Titel:
Rechtsschutz bzgl. einer behördlichen Verfahrenshandlung im prüfungsrechtlichen Überdenkungsverfahren
Normenketten:
BayVwVfG Art. 35
GG Art. 19, Art. 20 Abs. 3
JAPO § 7 Abs. 2, § 12, § 14
VWGO § 133 Abs. 1
Leitsätze:
1. Rechtsschutz bzgl. der Einhaltung grundlegender Verfahrensanforderungen einer berufsbezogenen Prüfung gewährleistet Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG zur Durchsetzung des in Art. 12 Abs. 1 GG verankerten materiell-rechtlichen Anspruchs auf eine rechtmäßige Bewertung von Prüfungsleistungen. (Rn. 52 – 54) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein geplant eingesetzter Prüfer kann nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 BayVwVfG durch einen anderen Prüfer ersetzt werden und dieser dann das Überdenkungsverfahren (formlose Nachprüfung der Notenfestlegung) durchführen. Dabei handelt es sich um eine unselbständige Verfahrenshandlung und keinen Verwaltungsakt, sodass eine gerichtliche Überprüfung nicht möglich ist (aA BVerwG BeckRS 2022, 3536). (Rn. 59) (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rechtsschutzbedürfnis, Rechtsnatur des prüfungsrechtlichen Überdenkungsverfahrens, keine Rechtsgrundlage für die Entscheidungsform des Verwaltungsakts bei der Frage des Austausches eines Prüfers im Überdenkungsverfahren
Rechtsmittelinstanzen:
VGH München, Urteil vom 23.08.2021 – 7 B 21.1412
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 18.01.2022 – 6 B 21.21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 25036
Tenor
1. Der Bescheid des Beklagten vom 12. Juni 2020 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger greift die Entscheidung des Landesjustizprüfungsamts an, im Rahmen des prüfungsrechtlichen Überdenkungsverfahrens den Zweitkorrektor einer seiner Klausuren des Ersten Juristischen Staatsexamens auszutauschen.
2
Der Kläger legte im Wiederholungsversuch im Termin … den schriftlichen Teil der Ersten Juristischen Staatsprüfung ab. Mit bestandskräftigem Bescheid des Beklagten vom 26. Juni 2019 wurde ihm mitgeteilt, er habe die Erste Juristische Staatsprüfung wiederholt nicht bestanden. Die Gesamtnote der schriftlichen Prüfung sei: 3,75 - mangelhaft. Seine schriftlichen Prüfungsarbeiten seien wie folgt bewertet worden:
3
Der Kläger wurde nicht zur mündlichen Prüfung des Ersten Juristischen Staatsexamens zugelassen. Eine Besserbewertung einer einzigen der angefertigten Klausuren um 0,5 Punkte würde zur Zulassung des Klägers zur mündlichen Prüfung führen.
4
Mit Schreiben vom 17. Juli 2019, eingegangen bei dem Beklagten am 18. Juli 2019, führte der Kläger unter dem Betreff „Nachprüfungsverfahren“ aus, er erhebe Einwendungen gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistungen. Mit Schreiben vom 29. Juli 2019, 15., 20., 24. und 26. August 2019 führte er seine Einwendungen betreffend die Prüfungsaufgaben 1, 2, 3, 4 und 6 näher aus. Daraufhin übersandt der Beklagte den betroffenen Prüfern im Oktober 2019 die jeweiligen Klausuren in Kopie, darunter auch dem … Dieser hatte als Zweitkorrektor die Prüfungsarbeit des Klägers zu Aufgabe 4 - genauso wie der Erstkorrektor - mit 4 Punkten bewertet. Die betroffenen Prüfungsarbeiten wurden jeweils zusammen mit einer anonymisierten Ablichtung der klägerseits erhobenen Rügen übersandt. Die Prüfer wurden gebeten, ihre jeweiligen Klausurbewertungen zu überprüfen.
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Mit Schreiben vom 8. November 2019, eingegangen bei dem Beklagten am 11. November 2019, teilte der Prüfer …dem Beklagten sinngemäß im Wesentlichen mit, Mitte August 2019 habe ihn Rechtsanwalt … aus … in seinem Dienstzimmer aufgesucht. Mit diesem habe er bei dem „…“ des Oberlandesgerichts … häufig zu tun gehabt. Herr Rechtsanwalt … habe ihn auf die Korrektur einer Examensklausur seines Sohns angesprochen, die er als Zweitkorrektor korrigiert habe. Seinem Sohn fehle ein halber Punkt, um als Wiederholer zur mündlichen Prüfung zugelassen zu werden. Er - der Prüfer - habe die fragliche Arbeit einen Punkt schlechter als der Erstprüfer bewertet. Herr Rechtsanwalt … habe um eine wohlwollende Nachprüfung gebeten, da eine Arbeit ja objektiv kaum nachvollziehbar mit 4 oder aber auch mit 5 Punkten bewertet werden könne. Anfang Oktober habe sich Herr Rechtsanwalt … in einem kurzen Telefonat bei ihm erkundigt, ob die Klausur seines Sohns schon bei ihm eingegangen sei. Er habe geantwortet, er kenne die Namen der Prüflinge nicht, es liege aber keine Überprüfung einer Klausur vor, die mit 5 bzw. 4 Punkten bewertet worden sei. Aufgrund der Notengebung gehe er davon aus, dass ihm nunmehr die fragliche Klausur zugeleitet worden sei.
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Mit Schreiben vom 11. November 2019, eingegangen bei dem Beklagten am 13. November 2019, teilte der Prüfer … sinngemäß im Wesentlichen mit, er habe die Prüfungsaufgabe 4 nochmals vollständig bewertet. Anhand des Lösungsschemas ergebe sich, dass der Verfasser wesentliche Probleme der Klausur nicht gesehen habe, sodass eine bessere Bewertung als mit der Note „ausreichend“ nicht in Betracht komme. Er komme allerdings zu dem Ergebnis, dass eine Anhebung der Bewertung von 4 auf 5 Punkte gerechtfertigt sei. Zum einen sei die Prüfung der Notwehr mit Ausnahme der Gebotenheit recht ordentlich, zum zweiten sei der prozessuale Teil erfreulich. Vor allem habe er in der Bewertung als Zweitkorrektor nicht berücksichtigt, dass die Prüfung des Versuchs einschließlich des Rücktritts zwar wegen der Vollendung des Diebstahls nicht gefragt, aber dennoch sehr ordentlich gewesen sei. Es habe sich gezeigt, dass der Verfasser den Aufbau eines Versuchs und die Voraussetzungen des Rücktritts beherrsche. Da er dies bislang auch mangels Erwähnung in der Lösungsskizze überhaupt nicht berücksichtigt habe, sei die Anhebung geboten.
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Im Übrigen ergaben sich im Überdenkungsverfahren keine geänderten Bewertungen.
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Mit Schreiben vom 15. November 2019 teilte der Prüfer … dem Beklagten insbesondere sinngemäß mit, er sei heute in seinem Dienstzimmer unaufgefordert von dem Vater eines Prüflings aufgesucht und auf dessen Prüfungsarbeit angesprochen worden. Der Besucher habe erklärt, sein Sohn führe ein Remonstrationsverfahren hinsichtlich einer Klausur durch, die er - der Prüfer - mit 5 Punkten bewertet habe, während Prof. Dr. … die Arbeit mit 6 Punkten benotet habe.
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Daraufhin teilte der Beklagte den übrigen Prüfern des Nachprüfungsverfahrens mit E-Mail vom 11. Dezember 2019 mit, zwei Prüfer hätten jeweils mitgeteilt, bei ihnen sei der Vater eines Prüflings - ein Rechtsanwalt aus … - vorstellig geworden und habe versucht, durch Informationen über die Prüfungssituation seines Sohns auf die Prüfer und damit auf den Ausgang des Nachprüfungsverfahrens Einfluss zu nehmen. Es werde um Mitteilung gebeten, ob sich bei ihnen Ähnliches zugetragen habe.
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Hierauf teilte der Prüfer … mit E-Mail vom 11. Dezember 2019 sinngemäß im Wesentlichen mit, nicht der angesprochene Rechtsanwalt selbst habe zu ihm Kontakt aufgenommen. Vielmehr habe ihn ein Arbeitskollege gebeten, seine Korrektur um einen Punkt anzuheben. Der Arbeitskollege sei, soweit er sich erinnern könne, ein Freund oder Bekannter des Rechtsanwalts.
