Inhalt

VG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 23.02.2021 – B 1 K 20.1004
Titel:

Isolierte Zwangsgeldandrohung zu einer tierschutzsrechtlichen Anordnung rechtmäßig

Normenketten:
BayVwZVG Art. 29, Art. 31, Art. 36 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, Abs. 5, Art. 38 Abs. 1 S. 3
TierSchG § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 3
Leitsätze:
1. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Grundverwaltungsaktes ist nicht Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens, soweit sich der Grundverwaltungsakt nicht als nichtig darstellt. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Bestimmtheit einer Zwangsgeldandrohung dient dem Zweck, dem Betroffenen zu erkennen zu geben, für welchen Fall der Nichterfüllung einer Anordnung aus dem streitgegenständlichen Bescheid ihm ein Zwangsgeld in welcher Höhe droht. (Rn. 27 – 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wie bei der Verknüpfung einer Zwangsmaßnahme unmittelbar mit dem zu vollstreckenden Bescheid ist auch im Falle einer isolierten Zwangsgeldandrohung kein konkreter Anlass erforderlich. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Anspruch auf Einstellung der Vollstreckung im Verfahren gegen die Vollstreckungsmaßnahme ergibt sich aus dem Grundsatz, dass Vorbringen, welches erst nach Bestandskraft des zu vollstreckenden Verwaltungsakts entsteht, von der Behörde im Rahmen des Ermessens bei der Vollstreckung angemessen berücksichtigt werden muss, nicht. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
5. Um den nötigen Nachdruck zu erzielen, soll das Zwangsgeld so bemessen werden, dass der Pflichtige keinen Vorteil aus der Nichterfüllung der Anordnung ziehen kann. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
isolierte Zwangsgeldandrohung, Tierhaltungsverbot, angekündigter Verstoß, nachträgliche Behauptung einer Prognoseänderung, bestandskräftiger Grundverwaltungsakt, Prognoseänderung, Zwangsgeldhöhe
Rechtsmittelinstanzen:
VG Bayreuth, Urteil vom 04.05.2021 – B 1 K 20.1004
VGH München, Beschluss vom 13.07.2021 – 23 ZB 21.1632
Fundstelle:
BeckRS 2021, 22527

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen eine isolierte Zwangsgeldandrohung.
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Am 13. Dezember 2018 wurden der Klägerin 18 Hunde und 3 Kaninchen fortgenommen. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 19. Dezember 2018 (zugestellt am 21. Dezember 2018) wurden die am 13. Dezember 2018 durch die Vertreter des Landratsamts … (im Folgenden Landratsamt), Fachbereich Veterinärwesen, erlassenen Verwaltungsakte bestätigt (Nr. 1). Die Klägerin wurde verpflichtet, die Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung folgender Tiere (unter Angabe des Geburtsdatums und der Chip-Nr.) auf ihre Kosten zu dulden: Hündin M* …, Hündin J* …, Hündin Je* …, Hündin T* …, Hündin D* …, Rüde S* …, Rüde G* …, Rüde F* …, Hündin Ti* …, Hündin Tr* …, Rüde B* …, Hündin S* …, Rüde R* …, Hündin N* …, Hündin Mi**, Rüde Ro* …, Rüde Ba* …, Hündin L* … und 3 weibliche Kaninchen (Nr. 1.1). Die Klägerin habe die Kosten in Höhe von derzeit 11 EUR pro Tag pro Hund und 3 EUR pro Tag pro Kaninchen, zuzüglich etwaiger Kosten für tierärztliche Behandlungen, die im Rahmen der Unterbringung der Tiere im Tierheim anfielen, zu tragen und dem Landratsamt zu erstatten. Über den Betrag ergehe eine gesonderte Kostenrechnung (Nr. 1.2). Der Klägerin werde das Halten und Betreuen von Hunden und Heimtieren ab dem 13. Dezember 2018 untersagt. (Nr. 2). Die Klägerin habe die sofortige Veräußerung der in Nr. 1.1 genannten Tiere zu dulden (Nr. 3). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 bis 3 werde angeordnet (Nr. 4).
