worden.
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Es werde bestätigt, dass der Kläger wegen der Vermittlung von Miet- und Kaufinteressenten mit einer städtischen Mitarbeiterin in Kontakt gestanden sei. Jedoch habe im streitgegenständlichen Zeitraum kein Kontakt stattgefunden.
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Unerheblich sei, dass dem Kläger in Vorjahren ein Teilerlass gewährt worden sei, obgleich als Nachweis der Vermietungsbemühungen lediglich Rechnungskopien vorgelegt worden seien. Ein Erlass für ein Steuerveranlagungsjahr begründe keinen Vertrauensschutz für die Folgejahre. Mittlerweile sei das Objekt im März 2018 verkauft worden.
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Mit Schreiben vom 7. April 2019 und 31. Juli 2020 vertiefte der Kläger sein Vorbringen. Insbesondere verwies er darauf, dass er am 16. März, 2. Mai, 27. Juni, 28. Juli, 20. September, 24. Oktober und 28. November 2016 Besichtigungstermine mit unterschiedlichen Unternehmen zur Anmietung der Räumlichkeiten durchgeführt habe und benannte die jeweiligen Verhandlungspartner sowie eine Mitarbeiterin und eine Immobilienmaklerin als Zeugen für seine Vermietungsbemühungen.
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Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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1. Der Klageantrag des nicht anwaltlich vertretenen Klägers, die Beklagte zur Aufhebung des Widerspruchsbescheids zu verurteilen und einen Betrag von 50% der geleisteten Grundsteuer zurückzuerstatten sowie die Kostenrechnung für den Widerspruchsbescheid zu stornieren und die bezahlte Summe zurückzuerstatten, sind bei sachgerechter Auslegung nach § 88 VwGO vom erkennbaren Rechtsschutzziel des Klägers als Antrag auf Aufhebung des einen Erlass ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 1. September 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts vom 8. Januar 2019 sowie auf Verpflichtung der Beklagten zu dem vom Kläger beantragten hälftigen Erlass der Grundsteuer im Jahr 2016 zu verstehen.
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2. Die so verstanden zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 1. September 2017 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts vom 8. Januar 2019 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, da ihm kein Anspruch auf einen teilweisen Erlass der Grundsteuer zusteht, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO.
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2.1 Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Grundsteuergesetz (GrStG) wird die Grundsteuer in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat. Beträgt die Minderung des normalen Rohertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer in Höhe von 50 Prozent zu erlassen.
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Ein Steuerpflichtiger hat die Ertragsminderung nicht zu vertreten, wenn sie auf Umständen beruht, die außerhalb seines Einflussbereichs liegen, d.h. wenn er die Ertragsminderung weder durch ein ihm zurechenbares Verhalten herbeigeführt noch ihren Eintritt durch geeignete und ihm zumutbare Maßnahmen hat verhindern können (BVerwG, U.v. 25.6.2008 - 9 C 8/07 - NVwZ-RR 2008, 814/815; BayVGH, B.v. 18.1.2010 - 4 ZB 09.1962 - juris). Ist die Ertragsminderung durch einen Leerstand bedingt, hat sie der Steuerpflichtige nicht zu vertreten, wenn er sich nachhaltig um eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat (BFH, U. V. 4 20.10.2007 - II R 5/05 - juris). Der Begriff des Vertretenmüssens ist weit auszulegen und greift weiter als eine bloße Vermeidung von Vorsatz und Fahrlässigkeit in Bezug auf die zur Ertragsminderung führenden Ursachen. Bei der Auslegung des § 33 GrStG ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt, die mit Rücksicht auf die Eigenart der Grundsteuer als grundsätzlich ertragsunabhängige Objektsteuer eng auszulegen ist. Je schwieriger ein Objekt zu vermieten ist, desto intensiver und nachhaltiger haben die Vermietungsbemühungen zu sein (VG Augsburg, U.v. 30.10.2013 - Au 6 K 13.596 - juris). Eine Grenze ist erreicht, wenn die Kosten für Werbemaßnahmen nicht mehr in einem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur Vermietungschance stehen.
