Titel:
Untersagung der Verwendung des EU-Biosiegels – Herbaria Blutquick
Normenketten:
VwGO § 125 Abs. 2 S. 1
Öko-VO Art. 19 Abs. 2 lit. b, Art. 23, Art. 25, Art. 33 Abs. 2
Leitsätze:
1. Wird ein Rechtsmittel im Tenor einer erstinstanzlichen Entscheidung uneingeschränkt zugelassen, kann sich gleichwohl eine beschränkte Zulassung aus den Entscheidungsgründen ergeben; diese Beschränkung setzt voraus, dass das Gericht die Möglichkeit einer Nachprüfung in einem Rechtsmittelverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
2. Außerhalb des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ist das Berufungsgericht nicht befugt über die Zulassung der Berufung zu befinden. Die Umdeutung der Berufung eines Beteiligten in eine Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
3. Durch die Anerkennung in den Vereinigten Staaten als "organic" verkehrsfähiger Produkte als gleichwertig sind diese in der Europäischen Union als Bioprodukte grundsätzlich verkehrsfähig. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass gleichwertige US-Produkte auch mit dem Gemeinschaftslogo versehen in den Verkehr gebracht werden dürfen. (Rn. 62 – 63) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschränkte Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht, Fruchtsaftmischung unter Zugabe von nichtbiologischen Vitaminen und Eisengluconat, Untersagung der Verwendung des EU-Biosiegels, Gleichbehandlungsgrundsatz im Hinblick auf das deutsch-amerikanische Äquivalenzabkommen zur Anerkennung gegenseitiger Biostandards, VO (EG) Nr. 834/200, beschränkte Zulassung der Berufung, Fruchtsaftmischung unter Zugabe von nichtbiologischen Vitaminen und Eisenglucona
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 17.02.2016 – 18 K 14.5345
Rechtsmittelinstanzen:
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 30.12.2021 – 3 B 25.21
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 09.12.2022 – 3 C 13.21
Generalanwalt Luxemburg, Schlussantrag (EuGH) vom 18.06.2024 – C-240/23
EuGH Luxemburg, Urteil vom 04.10.2024 – C-240/23
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstelle:
BeckRS 2021, 22448
Tenor
I. Die Berufung wird, soweit sie zulässig ist, zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung verworfen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung zulässig ist.
Tatbestand
1
Am 18. Januar 2012 erließ die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) gegenüber der Klägerin einen Bescheid. In dessen Ziff. 1 ordnete sie gemäß Art. 30 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) 2092/91 (ABl. EG Nr. L 189 S. 1 - EG-Öko-VO) an, dass die Klägerin bis zum 1. Februar 2012 den nach Art. 23 EG-Öko-VO geschützten Hinweis auf den ökologischen Landbau in der Etikettierung, Kennzeichnung, Werbung und Vermarktung bei dem Erzeugnis "Herbaria Blutquick" zu entfernen habe. In Ziff. 2 ordnete sie an, dass die Klägerin nach Art. 63 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission vom 5. September 2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen hinsichtlich der ökologischen/biologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle (ABl. EG Nr. L 250 S. 1 - DVO-Öko) bis zum 1. Februar 2012 die Käufer des Erzeugnisses "Herbaria Blutquick" schriftlich zu informieren habe, um sicher zu stellen, dass der nach Art. 23 EG-Öko-VO geschützte Hinweis auf den ökologischen Landbau von dem Erzeugnis entfernt werde. Nach Ziff. 3 des Bescheids habe die Klägerin der LfL bis zum 8. Februar 2012 über die nach Art. 63 Abs. 2 Buchst. c DVO-Öko vorgeschriebene Mitteilung an die Verkäufer in geeigneter Form einen Nachweis vorzulegen. In Ziff. 4 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung der Ziff. 1 bis 3 angeordnet, in Ziff. 5 wurden für den Fall der Zuwiderhandlung im Einzelnen genau bezeichnete Zwangsgelder angedroht und in Ziff. 6 wurden der Klägerin die Kosten des Verfahrens auferlegt, sowie Gebühren in Höhe von 150 Euro und Auslagen in Höhe von 3,45 Euro festgesetzt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass das Produkt "Herbaria Blutquick" gegen Art. 23 Abs. 4 Buchst. a, lit. i Öko-VO i.V.m. Art. 19 Abs. 2 Buchst. b EG-Öko-VO, Art. 27 Abs. 1 Buchst. f DVO-Öko verstoße. Daher sei die Anordnung nach Ziff. 1 nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen gewesen. Nach den Grundsätzen der EG-Öko-VO dürften verarbeitete Produkte, die die Bezeichnung "biologisch/ökologisch" führten, nur aus Zutaten bestehen, die biologisch/ökologisch erzeugt worden seien. Ausnahmen seien nur zulässig, wenn diese speziell geregelt seien. Nach Art. 27 Abs. 1 Buchst. f DVO-Öko könnten Mineralstoffe einschließlich Spurenelementen, Vitaminen, Aminosäuren und Mineralstoffe bei der Verarbeitung von ökologischen Erzeugnissen eingesetzt werden, soweit ihre Verwendung in den Lebensmitteln, denen sie zugefügt würden, gesetzlich vorgeschrieben sei. Das Produkt "Herbaria Blutquick" sei kein Erzeugnis im Sinne der Diätverordnung, da es nicht den Vorschriften des § 21 und des § 21a sowie den §§ 22, 22a, 22b, 23 und 24 DiätV entspreche. Ein Zusatz von Vitaminen und Eisengluconat im Erzeugnis "Blutquick" sei weder in der Diätverordnung noch anderswo gesetzlich vorgeschrieben. Aus der sogenannten "Health-Claims"-Verordnung (VO(EG) 1924/2006) sei nur zu entnehmen, dass die gesundheitlichen Behauptungen "Nährwert und gesundheitsbezogene Angaben" detaillierten Anforderungen unterlägen. Das bedeute aber nicht, dass grundsätzlich der Einsatz von Vitaminen und Mineralstoffen in der Herstellung von Lebensmitteln, soweit sie nicht der DiätV unterlägen, gesetzlich vorgeschrieben sei. Auch wenn das Produkt "Herbaria Blutquick" gemäß der "Health Claims-Verordnung" zulässig wäre, könne das Produkt nicht mit dem nach Art. 23 EG-Öko-VO geschützten Hinweis auf den ökologischen Landbau gekennzeichnet, etikettiert, beworben und vermarktet werden, da die VO (EG) Nr. 1924/2006 nicht zwingend vorschreibe, Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel zu vitaminisieren und mit Eisengluconat anzureichern. Die Anordnungen unter den Ziff. 1, 2 und 3 erfolgten unter pflichtgemäßer Ermessensausübung, insbesondere seien sie erforderlich, angemessen und verhältnismäßig.
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Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin fristgerecht Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München. In der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 20. Juni 2012, bei der neben dem Klageverfahren auch das einstweilige Rechtschutzverfahren gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides (Ziff. 4) verhandelt wurde (Az. des Verwaltungsgerichts M 18 S 12.427) erklärten die Vertreter des Beklagten, dass die im Bescheid gesetzten Fristen bis zum 1. März 2013 verlängert wurden, sodann erklärten sie, dass sie den Sofortvollzug der Ziff. 2 und 3 des Bescheides aufhöben. Daraufhin erklärten die Beteiligten übereinstimmend das einstweilige Rechtschutzverfahren für erledigt, das Gericht stellte das Verfahren ein. Im Klageverfahren stellte der Bevollmächtigte der Klägerin den Antrag:
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1. Der Bescheid vom 18. Januar 2012 wird aufgehoben.
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2. Es wird festgestellt, dass das Produkt "Blutquick"
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a) In der Ausstattung gemäß dem Schriftsatz vom 19. Juni 2012 als Nahrungsergänzungsmittel;
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b) In der Ausstattung gemäß Anlage K 14 als diätetisches Lebensmittel;
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c) Mit dem Health-Claim "Eisen trägt zur normalen Bildung von Roten Blutkörperchen bei",
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Der Beklagte beantragte Klageabweisung.
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Mit Beschluss vom 20. Juni 2012 wurde das Verfahren vertagt.