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Der Prüfer … teilte mit E-Mail vom 12. Dezember 2019 sinngemäß im Wesentlichen mit, vor einigen Monaten sei bei ihm ein Rechtsanwalt erschienen, dessen Name ihm nicht mehr bekannt sei. Dieser habe sich erkundigt, ob er eine Nachprüfung einer Klausur seines Sohns habe. Er habe ihm daraufhin erklärt, dass er bislang keine Klausuren zur Nachprüfung erhalten habe. Einige Wochen später habe der Rechtsanwalt nochmals angerufen, doch da habe er immer noch kein Nachprüfungsverfahren unter der Nr. … gehabt. Als das fragliche Verfahren gekommen sei, habe sich der Rechtsanwalt nicht mehr gemeldet. Dieser habe in dem ersten Gespräch erzählt, sein Sohn sei schon einmal durchgefallen. Er habe dem Rechtsanwalt erklärt, dies interessiere ihn nicht. In der Folge ergab die Nachfrage des Beklagten, dass sich der Vater des Klägers gegenüber dem Prüfer … mit Namen und als Rechtsanwalt vorgestellt, den Prüfer … in seinem Dienstzimmer aufgesucht und dort berichtet hatte, sein Sohn habe das Erste Juristische Staatsexamen zum zweiten Mal nicht bestanden. Sein Sohn beabsichtige, die Nachprüfung sämtlicher Klausuren zu veranlassen. Er leide unter gesundheitlichen, insbesondere psychischen Problemen, welche … … Hierbei habe der Vater des Klägers angefangen, zu weinen.
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Mit Bescheid vom 12. Juni 2020, dem Kläger zugestellt am 16. Juni 2020, teilte der Beklagte dem Kläger nach vorausgegangener Anhörung unter Rechtsmittelbelehrungmit, der Prüfungsausschuss für die Erste Juristische Staatsprüfung habe beschlossen:
„Das Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der Ersten Juristischen Staatsprüfung … des Prüfungsteilnehmers … … erfolgte im Hinblick auf die Zweitkorrektur der Aufgabe 4 verfahrensfehlerhaft und ist infolgedessen insoweit durch erneutes Überdenken der Bewertung der Aufgabe 4 durch einen neuen Zweitprüfer zu wiederholen, vgl. §§ 12 Abs. 1, 14 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 4 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen (JAPO).“
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Der Sofortvollzug dieses Beschlusses wurde angeordnet.
14
Zur Begründung führte der Beklagte sinngemäß im Wesentlichen aus, aufgrund der Kontaktaufnahme des Vaters des Klägers zu dem Prüfer … leide das Nachprüfungsverfahren betreffend Aufgabe 4 an einem Verfahrensfehler. Das Nachprüfungsverfahren sei anonym durchzuführen und die persönliche Situation des Prüflings dürfe keine Rolle spielen. Der Vater des Klägers habe den Zweitprüfer jedoch aufgesucht und diesen über den Umstand des Wiederholungsversuchs informiert. Außerdem habe er den Prüfer über gesundheitliche, insbesondere psychische Probleme des Klägers unterrichtet und dabei sogar angefangen, zu weinen. Hierdurch sei der prüfungsrechtliche Grundsatz der Anonymität verletzt. Dem Prüfer seien Informationen über die persönliche Situation des Prüflings weitergegeben worden, die weit über das hinausgingen, womit ein Prüfer im Überdenkungsverfahren stets zu rechnen habe. Dabei sei auch die Beharrlichkeit der Kontaktaufnahme durch den Vater des Klägers zu berücksichtigen, welcher den Prüfer sogar zweimal - persönlich vor Ort und telefonisch - auf das Nachprüfungsverfahren angesprochen habe. Hierdurch werde das Gewicht der Prüferbeeinflussung nochmals verstärkt. In diesem Zusammenhang sei nicht von Belang, dass das Vorbringen des Klägers nicht widerlegt werden könne, die Kontaktaufnahme weder gewollt noch hiervon gewusst zu haben.
15
Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass der Verfahrensfehler auf das Ergebnis des Nachprüfungsverfahrens hinsichtlich Aufgabe 4 Einfluss gehabt habe. Eines Kausalitätsnachweises bedürfe es insoweit nicht. Vielmehr genüge es, sofern wie hier die Ursächlichkeit nicht ausgeschlossen werden könne. Der Zweitprüfer … habe nach zweimaliger Kontaktaufnahme durch den Vater des Klägers seine Bewertung mit lediglich knapper Begründung um einen Punkt angehoben. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass hierfür zumindest unbewusst das von dem Vater des Klägers aufgedrängte Wissen um die persönliche Situation des Klägers mitursächlich gewesen sei. Ob sich der Prüfer selbst beeinflusst gefühlt habe, sei dagegen nicht entscheidend. Soweit eine Kontaktaufnahme des Vaters des Klägers auch zu weiteren Prüfern erfolgt sei, die ihre Bewertungen nicht angehoben hätten, sei eine Kausalität des Verfahrensfehlers auf das Ergebnis des Nachprüfungsverfahrens offensichtlich ausgeschlossen.
16
Der Verfahrensfehler sei durch Wiederholung des Nachprüfungsverfahrens betreffend Aufgabe 4 mit Hilfe eines neuen Zweitkorrektors zu beheben. Sofern - wie hier - eine Neubewertung durch den bisherigen Prüfer tatsächlich oder rechtlich nicht möglich sei, habe diese durch einen neuen Prüfer zu erfolgen.
17
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 15. Juli 2020, eingegangen bei Gericht am 16. Juli 2020, Klage erhoben. Er hat zudem im einstweiligen Rechtsschutz beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage wiederherzustellen.
18
Er trägt sinngemäß im Wesentlichen vor, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des ergangenen Bescheids. In formeller Hinsicht bestreite er, dass der angegriffene Beschluss seitens des zuständigen Prüfungsausschusses mit dem dafür vorgesehenen Abstimmungsergebnis innerhalb der nach § 12 Abs. 3 JAPO vorgesehenen Frist ergangen sei.
19
Zudem fehle es an einer Ermächtigungsnorm. Nach dem Wortlaut von § 12 Abs. 1 JAPO könne die Wiederholung eines Teils der Prüfung angeordnet werden, nicht aber die Wiederholung der Bewertung von Prüfungsarbeiten durch einen Dritten. Zudem sehe die Rechtsfolge der genannten Vorschrift lediglich vor, dass Prüfungsteilnehmer einzelne Teile der Staatsprüfung zu wiederholen hätten, nicht dagegen, dass gemäß des ergangenen Beschlusses „das Nachprüfungsverfahren durch erneutes Überdenken der Bewertung der Aufgabe 4 durch einen neuen Zweitprüfer zu wiederholen“ sei.
20
Eine Anordnung, dass ein dritter, bisher am Prüfungsverfahren nicht beteiligter Prüfer die Nachkorrektur vornehmen solle, sei nach den für das Remonstrationsverfahren speziell vorgegebenen Verfahrensvorschriften nicht vorgesehen und widerspreche den Grundsätzen dieses Verfahrens. In dem Überdenkungsverfahren sei die Bewertung der Prüfungsarbeiten auf Grundlage der Einwendungen des Prüflings von dem Korrektor zu überdenken, der zuvor schon die Arbeiten bewertet habe. Ein neuer Prüfer würde den Grundsatz der Chancengleichheit sowohl hinsichtlich des konkreten Prüflings als auch hinsichtlich aller Prüflinge verletzen, da dieser Prüfer unmöglich den gleichen Prüfungsmaßstab anlegen könne, wie dies der ursprüngliche Prüfer getan habe. Denn der neue Prüfer, der die Prüfungsarbeiten anderer Prüflinge weder kenne noch bewertet habe, könne die Neubewertung nicht in einen Gesamtzusammenhang bringen. Da bei der Neubewertung die durchschnittlichen Anforderungen für den Prüfungserfolg im Wesentlichen konstant bleiben müssten, komme es für die prüfungsspezifischen Wertungen wesentlich auf die persönlichen Erfahrungen und Einschätzung des konkreten Prüfers an, sodass grundsätzlich der ursprüngliche Prüfer mit der Neubewertung zu befassen sei. Soweit Dritte mit der Nachprüfung beauftragt würden, ähnele dies dem Klageverfahren, in dem Dritte - die Richter - den prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraum aber nicht überprüfen könnten.
21
Der Prüfungsausschuss habe nach § 12 Abs. 3 JAPO auch deswegen keine Anordnung mehr treffen können, weil im Zeitpunkt der Beschlussfassung jedenfalls sechs Monate nach Abschluss der Prüfung verstrichen gewesen seien. Mit Abschluss der Prüfung im Sinne von § 12 Abs. 3 JAPO sei der Abschluss desjenigen Teils des Prüfungsverfahrens gemeint, welcher mit Mängeln behaftet gewesen sei. Dabei könne es sich nur um das Nachprüfungsverfahren handeln, das mit dem Eingang der letzten Stellungnahme der betroffenen Prüfer zum Ergebnis ihres Überdenkens beendet gewesen sei. Dies sei bis Mitte Dezember 2019 der Fall gewesen, sodass die streitgegenständliche Anordnung des Prüfungsausschusses mit Ablauf des 15. Mai 2020 ausgeschlossen gewesen sei.
