Titel:
Entschädigung wegen Verkehrswertminderung eines im Geltungsbereich einer Wasserschutzgebietsverordnung liegenden Grundstücks
Normenketten:
WHG § 52 Abs. 1, Abs. 4
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1
GG Art. 14
AGBGB Art. 71
Leitsätze:
1. Schutzanordnungen und Nutzungsbeschränkungen in durch Verordnung ausgewiesenen Wasserschutzgebieten stellen keine Enteignung iSd Art. 14 Abs. 3 GG dar, sondern sind lediglich als Inhalts- und Schrankenbestimmungen iSd Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG zu bewerten. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Maßnahmen, die auf den Schutz des Trinkwasservorkommens abzielen, sind regelmäßig schon deshalb unbedenklich, weil der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen besonderer Ausdruck der Sozialbindung iSd Art. 14 Abs. 2 GG ist. Gebots- oder Verbotsregelungen, die sich darin erschöpfen, die vorhandene Nutzung festzuschreiben, spiegeln die Situationsgebundenheit des Grundeigentums wider und sind grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Anspruch auf Entschädigung besteht darüber hinaus aber auch nur, wenn die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit nicht durch eine Befreiung nach § 52 Abs. 1 S. 3 WHG oder andere Maßnahmen vermieden oder ausgeglichen werden kann. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verpflichtungsklage, Festsetzung einer Entschädigung für geltend gemachte Verkehrswertminderung, Lage im festgesetzten Wasserschutzgebiet, Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums, Sozialpflichtigkeit des Eigentums, Grundstück, Wasserschutzgebiet, Verordnung, Verkehrswertminderung, Trinkwasserschutz, Inhalts- und Schrankenbestimmung, Eigentum, Entschädigung, Sozialbindung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 21.06.2022 – 8 ZB 21.2359
Fundstelle:
BeckRS 2021, 22891
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Klägerinnen als Gesamtschuldner.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerinnen begehren mit ihrer Klage eine Entschädigung wegen Verkehrswertminderung ihres im Geltungsbereich einer Wasserschutzgebietsverordnung liegenden Grundstücks.
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Am 25. Mai 2016 erließ das örtlich zuständige Landratsamt die Verordnung über das Wasserschutzgebiet in der Gemeinde ... im Landkreis ... für die öffentliche Wasserversorgung der Beigeladenen, mit der ein Wasserschutzgebiet bestehend aus einem Fassungsbereich (W I), sowie einer engeren (W II) und einer weiteren Schutzzone (W III) festgesetzt wurde. Die Wasserschutzgebietsverordnung enthält in § 3 Abs. 1 verschiedene Verbote und nur beschränkt zulässige Handlungen für Grundstücke, die in der engeren (W II) und weiteren (W III) Schutzzone liegen. Bezüglich der Einzelheiten der in § 3 Abs. 1 geregelten Nutzungseinschränkungen wird auf die in der Gerichtsakte (Bl. 43 bis 49) enthaltene Verordnung verwiesen. Die Verordnung wurde am 2. Juni 2016 im Amtsblatt des Landratsamts bekannt gemacht und trat am 3. Juni 2016 in Kraft; gleichzeitig wurde die bisherige Wasserschutzgebietsverordnung vom 6. Juni 1988 aufgehoben. Bei der Neufestsetzung des Trinkwasserschutzgebiets durch die Verordnung vom 25. Mai 2016 wurden die bereits bestehenden Schutzzonen nach Süden und Osten erweitert. Die Wasserschutzgebietsverordnung war Gegenstand mehrerer Normenkontrollverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (vgl. Az.: 8 N 17.523, 17.547, 17.990), die mit Urteil vom 28. August 2019 jeweils erfolglos blieben.
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Die Klägerinnen sind Eigentümerinnen des Grundstücks Fl. Nr. ... der Gemarkung .... Auf dem ca. 2.200 qm großen Grundstück befindet sich ein von den Klägerinnen betriebenes Hotel. Unter Geltung der Wasserschutzgebietsverordnung vom 6. Juni 1988 befand sich das Grundstück der Klägerinnen in der weiteren Schutzgebietszone W IIIa, unmittelbar angrenzend an die engere Schutzgebietszone W II. Einschränkungen hinsichtlich der baulichen Nutzungen waren in § 3 Abs. 1 Nr. 4 und 5 der Wasserschutzgebietsverordnung vom 6. Juni 1988 geregelt. In der Schutzgebietszone W IIIa war insbesondere verboten, bauliche Anlagen zu errichten oder zu erweitern, sofern Abwasser nicht in eine Sammelentwässerung eingeleitet und die Dichtheit der Kanäle regelmäßig überprüft wird (§ 3 Abs. 1 Nr. 5.2). Auf der Grundlage der Wasserschutzgebietsverordnung vom 25. Mai 2016 liegt das Grundstück nunmehr in der engeren Schutzzone (W II). Nach § 3 Nr. 5.1 der Verordnung ist in der engeren Schutzzone W II die Errichtung und Erweiterung von baulichen Anlagen verboten. Nach § 4 der Verordnung sind unter Verweis auf die Regelungen in § 52 Abs. 1 Satz 2 und 3 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) Ausnahmen und Befreiungen von den in § 3 Abs. 1 festgelegten Verboten möglich. Für den Fall einer unzumutbaren Eigentumsbeschränkung wird auf die Entschädigungsregelungen in § 52 Abs. 4 WHG verwiesen.
