Titel:
Klage auf Erteilung eines Vorbescheides für Wohn- und Geschäftshaus
Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1
BayBO Art. 71
BauGB § 34
Leitsätze:
1. Das Dachgeschoss zählt bei der Ermittlung der Geschosszahl grundsätzlich wie ein normales Geschoss. Dafür kommt es allerdings nicht darauf an, ob bei einem ausgebauten Dachgeschoss ein Vollgeschoss vorliegt. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Dachgeschoss mit zwei nach außen wahrnehmbaren Dachgeschossebenen ist bei der Ermittlung der Geschosszahl mit zwei Geschossen anzusetzen, ein Dachgeschoss mit nur einer nach außen wahrnehmbaren Dachgeschossebene mit einem Geschoss. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Dachgestaltung spielt hinsichtlich des Einfügens iRd § 34 Abs. 1 BauGB keine Rolle, da es sich hierbei um eine Frage des Bauordnungsrechts handelt. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Vorbescheids, Einfügen hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung (verneint), städtebauliche Spannungen, Dachgeschoss
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 22.02.2023 – 2 ZB 21.2361
Fundstelle:
BeckRS 2021, 22126
Tenor
I. Soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt die Erteilung eines positiven Vorbescheides zum Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses mit Tiefgarage auf dem Anwesen …straße 25-27 / …straße 66, Fl.Nrn. …, …, …, Gem. … … … (im Folgenden: Vorhabengrundstück).
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Das Vorhabengrundstück ist gegenwärtig mit einem fünfgeschossigen Vordergebäude und mehreren ein- bis dreigeschossigen Rückgebäuden bebaut. Es liegt in dem unbeplanten Geviert …straße, …straße, …straße und …straße.
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Vergleiche zur baulichen Situation des Vorhabengrundstücks sowie zur Umgebungsbebauung folgenden Lageplan im Maßstab 1:1000 (durch das Einscannen eventuell nicht mehr maßstabsgetreu), der eine Darstellung des Vorhabens enthält:
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Am 26. Oktober 2018 beantragte die Klägerin die Erteilung eines Vorbescheids nach PlanNr. … Vorgesehen war der Abbruch der bestehenden Bebauung und die Errichtung eines Gebäudes E+V+2DG (die zweite Dachgeschossebene wurde im Vorbescheid als „Galerie“ bezeichnet) mit einer Firsthöhe von 24,20 m (Flachdach) und einer Wandhöhe von 18,20 m entlang der …- und …straße (im Vorbescheidsantrag als „Vordergebäude“ bezeichnet). Das Dach (im Vorbescheid als „Satteldach“ bezeichnet) war straßenseitig mit einer Dachneigung von 45° und hofseitig mit einer Dachneigung von 60° vorgesehen, wobei es auf dem westlichen Gebäudeteil (* …straße) bei einer Gebäudebreite von 16,00 m mit einem ca. 6,50 m breiten Flachdach und auf dem nördlichen Gebäudeteil (* …straße) bei einer Gebäudebreite von 14,20 m mit einem Flachdach von ca. 5,00 m Breite abschließen sollte. Zur Belichtung der zweiten Dachgeschossebene war im Eckbereich des Baukörpers ein großflächiges Oberlicht vorgesehen. In der Variante „Mansarddach“ war straßenseitig entlang der …straße zunächst eine Dachneigung von 60° und nach einem Mandardknick über der zweiten Dachgeschossebene eine Dachneigung von 45° vorgesehen. Auch in dieser Variante war ein Abschluss des Daches durch ein Flachdach geplant. An der östlichen Grundstücksgrenze (zur Fl.Nr. …*) sollte das Gebäude grenzständig auf einer Breite von 6,40 m erdgeschossig bis zur südlichen Grundstücksgrenze verlängert werden (im Vorbescheidsantrag als „Rückgebäude“ bezeichnet), wobei in einer weiteren Variante ein Lichthof zum Nachbargrundstück ausgespart werden sollte. Der Vorbescheidsantrag enthielt insgesamt 13 Fragen.
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Frage 3 lautete: Ist das in den Plänen dargestellte Vordergebäude entlang der …- und …straße hinsichtlich der dargestellten Grundflächen von ca. 614 m² (ohne Balkone, ohne Rückgebäude), der dargestellten Höhenentwicklung von E+V+D (Traufhöhe: 18,20 m, Firsthöhe 24,20 m) sowie der überbauten Grundstücksfläche bauplanungsrechtlich zulässig?
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Frage 4 lautete: Darf alternativ zu dem im Plan dargestellten Satteldach jeweils auf der Straßenseite auch ein Mansarddach (Mansardknick bei 21,89 m) wie im Schnitt A-A / Alternative Mansarddach gem. Plan 01 exemplarisch für die …straße dargestellt errichtet werden?