22
In materieller Hinsicht sei weder ersichtlich noch nachvollziehbar, dass es zu einer Verletzung des Grundsatzes der Anonymität und damit zu einem Verfahrensfehler gekommen sei. Wenn sein Vater dem Prüfer … mitgeteilt habe, es handele sich um einen Wiederholungsversuch und er dem Prüfer seine gesundheitlichen, insbesondere psychischen Probleme berichtet und dabei geweint habe, so habe er damit allenfalls Sachverhalte und Umstände über seine persönliche Situation weitergegeben, nicht jedoch Sachverhalte über ihn als Verfasser der zum Überdenken eingereichten Prüfungsarbeiten. Eine Zuordnung seiner Person zu einer Prüfungsarbeit sei nicht möglich. Außerdem habe der Prüfer … mehrere Prüfungsarbeiten - nach dessen Erinnerung mindestens zwei - zum Überdenken erhalten.
23
Darüber hinaus verstoße nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allein die persönliche Kontaktaufnahme des Prüflings mit dem Prüfer im verwaltungsinternen Kontrollverfahren nicht gegen die Ordnung des Prüfungsverfahrens. Darin werde kein Täuschungsversuch gesehen. Dies müsse erst Recht im vorliegenden Fall gelten, in dem sein Vater ohne seine Kenntnis Kontakt zu den Prüfern aufgenommen habe. Auch wenn der Prüfling im Zusammenhang mit der Kontaktaufnahme persönliche Umstände, beispielsweise gesundheitliche Einschränkungen, familiäre Probleme oder Hinweise auf die Bedeutung der Note für das Gesamtergebnis einfließen lasse, solle dies nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in der Regel von einem verantwortungsbewussten Prüfer, der zu einer selbstständigen, eigenverantwortlichen, nur seinem Wissen und Gewissen verpflichteten Bewertung fähig und bereit sei, richtig einzuordnen und daher am Ende unschädlich sein.
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Der unvertretbar lange Zeitraum der Entscheidungsfindung auf Beklagtenseite sei sachlich nicht gerechtfertigt. Ihm scheine der Grund darin zu liegen, ihm einen positiven Bescheid vorzuenthalten, um das in dem Bescheid angeführte Verhalten seines Vaters zu sanktionieren. Damit sei der Grundsatz der Chancengleichheit ihm gegenüber nicht gewahrt. Auch wenn die persönliche Situation des Prüflings keinen Einfluss auf das Überdenken durch den jeweiligen Prüfer haben dürfe, wozu es hier auch nicht gekommen sei, so sei die persönliche Situation eines Prüflings gerade im Verfahren zur Frage der Ordnungsgemäßheit des Überdenkungsverfahrens von erheblicher Bedeutung und ein wichtiger, zu beachtender Grund. Er müsse auf nicht absehbare Zeit bereits erarbeitetes Prüfungswissen vorhalten und regelmäßig auffrischen bzw. wiederholen, um dem „Vergessen“ entgegenzuwirken. Hierdurch seien seine Bemühungen um ein anderweitiges berufliches Fortkommen erheblich beeinträchtigt. Seine gesundheitlichen Beschwerden hätten sich verstärkt und seine persönliche Lebenssituation habe einen Bruch erfahren. Ihm sei es versagt, die Referendarausbildung aufzunehmen. Da im Prüfungsverhältnis auch Fürsorgepflichten zu beachten seien - was im Überdenkungsverfahren zu keinem Zeitpunkt beachtet worden sei -, sei es nicht hinnehmbar, wenn eine Entscheidung durch das Prüfungsamt über so lange Zeit verzögert werde.
die im Bescheid des Landesjustizprüfungsamtes vom 12.06.2020, Az: … getroffene Anordnung aufzuheben.
26
Der Beklagte beantragt,
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Er trägt über die Begründung des angegriffenen Bescheids hinaus sinngemäß im Wesentlichen vor, das Regelungsziel von § 12 JAPO gelte gleichermaßen für das Prüfungsverfahren im engeren Sinne, also für das Verfahren der Ablegung der Prüfungsleistung, wie auch für das Bewertungsverfahren als weiteren Bestandteil des Verfahrens bis zur endgültigen Entscheidung über das Prüfungsergebnis. In formeller Hinsicht habe der zuständige Prüfungsausschuss die angegriffene Entscheidung getroffen. Dessen Besetzung entspreche § 7 Abs. 1 JAPO. Die Bestellung der beteiligten Mitglieder des Prüfungsausschusses sei ordnungsgemäß erfolgt.
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In materieller Hinsicht sei auszuführen, dass auch das Nachprüfungsverfahren anonym durchgeführt werde. Hierzu erhielten die beteiligten Prüfer neben einer Abschrift der Prüfungsarbeit einen anonymisierten Abdruck der erhobenen Rügen. Weder werde der Name des Klägers genannt noch werde den Prüfern mitgeteilt, ob sich das Nachprüfungsverfahren auch noch auf weitere Prüfungsaufgaben beziehe. Erst recht würden Prüfer nicht erfahren, ob der Teilnehmer lediglich eine Verbesserung seiner Note anstrebe oder durchgefallen sei und damit um eine Zulassung zur mündlichen Prüfung kämpfe. Dieser prüfungsrechtliche Grundsatz der Anonymität sei durch das Verhalten des Vaters des Klägers verletzt. Die mitgeteilten Informationen gingen weit über das hinaus, womit Prüfer im Überdenkungsverfahren stets zu rechnen hätten. Auch habe der Vater des Klägers dadurch, dass er sich selbst als Rechtsanwalt ausgegeben habe, unausgesprochen den Eindruck erweckt, das Bestehen des Juristischen Staatsexamens könne für ihn selbst von Bedeutung sein, um eine Mitarbeit des Klägers in seiner Kanzlei zu ermöglichen. Unerheblich sei auch, ob der Vater des Klägers die Prüfungsnummer mitgeteilt habe. Der Prüfer … habe im Prüfungstermin … lediglich zwei Arbeiten zur Nachprüfung erhalten. Nicht entscheidend sei, ob der Prüfer aufgrund der mitgeteilten Informationen einen konkreten Bezug zu der Arbeit des Klägers habe herstellen können oder ob jedenfalls davon auszugehen sei, dass sich die Kontaktaufnahme auf beide dem Prüfer vorliegende Klausuren habe auswirken können.
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Zwar werde in Rechtsprechung und Literatur mit Blick auf den Vorwurf des Unterschleifs teilweise ausgeführt, ein verantwortungsbewusster Prüfer könne im Fall einer persönlichen Kontaktaufnahme durch den Prüfling auf diesem Weg erhaltene Informationen über persönliche Umstände oder Hinweise auf die Bedeutung der Note richtig einordnen, so dass die Kontaktaufnahme am Ende unschädlich sei. Jedoch gelte dies jedenfalls nicht absolut, sondern hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Hier seien die Beeinflussungshandlungen des Vaters des Klägers so erheblich und beharrlich gewesen, dass nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass diese auf einen Prüfer ohne Einfluss geblieben seien, sondern dass diese - jedenfalls unbewusst - für die Entscheidung über das Prüfungsergebnis mitursächlich gewesen sein könnten.
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§ 12 Abs. 1 JAPO bestimme, dass bei Mängeln im Prüfungsverfahren die Staatsprüfung insgesamt oder in Teilen von bestimmten oder von allen Prüfungsteilnehmern zu wiederholen sei. Dies gelte jedoch nur für den Fall, dass das Verfahren der Prüfungsablegung selbst mit einem Mangel behaftet sei. Soweit der Verfahrensfehler erst in einem späteren Abschnitt des Prüfungsverfahrens unterlaufe, nämlich bei der Bewertung, könne dieser im Sinne der Verhältnismäßigkeit nur dadurch behoben werden, dass allein der entsprechende Bewertungsvorgang wiederholt werde, hier durch einen neu zu bestimmenden Prüfer. In derartigen Fällen, etwa im Fall der Verurteilung durch das Verwaltungsgericht zur Neubewertung durch einen neuen Prüfer, werde regelmäßig ein Prüfer eingesetzt, der in demselben Prüfungstermin dieselbe Aufgabe korrigiert habe. So sei gewährleistet, dass ein vergleichbarer Bewertungsmaßstab angesetzt werde. Der Neuprüfer verfüge bei der Neubewertung über denselben Beurteilungsspielraum wie auch der ursprüngliche Prüfer, sodass sich das Verfahren auch wesentlich von der gerichtlichen Kontrolle unterscheide, die nur im Fall von Bewertungsfehlern Erfolg haben könne.
