Inhalt

VG München, Urteil v. 11.03.2021 – M 10 K 18.6114
Titel:

Anpassung der Geschäftsgrundlage für die Abwasserentsorgung

Normenketten:
BayVwVfG Art. 54, 56, 60
KommZG Art. 17 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1
Leitsatz:
Wesentlich ist eine Änderung der Verhältnisse daher nur, wenn die Vertragsparteien bei Kenntnis dieser Änderung den Vertrag nicht oder jedenfalls nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätten. Schließlich müssen die Folgen der nachträglichen Änderung den Risikorahmen überschreiten, den ein Vertragspartner nach Treu und Glauben hinzunehmen hat, weshalb ihm das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zumutbar ist (BVerwG BeckRS 2013, 46340). (Rn. 65) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zuteilung Abwasserkontingent, Öffentlich-rechtlicher Vertrag, Abrechnung, Rückerstattung, öffentlich-rechtlicher Vertrag, Anpassung oder Wegfall der Geschäftsgrundlage, Verbandssatzung, Dreiecksverhältnis, Abwasserentsorgung, Rückzahlungsverpflichtung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 22091

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Abrechnung bzw. Rückerstattung von ihm aufgrund einer Vereinbarung an die Beklagte geleisteter Zahlungen für Abwasserkontingente.
2
Der Kläger war Erbbauberechtigter des Grundstücks Fl. Nr. … Gemarkung … und Geschäftsführer einer Gesellschaft, welche auf diesem Grundstück ein Hotel und Restaurant betrieb.
3
Die Beklagte betrieb im Gemeindegebiet bis zum 31. Dezember 2013 eine öffentliche Entwässerungseinrichtung mit örtlichen Entwässerungskanälen. Die Weiterleitung der örtlichen Abwässer über eine Ringkanalisation um den … See sowie die Abwasserbehandlung in einer Kläranlage übernahm dabei im Innenverhältnis der beigeladene Abwasserverband.
4
Der Beigeladene ist ein Zweckverband zur gemeinsamen Abwasserbeseitigung in den Gemeinden rund um den … See. Der Zweckverband war zunächst gegründet worden, um einen Ringkanal um den … See und eine zentrale Kläranlage für die Seeanliegergemeinden zu bauen und zu betreiben. Mit der Verbandssatzung vom 21. Juni 2013 wurden die bisherige Verbandsaufgaben geändert. Der Beigeladene hat seit dem 1. Januar 2014 die Aufgabe, für alle Mitgliedsgemeinden eine gemeinsame Entwässerungseinrichtung zur Beseitigung von Abwasser getrennt nach Schmutz- und Niederschlagswasser (Trennsystem) zu planen, zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten sowie im Bedarfsfall zu erweitern und bereits vorhandene Ortsnetze der Verbandsmitglieder zum 1. Januar 2014 zu übernehmen. Insoweit hat der Beigeladene von den Mitgliedsgemeinden die diesen obliegende Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis der Abwasserbeseitigung gemäß Art. 34 Abs. 1 BayWG, § 56 WHG übertragen bekommen.
5
Der Kläger plante eine wesentliche Erweiterung des Hotels, wozu er zunächst vom Landratsamt … mit Bescheid vom 3. Juni 2002 die Baugenehmigung zum Neubau eines Seehotels mit 120 Gästebetten erhielt. Hierzu hatte die Beklagte einen Bebauungsplan vom 18. Dezember 1998 aufgestellt. Mit Bescheid des Landratsamts vom 23. März 2006 wurde die Geltungsdauer dieser Baugenehmigung bis einschließlich 31. März 2008 verlängert.