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Die Errichtung und Erweiterung des Hotels erfolgte auf der Grundlage von in den Jahren 1987, 1996 und 2006 erteilten Baugenehmigungen nach den für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich geltenden Kriterien.
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Mit Schreiben vom 11. Dezember 2019 machte der Bevollmächtigte der Klägerinnen erstmals Entschädigungsansprüche nach § 52 Abs. 4 WHG gegen die Beigeladene geltend. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass insbesondere die Verbote nach § 3 Abs. 1 Nr. 5.1 der Wasserschutzgebietsverordnung den Verkehrswert des streitgegenständlichen Grundstücks reduzieren würden.
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Mit anwaltlichem Schreiben vom 20. Dezember 2019 lehnte die Beigeladene den Antrag der Klägerinnen mit der Begründung ab, dass eine pauschale Verkehrswertminderung nicht erstattet werde.
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Die Klägerinnen erwirkten daraufhin beim Amtsgericht ... einen Mahnbescheid über insgesamt 500.000,00 Euro gegen die Beigeladene, der am 8. Januar 2020 zugestellt wurde. Gegen den Mahnbescheid legte die Beigeladene am 16. Januar 2020 Widerspruch ein.
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Mit Schriftsatz vom 25. Juni 2020 wurden für die Klägerinnen Entschädigungsansprüche nach § 52 Abs. 4 WHG gegen die Beigeladene geltend gemacht. Es wurde beantragt, gem. § 98 Abs. 2 WHG ein Verfahren durch das Landratsamt mit dem Ziel einzuleiten, eine Einigung über Entschädigungsansprüche zwischen den Klägerinnen und der Beigeladenen zu erzielen und im Falle des Scheiterns, die Entschädigung gem. § 98 Abs. 2 Satz 2 WHG durch das Landratsamt festzusetzen. Auf dem 2.180 m² großen Grundstück befinde sich der Hotel- und Restaurantbetrieb der Klägerinnen. Das Grundstück liege im planungsrechtlichen Innenbereich. Für das angrenzende Grundstück sei am 24. Februar 2003 eine Ergänzungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BauGB beschlossen worden. Die Wasserschutzgebietsverordnung enthalte für die engere Schutzzone II in Ziffer 5.1 des Verbotskatalogs ein Bauverbot. Hierbei handle es sich um einen gravierenden Eingriff, der aus Sicht der Betroffenen einer (Teil-)Enteignung entspreche und eine Entschädigungspflicht auslöse. Das Bauverbot greife auch in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerinnen ein und vermindere in erheblichem Umfang den Verkehrswert des Gewerbebetriebs.
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Mit Schreiben vom 6. August 2020 nahm die Beigeladene zum Antrag der Klägerinnen nach § 98 Abs. 2 WHG und den geltend gemachten Entschädigungsansprüchen Stellung und teilte dem Landratsamt mit, dass Vergleichsverhandlungen nicht beabsichtigt seien. Des Weiteren wurde ausgeführt, dass das streitgegenständliche Grundstück in baurechtlicher Hinsicht als Bestandteil einer klassischen Splittersiedlung dem Außenbereich zuzuordnen sei. Die behauptete Baulandqualität bestehe daher nicht. Bei Bauvorhaben im Außenbereich entsprächen die durch die Wasserschutzgebietsverordnung begründeten Bauverbote dem materiellen Recht, sodass diese regelmäßig keine Entschädigungsansprüche auslösen könnten. Auch sei für die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen ein vorheriger Antrag auf Befreiung von den Vorgaben der Verordnung zwingend erforderlich.
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Bezugnehmend auf die Stellungnahme der Beigeladenen teilte das Landratsamt dem Bevollmächtigten der Klägerinnen mit Schreiben vom 10. August 2020 mit, dass dem Antrag auf Anberaumung eines Verhandlungstermins zur gütlichen Einigung nach § 98 Abs. 2 WHG nicht entsprochen werde, da nach Aussage der Beigeladenen eine gütliche Einigung nicht in Betracht komme. Es sei beabsichtigt, den Antrag auf Festsetzung von Entschädigungsansprüchen abzulehnen.
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Mit Schreiben vom 1. Oktober 2020 nahm der Bevollmächtigte der Klägerinnen zur beabsichtigten Ablehnung ihres Antrags Stellung und führte im Wesentlichen aus, dass Entschädigungsansprüche nach § 52 Abs. 4 WHG bestünden und diese nicht nach Art. 71 AGBGB erloschen seien.