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Frage 6 lautete: Ist das in den Plänen dargestellte Rückgebäude hinsichtlich der dargestellten Grundfläche, der dargestellten Höhenentwicklung von E + Terrasse + Brüstung (Traufhöhe: 3,25 m) sowie der überbauten Grundstücksfläche bauplanungsrechtlich zulässig?
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Mit Vorbescheid vom 11. März 2019 beantwortete die Beklagte die Frage 3 negativ. Das Vordergebäude sei planungsrechtlich nicht zulässig, da es sich hinsichtlich der Grundfläche, Wand- und Firsthöhe sowie der überbauten Grundstücksfläche nicht in die nähere Umgebung einfüge. Der für das Vorhabengrundstück prägende Umgriff (unmittelbar östlich angrenzende und unter Denkmalschutz stehende Gebäude …straße 17-23 und das Baudenkmal …straße 60) werde ganz wesentlich durch die angrenzenden Gebäude definiert. Diese Vordergebäude wiesen Wandhöhen von max. 17,52 m sowie Firsthöhen von 22,60 m auf und erreichten eine Tiefe von maximal 14,50 m. Eine beliebige Kombination aus vorhandenen Maximalwerten sei nicht möglich. Ferner entstehe durch die klar gegliederte Blockrandstruktur in dem umgebenden Bereich ein weitgehend homogenes Ortsbild gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BauGB. Durch das Vorhaben würde das vorgegebene Ortsbild nachteilig verändert. Frage 4 wurde nicht beantwortet, da das Mansarddach in der Planzeichnung nicht ausreichend dargestellt sei. Frage 6 wurde ebenfalls verneint. Bei dem als „Rückgebäude“ bezeichneten eingeschossigen Bauteil handele es sich nicht um ein eigenständiges Gebäude, sondern um eine Erweiterung des Erdgeschosses des Vordergebäudes.
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Am 4. November 2019 erteilte die Beklagte hinsichtlich eines Baukörpers mit einer Grundfläche von 614 m², einer Traufhöhe von 18,20 m und einer Firsthöhe von 22,55 m - ohne Erweiterungsbau im Erdgeschoss - einen (weitestgehend) positiven Vorbescheid nach PlanNr. …
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Mit Schriftsatz vom 4. April 2019, bei Gericht eingegangen am nächsten Tag, erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage gegen den ablehnenden Vorbescheid vom 11. März 2019 zum Bayerischen Verwaltungsgericht München.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ablehnung keine rechtlichen, sondern kommunalpolitische Gründe habe. Hinsichtlich der Frage 3 ziehe die Beklagte den Rahmen für die maßstabsbildende Umgebung zu eng. Das Vorhaben orientiere sich am Bezugsbaukörper …straße 29 auf der gegenüberliegenden Straßenseite und entspreche diesem Baukörper in allen relevanten Bezugsgrößen. Es unterschreite mit 24,20 m die Firsthöhe des Baukörpers (24,60 m), die Traufhöhe sei identisch. Der Baukörper …straße 29 weise wie das Bauvorhaben eine Geschossigkeit von E+V+D auf. Die Beklagte stelle zu Unrecht auf eine Kombination der Maßfaktoren mit der Tiefe des Gebäudes ab. Die Tiefe sei nur relevant im Hinblick auf die überbaubare Grundstücksfläche. Das Vorhaben greife die faktischen rückwärtigen Baugrenzen auf. Die jeweiligen Grundstücksgrenzen spielten im Rahmen der Bewertung des Einfügens mangels optischer Erkennbarkeit keine Rolle. In geschlossener Bauweise errechne sich die Grundfläche eines Baukörpers jedoch ausschließlich aus der Lage der Grundstücksgrenzen. Demzufolge könne es nicht auf die Grundfläche des einzelnen Baukörpers ankommen. Ein Baukörper in einer geschlossenen Zeilenbebauung, der sowohl Baulinien als auch Baugrenzen einhalte und auch im Hinblick auf das Maß den Rahmen der prägenden Umgebung einhalte, verstoße nicht gegen das Einfügensgebot, nur weil er die Grundfläche eines Bezugsbaukörpers, der auf einem kleineren Grundstück liege, überschreite. Hinsichtlich der Frage 4 wird dargetan, dass aus der Fragestellung geschlossen werden könne, dass das Mansarddach auch entlang der …straße ausgeführt werden solle. Sämtliche relevanten Maßfaktoren seien angegeben. Bei einem Vergleich des genehmigten Vorhabens (PlanNr. …*) mit dem abgefragten ergebe sich, dass Letzteres sich zweifelsfrei nach § 34 BauGB einfüge (vergleichende Planunterlage „K6“).