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Darüber hinaus plante der Kläger ein noch größeres Vorhaben mit 218 Betten. Zur Sicherstellung der Entsorgung schloss der Kläger mit der Beklagten am 20. März 2007 eine Vereinbarung über die Zuteilung von Abwasserkontingenten:
7
Nach der Vorbemerkung zu dieser Vereinbarung gingen die Vertragsparteien davon aus, dass für die Erschließung des Grundstückes der Anschluss an die öffentliche Entwässerungseinrichtung erforderlich sei, zu der die Ortskanalisation der Beklagten sowie die Abwasserbeseitigungsanlagen des Beigeladenen gehörten. Für die Einleitung der auf dem Hotelgrundstück künftig anfallenden Abwassermengen in die Abwasserbeseitigungsanlagen des Beigeladenen bedürfe es der vorherigen Zuteilung entsprechender Abwasserkontingente durch den Beigeladenen an die Beklagte nach Maßgabe der Verbandssatzung und von Zuteilungsrichtlinien des Beigeladenen. Danach sei Antragsteller, Abwasserkontingentempfänger und Kostenträger gegenüber dem Beigeladenen ausschließlich die Beklagte, die auch für die Zweckbindung des zugeteilten Abwasserkontingents verantwortlich sei. Für den geplanten Betrieb des Hotels müssten auf Grundlage der Bauvoranfrage vom 5. Dezember 2006 und einem Schreiben des Beigeladenen vom 7. März 2007 hierfür 315 Entwässerungseinheiten (EW) zugeteilt werden. Daraus ergebe sich für die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen eine Zahlungsverpflichtung von 435 EUR pro EW. Dies bedeute eine Gesamtumlage in Höhe von 137.025 EUR. Nachdem die Beklagte bereits 1993 für einen geplanten Hotelbau 122 EW bezahlt habe, werde in der Vereinbarung ausschließlich auf den Wert von 2007 abgestellt, da die Beklagte seit 1993 erhöhte Bau- und Betriebsumlagen für die bisher erworbenen EW habe bezahlen müssen.
8
Gemäß § 1 der Vereinbarung übernahm der Kläger im Verhältnis zur Beklagten den von dieser an den Beigeladenen für die Zuteilung von Abwasserkontingenten zu zahlenden Betrag in Höhe von voraussichtlich 137.025 EUR. Die endgültige Höhe des genannten Betrages ergebe sich aus der abschließenden Rechnungstellung des Beigeladenen gegenüber der Beklagten, sodass gegebenenfalls jeweils zinslos entweder dem Kläger eine Überzahlung zu erstatten sei oder eine Nachzahlung zu leisten sei, je nachdem ob sich aus der endgültigen Rechnung niedrigere oder höhere EW als 315 EW ergäben. Etwaige Erstattungs- bzw. Nachzahlungsbeträge seien zu zahlen, sobald der Beigeladene der Beklagten schriftlich bestätige, dass weitere EW zugeteilt oder zugeteilte EW zurückgenommen worden seien.
9
Nach § 3 Abs. 1 der Vereinbarung müsse für Planungs- und Ausführungszeiträume ein Terminplan vorgelegt werden. Innerhalb von 3 Jahren nach Zuteilung des Abwasserkontingents durch den Beigeladenen müsse mit dem Bau des Hotels begonnen werden, andernfalls werde das Kontingent wieder zurückgefordert, womit die Erschließung nicht mehr gesichert wäre.
10
In § 3 Abs. 2 wird geregelt, unter der Voraussetzung, dass es zu einer die Zuteilung der Abwasserkontingente rechtfertigenden Baumaßnahme nicht oder nur teilweise komme - zum Beispiel weil der Kläger oder ein Rechtsnachfolger vom Bauvorhaben Abstand nehme oder die Baugenehmigung nicht oder nur eingeschränkt erteilt werde - und deshalb vom Beigeladenen zugewiesene Kontingente oder Teile hiervon zurückgenommen würden oder an ihn zurück zu geben seien, finde eine Rückzahlung des nicht verzinsten Betrags an die Beklagte nach Maßgabe der Verbandssatzung sowie von Zuteilungsrichtlinien des Beigeladenen statt. Die Beklagte sei nach § 3 Abs. 3 verpflichtet, den vom Beigeladenen zurückbezahlten Betrag binnen 14 Tagen an den Kläger weiterzugeben.
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Nach § 4 der Vereinbarung sei der Kläger verpflichtet, diese in der Vereinbarung eingegangenen Verpflichtungen etwaigen Rechtsnachfolgern mit Weitergabeverpflichtung aufzuerlegen.