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Dies wurde damit begründet, dass, nachdem das Landratsamt bereits in der Vergangenheit die Tierhaltung der Klägerin mehrmals beanstandet hatte, diese auf Grund eines neuerlichen Hinweises über unhygienische Haltungsbedingungen am 13. Dezember 2018 nochmals überprüft worden sei. Dabei hätten die Behördenvertreter folgende Feststellungen gemacht: Beim Betreten des Treppenhauses seien sie mit stechendem und beißendem Geruch nach Urin, Kot und Müll konfrontiert worden. Das Treppenhaus sei vermüllt und mit Kot und Urin der Hunde verunreinigt gewesen. Beim Betreten der Wohnung im 1. OG habe man Berge von Müll und Abfall gefunden. Der Fußboden sei mit Urin und Kothaufen beschmutzt gewesen. Im geöffneten Schlafzimmer hätten sich Hunde im Bett befunden, welches mit Kot und Urin der Hunde beschmutzt gewesen sei. In den Müllbergen seien Mäuse gesichtet worden. Das Badezimmer, das Wohnzimmer und auch die Wohnung im Erdgeschoss seien vermüllt gewesen. Bei den Hunden habe man mit Kot und Urin verklebtes, verfilztes Fell, Ballenveränderungen und vereinzelt Abmagerung festgestellt. Der Keller sei massiv vermüllt gewesen und man habe dort drei Kaninchen in hochgradig verkoteten Käfigen ohne Futter, Wasser und Einstreu vorgefunden. Die Tiere seien in das Tierheim verbracht worden.
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Die Tierärztin Dr. med. B. stellte in der folgenden klinischen Eingangsuntersuchung Folgendes fest: Die Hunde hätten sich in einem offensichtlich schon länger andauerndem mangelhaften Allgemeinzustand, katastrophalen Pflegezustand und teilweise stark reduziertem Ernährungszustand befunden. Das Fell von 14 Hunden einer langhaarigen Rasse sei verfilzt, mit Urin durchtränkt und mit Kot beschmutzt gewesen. Das verklebte Fell habe bei einigen Tieren sogar den Anus und den Harnröhrenausgang verlegt. Den Tieren seien über einen längeren Zeitraum körperliches Leid und starke Schmerzen zugefügt worden. Die Pfoten der Hunde und das Fell seien mit Urin bzw. Kot beschmutzt, die Krallen einiger Hunde seien überlang gewesen. Einige Hunde hätten an Ohrenentzündungen sowie an massivem Zahnsteinbefall gelitten. Einige Hunde seien in unterschiedlicher Stärke abgemagert gewesen. Die Kaninchen hätten überlange Krallen gehabt, der Ernährungszustand sei reduziert bis abgemagert gewesen. Das schwarze Kaninchen habe beidseitige Konjunktivitis, beim weißen Kaninchen bestehe der Verdacht auf unbehandelten Parasitenbefall.
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Es lägen wiederholte und grobe Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des § 2 TierSchG vor, insbesondere hätten sich die Zustände hochgradig verschlimmert. Um künftig weitere tierschutzrechtliche Missstände zu verhindern, erscheine es unumgänglich, der Klägerin das Halten und Betreuen von Hunden und Heimtieren zu untersagen. Die Verstöße ließen keine andere Entscheidung zu. Aus amtstierärztlicher Sicht wiesen die vorgefundenen Gegebenheiten darauf hin, dass bei der Tierhalterin ein sog. „Animal Hoarding“ vorliege. Man habe die vom deutschen Tierschutzbund herausgegebene Checkliste für das Vorliegen eines echten Falls von Tierhorten herangezogen und mit den Befunden verglichen. Das Krankheitsbild werde bei der Klägerin aus fachlicher Sicht bestätigt, da nahezu 100 Prozent der Kriterien dieser Checkliste erfüllt seien. Die Aufforderungen in der Vergangenheit hätten keine Veränderung bewirkt, sondern die Klägerin habe die Haltungs- und Pflegebedingungen noch verschlimmert. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die objektiv gravierend mangelhafte Tierhaltung nicht erkannt habe.