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Der Grundstückseigentümer, der in den Genuss einer Vergünstigung des § 33 GrStG gelangen will, ist daher grundsätzlich gehalten, einen Makler mit der Vermarktung zu beauftragen oder sich herkömmlicher Medien zu bedienen, das Objekt am Markt anzubieten (BayVGH, B.v. 18.1.2010 - 4 ZB 09.1962 - juris; VG München, U.v. 18.6.2009 - M 10 K 09.1205 - juris; VG Dresden, U.v. 31.1.2012 - 2 K 1344/10 - juris; VG Ansbach, U.v. 17.8.2011 - AN 11 K 10.02420 - juris; VG Augsburg, U.v. 30.10.2013 - Au 6 K 13.596 - juris). Die Feststellung, dass fehlende Vermietungsbemühungen keine Auswirkungen auf die Ertragsminderung gehabt haben, ist nur möglich, wenn der Grundeigentümer bzw. die von ihm beauftragten Personen versucht haben, den Kreis möglicher Interessenten möglichst umfassend zu erreichen (OVG NRW, B.v. 25.11.2016 - 14 A 1636/15 - juris). Maßgeblich für die Bewertung sind dabei die Umstände des jeweiligen Einzelfalles. Im Einzelnen können etwa der Objektcharakter, das jeweilige Marktsegment sowie die Marktsituation vor Ort berücksichtigt werden (BVerwG, B.v. 13.2.2017 - 9 B 37/16 - juris).
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Frage, ob ein Gewerbeobjekt immer im Internet anzubieten ist, nicht fallübergreifend allgemeingültig beantwortet werden. Es läge allerdings gerade bei gewerblich genutzten Immobilien nahe, diese im Internet anzubieten (BVerwG, B.v. 13.2.2017 - 9 B 37/16 - juris).
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2.2 Die vom Kläger vorgetragenen Vermietungsbemühungen sind nicht ausreichend für den Nachweis, dass er sich im Jahr 2016 nachhaltig um eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat.
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2.2.1 Zunächst hat sich der Kläger schon im Verwaltungsverfahren darauf berufen, dass die Maklerfirma … und … mit der Vermarktung beauftragt worden sei. Dabei wird nicht ganz klar, ob der Kläger mit Vermarktung nur die Vermietung oder auch den Verkauf des Gebäudes meint. In seinen Schreiben an die Beklagte vom 9. August 2017 und vom 11. September 2017 wird ausgeführt, er versuche alles Erdenkliche, um das Objekt zu vermieten bzw. dass er niemanden dazu zwingen könne, mit ihm einen Mietvertrag für das Objekt abzuschließen.
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Das Büro Augsburg des Immobilienmaklers … und … hat der Beklagten hierzu mit Mail vom 13. Oktober 2017 mitgeteilt, dass die Gewerbeimmobilie im Immobilienportal Immobilienscout sowie auf der … und … … Homepage eingestellt sei; das Objekt werde tatsächlich schon seit etwa 2 Jahren im Internet angeboten. Zu den mit übersandten Screenshots der Anzeigen erläuterte das Immobilienbüro, dass das in der Anzeige in Immobilienscout genannte Einstellungsdatum 11. März 2017 nicht aussagekräftig sei, da die Anzeige nicht durchgängig geschalten, sondern immer wieder neu eingestellt worden sei, um das Objekt wieder mit dem Vermerk „Neu“ auf dem Portal erscheinen zu lassen. Des Weiteren sei vor Ort ein großes Vermarktungsbanner am Gebäude angebracht, die Immobilie werde in dem Shop in … im Schaufenster ausgestellt. Auch auf der Messe … … in … sei sie angeboten worden.
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Diese Vermarktungsbemühungen des Immobilienbüros sind zum einen schon nicht hinreichend nachgewiesen. Tatsächlich lässt sich aufgrund des Screenshots nur eine Anzeige ab dem 11. März 2017 belegen. Darüber hinaus ergibt sich aus den vorgelegten Screenshots, dass das angebotene Büro- und Produktionsgebäude mit einer Fläche von 3400 m² mit einem „Kaufpreis ab 4.400.00,00 €“ inseriert war, also verkauft werden sollte. Es wurde vom Kläger nicht dargelegt, dass über die Maklerfirma … und … (auch) eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins erfolgen sollte.
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Ein Nachweis, dass das Gewerbeobjekt auch im Büro in … im Schaufenster ausgestellt und auf der Immobilienmesse … … angeboten worden sei, fehlt. Ebenso wurde nicht nachgewiesen, dass vor Ort ein großes Vermarktungsbanner am Gebäude angebracht gewesen sei.
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Zum anderen reichen die vorgetragenen Aktivitäten nicht aus, um ein nach den eigenen Angaben des Klägers schwer vermittelbares Objekt auf einem schwierigen Markt intensiv und nachhaltig anzubieten bzw. zu bewerben.
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2.2.2 Ergänzend legte der Kläger im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 sieben Rechnungen für von ihm selbst bei Immobilienscout24 geschaltete Anzeigen vor, um damit seine Vermietungsbemühungen zu unterstreichen.