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Mit einem auszugsweise vorgelegten notariellen Kaufvertrag vom 6. November 2009 veräußerte der Kläger im eigenen Namen sowie in seiner Eigenschaft als alleiniger Geschäftsführer der Hotelverwaltungs GmbH, diese wiederum handelnd als einzig persönlich haftende Gesellschafterin der Hotel GmbH, das Unternehmen bzw. seine Rechte an den Betriebsgrundstücken an einen Käufer. Unter Nummer 2.6 „Abwasserkontingente“ wurde geregelt, dass der Kläger mit der Beklagten am 20. März 2007 eine Vereinbarung zur Übernahme eines Betrags von voraussichtlich 137.025 EUR für die Zuteilung von Abwasserkontingenten für die Errichtung eines Hotels auf den Erbbaurechtsgrundstücken getroffen habe. Die Vereinbarung sei dem Käufer bekannt. Der Kläger habe den Betrag von 137.025 EUR bereits bezahlt. Dieser Betrag sei Bestandteil des Kaufpreises. Der Käufer beabsichtige, das nach Bebauungsplan zulässige Maß der baulichen Nutzung nicht auszunutzen und abweichend vom Bebauungsplan ein kleineres Hotel zu errichten. Soweit es infolge der Baureduzierung zu einer teilweisen Erstattung des für die Abwasserkontingente bezahlten Betrags von 137.025 EUR komme, stehe der Rückzahlungsbetrag dem Verkäufer zu.
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Mit Schreiben vom 7. November 2016 an die Beklagte wies der Klägerbevollmächtigte darauf hin, dass nachdem mittlerweile durch den Käufer des Erbbaurechts mit den Baumaßnahmen begonnen worden sei, § 3 Abs. 2 der Vereinbarung zum Tragen komme, nach der für die nicht ausgenutzten Abwasserkontingente eine Rückzahlung stattzufinden habe. Mit dem Käufer des Erbbaurechts sei hinsichtlich der Kontingente vereinbart worden, dass ein eventueller Rückzahlungsbetrag zum Beispiel infolge einer Baureduzierung dem Kläger zustehe. Der Kläger gehe davon aus, dass nach der vorliegenden Baugenehmigung die benötigten Abwasserkontingente feststünden, sodass die vereinbarte Abrechnung erfolgen könne.
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Mit Schreiben an den Kläger vom 12. Dezember 2016 führte die Beklagte aus, dass sie bis zum 31. Dezember 2013 keine Abwasserkontingente an den Beigeladenen zurückgegeben habe bzw. von diesem keine Kontingente zurückgenommen worden wären. Folglich sei auch keine Rückzahlung erfolgt, welche gegebenenfalls an den Kläger zurückzuzahlen wäre. Zum 1. Januar 2014 sei eine Umstellung der Verbandssatzung erfolgt, wonach Beiträge unmittelbar zwischen dem Beigeladenen und den angeschlossenen Einleitern zu erheben seien.
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Auf eine Anfrage des Klägers an den Beigeladenen führte dieser mit Schreiben vom 5. Mai 2017 aus, dass die Aufgabe der Abwasserbeseitigung mittlerweile vollständig zum 1. Januar 2014 an den Beigeladenen abgegeben worden sei. Der Beigeladene könne nicht beurteilen, ob für die Schaffung von Baurecht für den Kläger es für die Beklagte erforderlich gewesen sei, ein zusätzliches Abwasserkontingent zu erwerben und ob insoweit Vorauszahlungen auf die Beiträge für den Kanalanschluss erfolgten. Die Beklagte habe damals das alleinige Satzungsrecht gehabt. Der Beigeladene sei nicht Rechtsnachfolger der Beklagten, insoweit könne auch keine Verrechnung der genannten Zahlung von 137.025 EUR erfolgen. Es könne auch bestätigt werden, dass die Beklagte bis Ende 2013 kein Abwasserkontingent an den Beigeladenen zurückgegeben habe und somit auch keine Rückzahlung durch den Beigeladenen an die Beklagte erfolgt sei.
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Mit Schreiben vom 27. Juni 2017 lehnte die Beklagte erneut eine Abrechnung bzw. Rückzahlung ab.
