Inhalt

LArbG München, Urteil v. 24.02.2021 – 5 Sa 774/20
Titel:

Mitbestimmung Betriebsrat – Versetzung

Normenkette:
BetrVG § 95 Abs. 3, § 99 Abs. 1
Leitsätze:
1. Eine Versetzung liegt auf der betriebsverfassungsrechtlichen Ebene gem. § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG, § 95 Abs. 3 S. 1 BetrVG dann vor, wenn die tatsächliche Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet oder sie mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine erhebliche Änderung der äußeren Umstände, die auch bei einer nur kurzfristigen Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs eine Versetzung darstellt, liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer seine gleichbleibende Arbeit in einer anderen organisatorischen Einheit erbringen soll. Dies ist stets der Fall, wenn eine Zuweisung zu einem anderen Betrieb oder zu einem anderen Betriebsteil erfolgt. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine ordnungsgemäße Anhörung nach § 99 Abs. 1 BetrVG erfordert mindestens die zusammengefasste Angabe, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat um eine Zustimmung zu einer Versetzung bittet, sowie auch eine Information über die Auswirkungen der Maßnahme und den genauen Zeitplan. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versetzung, Mitbestimmung, tatsächliche Zuweisung, Arbeitsbereich, organisatorische Einheit, anderer Betrieb, anderer Betriebsteil, ordnungsgemäße Anhörung
Vorinstanz:
ArbG München, Endurteil vom 24.06.2020 – 34 Ca 13113/19
Fundstelle:
BeckRS 2021, 22489

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 24.06.2020, Az.: 34 Ca 13113/19 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über eine wirksame Zuordnung der Klägerin zu dem Geschäftsbereich Gas and Power (im Folgenden: GP), der zum 01.01.2020 im Wege des Betriebsübergangs auf die E übergegangen ist, sowie die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin im Betrieb B-Stadtb weiter zu beschäftigen.
2
Die am ... geborene Klägerin ist seit dem 01.12.1996 bei der Beklagten auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 05.11.1996 / 14.11.1996 (Bl. 25 d.A.) zuletzt im Betrieb B-Stadtb als Sekretärin mit 32 Wochenstunden und einem Jahresbruttogehalt von € 59.325,10 bzw. im Durchschnitt monatlich € 4.943,76 (Bl. 27 d.A.) beschäftigt. Sie hat einen Grad der Behinderung von 20.
3
Die Klägerin war im Bereich F bis 25.10.2019 für zwei verschiedene Vorgesetzte und Direct Reports tätig, Herrn FF, Head of G und Herrn GG, Head of H. Ihre Tätigkeiten im Einzelnen gehen aus dem Zwischenzeugnis vom 31.03.2012 (Bl. 31 d.A.) hervor.
4
Am 30.04.2019 traf die Beklagte die Entscheidung, den Geschäftsbereich GP auszugliedern und als selbständiges Unternehmen E im Konzernverbund weiterzuführen. Am 24.10.2019 wurde hierzu mit dem bei der Beklagten gebildeten Gesamtbetriebsrat ein Interessenausgleich geschlossen (Bl. 33ff d.A.). Dort sind u.a. auch die organisatorischen Veränderungen und die Spaltung von Betrieben im Einzelnen geregelt. Die Ausgliederung erfolgte in mehreren Schritten und hatte das Ziel, dass der Bereich GP als selbständiger Betrieb mit allen erforderlichen Funktionen einschließlich derjenigen, die bei I zentral organisiert waren, übergehen konnte. Dazu wurden die Mitarbeiter zugeordnet und zum 01.12.2019 sogenannte GP-Betriebe gebildet bzw. abgespalten. Zum 01.01.2020 war der Betriebsübergang auf die E geplant und wurde auch so umgesetzt. In Ziff. 3 des Interessenausgleichs findet sich folgende Regelung:
„Die Betriebsleitungen informieren die örtlichen Betriebsräte der betroffenen Betriebsratseinheiten über die konkreten Auswirkungen der in der Ziff. 2 genannten Zuordnungen an ihrem Standort. Dies erfolgt durch Wanderlisten für die in diesem Interessenausgleich beschriebene Maßnahmen, aus denen die detaillierte Zuordnung der Mitarbeiter hervorgeht. Der örtliche Betriebsrat wird entsprechend den Vorschriften des BetrVG eingebunden. Sollte sich aufgrund der im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen für den örtlichen Betriebsrat Klärungsbedarf ergeben, dann werden diese Einzelfällt besprochen, um eine Klärung herbeizuführen.“ Mit Schreiben vom 25.10.2019 wies die Beklagte die Klägerin an, ihre Arbeitsleistung zukünftig ausschließlich im Bereich der Company GP zu erbringen (Bl. 57 d.A.). In dem Schreiben heißt es auszugsweise:
„Wie Ihnen bereits durch Ihre Führungskraft mitgeteilt wurde, werden Sie ab sofort im Rahmen Ihres Aufgabengebietes innerhalb Ihrer Funktion bei Service Company F ausschließlich Service- und Beratungsleistungen für die Operating Company Gas and Power (GP) erbringen. Im Übrigen bleibt der Inhalt Ihrer Tätigkeit sowie Ihr Arbeitsort und Ihre sonstigen Arbeitsbedingungen unverändert.
