Inhalt

VG München, Urteil v. 11.03.2021 – M 11 K 18.4344
Titel:

Abgrenzung von Innen- und Außenbereich

Normenkette:
BauGB § 34 Abs. 1 S. 1, § 35 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 7
Leitsatz:
Wenn ein geplanter Vorhabenstandort nur relativ weitläufig von Bebauung umgeben ist, so genügt dies nicht, um eine Innenbereichslage der Grundstücksfläche im Sinne einer "Baulücke" annehmen zu können. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorbescheid, Abgrenzung Innen- und Außenbereich, Außenbereich, Innenbereich, Baulücke, Bebauungszusammenhang, Splittersiedlung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 01.09.2021 – 1 ZB 21.1507
Fundstelle:
BeckRS 2021, 24905

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Vorbescheids zur Errichtung dreier Einfamilienhäuser, alternativ eines Doppelhauses, auf den in seinem Eigentum stehenden Grundstücken Fl.Nr. 964, 965, 968 und 971/10 der Gemarkung …, die zu einem einheitlichen Baugrundstück verschmolzen werden sollen (Vorhabenstandort).
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Die zur Bebauung vorgesehenen, derzeit unbebauten Grundstücke liegen innerhalb eines Gebiets, das im Osten durch das Ufer des Ammersees, im Norden durch die Orts straße … … (Fl.Nr. 960) und im Westen durch eine Bahnlinie (Fl.Nr. 865/2) begrenzt ist. Im Süden geht der Bereich in Grünflächen über. Ein Bebauungsplan besteht für das Gebiet nicht. Nördlich des Vorhabenstandorts befinden sich entlang der Straße … … auf der Fl.Nr. 949 ein größerer Gebäudekomplex des Benediktinerklosters … … (Anwesen Nr. 2) und zwei weitere Gebäude (Anwesen Nr. 3 und 3a) sowie kleinere Nebengebäude. Im Westen ist die Fl.Nr. 949 nur durch eine Wegfläche (Fl.Nrn. 971/17) vom Ammersee getrennt. An diesem Weg (Fl.Nrn. 971/17 und 971) liegen im Nordosten des Vorhabenstandorts eine Kirche und zwei Gebäude (Haus Nr. 5 und 6) auf den Fl.Nrn. 945, 946 und 947. Auf der dem Vorhabenstandort gegenüberliegenden (östlichen) Uferseite des Wegs befinden sich Betriebsgebäude eines Fischereibetriebs (Haus Nr. 11 und weitere kleinere Wirtschaftsgebäude/ Bootshäuser). Westlich und südlich des geplanten Vorhabenstandorts grenzt das weitläufige Grundstück Fl.Nr. 866 an, auf dem sich ein größeres Anwesen (Haus Nr. 13) und weiteren Gebäude (Haus Nr. 15) sowie verschiedene kleinere Nebengebäude befinden.
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Der Kläger beantragte unter dem 15. Dezember 2017, ergänzt mit Schreiben vom 1. Februar 2018, einen Vorbescheid zur Errichtung von drei Einfamilienhäusern auf den Grundstücken Fl.Nr. 964, 965 und 968 der Gemarkung … (Variante A). Alternativ wurde die Errichtung eines Doppelhauses auf der Fl.Nr. 968 abgefragt (Variante B). Die Vorbescheidsfragen beziehen sich auf die Art, das Maß, die überbaubare Grundstücksfläche und die Erschließung der beiden Vorhabensvarianten.
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Der Beigeladene verweigerte zu dem Vorhaben mit Beschluss des Bau- und Umweltausschusses vom 15. Januar 2018 das gemeindliche Einvernehmen. Es liege im Außenbereich und beeinträchtige öffentliche Belange. Zudem sei die Erschließung fraglich.
