Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 15.06.2021 – AN 2 K 20.02279
Titel:

Ausbildungsförderung nach Fachrichtungswechsel

Normenkette:
BAföG § 7 Abs. 3
Leitsätze:
1. Bei dem Wechsel von dem Zwei-Fach-Bachelorstudiengang Theologische Studien/Religion zu dem neuen Studiengang Evangelische Theologie handelt es sich um einen Fachrichtungswechsel und nicht um eine bloße Schwerpunktverlagerung. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach § 7 Abs. 3 S. 4 BAföG wird weder ein wichtiger Grund noch die Unverzüglichkeit des Fachrichtungswechsels vermutet, wenn die Fachrichtung erst mit Ende des dritten Fachsemesters gewechselt wird. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die unverzügliche Aufgabe des Erststudiums im Sinne von § 7 Abs. 3 BAföG erfordert, dass die alte Ausbildung unverzüglich und rechtlich bindend aufgegeben wird, etwa durch eine  Exmatrikulation. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ausbildungsförderung nach Fachrichtungswechsel, Neigungswandel, Unverzüglichkeit des Studienabbruchs bzw. Fachrichtungswechsels:, Obliegenheit rechtlich verbindlicher Konsequenzen, Evangelische Theologie, Exmatrikulation
Fundstelle:
BeckRS 2021, 22579

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Ausbildungsförderung nach Fachrichtungswechsel.
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Der Kläger war vom Wintersemester 2018/2019 bis einschließlich des Wintersemesters 2019/2020 - also über drei Semester - in dem Zwei-Fach-Bachelorstudiengang Theologische Studien/Religion an der … immatrikuliert. Für diesen Zeitraum hatte er weder Ausbildungsförderung beantragt noch bewilligt erhalten. Mit dem Sommersemester 2020 nahm er sein Studium der Evangelischen Theologie (Abschluss: kirchliche Prüfung) im ersten Fachsemester an der … auf … Unter dem 17. März 2020, eingegangen bei dem Beklagten am 19. März 2020, beantragte er Ausbildungsförderung für sein neues Studium der Evangelischen Theologie an der … betreffend den Bewilligungszeitraum April bis September 2020 (Sommersemester 2020). Mit Schreiben vom 19. März 2020 forderte der Beklagte den Kläger insbesondere auf, ein formloses Gesuch mit ausführlicher Begründung des Fachrichtungswechsels nachzureichen. Daraufhin teilte der Kläger sinngemäß mit, schon im ersten Semester sei ihm recht schnell klargeworden, dass der Studiengang Evangelischen Theologie mit dem Abschluss Bachelor in dieser Form nicht der richtige für ihn gewesen sei. Aufgrund gesundheitlicher Probleme und "dem Chef bei [s]einem damaligen Nebenjob" habe er die Anmeldungsfrist für die Prüfungsphase verpasst. Im zweiten Semester sei er dann zu dem Entschluss gekommen, sich bei der … zu bewerben. Nach erfolgter Zusage "mit fehlenden Informationen zur Ausbildung und Studium in den darauf folgenden Monaten", sei ihm die nächste Möglichkeit verbaut gewesen, wodurch er ein weiteres Semester in … "angehangen" habe. In diesem Semester sei er Teil eines Jugendaustauschs mit der … gewesen, der unglücklicherweise in die Prüfungsphase in … gefallen sei. Im Wintersemester 2019/2020 sei er dann hauptsächlich damit beschäftigt gewesen, den richtigen Studiengang zu finden. Evangelische Theologie mit kirchlichem Abschluss an der … habe ihm dann die richtigen Zukunftsaussichten geboten. Bei erfolgreichem Abschluss seines Studiums werde er in einem Bereich arbeiten, der ihm "viel [G]utes" bringe und in dem er sich wohlfühle.
3
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 13. Mai 2020 stellte der Beklagte fest, für das zum Sommersemester 2020 aufgenommene Studium Evangelische Theologie (kirchliche Prüfung) an der … könne Ausbildungsförderung nach dem BAföG nicht geleistet werden.
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Zur Begründung ist in dem Bescheid sinngemäß im Wesentlichen ausgeführt, nach einem Fachrichtungswechsel könne Ausbildungsförderung nur noch geleistet werden, wenn dieser aus wichtigem Grund erfolge und vor Beginn des vierten Semesters vollzogen werde. Zwar werde bei der Bestimmung des maßgeblichen Fachsemesters, also bei der Frage, ob der Fachrichtungswechsel noch vor Beginn des vierten Semesters erfolgt sei, die Zahl der Semester abgezogen, die nach Entscheidung der Ausbildungsstätte aus der ursprünglich betriebenen Fachrichtung auf den neuen Studiengang angerechnet würden. Nach klägerischem Vortrag und der vorgelegten Immatrikulationsbescheinigung werde hier jedoch kein komplettes Semester angerechnet, sodass der Kläger sein Studium erneut im ersten Fachsemester begonnen habe. Daher sei der Fachrichtungswechsel vorliegend erst nach dem dritten Semester erfolgt.