5
Wir informieren Sie bereits jetzt darüber, dass Sie ab 01.12.2019 einen neuen GP Organisationseinheit an Ihrem Standort angehören werden und eine neue fachliche, übergeordnete GP Führungskraft erhalten. Diese wird R. GGG sein.
6
Mit Schreiben vom 06.11.2019 wurde die Klägerin über den für GP bevorstehenden Betriebsübergang informiert. Die Klägerin forderte daraufhin die Beklagte auf, sie wie vor dem 25.10.2019 zu beschäftigen. Mit Schreiben vom 29.11.2019 widersprach die Klägerin vorsorglich einem Betriebsübergang (Bl. 118 d.A.). Am 01.01.2020 ging der Geschäftsbereich GP sodann auf die E über. Ab dem 01.01.2020 führte die Beklagte die Klägerin im „Gas and Power - Restbetrieb“ (Bl. 121 d.A.) und stellte sie widerruflich bis auf Weiteres frei.
7
Die Klägerin hat mit ihrer Klage geltend gemacht, dass die Anweisung vom 25.10.2019 rechtsmissbräuchlich ist. Sie sei dem Betriebsteil Gas and Power, der vom Betriebsübergang erfasst werden sollte, zugeordnet worden, obwohl sie mit GP bisher nichts zu tun gehabt habe. Vielmehr habe ihre Hauptaufgabe bisher in der Organisation des DELeitungskreises bestanden und sie sei insbesondere für Herrn FF zuständig gewesen. Für den weiteren Vorgesetzten, Herrn GG, der in der neuen Aufgabe nach dem Betriebsübergang Teilprojektleiter GP Real Estate wurde, sei die Kollegin, Frau FFF, zuständig gewesen, die sie nur vertreten habe. Dennoch sei sie und nicht ihre Kollegin dem Bereich GP zugeordnet worden.
8
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die Anordnung im Schreiben vom 25.10.2019 eine nach § 99 BetrVG mitbestimmungspflichtige Versetzung darstellt, die bereits mangels einer ordnungsgemäßen Betriebsratsbeteiligung unwirksam ist. Aus diesem Grund sei sie weiterhin im bisherigen Betrieb bei I zu beschäftigen.
9
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
1. Es wird festgestellt, dass die Anweisung der Beklagten vom 25.10.2019
Sehr geehrte Frau A., Wie Ihnen bereits durch Ihre Führungskraft mitgeteilt wurde, werden Sie ab sofort im Rahmen Ihres Aufgabengebietes innerhalb Ihrer Funktion bei Service Company F ausschließlich Service- und Beratungsleistungen für die Operating Company Gas and Power (GP) erbringen. Im Übrigen bleibt der Inhalt Ihrer Tätigkeit sowie Ihr Arbeitsort und Ihre sonstigen Arbeitsbedingungen unverändert.
Wir informieren Sie bereits jetzt darüber, dass Sie ab 01.12.2019 einen neuen GP Organisationseinheit an Ihrem Standort angehören werden und eine neue fachliche, übergeordnete GP Führungskraft erhalten. Diese wird R. GGG sein.