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Mit Ergänzungsbescheid vom 29. Juni 2012 verlängerte das LfL die in den Ziff. 1, 2, und 3 genannten Fristen bis zum 1. März 2013. Mit Schriftsatz vom 21. November 2012 trug der Bevollmächtigte der Klägerin vor, dass die USA und die Europäische Union am 15. Februar 2012 einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hätten, der bewirke, dass dann, wenn die verfahrensgegenständlichen Produkte in den USA nach dem dortigen nationalen Recht als Bio-Produkte hergestellt würden, sie nach dem Export in die Europäische Union in dieser als Bio-Produkte mit dem EU-Bio-Logo gekennzeichnet verkehrsfähig seien. Dies ergebe sich aus der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 126/2012, durch deren Anhang II in den Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 die USA in die Liste der zum Import von Bioprodukten in den Binnenmarkt zugelassenen Drittstaaten aufgenommen wurde. Die nach dem nationalen Recht der USA als "organic" hergestellten Produkte würden als "gleichwertig" anerkannt, so dass diese Produkte, die in den USA als Bioprodukte vertrieben werden dürften, auch in der Europäischen Union als solche verkehrsfähig seien. Das streitgegenständliche Produkt könnte in den USA hergestellt werden und wäre dort als "organic" verkehrsfähig. Das EU-Recht sei daher dahingehend auszulegen, dass Hersteller, die ihre Produkte in der Europäischen Union fertigten und nicht im Unterauftrag in den USA herstellen ließen, nicht diskriminiert würden. Es wäre erstaunlich, wenn es richtig wäre, dass diese Möglichkeit nur den Unternehmen eröffnet wäre, die Produkte in den USA herstellten und dann in die Europäische Union liefern ließen. Eine solche Diskriminierung wäre mit dem Gleichheitssatz und damit auch mit der Grundrechtscharta der Union unvereinbar.
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Mit Beschluss vom 27. Februar 2013 setzte das Verwaltungsgericht das Verfahren aus und legte dem Europäischen Gerichtshof gemäß § 267 AEUV mehrere Fragen zur Auslegung von Art. 27 Abs. 1 lit. f der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission vom 5. September 2008 (DVO-Öko) zur Auslegung vor.
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Mit Urteil vom 5. November 2014 (Rechtssache C-137/13) entschied der Europäische Gerichtshof über das Vorabentscheidungsersuchen wie folgt:
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"Art. 27 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission vom 5. September 2008 (…) ist dahin auszulegen, dass die Verwendung eines in dieser Bestimmung genannten Stoffes nur dann gesetzlich vorgeschrieben ist, wenn eine Vorschrift des Unionsrechts oder eine mit ihm in Einklang stehende Vorschrift des nationalen Rechts unmittelbar vorschreibt, dass dieser Stoff einem Nahrungsmittel hinzuzufügen ist, damit es überhaupt in Verkehr gebracht werden kann."
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Die Verwendung eines solchen Stoffes ist nicht im Sinne der genannten Bestimmung gesetzlich vorgeschrieben, wenn ein Lebensmittel als Nahrungsergänzungsmittel mit einer nährwert- oder gesundheitsbezogenen Angabe oder als Lebensmittel für eine besondere Ernährung in Verkehr gebracht wird, auch wenn dies bedeutet, dass das Lebensmittel um die
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- In der RL 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1137/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 geänderten Fassung,
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- In den Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel und (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012 zur Festlegung einer Liste zulässiger anderer gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern sowie
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- In der RL 2009/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, und der Verordnung (EG) Nr. 953/2009 der Kommission vom 13. Oktober 2009 über Stoffe, die Lebensmittel für eine besondere Ernährung zu besonderen Ernährungszwecken zugefügt werden dürfen,
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enthaltenen Bestimmungen über die Zugabe von Stoffen zu Lebensmitteln zu erfüllen, eine bestimmte Menge des fraglichen Stoffes enthalten muss."
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 17. Februar 2016 stellte der Bevollmächtigte der Klägerin neben den bereits in mündlicher Verhandlung vom 20. Juni 2012 gestellten Anträgen auch den Hilfsantrag:
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Festzustellen, dass das Produkt "Blutquick" als Nahrungsergänzungsmittel in der Europäischen Union als Bioprodukt, insbesondere ausgestattet mit dem EU-Bio-Logo, dann verkehrsfähig ist, wenn es in den USA unter Beachtung der Vorschriften des US-Bio-Rechts hergestellt wurde.
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Mit Urteil vom 17. Februar 2016 hat das Verwaltungsgericht München die Klage abgewiesen. In der Begründung führt das Verwaltungsgericht aus, dass die Klage bezüglich der Anträge auf Feststellung der Verkehrsfähigkeit des Produkts unzulässig sei. Die Zulässigkeit dieser Anträge scheitere am Vorliegen eines streitigen Rechtsverhältnisses im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO bzw. an der Subsidiarität der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 2 VwGO gegenüber der erhobenen Anfechtungsklage. Voraussetzung für ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis sei ein aus dem Rechtsverhältnis resultierender Meinungsstreit zwischen den Parteien, aus dem heraus sich eine Seite berühme, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (BVerwG, U.v. 16.4.2015 - 4 CN 2/14). Hinsichtlich der Verwendung des "Health-Claims" und des Inverkehrbringens des Produkts als diätetisches Lebensmittel habe der Beklagte mit dem Bescheid keinerlei Regelung getroffen. Im Zeitpunkt des Bescheidserlasses sei das Produkt nur als Nahrungsergänzungsmittel in Verkehr gebracht und dem Beklagten daher auch nur als solches bekannt gewesen. Die Anzeige als diätetisches Produkt gemäß § 4a DiätV sei erst nach Klageerhebung am 8. Februar 2012 erfolgt. Das von der Klägerin erhobene Feststellungsbegehren, ob "Blutquick" als diätetisches Lebensmittel, mit dem "Health-Claim" verkehrsfähig sei, gehe über die im Bescheid getroffene Anordnung hinaus. Die Klägerin begehre damit die Überprüfung und Klärung von Fragen, die der Bescheid nicht regele und über die Folge dessen auch kein Meinungsstreit mit dem Beklagten bestehen könne. Soweit die Klägerin unter Ziff. 2 a die Feststellung der Verkehrsfähigkeit von "Blutquick" mit dem geschützten Logo als Nahrungsergänzungsmittel begehre sei die Klage wegen Subsidiarität gegenüber der erhobenen Anfechtungsklage unzulässig.
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Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 18. Januar 2012 sei zulässig, aber unbegründet. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, weil es sich bei dem Bescheid um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handele. Die Anordnung des Beklagten, den geschützten Hinweis auf die ökologisch/biologische Produktion in der Etikettierung, Kennzeichnung, Werbung und Vermarktung des Erzeugnisses "Blutquick" zu entfernen sei rechtmäßig, da die Verwendung des EU-Biosiegels gegen Art. 23 EU-Öko-VO verstoße. Die Kommission habe auf der Grundlage des Art. 23 Abs. 1 EU-Öko-VO in Art. 27 Abs. 1 und im Anhang VIII der DVO-Öko das beschränkte Verzeichnis von Stoffen erstellt, die bei der Verarbeitung als ökologisch/biologisch vermarkteter Lebensmittel verwendet werden dürften. Nach Art. 27 Abs. 1 lit. f DVO-Öko dürften Mineralstoffe und Vitamine nur verwendet werden, soweit ihre Verwendung in den Lebensmitteln, denen sie zugefügt werden, gesetzlich vorgeschrieben sei. Der Europäische Gerichtshof habe in der Vorabentscheidung vom 5. November 2014 zur Auslegung dieser Regelung entschieden, dass die Verwendung eines Stoffes nur dann gesetzlich vorgeschrieben im Sinne dieser Vorschrift sei, wenn eine Vorschrift des Unionsrechts oder eine mit ihm in Einklang stehende Vorschrift des Nationalen Rechts unmittelbar vorschreibe, dass dieser Stoff einem Nahrungsmittel hinzuzufügen sei, damit es überhaupt in Verkehr gebracht werden könne. Dies sei bei dem streitgegenständlichen Produkt nicht der Fall. Da die Zugabe von nicht biologischen Vitaminen und Eisengluconat bei "Blutquick" nicht ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben sei, sondern freiwillig erfolge, verstoße die Verwendung des EU-Biosiegels durch die Klägerin gegen die Kennzeichnungsvorschrift des Art. 23 EU-Öko-VO. Die bisher erfolgte Kennzeichnung werde auch nicht dadurch rechtmäßig, dass ein dem streitgegenständlichen entsprechendes Produkt, das aus den Vereinigten Staaten importiert werde und nach den dortigen Vorschriften als "organic" zertifiziert sei, auch in der Europäischen Union als biologisch vermarktet werden dürfe. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liege nicht vor. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch eine ungerechtfertigte unterschiedliche Behandlung setze voraus, dass die betreffenden Sachverhalte im Hinblick auf alle Merkmale, die sie kennzeichneten, gleich seien (vgl. EuGH, U.v. 16.12.2008 - C-127/07). Bei Bioprodukten, die in einem Mitgliedstaat hergestellt, letztverarbeitet oder verpackt wurden und einem entsprechenden Produkt aus einem Drittland wie hier den USA sei nach Auffassung des Gerichts von unterschiedlichen Sachverhalten auszugehen, die dem entsprechend unterschiedlich zu behandeln und zu beurteilen seien, auch wenn die Produkte auf demselben Markt in Verkehr gebracht würden. Titel VI der EU-Öko-VO befasse sich mit dem Handel mit Drittländern, wobei zwischen der Einfuhr konformer Erzeugnisse in Art. 32 und solcher mit gleichwertigen Garantien in Art. 33 unterschieden werde. Schon die Bezeichnung als gleichwertig mache deutlich, dass es sich nicht um identische, in allen Merkmalen übereinstimmende Produkte handele. Aber auch wenn man hier von gleichen Sachverhalten ausginge, wäre eine Diskriminierung der Klägerin durch die unterschiedliche Behandlung zu verneinen, da diese sachlich gerechtfertigt sei, weil sie auf objektiven und angemessenen Kriterien beruhe und im angemessenen Verhältnis zu dem damit verfolgten Ziel stehe (unter Verweis auf EUGH, U.v. 17.10.2013 - C-101/12). Zudem sei die unterschiedliche Intensität der Ungleichbehandlung zu berücksichtigen, je nachdem, ob es um eine Differenzierung wegen persönlicher Merkmale gehe oder um eine sachbezogene wie hier. Zwischenstaatliche Vereinbarungen zur gegenseitigen Anerkennung seien eine Regelungstechnik, die vor allem im Bereich des internationalen Wirtschaftsrechts zum Abbau von Schranken und zur Liberalisierung des Handels eingesetzt würden. Dem Unionsgesetzgeber, der das hier maßgebliche Abkommen geschlossen habe, werde vom Europäischen Gerichtshof bei der Ausübung seiner Befugnisse ein weiter Spielraum in den Bereichen zugebilligt, in den er politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen treffen und komplexe Beurteilungen vornehmen müsse (u.V.a. EUGH, U.v. 17.10.2013, a.a.O.; U.v. 10.9.2015 - C-687/13). Dies gelte insbesondere auch im Bereich der Agrarpolitik (vgl. EuGH, U.v. 5.10.1994 - C-280/93). Der Abschluss von zwischenstaatlichen Vereinbarungen zur Erreichung einer liberalisierten Wirtschafts- und Agrarpolitik sei ein sachlicher Grund für eine durch solche Vereinbarung bedingte mögliche Ungleichbehandlung von Drittländern und Mitgliedstaaten im Detail, bedingt durch abweichende Regularien der Vertragsparteien. Sie sei auch verhältnismäßig. Ein Ermessen habe dem Beklagten bezüglich der Anordnung zur Entfernung des geschützten Hinweises nicht zugestanden, da die Behörde bei der Feststellung von Unregelmäßigkeiten oder Verstößen in Bezug auf die Einhaltung der Vorschriften der EU-Öko-VO zum Einschreiten verpflichtet sei und dafür zu sorgen habe, dass die geschützten Hinweise auf die ökologische/biologische Produktion in der Kennzeichnung und Werbung entfernt werden, bei schwerwiegenden Verstößen sogar die Untersagung der Vermarktung des Erzeugnisses vorgesehen sei. Die Anordnung stehe auch in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Vorschrift, gegen die verstoßen worden sei und zu der Art und den besonderen Umständen der Unregelmäßigkeit. Die auf Art. 63 Abs. 2c DVO-Öko beruhende Anordnung zur schriftlichen Information der Käufer des Produkts und die Anordnung, die Landesanstalt für Landwirtschaft entsprechend zu informieren, um den Vollzug der Anordnung überprüfen zu können, sei eine notwendige Folge der in Ziff. 1 des Bescheids angeordneten Maßnahmen zu deren Durchsetzung und Überwachung. Einwendungen gegen die Zwangsgeldandrohung seien nicht vorgebracht und auch nicht ersichtlich.
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Der Hilfsantrag auf Feststellung der Verkehrsfähigkeit des Produkts mit dem EU-Biosiegel in der Gemeinschaft für den Fall, dass es in den USA unter Beachtung des dortigen Biorechts hergestellt worden sei, sei unzulässig. Es handele sich um eine Feststellungsklage, die sich auf ein mögliches künftiges Rechtsverhältnis zwischen den Parteien beziehe. Eine solche vorbeugende Feststellungsklage sei nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Zwar könne grundsätzlich eine vorbeugende Feststellungsklage vor dem Hintergrund, Dispositionssicherheit zu erlangen, zulässig sein, es müsse jedoch ein hinreichend bestimmbarer und überschaubarer Sachverhalt gegeben sein. Daran fehle es, da weder ersichtlich sei, dass die Klägerin tatsächlich plane, eine Produktionsstätte in den Vereinigten Staaten zu eröffnen, noch sei absehbar bzw. geplant, in welcher Form. Damit begehre die Klägerin gerichtliche Rechtsauskunft, ob für den völlig ungewissen Fall, dass das Produkt in den USA unter Beachtung der Vorschriften des US-Bio-Rechts hergestellt und zertifiziert werden würde es in der Europäischen Union mit Kennzeichnung mit dem EU-Biosiegel verkehrsfähig wäre. Das Verwaltungsgericht ließ in Ziffer IV. seines Urteils die Berufung zu, führte in den Gründen aus, dass die Berufung gem. § 124 a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen gewesen sei im Hinblick auf die Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung der vom Europäischen Gerichtshof nicht einbezogenen Problematik des Äquivalenzabkommens mit den Vereinigten Staaten und die sich daraus ergebenden Fragen der Gleichbehandlung von Mitgliedsstaaten der EU mit den Vereinigten Staaten.
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Gegen dieses Urteil erhob die Klägerin Berufung. In der Begründung führt sie aus, dass sie drei Verfahrensziele verfolge. Das erste Verfahrensziel sei, das Produkt als Bio-Produkt zu erhalten. Es sei als solches konzipiert worden, weil es dem Wunsch der angesprochen Verbraucherinnen entspreche, Lebensmittel zu verzehren, deren pflanzliche Zutaten aus ökologischem Landbau stammten. Mit der Anbietung als Bio-Produkt sei dafür ein eigener, besonderer Absatzmarkt in Bioläden und dem Naturkostfachhandel erarbeitet worden. Auf diesem Absatzmarkt könne die Klägerin nicht verzichten, denn nur dort könne sie sich von Konkurrenzprodukten, wie sie im allgemeinen Drogeriehandel und ähnlichen Absatzkanälen von großen Industrieakteuren angeboten würden, als mittelständisches Unternehmen absetzen. Wenn sie das Produkt nicht als Bioprodukt vermarkte, gehe ihr der Zugang zum erarbeiteten Markt verloren. Wenn sie das Produkt zu diesem Zweck nicht in Deutschland herstellen dürfe, werde sie dies in den USA tun. Erstrangiges Verfahrensziel sei daher, Blutquick unter Erhalt der Arbeitsplätze weiterhin in Bayern herstellen zu dürfen. Zweitrangiges Verfahrensziel sei die Klärung, ob die Klägerin es in den USA nach Ortsrecht ökokontrolliert fertigen und als Bioprodukt, insbesondere mit dem EU-Bio-Logo in der Europäischen Union vermarkten dürfe. Sie wolle sicherstellen, dass sie nur dann die notwendigen Investitionen für eine Produktion in den USA tätige und die Arbeitsplätze in Bayern nur aufgebe, wenn abschließend und gesichert geklärt sei, dass sie die Herstellung in Bayern nicht fortsetzen dürfe. Drittes Verfahrensziel sei die Verwendung des EU-Bio-Logos. Die Handelspartner der Berufungsklägerin erwarteten die Ausstattung des Produktes mit dem EU-Bio-Logo und nicht nur die Kennzeichnung als Bio-Produkt. Dies sei nicht das Gleiche, jedenfalls nicht für Bioprodukte, die aus einem Nicht-EU-Land stammten. Für diese habe der Unionsgesetzgeber 2007 die Verwendung des EU-Bio-Logo als fakultativ vorgebeben. Die hinsichtlich der Klageabweisung des Hilfsantrags formulierte Urteilserwägung, es sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin tatsächlich plane, eine Produktionsstätte in den Vereinigten Staaten zu eröffnen, sei aktenwidrig. Bereits mit Schriftsatz vom 21. November 2012 sei ausgeführt worden, dass man erwäge, das verfahrensgegenständliche Produkt in den USA herzustellen. Im Schriftsatz vom 5. Februar 2016 sei vorgetragen worden, dass die Klägerin beschlossen habe, "Blutquick" in jedem Fall weiter als zertifiziertes biologisches Nahrungsergänzungsmittel zu produzieren und zu vermarkten. In der mündlichen Verhandlung habe sich auch gezeigt, dass auch bei einer Verlagerung der Produktion in die USA erneut ein Streit über die Zulässigkeit entstehen würde. Denn in der mündlichen Verhandlung habe Herr M2. A. als leitender Mitarbeiter des Arbeitsbereichs IEM6 des Instituts für Ernährungswirtschaft und Märkte ausgeführt, dass er die in Bayern über die Ökokontrolle Aufsicht führende Behörde vertrete. Man sei der Auffassung, dass das Produkt bei der Herstellung in den USA nach Ortsrecht zwar mit der Angabe "Bio" und entsprechenden Hinweisen auf die Herkunft aus ökologischem Landbau