Inhalt

VG München, Urteil v. 25.03.2021 – M 18 K 17.4848
Titel:

Unzulässige Klage gegen vorläufige Betriebserlaubnis für eine Jugendhilfeeinrichtung

Normenketten:
SGB VIII § 45
VwGO § 43, § 80 Abs. 5, Abs. 7, § 113 Abs. 1 S. 4
Leitsätze:
1. Die Umsetzung einer (im Übrigen aufgrund Zeitablaufs bereits gegenstandslos gewordenen) einstweiligen Anordnung kann nicht in einem Hauptsacheverfahren erzwungen werden. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Möglichkeit, im Rahmen einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO die "Festschreibung" eines bestimmten personellen Mindeststandards überprüfen zu lassen, gilt nicht im Zusammenhang mit einer vorläufigen Erlaubnis, sondern lediglich in Bezug auf eine endgültige Erlaubnis. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erteilung einer vorläufigen Betriebserlaubnis für eine Jugendhilfeeinrichtung, Jugendhilfeeinrichtung, vorläufige Betriebserlaubnis, Personal, Zulässigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2021, 23859

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Erteilung einer vorläufigen Erlaubnis für den Betrieb heilpädagogischer und therapeutischer Wohngruppen für Schwangere und junge Mütter sowie deren Kinder in der  …
2
Der Kläger beantragte am 25. Mai 2016 über das Stadtjugendamt … beim Beklagten die Erteilung einer Betriebserlaubnis für „Sozialpädagogische Wohngruppen für Mädchen und junge Frauen …“ in der  … Nachdem in der Folgezeit verschiedene Konzeptionen der geplanten Einrichtung bei dem Beklagten eingereicht und seitens des Beklagten jeweils Nachbesserungen und Änderungen gefordert worden waren, übersandte der Kläger schließlich mit E-Mail vom 18. August 2016 ein weiteres überarbeitetes Betriebskonzept. Dieses sieht für die geplante Einrichtung zwei vollbetreute heilpädagogische Wohngruppen und eine therapeutische Wohngruppe mit je drei Plätzen für Mütter und Schwangere mit bis zu drei Kindern sowie eine vollbetreute therapeutische Wohngruppe mit zwei Plätzen für Mütter und Schwangere mit bis zu zwei Kindern und einem Platz für eine Schwangere vor. Als Personalausstattung sind für den Gruppendienst je Gruppe jeweils fünf Vollzeitstellen veranschlagt.
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Mit Bescheid vom 18. August 2016 erteilte der Beklagte dem Kläger eine bis zum 31. Oktober 2016 befristete Erlaubnis zum Betrieb der Einrichtung. Die Gruppen wurden zu einer heilpädagogischen und einer therapeutischen Wohngruppe mit je sechs Plätzen zusammengefasst. Als Personalbemessung wurden 4,81 Planstellen für die heilpädagogische und 5,13 Planstellen für die therapeutische Wohngruppe für das sozialpädagogische Fachpersonal im Gruppendienst festgelegt. In den Gründen des Bescheids verwies der Beklagte hinsichtlich der lediglich befristeten Erteilung auf „dringende konzeptionelle Bearbeitungsbedarfe“, die die fehlende Darstellung der konkreten pädagogischen Umsetzung der genannten Ziele in der Einrichtung beträfen.
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Gegen den Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 15. September 2016 Widerspruch ein. Die erteilte Betriebserlaubnis weiche erheblich von der eingereichten Konzeption ab und sei ohne Grund befristet.
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Nachdem eine Einigung bezüglich etwaiger Änderungen der Konzeption der Einrichtung und einer Verlängerung der Betriebserlaubnis über den 31. Oktober 2016 hinaus nicht zustande kam, beantragte der Kläger beim Verwaltungsgericht München, den Beklagten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Erteilung einer vorläufigen Betriebserlaubnis zu verpflichten.
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Mit Beschluss vom 8. März 2017 lehnte das Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand ab (M 18 E 17.315).