31
Der Bescheid verstoße auch nicht gegen § 12 Abs. 3 JAPO. Danach dürfe der Prüfungsausschuss sechs Monate nach Abschluss der Prüfung von Amts wegen keine Anordnungen mehr nach § 12 Abs. 1 JAPO treffen. Hier sei die Prüferbeeinflussung erst im Nachprüfungsverfahren erfolgt, sodass erst dieses mit Mängeln behaftet gewesen sei. Es komme also entscheidend auf den Abschluss des Nachprüfungsverfahrens an. Dieses sei jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen, weil ein Teil des Verfahrens wiederholt werden müsse.
32
Mit Schriftsatz vom 18. September 2020 führt der Kläger über seinen bisherigen Vortrag hinaus sinngemäß im Wesentlichen aus, vorliegend stünden im Rahmen der Kontaktaufnahme zu dem Prüfer … durch seinen Vater ähnliche Angaben in Frage, die das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung als übliche, auf der Hand liegende Informationen bezeichnet habe. Im Unterschied zu dem streitgegenständlichen Fall sei dort wohl eher der Grundsatz der Anonymität verletzt gewesen. Eine Zuordnung seiner Klausur zu seiner Person wäre nur mithilfe der Prüfungsnummer möglich gewesen. Diese sei aber nicht mitgeteilt worden.
33
Keinesfalls zutreffen könne die Ansicht des Beklagten, hinsichtlich der Frage eines objektiven Verfahrensfehlers sei es ohne Belang, dass die fragliche Kontaktaufnahme ohne sein Wissen und Wollen erfolgt sei. Insoweit sei nur an Fälle zu denken, in denen Dritte dem Prüfer die hier in Frage stehenden Informationen oder gar noch intensivere Angaben zukommen ließen, welche die Anonymität tatsächlich aufheben würden. In diesem Fall läge ein Verfahrensfehler vor, der dem Prüfling nicht zugerechnet werden könne. Dennoch müssten ausgehend vom Standpunkt des Beklagten Sanktionen ergriffen werden. Dies könne nicht sein, da sonst Außenstehende etwa aus unlauteren Gründen Einfluss auf das Prüfungsergebnis nehmen könnten.
34
Wenn der Beklagte schon die - nicht bestehende - Ermächtigungsgrundlage ausdehnen wolle, müsse er den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Diesem könne nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch dadurch Rechnung getragen werden, dass in solchen Fällen von einer Sanktion abgesehen werde, in denen der Unwertgehalt eines unlauteren Prüfungsverhaltens ausnahmsweise als gering anzusehen sei und daher die Schwelle der Sanktionswürdigkeit nicht überschritten werde. Da die Neubewertung durch einen weiteren Prüfer im Überdenkungsverfahren nicht geregelt sei, sei es Sache des Normgebers, dahingehende Vorschriften in die Prüfungsordnung aufzunehmen. Solange diese fehlten, bestehe keine Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid. Damit stehe das Ergebnis der schriftlichen Prüfung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Nachprüfung fest, wonach die von ihm angefertigte Arbeit zu Aufgabe 4 nicht mit 4,0 Punkten, sondern mit 4,5 Punkten zu bewerten sei, so dass er zur mündlichen Prüfung zuzulassen sei.
35
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. September 2020 hat die Kammer sinngemäß darauf hingewiesen, dass möglicherweise die Entscheidung über das Auswechseln des Prüfers ohne Rechtsgrundlage ergangen sei, da es sich um eine Zwischenentscheidung im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens handele. Nachdem die abschließende Entscheidung im Nachprüfungsverfahrens schon nicht justiziabel sei, könne erst Recht eine vorgelagerte Entscheidung wie hier gerichtlich nicht angegriffen werden. Entsprechend hat die Kammer die Aufhebung des angegriffenen Bescheids angeregt.
36
Hierzu nimmt der Beklagte mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2020 sinngemäß im Wesentlichen dahingehend Stellung, dass auf Grundlage des erteilten Hinweises der Kläger kein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis besitze. Erforderlich sei die Inanspruchnahme von Gerichten nur dann, wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung überhaupt geeignet sei, die Rechtsstellung des Prüflings zu verbessern. Sei die Klage dagegen sinnlos, weil sie auch im Erfolgsfall den Kläger in der Sache seinen Zielen nicht näher bringe, bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Letzteres sei hier der Fall. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgehe, es fehle an einer Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid, da der Erlass eines Verwaltungsakts nicht erforderlich gewesen sei, könne die Prüferauswechslung nach gerichtlicher Aufhebung des Bescheids formlos vorgenommen werden. Daher könne der Kläger mit seiner Klage in der Sache nichts erreichen. Zudem bewirke der angegriffene Bescheid, wäre er lediglich eine nicht angreifbare Zwischenentscheidung, keinen Eingriff in die Rechte des Klägers. Für nicht eingreifende Maßnahmen bedürfe es aber nach dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts keiner Rechtsgrundlage, sodass der Hinweis der Kammer zweifelhaft erscheine. Der Beklagte beabsichtige nicht - auch vor dem Hintergrund einer möglichen abweichenden Rechtsauffassung des Berufungsgerichts -, den streitgegenständlichen Bescheid aufzuheben.
37
Der Kläger nimmt zu dem Hinweis des Gerichts im Kern sinngemäß dahingehend Stellung, aufgrund der Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG unterlägen auch im Nachprüfungsverfahren Verfahrensfehler - im Unterschied zu Bewertungsfehlern - der gerichtlichen Kontrolle. Dies habe das Bundesverwaltungsrechts mit Urteil vom 24. Februar 1993 (Az. 6 C 3592) klargestellt. Dort sei in den Urteilsgründen ausgeführt, das Gericht gebe dem Prüfling mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Verfahrensaussetzung Gelegenheit zu prüfen und abzuwägen, ob er tatsächlich vorrangig das verwaltungsinterne Verfahren des Überdenkens der Prüfungsentscheidung durchführen wolle oder nicht vielmehr - mit dem Ziel einer schnellstmöglichen Entscheidung - allein eine Rechtskontrolle durch das Verwaltungsgericht anstrebe, bei der er auch Rechtsfehler zum Beispiel im Prüfungsverfahren geltend machen könne. Damit habe das Bundesverwaltungsgericht deutlich gemacht, dass - wie vorliegend -Verfahrensfehler auch im Überdenkungsverfahren justiziabel seien. Außerdem bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Anspruch auf gerichtlichen Rechtsschutz im Fall der Weigerung der Prüfungsbehörde, ein Überdenkungsverfahren durchzuführen. Entsprechend sei unter Beachtung von Art. 19 Abs. 4 GG auch hier gerichtlicher Rechtsschutz zu gewähren. Soweit das Bundesverwaltungsgericht die Missachtung grundlegender Anforderungen an die Gestaltung des verwaltungsinternen Kontrollverfahrens thematisiere und diese Problemstellung ungefragt aufgreife, werde deutlich, dass auch in dieser Fallgestaltung gerichtlicher Rechtsschutz gewährt werden solle. Hier stehe auch keine nicht überprüfbare Zwischenentscheidung in Frage, etwa weil die abschließende Entscheidung im Nachprüfungsverfahren nicht überprüfbar sei. Vielmehr sei streng zwischen Verfahrens- und Bewertungsfehlern zu differenzieren. Erstere seien - wie hier - gerichtlich voll überprüfbar. Die tief in Grundrechte eingreifende Entscheidungen müsse einer gerichtlichen Überprüfung unterliegen und könne nicht nach Belieben, aus dem Nichts und ins Blaue hinein getroffen werden. In diesem Zusammenhang sei auch die Intention des Beklagten von Bedeutung, die in den Ausführungen im Termin zur mündlichen Verhandlung zum Ausdruck komme. Danach liege die konkrete Beschwer der angegriffenen Entscheidung darin, dass die in dem Nachprüfungsverfahren zunächst erfolgte Verbesserung von 4 auf 5 Punkte nach Bewertung durch einen weiteren Prüfer wieder aufgehoben werden könne. Es werde deutlich, dass es dem Beklagten nicht darum gehe, eine sachgerechte Bewertung zu akzeptieren bzw. herbeizuführen, sondern darum, ihn in seinem beruflichen Fortkommen zu behindern.
38
Die Kammer hat mit Beschluss vom 11. Dezember 2020 auf Antrag des Klägers im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes die aufschiebende Wirkung der hier streitgegenständlichen Klage wiederhergestellt. Der Beschluss ist tragend damit begründet, die streitgegenständliche Entscheidung sei jedenfalls mangels Rechtsgrundlage für die Handlungsform des Verwaltungsakts offensichtlich rechtswidrig, so dass das Suspensivinteresse des Klägers im Rahmen der Abwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO überwiege.
39
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Sitzungsniederschriften vom 24. September 2020 und 12. Januar 2021, sowie auf die beigezogenen Behördenakten.
Entscheidungsgründe
40
Die zulässige Klage führt zur Aufhebung des angegriffenen Bescheids.
41
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht für das Begehren des Klägers ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis. Auch § 44a VwGO steht der Zulässigkeit nicht entgegen.