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Dem trat die Beklagte entgegen. Sie beantragt,
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Das Vorhaben überschreite das als Bezugsfall genannte Gebäude …straße 29 hinsichtlich der Grundfläche um ca. ein Drittel. Die Klägerin könne nicht vorhandene Maximalwerte beliebig kombinieren. Die exemplarische Darstellung des Mansarddachs genüge den Anforderungen der Bauvorlagenverordnung nicht. Der als „Rückgebäude“ abgefragte Bauteil sei tatsächlich eine Erweiterung des Vordergebäudes.
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Das Gericht hat am 17. Mai 2021 aufgrund Beweisbeschluss vom 11. März 2021 einen Augenschein durchgeführt. In der sich anschließenden mündlichen Verhandlung wies es darauf hin, dass nach seiner vorläufigen Rechtsauffassung zur Bestimmung des zulässigen Maßes auch der Baukörper …straße 29 prägend sei. Der beantragte Baukörper gehe jedoch über das Maß der Nutzung des als Bezug genannten Baukörpers hinaus. Es erging ein Beschluss, wonach eine Entscheidung zugestellt werden sollte, jedoch nicht vor dem 31. Mai 2021.
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Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2021 beantragte die Klägerin die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Die Klage werde nur noch hinsichtlich der Fragen 3 und 4 aufrechterhalten. Im Übrigen werde der Vorbescheidsantrag zurückgenommen. Es sei nochmals darauf hinzuweisen, dass in der geschlossenen Bauweise ein rein rechnerisch ermitteltes Maß der baulichen Nutzung kein relevantes Einfügenskriterium sein könne. Die Galerie in der obersten Dachebene trete nach außen nicht als Geschoss in Erscheinung. Der streitgegenständliche Baukörper passe sich sowohl im Block wie auch in Bezug auf den Bezugsbaukörper …straße 29/31 an. Ebenso wie das streitgegenständliche Vorhaben handele es sich bei dem über Eck gebauten Baukörper …straße 29/31 um ein Baugrundstück, bestehend aus zwei Katastergrundstücken. Die vorgelegten vergleichenden Schnittdarstellungen zeigten, dass das Volumen des Daches des Vorhabens rechnerisch gleich sei mit dem Volumen im Bereich des Daches …straße 31. Das Vorhaben liege mit seinem Volumen unter dem Volumen des Bezugsbaukörpers …straße 29/31.
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Das Gericht hat am 28. Juni 2021 eine (weitere) mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Fragen 2 und 5-13 (bei Frage 6 nicht hinsichtlich des Teils, der erforderlich ist, um die Frage 3 beantworten zu können) für erledigt erklärten und der Bevollmächtigte der Klägerin beantragte,
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Unter Aufhebung des Vorbescheids der Beklagten vom 11. März 2019 - soweit dieser die Vorbescheidsfragen 3 und 4 negativ oder nicht beantwortet - wird die Beklagte verpflichtet, der Klägerin einen positiven Vorbescheid zu erteilen,
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hilfsweise über den Vorbescheidsantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts neu zu entscheiden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des schriftsätzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Zwar sieht § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO grundsätzlich eine Entscheidung durch Beschluss vor, bei einer Teilerledigung können deren Folgen jedoch auch in der Entscheidung über den rechtshängig bleibenden Rest ausgesprochen werden (vgl. Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 92 RdNr. 24f., § 161 Rn. 14).
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Im Übrigen hat die zulässige Klage in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheids. Die negative Beantwortung der Vorbescheidsfragen ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.
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1. Eine Baugenehmigung (und damit auch ein Vorbescheid gemäß Art. 71 Satz 4 BayBO) ist zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BayBO. Gemäß Art. 71 Satz 1 BayBO kann vor Einreichung eines Bauantrages auf Antrag des Bauherrn zu einzelnen in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erteilt werden. Als feststellender Verwaltungsakt stellt der Vorbescheid im Rahmen der vom Bauherrn gestellten Fragen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die Gegenstand der Prüfung sind, fest. Er entfaltet insoweit während seiner Geltungsdauer - in der Regel drei Jahre (Art. 71 Satz 2 BayBO) - Bindungswirkung für das nachfolgende Baugenehmigungsverfahren.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf positive Beantwortung der gestellten Vorbescheidsfragen Nr. 3) und 4), da dem Vorhaben im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen, Art. 71 Satz 1 und 4 BayBO iVm Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO, Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 a) BayBO iVm §§ 29 bis 38 BauGB.