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Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers hob der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den verwaltungsgerichtlichen Beschluss mit Entscheidung vom 24. Juli 2017 (12 CE …) auf und verpflichtete den Beklagten, dem Kläger vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die Erlaubnis für den Betrieb der heilpädagogischen und therapeutischen Wohngruppen für Schwangere und junge Mütter sowie deren Kinder in der …, München, auf der Basis des Konzepts vom 18. August 2016 mit der Maßgabe zu erteilen, dass zuvor sichergestellt werde, dass die Einrichtung den Anforderungen des vorbeugenden Brandschutzes genüge.
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Mit Bescheid vom 26. September 2017 erteilte der Beklagte in der Folge aufgrund des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs eine vorläufige Betriebserlaubnis zum Betrieb der streitgegenständlichen Einrichtung. Diese sieht u.a. hinsichtlich der Personalausstattung der Einrichtung in den heilpädagogischen Wohngruppen 2,41 und in den therapeutischen Wohngruppen 2,56 Planstellen für sozialpädagogischen Fachkräfte pro Gruppe vor. Für Leitungsaufgaben sind 0,45 Planstellen veranschlagt. In den Gründen des Bescheids wird u.a. ausgeführt, dass der Betriebserlaubnisantrag vom 25. Mai 2016 auf der Grundlage der Konzeption vom 18. August 2016 aus Sicht der Genehmigungsbehörde nicht genehmigungsfähig sei, da diese das Kindeswohl nicht hinreichend gewährleiste.
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Am 10. Oktober 2017 ging beim Verwaltungsgericht München ein Antrag des Klägerbevollmächtigten auf Zwangsgeldandrohung gegenüber dem Beklagten ein (M 18 V 17.4846). Mit Schreiben vom 16. Oktober 2017 wurde der Antrag zurückgenommen und das Verfahren daraufhin eingestellt.
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Am 12. Oktober 2017 erhob der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag,
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den Beklagten zu verpflichten, eine vorläufige Betriebserlaubnis für die Einrichtung in der … auf Basis der Konzeption vom 18. August 2016 zu erteilen.
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Zur Begründung führte der Klägerbevollmächtigte aus, dass der Beklagte mit der vorläufigen Betriebserlaubnis vom 26. September 2017 den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Juli 2017 nicht hinreichend umgesetzt habe. Das Konzept des Klägers, welches nach den eindeutigen Vorgaben des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs Basis der vorläufigen Betriebserlaubnis sein müsse, enthalte exakte Personalberechnungen. Trotz dieser genauen Vorgaben habe der Beklagte mit der Betriebserlaubnis vom 26. September 2017 die in der Konzeption enthaltenen Stellen halbiert. Statt der mit der Konzeption beantragten zwei Stellen für die Leitung und 20 Stellen für den Gruppendienst seien 0,45 Stellen für die Leitung und 9,94 Stellen für den Gruppendienst festgesetzt worden. Mit den Ausführungen auf Seite 11 der vorläufigen Erlaubnis, dass aus Sicht des Beklagten der Betriebserlaubnisantrag auf Grundlage der Konzeption vom 18. August 2016 nicht genehmigungsfähig sei, da bei dieser Konzeption das Kindeswohl nicht hinreichend gewährleistet sei, setze sich der Beklagte in einen offensichtlichen Widerspruch zur Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Dieser habe ausdrücklich festgestellt, dass mit dem mit der Konzeption beantragten Betreuungsschlüssel das Kindeswohl in der Einrichtung gewährleistet werde.
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Des Weiteren erhob der Klägerbevollmächtigte am 23. Oktober 2017 Klage mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, eine Betriebserlaubnis für Wohngruppen in der … entsprechend der Konzeption vom 18. August 2016 zu erteilen (M 18 K …).