42
a) Für die Klage besteht allgemeines Rechtsschutzbedürfnis.
43
aa) Sinn und Zweck des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses ist es, solche Klagen auszuscheiden, die keine rechtsschutzwürdigen Interessen verfolgen. Insbesondere mit nutzlosen Klagen sollen die Gerichte nicht belastet werden. Die Sachurteilsvoraussetzung des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses lässt sich letztlich zurückführen auf das Verbot des institutionellen Missbrauchs prozessualer Rechte sowie auf den Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben (vgl. zum Ganzen Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 42 Rn. 335). Auf dieser Grundlage fehlt einer Anfechtungsklage insbesondere dann das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, wenn sie nutzlos ist, etwa weil sie auch im Fall des Obsiegens die Rechtsposition des Klägers nicht verbessern kann. So liegt der Fall, wenn für den Kläger kein zu beseitigender Nachteil vorliegt oder sich ein bestehender Nachteil mit Hilfe der Klage nicht beheben lässt (so zum Ganzen Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 42 Rn. 350).
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bb) Danach besteht hier für die Klage ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Klage erweist sich für den Kläger nicht als nutzlos. Vielmehr ist sie in der Lage, die Bestandskraft des ergangenen Bescheids sowie eine etwaig nachfolgende Berufung des Beklagten auf diese abzuwenden. Der Kläger besitzt ein legitimes Interesse daran, dass der Beklagte nach Aufhebung des angegriffenen Bescheids unter Beachtung auch der von ihm vorgebrachten Argumente neu über die Frage der Prüferauswechslung entscheidet.
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(1) Im Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass der Beklagte hier - was die Parteien nicht in Frage gestellt haben - durch Verwaltungsakt gehandelt hat. So sind nicht nur die Tatbestandsmerkmale nach Art. 35 BayVwVfG erfüllt, auch kann das streitgegenständliche Schreiben des Beklagten vom 12. Juni 2020 nach dem objektiven Empfängerhorizont nur als Verwaltungsakt verstanden werden (vgl. von Alemann/Scheffczyk in Beckscher Online-Kommentar VwVfG, 49. Edition Stand 1.10.2020, § 35 Rn. 36). So enthält das Schreiben einen Tenor, die Anordnung von Sofortvollzug und ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen.
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(2) Der angegriffene Bescheid ist für den Kläger nachteilig. Denn ohne den angeordneten Prüferaustausch wäre der Kläger - entsprechend seinem in der Sache verfolgten Ziel - zur mündlichen Prüfung zuzulassen. So verbliebe es ohne Prüferaustausch bei der Höherbewertung durch den Prüfer … um einen Punkt betreffend die ursprünglich von Erst- und Zweitkorrektor übereinstimmend mit 4 Punkten bewertete Prüfungsaufgabe 4. Nach § 30 Abs. 1 Satz 3 JAPO (Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen vom 13. Oktober 2003, GVBl. S. 758, BayRS 2038-3-3-11-J) würde dies zu einer Bewertung der Aufgabe mit 4,5 Punkten führen, was wiederum einen Notendurchschnitt im schriftlichen Teil der Prüfung von 3,83 Punkten ergeben würde (insgesamt erzielte 23 Bewertungspunkte - statt zuvor 22,5 - geteilt durch 6). Entsprechend wäre der Kläger nach § 31 Abs. 2 Satz 1 JAPO zur mündlichen Prüfung zuzulassen. Da mit der Prüferauswechslung die Gefahr verbunden ist, dass der neue Prüfer die fragliche Aufgabe erneut mit lediglich 4 Punkten bewerten könnte, ist die Prüferauswechslung für den Kläger nachteilig.
47
(3) Der danach durch die Prüferauswechslung für den Kläger entstandene Nachteil kann durch die Klage zumindest teilweise behoben werden, so dass sich diese nicht nutzlos darstellt. Zwar wäre die streitgegenständliche Entscheidung, wäre sie nicht in Gestalt eines Verwaltungsakts ergangen, nicht justiziabel, worauf noch genauer einzugehen sein wird. Hieraus ergibt sich aus Sicht des Klägers die Gefahr, dass er sein Ziel der Verhinderung der Prüferauswechslung am Ende nicht erreichen könnte, sofern der Beklagte der Sache nach an seiner Entscheidung festhält und nach gerichtlicher Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids die Prüferauswechslung - nicht justiziabel - erneut (formlos) vornimmt. Dennoch stellt sich die Klage nicht nutzlos dar. Denn mit ihrer Hilfe kann der Kläger zunächst die Bestandskraft des ergangenen Bescheids abwenden, die allein der Handlungsform des Verwaltungsakts geschuldet ist. Dabei darf eine verständige Partei in der Lage des Klägers davon ausgehen, dass ihre in einem gerichtlichen oder sonstigem Verfahren vorgebrachten Argumente zum einen gehört werden und zum anderen zumindest geeignet sein können, eine nachfolgende, ggf. auch nicht justiziable Entscheidung in ihrem Sinne zu beeinflussen. Würde dagegen der Standpunkt vertreten, der Kläger könne den ergangenen Bescheid mangels Rechtsschutzbedürfnis nicht zulässig angreifen, müsste sich die betroffene Behörde kaum bzw. weit weniger intensiv - auch nicht intern - mit den vorgebrachten Argumenten auseinandersetzen, sondern könnte regelmäßig auf die eingetretene Bestandskraft des ergangenen Bescheids verweisen.
48
(3) Darüber hinaus besteht ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers auch deswegen, weil der Beklagte - gänzlich legitim - sinngemäß ausgeführt hat, er beabsichtige auch mit Blick auf eine möglicherweise abweichende Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht, den streitgegenständlichen Bescheid aufzuheben. Hiermit bringt er auch zum Ausdruck, dass er potentiell von weiteren gerichtlichen Auseinandersetzungen ausgeht, bei denen der hier in Frage stehende Bescheid entscheidungserheblich sein könnte. Auch vor diesem Hintergrund besteht ein legitimes Interesse des Klägers, den Bescheid gerichtlich überprüfen zu lassen. Denn dem Kläger kann ein Rechtsschutzbedürfnis kaum abgesprochen werden, soweit der Beklagte erklärt, der streitgegenständliche Bescheid sei auch mit Blick auf etwaige zukünftige gerichtliche Auseinandersetzungen relevant.
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(4) Schließlich besteht auch ein Bedürfnis dafür, Rechtsbehelfen gegen fehlerhaft in der Handlungsform des Verwaltungsakts ergangene Entscheidungen selbst dann das Rechtsschutzbedürfnis nicht abzusprechen, wenn sich die Entscheidung als solche als rechtmäßig erweist. Denn bereits die Wahl der Handlungsform des Verwaltungsakts als solche bedarf einer Ermächtigungsgrundlage, worauf noch näher einzugehen sein wird. Im Übrigen bliebe es nach der Rechtsauffassung des Beklagten, zumindest was Rechtsschutzmöglichkeiten angeht, letztlich folgenlos, würde im Extremfall von Behördenseite schon eine Prüfung unterlassen, welche Handlungsform rechtlich geboten ist.
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b) Auch § 44a Satz 1 VwGO steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Die Vorschrift sieht vor, dass Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können. Anerkannt ist jedoch, dass die genannte Vorschrift schon tatbestandlich nicht greift, wenn die Sachentscheidung selbst allgemein nicht mit Rechtsbehelfen angegriffen werden kann (vgl. Posser in Beckscher Online-Kommentar VwGO, 55. Edition Stand 1.10, 2019, § 44a Rn. 24). So liegt der Fall hier, da die abschließende Entscheidung des Beklagten im Überdenkungsverfahren allgemein nicht mit Rechtsmitteln angegriffen werden kann, worauf noch einzugehen sein wird.
51
2. Die Klage ist auch begründet. Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 12. Juni 2020 ist mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig und verletzt den Kläger in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn die angegriffene Entscheidung ist in der Handlungsform des Verwaltungsakts ergangen, obwohl hierfür keine Rechtsgrundlage besteht.