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Das abgefragte Vorhaben ist bauplanungsrechtlich unzulässig, da es sich vom Maß der baulichen Nutzung her nicht in die Eigenart der maßgeblichen näheren Umgebung einfügt, § 34 Abs. 1 BauGB. Es geht in seiner Geschossigkeit über den aus der Umgebung ableitbaren Rahmen hinaus und verursacht städtebauliche Spannungen. Dies gilt für die beiden abgefragten Varianten mit „Satteldach“ (Frage 3) und - soweit aufgrund der Bauvorlagen beurteilbar - mit Mansarddach (Frage 4).
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Hinsichtlich der Frage 4 „Variante Mansarddach“ sind überdies die Baupläne nicht ausreichend, um die Vorbescheidsfrage abschließend beantworten zu können, Art. 71 Satz 4, Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO iVm § 8 Abs. 2 Nr. 2 h) Bauvorlagenverordnung.
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2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf positive Verbescheidung der Frage 3.
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2.1. Wie von der Beklagten zutreffend ausgeführt wurde, kann die im Vorbescheid gestellte Frage 3 nicht isoliert betrachtet und beurteilt werden. Bei dem mit Frage 3 und Frage 6 abgefragten Vorhaben handelt es sich um einen einheitlichen Baukörper, der über einen eingeschossigen Erweiterungsbau im Erdgeschoss mit Dachterrasse verfügt und in den Obergeschossen straßenseitig mit einer Geschossigkeit von E+V+2 Dachgeschossebenen ausgebildet werden soll (vgl. den Eingabeplan, Grundriss Erdgeschoss). Eine Aufspaltung wie sie in Frage 3 („Vordergebäude“) und Frage 6 („Rückgebäude“) vorgenommen wurde, ist daher hinsichtlich des Einfügungskriteriums „Maß der baulichen Nutzung“ nicht möglich.
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Gegenstand eines Vorbescheidsantrags können nach Art. 71 Satz 1 BayBO allerdings (nur) einzelne Fragen eines Bauvorhabens sein. Nach dem Sinn und Zweck des Vorbescheids, eine bindende Wirkung zu erzeugen, sind - jedenfalls soweit das in Rede stehende Vorhaben einer Baugenehmigung bedarf - einzelne Fragen des Bauvorhabens nur solche, über die entsprechend dem einschlägigen Prüfungsmaßstab in einer Baugenehmigung zu entscheiden ist (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2008 - 15 B 06.3463 - juris Rn. 14).
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Die grundsätzliche Unbestimmtheit der Vorbescheidsfrage 3 kann vorliegend durch Auslegung beseitigt werden (vgl. zur Auslegung von Anträgen: Decker in: Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Werkstand: 141. EL März 2021, Art. 71 Rn. 36 BVerwG, U.v. 12.12.2001 - 8 C 17/01 - BVerwGE 115, 302, m. w. N.). Dementsprechend war die Frage 3 unter Berücksichtigung der zur Auslegung heranzuziehenden Teile der Frage 6 (der Vorbescheidsantrag wurde hinsichtlich der Frage 6 nicht zurückgenommen, soweit dies erforderlich ist, um die Frage 3 beantworten zu können) und den vorliegenden Bauzeichnungen zusammenfassend so auszulegen, dass sie die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Maßes der Nutzung des Gesamtbaukörpers (Grundfläche und Höhenentwicklung) sowie dessen Zulässigkeit hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in der „Variante Satteldach“ zum Gegenstand hat.
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2.2. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich hinsichtlich der abgefragten Einfügenskriterien nach § 34 Abs. 1 BauGB.
32
Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist, § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Nach Satz 2 dieser Vorschrift müssen die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
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2.2.1. Maßgeblicher Beurteilungsrahmen für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB die Eigenart der näheren Umgebung.
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Der die nähere Umgebung bildende Bereich reicht so weit, wie sich die Ausführung des zur bauaufsichtlichen Prüfung gestellten Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (st.Rspr.: BVerwG, U.v. 26.5.1978 - 4 C 9.77 - juris Rn. 33; B.v. 27.3.2018 - 4 B 60.17 - juris Rn. 7), wobei darauf abzustellen ist, was in der Umgebung tatsächlich vorhanden ist (vgl. BVerwG, B.v. 27.3.2018 - 4 B 60.17 - juris Rn. 7).