angeboten werden könnte, nicht aber mit dem EU-Bio-Logo. Dieser Auffassung habe Frau Regierungsrätin H. als Beklagtenvertreterin ausdrücklich beigepflichtet. Es sei daher nicht richtig, dass der verfahrensgegenständliche Hilfsantrag nicht auf ein konkretes Rechtsverhältnis im Sinne einer nachhaltigen behördlichen Beanstandung einer konkreten Produktionsabsicht bezogen sei. Das Verwaltungsgericht habe bei der Ablehnung des Hilfsantrags als unzulässig zudem die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bezüglich der Bedeutung der negativen Feststellungsklage für die Erfüllung des Grundrechts gleichen Justizgewährleistungsanspruchs nicht beachtet (wird im Einzelnen ausgeführt). Es sei klar, dass die einfache Tatsache, dass das US-Bio-Recht andere Vorschriften enthalte, als das EU-Bio-Recht und US-Biohersteller gleichwohl Zugang zum EU-Biomarkt erhielten, den Anspruch auf Gleichbehandlung vor dem Gesetz nicht verletze. Es bestünden aber bislang keine Kriterien für eine Grenzziehung zwischen einem Handelsabkommen, mit dem ein verhältnismäßiges Maß an Inländerdiskriminierung verbunden sei und einem Handelsabkommen, das diese Grenze überschreite. Die insoweit vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidungen seien nicht vergleichbar. Daher sei diese Frage erneut dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Das Verwaltungsgericht gehe davon aus, dass nur das in Deutschland hergestellte Blutquick vom Ausgangsbescheid betroffen sei. Die Frage der Zulässigkeit des Vertriebs von Blutquick aus der geplanten Neuproduktion sei nicht Gegenstand des Prüfprogramms der Anfechtungsklage. Insoweit spreche bereits der Wortlaut des Verwaltungsakts gegen diese Auslegung. Er untersage das Produkt, gleich wo es hergestellt worden sei. Der Herstellungsort sei auf der Packung nicht angegeben, sondern nur die Klägerin in der Weise, wie sie angegeben werden würde, wenn sie das Produkt importiere. Maßgeblich seien die Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Diese seien von den Planungen der Klägerin geprägt gewesen, die Produktion von Blutquick in die USA zu verlagern. Gehöre Blutquick als US-Bioprodukt zum Verbotsprogramm des Ausgangsbescheides, sei die Anfechtungsklage auch aus dem Grunde begründet, dass das Gleichwertigkeitsabkommen und die Umsetzung in der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 dem Verbot entgegenstünden. Was die (unbedingt) gestellten Feststellungsanträge angehe, so würden die Anträge 2a und c in der Berufung nicht weiterverfolgt. Für den Antrag 2b gelte dies nicht. Der Bescheid vom 18. Januar 2012 habe dargelegt, dass Blutquick kein Erzeugnis der Diätverordnung sei. Die Ausgangsbehörde habe damit ausdrücklich nicht geprüft, ob die Zugabe der Synthetica aus den Gründen der Anforderungen des Diät-Rechts gesetzlich vorgeschrieben im Sinne des EU-Bio-Rechts gewesen sei. Im Oktober 2013 habe sich dies als falsch herausgestellt. Die Klägerin habe Blutquick auf eine Produktion und Kennzeichnung als Diätprodukt umgestellt. Das Gericht habe das neue Etikett mit Schreiben vom 11. Februar 2013 erhalten. Mit dieser Gestaltung sei Blutquick bis Ende Juni 2016 produziert worden. Danach sei es nicht mehr als Diätprodukt, sondern wieder als Nahrungsergänzungsmittel produziert worden, weil Ende Juni 2016 die Aufhebung des Unionsrechts der Diätprodukte in Kraft getreten sei. Der Abverkauf der bis dahin hergestellten Diätprodukte sei zeitlich nicht begrenzt zulässig. Blutquick als Diätprodukt sei demnach auch nicht von dem angefochtenen Verbotsbescheid erfasst. Damit gehöre diese Ausgestaltung nicht zum Prüfprogramm der Anfechtungsklage. Da aber die Beklagte die Auffassung vertreten habe, dass auch diese Ausgestaltung unzulässig sei, sei die Feststellungsanklage mit dem Antrag 2b zulässig, denn es müsse für die Klägerin möglich sein, eine richterliche Entscheidung darüber herbeizuführen, ob sie die bis Ende Juni 2016 hergestellten Diätprodukte rechtskonform habe vertreiben können und könne. Das Vorbringen und die Beweisanträge der ersten Instanz würden ergänzend zum Gegenstand des Vorbringens im Berufungsverfahren gemacht.
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Die Klägerin beantragt,
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1. Der Bescheid vom 18. Januar 2012 wird aufgehoben.
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2. Es wird festgestellt, dass das Produkt "Blutquick"
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a) In der Ausstattung gemäß dem Schriftsatz vom 19. Juni 2012 als Nahrungsergänzungsmittel;
30
b) In der Ausstattung gemäß Anlage K 14 als diätetisches Lebensmittel;
31
c) Mit dem Health-Claim "Eisen trägt zur normalen Bildung von Roten Blutkörperchen bei",
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Festzustellen, dass das Produkt "Blutquick" als Nahrungsergänzungsmittel in der Europäischen Union als Bioprodukt, insbesondere ausgestattet mit dem EU-Bio-Logo, dann verkehrsfähig ist, wenn es in den USA unter Beachtung der Vorschriften des US-Bio-Rechts hergestellt wurde.
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Der Beklagte beantragt,
36
die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 17. Februar 2016 zurückzuweisen.
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Zur Begründung führt er aus, dass die mit der Berufung vorgetragenen Gründe nicht geeignet seien, die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung in Frage zu stellen. Die mit dem Antrag zu 1) erhobene Anfechtungsklage sei unbegründet. Gegenstand der Anfechtungsklage wie auch des angegriffenen Bescheides sei entgegen der Darstellung der Klägerin ausschließlich das Produkt "Blutquick" in seiner derzeitigen Gestalt und Zusammensetzung, d.h. so wie es die Klägerin bislang hergestellt habe und derzeit herstelle. Nicht Gegenstand der Anfechtungsklage sei hingegen ein (jedenfalls derzeit) rein fiktives, von der Klägerin lediglich zum Gegenstand ihrer Argumentation gemachtes Produkt gleichen Namens und gleicher Zusammensetzung, das in USA hergestellt werde. Das Verwaltungsgericht habe auf der Grundlage des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 5. November 2014 in dem vom Erstgericht anhängig gemachten Vorabentscheidungsverfahren zutreffend festgestellt, dass eine gesetzliche Vorschrift, die im Sinne von Art. 27 Abs. 1 Buchst. f DVO-Öko die Hinzufügung von Mineralstoffen und Vitaminen fordere, gerade nicht existierte. Daher sei die Verwendung der Bezeichnung "ökologisch" bzw. "biologisch" zu untersagen. Der klägerseits in der Berufung maßgeblich vorgetragene Einwand, vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sei Art. 27 Abs. 1 Buchst. f DVO-Öko erweiternd auszulegen, sei nicht geeignet, der Anfechtungsklage zum Erfolg zu verhelfen. Diese Frage sei schon nicht entscheidungsrelevant. Dies sei nur dann der Fall, wenn feststünde, dass die Klägerin das von ihr hergestellte Produkt "Blutquick" exakt in seiner derzeitigen Form und Zusammensetzung in den USA als biologisches Produkt herstellen und vertreiben dürfte. Dies rechtsverbindlich festzustellen obliege jedoch weder deutschen noch europäischen Behörden und Gerichten, sondern allein den dafür zuständigen USamerikanischen Autoritäten, die das dort geltende Recht anzuwenden hätten. Die Klägerin argumentiere insofern mit einer schon nicht substantiiert belegten und im Rahmen dieses Verfahrens auch gar nicht überprüfbaren Behauptung. Selbst wenn man die Entscheidungserheblichkeit unterstelle läge aber keine justiziable Ungleichbehandlung vor, da keine ungleiche Behandlung "gleicher" Sachverhalte im Raum stünde. Das Gericht weise auf das Äquivalenzabkommen der USA mit der Europäischen Union hin, dass die jeweiligen Produktionsvorschriften und Kontrollmaßnahmen im ökologischen Landbau als "gleichwertig" im Sinne von Art. 33 Abs. 2 Unterabs. 1 EG-Öko-VO anerkenne. "Gleichwertig" heiße aber auch ausdrücklich nicht gleich. USamerikanische Produkte müssten das US-Bio-Recht einhalten, in der Europäischen Union hergestellte Produkte die europäische EG-Öko-VO. Darin lägen keine gleichen Sachverhalte. Schließlich wäre eine Ungleichbehandlung jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Äquivalenzabkommen wie jenes zwischen den USA und der europäischen Union dienten dem Abbau von Handelshemmnissen. Dabei würden gewisse Ungleichheiten bzw. Unterschiede gerade in Kauf genommen, um das Ziel der Handelserleichterung, und zwar nur dieses, zu erreichen. Das Ziel des Abbaus von Handelshemmnissen könne und solle dagegen nicht dazu führen, dass mit der Anerkennung der Produkte aus bestimmten Drittländern als gleichwertig zugleich eine Nivellierung bzw. Aufgabe der entsprechenden unionsrechtlichen Bestimmungen verbunden wäre. Dies schon deswegen nicht, weil die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union andernfalls die jeweils einschlägigen Rechtsvorschriften der Drittländer anzuwenden und auszulegen hätten.
