Der Kläger begehrt die Feststellung, dass seine Niederlassungserlaubnis nicht erloschen ist und hilfsweise die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, ist am … 1974 in … geboren. Im Jahr 1985 verzog er mit seinen Eltern in die Türkei. Nachdem am 23. Juni 1989 die Wiedereinreise erfolgte, beantragte der Kläger erneut eine Aufenthaltserlaubnis. Mitte September 1989 reiste er jedoch freiwillig wieder zurück in die Türkei, nachdem den in der Türkei verbliebenen Eltern des Klägers im Rahmen der Anhörung angekündigt wurde, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt werde.

Am 13. Juli 1991 reiste der Kläger erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte abermals die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Beklagten vom 24. April 1992 abgelehnt. Im anschließenden Widerspruchsverfahren bei der Regierung von Mittelfranken und im daran anschließenden Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Ansbach (AN 9 K 93.00812; Bl. 123 ff. der Behördenakte) wurde der Bescheid lediglich im Hinblick auf die Ausreisefrist und die Abschiebungsandrohung abgeändert, nicht jedoch hinsichtlich der Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis.

Nachdem der Kläger am 7. Oktober 1994 eine türkische Staatsangehörige heiratet, die eine unbefristeten Aufenthaltserlaubnis innehatte, wurde sein Aufenthalt durch die Beklagte zunächst geduldet, ehe ihm ab 21. Oktober 1996 zunächst befristete Aufenthaltstitel und am 7. Februar 2007 eine Niederlassungserlaubnis erteilt wurden. Dabei wurde der Kläger über die Möglichkeit des Erlöschens der Niederlassungserlaubnis durch Ausreise belehrt (vgl. Bl. 327 der Behördenakte). Nachdem es in der Ehe des Klägers vermehrt zu Vorfällen häuslicher Gewalt gekommen war, zog die Ehefrau des Klägers - soweit ersichtlich - im Januar 2007 aus der gemeinsamen Ehewohnung aus. Die Ehe wurde mit Urteil des Amtsgerichts Fürth vom 4. März 2008 geschieden.

Mit E-Mail vom 16. August 2011 erkundigte sich der Kläger bei der Beklagten, wie lange er in der Türkei bleiben dürfe, ohne dass seine Aufenthaltserlaubnis erlösche (vgl. Bl. 345 der Behördenakte). Ebenfalls mit E-Mail vom 16. August 2011 teilte die Beklagte mit, dass eine beabsichtige Abwesenheit von mehr als sechs Monaten der Beklagten anzuzeigen sei und eine "verlängerte Wiedereinreisefrist" beantragt werden könne.

Am 20. März 2014 meldete die Beklagte den Kläger zum 7. März 2014 von Amts wegen in die Türkei ab, nachdem ihr von der Exfrau des Klägers mitgeteilt wurde, dass sich dieser seit ca. einem Jahr in der Türkei aufhalte und sie nicht wisse, ob er wieder nach Deutschland zurückkehren werde.

Mit E-Mail vom 26. Oktober 2018 meldete sich der Kläger aus der Türkei. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er sich seit 1. April 2013 in der Türkei befinde. Da er sich negativ über den türkischen Präsidenten geäußert habe, sei er zwei Tage inhaftiert worden und man habe ihm seinen Reisepass abgenommen. Erst gestern habe er seinen Pass zurückerhalten und er hoffe, dass er nun wieder nach Deutschland fliegen könne. Mit E-Mail vom 8. November 2018 erwiderte die Beklagte, dass sich der Kläger an die zuständige Auslandsvertretung wenden solle, da das mögliche Erlöschen der Niederlassungserlaubnis vor der Einreise geprüft werden müsse.

Am 12. November 2018 sprach Frau H1. nach eigenen Angaben die Verlobte des Klägers - bei der Beklagten vor. Dabei gab Sie an, dass der Kläger zwischenzeitlich mit seiner Niederlassungserlaubnis in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Frau H1. wurde durch die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Einreise auf Grund des möglichen Erlöschens der Niederlassungserlaubnis wohl illegal erfolgt sei und der Kläger deswegen zur freiwilligen Ausreise aus Deutschland verpflichtet sei.