52
a) Das Erfordernis eines prüfungsrechtlichen Überdenkungsverfahrens resultiert letztlich daraus, dass die gerichtlichen Kontrollmöglichkeiten in Prüfungsangelegenheiten eingeschränkt sind. Aufgabe der Verwaltungsgerichte ist es nicht, ggf. zu strenge oder ungerechte bzw. so empfundene Beurteilungen zu korrigieren, indem das Gericht seine eigenen Bewertungsmaßstäbe an die Stelle der Beurteilungen der Prüfer setzt. Im Wesentlichen betreffen die verwaltungsgerichtlichen Kontrollmöglichkeiten die Einhaltung der Regelungen des einschlägigen Prüfungsverfahrens sowie der Grenzen des prüfungsrechtlichen Beurteilungsspielraums (vgl. so zum Ganzen Fischer in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 804). Als Ausgleich dieser lediglich eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle besitzt der Prüfling bei berufsbezogenen Prüfungen aus Art. 12 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Überdenken der Bewertung seiner Prüfungsleistungen im Rahmen eines verwaltungsinternen Kontrollverfahrens. Damit wird zugleich in Ergänzung des gerichtlichen Rechtsschutzes eine Komplementärfunktion für die Durchsetzung des Grundrechts der Berufsfreiheit erfüllt. Bringt der Prüfling substantiierte Einwendungen gegen die der Prüfungsbewertung zugrunde liegenden Wertungen vor, ist die Prüfungsbehörde verpflichtet, diese Einwendungen den beteiligten Prüfern zuzuleiten. Diese haben sodann innerhalb des ihnen zustehenden prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraums ihre zuvor abgegebene Bewertung zu überdenken (vgl. so zu dem Ganzen BVerwG, U.v. 30.6.1994 - 6 C 4.93 - BeckRS 1994, 31223296).
53
Die konkrete Ausgestaltung des verwaltungsinternen Kontrollverfahrens obliegt dem Gesetzbzw. Verordnungsgeber, wobei das Verfahren nicht zwingend - etwa im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens - dem gerichtlichen Verfahren vorzuschalten ist. Bezogen auf die hier in Frage stehende Prüfung des Ersten Juristischen Staatsexamens wird der Anspruch auf Überdenken im Rahmen eines verwaltungsinternen Kontrollverfahrens durch ein eigenständig ausgestaltetes Verfahren nach § 14 JAPO erfüllt (vgl. so zum Ganzen BVerwG, B.v. 9.8.2012 - 6 B 19/12 - juris Rn. 3 ff.). Ein Überdenken im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens nach §§ 68 ff. VwGO scheidet hier bereits deswegen aus, weil das Landesjustizprüfungsamt bei dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz - also einer obersten Landesbehörde im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO - angesiedelt ist, sodass es für die Klageerhebung keines Widerspruchsverfahrens bedarf (vgl. BayVGH, U.v. 9.4.1997 - 7 B 95.1797 - BeckRS 1997, 19380). Die hieraus folgende Parallelität von verwaltungsinternem Kontrollverfahren und gerichtlichem Verfahren ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden (BVerwG, B.v. 9.8.2012 - 6 B 19/12 - juris Rn. 6). Das Klageverfahren ist nach § 94 VwGO auf entsprechenden Antrag des Prüflings auszusetzen, solange die Prüfungsbewertung in dem Verfahren nach § 14 JAPO überdacht wird (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.1993 - 6 C 35/92 - NVwZ 1993, 681; BayVGH, B.v. 8.2.2012 - 7 BV 11.2480 - BeckRS 2012, 50744 Rn. 18).
54
Bei dem Überdenkungsverfahren handelt es sich um ein bloßes - wenn auch formalisiertes - Gegenvorstellungsrecht (BayVGH, U.v. 4.6.2002 - 7 B 01.499 - NVwZ-RR 2003, 257; B.v. 8.2.2012 - 7 BV 11.2480 - BeckRS 2012, 50744). Dies ergibt sich bereits aus § 14 Abs. 5 JAPO, der die Regelungen zum Nachprüfungsverfahren dahingehend abschließt, dass § 74 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO - also die Vorschriften zur Klagefrist im Verwaltungsprozess - unberührt bleibt. Hierdurch kommt zum Ausdruck, dass das Nachprüfungsverfahren nicht den Eintritt der Bestandskraft des Prüfungsbescheids abwendet, sondern dass hierzu fristgemäß Klage zu erheben ist (vgl. BayVGH, U.v. 4.6.2002 - 7 B 01.499 - NVwZ-RR 2003, 257). Materiellrechtlich stellt sich das Nachprüfungsverfahren als Antrag dar, die ergangene Prüfungsentscheidung nach Art. 48 bzw. 49 Abs. 1 BayVwVfG aufzuheben (BayVGH B.v. 8.2.2012 - 7 BV 11.2480 - BeckRS 2012, 50744), wobei ein entsprechender, das frühere Prüfungsergebnis abändernder Bescheid lediglich dann ergeht, sofern das Nachprüfungsverfahren tatsächlich eine geänderte (Gesamt-)Bewertung ergeben hat (vgl. BayVGH, U.v. 4.6.2002 - 7 B 01.499 - NVwZ-RR 2003, 257). Damit wird das gerichtliche Verfahren lediglich um ein Verfahren zum Überdenken der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren prüfungsspezifischen Wertungen ergänzt. Dagegen ersetzt es weder die verwaltungsgerichtliche Kontrolle noch eröffnet es den Rechtsweg neu. Vielmehr obliegt es der eigenverantwortlichen Entscheidung des Prüflings, ob er sich auf die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens beschränkt und/oder Klage erhebt (vgl. so zum Ganzen BayVGH B.v. 8.2.2012 - 7 BV 11.2480 - BeckRS 2012, 50744). Sofern das Überdenkungsverfahren durchgeführt ist, ist die entsprechende, zugunsten des Prüflings bestehende Verfahrensgewährleistung erfüllt. Dies gilt selbst dann, wenn den Prüfern im Rahmen des Überdenkens (neue) Korrekturfehler unterlaufen sein sollten. Es besteht grundsätzlich kein gerichtlicher Rechtsschutz in Bezug auf das Überdenkungsverfahren (vgl. zum Ganzen Fischer in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018 Rn. 799).
55
b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe erweist sich der streitgegenständliche Bescheid mangels Rechtsgrundlage für die Handlungsform des Verwaltungsakts als rechtswidrig.
56
(a) Die fehlende Befugnis für die Handlungsform des Verwaltungsakts ergibt sich bereits aus dem Wesen des Überdenkungsverfahrens als - wenn auch formalisiertes - bloßes Gegenvorstellungsrecht. Hieraus folgt zunächst, dass der Beklagte lediglich befugt ist, das Nachprüfungsverfahren formlos - etwa durch einfaches Mitteilungsschreiben - zu beenden, sollte es nicht zu einer Abänderung der früheren Prüfungsbewertung kommen. Dies entspricht nach Kenntnis der Kammer auch der Rechtspraxis des Beklagten. Eine Ermächtigungsgrundlage, über das Ergebnis des Nachprüfungsverfahrens als solches durch Verwaltungsakt zu entscheiden, ist weder in § 14 JAPO normiert noch sonst ersichtlich. Vielmehr würde ein solches Verständnis gänzlich dem Wesen des Überdenkens als Gegenvorstellungsverfahren widersprechen. Denn bei einem solchen handelt es sich bereits definitionsgemäß um ein grundsätzlich formloses Verfahren (vgl. Kirchberg in Quaas/Zuck/Funke-Kaiser, Prozesse in Verwaltungssachen, 3. Aufl. 2018, Rn. 343).
57
Wenn aber bereits im Rahmen der (formlosen) Abschlussentscheidung eines (erfolglosen) Gegenvorstellungsverfahrens keine Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts besteht, gilt dies erst Recht für Entscheidungen, die den Abschluss des Gegenvorstellungsverfahrens lediglich fördern und der Abschlussentscheidung zeitlich und inhaltlich vorgelagert sind. Denn bei solchen vorausgehenden Entscheidungen handelt es sich inhaltlich betrachtet lediglich um ein „Minus“ im Vergleich zur abschließenden (formlosen) Entscheidung.
58
Danach besteht für die hier in Frage stehende Entscheidung der Prüferauswechslung keine Befugnis, durch Verwaltungsakt zu handeln. Denn die streitgegenständliche Entscheidung ist der abschließenden Entscheidung im Überdenkungsverfahren zeitlich vorgelagert und bereitet diese lediglich vor.
59
(b) Die fehlende Verwaltungsaktsbefugnis für den hier ergangenen Bescheid folgt zudem daraus, dass eine formlose Gegenvorstellung den Rechtsweg auch nicht teilweise neu eröffnen kann. Denn dies ist - wie bereits ausgeführt - mit dem Wesen des Gegenvorstellungsrechts nicht vereinbar. Wird der Prüfungsbescheid nicht angegriffen, erwächst dieser in Bestandskraft, ohne dass diese durch nachfolgende Entscheidungen im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens (teilweise) durchbrochen werden kann. Dabei wird die Bedeutung dieses Grundsatzes durch dessen Verallgemeinerungsfähigkeit noch hervorgehoben: Man denke etwa an baurechtliche Fallgestaltungen mit zahlreichen Beteiligten, in denen verfahrensrechtlich und materiellrechtlich komplexe Bescheide ergehen. Sofern ein solcher Bescheid in Bestandskraft erwachsen ist, erschiene es systemwidrig, könnte die zuständige Behörde eine definitionsgemäß formlose Gegenvorstellung eines (weiteren) Beteiligten rechtsmittelfähig durch Verwaltungsakt bescheiden und so - trotz eingetretener - Bestandskaft den Rechtsweg (teilweise) neu eröffnen. All dies gilt zwar unmittelbar lediglich mit Blick auf die abschließende Entscheidung eines Gegenvorstellungsverfahrens. Erst Recht trifft dies aber auf das hier in Frage stehende Minus einer lediglich vorbereitenden Maßnahme zu.