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Die Klägerin wendete sich mit Schreiben vom 25. Juni 2020 an den Landrat *. und erläutert darin, dass sie sich nach dem Tod ihrer Eltern mit der Zeit 46 Kaninchen und 18 Hunde zugelegt habe und sich nach einer Kaninchenkrankheit mit dem Amtsveterinär Dr. U. auf eine Höchstzahl von 33 Kaninchen geeinigt habe, wovon drei „übrig geblieben“ seien. Es habe bei der Kontrolle der Tiere nie Probleme gegeben. Die Hunde hätten auf dem 1500 m² großen Grundstück genügend Auslauf und alle genügend Futter gehabt. Sie seien in regelmäßigen Abständen im Hundesalon von Fr. A. gewesen, was das Veterinäramt bestätigt bekommen habe. Die Tiere seien ärztlich von Dr. Z. behandelt worden und hätten alle über Impfschutz verfügt bzw. ältere Tiere würden nicht jedes Jahr neu geimpft werden müssen. Sie hätte ihren Tieren ein schönes und artgerechtes Zuhause gegeben.
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Nach der Fortnahme habe sie sich mehrfach wegen Suizidgefahr und schwerer Depression in stationäre Behandlung begeben. Ihre Tiere seien ihr ganzer Lebensinhalt und sie habe sehr an ihnen gehangen. Es sei ihr nach mehreren Anfragen beim Veterinäramt bis heute kein positiver Bescheid zugesendet worden, wonach sie sich ein oder zwei Hunde halten dürfe. Jeder Mensch habe das Recht sich Tiere zuzulegen. Sie habe das Gefühl, es handele sich um Diskriminierung, das Vorgehen sei inakzeptabel und menschenunwürdig.
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Mit Antwortschreiben des Landrats vom 20. Juli 2020 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie die Möglichkeit der Wiedergestattung der Tierhaltung habe, aber darlegen müsse, dass sich die Prognose, die zum Tierhaltungs- und Betreuungsverbot geführt hat, verändert habe. Dies sei bisher nicht erfolgt und reiner Zeitablauf genüge nicht.
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In einer Telefonnotiz vom 27. Juli 2020 ist vermerkt, dass die Klägerin darüber informiert wurde, dass die Reduzierung der Kostenrückstände aus dem Bescheid vom 19. Dezember 2018 für die getroffenen Maßnahmen nicht für eine Wiedergestattung der Hundehaltung ausreiche.
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Die Klägerin antwortete dem Landrat mit Schreiben vom 16. September 2020 und beklagte das fehlende Zustandekommen einer Einigung mit dem Veterinäramt in Bezug auf die erneute Tierhaltung. Es sei ärztlich festgestellt worden, dass Tiere für ihre Psyche gut seien. Sie habe mehrfach einen Antrag auf ein neues Tier gestellt, bisher aber kein Ergebnis bekommen. Alle Tiere seien tierärztlich versorgt und im Abstand von drei Monaten im Hundesalon sowie ausreichend und gut gefüttert gewesen. Der Vorgänger von Frau Dr. F. habe den Fall anders beurteilt und nichts einzuwenden gehabt. Sie berief sich erneut darauf, dass jeder Mensch das Recht habe, sich Tiere zu halten. Das Veterinäramt habe nicht das Recht gehabt, die Tiere wegzunehmen. Sie hätte eine Chance erhalten müssen. Zuletzt heißt es: „Sollte ich in kurzer Zeit (max. 4 Wochen) keine positive Antwort bekommen, werde ich legale Maßnahmen unternehmen, und mir sofort Tiere zulegen!!“
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Mit Bescheid vom 30. September 2020, zugestellt am 5. Oktober 2020, drohte das Landratsamt der Klägerin für den Fall, dass sie gegen das sich für sie aus Ziffer 2 des bestandskräftigen Bescheides des Landratsamtes … vom 19. Dezember 2018 ergebende Verbot, Hunde und Heimtiere zu halten oder zu betreuen, verstoße, ein Zwangsgeld i.H.v. 500 Euro pro Verstoß - also pro gehaltenem oder betreutem Hund bzw. Heimtier - an (Ziffer 1). Unter Ziffer 2 und 3 wurden ihr die Kosten des Verfahrens in Höhe einer Gebühr von 50 Euro und Auslagen von 4,11 Euro auferlegt.