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Die mit dem Antrag zu 2) erhobene Feststellungsklage sei, soweit die Klägerin ihre Berufung noch aufrechterhalte, bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Die Erklärung, an den Anträgen 2a und 2c werde in der Berufung nicht festgehalten, dürfte als Teilrücknahme der zunächst unbeschränkt eingelegten Berufung im Sinne von § 126 Abs. 1 VwGO auszulegen und im Rahmen der Kostenentscheidung zu berücksichtigen seien. Soweit der Antrag aufrechterhalten werde, sei er unzulässig, weil es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis fehle. Es handele sich insoweit weder um ein hinreichend konkretes noch um ein streitiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Ob das Produkt "Blutquick" mit der Kennzeichnung als ökologisches/biologisches Produkt in Verkehr gebracht werden dürfe, sei bereits vollumfänglich Gegenstand der Anfechtungsklage. Auf die Frage, wie das Produkt im Übrigen rechtlich einzustufen war, einzustufen gewesen sei bzw. sei, komme es nicht an, da die im angegriffenen Bescheid getroffene Anordnung hiervon unabhängig sei und darauf nicht Bezug nehme. Insofern sei es auch irrelevant, dass die Klägerin das Produkt zwischen 2013 und Juni 2016 nach ihren eigenen Angaben nicht als Nahrungsergänzungsmittel, sondern als diätetisches Lebensmittel vertrieben habe. Abgesehen davon wäre der Antrag jedenfalls unbegründet. Denn auch wenn es sich um ein Diätprodukt im Sinne der Diätverordnung handele, bestehe keine gesetzliche Verpflichtung, dem Produkt Stoffe im Sinne des Art. 27 Abs. 1 Buchst. f DVO-Öko beizufügen.
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Schließlich sei auch der Hilfsantrag unzulässig. Denn er beziehe sich jedenfalls derzeit nicht auf einen hinreichend konkreten, künftigen Sachverhalt. Etwas Anderes folge auch nicht aus Art. 19 Abs. 4 GG oder der von der Klägerin ausführlich zitierten Rechtsprechung. Auch im Rahmen einer vorbeugenden Feststellungsklage bedürfe es eines streitigen Rechtsverhältnisses, dass sich, auch wenn es aktuell noch nicht bestehe zumindest soweit konkretisiert habe, dass mit einer Realisierung ohne Hinzutreten wesentlicher Zwischenschritte zu rechnen sei, die maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen alle schon gelegt seien (u.V.a. BVerwG, U.v. 13.10.1971 - VI C 57.66 - BVerwGE 38, 346). Diese besonderen Voraussetzungen seien nicht gegeben. Die Klägerin lege ihrer Planung ausdrücklich zwei Prämissen zugrunde, nämlich zum einen, dass das Produkt "Blutquick" in seiner derzeitigen Zusammensetzung in den USA tatsächlich und unter Beachtung des dortigen Lebensmittelrechts hergestellt werden könne. Zum anderen, dass zugleich die USamerikanischen Voraussetzungen einer Einstufung als ökologisches/biologisches Produkt erfüllt wären. Beide Prämissen seien jedoch weder hinreichend belegt noch auf Grundlage der Angaben der Klägerin durch deutsche Behörden und Gerichte nachprüfbar. Die vorgelegte schriftliche Aussage der USamerikanischen Tochtergesellschaft Flora wiederhole letztlich nur die Behauptung der Klägerin, ohne sie zu belegen. Auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellte Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens sei von vornherein ungeeignet gewesen, einen solchen Beleg zu erbringen. Es sei bereits fraglich, ob die rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts nach ausländischem Recht dem Tatsachenbeweis überhaupt zugänglich sei. Zum anderen wären die grundsätzlichen Voraussetzungen einer solchen Prüfung nicht gegeben, solange nicht auch ein in den USA hergestelltes und damit der konkreten Beurteilung zugängliches Produkt existiere. Erst dann würde sich das von der Klägerin für klärungsbedürftig gehaltene Rechtsverhältnis in feststellungsfähiger Weise konkretisieren. Aber auch wenn man die Zulässigkeit des hilfsweise gestellten Feststellungsantrags unterstelle wäre er in der Sache jedenfalls insoweit unbegründet, als er darauf gerichtet sei, die Zulässigkeit des Vertriebs unter Verwendung des EU-Bio-Logos feststellen zu lassen. Denn dies widerspräche Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 5 Satz 1 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 EG-Öko-VO. Nach der erstgenannten Vorschrift sei bei aus Drittländern eingeführten Erzeugnissen die Verwendung des Gemeinschaftslogos nach Art. 25 Abs. 1 sowie die Angaben nach Unterabs. 1 "fakultativ". Die EG-Öko-VO überlasse also den Herstellern bzw. Importeuren die Wahl, ob das EU-Bio-Logo auf einem Drittlandprodukt aufgebracht werde. Werde das Logo jedoch verwendet, dann müssten die betroffenen Erzeugnisse nach Art. 25 Abs. 1 EG-Öko-VO "die Vorschriften dieser Verordnung erfüllen". Diesen Grundsatz wiederhole auch Art. 57 Satz 2 DVO-Öko. Das Produkt "Blutquick" verstoße jedoch in seiner bisherigen Zusammensetzung gegen die Produktionsvorschriften des Art. 19 Abs. 2 Buchst. b EG-Öko-VO i.V.m. Art. 27 Abs. 1 Buchst. f DVO-Öko. Eine Auslobung mit dem EU-Bio-Logo sei daher nicht möglich. Dagegen spreche auch nicht, dass Produkte, die nach dem USamerikanischen Bio-Recht hergestellt und in die Europäische Union eingeführt würden, als gleichwertig anerkannt würden. Denn nach dem Wortlaut des Art. 33 Abs. 1 EG-Öko-VO dürften gleichwertige Drittlandprodukte als "ökologisches/biologisches Erzeugnis in den Verkehr gebracht werden". Das Produkt dürfe also mit der Bezeichnung ökologisch/biologisch etc. vermarktet werden. Die Verwendung des EU-Bio-Logos sei hier dagegen nicht aufgeführt. Aus Art. 33 Abs. 1 EG-Öko-VO sei also kein Anspruch auf Verwendung des EU-Bio-Logos abzuleiten. Die Verwendung des Logos sei gesondert in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 5 EG Öko-VO geregelt, der jedoch auf die Einhaltung der Vorgaben in Art. 25 Abs. 1 EG-Öko-VO Bezug nehme. Nur eine solche Eingrenzung werde auch der Zielsetzung des EU-Bio-Logos gerecht. Dessen wichtigstes Ziel sei es, dass zertifizierte Bioprodukte für die Verbraucher einfacher zu erkennen seien. Dabei vertraue der Verbraucher darauf, dass Produkte, die das EU-Bio-Logo trügen, den europäischen Biovorschriften entsprächen. Dies müsse auch für Drittlandprodukte gelten. Soweit diese von europäischen Produktionsvorschriften abwichen aber "gleichwertig" seien, könnten sie die Begriffe "ökologisch" und "biologisch" in der Vermarktung verwenden, aber eben nicht das EU-Bio-Logo.