60
(c) Auch Überlegungen zu einem - hypothetischen - Nachprüfungsverfahren in Gestalt eines förmlichen Widerspruchsverfahren nach §§ 68 ff. VwGO sprechen gegen die Verwaltungsaktsbefugnis der Beklagten im vorliegenden Fall. In dem hypothetischen Fall eines Nachprüfungsverfahrens in Gestalt eines Widerspruchsverfahrens wäre - sofern das Widerspruchsverfahren ohne Abänderung verläuft - nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Klagegegenstand grundsätzlich der Ausgangsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids. Dagegen kann nach § 79 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 VwGO ausnahmsweise der Abhilfe- bzw. Widerspruchsbescheid Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er eine erstmalige oder zusätzliche Beschwer enthält. Ein solcher Fall wäre aber für ein Nachprüfungsverfahren in Gestalt eines Widerspruchsverfahrens nicht ersichtlich. Denn Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ist die Bewertung von Prüfungsleistungen, wobei ein Verschlechterungsverbot anerkannt ist. Eine erstmalige oder zusätzliche Beschwer betreffend das Ergebnis des Nachprüfungsverfahrens oder sonst ist also nicht ersichtlich, sodass - sofern keine abändernde Bewertung zugunsten des Prüflings ergeht - nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Klagegegenstand der Ausgangsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids sein wird. Mit der Entscheidung zur Prüferauswechslung stünde dabei eine bloße unselbstständige, lediglich das Ergebnis des Widerspruchsverfahrens vorbereitende Verfahrenshandlung in Frage. Endgültige materielle Rechtswirkungen würden von der Entscheidung zum Prüferaustausch als solcher nicht ausgehen. Vielmehr wäre der Ausgang des Nachprüfungs- bzw. Widerspruchsverfahrens damit nicht (vor-)entschieden. Solche Verfahrenshandlungen besitzen jedoch selbst in förmlichen Prüfungsverfahren grundsätzlich keine Verwaltungsaktsqualität (vgl. Fischer in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 814). So wäre etwa ein prüfungsrechtlich befangener Prüfer selbst in einem förmlichen Prüfungsverfahren nach Art. 21 BayVwVfG durch innerbehördlichen Organisationsakt auszuschließen und nicht etwa durch Verwaltungsakt (vgl. Heßhaus in Beckscher Online-Kommentar, VwVfG, 49. Edition Stand 1.10.2020, § 21 Rn. 10). Würde etwa bekannt, dass als Prüfer ein Elternteil des Prüflings zu dessen mündlicher Prüfung eingeteilt ist, ist davon auszugehen, dass der Beklagte den betroffenen Prüfer in dem förmlichen Prüfungsverfahren schlicht austauschen würde, ohne hierüber durch rechtsmittelfähigen Verwaltungsakt zu entscheiden. Wenn aber all dies sogar für förmliche Verwaltungsverfahren in Gestalt eines Widerspruchsverfahrens gilt, kann erst Recht nichts anderes für das hier in Frage stehende, grundsätzlich formlose Gegenvorstellungsverfahren gelten. Danach scheidet hier die Verwaltungsaktsbefugnis des Beklagten erst Recht aus.
61
(d) Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Prüfungsbehörde die ursprüngliche Prüfungsentscheidung nach Abschluss des Überdenkungsverfahrens nach Art. 48 BayVwVfG (sofern ein Rechtsfehler vorliegt) oder nach Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG (sofern der Beurteilungsspielraum betroffen ist) abändert, sofern sich zugunsten des Prüflings eine Änderung der ursprünglichen Prüfungsbewertung ergeben hat (vgl. BayVGH, U.v. 4.6.2002 - 7 B 01.499 - NVwZ-RR 2003, 257). Denn weiterhin handelt es sich bei der Abschlussentscheidung in dem formalisierten Gegenvorstellungsverfahren nach § 14 JAPO um eine formlose Entscheidung ohne Verwaltungsaktscharakter. Dies ist für den Fall des erfolglosen Nachprüfungsverfahrens unmittelbar ersichtlich, da der Prüfling in diesem Fall lediglich eine formlose Mitteilung sinngemäß dahingehend erhält, das Nachprüfungsverfahren habe zu keiner Verbesserung der Prüfungsbewertung geführt. Entsprechend hat auch der Beklagte sinngemäß ausgeführt, das Nachprüfungsverfahren ende ggf. mit der Bekanntgabe des Misserfolgs. Aber auch für den Fall, dass das Ergebnis des Nachprüfungsverfahren letztlich zu einer Abänderung der ursprünglichen Prüfungsbewertung (zugunsten des Prüflings) führt, ergibt sich nichts anderes. Denn auch in diesem Fall findet das Nachprüfungsverfahren zunächst formlos seinen Abschluss in der ggf. lediglich behördeninternen Feststellung, dass und wie sich der Prüfling verbessert hat. Lediglich als Folge dieses formlosen Ergebnisses wird sodann der ursprünglich ergangene Prüfungsbescheid nach Art. 48 bzw. 49 Abs. 1 BayVwVfG abgeändert.
62
(e) Auch aus §§ 12, 7 Abs. 2 JAPO ergibt sich keine Befugnis für den Beklagten, vorliegend in der Form des Verwaltungsakts zu handeln. Dem stehen bereits die dargelegten Gesichtspunkte entgegen. Zudem regelt § 12 JAPO ausweislich seiner Überschrift Mängel im Prüfungsverfahren. Hätte der Verordnungsgeber dem Beklagten auch im Nachprüfungsverfahren die Verwaltungsaktsbefugnis einräumen wollen, wäre zum einen die Einbeziehung des Nachprüfungsverfahrens in die amtliche Überschrift zu erwarten gewesen. Zum anderen wäre systematisch zu erwarten gewesen, dass Fehlerfolgen betreffend das Nachprüfungsverfahren in nachfolgenden Vorschriften und nicht etwa in § 12 JAPO noch vor der Regelung des Nachprüfungsverfahrens selbst in § 14 JAPO geregelt worden wären.
63
(f) Eine Ermächtigungsgrundlage des Beklagten ergibt sich auch nicht aus der Überlegung, wonach dieser ggf. lediglich einer inhaltlichen Ermächtigung bzw. einer Ermächtigung der Sache nach bedürfe, wobei es auf die Wahl der Handlungsform nicht ankomme. Denn nach überzeugender und herrschender Ansicht verlangt der Vorbehalt des Gesetzes eine Ermächtigungsgrundlage auch dahingehend, dass die Verwaltung befugt ist, sich gerade der Handlungsform des Verwaltungsakts zu bedienen (vgl. von Alemann/Scheffczyk in Beckscher Online-Kommentar VwVfG, 49. Edition Stand 1.10.2020, § 35 Rn. 95 m.w.N.). Dabei ergibt sich der Eingriff allein aufgrund der Handlungsform des Verwaltungsakts, genauer daraus, dass diese Handlungsform fehlerunabhängig Wirksamkeit beansprucht und mit potentieller Bestandskraft verbunden ist (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 25). Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt damit bereits in der Wahl der Handlungsformen des Verwaltungsakts als solcher ein Eingriff, für den es einer Ermächtigungsgrundlage bedarf (von Alemann/Scheffczyk a.a.O.; Stelkens a.a.O.).
64
(g) Auch eine etwaige erstmalige oder gesonderte Beschwer des Klägers durch die angegriffene Entscheidung, wie sie der Beklagte im Termin zu mündlichen Verhandlung vom 24. September 2020 thematisiert hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch eine solche Beschwer würde nichts an dem Rechtscharakter des Überdenkungsverfahrens als bloßem Gegenvorstellungsverfahren ändern. Entsprechend schafft auch eine etwaige neue oder erstmalige Beschwer keine Rechtsgrundlage, um in einem formlosen Gegenvorstellungsverfahren durch Verwaltungsakt handeln zu können. Soweit der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung mit der Fallgestaltung eines erst im Nachprüfungsverfahren entdeckten Unterschleifs mit der Folge der Bewertung der Gesamtprüfung mit null Punkten argumentiert hat, führt auch dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch in einem solchen Fall wäre das Nachprüfungsverfahren behördenintern zunächst formlos mit der Feststellung abgeschlossen, dass dieses nicht zu einer Verbesserung der Bewertung führen kann. Dem würde der entdeckte Unterschleif entgegenstehen. Lediglich als Folge dieser Feststellungen könnte die Prüfungsbehörde sodann - das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen unterstellt - aufgrund der gesonderten Rechtsgrundlage nach § 11 Abs. 7 Satz 2 JAPO handeln. Hierin liegt eine Rechtsgrundlage, die - womöglich neben Art. 48 BayVwVfG - zu einem Tätigwerden in der Handlungsform des Verwaltungsakts ermächtigt. Für die hier in Frage stehende Entscheidung bzw. die Abschlussentscheidung im Überdenkungsverfahren ist Ähnliches nicht ersichtlich.