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Mit Schriftsatz vom 7. November 2017 beantragte der Beklagte,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die Klage unzulässig sei, da es sich um einen Fall des nutzlosen Rechtsschutzes handele, für den kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Mit der Erteilung der vorläufigen Betriebserlaubnis vom 26. September 2017 sei die Verpflichtung aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Juni 2017 vollumfänglich umgesetzt worden. Hinsichtlich der Personalausstattung sei, wie sonst in heimaufsichtlichen Betriebserlaubnisbescheiden auch, der Mindeststandard festgelegt worden. Es sei dem Kläger unbenommen, mit einer höheren Personalausstattung in die Entgeltverhandlungen mit der Entgeltkommission zu gehen. Die Aussage des Beklagten in der Betriebserlaubnis bedeute lediglich, dass auch bei der geringeren Personalausstattung das Kindeswohl gewährleistet sei. Der Kläger sei durch diese Entscheidung demnach nicht beschwert. Die vom Kläger zitierte, aus dem Zusammenhang gerissene Passage auf Seite 11 der Betriebserlaubnis vom 26. September 2017 bringe lediglich zum Ausdruck, dass es sich um eine im Zuge des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens erteilte vorläufige Betriebserlaubnis handle, da aus Sicht des Beklagten die Voraussetzungen für eine endgültige Betriebserlaubnis derzeit nicht gegeben seien. Die vorläufige Betriebserlaubnis erlaube dem Kläger, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die Einrichtung entsprechend der Konzeption vom 18. August 2016 zu betreiben.
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Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2017 nahm der Klägerbevollmächtigte ergänzend Stellung. Er führte aus, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung ganz offensichtlich davon ausgegangen sei, dass das Konzept des Klägers tatsächlich vollumfänglich, d. h. auch mit der geplanten Personalbemessung, mit Erteilung der vorläufigen Betriebserlaubnis umgesetzt werden müsse. Mit der Aussage des Beklagten, dass mit der Konzeption vom 18. August 2017 das Kindeswohl nicht hinreichend gewährleistet sei, bringe dieser ganz offensichtlich zum Ausdruck, dass er die Rechtsauffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht teile und sich nicht an die Rechtsprechung und damit letztendlich nicht an Art. 20 Abs. 3 GG gebunden fühle.
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Im Folgenden wurde der Widerspruch des Klägers vom 15. September 2016 gegen die mit Bescheid vom 18. August 2016 erteilte befristete Betriebserlaubnis mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2018 zurückgewiesen und der Antrag auf Erteilung einer Betriebserlaubnis auf Grundlage der Konzeption vom 18. August 2016 abgelehnt.
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Mit Schriftsatz vom 15. März 2021 nahm der Klägerbevollmächtigte nochmals umfassend Stellung. Mit dem in der vorläufigen Betriebserlaubnis festgesetzten Personal, mit welchem eine dem Kindeswohl entsprechende Betreuung nicht gewährleistet werden könne, habe der Beklagte eindeutig nicht den Verwaltungsakt erteilt, der beantragt worden sei, auf den ein Rechtsanspruch bestehe und zu dessen Erteilung der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Beklagten verpflichtet habe. Die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO sei daher statthaft.
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Würde der Kläger die Einrichtung entsprechend den Festsetzungen in der vorläufigen Betriebserlaubnis betreiben, würde er die ihm obliegende Aufsichtspflicht verletzen und sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig machen. Der Beklagte sei aber gesetzlich verpflichtet, mit der Betriebserlaubnis Festsetzungen vorzunehmen, an welchen sich der Einrichtungsträger orientieren könne, um die ihm zuvörderst obliegende Aufsichtspflicht einhalten zu können.
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Des Weiteren habe der Passus in der vorläufigen Betriebserlaubnis, wonach das Kindeswohl in der Einrichtung nicht gewährleistet werde, zu einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden geführt. Anfragende Jugendämter seien bei Vorlage der vorläufigen Betriebserlaubnis von einer Belegung der Einrichtung abgeschreckt worden. Aus wirtschaftlichen Gründen könnten daher bis heute die heilpädagogischen Wohngruppen nicht wie geplant in Betrieb genommen werden.
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Wenn auch künftig Entscheidungen der bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit durch den Beklagten wie vorliegend umgesetzt werden würden, würde das Verfahren nach § 123 VwGO ad absurdum geführt werden. Aufgrund der langen Dauer von Verfahren in der Hauptsache sei der Kläger damit weitestgehend rechtsschutzlos gestellt. Der Kläger habe daher weiterhin ein Interesse an einer gerichtlichen Feststellung. In einer Vielzahl von Verfahren drohe eine Wiederholungsgefahr, auch sei nach Abschluss dieses Klageverfahrens die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auf Basis des Art. 34 GG zu prüfen. Sofern das Gericht von einer Erledigung des ursprünglichen Antrags ausgehe, werde um richterlichen Hinweis gebeten, um das Verfahren als Fortsetzungsfeststellungsklage fortführen zu können.