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Der Senat hat am 23. November 2017 über die Berufung mündlich verhandelt und den Rechtsstreit vertagt. Am 24. Januar 2018 hat er beschlossen, dass über die Behauptung der Klägerin, dass sie das streitgegenständliche Produkt in den Vereinigten Staaten von Amerika, wenn es dort in der gleichen Art und Weise wie bisher in Deutschland produziert würde, 1. dort nach den maßgeblichen amerikanischen Vorschriften als "organic" in den Verkehr bringen dürfte und 2. es das "USDA Organic Seal" des U.S. Department of Agriculture (USDA) erhalten würde, Beweis zu erheben ist durch Einholung einer amtlichen Auskunft der Generaldirektion für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Europäischen Kommission. Diese beantwortete die Anfrage des Senats mit Schreiben vom 7. Januar 2019 dahingehend, dass die Frage das amerikanische Recht betreffe, für dessen Anwendung und Auslegung die Europäische Kommission keine Zuständigkeit besitze. Eine abschließende Antwort könne daher nicht gegeben werden, sondern obliege alleine den zuständigen Behörden der Vereinigten Staaten von Amerika.
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Der Bevollmächtigte der Klägerin legte daraufhin mit Schreiben vom 7. März 2019 ein Privatgutachten einer Sachverständigen, die nach seinen Angaben seit Jahren im Ökozertifizierungssystem der Vereinigten Staaten arbeite, vor. Aus dem Gutachten ist zu entnehmen, dass nach Auffassung der Sachverständigen das Produkt genauso, wie es in Europa vertrieben werde, in den USA hergestellt und als Bio-Produkt zertifiziert in die Europäische Union geliefert werden könne.
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Mit Schriftsatz vom 8. August 2020 nahm der Bevollmächtigte der Klägerin noch einmal Stellung und wies unter anderem darauf hin, dass die Klägerin streitgegenständliche Produkt aus der US-Produktion importiert habe. Sie beabsichtige dies mit dem EU-Biosiegel in den Verkehr zu bringen.
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Mit Schreiben vom 12. Juli 2021 und vom 22. Juli 2021 wies der Senat die Beteiligten u.a. darauf hin, dass er gegenwärtig davon ausgeht, dass entsprechende US-Produkte nach Art. 33 Abs. 2 EU-Öko-VO, Anhang III Nr. 1 der VO (EG) Nr. 1235/2008 in den Handel kommen dürften, die mit Vitaminen, Mineralstoffen oder Spurenelementen angereichert seien. Zudem bestünden angesichts der Begründung des Verwaltungsgerichts zur Zulassung der Berufung Zweifel an der Zulässigkeit der Berufung hinsichtlich der Klageanträge, die als unzulässig abgewiesen wurden.
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Hierauf führte der Bevollmächtigte der Antragstellerin mit Schreiben vom 26. Juli 2021 aus, das Verwaltungsgericht habe die Berufung ausweislich des Tenors und der Rechtsmittelbelehrungunbeschränkt zugelassen. Auch das Feststellungsbegehren der Klägerin stehe im Zusammenhang mit dem Äquivalenzabkommen und der Frage der Gleichbehandlung. Die Überlegungen des Verwaltungsgerichts zur Zulässigkeit der Feststellungsbegehren seien unzutreffend. Im Übrigen sei der Senat zumindest verpflichtet, den Berufungsantrag insoweit als Antrag auf Zulassung der Berufung zu behandeln und die Berufung zuzulassen.
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Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Behördenakten, die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze sowie die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung ist, soweit sie zulässig ist, nicht begründet.
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1. Die Berufung ist hinsichtlich der von der Klägerin erhobenen Feststellungsklagen unzulässig, weil sie durch das Verwaltungsgericht nicht zugelassen wurde und auch eine Zulassung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht erfolgt ist (§ 124 Abs. 1 VwGO). Sie wird nach § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO verworfen.
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Wenn - wie hier - das Rechtsmittel in dem Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung uneingeschränkt zugelassen wurde, kann sich gleichwohl eine beschränkte Zulassung aus den Entscheidungsgründen ergeben; diese Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das Gericht die Möglichkeit einer Nachprüfung in einem Rechtsmittelverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (vgl. BVerwG, U.v. 17. 10. 1972 - III C 82/71 - BVerwGE 41, 52; BGH, BGH, U.v. 28. 10. 2004 - VII ZR 18/03 - BeckRS 2004, 12626; BayVGH U.v. 12.7.2010 - 14 BV 09.1792 - BeckRS 2011, 46477; Schoch/Schneider/Buchmeister § 132 VwGO Rn 122 m.w.N.).
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Das ist hier der Fall. Am Ende der Entscheidungsgründe des Urteils des Verwaltungsgerichts heißt es:
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"Die Berufung war gem. § 124 a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen im Hinblick auf die Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung der vom Europäischen Gerichtshof nicht einbezogenen Problematik des Äquivalenzabkommens mit den Vereinigten Staaten und die sich daraus ergebenden Fragen der Gleichbehandlung von Mitgliedsstaaten der EU mit den Vereinigten Staaten."
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Dem ist zu entnehmen, dass das erstinstanzliche Gericht seine Zulassungsentscheidung nicht nur begründen, sondern die Berufung auf das Sachurteil und damit auf die Anfechtungsklage beschränken wollte. Denn die von der Klägerin erhobenen Feststellungklagen hat das Verwaltungsgericht durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen. Die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Frage grundsätzlicher Bedeutung hatte in den Augen des Verwaltungsgerichts offensichtlich keine Bedeutung für die Zulässigkeit der Feststellungsklagen, welche am Fehlen eines streitigen (gegenwärtigen) Rechtsverhältnisses im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO bzw. an der Subsidiarität der Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 2 VwGO gegenüber der ebenfalls erhobenen Anfechtungsklage scheiterte. An diesem Befund ändert auch nichts die Tatsache, dass das Urteil lediglich die Rechtsmittelbelehrunghinsichtlich der Berufung enthielt, jedoch nicht auf die Möglichkeit hinwies, die Zulassung der Berufung insoweit zu beantragen.
52
Der Mangel der Zulassung lässt sich im laufenden Verfahren grundsätzlich auch nicht durch Umdeutung der unstatthaften Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde nach § 124 Abs. 4 VwGO beheben; vielmehr handelt es sich um einen Fall, der ausschließlich nach den Vorschriften über die Folgen einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrungzu lösen ist (vgl. § 58 Abs. 2 VwGO). Außerhalb des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ist das Berufungsgericht nicht befugt über die Zulassung der Berufung zu befinden (BVerwG B. v. 28.2.1985 - 2 C 14.84 = BVerwGE 71, 73). Die Umdeutung der Berufung eines Beteiligten in eine Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der nunmehr mit Schriftsatz vom 26. Juli 2021 "fürsorglich" gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung dürfte unzulässig sein, weil er außerhalb des Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO erhoben worden ist.
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2. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen.
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Die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage ist zwar zulässig, aber nicht begründet, weil der Bescheid des Beklagten vom 18. Januar 2012 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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2.1 Rechtsgrundlage der Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids ist Art. 30 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) 2092/91 (ABl. EG Nr. L 189 S. 1 - EG-Öko-VO). Danach stellt die Kontrollbehörde oder Kontrollstelle bei Feststellung einer Unregelmäßigkeit hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften dieser Verordnung sicher, dass in der Kennzeichnung und Werbung für die gesamte von der Unregelmäßigkeit betroffene Partie oder Erzeugung kein Bezug auf die ökologische/biologische Produktion erfolgt, wenn dies in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Vorschrift, gegen die verstoßen wurde, sowie zu der Art und den besonderen Umständen der Unregelmäßigkeit steht. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat hierzu zu Recht festgestellt, dass die Kommission auf der Grundlage des Art. 23 Abs. 1 EU-Öko-VO in Art. 27 Abs. 1 und im Anhang VIII der DVO-Öko-VO das beschränkte Verzeichnis von Stoffen erstellt hat, die bei der Verarbeitung als ökologisch/biologisch vermarkteter Lebensmittel verwendet werden dürfen. Nach Art. 27 Abs. 1 lit. f DVO-Öko dürfen Mineralstoffe und Vitamine nur verwendet werden, soweit ihre Verwendung in den Lebensmitteln, denen sie zugefügt werden, gesetzlich vorgeschrieben ist. Der Europäische Gerichtshof hat in der Vorabentscheidung vom 5. November 2014 zur Auslegung dieser Regelung entschieden, dass die Verwendung eines Stoffes nur dann gesetzlich vorgeschrieben im Sinne dieser Vorschrift sei, wenn eine Vorschrift des Unionsrechts oder eine mit ihm in Einklang stehende Vorschrift des Nationalen Rechts unmittelbar vorschreibe, dass dieser Stoff einem Nahrungsmittel hinzuzufügen sei, damit es überhaupt in Verkehr gebracht werden könne. Dies ist bei dem streitgegenständlichen Produkt nicht der Fall. Da die Zugabe von nicht biologischen Vitaminen und Eisengluconat bei "Blutquick" nicht ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben sei, sondern freiwillig erfolge, verstoße die Verwendung des EU-Biosiegels durch die Klägerin gegen die Kennzeichnungsvorschrift des Art. 23 EU-Öko-VO.