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Mit Bescheid vom 4. November 2020 lehnte das Landratsamt den Antrag auf Festsetzung einer Entschädigung ab.
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Zur Begründung wird sinngemäß ausgeführt, der Antrag sei unbegründet. Nach § 52 Abs. 4 WHG sei eine Entschädigung zu leisten, soweit eine Anordnung nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 WHG das Eigentum unzumutbar beschränkt und diese Beschränkung nicht durch eine Befreiung nach § 52 Abs. 1 Satz 3 WHG oder andere Maßnahmen vermieden oder ausgeglichen werden könne. Als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG müssten Handlungsverbote nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG zwar dem Verhältnismäßigkeitsgebot entsprechen. Dem werde jedoch durch § 52 Abs. 1 Satz 2 und 3 WHG Genüge getan, indem unter bestimmten Voraussetzungen von den Verboten, Beschränkungen oder Duldungs- und Handlungspflichten eine Befreiung erteilt werden könne oder sogar erteilt werden müsse. Zwingende Voraussetzung für die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs sei daher die vorherige Beantragung einer Befreiung. Die Klägerinnen hätten eine solche jedoch nicht beantragt. Allein der Erlass einer Wasserschutzgebietsverordnung löse hingegen keine Entschädigungsansprüche aus.
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Den Klägerinnen werde durch die Verordnung kein Baurecht entzogen, da das streitgegenständliche Grundstück dem bauplanungsrechtlichen Außenbereich zuzuordnen sei.
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Des Weiteren seien etwaige Ansprüche gemäß Art. 71 Abs. 1 Satz 2 AGBGB nach Ablauf des Jahres 2019 erloschen. Insbesondere greife die Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB nicht. Zwar sei rechtzeitig ein Mahnbescheid beantragt worden, doch hätten die Klägerinnen das Verfahren nach dem Widerspruch der Beigeladenen gegen den Mahnbescheid nicht weiter betrieben, sodass die Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 2 Satz 3 BGB sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung geendet habe.
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Die Klägerinnen ließen gegen den Bescheid mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2020 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben und beantragen zuletzt,
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Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 4. November 2020 verpflichtet, zu Gunsten der Klägerinnen als Eigentümerinnen des Grundstücks Fl.Nr., Gemarkung, wegen der Beschränkung der baulichen Grundstücknutzung durch die Wasserschutzgebietsverordnung des Landratsamts ... vom 25. Mai 2016 eine Entschädigung in Höhe von 500.000 EUR festzusetzen, zu zahlen durch die Stadt ....
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, den Klägerinnen stünde gemäß § 52 Abs. 4 WHG ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 500.000,00 Euro zu. Der Anspruch sei nicht gemäß Art. 71 AGBGB erloschen. Das von den Klägerinnen geführte Normenkontrollverfahren gegen die Wasserschutzgebietsverordnung habe nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in entsprechender Anwendung den Lauf der Erlöschensfrist nach Art. 71 AGBGB gehemmt. Mit Klageerhebung sei gegenüber der Beigeladenen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden, dass die Klägerinnen ihren Anspruch auf Entschädigung durchsetzen wollten. Daher spiele es keine Rolle, dass das zuvor betriebene Mahnverfahren nicht mehr weiterverfolgt worden sei. Die Ernsthaftigkeit der Verfolgung von Entschädigungsansprüchen hätten die Klägerinnen mit ihrem Antrag vom 25. Juni 2020 an das Landratsamt ... hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht.
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Die Klägerinnen würden durch die Wasserschutzgebietsverordnung als Grundstückseigentümerinnen und Inhaberinnen eines durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs unzumutbar beeinträchtigt. Das streitgegenständliche Grundstück liege entgegen der Auffassung des Landratsamts innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB. Die Bebauung bilde einen einheitlichen Bebauungszusammenhang, der auch nicht durch die südlich gelegene, relativ große Baulücke durchbrochen werde. Die Wasserschutzgebietsverordnung entziehe den Klägerinnen damit bestehendes Baurecht. Nach § 34 BauGB sei sowohl die Vergrößerung des bestehenden Gebäudes als auch die Errichtung eines weiteren Gebäudekörpers planungsrechtlich zulässig. Die Durchführung solcher Baumaßnahmen werde den Klägerinnen durch das Bauverbot nach der Wasserschutzgebietsverordnung entzogen. Das Bauverbot greife auch in die Substanz des Gewerbebetriebs ein, so dass auch hierin ein in Eingriff in den nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Betrieb zu sehen sei, der entschädigungspflichtig sei. Ein Baurechtsentzug liege auch vor, wenn man das Grundstück trotz der vorhandenen Bebauung dem planungsrechtlichen Außenbereich zuordnen würde. In diesem Fall werde den Klägerinnen die nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB eröffnete Möglichkeit der Erweiterung der Bebauung entzogen.