Nachdem die Beklagte den Kläger mit E-Mail vom 17. Januar 2019 zur Vorsprache und zur Vorlage von Nachweisen über die Lebensunterhaltssicherung vor Ausreise aufgefordert hatte, übermittelte der Kläger der Beklagten am 29. Januar 2019 verschiedene Unterlagen (Bl. 377 ff. der Behördenakte). Dies waren unter anderem ein Versicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung, Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008, 2009 und 2010 sowie Nachweise für das von ihm angegebene Wiedereinreisehindernis. Aus dem Rentenversicherungsbescheid ergibt sich, dass der Kläger vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Mai 1999 Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung und von 1. November 2011 bis 30. April 2013 Arbeitslosengeld II bezogen hat. Auf die Unterlagen im Einzelnen wird Bezug genommen.

Am 29. Januar 2019 wurde der Kläger von der Beklagten zur beabsichtigten Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung angehört. Daraufhin trug der damalige Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 22. März 2019 vor, dass ein Verlust der Niederlassungserlaubnis klägerseits nicht angenommen werde. Der Kläger habe sich unfreiwillig längere Zeit in der Türkei aufgehalten. Es sei anzumerken, dass der Kläger über viele Jahre hinweg als Autohändler selbstständig gewesen sei. Es bestehe eine positive Erwerbstätigkeitsprognose und dem Kläger stehe ein konkretes Arbeitsangebot zur Verfügung. Der Kläger sei in Deutschland geboren worden und habe eine in Deutschland geborene Tochter. Ein längerer Auslandsaufenthalt sei vom Kläger nicht geplant gewesen, vielmehr sei dieser ohne jegliche Vorwarnung in der Türkei festgenommen worden. Dabei sei dem Kläger vorgeworfen worden, dass er in Deutschland Spendengelder für den damaligen Parteichef der AKP, Erdogan, veruntreut habe. Die Klage sei erst im Mai 2018 eröffnet worden, der Klagevorwurf könne jedoch nicht hinreichend nachgewiesen werden. Vielmehr sei von einer Falschbezichtigung auszugehen, da der Kläger als Alevit in innerstaatliche Auseinandersetzungen geraten sei. Der Kläger habe der Beklagten eine E-Mail gesendet und über die Sachlage berichtet, auf sein Mailpostfach könne er jedoch nicht mehr zugreifen, da er es aus Angst vor Zugriffen des türkischen Staats gelöscht habe. Jedenfalls sei der Kläger unmittelbar nachdem er seinen Nationalpass zurückerhalten habe, wieder in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Die Niederlassungserlaubnis sei damit nicht erloschen. Im Übrigen werde hilfsweise ein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG beantragt.

Mit Schreiben vom 4. Juni 2019 teilte eine ehemalige - inzwischen verstorbene - Bevollmächtigte des Klägers mit, sie könne sich noch erinnern, dass der Kläger sie im Mai 2013 angerufen und ihr mitgeteilt habe, dass ihm sein Pass abgenommen worden sei und er nicht zurückkehren könne. Ebenfalls am 4. Juni 2019 wandte sich der Kläger erneut per E-Mail an die Beklagte. In dieser gab er nochmals an, dass er sich im Mai 2013 per E-Mail bei der Beklagten gemeldet und diese über seine Situation in Kenntnis gesetzt habe.

