Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 26.05.2021 – AN 2 K 19.01639
Titel:

Erfolglose Klage auf Bewilligung von Ausbildungsförderung wegen fiktiven Vermögens

Normenkette:
BAföG § 11, § 27, § 28 Abs. 3, § 29 Abs. 1
Leitsätze:
1. Bei der Ermittlung des Vermögens des Ausbildungsförderungsberechtigten wird dem Auszubildenden fiktiv Vermögen zugerechnet, das er - ggf. auch zivilrechtlich wirksam - vor der Beantragung von Ausbildungsförderung unentgeltlich auf Dritte überträgt, sofern die Übertragung dem mit der Vermögensanrechnung verfolgten Gesetzeszweck widerspricht und daher als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die zeitliche Nähe der Vermögensübertragung zur Beantragung von Ausbildungsförderung spricht gewichtig für die Annahme von Rechtsmissbrauch. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3. Allerdings ist dem Auszubildenden Vermögen im Ergebnis dann nicht zuzurechnen, wenn es sich hierbei - zivilrechtlich wirksam - um ein ausgezahltes Darlehen handelt, wobei hinsichtlich der Voraussetzung der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Darlehensabrede den Auszubildenden eine gesteigerte Mitwirkungspflicht trifft. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung, Darlehen, Frage der Heilung einer rechtsmissbräuchlichen Vermögensverfügung durch Rückabwicklung, Bafög, Vermögensübertragung, Vermögen, fiktives Vermögen, Darlehensabrede, Rechtsmissbrauch, Rückabwicklung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 22476

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Klageverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Ausbildungsförderung.
2
Die Kläger nahm im Wintersemester 2015/2016 sein Studium der Humanmedizin (Abschluss: Staatsexamen) an der …Universität … auf (…).
3
Für sein Studium beantragte er erstmals unter dem 8. September 2015, eingegangen bei dem Beklagten am 11. September 2015, Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum Oktober 2015 bis einschließlich August 2016. In dem Antragsformular gab er sein Bank- und Sparguthaben mit insgesamt 1.864,00 EUR sowie sein Barvermögen mit insgesamt 75,00 EUR an. In der Zeile „Sonstige Vermögensgegenstände, z.B. Kraftfahrzeuge (Zeitwert)“ gab er 2.000,00 EUR an. Unter dem Formularabschnitt „Meine Schulden und Lasten“ nahm er keine Eintragungen vor.
4
Einen Tag später, mit Schreiben vom 9. September 2015, teilte der Kläger sinngemäß mit, von seinem Konto sei am 8. September 2015 ein Betrag in Höhe von 20.710,46 EUR an seinen Vater überwiesen worden. Hierbei handele es sich um Auslagen, die sein Vater während seiner Ausbildung … übernommen habe. Diese Auslagen seien nunmehr vereinbarungsgemäß an seinen Vater zurückgezahlt worden. Hinsichtlich der einzelnen Aufwendungen verwies der Kläger auf eine beigefügte Tabelle. Dem Schreiben war außerdem ein an ihn adressiertes, nicht unterzeichnetes Schreiben seines Vaters, datiert auf den 6. September 2015 mit dem Betreff „Rückzahlung der Ausbildungskosten 2009-2012“ beigefügt. Darin teilt der Vater des Klägers diesem mit, für die Zeit der Ausbildung … in … von September 2009 bis August 2012 seien ihm - dem Vater - Kosten in Höhe von 20.710,46 EUR entstanden. Diese mache er nun wie vereinbart geltend und wünsche Rückzahlung bis zum 30. September 2015.
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Auf Nachfrage des Beklagten teilte der Kläger mit Schreiben vom 28. Oktober 2015, eingegangen bei dem Beklagten am 29. Oktober 2015, mit, zwischen seinem Vater und ihm existiere kein schriftlicher Darlehensvertrag. Sein Vater und er hätten sich mündlich geeinigt, dass sein Vater die Ausbildungskosten bis zu einem Höchstbetrag von 25.000,00 EUR trage, allerdings mit dem Vorbehalt der Rückzahlung, sobald ihm dies möglich sei.
6
Mit zwischenzeitlich bestandskräftigem Bescheid vom 19. November 2015 setzte der Beklagte die Ausbildungsförderung des Klägers betreffend den Bewilligungszeitraum Oktober 2015 bis einschließlich September 2016 auf monatlich jeweils 0,00 EUR fest. Zur Begründung führte er sinngemäß im Wesentlichen aus, Vermögenswerte seien auch dann dem Vermögen des Auszubildenden zuzurechnen, wenn diese rechtsmissbräuchlich übertragen seien. Dies sei der Fall, wenn der Auszubildende im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der förderungsfähigen Ausbildung bzw. der Antragstellung oder im Laufe der förderungsfähigen Ausbildung Teile seines Vermögens unentgeltlich oder ohne gleichwertige Gegenleistung an Dritte, insbesondere Eltern oder andere Verwandte, übertrage. Hier sei rechtsmissbräuchlich übertragenes Vermögen in Höhe von 20.710,46 EUR angerechnet worden. Der Betrag ergebe sich aus der Überweisung der genannten Summe an den Vater am 8. September 2015. Die Eltern des Klägers seien diesem gegenüber unterhaltspflichtig. Somit dürfe Unterhalt nicht zurückgefordert werden.