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Die Geltendmachung einer Entschädigung setze auch nicht die vorherige Beantragung einer Befreiung voraus. Es sei nicht Aufgabe des jeweiligen Grundstückseigentümers zu entscheiden, in welcher konkreten Art und Weise unzumutbare Eigentumsbeeinträchtigungen ausgeglichen werden.
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Die Ablehnung des Antrags auf Festsetzung einer Entschädigung sei auch unverhältnismäßig. Das Landratsamt könne einen finanziellen Ausgleich nicht ablehnen und gleichzeitig offenlassen, ob unzumutbare Eigentumseingriffe durch Befreiungen ausgeglichen werden können. Die zuständigen Behörden hätten zu entscheiden, in welcher Weise der erforderliche Ausgleich zur Vermeidung der Unzumutbarkeit zu leisten sei, und gegebenenfalls Befreiungen zu erteilen. Der Antrag der Klägerinnen auf finanzielle Entschädigung enthalte deshalb als „Minus“ auch den Antrag auf Erteilung einer Befreiung. Das Landratsamt hätte prüfen müssen, inwieweit Befreiungen von den Verboten der Wasserschutzgebietsverordnung in Betracht kommen. Insoweit bestehe auch die Möglichkeit der Zusicherung einzelner Befreiungen nach Art. 38 BayVwVfG, um eine finanzielle Entschädigung zu vermeiden. Befreiungen von den Verboten der baulichen Nutzung kämen jedoch nicht in Betracht, so dass eine finanzielle Entschädigung zwingend festzusetzen sei. Das Landratsamt könne einen finanziellen Ausgleich nicht ablehnen und gleichzeitig offenlassen, ob unzumutbare Eigentumseingriffe durch Befreiungen eventuell ausgeglichen werden könnten. Die geltend gemachte Verkehrswertminderung überschreite offensichtlich und nachweislich die Grenzen einer entschädigungslosen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums. Dem Landratsamt hätte sich aufdrängen müssen, dass ein Ausgleich zwingend geboten sei. Im Fall der Versagung einer Befreiung bestehe keine Möglichkeit mehr, eine finanzielle Entschädigung festzusetzen.
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Das Landratsamt ist der Klage mit Schriftsatz vom 6. Juli 2021 für den Beklagten entgegengetreten und beantragt,
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Zur Begründung wird auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids verwiesen.
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Mit Beschluss vom 28. April 2021 wurde die Stadt ... zum Verfahren notwendig beigeladen.
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Mit Schriftsatz vom 7. Mai 2021 wurde für die Beigeladene beantragt,
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Das Entschädigungsverfahren nach § 98 Abs. 2 WHG sei nicht statthaft. Das Verfahren sei nur bei einer Anordnung durch Verwaltungsakt (Art. 35 BayVwVfG), nicht bei einer abstrakt-generellen Regelung, wie im Fall einer Wasserschutzgebietsverordnung als. Auch könne das Verfahren nach § 98 Abs. 2 WHG nur bis zum Erlass der jeweiligen Anordnung Anwendung finden und nicht erst fünf Jahre danach.
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Der Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil die geltend gemachten Schadensersatzansprüche verjährt und somit erloschen seien. Die Wasserschutzgebietsverordnung sei am 2. Juni 2016 im Amtsblatt bekannt gemacht worden. Die dreijährige Verjährungsfrist gemäß Art. 71 Abs. 1 Satz 2 AGBGB sei somit am 31. Dezember 2019 abgelaufen. Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids sei am 27. Dezember 2019 beim Amtsgericht ... eingegangen. Die Beigeladene habe fristwahrend Widerspruch eingelegt, sodass das Mahnverfahren abgeschlossen sei. Der Antrag der Klägerinnen vom 25. Juni 2020 mit dem Ziel, ein Verfahren nach § 98 Abs. 2 WHG einzuleiten, stelle weder ein Weiterbetreiben des Mahnverfahrens noch einen in § 204 Abs. 1 BGB genannten Fall der Verjährungshemmung dar. Letztere setze eine gerichtliche Geltendmachung voraus. Der von der Klägerin zu 1 gestellte Normenkontrollantrag könne die Verjährung ebenfalls nicht hemmen. Zum einen sei fraglich, ob eine Hemmung eintreten kann, wenn lediglich ein Miteigentümer den Antrag stellt, zum anderen könne ein Normenkontrollantrag nicht in analoger Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB zur Hemmung der Erlöschensfrist führen, da die Klägerinnen - anders als im Fall von Amtshaftungsansprüchen - gerade nicht gesetzlich dazu verpflichtet waren, den nach § 839 Abs. 3 BGB gebotenen Primärrechtsschutz zu suchen.
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Der Entschädigungsanspruch setze nach § 52 Abs. 4 WHG zuvor einen erfolglosen Antrag auf Befreiung von den Verboten der Wasserschutzgebietsverordnung voraus. Etwaigen Entschädigungsansprüchen stehe dann die Verjährung nach Art. 71 Abs. 1 Satz 1 AGBGB nicht entgegen. Sei die Ergreifung von Primärrechtsschutz zwingende Voraussetzung für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, sei eine analoge Anwendung der Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 AGBGB anerkannt.