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Die maßgebliche nähere Umgebung ist für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.1997 - 4 B 172.97 - juris Rn. 5; U.v. 8.12.2016 - 4 C 7.15 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 14.2.2018 - 1 CS 17.2496 - juris Rn. 13). Bei den Kriterien Nutzungsmaß und überbaubare Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2014 - 4 B 38.13 - juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 16.12.2009 - 1 CS 09.1774 - juris Rn. 21, m.w.N.). Entscheidend bleiben in jedem Fall die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall (vgl. OVG NW, U.v. 1.3.2017 - 2 A 46/16 - juris Rn. 35, m.w.N.). In der Regel gilt jedoch bei einem inmitten eines Wohngebiets gelegenen Vorhaben als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite (vgl. BayVGH, U.v. 10.7.1998 - 2 B 96.2819 - juris Rn. 25; U.v. 24.7.2014 - 2 B 14.1099 - juris Rn. 20; B.v. 14.2.2018 - 1 CS 17.2496 - juris Rn. 16 f.; OVG RhPf, U.v. 8.3.2017 - 8 A 10695/16 - juris Rn. 30).
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2.2.2. Dieses berücksichtigend ist vorliegend das Quartier …straße, …straße und …straße, im Geviertsinnern im Süden (aufgrund der ungewöhnlichen Größe des Gevierts) begrenzt auf der Höhe des Anwesens …straße 48. Die weiter südlich vorhandenen Gebäude stehen zu dem Vorhaben aufgrund der großen Entfernung in keiner städtebaulichen Beziehung mehr. In dem dichtest bebauten Quartier können sie daher das Vorhaben nicht mehr prägen.
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Weiterhin prägt auch die Bebauung auf der Westseite der …straße - begrenzt auf der Höhe des Anwesens …straße 31 - das Vorhabengrundstück und ist Teil der maßgeblichen Umgebung. Die Kammer konnte bei Einnahme des Augenscheins feststellen, dass die …straße im Kreuzungsbereich verengt ist und über einen erhöhten Fußgängerüberweg verfügt. Es handelt sich dort um eine Einbahnstraße mit beidseitigen Gehwegen und Längsparkplätzen. Der …straße kommt weder aufgrund ihrer Breite, ihrer Auslastung noch ihrer sonstigen Ausgestaltung trennende Wirkung zu. Vielmehr stehen die beiden mehrgeschossigen Blockrandbebauungen beidseits der …straße in diesem Bereich zueinander in enger städtebaulicher Beziehung und prägen sich wechselseitig. Hierzu zählt auch der von der Klägerin angeführte Bezugsfall …straße 29/31.
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Die verbindende Wirkung der …straße wird insbesondere im Vergleich zur …straße - im Bereich zwischen …straße und …straße - deutlich. Diese ist in beiden Fahrtrichtungen befahrbar und verfügt über zwei Fahrbahnen mit Gehsteigen und Längsparkplätzen. Ihr kommt aufgrund ihrer Breite und Ausgestaltung trennende Wirkung zu. Die dem Vorhaben ebenfalls gegenüberliegende Nordseite der …straße gehört daher nicht mehr zur maßgeblichen Umgebung. Aus diesem Grund war auch nicht die „Platzsituation“ …straße Ecke …straße als prägend anzusehen. Die dort vorhandenen Gebäude stehen aufgrund der trennenden Wirkung der …straße zueinander in keiner städtebaulichen Beziehung.
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2.3. Das Vorhaben hält sich in der „Variante Satteldach“ hinsichtlich dem Maß der baulichen Nutzung - Geschosszahl - nicht innerhalb des vorgegebenen, aus der Umgebung ableitbaren Rahmens. Es verfügt über acht Geschosse (E+V+2 DG). In der maßgeblichen Umgebung existiert - auch bei Berücksichtigung des Bezugsfalls …straße 29/31 - kein Gebäude mit einer vergleichbaren Geschossigkeit.
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2.3.1. Ein Vorhaben fügt sich nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein, wenn es dort Referenzobjekte gibt, die bei einer wertenden Gesamtbetrachtung von Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung auch nach dem Verhältnis zur Freifläche, vergleichbar sind. Die Übereinstimmung nur in einem Maßfaktor genügt nicht. Für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung zueinander in Beziehung zu setzen. Gebäude prägen ihre Umgebung nicht durch einzelne Maßbestimmungsfaktoren im Sinne des § 16 Abs. 2 BauNVO, sondern erzielen ihre optische maßstabbildende Wirkung durch ihr gesamtes Erscheinungsbild (BVerwG, U.v. 8.12.2016 - 4 C 7.15 - juris Leitsatz 2, Rn. 20 unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 23.3.1994 - 4 C 18.92 - juris Rn. 7). Dabei ist in erster Linie auf solche Maßfaktoren abzustellen, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten (BVerwG, B.v. 14.03.2013 - 4 B 49/12 - juris Rn. 5).