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Am 25. März 2021 fand die mündliche Verhandlung - auch zum Verfahren M 18 K … - statt, in der die Sach- und Rechtslage ausführlich erörtert wurde.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend auf die Gerichtsakte, die beigezogene Gerichtsakte im Verfahren M 18 K …, die vorgelegten Behördenakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25. März 2021 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist bereits unzulässig.
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Der Kläger hat das streitgegenständliche Begehren - die Erteilung einer vorläufigen Betriebserlaubnis - bereits im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im Verfahren M 18 E 17.315 geltend gemacht. Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Juli 2017 (12 CE …*) wurde dem Antrag im Beschwerdeverfahren stattgegeben und der Beklagte hat daraufhin mit Bescheid vom 26. September 2017 eine vorläufige Betriebserlaubnis erteilt.
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Der mit vorliegender Klage geltend gemachte Einwand, dass der im Eilverfahren ergangene Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom Beklagten mangelhaft umgesetzt worden sei, wäre im Rahmen eines Vollstreckungsverfahren geltend zu machen gewesen.
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Die Vollstreckung der sofort vollziehbaren einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO erfolgt im Falle der Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsaktes nach § 172 VwGO (vgl. Happ in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 82). Unter Beachtung der Vollzugsfrist des § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO kann danach die Androhung von Zwangsgeld beantragt werden, wenn die Behörde der ihr im Titel auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt bzw. die Verpflichtung nur unzureichend erfüllt (vgl. Pietzner/Möller in: Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020, § 172 Rn. 33 f.; Happ/Kraft in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 82, § 172 Rn. 12).
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Bereits vor Erteilung der vorläufigen Betriebserlaubnis durch den Beklagten mit Bescheid vom 26. September 2017 ist die einstweilige Anordnung nach Ablauf der einmonatigen Vollzugsfrist gegenstandslos geworden (vgl. OVG Münster, B.v. 24.8.2018 - 9 E 623/18 - juris Rn. 7). Der Antragsteller hätte - ggf. nach Aufhebung der einstweiligen Anordnung im Änderungs- oder Beschwerdeverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO analog - beim Gericht der Hauptsache erneut den Erlass der einstweiligen Anordnung beantragen können (Eyermann/Happ, 15. Aufl. 2019, VwGO § 123 Rn. 84). Hingegen ist es systemwidrig, die Umsetzung einer (im Übrigen aufgrund Zeitablaufs bereits gegenstandslos gewordenen) einstweiligen Anordnung in einem Hauptsacheverfahren erzwingen zu wollen. Vorläufige Regelungen sind vielmehr ausschließlich dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorbehalten.
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Überdies bestehen erhebliche Zweifel, ob der Antragsgegner mit dem Bescheid vom 26. September 2017 tatsächlich - wie vom Antragsteller behauptet - die einstweilige Anordnung vom 24. Juli 2017 nur unvollständig umgesetzt hat.