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Der Hinweis, eine Befreiung von Verboten der baulichen Nutzung komme von vornherein nicht in Betracht, sei unrichtig. Es liege keine enteignende Wirkung wegen einer dauernden Entziehung von Baulandqualität vor, da das streitgegenständliche Grundstück im Außenbereich liege.
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Am 19. Juli 2021 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf das hierüber gefertigte Protokoll verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und auf die vom Beklagten vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen. Beigezogen wurde auch die Behördenakte bezüglich des Verfahrens zum Erlass der Verordnung des Landratsamts ... über das Wasserschutzgebiet in der Gemeinde ... vom 2. Juni 2016.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Klägerinnen besitzen keinen Anspruch auf Festsetzung einer Entschädigung in Höhe einer geltend gemachten Verkehrswertminderung des streitgegenständlichen Grundstücks in Höhe von 500.000,00 EUR (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Der eine diesbezügliche Entschädigung ablehnende Bescheid des Landratsamts ... vom 4. November 2020 ist daher rechtmäßig und nicht geeignet, die Klägerinnen in ihren Rechten zu verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Die Klage ist mit dem zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2021 gestellten Antrag auf Verpflichtung des Beklagten auf Festsetzung einer Entschädigung in Höhe von 500.000,00 EUR als Verpflichtungsklage (Versagungsgegenklage) i.S.d. § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO zulässig.
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Der Bescheid wurde ausweislich des unterzeichneten Empfangsbekenntnisses dem Bevollmächtigten der Klägerinnen am 10. November 2020 zugestellt. Die Klage ging beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg am 10. Dezember 2020 und somit innerhalb der noch offenen Klagefrist ein.
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Ob dem möglichen Anspruch der Klägerinnen nach Art. 71 Abs. 1 Satz 1 AGBGB i.V.m. den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 194 ff. BGB die Verjährung entgegensteht, ist keine Frage der Zulässigkeit der erhobenen Klage. Zwar lässt die Verjährung nach Art. 71 Abs. 1 Satz 1 AGBGB einen Anspruch auf Entschädigung gem. § 52 Abs. 4 WHG erlöschen. Eine mögliche Verjährung setzt jedoch gedanklich einen Entschädigungsanspruch der Klägerinnen voraus. Ob ein solcher vorliegt, ist jedoch in der Begründetheit der Klage zu prüfen. Deshalb kann den Klägerinnen ein Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Klage nicht abgesprochen werden.
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2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerinnen besitzen keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Festsetzung einer Entschädigung auf der Grundlage des § 52 Abs. 4 WHG.
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Nach § 52 Abs. 4 WHG ist eine Entschädigung zu leisten, soweit eine Anordnung nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2, auch i.V.m. § 52 Abs. 2 oder Abs. 3 WHG, das Eigentum unzumutbar beschränkt und diese Beschränkung nicht durch eine Befreiung nach § 52 Abs. 1 Satz 3 WHG oder andere Maßnahmen vermieden oder ausgeglichen werden kann.
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Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die von den Klägerinnen benannten Verbote in der engeren Schutzzone (W II) der am 2. Juni 2016 bekannt gemachten Wasserschutzgebietsverordnung für die öffentliche Wasserversorgung der Beigeladenen vom 25. Mai 2016, insbesondere die in § 3 Nr. 5.1 der Verordnung geregelten Gebote bezüglich baulicher Anlagen, sind zwar Handlungsverbote nach § 52 Abs. 4 WHG i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 1 WHG (2.1), diese stellen jedoch nur eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar (2.2) und beschränken das Grundeigentum der Klägerinnen nicht in unzumutbarer Weise (2.3). Ferner fehlt es an dem notwendigen, vorrangigen Antrag auf Befreiung nach § 52 Abs. 1 Satz 3 WHG (2.4). Mangels eines Zahlungsanspruchs nach § 52 Abs. 4 WHG war über die Einrede der Verjährung nicht mehr zu entscheiden (2.5).
41
2.1 Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG können in einer Rechtsverordnung über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten nach § 51 Abs. 1 WHG oder durch behördliche Entscheidung in Wasserschutzgebieten, soweit der Schutzzweck dies erfordert, bestimmte Handlungen verboten oder für nur eingeschränkt zulässig erklärt werden. § 51 Abs. 2 WHG bestimmt weiter, dass Trinkwasserschutzgebiete nach Maßgabe der allgemein anerkannten Regeln der Technik in Zonen mit unterschiedlichen Schutzbestimmungen unterteilt werden sollen. Nach § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG kann die zuständige Behörde von Verboten, Beschränkungen sowie Duldungs- und Handlungspflichten nach § 52 Abs. 1 Satz 1 WHG eine Befreiung erteilen, wenn der Schutzzweck nicht gefährdet wird oder überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern. Nach § 52 Abs. 1 Satz 3 WHG hat die zuständige Behörde eine Befreiung zu erteilen, soweit dies zur Vermeidung unzumutbarer Beschränkungen des Eigentums erforderlich ist und hierdurch der Schutzzweck nicht gefährdet wird. Die vorliegend streitgegenständlichen Beschränkungen in der Schutzgebietsfestsetzung des Landratsamts ... vom 25. Mai 2016 stellen unstreitig Handlungsverbote i.S.d. § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG dar.