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Dies begründete es damit, dass die Klägerin sich an den Landrat gewandt und diesem mitgeteilt habe, dass sie beabsichtige, sich trotz des bestandskräftigen Halte- und Betreuungsverbotes wieder Tiere zuzulegen. Die Voraussetzungen für die Androhung eines Zwangsgeldes nach den Art. 29, 31, 36 BayVwZVG würden vorliegen. Insbesondere entspreche sie pflichtgemäßer Ermessensausübung. Sie sei erst nachträglich, circa eindreiviertel Jahre nach Erlass des zur Unterlassung verpflichtenden Verwaltungsakts erfolgt, da die Klägerin aktuell einen Pflichtenverstoß angekündigt habe, obwohl sie in der Vergangenheit mehrfach - zuletzt durch Herrn Landrat *. mit Schreiben vom 20. Juli 2020 - umfassend und unter Darlegung der Rechtslage darauf hingewiesen worden sei, dass eine Wiederaufnahme der Hundehaltung bzw. -betreuung erst nach vorheriger behördlicher Gestattung möglich sei. Selbst wenn sich der Pflichtverstoß als bloße Drohgebärde herausstellen sollte, ändere dies nichts. Da alle bisherigen behördlichen Erklärungen bei der Klägerin nicht zu einer diesbezüglichen Einsicht geführt zu haben scheinen, müsse davon ausgegangen werden, dass diese in Zukunft nur noch mit Druck zu einer Beachtung der ihr obliegenden Unterlassungspflicht bewegt werden könne. Hierzu sei das Zwangsgeld geeignet und erforderlich, insbesondere da es sich bei diesem um das mildeste Zwangsmittel handele. Die Höhe bewege sich im Rahmen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG und orientiere sich am Kostenaufwand, der in Deutschland für eine durchschnittliche Hundehaltung anfalle.
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Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 7. Oktober 2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ die Klägerin Klage erheben und beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 30.09.2020 aufzuheben.
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Zur Begründung lässt sie mit Schriftsätzen vom 5. Januar 2021 und 19. Februar 2021 vortragen, dass sich seit der Feststellung der Verstöße Anhaltspunkte ergeben hätten, die zum jetzigen Zeitpunkt die Hundehaltung wieder ermöglichen würden. Die Klägerin habe nicht die Absicht, eine Vielzahl von Hunden zu halten und ihr Anwesen sei grundlegend gereinigt worden, sodass aus hygienischen Gesichtspunkten keine Bedenken bestünden. Für die Ernährung und Pflege (auch medizinisch) könne sie aufkommen. Das Grundstück biete mit 1.500 m² ausreichend Auslauf. Hierfür ließ die Klägerin unangekündigte Kontrollen als Beweis anbieten. Auch sei die Klägerin körperlich und geistig gesund und die Hundehaltung trage zu ihrer Gesundheit bei. Sie strebe eine liebevolle Haltung an. Ein Antrag nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 2 TierSchG sei begründet. Der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen, die diesseits nicht gegeben gewesen seien, sei entfallen.
