Titel:
Anspruch auf Wiedereröffnung des Schwimmbades der WEG
Normenkette:
WEG § 19, § 27
Leitsatz:
Für die Wiedereröffnung des gemeinschaftlichen Schwimmbades nach der coronabedingten Schließung ist nicht der Verwalter, sondern die WEG im Rahmen eines Gebrauchsbeschlusses zuständig. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schwimmbad, WEG-Verwalter, Beschluss, Gebrauchsregelung
Fundstellen:
BeckRS 2021, 22964
ZMR 2021, 689
LSK 2021, 22964
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Streitwert wird auf 2.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
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Der Kläger ist Sondereigentümer der Wohnungen Nr. 191 und 226 in der Wohnungseigentümergemeinschaft, die Beklagte ist Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Beklagte nutzt die Wohnung im Anwesen Haus Nr. 51 selbst. Zum Gemeinschaftseigentum gehört unter anderem auch ein Hallenschwimmbad.
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Der Kläger nimmt die Beklagte auf Verschaffung des Zutritts zum Schwimmbad in Anspruch hilfsweise zur Erstellung eines Betretungs-/Hygienekonzepts, um das Hallenschwimmbad wieder nutzen zu können.
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Der Kläger trägt vor, dass das Hallenschwimmbad nur von den Sondereigentümern der streitgegenständlichen WEG bzw. von deren Mietern betreten werde, da jeder Wohnungseigentümer über einen Einlasschip verfügt, auf dem die jeweilige Wohnungsnummer gespeichert sei. Hierdurch sei es auch möglich, den Zugangscode zu sperren. Über einen Aushang vom 12.05.2020 hat die Beklagte Eigentümer und Mieter darüber informiert, dass das Schwimmbad und die Sauna bis auf weiteres geschlossen bleiben gemäß entsprechender Information der Bayerischen Staatsregierung und die gültige Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (vergleiche Aushang, vorgelegt als Anlage K 1).
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Trotz der Ausführungen des Klägers in seiner E-Mail vom 18.06.2020 (vergleiche Blatt 5 der Klageschrift vom 19.06.2020) habe die Beklagte nicht reagiert. Es gebe jedoch für die Schließung des Schwimmbads bis auf weiteres weder einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft noch eine Verfügung der bayerischen Staatsregierung. Die Beklagte habe eigenmächtig gehandelt und sei damit für dieses Verfahren allein passivlegitimiert. Selbst wenn die Beklagte berechtigt gewesen sein sollte, aufgrund der Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes in Verbindung mit der 5. Bay. Infektionsschutzmaßnahmenverordnung allgemein den Zutritt zum Schwimmbad den Eigentümern zu verbieten, müsse zumindest im Rahmen der Verhältnismäßigkeit von der Beklagten ein Konzept erarbeitet werden, das gewährleiste, dass Wohnungseigentümer über einen Chip gegebenenfalls auch zu bestimmten Zeiten im Rahmen eines Schwimmbadnutzungsplanes das Schwimmbad wieder nutzen dürfe. § 3 der 6. Bay. Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, von der Beklagten vorgelegt als Anlage B 1 könnten nicht relevant sein, da das Schwimmbad kein öffentlicher Raum sei.
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Die Beklagt hätte zumindest im Rahmen eines Umlaufverfahrens vor der Schließung des Schwimmbads durchführen können. Es sei nicht nachvollziehbar, warum dies nicht möglich gewesen sein solle.
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Der Kläger hat weiter hilfsweise die Hauptsache für erledigt erklärt für den Fall, dass die bisher gestellten Anträge für unzulässig oder unbegründet erachtet werden, insbesondere unter Berücksichtigung der neuen, mit Wirkung ab 01.12.2020 in Kraft getretenen Änderungen des WEG. Aufgrund der Änderung der WEG-Vorschriften sei die Beklagte möglicherweise nicht passivlegitimiert. Im Zeitpunkt der Anhängigkeit als auch der Rechtshängigkeit sei die Beklagte passivlegitimiert gewesen.
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Der Kläger beantragt daher zuletzt:
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Die Beklagte wird verurteilt, es dem Kläger mit sofortiger Wirkung zu ermöglichen, sich Zutritt zum Schwimmbad der Wohnungseigentümergemeinschaft zu verschaffen und insbesondere freizuschalten den Türöffnungsmechanismus zum Schimmbadbereich, der sich gegenüber dem Tiefgaragenrohr befindet, damit der Kläger mittels des Zugangschips den Türöffnungsmechanismus betätigen kann.
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Die Beklagte wird verurteilt, ein Betretungs-/Hygienekonzept zu erstellen, insoweit, als ein Betretungsplan zum Schwimmbad erstellt wird, der es dem Kläger als auch den weiteren Sondereigentümern um im Fall der Vermietung des Sondereigentums, den Mietern, ermöglicht, an allen Tagen innerhalb festgelegter Zeiträume die Schwimmbadräumlichkeiten zu betreten um das Schwimmbad zu nutzen.
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Der Rechtsstreit wird in der Hauptsache für erledigt erklärt.
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Die Beklagte beantragt,
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Sie hat der hilfsweisen Erledigterklärung der Hauptsache widersprochen.
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Die Beklagte führt im Wesentlichen aus, dass die Beklagte für den Hauptantrag nicht passivlegitimiert sei, da das streitgegenständliche Hallenschwimmbad zum Gemeinschaftseigentum gehöre und somit entweder die Wohnungseigentümergemeinschaft als teilrechtsfähiger Verband und/oder die übrigen Eigentümer der WEG passivlegitimiert wären.