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2.2 Die in der Wasserschutzgebietsverordnung getroffenen Handlungsverbote bzw. Nutzungseinschränkungen nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG beschränken das Eigentum der Klägerinnen an dem in der Schutzzone II des festgesetzten Wasserschutzgebiets gelegenen Grundstück nicht in unzumutbarer Weise i.S.d. § 52 Abs. 4 WHG, so dass den Klägerinnen der Anspruch schon dem Grunde nach nicht zusteht. Darüber hinaus wurde die behauptete Verkehrswertminderung in Höhe von 500.000,00 Euro durch keinerlei Unterlagen belegt und beruht nach Angaben in der mündlichen Verhandlung lediglich auf einer Schätzung.
43
Schutzanordnungen und Nutzungsbeschränkungen in durch Verordnung ausgewiesenen Wasserschutzgebieten stellen keine Enteignung i.S.d. Art. 14 Abs. 3 GG dar, sondern sind lediglich als Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu bewerten. Sie sind nicht auf den Entzug konkreter Rechtspositionen gerichtet, sondern bestimmen Inhalt und Umfang des Eigentums unter dem Gesichtspunkt des Gewässerschutzes und aktualisieren damit die Sozialpflichtigkeit des Eigentums (vgl. BGH, U.v. 19.9.1996 - III ZR 82/95 - DVBl 1997, 45 ff.; BVerwG, B.v. 30.9.1996 - 4 NB 32.96 - ZfW 1997, 163 ff.; BayVGH, B.v. 13.2.2014 - 8 ZB 12.1985 - juris Rn. 12; NdsOVG, B.v. 23.5.2018 - 13 La 284/17 - ZfW 2018, 228 ff. = juris Rn. 9 m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Auflage 2019, § 52 Rn. 71). Maßnahmen, die auf den Schutz des Trinkwasservorkommens abzielen, sind regelmäßig schon deshalb unbedenklich, weil der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen besonderer Ausdruck der Sozialbindung im Sinn des Art. 14 Abs. 2 GG ist. Gebots- oder Verbotsregelungen, die sich darin erschöpfen, die vorhandene Nutzung festzuschreiben, spiegeln die Situationsgebundenheit des Grundeigentums wider und sind grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen. Dieses folgt für Grundstücke im räumlichen Umgriff eines Wasserschutzgebiets aus der Sozialpflichtigkeit bzw. Situationsgebundenheit des Eigentums, wenn diese zur Trinkwasserversorgung tatsächlich benötigt werden (BVerwG, B.v. 30.9.1996 - 4 NB 31.96 - juris Rn. 39 m.w.N; BayVGH, B.v. 13.2.2014 - 8 ZB 12.1985 - juris Rn. 12). Dass die hier zugrundeliegende Wasserschutzgebietsverordnung des Landratsamts ... für die öffentliche Wasserversorgung der Beigeladenen vom 25. Mai 2016 in gewähltem Umgriff, Aufteilung in Zonen mit unterschiedlichen Schutzbestimmungen (vgl. § 51 Abs. 2 WHG) und damit einhergehenden Handlungsverboten bzw. Nutzungseinschränkungen in Bezug auf die hiermit verbundenen Einschränkungen von betroffenem Grundeigentum aus Art. 14 Abs. 1 GG rechtmäßig und insbesondere verhältnismäßig ist, wurde bereits im Normenkontrollverfahren vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (U.v. 28.8.2019 - 8 N 17.523 - juris Rn. 123-126) rechtskräftig festgestellt.
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Die Handlungsverbote und Nutzungsbeschränkungen beeinträchtigen das Grundeigentum in der Regel daher nur in einem verhältnismäßigen und zumutbaren Ausmaß, der die Opfer- und Relevanzschwelle der entschädigungspflichtigen Eigentumsinhaltsbestimmung oder Enteignung nicht erreicht und damit dem Grunde nach auch keine Entschädigungspflicht nach § 52 Abs. 4 WHG auslöst (vgl. OLG München, U.v. 29.3.1984 - 1 U 5386/83 - ZfW 1986, 269 ff.). Eine Entschädigung oder ein Ausgleich in Geld ist nach § 52 Abs. 4 WHG nur dann zu leisten, soweit dem betroffenen Eigentümer durch die Wasserschutzgebietsverordnung ein „Sonderopfer“ auferlegt wird, das ihn unverhältnismäßig oder im Vergleich zu anderen ungleich und somit in unzumutbarer Weise trifft (vgl. Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1112). Der Eigentümer kann nur dann nicht auf die Sozialpflichtigkeit seines Eigentums verwiesen werden, wenn durch die Schutzgebietsausweisung in bereits verwirklichte Nutzungen eingegriffen wird oder Nutzungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden, die sich nach Lage der Dinge objektiv anbieten oder sogar aufdrängen, wenn er somit hinsichtlich der Schwere und Tragweite des Eingriffs in qualifizierter und besonderer Weise betroffen ist (Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 52 Rn. 57).