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Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2018 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht München Klage erhoben zunächst mit dem Antrag,
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die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Abrechnung über die Vorauszahlung in Höhe von 137.025 EUR für Abwasserkontingente gemäß der Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Kläger vom 20. März 2007 zu erteilen.
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Der Kläger habe die Vereinbarung mit der Beklagten vom 20. März 2007 abgeschlossen, um die Abwasserentsorgung des geplanten Hotelbetriebs sicherzustellen. Der Kläger habe mit Vertrag vom 6. September 2009 an einen Käufer veräußert. Nach der Vereinbarung zu den Abwasserkontingenten im Kaufvertrag stehe dem Kläger ein eventueller Rückzahlungsbetrag zu. Wegen der Abrechnung und Rückzahlung aufgrund der nicht benötigten EW für das Hotel habe der Kläger Gespräche mit der Beklagten geführt. Diese vertrete die Auffassung, dass eine Rückzahlung nicht zu erfolgen habe. Das Hotelprojekt sei 2018 fertiggestellt worden, sodass die hierfür notwendigen EW ermittelt und die Abrechnung auf Grundlage der Vereinbarung erfolgen könne. Die Beklagte weigere sich, dies zu tun.
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Die Beklagte beantragt
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Klageabweisung.
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Dem Kläger stehe hinsichtlich der geleisteten Zahlung kein vertraglicher Rückzahlungsanspruch gegen die Beklagte zu. Nach § 3 Abs. 2 der Vereinbarung vom 20. März 2007 finde im Rechtsverhältnis Beigeladener-Beklagte eine Rückzahlung unter der Voraussetzung statt, dass es erstens zu einer die Zuteilung der Abwasserkontingente rechtfertigenden Baumaßnahme nicht oder nur teilweise komme und zweitens deshalb vom Beigeladenen zugewiesene Abwasserkontingente oder Teile hiervon zurückgenommen würden oder zurück zu geben seien. Vorliegend sei die zweite Voraussetzung für eine Rückzahlungsverpflichtung nicht erfüllt. Unstreitig habe die Beklagte dem Beigeladenen kein Abwasserkontingent zurückgegeben. Für die Beklagte habe auch keine rechtliche Verpflichtung zur Rückgabe des Kontingents bestanden. Eine derartige Rückgabepflicht sei weder in der Verbandssatzung enthalten noch gebe es zwischen der Beklagten und dem Beigeladenen diesbezügliche vertragliche Vereinbarungen.
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Dessen ungeachtet stünde dem Kläger nach § 3 Abs. 3 der Vereinbarung nur dann ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu, wenn der Beigeladene den Betrag an die Beklagte zurückgezahlt hätte. In diesem Fall wäre eine (teilweise) Rückzahlung sachlich gerechtfertigt, da aufgrund der Rückgabe des Abwasserkontingents durch die Beklagte an den Beigeladenen dem Bauherrn dieses Kontingent nicht mehr zur Verfügung stehe. Vorliegend sei jedoch keine Rückgabe des Kontingents und damit auch keine Rückzahlung durch den Beigeladenen erfolgt.
24
Schließlich wäre ein Rückzahlungsanspruch im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt gewesen. Der vertragliche Anspruch unterliege nach Art. 62 Satz 2 BayVwVfG in Verbindung mit § 195 BGB einer 3-jährigen Verjährung. Die Voraussetzungen einer Rückzahlungsverpflichtung unterstellt, wäre der Anspruch mit der Abstandnahme des Klägers von der Realisierung des genehmigten Bauvorhabens entstanden. Die Abstandnahme sei mit Ablauf der Geltungsdauer der mit Bescheid vom 3. Juni 2002 vom Landratsamt erteilten Baugenehmigung erfolgt. Diese Baugenehmigung sei vom Landratsamt erteilt und mit Bescheid vom 23. Juni 2006 bis zum 31. März 2008 verlängert worden. Somit sei mit Ablauf der Geltungsdauer der Baugenehmigung im Jahr 2008 eine Abstandnahme von der Realisierung des Bauvorhabens vorgelegen, ein Rückzahlungsanspruch sei mit Ablauf des Jahres 2011 verjährt.