5
Als wichtiger Grund für einen Fachrichtungswechsel komme mangelnde Eignung sowie ein Neigungswandel in Betracht. Ein wichtiger Grund sei dann gegeben, wenn Auszubildenden die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nach verständigem Urteil unter Berücksichtigung aller im Rahmen des Gesetzes erheblichen Umstände einschließlich der mit der Förderung verbundenen persönlichen und öffentlichen Interessen nicht mehr zugemutet werden könne. An den Begriff des wichtigen Grunds seien umso höhere Anforderungen zu stellen, je weiter das zunächst durchgeführte Studium bereits fortgeschritten sei. Ein Wandel der Neigung oder ein Irrtum über Studieninhalte könne nur dann als wichtiger Grund gewertet werden, wenn der Fachrichtungswechsel in der Anfangsphase des Erststudiums erfolge, die nach der Rechtsprechung mit dem zweiten Semester ende. Deshalb könne sich der Kläger bei dem vorliegenden Fachrichtungswechsel nach drei Semestern nicht auf einen einfachen Neigungswandel berufen. Zudem mache der Kläger einen einfachen Neigungswandel geltend, welcher nach dem Vorgesagten hier keine Anerkennung mehr als wichtiger Grund finden könne.
6
Das Vorliegen eines Eignungsmangels habe der Kläger nicht hinreichend dargelegt. Ein solcher sei auch nicht aus dem Fachwechselgesuch ersichtlich. Denn der Fachrichtungswechsel sei im Wesentlichen damit begründet, das Studium habe nicht den Vorstellungen des Klägers entsprochen. Ferner sei ein Eignungsmangel nicht belegt. Dem Notenspiegel des Klägers sei kein Eignungsmangel zu entnehmen, da er an keinen Prüfungen teilgenommen habe. Ein wichtiger Grund in Gestalt eines Eignungsmangels könne dann angenommen werden, wenn der Eignungsmangel es als geboten erscheinen lasse, die bisherige Ausbildung zu beenden. Dies sei in der Regel anzunehmen, wenn Auszubildende den Leistungsanforderungen des jeweiligen Studiums deshalb nicht gerecht würden, weil sie die für das Vorrücken notwendigen Leistungsnachweise nicht erbringen könnten. Eignungsmängel, die durch rechtzeitige, zumutbare Vorkehrungen vermieden werden könnten, rechtfertigten nicht die Annahme eines wichtigen Grunds. Grundsätzlich könne ein Eignungsmangel bei (endgültig) nicht bestandenen Prüfungen angenommen werden. Erforderlich sei aber, dass an der Prüfung auch teilgenommen werde. Die Nichtteilnahme sei kein Beleg eines Eignungsmangels.
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Die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der bisherigen Ausbildung sei somit nicht ersichtlich. Nur ergänzend werde darauf hingewiesen, dass auch keine Tatsachen vorgetragen oder ersichtlich seien, die einen Fachrichtungswechsel aus unabweisbarem Grund rechtfertigten.
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Letztlich sei der Fachrichtungswechsel auch nicht unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern erfolgt. Der Kläger habe bereits im ersten Semester realisiert, das Studium schon allein aufgrund dessen Gestaltung als Bachelorstudiengang nicht abschließen zu wollen. Schon hier sei er verpflichtet gewesen, das Studienfach zu wechseln und dies dem Amt für Ausbildungsförderung anzuzeigen. Unerheblich sei, dass der Kläger zuvor keine Ausbildungsförderung bezogen habe. Es komme allein auf die abstrakte Förderungsfähigkeit der Ausbildung an, die vorliege. Zudem sei es für die vorliegende Entscheidung unerheblich, ob der gewünschte Studiengang erst in einem späteren Semester beginne. Das Warten auf den gewünschten Studiengang sei nicht förderungsfähig.
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Hiergegen legte der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 5. Juni 2020, eingegangen bei dem Beklagten am selben Tag, Widerspruch ein. Mit Schriftsatz vom 1. Juli 2020 ließ er zur Begründung sinngemäß im Wesentlichen vorbringen, der angegriffene Bescheid sei rechtswidrig. Er habe auch nach seinem Fachrichtungswechsel Anspruch auf Ausbildungsförderung. Er habe die Fachrichtung im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 BAföG gewechselt. Da er den Fachrichtungswechsel bis zum 4. Fachsemester vollzogen habe, genüge ein wichtiger Grund für die Weitergewährung von Ausbildungsförderung. Dieser werde beim ersten Fachrichtungswechsel regelmäßig vermutet, wenn Wechsel oder Abbruch bis zum Beginn des dritten Semesters erfolgten. Wie erläutert sei ihm bereits im Lauf des ersten Semesters klar gewesen, dass der Studiengang Evangelische Theologie mit dem Abschluss Bachelor nicht der richtige sei. Bereits im zweiten Semester habe er sich bei der … beworben. Aufgrund von Umständen, die er nicht verschuldet habe, habe sich die Möglichkeit nicht realisiert, dort einen Studiengang aufzunehmen. Er habe dann an einem Jugendaustausch … teilgenommen, sein Studium also nicht weiter betrieben. Er habe weder in diesem zweiten Semester noch im darauffolgenden dritten Semester Prüfungsleistungen erbracht. Es sei also klar ersichtlich, dass er das Studium bereits im zweiten Fachsemester nicht mehr betrieben und daher aufgegeben habe.