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Die Qualifizierung der Handlungsverbote als grundsätzlich hinzunehmende In-halts- und Schrankenbestimmung des Eigentums bedeutet bezogen auf den jeweiligen Einzelfall, dass die Entscheidung über eine Ausgleichspflicht nach § 52 Abs. 4 WHG das Ergebnis eines Abwägungsvorgangs ist, in den einerseits die öffentlichen Interessen (hier insbesondere des Trinkwasserschutzes und des Gewässerschutzes) und andererseits die privaten Eigentümerbelange einzubeziehen sind. Einen besonders wichtigen Abwägungsgesichtspunkt stellt dabei die vorgegebene „Situation“ der betroffenen Grundstücke dar (BGH, U.v. 19.9.1996 - 3 ZR 82/95 - DVBl. 1997, 45 ff.).
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2.3 Dies zugrunde gelegt ist der von den Klägerinnen aufgrund der ihnen durch die Wasserschutzgebietsverordnung vom 25. Mai 2016 auferlegten Handlungsverbote bzw. Nutzungsbeeinträchtigungen geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von einer Entschädigung nach § 52 Abs. 4 WHG in Form einer Verkehrswertminderung i.H.v. 500.000,00 EUR nicht gegeben.
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Zunächst ist zu berücksichtigen, dass das Grundstück, in dessen Nutzbarkeit durch die streitgegenständliche Wasserschutzgebietsverordnung eingegriffen wird, in einem festgesetzten Wasserschutzgebiet liegt, so dass es durch seine Lage und Beschaffenheit bereits einen höheren sozialen Bezug aufweist und auch eine höhere soziale Funktion i.S.d. Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG erfüllt, mithin einer gesteigerten Sozialbindung unterliegt (vgl. Situationsgebundenheit des Eigentums, vgl. BVerfG, B.v. 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100, 226 ff.; BVerwG, U.v. 11.1.2001 - 4 A 12.99 - NVwZ 2001, 1160 ff.; NdsOVG, B.v. 23.5.2018 - 13 LA 284/17 - juris Rn. 15). Das Grundstück hat für das Wohl der Allgemeinheit aufgrund der überragenden Wichtigkeit des aus dem lokalen Grundwasservorkommen als Rohwasser zu fördernden Trinkwassers für Leben und Gesundheit der Bevölkerung eine besondere Bedeutung (vgl. BayVGH, U.v. 26.6.2002 - 22 N 01.2625 - juris Rn. 36).
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Etwas anderes gilt auch nicht ausnahmsweise im konkreten Einzelfall der Klägerinnen. Ein Eingriff in vorhandene oder der Ausschluss weiterer Nutzungsmöglichkeiten wird von ihnen nicht geltend gemacht. Die Unzumutbarkeit des Eigentumseigriffs wird ausschließlich mit der Lage des Grundstücks begründet, das sich wie eine Vielzahl weiterer Grundstücke in der Schutzgebietszone W II der Wasserschutzgebietsverordnung vom 25. Mai 2016 befindet. Die Situation der Klägerinnen stellt sich somit nicht anders dar, als die aller weiteren von der Schutzgebietsausweisung betroffenen Eigentümer. Im Zuge des Normenkontrollverfahrens bezüglich der streitgegenständlichen Wasserschutzgebietsverordnung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (U.v. 28.8.2019 - 8 N 17.523 - juris Rn. 123) bereits entschieden, dass diese als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinn des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG die verfassungsrechtliche Eigentumsposition der betroffenen Grundstückseigentümer in zulässigerweise einschränkt. Damit ist aber - entgegen der Auffassung der Klagepartei - festgestellt, dass allein die Belegenheit des Grundstücks in einem Trinkwasserschutzgebiet und die damit verbundene - im konkreten Fall allerdings nicht näher belegte - Wertminderung unter die Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums fällt und gerade nicht zu einer unzumutbaren Eigentumsbeeinträchtigung im Sinne eines Sonderopfers führt. Gebots- und Verbotsregelungen, die sich darin erschöpfen, die vorhandene Nutzung festzuschreiben, spiegeln die Situationsgebundenheit des Grundstücks wider und sind grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen (BayVGH, U.v. 26.6.2001 - 22 N 01.2625 - juris). Eine unzumutbare Beschränkung des Eigentums liegt darüber hinaus auch dann nicht vor, wenn durch die Schutzgebietsverordnung eine erstrebte rentablere Nutzung verhindert wird, denn Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (NdsOVG, B.v. 23.5.2018 - 13 LA 284/17 - juris Rn. 16). Eine Einschränkung ihrer Nutzungsmöglichkeiten machen die Klägerinnen aber gerade nicht geltend.