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Hiergegen legte der Kläger mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2015, eingegangen bei dem Beklagten am selben Tag, Widerspruch ein.
8
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 25. Januar 2016, eingegangen bei dem Beklagten am 3. Februar 2016, ließ er sinngemäß im Wesentlichen ausführen, der Vorwurf der rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung ohne gleichwertige Gegenleistung sei unzutreffend. Er habe kein eigenes Vermögen „übertragen“, sondern das Vermögen seines Vaters zurückbezahlt. Rechtsmissbrauch werde als zweckwidrige Inanspruchnahme einer Rechtsposition definiert und begrenze die Möglichkeit, ein bestehendes Recht auszuüben. In Deutschland folge der Begriff des Rechtsmissbrauchs aus § 226 und § 242 BGB. Danach sei die Ausübung eines Rechts unzulässig, wenn dies den Umständen nach nur den Zweck haben könne, einem anderen Schaden zuzufügen. Die Gewährung und Rückzahlung eines Darlehens sei kein Schaden. Auch § 242 BGB sei nicht einschlägig. Danach sei der Schuldner verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie es Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erforderten. Es entspreche allgemeinen Gepflogenheiten, dass Kinder, soweit sie ihre Ausbildung von den Eltern gezahlt erhielten, diese Leistungen zurückzahlten, soweit sie hierzu in der Lage seien. Damit sei nach der Rechtsprechung keine Rechtsmissbräuchlichkeit nach den einschlägigen Vorschriften des BGB gegeben. Im Übrigen sei sein Vater seinen Unterhaltsverpflichtungen nachgekommen, indem er eine Heimatwohnung zur Verfügung gestellt und Lebenshaltungskosten gezahlt habe.
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Mit Bescheid vom 2. August 2016, dem Kläger persönlich zugestellt am 4. August 2016, wies der Beklagte den Widerspruch kostenfrei zurück. Der Bescheid ist in Bestandskraft erwachsen.
10
Unter dem 14. Juli 2016, eingegangen bei dem Beklagten am 22. Juli 2016, beantragte der Kläger erneut Ausbildungsförderung, nunmehr für den Bewilligungszeitraum August 2016 bis Juli 2017. In dem Antragsvordruck gab er sein Barvermögen mit 50,00 EUR, sein Bank- und Sparguthaben in Höhe von 2.200,00 EUR sowie den Zeitwert von Kraftfahrzeugen in Höhe von 2.000,00 EUR an. Schulden wies er in Höhe von 9.300,00 EUR aus.
11
Mit zwischenzeitlich bestandskräftigem Bescheid vom 13. Oktober 2016 setzte der Beklagte die Ausbildungsförderung des Klägers für den Bewilligungszeitraum Oktober 2016 bis einschließlich September 2017 erneut auf monatlich 0,00 EUR fest. Zur Begründung verwies er im Kern auf rechtsmissbräuchlich übertragenes Vermögen in Höhe von 20.710,46 EUR, das sich aus der Überweisung vom 8. September 2015 ergebe. Dieses sei angerechnet worden.
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Gegen den Bescheid ließ der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 7. November 2016, eingegangen bei dem Beklagten am 9. November 2016, Widerspruch einlegen. Zur Begründung ließ er sinngemäß im Kern ausführen, unabhängig von der Frage einer rechtsmissbräuchlichen Übertragung des zugerechneten Vermögens sei dieses fast vollständig aufgebraucht und könne deshalb nicht mehr in vollem Umfang seinem Reinvermögen zugerechnet werden. Unter Verweis auf beigefügte Aufstellungen ließ der Kläger geltend machen, der zugerechnete Betrag in Höhe von 20.710,46 EUR sei in Höhe von 17.422,64 EUR verbraucht, sodass seinem Reinvermögen lediglich noch 3.287,82 EUR zuzurechnen seien.
13
Auf Nachfrage des Beklagten ließ der Kläger mit Schriftsatz vom 26. September 2017 mitteilen, sein Vater habe ihm den Darlehensbetrag in Höhe von 20.710,46 EUR nicht zurückerstattet. Allerdings habe er von seinem Vater eine monatliche Unterstützung zum Lebensunterhalt erhalten, um die laufenden Lebenshaltungskosten decken zu können. Darüber hinaus ließ er mit Schriftsatz vom 27. März 2017, eingegangen bei dem Beklagten am 29. März 2017, Kontoauszüge und Rechnungskopien mit Blick auf die geltend gemachten Vermögensabgänge vorlegen.
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Mit Bescheid vom 6. Februar 2018, der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 7. Februar 2018, wies der Beklagte den Widerspruch kostenfrei zurück. Auch dieser Bescheid ist in Bestandskraft erwachsen.
15
Schließlich stellte der Kläger unter dem 20. Juli 2017, eingegangen bei dem Beklagten am selben Tag, den streitgegenständlichen Antrag auf Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum August 2017 bis Juli 2018. In dem Antragsformular gab er voraussichtliche Bruttoeinnahmen in dem Bewilligungszeitraum aus bestehenden oder ruhenden Arbeitsverhältnissen, Ferien-, Gelegenheitsarbeiten bzw. Minijobs mit insgesamt 2.200,00 EUR an. Die Höhe seines Barvermögens bezifferte er auf 100,00 EUR, die Höhe seines Bank- und Sparguthabens auf 800,00 EUR. Hinsichtlich des Zeitwerts von Kraftfahrzeugen gab er einen Betrag in Höhe von 1.500,00 EUR an.