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Gemäß § 11 Abs. 4 S. 2 der 6. Bay. Infektionsschutzmaßnahmenverordnung ist vom Betreiber ein Schutz- und Hygienekonzept auszuarbeiten (6. Bay. Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vorgelegt als Anlage B 1).
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Betreiber des Schwimmbades sei jedoch nicht die Beklagte, sondern die WEG und/oder die einzelnen Eigentümer. Die streitgegenständliche Wohnanlage verfügt über rund 450 Wohnungen, wobei die Wohnungen in der Regel noch von mehreren Personen bewohnt werden. Zum Zeitpunkt der Klageeinreichung war die 5. Bay. Immissionsschutzmaßnahmenverordnung bereits abgelöst durch die 6. Verordnung vom 19.06.2020.
16
Im streitgegenständlichen Schwimmbecken dürften nach den Vorgaben in dieser Verordnung maximal 11 Personen gleichzeitig im Becken sein. Bei rund 450 Wohnungen und geschätzten 700 Personen wäre es nur unter erheblichen Aufwand möglich, durch geeignete Maßnahmen sicher zu stellen, dass die Zahl der gleichzeitig anwesenden Besucher nicht höher ist als 1 Person je 10 qm-Fläche. Personelle und technische Möglichkeiten, die dies sicher zu stellen, wären jedoch mit erheblichen Kosten verbunden, zu deren Ausgabe die Beklagte als WEG-Verwalterin ohne ermächtigenden Eigentümerbeschluss nicht berechtigt wäre. Die Entscheidung über das Ob und Wie eines Schutz- und Hygienekonzepts unterliege ausschließlich der Eigentümerversammlung. Es komme dabei nicht darauf an, dass nach Angaben des Klägers sich nie mehr als 10 Personen im Schwimmbadbereich aufhalten würden. Allein die Möglichkeit, dass sich einige 100 Personen aufhalten könnten, rechtfertige die Schließung des Schwimmbads. Auch der erste Hilfsantrag sei abzuweisen, da bereits auch hierfür keine Passivlegitimation gegeben sei.
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Im Übrigen sei die Beklagte nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes zum 01.12.2020 in keinem Fall mehr passivlegitimiert für die streitgegenständlichen Ansprüche.
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Die hilfsweise Erledigterklärung sei unzulässig, da eine Erledigterklärung der Hauptsache bedinungsfeindlich sei.
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Das Gericht hat Hinweise erteilt.
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Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die eingereichten Schriftsätze und Unterlagen sowie die Niederschrift der öffentlichen Sitzung vom 17.03.2021 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
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Die Beklagte ist nicht passivlegitimiert.
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Ob insoweit eine hilfsweise Erledigterklärung rechtlich möglich ist, ist hier jedoch nicht entscheidungserheblich, da die Klage im Haupt- und im Hilfsantrag bereits von Anfang an unbegründet war.
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Dies ergibt sich daraus, dass die Entscheidungen und Maßnahmen, die der Kläger begehrt, nicht im Zuständigkeitsbereich der Verwalterin liegen. Es geht hier nicht darum, ob die Beklagte ermächtigt gewesen war, ohne Beschluss der Gemeinschaft der Eigentümer das Schwimmbad vorübergehend zu schließen, sondern vielmehr darum, ob sie berechtigt und verpflichtet ist, das Schwimmbad wieder zu eröffnen bzw. ein Betretungs-/Hygienekonzept dafür zu erarbeiten.
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Für beide Fälle ist die Gemeinschaft der Eigentümer ausschließlich zuständig, nämlich dies im Rahmen des weiten Ermessens der Eigentümer in Bezug auf den Gebrauch des Gemeinschaftseigentums im Beschlusswege festzulegen. Erst die Umsetzung bestandskräftiger Beschlüsse läge dann im Aufgabenbereich der Beklagten. Derartige Beschlüsse liegen jedoch unstreitig nicht vor. Es ist dem Kläger unbenommen, für die nächste Eigentümerversammlung einen entsprechenden Antrag zu stellen. Dass es nach wie vor schwierig ist, Eigentümerversammlungen, noch dazu in einer derart großen Wohnungseigentümergemeinschaft, durchzuführen aufgrund der Pandemiebeschränkungen liegt weder im Verantwortungsbereich des Klägers noch der Beklagten. Vor diesem Hintergrund macht auch der Versuch, einen Beschluss im Umlaufverfahren zu erreichen, keinen Sinn, da gerichtsbekannt und erfahrungsgemäß bei 450 Einheiten zumindest ein Eigentümer nicht oder ablehnend reagiert. Damit wäre ein Umlaufbeschluss schon nicht zustande gekommen.
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Ergänzend ist jedoch auch festzustellen, dass die Beklagte auf der Grundlage der 6. Bay. Immissionsschutzverordnung, vorgelegt als Anlage B 1 grundsätzlich ermächtigt war, den Zugang zum Schwimmbad vorübergehend zu schließen. Es ist dann Sache der Gemeinschaft der Eigentümer, die Zugangsmodalitäten im Beschlusswege entsprechend zu regeln.
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Als Unterlegener trägt der Kläger die Kosten des Rechtsstreits, § 91 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Streitwertfestsetzung erfolgte aus § 49 a Abs. 1 S. GKG (a.F.).