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2.2 Dieser Befund wird von der Klägerin nicht bestritten, sie wendet hiergegen aber ein, dass vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 27 Abs. 1 Buchst. f DVO-Öko erweiternd auszulegen sei. Die USA und die Europäische Union hätten am 15. Februar 2012 einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen, der bewirke, dass dann, wenn die verfahrensgegenständlichen Produkte in den USA nach dem dortigen nationalen Recht als Bio-Produkte hergestellt würden, sie nach dem Export in die Europäische Union in dieser als Bio-Produkte mit dem EU-Bio-Logo gekennzeichnet verkehrsfähig seien. Dies ergebe sich aus der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 126/2012, durch deren Anhang II in den Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 die USA in die Liste der zum Import von Bioprodukten in den Binnenmarkt zugelassenen Drittstaaten aufgenommen wurde. Die nach dem nationalen Recht der USA als "organic" hergestellten Produkte würden als "gleichwertig" anerkannt, so dass diese Produkte, die in den USA als Bioprodukte vertrieben werden dürften, auch in der Europäischen Union als solche verkehrsfähig seien. Das streitgegenständliche Produkt könnte in den USA hergestellt werden und wäre dort als "organic" verkehrsfähig. Das EU-Recht sei daher dahingehend auszulegen, dass Hersteller, die ihre Produkte in der Europäischen Union fertigten und nicht im Unterauftrag in den USA herstellen ließen, nicht diskriminiert würden.
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Dieser Vortrag hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Denn die von der Klägerin behauptete Ungleichbehandlung liegt rechtlich nicht vor. Die Klägerin sieht sich durch Art. 33 Abs. 1 EU-Öko-VO ungleich behandelt, weil dieser erlaube, dass Konkurrenzprodukte aus den Vereinigten Staaten von Amerika in der EU als Bioprodukte mit dem EU-Biologo in den Verkehr gebracht werden könnten, obwohl diesen Produkten Stoffe, insbesondere Vitamine beigemischt wurden, welche nach Art. 23 Abs. 1 EU-Öko-VO in Art. 27 Abs. 1 und im Anhang VIII der DVO-Öko eigentlich unzulässig sind. Dies trifft bei der vom Senat vorgenommenen Auslegung der streitentscheidenden Normen nicht zu. Danach dürfen entsprechende Bioprodukte aus den Vereinigten Staaten zwar in der EU als Bioprodukte vertrieben werden, jedoch ohne Verwendung des EU-Bio-Logos nach Art. 25 EU-Öko-VO.
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Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, nach dem alle Personen vor dem Gesetz gleich sind, sieht keine ausdrückliche Begrenzung seines Anwendungsbereichs vor. Er findet daher in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen Anwendung, wie etwa denen, die in den Anwendungsbereich einer von der Union geschlossenen internationalen Übereinkunft fallen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Februar 2013, Åkerberg Fransson, C-617/10, ECLI:EU:C:2013:105, Rn. 19 bis 21, vom 26. September 2013, Texdata Software, C-418/11, ECLI:EU:C:2013:588, Rn. 72, und vom 16. Mai 2017, Berlioz Investment Fund, C-682/15, ECLI:EU:C:2017:373, Rn. 49). In Art. 20 der Charta (Gleichheit vor dem Gesetz) ist der Grundsatz der Gleichbehandlung verankert, der verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (Urteile vom 17. Oktober 2013, Schaible, C-101/12, ECLI:EU:C:2013:661, Rn. 76, und vom 12. Juli 2018, Spika u. a., C-540/16, ECLI:EU:C:2018:565, Rn. 35).
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Das für die Feststellung einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes geltende Erfordernis der Vergleichbarkeit der Situationen ist anhand aller die betreffenden Situationen kennzeichnenden Merkmale zu beurteilen, insbesondere im Hinblick auf den Gegenstand und das Ziel des Rechtsakts, mit dem die Unterscheidung vorgenommen wird; dabei sind die Grundsätze und Ziele des Regelungsbereichs zu berücksichtigen, dem der Rechtsakt unterfällt (Urteile v. 16.12.2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., C-127/07, ECLI:EU:C:2008:728, Rn. 26, vom 7.3.2017, RPO, C-390/15, ECLI:EU:C:2017:174, Rn. 42, vom 22.1.2019, Cresco Investigation, C-193/17, ECLI:EU:C:2019:43, Rn. 42). Soweit sich die Situationen nicht miteinander vergleichen lassen, verstößt ihre unterschiedliche Behandlung nicht gegen die in Art. 20 der Charta garantierte Gleichheit vor dem Gesetz (U.v. 22.5.2014, Glatzel, C-356/12, ECLI:EU:C:2014:350, Rn. 84).
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In tatsächlicher Hinsicht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 293 ZPO; vgl. hierzu BVerwG, B.v. 5.3.2018 - 1 B 155/17 - juris) geht der Senat davon aus, dass entsprechende US-Produkte nach Art. 33 Abs. 2 EU-Öko-VO, Anhang III Nr. 1 b) der VO (EG) Nr. 1235/2008 in den Handel kommen dürfen, die mit Vitaminen, Mineralstoffen oder Spurenelementen angereichert sind. Das USamerikanische Gesetz "Organic Foods Production Act (OFPA)" wurde im Jahr 1990 erlassen. Die OFPA ist die Grundlage für das National Organic Program (NOP). Es regelt die allgemeinen Grundsätze über die Einführung eines Zertifizierungsprogrammes für die Produktion von biologischen Lebensmitteln. In der nationalen Liste der zulässigen und verbotenen Stoffe (The National List of Allowed and Prohibited Substances) sind die synthetischen Stoffe aufgeführt, die verwendet werden dürfen, und die nicht synthetischen (natürlichen) Stoffe, die möglicherweise nicht in der ökologischen/biologischen Pflanzen- und Tierproduktion verwendet werden dürfen (https://www.ams.usda.gov/rules-regulations/organic/national-list). So sind in § 206.605 ausdrücklich Nährstoffvitamine und -mineralien unter bestimmten Maßgaben als Inhaltsstoffe in oder auf Verarbeitungserzeugnissen zugelassen, die als ökologisch oder aus ökologisch hergestellten spezifizierten Inhaltsstoffen oder Lebensmittelgruppen gekennzeichnet sind (https://www.ecfr.gov/cgi-bin/text-idx?c=ecfr& SID=9874504b6f1025eb0e6b67cadf9d b40& rgn=div6& view=text& node=7:3.1.1.9.32.7& idno=7).
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Dass biologische Produkte aus Drittstaaten, welche nach der EU-Öko-VO als gleichwertig anerkannt werden, nicht in jeder Hinsicht den in der EU-Öko-VO formulierten Standards entsprechen, war und ist auch dem europäischen Normgeber bekannt. So heißt es in Erwägungsgrund 33 Satz 1 der EU-Öko-VO: "Ökologische/biologische Erzeugnisse, die in die Europäische Gemeinschaft eingeführt werden, sollten auf dem Gemeinschaftsmarkt als ökologisch/biologisch in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie nach Produktionsvorschriften und im Rahmen von Kontrollvorkehrungen erzeugt wurden, die den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen entsprechen oder aber diesen gleichwertig sind. Ebenso wird in Erwägungsgrund 95 der Verordnung (EU) 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen, welche die Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates zum 1. Januar 2021 (Art. 61) ablösen wird, ausgeführt: "Die Möglichkeit des Zugangs zum Unionsmarkt für ökologische/biologische Erzeugnisse, die zwar den Unionsvorschriften für die ökologische/biologische Produktion nicht entsprechen, aber aus Drittländern stammen, deren Systeme für ökologische/biologische Produktion und Kontrolle als dem Unionssystem gleichwertig anerkannt wurden, sollte beibehalten werden. Die Anerkennung der Gleichwertigkeit von Drittländern gemäß der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 sollte jedoch nur im Rahmen internationaler Vereinbarungen zwischen der Union und jenen Drittländern gewährt werden, bei denen auch die Union auf der Grundlage der Gegenseitigkeit eine Gleichwertigkeitsanerkennung anstrebt." Gleichwertig bedeutet dabei nach Art. 2 lit x) EU-Öko-VO: in Bezug auf verschiedene Systeme oder Maßnahmen, durch Anwendung von Bestimmungen, die die gleiche Konformita?tsgewa?hr bieten, geeignet, die gleichen Ziele und Grundsätze zu erfüllen. Dabei sieht der Senat davon ab, aufzuklären, ob ein entsprechendes US-Produkt mit der gleichen Stoffzusammensetzung insgesamt als "organic" nach dem NOP vertrieben werden könnte, denn auf diesen Umstand kommt es letztlich im Ergebnis nicht an.