16
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 13. April 2018 setzte der Beklagte die Ausbildungsförderung des Klägers für den Zeitraum Oktober 2017 bis einschließlich September 2018 auf monatlich 0,00 EUR fest. Der Bescheid ist im Kern damit begründet, die anzurechnenden Einkommens- bzw. Vermögensbeträge überstiegen den ermittelten Gesamtbedarf. Vorliegend werde rechtsmissbräuchlich übertragenes Vermögen in Höhe von 20.710,46 EUR angerechnet. Dieser Betrag ergebe sich aus der Überweisung der genannten Summe an den Vater am 8. September 2015.
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Hiergegen legte der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 20. April 2018, eingegangen bei dem Beklagten am 23. April 2018, Widerspruch ein. Zur Begründung ist sinngemäß ausgeführt, das am 8. September 2015 angeblich rechtsmissbräuchlich übertragene Vermögen sei zwischenzeitlich auf den Kläger rückübertragen worden. Nachdem der Beklagte den das Eingangsdatum des Antrags (der 20. Juli 2017) mitgeteilt hatte, ließ der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 15. Oktober 2018 unter Beifügung einer Aufstellung ausführen, zum Stichtag am 20. Juli 2017 seien von seinem Vater 17.001,80 EUR auf ihn rückübertragen worden. Das Darlehen habe sich auf 20.760,00 EUR belaufen. Die letzte Rate habe sein Vater am 5. Januar 2018 zurückgezahlt. Das rückübertragene Vermögen in genannter Höhe sei am Stichtag bis auf einen Betrag in Höhe von 836,42 EUR verbraucht gewesen. Damit belaufe sich sein Vermögen unter Berücksichtigung der Konten bei der …, des Werts des Kraftfahrzeugs sowie vorhandenen Bargelds auf insgesamt 6.145,18 EUR, liege also unter dem Freibetrag in Höhe von 7.500,00 EUR.
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Mit Bescheid vom 22. Juli 2019, der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 24. Juli 2019, wies der Beklagte den Widerspruch kostenfrei zurück. Zur Begründung führte er sinngemäß im Wesentlichen aus, auf den Bedarf des Auszubildenden seien Einkommen und Vermögen anzurechnen. Als Vermögen würden auch Forderungen und sonstige Rechte gelten, insbesondere Ansprüche auf Zahlung eines Geldbetrags. Für die Bewertung des Vermögens sei dessen Wert im Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Es sei dem Kläger nicht gelungen darzulegen, dass die Zahlungen seines Vaters aus dem streitigen Betrag in Höhe von 20.710,80 EUR stammten. Zudem seien die Aussagen des Klägers hinsichtlich der Höhe des „Darlehens“ widersprüchlich. Zunächst sei nur von einer Darlehenssumme in Höhe von 20.710,80 EUR die Rede gewesen. Auf der Übersicht des Girokontos des Klägers sei dann die Rede davon, dass bis zur Antragstellung am 26. Juli 2018 „rein digital“ eine Rückzahlung in Höhe von 23.599,88 EUR erfolgt sei. Dies ergäbe eine Überzahlung in Höhe von 2.889,42 EUR, ohne dass hierfür ein Grund genannt worden sei. Auffällig sei zudem, dass der Kläger im vorherigen Bewilligungszeitraum von einem zurückübertragenen Betrag in Höhe von 17.422,64 EUR ausgegangen sei und nunmehr nur noch von einer Summe in Höhe von 17.001,80 EUR ausgehe. Den vorliegenden Übersichten sei nicht zu entnehmen, dass ein Verbrauch in Höhe von 17.001,80 EUR zwischen dem 23. Juli 2016 und dem 20. Juli 2017 stattgefunden habe. Der Kläger habe in dem Zeitraum 18. Oktober 2016 bis 18. Juli 2017 9.713,00 EUR von seinem Vater erhalten. Nach seiner Aufstellung beliefen sich die Zahlungen seines Vaters im Zeitraum 15. Juli 2015 bis 29. Juni 2017 auf 9.145,70 EUR. Hiervon entfielen 3.600,00 EUR auf Mietzuschüsse und weitere 6.113,00 EUR auf den Verwendungszweck „Übertrag bekannt“. „Mietzuschüsse“ könnten nicht berücksichtigt werden, da diese nicht von einer Schenkung des Vaters abgrenzbar seien. Zahlungen mit dem Verwendungszweck „Übertrag bekannt“ könnten ebenfalls nicht berücksichtigt werden, da nicht ersichtlich sei, weshalb diese vorgenommen worden seien.