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Auch ohne Vermutungsregel sei ein wichtiger Grund im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG nachgewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liege ein wichtiger Grund vor, wenn die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nach verständigem Urteil unter Berücksichtigung aller im Rahmen des BAföG erheblichen Umstände einschließlich der mit der Förderung verbundenen persönlichen und öffentlichen Interessen nicht mehr zugemutet werden könne. Ein von der Rechtsprechung anerkannter wichtige Grund in diesem Sinne sei der Neigungswechsel. Er habe relativ schnell nach Aufnahme seines Studiums gemerkt, dass seine Neigung nicht - wie zunächst erwartet - im Bachelorstudium, sondern im kirchlichen Verkündigungsdienst liege. Da das Theologiestudium zu einem weltanschaulich gebundenen bzw. konfessionellen Beruf führe, sei hier ein Neigungswandel besonders zu berücksichtigen. Insbesondere der von ihm angestrebte kirchliche Abschluss und die Tätigkeit im kirchlichen Verkündigungs- und Seelsorgedienst sei nicht nur Beruf, sondern Berufung.
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Mit Bescheid vom 30. September 2020 wies der Beklagte den Widerspruch kostenfrei zurück.
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Zur Begründung führte er über die Ausführungen im Ausgangsbescheid hinaus sinngemäß im Wesentlichen aus, der Kläger sei bis zum Ende des dritten Fachsemesters immatrikuliert gewesen, sodass er bis dahin hochschulrechtlich studiert und das Studium weder abgebrochen noch unterbrochen habe. Da der Kläger einen Neigungswandel nach Beginn des dritten Semesters geltend mache, müsse dieser grundlegender Art sein. An einen solchen seien erhöhte Anforderungen zu stellen. Die Angaben des Klägers, er habe bereits während des ersten Fachsemesters festgestellt, der gewählte Studiengang sei nicht der richtige für ihn, er habe aber erst im dritten Fachsemester einen geeigneten Studiengang gefunden, könnten die erhöhten Anforderungen nicht erfüllen. Der Neigungswandel müsse von so schwerwiegender und grundsätzlicher Art sein, dass die Fortsetzung der Ausbildung nicht mehr zugemutet werden könne. Der Auszubildende müsse darlegen, weshalb er ausgerechnet in den neuen Studiengang habe wechseln müssen und weshalb ihm die Weiterführung des vorherigen Studiengangs nicht mehr zumutbar gewesen sei. Dies werde sowohl in der Fachrichtungswechsel- als auch in der Widerspruchsbegründung nur sehr vage ausgeführt. Die Aussage, das Bachelorstudium habe nicht seinen Vorstellungen entsprochen, könne sogar nur als Geltendmachung eines einfachen Neigungswandels gewertet werden. Inhalt des grundlegenden Neigungswandels sei es eher, dass Auszubildende während einer bestimmten Ausbildung plötzlich und unvorhersehbar eine andere Ausbildung betreiben wollten. Aus den Ausführungen des Klägers gehe schon nicht hervor, was ihn letztlich dazu bewogen habe, sich dem kirchlichen Verkündigungsdienst zu verschreiben. Es sei schon unklar, weshalb er das Studium der evangelischen Theologie (kirchliche Prüfung) nicht von Anfang an gewählt habe. Vielmehr legten die Ausführungen nahe, dass er schon im ersten Fachsemester realisiert habe, sich für den Zwei-Fach-Bachelorstudiengang nicht begeistern können, aber erst im dritten Fachsemester wirklich versucht habe, einen anderen Studiengang für sich zu finden. Zu diesem Zeitpunkt habe er dann realisiert, dass er bereits das halbe Bachelorstudium versäumt und keinerlei Möglichkeiten mehr gehabt habe, dieses noch einigermaßen erfolgreich abzuschließen, da er bis zum Ende des dritten Fachsemesters keinerlei Leistungen erbracht habe. Dies rechtfertige keinesfalls die Annahme eines Neigungswandels grundlegender Art. Die Annahme scheitere bereits an der Unzumutbarkeit der Weiterführung des alten Studiums, da der Kläger diese durch Leistungsverweigerung selbst hervorgerufen habe.
13
Überdies sei der Fachrichtungswechsel hier nicht unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern erfolgt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergebe sich die Verpflichtung zum unverzüglichen Handeln aus der Pflicht des Auszubildenden, seine Ausbildung umsichtig zu planen und zügig und zu zielstrebig durchzuführen. Sobald er sich Gewissheit über den Hinderungsgrund betreffend das bisher gewählte Fach verschafft habe, müsse er unverzüglich die notwendigen Konsequenzen ziehen und die bisherige Ausbildung aufgeben. Dem Kläger sei bereits im ersten Fachsemester klar gewesen, dass es sich bei dem gewählten Studium nicht um den für ihn richtigen gehandelt habe. Auch in nachfolgenden Semestern habe er sein Studium nicht vorangetrieben. Er habe selbst angegeben, das Studium ab dem zweiten Semester nicht mehr betrieben zu haben. Auch die Nichtteilnahme an Prüfungen belege die innere Abkehr von dem Studium bereits im ersten Semester.
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Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 27. Oktober 2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage erhoben.