Mit freundlichen Grüßen
I Aktien Gesellschaft unwirksam ist.
hilfsweise zu 1.:
Es wird festgestellt, dass die Klagepartei trotz der Anweisung der Beklagten vom 25.10.2019
Sehr geehrte Frau A.
Wie Ihnen bereits durch Ihre Führungskraft mitgeteilt wurde, werden Sie ab sofort im Rahmen Ihres Aufgabengebietes innerhalb Ihrer Funktion bei Service Company F ausschließlich Service- und Beratungsleistungen für die Operating Company Gas and Power (GP) erbringen. Im Übrigen bleibt der Inhalt Ihrer Tätigkeit sowie Ihr Arbeitsort und Ihre sonstigen Arbeitsbedingungen unverändert.
Wir informieren Sie bereits jetzt darüber, dass Sie ab 01.12.2019 einen neuen GP Organisationseinheit an Ihrem Standort angehören werden und eine neue fachliche, übergeordnete GP Führungskraft erhalten. Diese wird R. GGG sein.
Mit freundlichen Grüßen
I Aktien Gesellschaft nicht der Organisationseinheit GP zugeordnet worden ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei dem Betrieb C. B-Stadtb, BB in … B-Stadt zuzuordnen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin im Betrieb der C. in B-Stadtb, BB in … B-Stadt zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Sekretärin zu beschäftigen.
10
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
11
Die Beklagte hat die Meinung vertreten, dass die Übertragung von anderen Aufgaben auf die Klägerin im Rahmen der Ausübung des Direktionsrechts möglich und legitim sei. Der geltend gemachte Beschäftigungsanspruch bestehe nicht. Die Anträge zu 1) und 2) seien unzulässig und überflüssig. Entgegen der Ansicht der Klägerin liege keine mitbestimmungspflichtige Einzelmaßnahme vor. Der Betriebsrat habe zudem eine sogenannte „Wanderliste“ von ihr erhalten, wie dies im Interessenausgleich vorgesehen war und sei damit ausreichend beteiligt worden. Die Klägerin sei auch vor dem 25.10.2019 für den Bereich GP zuständig gewesen, da auch GP über Immobilien verfüge. Da die Klägerin mit Herrn GG gut zusammengearbeitet hätte, sei es sachlich gerechtfertigt gewesen, sie anzuweisen, nur noch Tätigkeiten für den Bereich GP zu erbringen.
12
Mit Endurteil vom 24.06.2020, AZ 34 Ca 13113/19, auf das hinsichtlich seiner tatsächlichen Feststellungen und Rechtsausführungen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht München die Beklagte entsprechend dem Klageantrag zu 3) zur Beschäftigung der Klägerin im Betrieb B-Stadt b zu unveränderten Bedingungen als Sekretärin verurteilt und im Übrigen die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass es sich bei der Zuweisung veränderter Arbeitsaufgaben durch das Schreiben vom 25.10.2019 und Reduzierung der Tätigkeiten der Klägerin auf Service und Beratungsleistungen für die Operating Company GP um eine wesentliche Veränderung der Tätigkeiten der Klägerin und damit um eine Versetzung handelt. Prägend für die Einheit GP sei, dass diese bereits zum Zeitpunkt 25.10.2019 auf Grund des Interessenausgleichs vom 24.10.2019 für einen Betriebsübergang zum 01.01.2020 auf die ausgegliederte E vorgesehen war. Dies sei deshalb auch ein prägendes Merkmal des Arbeitsplatzes. Daher liege eine Versetzung im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne vor. Die Vorlage der von der Beklagten zitierten „Wanderliste“ an den Betriebsrat stelle keine wirksame Mitbestimmung zu einer Versetzung gemäß § 99 BetrVG dar. Schon aus diesem Grunde sei die erfolgte Versetzung unwirksam. Ohne die Versetzung sei die Klägerin wie bisher zu den vertraglich festgelegten Bedingungen zu beschäftigen. Ihr Arbeitsbereich sei vom Betriebsübergang nicht erfasst.