41
Das Dachgeschoss zählt bei der Ermittlung der Geschosszahl grundsätzlich wie ein normales Geschoss (VG Augsburg, U.v. 18.05.2009 - Au 5 K 08.1435 - juris Rn. 28 u. 31). Dafür kommt es allerdings nicht darauf an, ob bei einem ausgebauten Dachgeschoss ein Vollgeschoss vorliegt (BVerwG, U.v. 23.3.1994 - 4 C 18/92 - NVwZ 1994, 1006-1008). Maßgeblich ist auch hier allein das, was nach außen hin wahrnehmbar in Erscheinung tritt. Dementsprechend ist ein Dachgeschoss mit zwei nach außen wahrnehmbaren Dachgeschossebenen bei der Ermittlung der Geschosszahl mit zwei Geschossen anzusetzen, ein Dachgeschoss mit nur einer nach außen wahrnehmbaren Dachgeschossebene mit einem Geschoss. Ebenso kommt es mangels Erkennbarkeit von außen nicht darauf an, ob das Dachgeschoss im Dachspitz insoweit „ausgebaut“ ist, dass das Dach auch in der „zweiten Ebene“ beispielsweise zu Lagerzwecken genutzt werden kann. Eine solche lediglich im Gebäudeinnern, aber nicht nach außen in Erscheinung tretende „zweite Dachgeschossebene“ (im Dachspitz) fällt bei der Ermittlung der Geschosszahl nicht ins Gewicht. Irrelevant ist in diesem Zusammenhang mangels Wahrnehmbarkeit nach außen auch, ob im Dachgeschoss eine weitere Dachgeschossebene realisiert werden könnte (vgl. BVerwG, B.v. 14.03.2013 - 4 B 49/12 - juris Rn. 4).
42
Die Dachgestaltung spielt hinsichtlich des Einfügens im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB überdies keine Rolle, da es sich hierbei um eine Frage des Bauordnungsrechts handelt (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand: 141. EL Februar 2021, § 34 Rn. 38, m.w.N.). Da es nur darauf ankommt, was nach außen in Erscheinung tritt, kann ein zurückgesetztes Terrassengeschoss zwar nicht anders beurteilt werden, als ein Dachgeschoss auf einem Gebäude mit geneigtem Dach. Voraussetzung ist allerdings, dass das Bauvolumen im obersten Geschoss vergleichbar ist (VG München, U.v. 24.10.2017 - M 1 K 16.5374 - juris Rn. 41).
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Insoweit ist zu berücksichtigen, dass ein Flachdachgebäude gegenüber einem gleich hohen Gebäude mit Satteldach deutlich massiver wirkt (BayVGH, U.v. 14.12.2016 - 2 B 16.1574 - juris Rn. 61). Daher kann auch der Vergleich der absoluten (First-)Höhe zu einem nicht abschließenden Ergebnis führen. Die Firsthöhe eines Gebäudes mit Satteldach kann dementsprechend nicht ohne weiteres auf die Höhe eines Gebäudes mit Flachdach übertragen werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die oberen Geschosse entsprechend im Volumen angepasst werden (Einhaltung der „fiktiven Dachschräge“, vgl. VG Augsburg, U.v. 18.5.2009 - Au 5 K 08.1435 - juris; VG München, U.v. 16.12.2002 - M 8 K 02.4151 - juris).
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2.3.2. Das Vorhaben nimmt zwar die Wandhöhe des Bezugsbaukörpers …straße 29/31 auf (jeweils 18,20 m). Hinsichtlich der Firsthöhe ragt es geringfügig über diese hinaus. Die Firsthöhe des Bezugsbaukörpers beträgt 24,14 m (vgl. den genehmigten PlanNr. …*), die des Vorhabens 24,20 m. Dieser Unterschied wäre in Natura jedoch nicht zu erkennen und ist daher insoweit irrelevant.
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Das Vorhaben kommt in seiner Höhenentwicklung in der Variante „Satteldach“ aufgrund der vorgesehenen Dachform (Dachneigung von 45° straßenseitig und von 60° hofseitig) von seiner Wirkung her jedoch nicht einem Gebäude mit Satteldach, sondern einem Gebäude mit Terrassengeschoss und Flachdach gleich (vgl. hierzu auch: BayVGH, U.v. 14.8.2003 - 2 BV 03.771 - juris). Die Firsthöhen können daher nicht miteinander verglichen werden. Maßgeblich ist die Geschossigkeit, so wie sie nach außen in Erscheinung tritt. Hier gleicht sich das Vorhaben nicht an den Bezugsbaukörper an (sieben Geschosse), sondern übersteigt dessen Geschossanzahl um ein zusätzliches Geschoss im Dach (zweite Dachgeschossebene - „Galerie“).