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Mit Bescheid vom 17. Juli 2018 lehnte das Landratsamt Landsberg am Lech (im Folgenden: Landratsamt) nach Anhörung des Klägers den begehrten Vorbescheid ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Vorhaben im Außenbereich liege und dort öffentliche Belange beeinträchtige. Das Landratsamt gehe davon aus, dass die Bebauung auf den umliegenden Grundstücken wegen der Zahl und dem Umfang der vorhandenen Bauten und deren Siedlungsstruktur für sich gesehen einen Ortsteil darstelle. Die zur Bebauung vorgesehenen Flächen würden aber nicht am Bebauungszusammenhang teilnehmen. Der Bebauungszusammenhang ende im Süden mit den Wohnhäusern Nr. 5 und 6. Die Häuser Nr. 13 und 15 lägen hiervon deutlich abgesetzt in einem Abstand von ca. 112 bzw. 132 m. Bei der vorgegebenen Situation werde der Bebauungszusammenhang durch Abstände dieser Größe unterbrochen. Die Betriebsgebäude eines Fischereibetriebs auf dem Grundstück Fl.Nr. 971/8 seien keine Gebäude, die dem dauerhaften Aufenthalt von Menschen dienen würden. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt würden oder in einem weiteren Sinne "Nebenanlagen" zu einer landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung seien, seien in einer Regel keine Bauten, die für sich genommen ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen könnten. Damit stelle sich das Baugrundstück nicht als Baulücke dar. Es handele sich um ein sonstiges, nicht privilegiertes Vorhaben im Außenbereich, das öffentliche Belange in mehrfacher Hinsicht beeinträchtige. Die Errichtung von Wohnhäusern widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplans, der für den Bereich ein "Sondergebiet Kinderheim" vorsehe. Das verfolgte Ziel, derartige Flächen für Anlagen und Einrichtungen des bestehenden Kinderheims vorzuhalten, werde durch die Errichtung von Wohngebäuden, die in keinem Zusammenhang mit der Sondergebietsnutzung stünden, infrage gestellt. Zudem lasse das Vorhaben die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten. Eine Genehmigung führe dazu, das Vorhaben ähnlicher Art auf den Nachbargrundstücken kaum zu verhindern seien. Die mögliche Folge sei eine städtebaulich nicht erwünschte Zersiedelung weiter Teile des Uferbereichs. Darüber hinaus werde die natürliche Eigenart der Landschaft und ihrer Aufgabe als Erholungsgebiet für die Allgemeinheit beeinträchtigt. Diesem Belang komme vorliegend besondere Bedeutung zu, weil das Grundstück in einer landschaftlich sehr reizvollen Lage in unmittelbarer Nähe zum Ammersee liege. Der Bescheid wurde der Klägerseite am 2. August 2018 zugestellt.
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Der Kläger hat durch seinen Bevollmächtigten am 30. August 2018 Klage beim Verwaltungsgericht München erhoben. Er beantragt,
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den Ablehnungsbescheid des Landratsamts vom 17. Juli 2018 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger den von ihm beantragten Vorbescheid zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Anwesen … … …, Fl.Nrn. 964,965, 968 und 971/10 der Gemarkung … am Ammersee nach Maßgabe seines Antrags zu erteilen.
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Zur Begründung der Klage wurde mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2019 im Wesentlichen vorgetragen, dass sich die abgefragte bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB richte. Prägend für den Bebauungszusammenhang seien in erster Linie zwar nur Bauwerke, die dem wiederholten Aufenthalt von Menschen dienen würden. Hierzu könnten jedoch auch Betriebsgebäude gehören. Die Baugrundstücke seien als Bestandteil des Bebauungszusammenhangs zu werten. Sie grenzten unmittelbar an die Erschließungsanlage … … an. Nördlich würden die Anwesen Nr. 5 und 6 angrenzen, in westlicher und südlicher Richtung die Wohn- und Wirtschaftsgebäude des Klosters … … In östlicher Richtung schlössen sich entlang der Erschließungsstraße die Gebäude des Fischereibetriebs an. Der Bebauungszusammenhang ende nicht im Bereich der Anwesen Nr. 5 und 6, da die Betriebsgebäude des Fischereibetriebs als prägendes Element ebenfalls am Bebauungszusammenhang teilnähmen. Es handele sich nicht um unbeachtliche Nebenanlagen, sondern um den wirtschaftlichen Hauptstandort des Fischereibetriebs mit Personal- und Büroräumen. Auch die für den Fischereibetrieb notwendigen Raumkapazitäten zur Weiterverarbeitung des Fischfangs würden sich im Gebäudebestand befinden, der ausweislich der Presse mit Zustimmung des Beigeladenen sogar noch erweitert werden solle. Die Eigenschaft der Baugrundstücke als derzeitige Freifläche stehe der Teilnahme am Bebauungszusammenhang