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Im zugehörigen Eilverfahren (B 1 S 20.1127) beantragte das Landratsamt mit Schriftsatz vom 4. November 2020, auf den verwiesen werde, den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen. Hierzu vertrat das Landratsamt die Rechtsauffassung, dass die Zwangsgeldandrohung nur insoweit angefochten werden könne, als eine Rechtsverletzung durch sie selbst behauptet werde (Art. 38 Abs. 1 Satz 3 BayVwZVG), da die Zwangsgeldandrohung nicht mit dem zugrundeliegenden unanfechtbaren Verwaltungsakt (Bescheid vom 19. Dezember 2018) verbunden sei.
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Die Wiedergestattung der Hundehaltung, auf die sich die Ausführungen allesamt beziehen würden, sei nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheids und des Klageverfahrens. Es sei derzeit beim Landratsamt ein Verfahren auf Wiedergestattung anhängig, sodass angesichts der klägerischerseits erfolgenden Vermengung anzuführen sei, dass die Klägerin die Beweislast dafür trage, dass sich die Basis für die negative Prognose, die zum Tierhaltungsverbot geführt habe, zwischenzeitlich verändert habe. Es seien objektiv überprüf- und bewertbare Unterlagen (z.B. ein psychologisches Gutachten) beizubringen. Der bloße Vortrag, die Klägerin habe frühere tierschutzwidrige Handlungsweisen (vermutlich situationsbedingt) unterlassen, reiche nicht aus.
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Hierauf repliziert die Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 19. Februar 2021, dass das Zwangsgeld die Folge eines Verstoßes gegen das Tierhaltungsverbot sei, wogegen sich die Klage richte. Beweise für eine Prognoseänderung seien angeboten worden. Über diese Beweise hinaus könne sie alles Weitere nur durch eine praktische Chance nachweisen. Anderen Hundehaltern, deren Hunde schwerste Verletzungen zufügen, würden überhaupt keine Auflagen auferlegt. Es liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor.
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Mit Schreiben vom 21. Januar 2021 wurden die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört. Unter dem 27. Januar 2021 erklärte sich der Beklagte mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten und die Gerichtsakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)).

Entscheidungsgründe

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1. Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
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2. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Das Gericht folgt der zutreffenden Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer Darstellung der Gründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO in analoger Anwendung). Ergänzend ist zur Sache noch Folgendes auszuführen:
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a. Die Zwangsgeldandrohung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
23
Verwaltungsakte, mit denen die Vornahme einer Handlung, Duldung oder Unterlassung gefordert wird, können mit Zwangsmitteln vollstreckt werden (Art. 29 Abs. 1 BayVwZVG). Als Zwangsmittel nennt das Gesetz in Abs. 2 Nr. 1 das Zwangsgeld und bestimmt in Abs. 3 Satz 1, dass das Zwangsmittel in angemessenem Verhältnis zu seinem Zweck stehen muss. Nach Art. 31 Abs. 1 BayVwZVG kann die Behörde den Pflichtigen durch Zwangsgeld zur Erfüllung anhalten, wenn er seiner Pflicht nicht oder nicht zur gehörigen Zeit nachkommt. Das Zwangsgeld beträgt bis zu 50.000 Euro (Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG) und soll das nach Ermessen zu schätzende wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayVwZVG). Zwangsmittel können solange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist (Art. 37 Abs. 1 Satz 2 BayVwZVG).
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Nach diesen Grundsätzen ist das mit Bescheid vom 30. September 2020 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro nicht zu beanstanden.
25
aa. Vorangestellt ist anzumerken, dass nach dem Eintritt der Bestandskraft des Grundverwaltungsaktes vom 19. Dezember 2018 im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens von der Wirksamkeit der Anordnung auszugehen ist. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsaktes ist damit nicht Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens, soweit sich der Grundverwaltungsakt nicht als nichtig darstellt (vgl. VG Augsburg, U.v. 27.1.2012 - 1 K 12.118 - BeckRS 2012, 48157 Rn. 43), wofür keine Anhaltspunkte ersichtlich sind. Die Einwände gegen das Tierhalte- und Betreuungsverbot vermögen der Klage daher nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die bestandskräftig festgestellte Verpflichtung der Klägerin kann im vorliegenden Verfahren nicht mehr in Frage gestellt werden. Daher ist der gesamte Vortrag der Klägerin zu den ausreichenden Zuständen ihrer vergangenen Tierhaltung unbehelflich.