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Das massive, voluminöse Dach des Vorhabens tritt aufgrund seiner Höhe (6,00 m, abgegriffen), der vorgesehenen relativ steilen Dachneigung im Hofbereich und dem Flachdach wie zwei zusätzliche Geschosse in Erscheinung. Ausweislich der Pläne soll die zweite Dachgeschossebene zudem über ein nach außen wahrnehmbares Oberlicht verfügen. Dass das Dachgeschoss in der zweiten Ebene in den Planunterlagen als „Galerie“ bezeichnet wurde und kein durchgängiger Fußboden vorgesehen ist, ist eine unbeachtliche Frage der Innenaufteilung und für das äußere Erscheinungsbild ohne Belang.
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Über dem südwestlichen Gebäudeteil (* …straße) wird über 40% der Grundfläche im 7.OG / der zweiten Dachgeschossebene ein Flachdach errichtet, über dem nordöstlichen Teil (* …straße) sind es 35%. Im Dach (6. und 7. OG) sind zwei Geschosse vorhanden, welche jeweils abgestuften Terrassengeschossen entsprechen und beidseitig durch eine Dachschräge „verkleidet“ werden. Besonders deutlich wird dies, wenn man gedanklich die beiden Dachschrägen zu einem fiktiven Dachspitz - wie er beim Bezugsfall …str. 29/31 vorhanden ist - verlängert (Höhe von ca. 28,20 m) oder fiktive Außenwände zwischen dem Bereich, über dem ein Flachdach verwirklicht werden soll und dem darunter liegenden Fußboden bildet.
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2.3.3 Die Gebäude in der maßgeblichen Umgebung umfassen - wie das Gericht beim Augenschein feststellen konnte - inklusive Dachgeschoss lediglich bis zu sieben Geschosse.
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Auch der Bezugsfall …straße 29/31 tritt nicht wie das Vorhaben achtgeschossig, sondern siebengeschossig in Erscheinung. Aufgrund des steilen Satteldachs (Dachneigung straßenseitig ca. 45°, hofseitig teilweise ebenfalls ca. 45°, teilweise ca. 20°) und des straßenseitigen Gaubenbands bzw. der Dachliegefenster im unteren Dachbereich, welche sich in der oberen Ebene nicht fortsetzen, wird das Dach von außen als eine Einheit bzw. ein Geschoss wahrgenommen. Daran ändert auch der straßenseitige, turmartige Aufbau (wohl Aufzugsüberfahrt) im oberen Bereich des Daches (* …straße 31) nichts. Dieser ist gegenüber dem restlichen Dach aufgrund seines im Vergleich zur Dachfläche geringen Umfangs untergeordnet und vermag das äußere Erscheinungsbild hinsichtlich der Geschossigkeit nicht zu verändern. Ergänzend wird dieser optische Eindruck bestätigt durch die dem Gericht vorliegenden genehmigten Pläne (PlanNr. …*). Im Dach befindet sich in der ersten Dachgeschossebene Büronutzung, im Dachspitz ist dagegen keine Hauptnutzung vorgesehen.
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Dieser Eindruck des einheitlichen Dachs setzt sich hofseitig fort. Zwar verläuft dort in Teilbereichen die rückwärtige Außenwand bis zum Abschluss des siebten Geschosses, woran sich die flachgeneigte (ca. 20°), rückwärtige Dachschräge des Satteldachs anschließt. Auch im Eckbereich der …straße 29 befindet sich ein auskragender Bauteil in der siebten Geschossebene. Allerdings tritt das Gebäude auch hofseitig lediglich siebengeschossig in Erscheinung, da der Dachspitz auch in diesem Bereich nicht wie ein zusätzliches Geschoss wirkt.
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2.4. Da das Erfordernis des Einfügens nicht zur Uniformität zwingt, ist es zwar nicht notwendig, dass ein streitiges Vorhaben den aus der Umgebung abzuleitenden Rahmen exakt einhält. Es können sich deshalb auch solche Vorhaben hinsichtlich in Rede stehender Beurteilungsmaßstäbe einfügen, die über den vorhandenen Rahmen unwesentlich hinausgehen (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 - 4 C 7.15 - juris Rn. 21). Voraussetzung hierfür ist, dass sie weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet sind, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (BVerwG, U.v. 12.11.2014 - 9 C 7.13 - juris Rn. 16).
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Das Vorhaben überschreitet den Rahmen mit einem zusätzlichen Geschoss jedoch nicht nur unwesentlich und ist geeignet, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen. Diese würden sich durch entsprechende Bauwünsche der Eigentümer der umgebenden Grundstücke noch deutlich erhöhen. Bei Realisierung des Vorhabens könnte die Beklagte die Verwirklichung weiterer achtgeschossiger Gebäude, welche bisher in der maßgeblichen Umgebung noch nicht vorhanden sind, nicht mehr verhindern. Es verbleibt daher dabei, dass sich das Vorhaben hinsichtlich der Geschossigkeit nicht in die maßgebliche Umgebung einzufügen zu vermag.