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In den Vereinigten Staaten als "organic" verkehrsfähige Produkte sind nach Art. 33 Abs. 2 Öko-VO, Anhang III Ziff. 1.b) der VO (EG) Nr. 1235/2008 in der Europäischen Union als gleichwertige Produkte anerkannt. Sie dürfen daher nach Art. 33 Abs. 2 EU-Öko-VO, Anhang III Nr. 1 b) der VO (EG) Nr. 1235/2008 auch in der Gemeinschaft als ökologisches/biologisches Erzeugnis in Verkehr gebracht werden. Durch die Anerkennung solcher Lebensmittel als gleichwertig nach Art. 33 Abs. 2 EU-Öko-VO, Anhang III Nr. 1 b) der VO (EG) Nr. 1235/2008 sind diese in der Europäischen Union als Bioprodukte grundsätzlich verkehrsfähig.
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Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass gleichwertige US-Produkte auch mit dem Gemeinschaftslogo (Art. 25 EU-Öko-VO) versehen in den Verkehr gebracht werden dürfen. In Titel IV der EU-Öko-Verordnung wird die Kennzeichnung von Bioprodukten geregelt, welche unter den Anwendungsbereich der Verordnung fallen. Hierzu gehören auch Bioprodukte, die aus Drittländern in den Verkehr gebracht werden. Bei diesen sind nach Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 5 die Verwendung des Gemeinschaftslogos nach Art. 25 Abs. 1 und die Angabe nach Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 fakultativ. Nach dem 25. Erwägungsgrund erscheint es zudem angezeigt, die Verwendung des Gemeinschaftslogos auf Erzeugnisse zu beschränken, die ausschließlich oder fast ausschließlich ökologische/biologische Zutaten enthalten, um eine Irreführung des Verbrauchers in Bezug auf den ökologischen/biologischen Charakter des gesamten Erzeugnisses zu verhindern. Erscheint das Gemeinschaftslogo nach Art. 25 Abs. 1 jedoch in der Kennzeichnung, so muss die Angabe nach Unterabsatz 1 auch in der Kennzeichnung erscheinen. Währenddessen bei in der Union produzierten und in den Verkehr gebrachten Produkten nach Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. b) muss bei vorverpackten Lebensmitteln grundsätzlich das Gemeinschaftslogo nach Art. 25 Abs. 1 auf der Verpackung erscheinen.
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Nach Art. 25 Abs. 1 EU-Bio-VO darf das EU-Biologo verwendet werden, "sofern die Erzeugnisse die Vorschriften dieser Verordnung erfüllen". Die Klägerin ist hier der Meinung, dass diese Voraussetzung bereits gegeben wäre, wenn ein US-Produkt nach Art. 33 Abs. 2 EU-Öko-VO, Anhang III Nr. 1 b) der VO (EG) Nr. 1235/2008 als gleichwertig anerkannt und in der EU in den Verkehr gebracht werden darf. Ob dieses Erzeugnis auch die materiellen Voraussetzungen der EU-Öko-VO, insbesondere die der Art. 23 Abs. 1 EU-Öko-VO in Art. 27 Abs. 1 und im Anhang VIII der DVO-Öko-VO, erfüllt, sei für die Verwendung des EU-Logos nach Art. 25 Abs. 1 EG-Öko-VO nicht mehr von Belang. Abgesehen davon, dass diese Argumentation auf einer formalistischen Betrachtung fußt, entspricht sie weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der EU-Öko-VO. So unterscheidet bereits Erwägungsgrund 33 Satz 1 der EU-Öko-VO bei Erzeugnissen die in die Europäische Gemeinschaft eingeführt werden können, zwischen solchen, die den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen entsprechen, und solchen, die diesen gleichwertig sind. Können damit gleichwertige Erzeugnisse in die Europäische Union eingeführt werden, welche nicht den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen entsprechen, so wäre es nicht folgerichtig anzunehmen, dass diese Produkte dennoch Erzeugnisse sind, welche die Vorschriften der Verordnung erfüllen. Sie sind nämlich nur verordnungskonform im Sinne des Art. 25 Abs. 1 EU-Öko-VO, wenn sie ausnahmslos die Vorschriften der Verordnung erfüllen. Dies ist bei Erzeugnissen, welche nach Art. 33 EU-Öko-VO in der Gemeinschaft verkehrsfähig sind, im Allgemeinen nicht ohne weiteres und bei einem dem der Klägerin entsprechenden Erzeugnis nicht der Fall.
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Insoweit entspricht es auch der Systematik der EU-Öko-VO als sie in Titel IV über die Kennzeichnung der Erzeugnisse in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 5 bestimmt, dass bei aus Drittländern eingeführten Erzeugnissen die Verwendung des Gemeinschaftslogos nach Art. 25 Absatz 1 und die Angabe nach Unterabsatz 1 fakultativ, also möglich sind. Damit sind gleichwertige Erzeugnisse aus Drittländer von der Kennzeichnungspflicht nach Art. 25 freigestellt. Wenn sie das Gemeinschaftslogo allerdings verwenden, müssen sie nach Art. 25 Abs. 1 EU-Öko-VO alle Voraussetzungen der Verordnung erfüllen. Hätte der Verordnungsgeber gleichwertige Erzeugnisse aus Drittländern bei der Verwendung des Gemeinschaftslogos von den Voraussetzungen der übrigen Verordnungsinhalte völlig freistellen wollen, so hätte es nahe gelegen in Art. 33 EU-Öko-VO etwa zu bestimmen, dass die Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 1 EU-Öko-VO als erfüllt gelten. Eine solche oder ähnliche Regelung hat der Gesetzgeber aber nicht getroffen.
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Das so gefundene Ergebnis wird mit einem Blick auf die Regelungen der Verordnung (EU) 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen, welche die Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates zum 1. Januar 2021 (Art. 61) abgelöst hat, deren Geltungsbeginn durch die Durchführungsverordnung (EU) 2020/2042 vom 11. Dezember 2020 bis zum 1. Januar 20222 verschoben wurde, bestätigt. Wie bereits erwähnt, geht die neue Verordnung (EU) 2018/848 in Erwägungsgrund 95 davon aus, dass ökologische Produkte aus Drittländern, welche nicht den Unionsvorschriften für die ökologische/biologische Produktion entsprechen, Zugang zum Unionsmarkt erhalten können. Nach Art. 33 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2018/848 darf das Logo der europäischen Union für ökologische/biologische Produkte nur verwendet werden, wenn die Erzeugnisse den Vorschriften dieser Verordnung entsprechen. Nach Art. 44 Abs. 1 der VO (EU) 2018/848 darf ein Erzeugnis als ökologisches/biologisches Erzeugnis aus der Union ausgeführt werden und das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion tragen, sofern es den Vorschriften für ökologische/biologische Produktion dieser Verordnung entspricht. Werden dagegen Produkte nach Art. 45 der VO (EU) 2018/848 unter den dort genannten Voraussetzungen zum Zweck des Inverkehrbringens in der Union als ökologisches/biologisches Erzeugnis oder als Umstellungserzeugnis aus einem Drittland eingeführt, so ist den Einfuhrvorschriften der Art. 45 ff. der VO (EU) 2018/848 nicht zu entnehmen, dass hiermit die die Berechtigung zum Tragen des Logos der EU verbunden ist. Es verbleibt vielmehr bei Art. 33 VO (EU) 2018/848.
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Bei der Auslegung der Regelungen der EU-Öko-VO ist zudem demjenigen Auslegungsergebnis der Vorzug zu geben, welche einen Verstoß gegen höherrangiges EU-Recht vermeidet. Nach der Rechtsprechung des EuGHs sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Erfordernisse des Grundrechtsschutzes in der Gemeinschaftsrechtsordnung bei der Durchführung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zu beachten und diese deshalb, soweit irgend möglich, in Übereinstimmung mit diesen Erfordernissen anzuwenden (EuGH, U. v. 28.9.1994 - C-7/93 - BeckRS 2004, 77714). Ein Auslegungsergebnis, welches gleichwertigen Drittstaatserzeugnissen den Marktzugang in die Union unter Verwendung des europäischen Bio-Logos gestattet, dies aber entsprechenden in der EU hergestellten Erzeugnissen verwehrt, wäre mit dem Gleichheitssatz nach des Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nur schwerlich vereinbar, zumal dann auch die Problematik einer Verbrauchertäuschung im Raum stünde.
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3. Damit erweisen sich die in Ziffern 2 bis 4 und 6 getroffenen Nebenentscheidungen ebenso als rechtmäßig. Hiergegen hat die Klägerin keine Einwendungen erhoben, sie sind auch sonst nicht ersichtlich.
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO, § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.
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Die Revision wird hinsichtlich der zulässigen Berufung gegen die Anfechtungsklage wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen. Die aufgeworfenen Rechtsfragen stellen sich auch unter der Geltung der Verordnung (EU) 2018/848.