13
Gegen dieses Urteil vom 24.06.2020 der Beklagten zugestellt am 17.07.2020 hat diese mit einem am 04.08.2020 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt den sie am 19.10.2020 (einem Montag) begründet hat nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis 17.10.2020 verlängert worden war.
14
Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, das erstinstanzliche Urteil sei unzutreffend. Die Klägerin sei zuletzt als Assistentin/Sekretärin in der F (I Real Estate) EE (Customer Line I Service Companies and Corporate) tätig gewesen und damit in einem Bereich der zum Support and Governance der internen Shared Service Leistungen gehöre und für die Betreuung der Standorte der einzelnen operativen Geschäftseinheiten übergreifend zuständig war. Die Einheit der Klägerin habe daher für alle Geschäftsbereiche Leistungen erbracht und damit auch für GP.
15
Der Interessenausgleich mit dem Gesamtbetriebsrat vom 24.10.2019 sehe vor, dass nach einer Zuordnung von Mitarbeitern an den jeweiligen Standorten so genannte „GPBetriebe“ gebildet würden. Hierzu gehörten auch die Governance and Support Funktionen, da die GP-Betriebe in der Lage sein sollten, komplett eigenständig zu agieren. Mit der Schaffung der GP-Betriebe sollte eine rechtlich übertragungsfähige Einheit geschaffen werden, die sodann zum 01.01.2020 auf die neue Gesellschaft übergeht. Die Klägerin sei bisher auch für GP tätig gewesen im Sinne der Ziffer 2.1.4 des Interessenausgleichs und habe mit Schreiben vom 25.10.2019 die Anweisung erhalten, nur noch für GP tätig zu werden und habe ab diesem Zeitpunkt auch nur noch entsprechende Tätigkeiten erhalten. Damit sei sie mit dem Stichtag 01.12.2019 dem Bereich GP zugeordnet gewesen.
16
Zu einem Betriebsübergang sei es nur deshalb nicht gekommen, weil die Klägerin mit Schreiben vom 29.11.2019 dem Betriebsübergang widersprochen und geltend gemacht habe, dass ihre Zuordnung zu GP unwirksam ist. Die Klägerin sei daher auf Grund des Widerspruchs ohnehin bei der Beklagten zu beschäftigen. Eine Zuordnung zum Betrieb BStadt b bestehe jedoch nicht.
17
Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass keine Versetzung vorgelegen habe, sondern lediglich eine wirksame Zuordnung eines anderen Arbeitsbereichs im Rahmen des Direktionsrechts. Eine Versetzung gemäß § 95 Abs. 3 BetrVG liege nicht vor. Die Anweisung sei vom Direktionsrecht gedeckt und die Klägerin habe zudem ihren Arbeitsplatz behalten. Im Übrigen gehe es hier nur um eine organisatorische Zuordnung, für die kein weiterer Ausführungsakt erforderlich sei. § 99 erfasse nicht bloße Änderungen der Betriebsstruktur. Vorliegend gehe es lediglich um eine Neuzuordnung ohne dass sich die Arbeitsumstände der Mitarbeiter ändern.
18
Die Beklagte ist zudem der Meinung, dass für den Fall des Vorliegens einer Versetzung das Mitbestimmungsverfahren eingehalten wurde. Ziffer 3 des Interessenausgleichs regele die Verpflichtung zur Einbindung der örtlichen Betriebsräte. Vor dem Hintergrund des dort vereinbarten Verfahrens sei eine eventuell erforderliche Mitbestimmung gemäß § 99 BetrVG durch die Vorlage der „Wanderliste“ abgedeckt. Dem Betriebsrat sei sowohl der Interessenausgleich bekannt gewesen und auch die Wanderliste ausgehändigt worden. Der Betriebsrat habe sodann nach der ordnungsgemäßen Information die Zustimmung nicht verweigert.
19
Die Arbeitgeberin beantragt,
Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 24.06.2020 (AZ: 34 Ca 13113/19) aufzuheben und die Klage kostenpflichtig zurückzuweisen.
20
Die Klägerin beantragt,
Zurückweisung der Berufung.