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Er trägt über sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren hinaus sinngemäß im Wesentlichen vor, da er den Fachrichtungswechsel bis zum vierten Fachsemester vollzogen habe, genüge für die weitere Bewilligung von Ausbildungsförderung das Vorliegen eines wichtigen Grunds. Dieser werde beim ersten Fachrichtungswechsel regelmäßig vermutet, wenn Wechsel oder Abbruch bis zum Beginn des dritten Semesters erfolgten. Bereits im zweiten Semester habe er sich bei der … beworben. Das Studienzentrum dort hätte ihn zum Wintersemester 2019/2020 aufgenommen. Das zugehörige Studium … hätte er an der … … absolviert. Erst sehr kurzfristig habe er telefonisch erfahren, dass er dort keinen Studienplatz erhalte. Er sei also - entgegen der Auffassung des Beklagten - unverzüglich tätig geworden, habe die notwendigen Konsequenzen gezogen und sich um die Aufnahme eines anderen Studiengangs bemüht. Dass er trotz Zusage aufgrund von Umständen, die er nicht verschuldet habe, sowie wegen der kurzfristigen Versagung des Studienplatzes die Möglichkeit des Studiums … nicht habe realisieren können, ändere nichts daran, dass er selbst unverzüglich die notwendigen Konsequenzen gezogen habe. Nach der kurzfristigen Absage sei es für die Aufnahme eines anderen Studiengangs im Wintersemester 2019/2020 zu spät gewesen. Sein Studium der Evangelischen Theologie an der … habe er zum nächstmöglichen Zeitpunkt im Sommersemester 2020 begonnen. Da sein Studienfachwechsel bereits zum Wintersemester 2019/2020 habe erfolgen sollen, greife die gesetzliche Vermutung, wonach ein wichtiger Grund vorliege.
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Der Kläger beantragt wörtlich,
den Bescheid des Beklagten vom 13.05.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2020 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die für sein aktuelles Studium der Evangelischen Theologie (kirchliche Prüfung) beantragten Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
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Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheids und führt ergänzend sinngemäß im Wesentlichen aus, Auszubildende müssten einen gewünschten Fachrichtungswechsel unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern vornehmen, wenn ihnen ein wichtiger (oder unabweisbarer) Grund bekannt oder in seiner Bedeutung bewusst werde, der einer Fortsetzung der bisherigen Ausbildung entgegenstehe. Sobald sich Auszubildende Gewissheit über den Hinderungsgrund verschafft hätten, müssten sie unverzüglich die notwendigen Konsequenzen ziehen und die bisherige Ausbildung aufgeben. Entscheidend sei die rechtzeitige, rechtlich bindende Beendigung der bisherigen Ausbildung. Hier hätte der Kläger bereits zum Ende des ersten Semesters die notwendigen Konsequenzen ziehen und sein bisheriges Studium aufgeben müssen. Allerdings sei er bis Ende des Wintersemesters 2019/2020 in dem fraglichen Studiengang immatrikuliert gewesen. Somit habe er sein Bachelorstudium erst zu diesem Zeitpunkt rechtlich bindend beendet.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Sitzungsniederschrift vom 15. Juni 2021, und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
21
1. Die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) ist unbegründet, da der Bescheid des Beklagten vom 13. Mai 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. September 2020 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 VwGO). Für den nunmehr von dem Kläger gewählten Studiengang Evangelische Theologie (Abschluss: kirchliche Prüfung) besteht kein Anspruch auf Ausbildungsförderung, da insoweit jedenfalls kein unverzüglicher Fachrichtungswechsel im Sinne von § 7 Abs. 3 BAföG vorliegt. Ein solcher wird hier auch nicht vermutet.
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a) Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG wird nach einem Ausbildungsabbruch oder einem Fachrichtungswechsel Ausbildungsförderung auch für eine andere Ausbildung geleistet, wenn der Abbruch oder Fachrichtungswechsel aus wichtigem oder unabweisbarem Grund erfolgt. Bei Auszubildenden an Hochschulen gilt dies nur, wenn der Ausbildungsabbruch bzw. Fachrichtungswechsel bis zum vierten Fachsemester erfolgt (§ 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 BAföG). Anschließend ist förderungsrechtlich ein unabweisbarer Grund erforderlich. Ein Fachrichtungswechsel liegt nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG vor, wenn Auszubildende einen anderen berufsqualifizierenden Abschluss oder ein anderes bestimmtes Ausbildungsziel eines rechtlich geregelten Ausbildungsganges an einer Ausbildungsstätte derselben Ausbildungsstättenart anstreben. Hinsichtlich des wichtigen Grunds ist darauf abzustellen, ob dem Auszubildenden die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nach verständigem Urteil unter Berücksichtigung aller im Rahmen des BAföG erheblichen Umstände und der beiderseitigen, die Förderung berührenden Interessen nicht mehr zugemutet werden kann (BVerwG, U.v. 12.2.1976 - V C 86.74 - BeckRS 1976, 30430044). Hierunter fallen insbesondere Eignungs- und Neigungsmängel (S.weg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 137 ff.). Ein Eignungsmangel bezieht sich auf die Erkenntnis Auszubildender, dass es - z.B. aus körperlichen oder intellektuellen Gründen - an ihrer Eignung für die Ausbildung selbst oder für die mit ihr angestrebte Berufsausübung mangelt (vgl. Buter in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl. Stand Juli 2019, § 7 Rn. 42.1). Ein solcher Eignungsmangel liegt vor, wenn Auszubildende trotz ausreichender Bemühungen keine ausreichenden Leistungen erzielen können (S.weg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 137). Naheliegend ist ein Eignungsmangel bei anhaltend schlechten Leistungen (Müller in Pdk-Bund J-6, BAföG, Stand August 2020, Ziff. 2.3.2.2.2). Dagegen liegt ein Neigungswandel vor, wenn Auszubildende während der Ausbildung die Erkenntnis gewinnen, die gewählte Fachrichtung entspreche nicht ihrer Neigung (S.weg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 140). Bezugspunkt des Neigungswandels bzw. der Unzumutbarkeit ist die alte Ausbildung. Entsprechend reicht es für die Annahme eines Neigungswandels nicht aus, wenn Studierende für ein anderes Fach eine zusätzliche oder stärkere Neigung entwickeln (vgl. so zum Ganzen S.weg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 141).