26
bb. Das Zwangsgeld wurde schriftlich angedroht, Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayVwZVG. Eine Fristsetzung i.S.d. Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayVwZVG ist bei Unterlassungspflichten entbehrlich.
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cc. Die Zwangsgeldandrohung ist hinreichend bestimmt, Art. 36 Abs. 3 Satz 1 BayVwZVG. Art. 36 Abs. 5 BayVwZVG verlangt, dass die Androhung eines Zwangsgeldes „in bestimmter Höhe“ erfolgt. Die Bestimmtheit dient dem Zweck, dem Betroffenen zu erkennen zu geben, für welchen Fall der Nichterfüllung einer Anordnung aus dem streitgegenständlichen Bescheid ihm ein Zwangsgeld in welcher Höhe droht. Das entspricht rechtsstaatlichen Anforderungen, wie es der Gesetzgeber in Art. 36 Abs. 5 BayVwZVG eindeutig zum Ausdruck gebracht hat (vgl. VGH BW, U.v. 17.8.1995 - 5 S 71/95 - NVwZ-RR 1996, 612).
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Eine Androhung zur Durchsetzung mehrerer Verpflichtungen muss erkennen lassen, ob sie sich auf Verstöße gegen jede einzelne Verpflichtung bezieht oder nur auf Verstöße gegen alle Verpflichtungen zugleich (vgl. BVerwG, Gb.v. 26.6.1997 - 1 A 10/95 - NVwZ 1998, 393). Entscheidend ist, dass eindeutig erkennbar sein muss, für welche Anordnungen welches Zwangsgeld angedroht ist. Hier ist eindeutig, dass das Zwangsgeld sich lediglich auf Verstöße gegen Ziffer 2 des Bescheids vom 19. Dezember 2018 bezieht und dass für jeden unzulässig gehaltenen Hund oder Heimtier ein Zwangsgeld von 500 Euro droht, sodass die Klägerin nicht davon ausgehen kann, dass sie bei der zeitgleichen Haltung oder Betreuung mehrerer Tiere lediglich insgesamt 500 Euro auslöst.
29
dd. Das Landratsamt hat sich auch ermessensfehlerfrei zur Zwangsmittelandrohung entschlossen und das Zwangsgeld ermessensfehlerfrei ausgewählt.
30
Wie bei der Verknüpfung einer Zwangsmaßnahme unmittelbar mit dem zu vollstreckenden Bescheid (Art. 36 Abs. 2 Satz 2 BayVwZVG) ist auch im Falle einer isolierten Zwangsgeldandrohung kein konkreter Anlass erforderlich (BayVGH, U.v. 2.8.2016 - 9 BV 15.1034 - BeckRS 2016, 53249 Rn. 32). Besonders fällt daher ins Gewicht, dass das Zwangsmittel erst angedroht wurde, als ein Verstoß gegen das Tierhalte- und Betreuungsverbot zu erwarten war und damit trotz der Möglichkeit einer Verbindung mit dem zu vollstreckenden sofort vollziehbaren Verwaltungsakt hiervon abgesehen wurde. Dem Schreiben der Klägerin vom 16. September 2020 war mit Deutlichkeit zu entnehmen, dass sie keine andere Entscheidung als eine Wiedergestattung der Hundehaltung akzeptieren will und ihr Ziel notfalls auch ohne positive Antwort verwirklichen will. Es war also nicht davon auszugehen, dass die Klägerin einvernehmlich zur Einhaltung ihrer Pflichten aus dem Bescheid vom 19. Dezember 2018 bewegt werden kann. Insoweit ist unerheblich, dass die Klägerin nun vortragen lässt, es sei nicht zu einem Verstoß gekommen. Das Vorbringen der Klägerin in den Schreiben an den Landrat zu den ausreichenden Zuständen ihrer vergangenen Tierhaltung zeigt eine fehlende Einsichtsfähigkeit.