21
Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung als zutreffend. Sie macht unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag geltend, dass sie nicht zum Bereich Support and Gouvernance gehört habe und daher die genannten Regelungen im Interessenausgleich nicht einschlägig seien. Ihr Bereich F zähle vielmehr zu den so genannten „Cluster Services“. Auch habe ihre bisherige Tätigkeit in F EE keine Berührungspunkte mit GP gehabt. Die Anweisung vom 25.10.2019 habe deshalb eine wesentliche Veränderung ihrer Tätigkeiten bedeutet und stelle eine Versetzung dar.
22
Die Klägerin betont, dass Ihre bisherige Hauptaufgabe insbesondere darin gelegen habe, den Leitungskreis des F Deutschland der C. zu organisieren. Dies habe etwa 50% ihrer Aufgaben ausgemacht. Nach der Weisung vom 25.10.2019 sei dieser Bereich ersatzlos weggefallen. Bis 30.11.2019 sei Herr FF noch ihre Führungskraft gewesen. Dieser habe ihr aber keine Aufgaben mehr gegeben. Sie habe in der Folge nicht viel zu tun gehabt und andere Sekretariatsaufgaben wahrgenommen. Für Herrn GG habe sie erst ab 01.12.2019 Leistungen erbracht und vorher auch noch für F. Es stimme daher nicht, dass sie nach dem 25.10.2019 Tätigkeiten für GP erbracht habe. Mit dem Wegfall ihrer Aufgaben für den Leitungskreis der C. F Deutschland sei es vorliegend nicht getan gewesen. Vielmehr habe es einer weiteren Entscheidung des Arbeitgebers bedurft und dieser habe ihr nach und nach andere Tätigkeiten zugewiesen.
23
Die Personalmaßnahme könne auch nicht isoliert betrachtet werden, sondern stehe im Zusammenhang mit dem vorgesehenen Betriebsübergang gem. § 613 a BGB. Die Zuordnung zu GP sei erfolgt, damit sie dem geplanten Betriebsübergang unterliege und das Arbeitsverhältnis mit I beendet werde. Dies sei unbillig und hierin liege auch eine Änderung ihrer Stellung in der betrieblichen Organisation vor, die das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ausgelöst habe. Dies habe das Arbeitsgericht Berlin in seiner Entscheidung in einem Parallelfall vom 28.08.2020 - 6 Ca 16202/19 - genau so gesehen. Da vorliegend keine ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrates erfolgt sei, sei die Versetzung unwirksam und sie in ihrem alten Arbeitsbereich weiter zu beschäftigen.
24
Für den weiteren Sach- und Rechtsvortrag der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze vom 19.10.2020 und 18.12.2020 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend die Beklagte zutreffend zu einer Weiterbeschäftigung der Klägerin im Betrieb B-Stadt b mit ihren bisherigen Arbeitsbedingungen als Sekretärin verurteilt.
I.
26
Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II.
27
Die Berufung der Beklagten bleibt in der Sache erfolglos. Das Arbeitsgericht hat dem Klageantrag zu 3) zu Recht stattgeben und den Beschäftigungsanspruch in dem Betrieb bejaht, in dem die Klägerin vor ihrer Zuordnung zum Bereich GP tätig war. Das Arbeitsgericht hat in der Zuordnung der Klägerin zum Bereich GP zutreffend eine Versetzung im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne bejaht, die auf Grund fehlender Mitbestimmung des Betriebsrats unwirksam ist. Das Berufungsgericht schließt sich der Begründung des Arbeitsgerichts München im Ergebnis und in wesentlichen Teilen an.
28
Die von der Beklagten vorgenommene Personalmaßnahme einer Zuordnung der Klägerin zum Bereich GP ist nur dann wirksam, wenn sie sowohl individualvertraglich zulässig ist, als auch entsprechend den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates getroffen wurde.
29
1. Die Zuordnung der Klägerin mit Schreiben vom 25.10.2019 und die daran anschließende Zuweisung anderer Arbeitsaufgaben stellen eine Versetzung gem. § 95 Abs. 3 BetrVG dar, die aufgrund fehlender Mitbestimmung unwirksam ist, da die vorgeschriebene Unterrichtung des Betriebsrats gem. § 99 Abs. 1 BetrVG nicht erfolgt ist.