19
Auf sein Kreditkartenkonto habe der Kläger 3.950,00 EUR eingezahlt. Abgehoben habe er von dem Konto 4.631,85 EUR. Die Differenz betrage daher 681,85 EUR. Auf dem Kreditkartenkonto habe er zum 8. Februar 2018 ein Guthaben in Höhe von 54,05 EUR gehabt. Dies könne nicht als regulärer Verbrauch gewertet werden, da nicht ersichtlich sei, woher die Summen stammten, die der Kläger eingezahlt habe. Auch sei nicht ersichtlich, wofür die Zahlungen verwendet worden seien. Für einen von dem Kläger geltend gemachten Verbrauch des angeblich zurückgezahlten Betrags in Höhe von 20.710,46 EUR sei nichts ersichtlich. Der Kläger habe somit trotz seiner Darlegungs- und Beweislast weder im Anhörungs- noch im Widerspruchsverfahren substantiiert vorgetragen und belegt, dass er den Betrag in Höhe von 20.710,46 EUR vor Antragstellung verbraucht habe. Dies gehe zulasten des Klägers. Seinem Reinvermögen sei daher zu Recht der Betrag in Höhe von insgesamt 20.710,46 EUR hinzugerechnet worden.
20
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 23. August 2019, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage erhoben.
21
Zur Begründung lässt er mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 24. Oktober 2019 sinngemäß im Wesentlichen vorbringen, es sei zwar korrekt, dass er über Eigenvermögen verfüge. Jedoch liege dieses unter dem Freibetrag in Höhe von 7.500,00 EUR. Auch unter Anrechnung des verbleibenden, vermeintlich rechtsmissbräuchlich übertragenen Vermögens werde der Freibetrag nicht überschritten, da sein Vater im Zeitraum Oktober 2015 bis Juli 2017 Rückzahlungen an ihn geleistet habe, welche bis auf die Beträge, die auf den Konten verblieben seien, vollständig verbraucht seien. Im Zeitpunkt der Antragstellung am 20. Juli 2017 habe er über Vermögen in Höhe von 2.441,10 EUR verfügt.
22
Zuletzt, nach Ablehnung des klägerischen Prozesskostenhilfeantrags mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung, lässt der Kläger sinngemäß im Kern vortragen, ohne Heilungsmöglichkeit der vermeintlich rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung durch Rückabwicklung käme dieser eine andauernde Sanktionswirkung zu. Die Rückabwicklung könne - wie hier - auch in Teilbeträgen erfolgen. Sämtliche Teilrückzahlungen ergäben sich aus der Aufstellung gemäß Schriftsatz vom 15. Oktober 2018 samt Kontoumsätze. Da sich sein Vater und er der Rücküberweisung in Teilbeträgen zum Zweck der Rückabwicklung bewusst gewesen seien, sei im Rahmen der Überweisungen nicht auf die Formulierung der Verwendungszwecke geachtet worden. Aufgrund vorheriger Absprache seien insbesondere die Formulierungen „ÜBERTRAG BEKANNT“, „SONDERZAHLUNG“ und „SEMESTERBEITRAG“ ganz eindeutig für die Rückführung gedacht gewesen., weshalb nicht auf eine entsprechend für Dritte leicht nachvollziehbare Formulierung des Verwendungswecks geachtet worden sei. Diese Unachtsamkeit sei allerdings irrelevant, da der Gedankengang über die Formulierung des Verwendungszwecks bei juristischen Laien in der Praxis selten erfolge. Zudem sei sein Vater aufgrund seiner vorangegangenen Ausbildung nicht mehr unterhaltsverpflichtet gewesen, so dass die Einordnung der Rückzahlungen als Unterhaltsleistungen aufgrund Unterhaltsverpflichtung bereits rechtlich ausscheide. Aufgrund zeitlicher Streckung der Rückübertragung sei es - wie dargelegt - zu einem Vermögensverbrauch des rückübertragenen Vermögens bis auf 6.145,18 EUR gekommen. Diese Summe liege unter dem Freibetrag in Höhe von 7.500,00 EUR.
23
Der Kläger beantragt wörtlich, zu erkennen:
1. Der Bescheid über Ausbildungsförderung des Studentenwerks … vom 13.04.2018 in Form des Widerspruchsbescheids des Studentenwerks … vom 22.07.2019 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verpflichtet, BAföG in Höhe von monatlich 735,00 EUR für den Zeitraum 10/2017 bis 09/2018 zu leisten.
24
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
25
Er verweist zur Begründung auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheids.
26
Die Parteien haben auf die mündliche Verhandlung verzichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

27
Gemäß § 101 Abs. 2 VwGO konnte das Gericht aufgrund des beiderseitigen Verzichts ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
28
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
29
1. Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 13. April 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger besitzt gegenüber dem Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Bewilligung von Ausbildungsförderung für den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum Oktober 2017 bis einschließlich September 2018. Genauso wenig ist ein Anspruch auf Neuverbescheidung ersichtlich. Vielmehr erweist sich die streitgegenständliche Vermögenszurechnung in Höhe von 20.710,46 EUR als rechtmäßig, da insoweit von einer rechtsmissbräuchlichen Vermögensverfügung auszugehen ist, die auch nachfolgend nicht durch Rückzahlung geheilt wurde. Damit beläuft sich der Wert des Vermögens des Klägers unter Berücksichtigung seiner übrigen Angaben im Zeitpunkt der Antragstellung auf insgesamt 23.110,46 EUR. Unter Abzug des Freibetrags in Höhe von 7.500,00 EUR gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG a.F. ist damit auf den ausbildungsrechtlichen Bedarf des Klägers Vermögen im Wert von 15.610,46 EUR anzurechnen. Dieses übersteigt deutlich den Bedarf des Klägers im Bewilligungszeitraum sogar nach dem zuletzt angehobenen Bedarf für Studierende nach § 13 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 BAföG n.F. in Höhe von insgesamt monatlich 752,00 EUR, also von 9.024,00 EUR im Bewilligungszeitraum (12 x 752,00 EUR).