31
Es verfängt auch nicht, wenn die Klägerbevollmächtigte meint, es hätten sich seit der Feststellung der Verstöße Anhaltspunkte ergeben, die zum jetzigen Zeitpunkt die Hundehaltung wieder ermöglichen würden. Zwar muss Vorbringen, welches erst nach Bestandskraft des zu vollstreckenden Verwaltungsakts entsteht (Art. 21 Satz 2 BayVwZVG), von der Behörde im Rahmen des Ermessens bei der Vollstreckung (Art. 19 Abs. 1 BayVwZVG: ”Verwaltungsakte können vollstreckt werden,…”) angemessen berücksichtigt werden. Ein Anspruch auf Einstellung der Vollstreckung ergibt sich daraus im Verfahren gegen die Vollstreckungsmaßnahme nicht (BayVGH, B.v. 11.9.1998 - 1 ZS/ZE 98.2211 - BeckRS 1998, 18323 Rn. 3 zur Beitreibung von zuvor angedrohten Zwangsgeldern). Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage könnte allein im Rahmen einer etwaigen Verpflichtung der Behörde auf Einstellung der Vollstreckung gemäß Art. 22 VwZVG oder des Verfahrens nach Art. 21 VwZVG von Bedeutung sein (BayVGH, B.v. 21.12.2005 - 20 ZB 05.3015 - juris Rn. 5).
32
Vorliegend wird die Ermessensentscheidung über die Zwangsmittelandrohung aber ohnehin im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (hier am 30. September 2020) überprüft. Zu diesem Zeitpunkt fehlte es - obwohl das vom Landratsamt erläutert wurde - an Angaben und Nachweisen dazu, dass die Klägerin nunmehr in der Lage ist den tierschutzrechtlichen Anforderungen nachzukommen und wie sie dies zu tun gedenkt, sodass eine Veränderung in der Prognose des Landratsamtes nicht eingetreten gewesen schien. Die Klägerin hatte lediglich ihre - nachweislich nicht - tiergerechte Haltung behauptet. Auch ihr geschilderter Gesundheitszustand nach der Fortnahme der Tiere konnte nicht dazu führen, dass ihr allein deswegen erneut Tiere anvertraut würden. Von einer artgerechten Haltung konnte daher in diesem Zeitpunkt auch in Zukunft noch nicht ausgegangen werden.
33
ee. Das angedrohte Zwangsgeld begegnet auch hinsichtlich seiner Höhe keinen rechtlichen Bedenken. Es ist vor dem Hintergrund, dass die bestandskräftig festgestellte Unterlassungspflicht ohne zeitliche Begrenzung beachtet werden muss, nicht willkürlich hoch, sondern ermessensgerecht und verhältnismäßig. Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayVwZVG soll der Wert des wirtschaftlichen Interesses an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung erreicht werden. Um den nötigen Nachdruck zu erzielen, soll das Zwangsgeld so bemessen werden, dass der Pflichtige keinen Vorteil aus der Nichterfüllung der Anordnung ziehen kann. Hierbei steht der Behörde innerhalb des gesetzlichen Rahmens (15 Euro bis 50.000 Euro) ein weiter Entscheidungsspielraum zu, bei dem die Umstände des Einzelfalls und die persönlichen Verhältnisse des Pflichtigen zu berücksichtigten sind. Eine besondere Begründung für die geschätzte Höhe des wirtschaftlichen Interesses ist regelmäßig nicht erforderlich (vgl. BayVGH, B.v. 16.9.2010 - 1 CS 10.1803 - BeckRS 2010, 31731 Rn. 23). Vorliegend orientiert es sich an den durchschnittlichen Kosten für die Hundehaltung, was nicht zu beanstanden ist.
34
b. Die Kostenentscheidung ist nicht zu beanstanden.
35
3. Die Kostentragung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
36
4. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.