30
1.1 Eine Versetzung liegt auf der betriebsverfassungsrechtlichen Ebene gem. §§ 99 Abs. 1 Satz 1, 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG dann vor, wenn die tatsächliche Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Der „Arbeitsbereich“ wird in § 81 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 BetrVG umschrieben als die Aufgabe und die Verantwortung des Arbeitnehmers, sowie die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebes und umfasst nach ständiger Rechtsprechung neben der Arbeitsleistung auch die Art der Tätigkeit und den gegebenen Platz in der betrieblichen Organisation. Um die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs handelt es sich, wenn sich das gesamte Bild der Tätigkeit des Arbeitnehmers so verändert hat, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters nunmehr als eine „andere“ anzusehen ist (BAG 9.4.2019, 1 ABR 30/17, Rn 26, m.w.N.; NK-ArbRPreuss § 99 BetrVG Rn. 95ff; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz § 99 BetrVG, Rn. 123ff).
31
Eine erhebliche Änderung der äußeren Umstände, die auch bei einer nur kurzfristigen Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs eine Versetzung darstellt, liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer seine gleich bleibende Arbeit in einer anderen organisatorischen Einheit erbringen soll (BAG 10.4.1984, 1 ABR 67/82; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz § 99 BetrVG, Rn. 138, m.w.N.). Dies ist stets der Fall, wenn eine Zuweisung zu einem anderen Betrieb (BAG 19.02.1991, 1 ABR 36/90) oder zu einem anderen Betriebsteil erfolgt (Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz § 99 BetrVG, Rn. 138; DKKW-Bachner, § 99 Be trVG, Rn. 106 f., 113; Richardi-Thüsing, § 99 BetrVG, Rn.124, jeweils m.w.N.).
32
1.2 Bei der Zuweisung von Tätigkeiten aus dem Bereich GP mit Schreiben vom 25.10.2019 und der anschließenden Übertragung entsprechender Aufgaben zur Vorbereitung der Bildung eines so genannten GP-Betriebes zum 01.12.2019 der dann zum 01.01.2020 auf die neu gegründete Gesellschaft übergegangen ist, handelt es sich um eine Versetzung im oben genannten Sinne. Die Veränderung der Arbeitsumstände der Klägerin hatte zum Ziel, dass ihre Zuordnung zu einem anderen Betrieb erfolgt. Die Klägerin wurde - wenn auch im Rahmen von Sekretariatsaufgaben - nicht nur mit anderen Tätigkeiten betraut, als sie bislang durchgeführt hat und einer anderen übergeordneten GP Führungskraft zugeordnet, sondern zugleich auch einem anderen Geschäftsbereich (GP), der zum 01.12.2019 einen eigenständigen GP-Betrieb gebildet hat.
33
Hierzu hat das Arbeitsgericht und auch das Arbeitsgericht Berlin zutreffend festgestellt, dass die reinen Arbeitsaufgaben als Sekretärin, die möglicherweise austauschbar sind, nicht getrennt werden können von den organisatorischen Veränderungen, die auf Grund des Interessenausgleichs vom 24.10.2019 bei Ausspruch der Anweisung vom 25.10.2019 bereits feststanden. Für die Organisationseinheiten GP stand dabei zu diesem Zeitpunkt bereits fest, dass diese zu eigenständigen GP-Betrieben werden und sodann im Wege des Betriebsübergangs ausgegliedert werden auf dem I II KG. Durch die Zuteilung von Aufgaben für GP wurde dadurch die Klägerin dauerhaft einem neuen Bereich und sodann auch einem anderen Betrieb zugeordnet. Allein dies bedingt die Einordnung der Maßnahme als Versetzung. Hinzukommt vorliegend eine noch weitergehende Veränderung der organisatorischen Einheit dadurch, dass der Wechsel in den Bereich GP durch den bereits geplanten Betriebsübergang zu einem Arbeitgeberwechsel für die Klägerin führen sollte, oder im Falle ihres Widerspruchs zu der nunmehr vom Arbeitgeber durchgeführten Zuordnung zu den so genannten „Restbetrieben GP“, für die aktuell keine Aufgaben bestehen und in der Freistellung der Klägerin ab dem 19.12.2019 gemündet haben, die bis zur letzten mündlichen Verhandlung am 24.02.2021 angedauert hat.