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a) Dem Vermögen des Klägers sind aufgrund der streitgegenständlichen Überweisung vom 8. September 2015 zunächst (fiktiv) weitere 20.710,46 EUR hinzuzurechnen.
31
aa) Nach § 11 Abs. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Lebensunterhalt und die Ausbildung geleistet. Auf diesen Bedarf anzurechnen ist insbesondere das Vermögen des Auszubildenden (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BAföG). Entsprechend erhalten nur solche Auszubildende Ausbildungsförderung, deren Vermögen nach Maßgabe der Vorschriften über die Vermögensanrechnung nicht zu hoch ist (Winkler in Beckscher Online-Kommentar Sozialrecht, 60. Edition Stand 1.3.2021, § 26 BAföG Rn. 1). Von dem gemäß § 26 BAföG grundsätzlich anzurechnendem Vermögen des Auszubildenden bleibt nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG ein Freibetrag anrechnungsfrei. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung (§ 29 Abs. 1 Satz 2 BAföG) sah § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG a.F. einen Freibetrag in Höhe von 7.500,00 EUR vor.
32
Hinsichtlich des Vermögensumfangs ist weiter anerkannt, dass dem Auszubildenden fiktiv Vermögen zugerechnet wird, das er - ggf. auch zivilrechtlich wirksam - vor der Beantragung von Ausbildungsförderung unentgeltlich auf Dritte überträgt, sofern die Übertragung dem mit der Vermögensanrechnung verfolgten Gesetzeszweck widerspricht und daher als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist (Humborg in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Stand Mai 2009, § 27 Rn. 8.3). Der Gesetzeszweck der Vermögensanrechnung liegt darin, den in § 1 BAföG verankerten Nachrang der staatlichen Ausbildungsförderung durchzusetzen (BVerwG, U.v. 14.3.2013 - 5 C 10/12 - NVwZ-RR 2013, 689 Rn. 19). Ausbildungsförderung soll als sozialstaatliche Leistung auf solche Auszubildende konzentriert werden, die der Förderung insbesondere mangels eigenen Vermögens auch tatsächlich bedürfen. Diesem Gesetzeszweck widerspricht es, wenn Auszubildende Vermögen übertragen, um es der Vermögensanrechnung zu entziehen. Von einer solchen Zweckbestimmung ist grundsätzlich auszugehen, wenn Auszubildende Vermögen bzw. Teile hiervon auf Dritte übertragen, ohne eine werthaltige Gegenleistung zu erhalten. Ob der Umstand der Unentgeltlichkeit ausreichend ist, um ohne weiteres rechtsmissbräuchliches Handeln anzunehmen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. So kann etwa das Kriterium der Unentgeltlichkeit mit zunehmendem zeitlichen Abstand zur Antragstellung an Aussagekraft verlieren. Entsprechend ist es gerechtfertigt und im Einzelfall auch geboten, auch auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen Antragstellung und Vermögensübertragung abzustellen (vgl. so zum Ganzen BVerwG, U.v. 14.3.2013 - 5 C 10/12 - NVwZ-RR 2013, 689 Rn. 19). Die zeitliche Nähe der Vermögensübertragung zur Beantragung von Ausbildungsförderung spricht gewichtig für die Annahme von Rechtsmissbrauch (BVerwG a.a.O., dort: etwa eineinhalb Monate; OVG Münster, B.v. 10.6.2011 - 12 A 2098/10 - beck-online: 14 Tage). Dagegen ist subjektiv verwerfliches Handeln für die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung nicht notwendig (BayVGH, B.v. 30.1.2012 - 12 C 11.114 - beck-online Rn. 7).
33
Allerdings ist dem Auszubildenden Vermögen im Ergebnis dann nicht zuzurechnen, wenn es sich hierbei - zivilrechtlich wirksam - um ein ausgezahltes Darlehen handelt. Denn diesem Vermögen steht deckungsgleich ein Rückübertragungsanspruch als absetzbare Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG gegenüber (Humborg in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Stand Mai 2009, § 27 Rn. 8.3). Entsprechend liegt auch in der Erfüllung zivilrechtlich wirksamer Rückzahlungsverpflichtungen aus Darlehen keine rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung. Hinsichtlich der Voraussetzung der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Darlehensabrede trifft den Auszubildenden eine gesteigerte Mitwirkungspflicht (Hartmann in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Stand Mai 2014, § 28 Rn. 10.1). Er ist insoweit darlegungs- und beweisbelastet, wobei an den Nachweis strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. Hartmann a.a.O.). Für die Frage der Glaubhaftigkeit des Vorbringens ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Inhalt der jeweiligen Abrede und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses substantiiert dargelegt sind, ob ein plausibler Grund für den Abschluss des Rechtsgeschäfts genannt ist und ob von den dargelegten Vereinbarungen in der tatsächlichen Durchführung abgewichen wurde (Hartmann a.a.O. mit Verweis auf Humborg in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Stand Mai 2009, § 27 Rn. 8.2).