nicht entgegen. Der Ortsteil … … stelle sich als klassisches Siedlungsbeispiel des oberbayerischen ländlichen Raumes dar, der durch weitläufige Grundstücksflächen und großzügige Abstände zwischen der Bebauung geprägt sei. Dies betreffe insbesondere die Fl.Nrn. 866, 947, 946 und 971/8. Maßgeblich für die Beurteilung der jeweiligen Freifläche sei eine Bewertung der jeweiligen örtlichen Verhältnisse nach den Maßstäben der Verkehrsanschauung. Hierbei sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass Freiflächen mit Ausdehnungen von 150 bis 170 m für einen Bebauungszusammenhang beachtlich sein könnten. Derzeit bewege sich die kürzeste Distanz der Bestandsbauten bei ca. 60 m und im Durchschnitt bei 50 bis 80 m. Derartige Abstände seien in der Rechtsprechung bereits vielfach als Bestandteil des Bebauungszusammenhangs bestätigt worden. Die vorhandenen Freiflächen seien auch zu keiner gesonderten, vom umliegenden Bereich losgelösten städtebaulichen Entwicklung fähig. Durch die Einbettung in den maßgeblichen Gebietsumgriff wirke sich die Bebauung in der näheren Umgebung prägend auf die Bauflächen aus. Auch der historisch bedingte Zuschnitt der Flurstücke zeige, dass diese seit jeher für eine Bebauung vorgesehen gewesen seien bzw. eine Bebauung augenscheinlich bereits bestanden haben müsse. Im Übrigen füge sich das Vorhaben nach Art und Maß in die nähere Umgebung ein, die im Wesentlichen einem Dorfgebiet entspreche. Die Erschließung sei durch das unmittelbare Angrenzen an die Straße … … gesichert. Selbst wenn dem nicht gefolgt werde, bestehe ein Anspruch auf Erteilung des Vorbescheids auf Grundlage des § 35 Abs. 2 BauGB, da öffentliche Belange nicht beeinträchtigt würden. Das Vorhaben entspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplans. Aus der Bezeichnung "Sondergebiet Kinderheim" könne nicht abgeleitet werden, dass in diesem Bereich ausschließlich die Errichtung von Kinderheimgebäuden zulässig sei. Ferner sei die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer unerwünschten Splittersiedlung nicht zu erwarten. Der Kläger strebe mit dem geplanten Vorhaben eine Bebauung an, deren Entstehung im hiesigen Bebauungszusammenhang bereits angelegt sei. Die Vorhabengrundstücke seien von mehreren Seiten von Bebauung umgeben. Damit erschließe das Vorhaben keine neue, außerhalb der Bebauung bestehende Fläche, sondern schließe lediglich die Lücke zwischen der entlang der Straße … … in Nord-Süd-Richtung vorhandenen Bebauung. Das Vorhaben habe keine unerwünschte Vorbildwirkung, da es durch die Situierung der Baugrundstücke eine einzigartige Position innehabe. Insbesondere hinsichtlich der südlich gelegenen Flächen könne das Vorhaben nicht als Bezugsfall herangezogen werden, da diese nicht mehr von Bebauung umschlossen seien. Im Übrigen stelle der Flächennutzungsplan die Fl.Nr. 866 weitgehend als nicht überbaubare Grünfläche dar. Die natürliche Eigenart der Landschaft und deren Erholungswert würden nicht berührt, was näher ausgeführt wurde.
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Der Beklagte trat der Klage mit Schriftsatz vom 15. Januar 2020 entgegen. Er beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Ausführungen des Bescheids wurden wiederholt und vertieft.
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Der Beigeladene stellte keinen Antrag.
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Die Kammer hat am 11. März 2021 Beweis über die örtlichen Verhältnisse durch Einnahme eines Augenscheins erhoben und anschließend die mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der beim Augenschein getroffenen Feststellungen und des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Augenscheins- und Sitzungsniederschrift verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 17. Juli 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da er keinen Anspruch auf den begehrten Vorbescheid hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Dem beantragten Vorhaben stehen in den beiden abgefragten Varianten öffentlichrechtliche Vorschriften entgegen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 71 Satz 4 i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1, Art. 59 BayBO).
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Das Landratsamt hat die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich beider Varianten aufgrund der anzunehmenden Außenbereichslage zu Recht verneint. In der Folge bestand auch kein Anspruch auf eine positive Beantwortung der übrigen Fragen.
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1.1 Das Vorhaben liegt nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB und deshalb im bauplanungsrechtlichen Außenbereich nach § 35 BauGB.