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Aus diesen Rechnungen ist aber nicht ersichtlich, ob die Gewerbeimmobilie zum Verkauf oder zu einer Vermietung inseriert worden war. Das Objekt wird bezeichnet als „3380 m² Bürou. Produktion“, was aufgrund der Größe und der Nutzungsart den Schluss zulässt, dass es sich um das streitgegenständliche Objekt handelte. Den Rechnungen lässt sich aber weder ein Kaufpreis noch ein Mietzins für das Objekt entnehmen, welche belegen würden, dass insoweit angemessene Bemühungen zu marktgerechten Bedingungen erfolgten.
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2.2.3 Des Weiteren legt der Kläger im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 31. Juli 2020 zu seinen Vermietungsbemühungen dar, dass er persönlich mit Interessenten im Jahr 2016 die Räumlichkeiten besichtigt habe, ohne dass es jedoch jeweils zu einer Anmietung der Immobilie gekommen sei.
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Er habe zunächst versucht, das Objekt dem Landratsamt als Asylbewerberunterkunft anzudienen; es sei am 15. Februar 2016 eine große Besichtigung unter anderem mit dem Landrat und dem Oberbürgermeister der Beklagten erfolgt, wobei es bedauerlicherweise nicht zu einer Anmietung der Räumlichkeiten gekommen sei. Auch Besichtigungen mit insgesamt weiteren 7 Interessenten hätten nicht zu einer Vermietung der Räume geführt. Für die erfolgten Besichtigungen hat der Kläger jeweils die Vernehmung von Zeugen angeregt.
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Auf eine beantragte Beweiserhebung kann das Gericht im Regelfall verzichten, wenn es auf das Beweismittel für die Entscheidung nicht ankommt oder das Gericht die Richtigkeit der durch das Beweismittel zu beweisenden Tatsachen zugunsten der betreffenden Partei unterstellt oder das Beweismittel nicht erreichbar oder völlig ungeeignet ist, den Beweis zu erbringen. Auch ist das Gericht nicht verpflichtet, unsubstantiierten Beweisanträgen nachzugehen. In welchem Maße eine solche Substantiierung zu fordern ist, hängt von der im Einzelfall bestehenden Mitwirkungspflicht der Beteiligten ab. Dabei stehen der zumutbare Inhalt und die Intensität der richterlichen Ermittlungen notwendigerweise im Zusammenhang mit dem Vorbringen der Beteiligten, die gemäß § 76 Abs. 1 Sätze 2 und 3 FGO eine Pflicht zur Förderung des finanzgerichtlichen Verfahrens haben. Unsubstantiiert und damit unerheblich ist ein Beweisantrag insbesondere dann, wenn im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann und es sich deshalb um einen Beweisermittlungsantrag oder Beweisausforschungsantrag handelt (vgl. BayVGH, B.v. 7.6.2021 - 23 ZB 19.33381 - juris Rn. 5; BFH, B.v. 12.3.2014 - XI B 97/13 - BFH/NV 2014, 1062; FG Düsseldorf, U.v. 7.1.2020 - 10 K 2260/18 Kg - juris Rn. 34)
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Eine weitere Aufklärung der vorgetragenen Besichtigungen bzw. der Vertragsverhandlungen mit den verschiedenen Interessenten ist nicht erforderlich, eine Beweiserhebung drängt sich dem Gericht nicht auf. Es kann als wahr unterstellt werden, dass der Kläger die von ihm angeführten Besichtigungen und Vertragsverhandlungen durchgeführt hat. Es fehlt jedoch jeglicher Vortrag des Klägers, ob er sich im Sinne der Rechtsprechung nachhaltig um eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat. Zu einem von ihm aufgerufenen Mietzins hat er keinerlei Angaben gemacht. Eine Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung scheidet damit aus, da die angegebenen Tatsachen nicht ausreichen, das für die Entscheidung erforderliche Beweisthema zu benennen.
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2.2.4 Auch bei einer Gesamtschau aller vom Kläger vorgetragenen Bemühungen ergibt sich, dass er die durch einen Leerstand bedingte Ertragsminderung zu vertreten hat, da er sich nicht nachhaltig um eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat. Insgesamt hat der Kläger zu wenig an Bemühungen um eine erfolgreiche Vermietung bzw. Vermarktung nachgewiesen. Insbesondere hat er auch nie dargelegt, zu welchem Mietzins das Gewerbeobjekt angeboten wurde und ob dies einem marktüblichen Mietzins entsprach.
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Damit ist die Klage abzuweisen.
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3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.