34
bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist hier von einer rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung auszugehen. Zunächst kann unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände nicht von einer zivilrechtlich wirksamen Darlehensabrede ausgegangen werden. So ist unstreitig geblieben, dass der Kläger und sein Vater jedenfalls keinen schriftlichen Darlehensvertrag geschlossen haben. Weiter hat der Kläger ausgeführt, sein Vater und er hätten sich mündlich geeinigt, dass sein Vater die Ausbildungskosten bis zu einem Höchstbetrag von 25.000,00 EUR trage, allerdings mit dem Vorbehalt der Rückzahlung, sobald ihm dies möglich sei. Hierbei bleibt offen, wann die Abrede getroffen worden sein soll. Auch spricht der Kläger lediglich von einem „Vorbehalt“, mag dies ggf. auch im Sinne einer Verpflichtung gemeint sein. Vor allem aber fehlt es an einem plausiblen Grund für eine etwaige Darlehensabrede. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, es entspreche allgemeinen Gepflogenheiten, dass Kinder, soweit sie ihre Ausbildung von den Eltern gezahlt erhielten, diese Leistungen - soweit sie dazu in der Lage seien - zurückzahlten, trifft dies jedenfalls für die Situation des Klägers bereits aus rechtlichen Gründen nicht zu. Denn grundsätzlich sind Eltern für die erste angemessene Ausbildung ihrer Kinder unterhaltspflichtig (vgl. ausführlich Wendtland in Beckscher Online-Großkommentar, Stand 1.5.2021, § 1610 Rn. 69 ff., 92 ff.). Entsprechend besteht regelmäßig ein Unterhaltsanspruch Auszubildender gegenüber den Eltern mit Blick auf Ausbildungskosten und Lebensunterhalt. Aus diesem Grund würde sich die Rückzahlung von Ausbildungskosten als Leistung ohne Rechtsgrund oder gar als Schenkung darstellen. Entsprechend kann nicht von einer sittlichen oder sonst üblichen Gepflogenheit ausgegangen werden, wonach Kinder ihnen zustehenden Unterhalt nach Abschluss ihre Ausbildung an die Eltern zurückzahlen. Außerdem steht die Überweisung hier in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erstantrag auf Ausbildungsförderung. So ist die Überweisung lediglich zwei Tage vor Eingang des Antrags auf Ausbildungsförderung erfolgt, also in ganz besonderer zeitlicher Nähe zur Antragstellung. Nach alledem kann hier auch angesichts der materiellen Beweis- bzw. Feststellungslast des Klägers für eine etwaige Darlehensabrede nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Zahlung des Klägers vom 8. September 2015 über 20.710,46 EUR um die Erfüllung eines Anspruchs seines Vaters aus Darlehen gehandelt hat. Vielmehr muss von einer Leistung ohne werthaltige Gegenleistung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Antragstellung ausgegangen werden, nach alledem also von einer rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung.
35
b) Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung nicht mehr auf den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum auswirkt. Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass die rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung rückabwickelt und damit geheilt worden wäre.
36
aa) Zwar spricht vieles dafür, im Fall der vollständigen, zeitnahen Rückabwicklung einer rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung von einer solchen Heilung auszugehen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Rechtsfigur der rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung eine fortdauernde Sanktionswirkung zukäme. Vielmehr bewirkt die Rechtsfigur allein, dass die ausbildungsrechtliche Vermögenszurechnung nicht durch zivilrechtlich wirksame Vermögensverfügungen entgegen dem Prinzip des Nachrangs von Ausbildungsförderung beeinträchtigt wird. Solche zivilrechtlich wirksamen Rechtsgeschäfte werden ausbildungsrechtlich nicht anerkannt, so dass dem Auszubildenden das fragliche Vermögen weiterhin (fiktiv) zuzurechnen ist. Dieser Zweck der Rechtsfigur entfiele aber mit der vollständigen Rückabwicklung, da vollständig rückübertragenes Vermögen dem Auszubildenden (wieder) zivilrechtlich zuzuordnen wäre. Eine solche Heilung rechtsmissbräuchlicher Vermögensübertragungen würde aber zumindest - gleichsam eines actus contrarius - deren vollständige Rückabwicklung voraussetzen. Da eine etwaige Heilung für Auszubildende rechtlich vorteilhaft ist, tragen diese für die zugrundeliegenden tatsächlichen Umstände nach allgemeinen Grundsätzen die materielle Beweis- bzw. Feststellungslast (vgl. Hüttenbrink in Kuhla/Hüttenbrink, Verwaltungsprozess, 3. Aufl. 2002, Rn. 230).
37
bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann hier nicht von einer Heilung der rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung ausgegangen werden. Denn eine (vollständige) Rückabwicklung ist weder hinreichend ersichtlich noch belegt, zumal den Kläger insoweit die materielle Feststellungs- bzw. Beweislast trifft.
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(1) Zu einer Rückabwicklung der rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung im Sinne eines actus contrarius ist es hier nicht gekommen. Denn die spiegelbildliche Rückabwicklung der Überweisung vom 8. September 2015 in Höhe von 20.710,46 EUR läge in einer Rücküberweisung in gleicher Höhe, also einer Einmalzahlung. Hierzu ist es unstreitig nicht gekommen.
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(2) Auch eine Rückabwicklung in Teilbeträgen ist hier weder hinreichend ersichtlich noch belegt. Entsprechend kann hier auch offen bleiben, ob eine solche Rückabwicklung rechtlich überhaupt zu einer Heilung führen könnte.