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Bezüglich des streitgegenständlichen Grundstücks erfolgte zwar mit der nunmehr streitgegenständlichen Schutzgebietsausweisung eine Aufstufung von der bisherigen Schutzzone W IIIa in die räumlich erweiterte Schutzzone W II mit der Folge weitergehender Handlungsverbote bzw. Nutzungsbeschränkungen. Dieser Umstand führt aber gleichfalls nicht zu einer Sonderopferstellung der Klägerinnen, da mit der Ausweisung von Trinkwasserschutzgebieten für die Trinkwasserversorgung grundsätzlich zu rechnen ist (BayVGH, B.v. 13.2.2014 - 8 ZB 12.1985 - juris Rn. 13). Dies gilt erst recht für die Erweiterung eines bereits bestehenden Trinkwasserschutzgebiets. Da das betroffene Grundstück ebenfalls bereits seit dem Jahr 1988 Teil der Wasserschutzgebietsausweisung war, war die Grundstückssituation der Klägerinnen schon bisher von der Möglichkeit einer Ausweitung der Schutzzonen und der Einbeziehung in die engere Schutzzone W II geprägt. Dies auch bereits aufgrund der Lage des Grundstücks am Rand der vormaligen Schutzgebietszone W II der Schutzgebietsausweisung aus dem Jahr 1988.
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Überdies befindet sich das Grundstück der Klägerinnen nach der rechtlichen Bewertung des Gerichts als sogenannte Splittersiedlung bauplanerisch im Außenbereich. Hierfür spricht neben der sich aus den Akten zu ersehenden Grundstückssituation als Splittersiedlung im Außenbereich auch die Tatsache, dass das Grundstück gerade nicht mehr in die Ergänzungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB einbezogen wurde. Die Grundstücksnutzung ist daher nur unter Beachtung der in § 35 BauGB genannten öffentlichen Belange zulässig, zu denen auch die Beachtung der Trinkwasserversorgung sowie von Maßnahmen der Wasserwirtschaft zählen (§ 35 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 6 BauGB). Bauverbote, die dem materiellen Recht entsprechen, lösen im Allgemeinen keine Entschädigungsansprüche aus (Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1106). Eine eingeschränkte bauliche Nutzung und die von den Klägerinnen darauf gestützte Verkehrswertminderung folgt daher bereits aus der Lage des Grundstücks im Außenbereich.
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Da im vorliegenden Fall bereits keine unzumutbare Einschränkung des Eigentums vorliegt, die über die Sozialbindung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG hinaus geht, scheidet ein Anspruch auf Ausgleich der behaupteten Verkehrswertminderung schon aus diesem Grund aus.
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2.4 Ein Anspruch auf Entschädigung besteht darüber hinaus aber auch nur, wenn die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit nicht durch eine Befreiung nach § 52 Abs. 1 Satz 3 WHG oder andere Maßnahmen vermieden oder ausgeglichen werden kann. Das heißt, ein vorheriger Befreiungsantrag nach § 52 Abs. 1 Satz 2 und 3 WHG ist zwingende Voraussetzung für das Bestehen eines Entschädigungsanspruchs, da der - hier allerdings nicht vorliegenden - unverhältnismäßigen Belastung eines Eigentümers vorrangig durch tatsächliche Ausgleichsmaßnahmen zu begegnen ist. Nur wenn ein solcher Ausgleich für den Betroffenen im Einzelfall nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist, kommt ein Entschädigungsanspruch in Betracht (BVerfG, B.v. 6.9.2005 - 1 BvR 1161/03 - juris Rn. 24; Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 52 Rn. 82).
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Ein Antrag auf Befreiung oder Ausgleich wurde von den Klägerinnen jedoch nicht gestellt und kann auch nicht als „minus“ in dem Antrag auf Entschädigung gesehen werden, da je nach Erscheinungsform der beeinträchtigten Nutzung unterschiedliche Kompensationsmaßnahmen in Betracht zu ziehen und auf ihre Eignung zum Ausgleich zu überprüfen sind.
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2.5 Da die Klägerinnen keinen Anspruch auf die von ihnen geltend gemachte Entschädigung i.S.d. § 52 Abs. 4 WHG besitzen, bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob ein diesbezüglicher Anspruch infolge zwischenzeitlich eingetretener Verjährung nach Art. 71 Abs. 1 Satz 1 AGBGB erloschen ist.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO, wobei es der Billigkeit entspricht, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen den unterlegenen Klägerinnen aufzuerlegen, da die Beigeladene einen Sachantrag gestellt hat und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 162 Rn. 41).
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.