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Ein "im Zusammenhang bebauter Ortsteil" im Sinne von § 34 BauGB ist jede Bebauung im Gebiet einer Gemeinde, die trotz vorhandener Baulücken geschlossen und zusammengehörend wirkt, nach der Zahl der vorhandenen Gebäude ein gewisses Gewicht hat und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, U.v. 6.11.1968 - 4 C 2.66 - juris). Der Begriff umfasst zwei Komponenten, den "Bebauungszusammenhang" und den "Ortsteil". Die Voraussetzung des Bebauungszusammenhanges erfordert, dass eine aufeinanderfolgende, zusammengehörend und geschlossen erscheinende Bebauung tatsächlich vorhanden ist. Unter den Begriff der Bebauung im Sinne dieser Vorschrift fällt dabei nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen (vgl. BVerwG, U.v. 14.9.1992 - 4 C 15.90; U.v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - jew. juris). Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (vgl. BVerwG, U.v. 17.2.1984 - 4 C 55.81 - juris). Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. kleine Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen (vgl. BVerwG, B. v. 6.3.1992 - 4 B 35.92 - juris). Darüber, wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist nicht nach geographischmathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts zu entscheiden (BVerwG, U.v. 30.6.2015 - 4 C 5/14 - juris Rn. 16). Eine unbebaute Fläche ist - als "Baulücke" - Teil des Bebauungszusammenhangs, wenn sie von der angrenzenden zusammenhängenden Bebauung so stark geprägt ist, dass die Errichtung eines Gebäudes auf dieser Fläche als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung erscheint. Soweit eine Prägung durch die benachbarte Bebauung fehlt, handelt es sich um Außenbereich. Das Vorliegen einer Baulücke wird umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist (vgl. BVerwG, U.v. 12.6.1970 - IV C 77.68 - BVerwGE 35, 256-262). Entscheidend bleibt jedoch stets eine umfassende Bewertung der Grundstücksituation auf Grundlage der konkreten Gegebenheiten. Liegt ein Grundstück am Ortsrand, endet der Bebauungszusammenhang unabhängig vom Verlauf der Grundstücksgrenze regelmäßig am letzten Baukörper; örtliche Besonderheiten können es aber rechtfertigen, ihm noch bis zu einer natürlichen Grenze (z.B. Fluss, Waldrand o.ä.) ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind und trotz des Vorhandenseins von Baulichkeiten sonst nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beitragen (BVerwG, B.v. 2.8.2001 - 4 B 26.01 - juris Rn. 7).
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1.1.1 Offen bleiben kann, ob es sich bei dem Gebäudebestand in dem maßgeblichen, von der innerörtlichen Bebauung durch eine Bahnlinie klar abgetrennten Gebiet um einen Ortsteil i.S.d. § 34 BauGB handelt. Im Geodatenportal Bayern Atlas sind in dem fraglichen Bereich lediglich die Anwesen Nr. 3a, 5 und 6 als Wohngebäude gekennzeichnet. Unter Berücksichtigung aller vorhandenen größeren Anlagen handelt es sich im Wesentlichen um Gebäude der heute teilweise als Kinderheim genutzten Klosteranlage, eine Kirche mit Pfarrhaus, ein Wohn- und Betriebsgebäude eines Bootsverleihs und Betriebsgebäude eines Fischereibetriebs. Inwieweit diese Bauwerke, die als Solitäranlagen bzw. in Zusammenhang mit einer bauplanungsrechtlichen Privilegierung entstanden sein dürften, vorliegend als Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur gesehen werden können, mag dahinstehen.
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1.1.2 Der geplante Vorhabenstandort stellt sich hinsichtlich beider Varianten jedenfalls nicht als bloße "Baulücke" dar. Der Beklagte hat insofern zu Recht ausgeführt, dass die zur Bebauung vorgesehenen Grundstücksflächen insofern keinen Bestandteil eines durch die vorhandenen Bauten vermittelten Bebauungszusammenhangs bilden.