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(a) Soweit der Kläger mit Blick auf Überweisungen seines Vaters an ihn von Rückzahlungen spricht, bestehen an der Tragfähigkeit dieses Vortrags erhebliche Zweifeln. Denn der Kläger hat noch mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 26. September 2017 (Bl. 60 der Behördenakte) - also zeitlich nach geltend gemachten Rückzahlungen, mithin auch zeitlich nach der geltend gemachten Rückzahlungsabrede - sinngemäß ausführen lassen, der Darlehensbetrag über 20.710,46 EUR sei ihm nicht zurückerstattet worden. Er habe aber von seinem Vater eine monatliche Unterstützung zum Lebensunterhalt erhalten, um die laufenden Lebenshaltungskosten decken zu können. Dem ist lebensnah zu entnehmen, dass es sich bei den Zahlungen nicht um die Rückabwicklung der rechtsmissbräuchlichen Vermögensverfügung handeln sollte, sondern um - ggf. freiwillige - Unterhaltsleistungen. Diese verfolgen im Unterschied zur bloßen Rückabwicklung den Zweck, den Unterhalt des Zahlungsempfängers zu sichern und können deswegen nicht als Rückabwicklung einer vorangegangenen Zahlung verstanden werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Vater des Klägers aufgrund der vorherigen Ausbildung des Klägers für die streitgegenständliche Ausbildung womöglich nicht mehr unterhaltspflichtig war. Denn Unterhalt kann auch ohne rechtliche Verpflichtung, also freiwillig geleistet werden.
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(b) Darüber hinaus fehlt es aber überhaupt an einem substantiierten Vortrag des Klägers, dass sein Vater und er vereinbart hätten, die fragliche Überweisung vom 8. September 2015 rückabzuwickeln. Unklar ist, wann, warum und mit welchem Inhalt eine solche Abrede ggf. getroffen worden ist, insbesondere ggf. wann Teilzahlungen in welcher Höhe fällig werden sollten.
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(c) Auch den klägerseits vorgelegten Unterlagen ist nicht hinreichend zu entnehmen, dass die geltend gemachten Zahlungen überhaupt in einem Zusammenhang mit der Überweisung vom 8. September 2015 stehen. So finden sich als Verwendungszweck etwa die Formulierungen „Mietzuschuss WG - … + …“, „ÜBERWEISUNG FÜR NEBENKOSTEN“, „ÜBERTRAG BEKANNT“, „SEMESTERBEITRAG […]“, „GELD FÜR DEINE …“, „SEMESTERGEBÜHR […]“ oder „SONDERZAHLUNG“. Hätten der Kläger und sein Vater dagegen die Rückabwicklung der fraglichen Überweisung vereinbart, wäre zu erwarten gewesen, dass sich diese Vereinbarung auch in der Formulierung des Verwendungszwecks niedergeschlagen hätte. Zu denken wäre beispielsweise an Formulierungen wie „Rückzahlung Leistung 2015“, „Rückerstattung“ o.Ä. Stattdessen findet sich eine Formulierung dieser Art allein betreffend eine Überweisung vom 11. April 2016 in Höhe von 1.000,00 EUR mit dem Verwendungszweck „Rückzahlung wie besprochen“. Aber auch insoweit ist unklar, auf welche Absprache mit welchem Inhalt sich die Überweisung bezieht. Darüber hinaus sprechen der Betrag sowie der Umstand, dass sich lediglich eine einzige Formulierung dieser Art findet, tendenziell dafür, dass es sich auch bei der fraglichen Überweisung nicht um eine Rückübertragung der rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung handelt. Denn sonst wären angesichts des vergleichsweise geringen Überweisungsbetrags weitere Überweisungen mit ähnlichem Betreff zu erwarten. Soweit der Kläger sinngemäß hat vorgetragen lassen, man habe auf die Formulierung der Verwendungszwecke nicht geachtet, da man sich der Rückübertragung in Teilbeträgen bewusst gewesen sei, überzeugt dies nicht. Denn wäre man sich tatsächlich der Rückübertragung bewusst gewesen, hätte es - auch für juristische Laien - nahegelegen, in diesem Bewusstsein einen entsprechenden Verwendungszweck zu wählen. Dagegen bedarf die Formulierung anderweitiger Verwendungszwecke eines gedanklichen Mehraufwands samt entsprechender Motivation. Es ist aber kein Grund ersichtlich, warum es zu einem solchen Mehraufwand gekommen sein sollte, sofern sich der Zweck der Überweisungen schlicht in der Rückübertragung von Vermögen erschöpft hätte. Dies gilt umso mehr, als den Beteiligten im Fall einer Rückabwicklungsabrede naheliegender Weise bewusst gewesen wäre, dass eine Dokumentation dieser Abrede nach außen, etwa mit Hilfe der Formulierung entsprechender Verwendungszwecke, für künftige Anträge auf Ausbildungsförderung besonders vorteilhaft gewesen wäre.