Mit Bescheid vom 26. August 2019 wurde der Kläger aufgefordert das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung des Bescheids zu verlassen (Ziff. 1) und der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt (Ziff. 2). Es wurde die Abschiebung, insbesondere in die Türkei, angedroht (Ziff. 3) und das Einreise- und Aufenthaltsverbot für den Fall der Abschiebung auf zwei Jahre festgesetzt (Ziff. 4). Weiterhin wurde der Kläger aufgefordert seine Niederlassungserlaubnis der Beklagten auszuhändigen (Ziff. 5). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Ausreisepflicht auf § 50 Abs. 1 AufenthG beruhe. Demnach sei ein Ausländer zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt. Die Niederlassungserlaubnis des Klägers sei gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erloschen. Nach dieser Vorschrift erlösche ein Aufenthaltstitel, wenn der Ausländer ausgereist sei und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist sei. Der Kläger sei am 1. April 2013 in die Türkei ausgereist und erst am 11. November 2018 wieder in die Bundesrepublik eingereist. Dieser Auslandsaufenthalt habe - unabhängig von den Gründen des mehrjährigen Aufenthalts - zu einem Erlöschen der Niederlassungserlaubnis geführt. Denn für den Eintritt der Rechtsfolge des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG komme es weder auf die subjektive Vorstellung des Ausländers, noch auf ein etwaiges Verschulden an der verspäteten Wiedereinreise an. Eine Ausnahme könne insoweit nur bestehen, wenn der Ausländer auf Grund höherer Gewalt keine Möglichkeit gehabt hätte, die Verlängerung der Wiedereinreisefrist zu beantragen. Diese Voraussetzung liege jedoch nicht vor, da der Kläger nicht daran gehindert gewesen sei mit der zuständigen Ausländerbehörde oder der deutschen Auslandsvertretung Kontakt aufzunehmen. In den Akten finde sich jedenfalls kein entsprechender Vermerk über eine Information durch den Kläger. Es werde davon ausgegangen, dass es sich bei der angeblich versandten E-Mail um eine bloße Schutzbehauptung handle. Ebenso wenig greife die Ausnahme des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, da der Lebensunterhalt des Klägers zum Erlöschenszeitpunkt nicht gesichert gewesen sei. Der Kläger habe zuletzt von 1. November 2011 bis 30. April 2013 Arbeitslosengeld II bezogen und im Bundesgebiet lediglich für dreieinhalb Jahre eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt. Die Einstellungszusage und eine mögliche Verpflichtungserklärung durch die Verlobte könnten das Erlöschen nicht verhindern, da es auf die Lebensunterhaltsicherung nicht zum jetzigen, sondern zum maßgeblichen Erlöschenszeitpunkt ankomme. Der Kläger sei nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechts nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei, da weder die Voraussetzungen des Art. 6 ARB 1/80 noch des Art. 7 ARB 1/80 erfüllt seien. Auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG werde versagt. Die Ausreise des Klägers sei weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen unmöglich. Insbesondere sei dem Kläger die Integration in die Lebensverhältnisse in seinem Heimatland nicht unmöglich. Bezüglich der weiteren Einzelheiten, insbesondere zur Begründung der Annexentscheidungen, wird ergänzend auf den Bescheid verwiesen.

Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 16. September 2019 ließ der Kläger Klage erheben und beantragen,

unter Aufhebung des Bescheids festzustellen, dass die Niederlassungserlaubnis des Klägers nicht erloschen ist, hilfsweise dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 37 AufenthG, äußerst hilfsweise nach § 25 Abs. 5 AufenthG, zu erteilen.

Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 1. Februar 2021 vorgetragen, dass der Kläger zuletzt im Besitz einer Niederlassungserlaubnis gewesen sei und am 1. April 2013 in die Türkei gereist sei. Die Rückkehr sollte am 12. September 2013 per Flug erfolgen. Der Kläger sei jedoch unmittelbar nach seiner Ausreise mit einem Ausreiseverbot belegt worden, woraufhin sich der Kläger an seine ehemalige, inzwischen verstorbene, Bevollmächtigte gewandt habe, was diese auch bestätigt habe. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erlösche der Aufenthaltstitel, wenn der Ausländer aus einem nicht nur vorübergehenden Grund ausgereist sei. Dies sei jedoch der Fall gewesen, insbesondere da die Wiedereinreise vor Ablauf der Sechsmonatsfrist für den 12. September 2013 geplant gewesen sei. Der Aufenthaltstitel sei auch nicht nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erloschen. Insoweit müsse eine Ausnahme nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zum Tragen kommen, da der Kläger darauf vertraut habe, dass sich seine Rechtsanwältin um eine Verlängerung der Wiedereinreisefrist kümmern werde.

Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2019 beantragte die Beklagte Klageabweisung.

Zur Begründung bezog sie sich auf die angefochtene Entscheidung.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die zum Verfahren beigezogene Behördenakte, die Gerichtsakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.