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Die Berücksichtigung eines Eignungsmangels setzt allerdings voraus, dass dieser für den Auszubildenden vor Beginn der Ausbildung nicht erkennbar war, er also vor Aufnahme der Ausbildung gewissenhaft geprüft hat, ob er den Anforderungen des Studiums voraussichtlich gewachsen sein wird (S.weg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 137). Ähnlich setzt die Berücksichtigung eines Neigungswandels grundsätzlich voraus, dass der Auszubildende vor Beginn der Ausbildung davon ausgegangen war, das gewählte Fach entspreche seiner Neigung (Buter in Rothe/Blanke, BAföG 5. Aufl. Stand Juli 2019, § 7 Rn. 42.2).
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Des Weiteren ist anerkannt, dass es Auszubildenden obliegt, die Fachrichtung unverzüglich - also ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) - zu wechseln, sobald ihnen der wichtige oder unabweisbare Grund bekannt oder in seiner Bedeutung bewusst ist (vgl. Buter in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl. Stand August 2017, § 7 Rn. 48). Diese Obliegenheit ergibt sich aus der Pflicht des Auszubildenden, seine Ausbildung umsichtig zu planen und zügig und zielstrebig durchzuführen (vgl. Buter a.a.O., eine Verpflichtung annehmend). Für die Konkretisierung unverzüglichen Handelns sind objektive und subjektive Gesichtspunkte relevant, etwa ob ein Unterlassen des Fachrichtungswechsels vorwerfbar oder durch ausbildungsbezogene Umstände gerechtfertigt ist (vgl. Buter a.a.O.). Von fehlender Unverzüglichkeit wurde beispielsweise ausgegangen im Fall eines nach zwei Fachsemestern erkannten Neigungswandels im Studium der Rechtswissenschaften bei Fortführung dieses Studiums um ein weiteres Semester ohne den Willen, dieses noch berufsqualifizierend abzuschließen, um sodann das gewünschte Medizinstudium aufzunehmen (vgl. BVerwG NVwZ 1990, 1169; dazu Buter a.a.O.). Dagegen wurde die Versagung von Ausbildungsförderung mangels Unverzüglichkeit als Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG in einer Fallgestaltung angesehen, sofern der Neigungswandel gegen Ende des ersten Fachsemesters erkannt wird, in diesem Zeitpunkt der Anmeldetermin für das neue Studium bereits verstrichen ist und sodann ein weiteres Semester bis zum Fachrichtungswechsel vergeht (vgl. BVerfG, B.v. 3.7.1985 - 1 BvR 1428/82 - NVwZ 1985, 731; vgl. auch Buter a.a.O.). So sei die Verzögerung des Studienabbruchs um einige Monate, um abzuwarten, ob eine Zulassung zum neuen Studium erfolge, nicht von solcher Art und solchem Gewicht, die näher ausgeführte Ungleichbehandlung zu rechtfertigen (BVerfG a.a.O.; dazu Buter a.a.O.).
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Nach § 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG wird bei Auszubildenden an Hochschulen bei einem ersten Ausbildungsabbruch oder Fachrichtungswechsel bis zu Beginn des dritten Fachsemesters das Vorliegen eines wichtigen Grunds vermutet. Die Vermutung erstreckt sich auch auf die Frage der Unverzüglichkeit (Buter in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl. Stand Juli 2019, § 7 Rn. 50). Entsprechend liegt es in diesen Fällen an dem Amt für Ausbildungsförderung, ein etwaiges Fehlen eines wichtigen Grunds bzw. einen verspäteten Fachrichtungswechsel nachzuweisen. Ab Beginn des dritten Fachsemesters bei einem ersten Fachrichtungswechsel oder bei nachfolgenden Fachrichtungswechseln hat dagegen der Auszubildende den wichtigen Grund nachzuweisen (Winkler in Beckscher Online-Kommentar Sozialrecht, 52. Edition Stand 1.3.2019, § 7 BAföG Rn. 46, 48). Mangels Vermutung trägt in diesen Fällen der Auszubildende auch die materielle Beweislast hinsichtlich der Frage der Unverzüglichkeit.
26
b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe fehlt es hier jedenfalls an der Unverzüglichkeit des Fachrichtungswechsels.