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Der durchgeführte Augenschein hat den sich bereits aus den Lagekarten und Luftbildaufnahmen des Geodatenportals Bayern Atlas ergebenden Eindruck bestätigt, dass der geplante Vorhabenstandort nur relativ weitläufig von Bebauung umgeben ist. Dies genügt nicht, um eine Innenbereichslage der streitgegenständlichen Grundstücksflächen im Sinne einer "Baulücke" annehmen zu können. Die Örtlichkeiten und insbesondere auch die Verteilung der Bebauung auf den umliegenden Flächen lassen vorliegend nicht den Schluss zu, dass die zur Bebauung vorgesehenen Flächen von der umgebenden Bebauung derart geprägt sind, dass sie dieser noch als zugehörig betrachtet werden könnten. Zu Recht hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass der geplante Vorhabenstandort selbst unter Berücksichtigung des Betriebsgebäudes des Fischereibetriebs allenfalls auf zwei Seiten - nämlich im Norden (Haus Nr. 5 und 6) und im Osten (Haus Nr. 11) - an Bebauung angrenzt. Die in südwestlicher Richtung gelegenen Anwesen Nr. 13 und 15 liegen zu weit entfernt, um zu dieser Bebauung in einem Bebauungszusammenhang zu stehen, an dem die streitgegenständlichen Flächen teilnehmen könnten. Auch nach den vorgelegten Berechnungen der Klägerseite beträgt die kürzeste Entfernung zwischen den insoweit jeweils nächstgelegenen Anwesen ca. 85 m (Haus Nr. 11 und 15) bzw. mindestens 103 m (Haus Nr. 5 und 15). Zwar handelt es sich bei der Klosteranlage und dem Anwesen Nr. 13 um dominante Anlagen, diese sind jedoch sowohl voneinander als auch von dem übrigen, in unmittelbarer Seeufernähe befindlichen und erheblich dichteren Gebäudebestand erkennbar abgesetzt. Soweit von Klägerseite im Rahmen der vorgelegten Bemessungen schließlich auf ein unmittelbar westlich des geplanten Standorts gelegenes kleineres Nebengebäude abgestellt wurde (Bl. 68 d.GA), handelt es sich hierbei nach dem Vortrag des Beklagten um ein einfaches Gerätehaus, was von Klägerseite nicht bestritten wurde und woran auch nach den Luftbildaufnahmen des Bayern Atlas kein Zweifel besteht. Während bei den größeren Wirtschafts-/ Betriebsgebäuden (Haus Nr. 3, 11, 13 und 15) eine maßstabsbildende Bebauung möglicherweise nicht per se ausgeschlossen werden kann, ist dies jedenfalls für das kleinere Gerätehaus offensichtlich. Nach dem im Rahmen des Augenscheins gewonnenen Gesamteindruck ist die unbebaute Fläche damit unter Berücksichtigung der konkreten Örtlichkeiten und der umliegenden Bebauung deutlich zu groß, um den Bereich des Vorhabenstandorts noch als bloße Baulücke innerhalb eines Bebauungszusammenhangs der umliegenden Bebauung werten zu können. Topographische oder sonstige örtliche Besonderheiten, die es rechtfertigen könnten, die unbebauten Flächen noch dem bestehenden Bebauungskomplex zuzuordnen, sind weder erkennbar noch vorgetragen.
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1.2. Als sonstiges Bauvorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB ist das klägerische Vorhaben im Außenbereich nicht zulässig, weil öffentliche Belange beeinträchtigt werden. Insbesondere lässt das Vorhaben die Verfestigung bzw. Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Das Vorhaben hätte im Falle seiner Zulassung ersichtlich eine negative Vorbildwirkung. Es gibt in der näheren Umgebung weite bisher unbebaute Flächen, bei denen im Falle der Zulassung des vorliegenden Vorhabens ebenfalls Bauwünsche für Vorhaben geäußert werden könnten. Dies betrifft insbesondere die bislang unbebauten Bereiche nördlich und westlich des Vorhabenstandorts auf den weitläufigen Fl.Nrn. 949 und 866. Aufgrund der Größe und des Zuschnitts der umliegenden Grundstücke erscheint eine weitere erhebliche Verdichtung der umliegenden Bebauung ohne weiteres möglich. Selbst bei Annahme eines Ortsteils bestünde damit die Gefahr eines ungeordneten Ausuferns des Bebauungszusammenhangs in den Außenbereich hinein, was einen Vorgang einer städtebaulich unerwünschten, unorganischen Siedlungsweise darstellt, die zu vermeiden ein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB ist (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.1985 - 4 C 29.81 - juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 13.4.2015 - 1 B 14.2319 - juris Rn. 28).
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Da das klägerische Vorhaben bereits wegen der zu befürchtenden Verfestigung bzw. Erweiterung einer Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) bauplanungsrechtlich unzulässig ist, kommt es hier nicht darauf an, ob weitere öffentliche Belange - wie etwa die Darstellungen des Flächennutzungsplans oder die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 5 BauGB) - beeinträchtigt würden.
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1.3 Ferner kommt es nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob die Erschließung angesichts der bestehenden Eigentumsverhältnisse an den maßgeblichen Wegeflächen (vgl. dazu die Niederschrift der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses des Beigeladenen vom 15. Januar 2018, Bl. 8 d.BA) als gesichert anzusehen wäre.
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2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene trägt billigerweise gemäß § 162 Abs. 3 VwGO seine außergerichtlichen Kosten selbst, da er keinen Antrag gestellt und sich damit nicht dem Kostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.