34
2. Die auf Grund der Versetzung der Klägerin erforderliche Beteiligung des Betriebsrates gem. § 99 Abs. 1 BetrVG ist nicht erfolgt, so dass eine Frist für den Betriebsrat zur Verweigerung der Zustimmung gem. § 99 Abs. 3 BetrVG nicht in Lauf gesetzt wurde und schon deshalb eine Fiktion der Zustimmung gem. § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG nicht in Betracht kommt.
35
2.1 Entgegen der Ansicht der Beklagtenseite ist keine ausreichende Information und Anhörung zur Versetzung durch die Vorlage einer so genannten „Wanderliste“ erfolgt. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit diese die hierfür gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG erforderlichen Informationen enthalten haben und geeignet gewesen sein soll, die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Der Vortrag der Beklagten beschränkt sich auf die Behauptung, dass der Betriebsrat - zu einem unbekannten Zeitpunkt - unstreitig Listen erhalten habe. Auf diesen seien alle Informationen gegeben worden, die für eine Entscheidung des Betriebsrats zur Zustimmung erforderlich waren. Die Mitarbeiter seien klar identifizierbar gewesen sowie alle Änderungen, wie die neue Organisationseinheit, neue Führungskraft, Kostenstelle und Planstelle seien vorhanden gewesen. Auch die Tatsache, dass Gehalt und Funktionen gleichbleiben, sowie der Hintergrund der Maßnahmen und der Stichtag seien dem Betriebsrat zur Kenntnis gegeben worden. Die Form, die Information als sogenannte Wanderliste in einem Dokument darzustellen, sei bei der Beklagten üblich und widerspreche auch nicht den gesetzlichen Vorgaben.
36
Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich keine ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats. Eine ordnungsgemäße Anhörung nach § 99 Abs. 1 BetrVG erfordert mindestens die zusammengefasste Angabe, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat um eine Zustimmung zu einer Versetzung bittet, sowie auch eine Information über die Auswirkungen der Maßnahme und den genauen Zeitplan. Ein Vortrag der Beklagten dazu, wann sie unter welchen Umständen das Zustimmungsverfahren so eingeleitet haben will, dass für den Betriebsrat erkennbar war, dass die Bekl. überhaupt ein Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG einleiten wollte, ist nicht erfolgt.
37
Im Übrigen hat eine Beteiligung des Betriebsrats vor Durchführung einer Personalmaßnahme zu erfolgen. Die Arbeitgeberseite bleibt hier jeglichen Vortrag schuldig, warum dies bei der Anweisung vom 25.10.2019 in Bezug auf eine Information des örtlichen Betriebsrats in Folge des erst am Vortag abgeschlossenen Interessenausgleichs der Fall gewesen sein soll. Die Einhaltung der in § 99 Abs. 3 BetrVG für die Reaktion des Betriebsrats vorgesehenen Wochenfrist vor einer Durchführung der Maßnahme erscheint hier rein rechnerisch auch bei Unterstellung des Zutreffens des Beklagtenvortrags als schlechterdings unmöglich. Schon aus diesem Grunde liegt keine ordnungsgemäße Versetzung der Klägerin vor.
38
2.2 Ein abweichendes Verfahren der Mitbestimmung wurde auch nicht in Ziff. 3 des Interessenausgleichs vereinbart. Abgesehen davon, dass der Gesamtbetriebsrat nicht befugt wäre, Regelungen zu Lasten der örtlichen Betriebsräte zu treffen und dass die gesetzlichen Regelungen der zwingenden Mitbestimmung gem. § 99 BetrVG nicht betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet sind und Mindestanforderungen für eine wirksame Interessenvertretung enthalten (Richardi-Thüsing, § 99 BetrVG, Rn 8f; Richardi-Richardi, Einleitung Rn 137 ff; HSGW-Hess, Vorb. § 1 Rn. 64; DKKWDäubler Einleitung Rn. 85 f., jeweils m.w.N.), liegt schon dem Wortlaut nach keine Abweichung von der gesetzlich vorgesehenen Mitbestimmung vor.