27
aa) Zunächst handelt es sich bei dem hier in Frage stehenden Wechsel des Klägers von dem Zwei-Fach-Bachelorstudiengang Theologische Studien/Religion zu dem neuen Studiengang Evangelische Theologie um einen Fachrichtungswechsel im Sinne des § 7 Abs. 3 BAföG und nicht um eine bloße Schwerpunktverlagerung. Denn mit seinem neuen Studium der Theologie strebt der Kläger sowohl einen anderen berufsqualifizierenden Abschluss (kirchlicher Prüfung statt Bachelor) als auch ein anderes bestimmtes Ausbildungsziel eines durch die einschlägige Prüfungs- und Studienordnung geregelten Studiengangs an einer anderen Universität an (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG). Außer Frage steht auch, dass der Kläger sein Erststudium an der … tatsächlich aufgenommen hat. Anhaltspunkte, die den Rechtsschein der Immatrikulation widerlegen könnten (vgl. BVerwG, U.v. 3.6.1988 - 5 C 59/85 - NVwZ-RR 1989, 81), sind nicht ersichtlich, zumal der Kläger sonst nicht zu der geltend gemachten Erkenntnis hätte gelangen können, das Studium entspreche nicht seinen Neigungen.
28
bb) Rechtlich unerheblich ist, dass der Kläger für sein Erststudium an der … Ausbildungsförderung weder beantragt noch erhalten hat. Denn für die Frage des Vorliegens eines Fachrichtungswechsels aus wichtigem oder unabweisbarem Grund kommt es rechtlich nicht darauf an, ob die dem Fachrichtungswechsel vorangegangene Ausbildung tatsächlich nach dem BAföG gefördert wurde (vgl. Winkler in Beckscher Online-Kommentar Sozialrecht, 61. Edition Stand 1.6.2021, § 7 BAföG Rn. 42). Ausreichend ist vielmehr, dass die vorausgegangene Ausbildung abstrakt förderungsfähig war. Denn Sinn und Zweck der Ausbildungsförderung ist es, Auszubildenden auch dann eine Ausbildung und den Erwerb einer Berufsqualifikation zu ermöglichen, die ihrer Neigung, Eignung und Leistung entsprechen, wenn sie nicht über die hierzu erforderlichen finanziellen Mittel verfügen. Diesem Grundsatz der Nachrangigkeit von Ausbildungsförderung entspricht es, dass Auszubildende gehalten sind, vorhandene finanzielle Mittel vorrangig zum Erreichen der gesetzlich bezweckten, angemessenen Ausbildung einzusetzen. Entsprechend kommt eine weitere Förderung nach Fachrichtungswechsel grundsätzlich auch dann nicht in Betracht, wenn für die Ausbildung vor Fachrichtungswechsel tatsächlich keine Ausbildungsförderung gewährt wurde, etwa weil hierfür vorhandene eigene Mittel einzusetzen waren. Dagegen ist es nicht Sinn und Zweck der Ausbildungsförderung, jedem wirtschaftlich bedürftigen Auszubildenden mindestens eine Ausbildung zu finanzieren (vgl. so zum Ganzen BVerwG, U.v. 22.6.1989 - 5 C 42/88 - NVwZ 1990, 61, 63). Hier war der Zwei-Fach-Bachelorstudiengang Theologische Studien/Religion gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 5 BAföG abstrakt förderungsfähig, sodass mit Blick auf die Frage der Förderung nach Fachrichtungswechsel unerheblich ist, dass der Kläger für sein vorangegangenes Bachelorstudium Ausbildungsförderung weder beantragt noch erhalten hat.
29
cc) Vorliegend wird nach § 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG weder ein wichtiger Grund noch die Unverzüglichkeit des Studienabbruchs bzw. des Fachrichtungswechsels vermutet. Denn die Vermutung setzt nach der genannten Vorschrift mit Blick auf Hochschulen einen Abbruch bzw. Fachrichtungswechsel bis zum Beginn des dritten Fachsemesters voraus. Dagegen hat der Kläger hier die Fachrichtung erst mit Ende des dritten Fachsemesters gewechselt. So endete seine Immatrikulation an der … erst zum Ende seines dritten Fachsemesters bzw. mit seinem Wechsel an die … Dies folgt aus dem eigenen Vortrag des Klägers und ist zudem durch die Exmatrikulationsbescheinigung der … vom 17. Februar 2020 belegt (Bl. 27 der Behördenakte). Dort ist die Exmatrikulation mit Wirkung zum 31. März 2020 ausgewiesen, also zum Ende des Wintersemesters 2019/2020 (drittes Fachsemester).
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Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Kläger nach eigenem, glaubhaften Vortrag sein Bachelorstudium bereits nach dem ersten Fachsemester nicht weiter betrieben hat. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger zuletzt sinngemäß ausgeführt, im zweiten und dritten Fachsemester seines Bachelorstudiums keine universitären Veranstaltungen mehr besucht zu haben. In Übereinstimmung hiermit geht aus der Notenbescheinigung der … vom 30. März 2020 (Bl. 25 ff. der Behördenakte) - also zum Ende des dritten Fachsemesters - hervor, der Kläger habe im Rahmen seines Bachelorstudiums keine Prüfungen abgelegt. Darüber hinaus hat der Kläger bereits im zweiten Fachsemester seines Erststudiums auch nach außen gezeigt, sein Studium nicht mehr fortsetzen zu wollen. Bereits im zweiten Fachsemester hat er den - wenn auch letztlich erfolglosen - Versuch unternommen, eine neue Ausbildung … bei der … sowie damit verbunden ein Studium an der … … aufzunehmen.