31
Nach Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kommt der Aufnahme bestimmter inhaltlicher Parameter in die Betriebserlaubnis, wie beispielsweise zum Umfang des von der Einrichtung vorzuhaltenden Fachpersonals, die Funktion der Festlegung von Mindestvoraussetzungen bzw. Mindeststandards zu. Sie kennzeichnen stets die untere Grenze beispielsweise der Personalausstattung, bei der das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung noch gewährleistet ist (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.2017 - 12 ZB 17.1508 - juris Rn. 27 unter Verweis auf B.v. 19.8.2016 - 12 CE 16.1172 - juris Rn. 34 m.w.N.). So heißt es in der streitgegenständlichen vorläufigen Betriebserlaubnis vom 26. September 2017 dementsprechend in den Gründen unter Punkt 3.2., dass pro Gruppe mindestens 2,41 Planstellen in den heilpädagogischen Wohngruppen und 2,56 Planstellen in den therapeutischen Wohngruppen zu besetzen sind. Diese Festsetzungen des personellen Mindeststandards führen in der Konsequenz jedoch nicht zur Pflicht des Klägers, die Einrichtung auch mit eben diesem Personalschlüssel zu betreiben. Ein Betrieb der Einrichtung gemäß der Konzeption vom 18. August 2016 mit entsprechender Personalausstattung ist damit mit der erteilten vorläufigen Betriebserlaubnis - zumindest theoretisch - möglich. Eine weitergehende Klärung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist hingegen von dem Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers auf eine vorläufige Regelung nicht gedeckt (vgl. BayVGH, 19.8.2016 - 12 CE 16.1172 - juris Rn. 31, 43). Die einstweilige Anordnung zielt auf die vorläufige Abwehr unmittelbar drohender schwerwiegender Nachteile und bewirkt dabei eine abschließende und endgültige Regelung eines vorläufigen Zustandes (vgl. Schoch in: Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020, § 123 Rn. 168). Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes soll dafür sorgen, dass der Träger seine Einrichtung vorerst schon einmal in Betrieb nehmen darf. Für eine abschließende Klärung des anzusetzenden personellen Mindeststandards in der Betriebserlaubnis steht allein das Hauptsacheverfahren in Form der Feststellungsklage zur Verfügung (BayVGH, B. 19.8.2016 - 12 CE 16.1172 - juris Rn. 48; BayVGH, B.v. 4.10.2017 - 12 ZB 17.1508 - juris Rn. 37).
32
Unabhängig davon dürfte jedoch der Hinweis des Beklagten in der vorläufigen Betriebserlaubnis, das Kindeswohl in der Einrichtung sei nicht gewährleistet, rechtsstaatlichen Erfordernissen widersprechen. Zweifel der Genehmigungsbehörde an der Rechtmäßigkeit einer rechtskräftigen Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz sind abschließend im Hauptsacheverfahren geltend zu machen.
33
Eine Umstellung der Klage hin zu einer Fortsetzungsfeststellungsklage oder einer Feststellungsklage hätte vorliegend, ohne dass es darauf mangels ausgesprochener Klageänderung ankommen würde, ebenfalls nicht zum Erfolg geführt.
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Ein von der Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß - oder auch analog - § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO vorausgesetztes erledigendes Ereignis ist vorliegend nicht zu erkennen. Insbesondere wurde zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch keine Entscheidung in der „Hauptsache“ - im Parallelverfahren M 18 K … zur Erteilung der regulären Betriebserlaubnis - getroffen, die die vorläufige Betriebserlaubnis obsolet gemacht hätte.
35
Auch eine Feststellungsklage bezüglich der Feststellung eines über dem in der vorläufigen Betriebserlaubnis vom 26. September 2017 festgelegten personellen Mindeststandards wäre vorliegend unzulässig gewesen. Zwar ist in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs anerkannt, dass im Rahmen einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO - und nicht im Rahmen einer Verpflichtungsklage - die Möglichkeit besteht, die „Festschreibung“ eines bestimmten Mindeststandards überprüfen zu lassen (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.2017 - 12 ZB 17.1508 - juris Rn. 37; B.v. 19.8.2016 - 12 CE 16.1172 - juris Rn. 48). Dies gilt jedoch nicht im Zusammenhang mit einer vorläufigen Erlaubnis (s.o.), sondern lediglich in Bezug auf eine endgültige Erlaubnis.
36
Im Übrigen ist der Kläger entgegen seiner im Schriftsatz vom 15. März 2021 geäußerten Auffassung auch nicht rechtsschutzlos gestellt. Wie bereits ausgeführt, erlaubt die vorläufige Betriebserlaubnis dem Kläger, die Einrichtung gemäß der vorgelegten Konzeption mit einem von ihm als maßgeblich erachteten höheren Personalschlüssel zu betreiben. Für die Geltendmachung etwaiger finanzieller Schäden steht dem Kläger daneben die Möglichkeit eines Amtshaftungsverfahren nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG zur Verfügung.
37
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
38
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.