39
In Ziff. 3 des Interessenausgleichs ist lediglich geregelt, dass die Betriebsleitungen die örtlichen Betriebsräte der betroffenen Betriebsratseinheiten über die konkreten Auswirkungen der in der Ziff. 2 genannten Zuordnungen an ihrem Standort durch Wanderlisten informieren, aus denen die detaillierte Zuordnung der Mitarbeiter hervorgeht und dass außerdem der örtliche Betriebsrat entsprechend den Vorschriften des BetrVG eingebunden wird. Ein Wille der Betriebsparteien, von dem gesetzlich vorgeschriebenen Mitbestimmungsverfahren des BetrVG einschließlich der Mitbestimmung gem. § 99 BetrVG abzuweichen, ergibt sich daraus gerade nicht. Vielmehr wird die erforderliche Einbindung der örtlichen Betriebsräte nach den gesetzlichen Vorschriften noch einmal ausdrücklich bekräftigt.
40
3. Die fehlende Zustimmung des Betriebsrats führt zu einer Unwirksamkeit der Versetzung auf der individualrechtlichen Ebene. Das Mitbestimmungsrecht bei der Versetzung dient auch dem Schutz des von der Versetzung betroffenen Arbeitnehmers (s. § 99 II Nr. 4 BetrVG). Die fehlende Zustimmung des Betriebsrats hat daher zur Folge, dass die Versetzung auch individualrechtlich unwirksam ist. Das gilt auch dann, wenn sich das Direktionsrecht des Arbeitgebers auf die vorgesehene Versetzung erstreckt (Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz § 99 BetrVG, Rn. 283; BAG 22.04.2010, 2 AZR 491/09). Aus diesem Grunde hat die Klägerin einen Anspruch auf Beschäftigung, wie er ohne die unwirksame Versetzung und Zuordnung zu einem anderen Betriebsbereich bestanden hat. Daher hat die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auf Beschäftigung im Betrieb der C. in B-Stadtb, BB in … B-Stadt zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Sekretärin.
41
4. Ohne das es für die Entscheidung darauf ankäme, sei im Hinblick auf den Vortrag der Parteien im Berufungsverfahren darauf hingewiesen, dass auch fraglich ist, ob die im Rahmen des Direktionsrechts erfolgte Versetzung der Klägerin gem. § 106 GewO auf der individualrechtlichen Ebene billigem Ermessen entspricht. Die Beklagte hat außer der Tatsache, dass die Klägerin durch ihre Tätigkeit für F dem Bereich des Clusters Services angehörte und eine Querschnittsaufgabe hatte, keine Tätigkeiten genannt hat, die die Klägerin in ihrem bisherigen Arbeitsbereich konkret für GP erledigt hat. Dass auch GP über Grundstücke verfügt hat, die von F mitbetreut wurden, ändert hieran bezogen auf die konkret von der Klägerin ausgeführten Tätigkeiten nichts.
42
Die von der Beklagten vorgenommene Zuordnung und Änderung der Aufgaben der Klägerin erfolgte damit ersichtlich am 25.11.2019 ausschließlich zu dem Zweck, die Klägerin den neu zu bildenden GP-Bereichen zuzuordnen, die dann zu GP-Betrieben wurden und vom Betriebsübergang betroffen waren. Dem Arbeitgeber ist es aber verwehrt, anlässlich eines Betriebsübergangs eine willkürliche Zuordnung von Arbeitnehmern, die von der bisherigen tatsächlichen Zuordnung abweicht, vorzunehmen oder auch eine solche in einem Interessenausgleich zu regeln, da dies der Wertung des § 613 a BGB widerspricht (s. Elking, Zuordnungsentscheidung und Versetzung vor Betriebsübergang NZA 2014, 295; BAG 21.02.2013, 8 AZR 877/11, Rn. 38).
43
Daher muss bei der Ausübung des Direktionsrechts die Wertung des § 613 a BGB beachtet werden. Eine Weisung, die den ausschließlichen Zweck einer Separierung von dem verbleibenden Betrieb verfolgt, erscheint tendenziell als problematisch.
III.
44
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
45
Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde zulassen sollte. Die Beklagte wird auf deren Möglichkeit und deren Voraussetzungen gem. § 72 a ArbGG hingewiesen.