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Der damit bereits im zweiten Fachsemester auch nach außen hervorgetretene Wille, das Bachelorstudium an der … nicht weiter fortsetzen bzw. abbrechen zu wollen reicht jedoch nicht aus, um eine unverzügliche Aufgabe des Erststudiums im Sinne von § 7 Abs. 3 BAföG anzunehmen. Zwar ist von Unverzüglichkeit im Sinne von § 7 Abs. 3 BAföG auch dann auszugehen, wenn Auszubildende nicht unverzüglich ein Anschlussstudium aufnehmen (vgl. Buter in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl. Stand August 2017, § 7 Rn. 48 a.E.). Entscheidend ist aber auch in diesen Fällen, dass die alte Ausbildung unverzüglich und rechtlich bindend aufgegeben wird (Buter a.a.O.). Die rechtlich verbindliche Aufgabe des Erststudiums ist über den in sonstiger Weise nach außen betätigten Aufgabewillen schon deswegen erforderlich, weil die Obliegenheit des unverzüglichen Handelns aus dem Gebot abgeleitet wird, die Ausbildung umsichtig zu planen und zielstrebig durchzuführen. Zur umsichtigen Planung und zielstrebigen Durchführung der Ausbildung gehört im Fall eines Studiums aber auch, dieses unverzüglich und rechtlich verbindlich, also durch Exmatrikulation zu beenden, sobald erkannt wird, dass das Studium nicht mehr fortgesetzt werden kann oder soll. Auszubildende in der Lage des Klägers, die ihre Ausbildung umsichtig planen und zielstrebig durchführen, hätten ihr Studium hier rechtlich verbindlich - also durch Exmatrikulation - beendet, um etwa im Anschluss - ggf. auch nach einer Wartezeit - eine neue Ausbildung aufzunehmen. Das Erfordernis rechtlich verbindlicher Handlungen zur Beendigung des Studiums wird zudem daraus ersichtlich, dass es Studierenden regelmäßig obliegt, sich beurlauben zu lassen, sofern sie erkannt haben, ihr Studium nicht mehr fortführen zu können bzw. zu wollen, eine Anschlussausbildung aber noch nicht aufgenommen werden kann oder soll (vgl. Buter in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl. Stand August 2017, § 7 Rn. 48 m.w.N.). Auch in einer solchen Beurlaubung liegt eine rechtlich verbindliche Handlung, die im Übrigen vorliegend auch dem Kläger offen gestanden hätte. Schließlich ist anerkannt, dass das Weiterbetreiben des Studiums ohne Abschlusswille nach Erkennen des wichtigen oder unabweisbaren Grunds mit Blick auf einen späteren Fachrichtungswechsel (sog. Überbrückungsstudium) regelmäßig förderungsschädlich ist (vgl. S.weg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 146). Dies gilt erst recht, sofern das bisherige Studium in keiner Weise mehr betrieben wird, also lediglich formal im Gestalt der bloßen Zugehörigkeit zur Universität im Rahmen der Immatrikulation aufrechterhalten wird. Sonst würden wertungswidersprüchlich solche Studierende schlechter stehen, die ihr Studium - wenn auch ohne Abschlusswille - immerhin noch inhaltlich betreiben, als Studierende, die ihr Studium inhaltlich gänzlich aufgegeben haben, aber immatrikuliert bleiben.
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Schließlich stehen dem Erfordernis rechtlicher verbindlicher Konsequenzen etwa in Gestalt der Exmatrikulation auch keine Zumutbarkeitsgesichtspunkte entgegen, etwa weil die Exmatrikulation oder Beurlaubung zur Einstellung der Leistungen von Ausbildungsförderung führt, was oftmals mit erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten verbunden ist. Denn anerkannt ist, dass es Studierenden insoweit obliegt, ggf. anderweitig Sozialleistungen zu beantragen (so für die Beurlaubung mit Blick auf die Förderungshöchstdauer nach § 15 BAföG BayVGH, B.v. 15.12.2016 - 12 ZB 16.1141 - BeckRS 2016, 113469). Hier hatte der Kläger in seinem Erststudium schon keine Ausbildungsförderung bezogen, so dass für den Fall der Exmatrikulation oder Beurlaubung auch deren Wegfall nicht zu befürchten war. Dennoch mag der Fall hier wirtschaftlich betrachtet ähnlich gelagert gewesen sein. So hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung sinngemäß erklärt, hinsichtlich seiner Beschäftigung …, mit der er seinen Lebensunterhalt verdient habe, seien die Sozialversicherungsbeiträge über seinen Studierendenstatus abgewickelt worden. Danach mag der Kläger ggf. auch deswegen von der Exmatrikulation abgesehen haben, um seine Beschäftigung und wirtschaftliche Lebensgrundlage nicht zu gefährden. In jedem Fall war nach dem oben Gesagten aber auch hier die etwaige Beantragung anderweitiger Sozialleistungen zumutbar.
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dd) Weiter ist bereits fraglich, ob hier mit Blick auf den Fachrichtungswechsel ein wichtiger oder unabweisbarer Grund im Sinne von § 7 Abs. 3 BAföG vorliegt.