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(d) Die Zahlungen des Vaters des Klägers an diesen deuten auch sonst nicht spezifisch auf eine Rückabwicklung der rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung hin. Denn soweit die Überweisungen ausweislich ihres Verwendungszwecks die Zahlung von Miete bzw. Mietnebenkosten betreffen, sind diese gut vereinbar mit (ggf. auch freiwilligen) Unterhaltsleistungen. Dasselbe gilt für den Überweisungsbetrag in Höhe von 2.200,00 EUR mit dem Verwendungszweck „GELD FÜR DEINE …“. Auch die Überweisungen jeweils über 1.000,00 EUR und mit dem Verwendungszweck „ÜBERTRAG BEKANNT“ in mindestens monatlichen Abständen sind gut mit der Annahme von Unterhaltsleistungen vereinbar.
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(e) Gegen die Annahme einer Rückabwicklung der rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung spricht zudem eine bei den Akten befindliche Übersicht, datiert auf den 18. Juli 2016, mit der Überschrift „Aufgelaufene Auslagen für meinen Sohn … …, geb. …“ - „Im Zeitraum von 10/2015 bis 07/2016“, die augenscheinlich von dem Vater des Klägers unterzeichnet ist (Bl. 60 der Behördenakte). Die Aufstellung samt abschließende Bemerkung lautet wie folgt:
„Miete und Krankenkasse monatliche Überweisung 381,90
10 x 381,90 3819,00
Semestergebühr Winter 2015/2016 107,00
Semestergebühr Sommer 2016 112,00
Sonderzahlung 12/2015 2200,00
Sonderzahlung 03/2016 1000,00
Sonderzahlung 04/2016 1000,00
Sonderzahlung in bar 10/2015 1000,00
Summa 9238,00.
Diese Zahlungen stellen Auslagen dar, die ich nach Beendigung des Studiums zurückfordern werde.“
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Diese Aufstellung samt Überschrift und abschließender Bemerkung ist nicht mit der Annahme einer Rückabwicklung der rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung vereinbar. Sofern es sich bei den Beträgen der wiedergegebenen Aufstellung um Rückzahlungen handeln würde, wäre nicht zu erklären, warum der Vater des Klägers diese als „[a]ufgelaufene Auslagen“ bezeichnet hat, die er nach dem Studium des Klägers zurückfordern werde. Die Aufstellung bezieht sich auf die Zeit nach der rechtsmissbräuchlichen Vermögensverfügung vom 8. September 2015, nämlich ab „10/2015“. Darin sind Zahlungen enthalten, die der Kläger jedenfalls teilweise im Widerspruchsverfahren als Rückzahlungen seines Vaters geltend gemacht hat (vgl. Bl. 174 der Behördenakte). Dagegen versteht der Vater des Klägers die fraglichen Beträge ausweislich der Aufstellung als zinsloses Darlehen. Entsprechend geht der Vater des Klägers davon aus, seine Leistungen würden letztlich Verbindlichkeiten des Klägers auslösen, und gerade nicht umgekehrt, seine Leistungen würden eine Schuld seinerseits aus einer etwaigen Rückabwicklungsabrede tilgen.
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c) Auch die Annahme eines Vermögensverbrauchs mit Blick auf die streitgegenständliche Überweisung vom 8. September 2015 in Höhe von 20.710,46 EUR scheidet aus.
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aa) Ein tatsächlicher Vermögenverbrauch kann schon deswegen nicht angenommen werden, weil - wie ausgeführt - nicht davon auszugehen ist, dass eine entsprechende Rückabwicklung tatsächlich erfolgt ist. Da der Kläger demnach den am 8. September 2015 überwiesenen Betrag in Höhe von 20.710,46 EUR auch nicht in Teilbeträgen zurückerhalten hat, konnte er diesen auch nicht tatsächlich verbrauchen.
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bb) Auch der Ansatz eines fiktiven Vermögensverbrauchs aus Rechtsgründen scheidet aus. Denn anerkannt ist, dass lediglich bei rückwirkenden Vermögensberechnungen, etwa im Rahmen von Rückforderungen rechtswidrig geleisteter Ausbildungsförderung, ein solcher fiktiver Vermögensverbrauch zu berücksichtigen ist (vgl. Winkler in Beckscher Online-Kommentar Sozialrecht, 60. Edition Stand 1.3.2021, § 28 BAföG Rn. 18a m.w.N,). Dagegen ist rechtsmissbräuchlich übertragenes Vermögen dem Auszubildenden in jedem Bewilligungszeitraum neu zuzurechnen (vgl. BVerwG, U.v. 13.1.1983 - 5 C 103/80 - NJW 1983, 2829; so auch, die Entscheidung zitierend Hartmann in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Stand Mai 2014, § 30 Rn. 4 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Danach wird rechtsmissbräuchlich übertragendes Vermögen zwar dauerhaft für Zukunft angerechnet, was allerdings weder systemwidrig noch unbillig erscheint. Denn zum ist Auszubildenden das fragliche Vermögen mangels tatsächlichen Verbrauchs - regelmäßig werden Auszubildende über weggegebenes Vermögen tatsächlich nicht verfügen können - weiterhin (ausbildungsrechtlich) zuzuordnen. Zum anderen besitzen Auszubildende im Fall rechtsgrundloser Vermögensübertragung regelmäßig Rückübertragungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 ff. BGB. Soweit dies teilweise - etwas mit Blick auf § 817 Satz 2 BGB oder im Fall des Rechtsgrunds der vollzogenen Schenkung - nicht der Fall ist, erscheinen Auszubildende im Übrigen wenig schutzwürdig.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.