65
(h) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist das Überdenkungsverfahren grundsätzlich auch nicht hinsichtlich etwaiger Verfahrensfehler justiziabel. Denn dies widerspräche bereits dem Charakter des Überdenkungsverfahren als (formalisiertes) Gegenvorstellungsverfahren. Auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere aus dem klägerseits zitierten Urteil vom 24.2.1993 (6 C 35/92 - NVwZ 1993, 681) ergibt sich nichts anderes. Vielmehr stellt das Bundesverwaltungsgericht in dem bezeichneten Urteil die möglichen Vorgehensweisen eines Prüflings nach gerichtlichem Hinweis gegenüber: Zum einen sei das gerichtliche Verfahren auf Antrag des Klägers auszusetzen, sofern er sich - ggf. noch im gerichtlichen Verfahren - entscheide, ein Überdenkungsverfahren durchzuführen. Zum anderen könne der Prüfling „mit dem Ziel einer schnellstmöglichen Entscheidung […] allein eine Rechtskontrolle durch das VG“ anstreben, „etwa weil er auch Rechtsfehler, z. B. im Prüfungsverfahren oder im Hinblick auf eine falsche und damit rechtswidrige fachspezifische Bewertung, geltend macht und meint, daß seinem Rechtsschutzbegehren mit einer schnellen Aufhebung der Prüfungsentscheidung durch das VG am besten gedient sei“. Dem lässt sich nicht entnehmen, dass Verfahrensfehler im Überdenkungsverfahren justiziabel sein könnten. Denn das Bundesverwaltungsgericht beschreibt in der hier wörtlich wiedergegebenen Textpassage lediglich die Fallgestaltung, dass ein Prüfling auf ein Überdenkungsverfahren verzichtet und allein das gerichtliche Verfahren durchführt. In dieser Variante fehlt es aber gerade an einem Überdenkungsverfahren, so dass dem fraglichen Urteil insoweit nichts zu etwaigen Verfahrensfehlern in solchen Verfahren entnommen werden kann. Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts klargestellt, dass ausnahmsweise dann um gerichtlichen Rechtsschutz betreffend Überdenkungsverfahren nachgesucht werden kann, wenn sich die Prüfungsbehörde weigert, überhaupt ein solches Verfahren durchzuführen (vgl. BVerwG, B.v. 9.8.2012 - 6 B 19/12 - juris Rn. 10). Für den Fall der Missachtung grundlegender Anforderungen an die Gestaltung des verwaltungsinternen Kontrollverfahrens hat es die Frage offen gelassen (BVerwG a.a.O.). Wenn also mit der - aufgrund der Rechtsnatur des Überdenkungsverfahrens als bloßes Gegenvorstellungsverfahren - überzeugenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Überdenkungsverfahren lediglich ausnahmsweise einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich sein soll bzw. sein könnte, muss dieses im Grundsatz nicht justiziabel sein. Sonst ergäben die erörterten Ausnahmen keinen Sinn. Schließlich bewirkt der Umstand, dass das Überdenkungsverfahren grundsätzlich nicht justiziabel ist, auch nicht, dass der Kläger mit Blick auf die Prüfungsentscheidung rechtlich schutzlos wäre. Denn ein Prüfling besitzt stets die Möglichkeit - ggf. zusätzlich zu dem Überdenkungsverfahren -, den Prüfungsbescheid im Wege der Klage anzugreifen.
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(i) Hier liegt auch keine Fallgestaltung vor, in der mit der - soeben dargestellten - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, B.v. 9.8.2012 - 6 B 19/12 - juris Rn. 10) ausnahmsweise eine gerichtliche Kontrolle des Überdenkungsverfahrens geboten ist bzw. sein könnte, also im Fall der Weigerung der Prüfungsbehörde, überhaupt ein Überdenkungsverfahren durchzuführen, bzw. im Fall der Missachtung grundlegender Anforderungen an die Gestaltung des verwaltungsinternen Kontrollverfahrens. Hier weigert sich der Beklagte keineswegs, das Überdenkungsverfahren durchzuführen, sondern beabsichtigt vielmehr, dieses nach Prüferauswechslung und Überdenken durch den neuen Prüfer abzuschließen. Auch ist nicht ersichtlich, dass mit der Prüferauswechslung grundlegende Anforderungen des Überdenkungsverfahrens missachtet würden. Zunächst ist eine solche Prüferauswechslung im Überdenkungsverfahren nicht schlechterdings ausgeschlossen. Dies wird schon mit Blick auf Fallgestaltungen der rechtlichen oder tatsächlichen Unmöglichkeit deutlich, etwa wenn der Prüfer ggf. auch aus Sicht des Prüflings offensichtlich befangen ist oder gar verstorben ist. Auch sonst verstößt die Prüferauswechslung hier jedenfalls nicht gegen grundlegende Anforderungen des Überdenkungsverfahrens. Vielmehr erscheint die Entscheidung des Beklagten in der Sache nachvollziehbar und vertretbar. Zwar muss auch mit Blick auf die klägerseits hervorgehobene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur etwaigen Sanktionierung von Prüflingen in Fällen der Kontaktaufnahme zu Prüfern im Nachprüfungsverfahren (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2012 - 6 C 19/11 - NVwZ 2012, 1188) ein vermittelnder Maßstab mit Blick auf Entscheidungen zur Prüferauswechslung im Nachprüfungsverfahren gefunden werden. Auf der einen Seite dürfen es mit der Argumentation des Klägers (gänzlich) Unbeteiligte nicht in der Hand haben, unaufgefordert durch gezielte Informationen über Prüfungskandidaten gegenüber der Prüfungsbehörde bzw. Prüfern das gesamte Prüfungsverfahren zu torpedieren, etwa weil ein Prüfer bereits aufgrund Kenntnisnahme dieser Informationen aus dem Prüfungsverfahren ausscheiden müsste. Dies würde letztlich die Durchführbarkeit von Prüfungsverfahren überhaupt gefährden. Auf der anderen Seite ist auch dem allgemeinen Rechtsgrundsatz Rechnung zu tragen, dass Verwaltungsverfahren objektiv, neutral und fair entschieden werden (Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 21 Rn. 1). Ebenso schützenswert erscheint das Vertrauen der Allgemeinheit in eine solche Arbeitsweise der Verwaltung. Vor diesem Hintergrund erscheint die Entscheidung des Beklagten zur Prüferauswechslung nachvollziehbar und vertretbar, so dass jedenfalls kein Fall eines Verstoßes gegen grundlegende Anforderungen des Überdenkungsverfahrens ersichtlich ist. Nicht entschieden werden muss hier die Frage, ob sich zum Ausgleich der widerstreitenden Positionen etwa die allgemeinen Grundsätze zum Recht der Besorgnis der Befangenheit insbesondere nach Art. 21 BayVwVfG eignen, die jedenfalls Ausdruck des genannten allgemeinen Rechtsgrundsatzes sind (Schmitz a.a.O.). Hierbei käme es nicht auf die - kaum feststellbare - Frage der tatsächlichen Befangenheit eines Prüfers aufgrund (ungefragt) erhaltener Informationen an, sondern auf die entsprechende Wahrnehmung etwa von verständigen und vernünftigen (Mit-)Prüflingen (vgl. allgemein zur maßgeblichen Perspektive Schmitz a.a.O. Rn. 10). Schließlich kann die Kammer auch nicht erkennen, dass der Beklagte - so wohl das Vorbringen des Klägers - die Absicht verfolgen würde, den Kläger an seinem beruflichen Fortkommen zu hindern. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Ausgang des Nachprüfungsverfahrens auch nach etwaiger Prüferauswechslung weiterhin offen wäre.
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Nach alledem hat die Klage deswegen Erfolg, weil der Beklagte mangels entsprechender Ermächtigung nicht die Handlungsform des Verwaltungsakts wählen durfte.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1,154 Abs. 1 VwGO. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass das Unterliegen des Beklagten darauf zurückgeht, das er nicht durch Verwaltungsakt handeln durfte, dieselbe formlose Entscheidung in dem Überdenkungsverfahren aber jedenfalls nicht justiziabel gewesen wäre. Denn für die Kostenfolge aus § 154, Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt, sind die Gründe für den Misserfolg ohne Bedeutung (vgl. Hartung/Zimmermann-Kreher in Beckscher Online-Kommentar, 55. Edition Stand 1.10.2020, § 154 Rn. 2). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.