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(1) Der Kläger hat keinen Eignungsmangel geltend gemacht. So hat er schon keine anhaltend schlechten Leistungen dargelegt, die einen Eignungsmangel nahelegen könnten. Vielmehr hat er in seinem Erststudium ausweislich der Notenbescheinigung der …vom 30. März 2020 (Bl. 25 ff. der Behördenakte) - also zum Ende des dritten Fachsemesters seines Erststudiums - keine Prüfung abgelegt.
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(2) Zudem ist zweifelhaft, ob der Kläger einen Neigungswandel hinreichend glaubhaft geltend gemacht hat. Zwar hat der Kläger sinngemäß vorgetragen, ihm sei recht schnell klargeworden, der Zwei-Fach-Bachelorstudiengang sei wegen des Studienabschlusses in Gestalt des Bachelor nicht der richtige für ihn gewesen. Er habe relativ schnell gemerkt, dass seine Neigung nicht - wie zunächst erwartet - im Bachelorstudium, sondern im kirchlichen Verkündigungsdienst liege. Das Theologiestudium führe zu einem weltanschaulich gebundenen bzw. konfessionellen Beruf, wobei die von ihm angestrebte Tätigkeit im kirchlichen Verkündigungs- und Seelsorgedienst nicht nur Beruf, sondern Berufung sei. Dieses Vorbringen stellt aber letztlich lediglich eine Behauptung ohne nähere Begründung auf. Offen bleibt etwa, ggf. welche Erlebnisse, Gespräche, Gedanken o.Ä. bei dem Kläger dazu geführt haben, dass sich seine Neigung dahingehend gewandelt hat, dass er sich nunmehr zum kirchlichen Verkündigungsdienst berufen fühlt. Auch spricht vieles dafür, dass auf Grundlage des klägerischen Vortrags nicht hinreichend deutlich wird, inwieweit ihm sein Erststudium ggf. nicht mehr zumutbar war. Möglicherwiese. liegt für das neue Studium der Evangelischen Theologie lediglich eine - rechtlich betrachtet nicht ausreichende - stärkere Neigung vor. Da der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt hat, er habe sich zu dem Berufsfeld seines Erststudiums keine Gedanken gemacht, mag schließlich auch die Frage gestellt werden, inwieweit der Kläger im Zeitpunkt der Aufnahme seines Erststudiums davon ausgegangen war, für dieses geeignet zu sein.
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ee) In jedem Fall fehlt es vorliegend an der Unverzüglichkeit des Studienabbruchs bzw. Fachrichtungswechsels. Der Kläger hat auch unter Berücksichtigung der Frage subjektiver Vorwerfbarkeit seine Obliegenheit dahingehend verletzt, unverzüglich - also ohne schuldhaftes Zögern - sein altes Bachelorstudium aufzugeben, nachdem er erkannt hatte, dass dieses ggf. nicht seinen Neigungen entsprach.
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Entscheidend ist, dass dem Kläger nach eigenem Vortrag bereits im ersten Fachsemester seines Bachelorstudiums "recht schnell" klargeworden ist, das fragliche Studium entspreche nicht seinen Neigungen. Hieraus hat der Kläger indes weder im ersten Fachsemester noch im oder zum Ende des zweiten Fachsemesters, sondern erst zum Ende des dritten Fachsemesters mit Wirkung zum 30. März 2020 die erforderliche, rechtlich verbindliche Konsequenz der Exmatrikulation gezogen, indem er an die … wechselte und dort sein Theologiestudium aufnahm (vgl. Exmatrikulationsbescheinigung der … vom 17. Februar 2020, Bl. 27 der Behördenakte). Bereits ausgeführt ist, dass hinsichtlich des Erststudiums die sonstige Betätigung des Aufgabewillens mit Außenwirkung nicht ausreichend war, um der Obliegenheit des unverzüglichen Studienabbruchs bzw. Fachrichtungswechsels nach § 7 Abs. 3 BAföG nachzukommen. Jedenfalls wäre es dem Kläger hier möglich und zumutbar gewesen, sich - als rechtlich verbindliche Konsequenz - zum Ende des zweiten Semesters zu exmatrikulieren oder beurlauben zu lassen. Wie bereits ausgeführt stand dem auch unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten nicht entgegen, dass die Exmatrikulation ggf. die Anstellung des Klägers gefährdet hätte. Schließlich liegt hier auch keine Fallgestaltung vor, in der der Kläger einige Monate bzw. ein Semester immatrikuliert geblieben wäre, bevor er rechtlich verbindliche Konsequenzen gezogen hätte (vgl. BVerfG, B.v. 3.7.1985 - 1 BvR 1428/82 - NVwZ 1985, 731). Sofern - wohl zu Gunsten des Klägers - davon ausgegangen wird, er habe den etwaigen Neigungsmangel zeitlich zur Mitte des ersten Fachsemesters erkannt, sind bis zur Exmatrikulation noch weitere 15 Monate vergangen. Jedenfalls dieser erhebliche Zeitraum begründet auch unter Berücksichtigung der Bemühungen des Klägers im zweiten Fachsemester, eine anderweitige Ausbildung bzw. ein anderweitiges Studium aufzunehmen, subjektive Vorwerfbarkeit bzw. schuldhaftes Zögern, so dass es jedenfalls an der von § 7 Abs. 3 BAföG geforderten Unverzüglichkeit fehlt.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.