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2.5. Auf den weiteren abgefragten Maßfaktor „Grundfläche“, die von der Klägerin angesprochenen Besonderheiten bei der Ermittlung des Maßes im Rahmen der geschlossenen Bebauung und die Volumina des Vorhabens und des Bezugsbaukörpers - auch im Dach - kommt es mithin nicht (mehr) an. Gleiches gilt für den von der Klägerin bemühten Vergleich mit dem Vorhaben (PlanNr. …*), für das ein weitestgehend positiver Vorbescheid erteilt wurde.
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Nur am Rande ist überdies darauf hinzuweisen, dass die von der Beklagten angeführten Belange des Ortsbildes, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB, ersichtlich durch das Vorhaben nicht berührt werden. Der Begriff des Ortsbildes als Zulässigkeitsmerkmal i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB stellt nämlich auf einen größeren maßstabbildenden Bereich ab als auf die für das Einfügensgebot maßgebliche nähere Umgebung (BVerwG, U.v. 11.5.2000 - 4 C 14.98 - NVwZ 2000, 1169).
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2.6. Hinsichtlich des ebenfalls abgefragten Einfügens in Bezug auf die überbaubare Grundstücksfläche besteht - dieses berücksichtigend - kein Anspruch auf positive Beantwortung der (Teil-)Frage, denn die Frage nach dem Maß und der Situierung des Gebäudes sind hier aufgrund der Einheitlichkeit des Baukörpers untrennbar miteinander verbunden (vgl. BayVGH, U.v. 14.12.2016 - 2 B 16.1574 - juris Rn. 42).
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3. Die Klägerin hat ebenso keinen Anspruch auf positive Beantwortung der Frage 4.
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Auch diese Frage war zunächst auszulegen. In Zusammenschau mit der Frage 3 und aufgrund der rudimentären Darstellung des Mansarddachs in den Plänen (welche etwa für Fragen des Denkmalschutzes nicht ausreichend wäre) ist sie so zu verstehen, dass hier eine Variante des Baukörpers („Mansarddach“) dargestellt wurde, deren Zulässigkeit hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung abgefragt werden sollte.
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Zwar spielt die Form des Dachs bauplanungsrechtlich grundsätzlich keine Rolle (s.o.). In der „Variante Mansarddach“ tritt die Wirkung des Dachs als zwei Geschosse aufgrund des noch massiveren Erscheinungsbilds - soweit im Schnitt „A-A / Alternative Mansarddach“ erkennbar - jedoch noch deutlicher hervor, so dass das oben Gesagte insoweit auch hier gilt.
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Der Beklagten ist überdies darin zuzustimmen, dass die zeichnerische Darstellung in den genehmigten Plänen bei dem über Eck geführten Gebäude nicht ausreicht, um die abgefragte planungsrechtliche Zulässigkeit hinsichtlich des Maßes abschließend zu beurteilen. Der Vorbescheidsantrag muss jedoch hinreichend bestimmt sein (vgl. Decker in: Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Werkstand: 141. EL März 2021, Art. 71 Rn. 34 ff.) Dem Antrag muss sowohl das Vorhaben, dessen Zulässigkeit geprüft werden soll, als auch der Umfang, in dem die Prüfung begehrt wird, entnommen werden können (BayVGH U.v. 22.5.2006 - 1 B 04.3531 - NVwZ-RR 2007, 653).
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Der Schnitt „A-A / Alternative Mansarddach“ zeigt jedoch lediglich einen Flügel des Gebäudes (* …straße). Zwar ist durch Auslegung der Vorbescheidsfrage erkennbar, dass das Mansarddach auch bei dem anderen Flügel (* …straße) ausgeführt werden soll. Allerdings bleiben die hier vorgesehenen Maße entgegen Art. 71 Satz 4, 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO iVm § 8 Abs. 2 Nr. 2 h) BauVorlV offen. Angesichts dessen, dass die beiden Gebäudeteile über verschiedene Breiten verfügen (16,00 m und 14,20 m), können aus dem Schnitt und den dort angegebenen Maßen auch keine Rückschlüsse auf den nicht dargestellten Gebäudeteil gezogen werden.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich des erledigten Teils des Verfahrens ergibt sich die Kostenpflicht der Klägerin aus § 161 Abs. 2 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, ihr auch insoweit die Kosten aufzuerlegen, da sie sich durch die Rücknahme des Vorbescheidsantrags freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben hat.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO iVm §§ 708 ff. ZPO.