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Mit Schriftsatz vom 1. Juli 2019 teilte der Kläger mit, die Baugenehmigung vom 3. Juni 2002 sei obsolet. Auf Grundlage dieser Genehmigung sei kein Bauwerk errichtet worden. Dies sei der Beklagten bekannt. Ein Hotelbau gemäß der Baugenehmigung vom 3. Juni 2002 sei auch nicht Grundlage für die Vereinbarung vom 20. März 2007 gewesen, auch dies sei der Beklagten bekannt. Eine Verjährung liege nicht vor. Die Baugenehmigung vom 3. Juni 2002 sei auf Grundlage des Bebauungsplans … (vom 18.12.1998 in der Fassung vom 24.9.2001) erteilt worden. Da ein Hotelbetrieb im Umfang der erteilten Baugenehmigung betriebswirtschaftlich nicht erfolgversprechend gewesen sei, habe der Kläger eine wesentlich größere Planung verfolgt. Der Gemeinderat der Beklagten habe sich in einer Sitzung vom 19. Dezember 2006 für den Neubau in vergrößerter Form mit 218 Betten ausgesprochen und gleichzeitig beschlossen, die erforderlichen Abwassereinheiten zu sichern. Auf dieser Grundlage sei die Vereinbarung vom 20. März 2007 abgeschlossen worden.
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Der Kläger selbst habe auf Grundlage des geänderten Bebauungsplans vom 16. Oktober 2007 keinen Bauantrag eingereicht. Erst der Käufer (Kaufvertrag vom 5.11.2009) habe sich zur Durchführung eines Hotelneubaus entschieden, allerdings anders als es der geänderte Bebauungsplan vorgesehen habe. Für den nunmehr errichteten Hotelneubau sei der Bebauungsplan vom 16. Oktober 2007 nochmals geändert worden, die Baugenehmigung für die Errichtung von 3 Hotelgebäuden sei am 7. September 2015 erteilt worden. Bisher sei ein Gebäude mit 25 Zimmern und Nebenräumen im Herbst 2018 im Wesentlichen fertiggestellt worden. Das Konzept beinhalte ein exklusives, aber deutlich kleineres Hotel als nach dem Bebauungsplan vom 16. Oktober 2007 möglich gewesen wäre.
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Aufgrund der Realisierung des Hotelneubaus könne die Beklagte gegebenenfalls im Zusammenwirken mit dem Beigeladenen eine abschließende Berechnung für die endgültige Höhe der Zahlungsverpflichtung für das Abwasserkontingent durchführen. Die Beklagte bleibe Vertragspartner und können nicht auf den Beigeladenen verweisen, unabhängig von einem eventuellen Wechsel der Zuständigkeit für die Abwasserbeseitigung.
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Sollte die rechtliche Grundlage für die Zahlung gemäß Vereinbarung vom 20. März 2007 weggefallen sein, sei der gezahlte Betrag zurückzuzahlen und die Anschlusskosten an die Kanalisation nach der geltenden Satzung zu berechnen. Deshalb werde hilfsweise beantragt,
29
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 137.025 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
30
Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2020 erließ das Gericht den Beschluss, dass zum Beweis der Tatsache, wie viele Einwohnerwerte (EW) für den Bau des im Jahr 2018/2019 errichteten Hotels auf dem Grundstück Flurnummer 517 Gemarkung … angesetzt wurden, eine Auskunft des Beigeladenen eingeholt wird. Der Beigeladene wurde mit Beschluss vom 20. Januar 2020 beigeladen.
31
Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2020 teilte der Beigeladene mit, dass nicht beurteilt werden könne, wie viele Einwohnerwerte das errichtete Hotel tatsächlich in Anspruch nehme, sondern nur, wie viele Einwohnerwerte für die Baugenehmigung vom 7. September 2015 zugrunde zu legen seien. Es ergäben sich gerundet 181 Einwohnerwerte, wobei angerechnet würden: 154 Betten gemäß Bauantrag, 27 Beschäftigte gemäß Stellplatznachweis mit Faktor 0,25, 60 Sitzplätze im Eventbereich (Gaststätte) gemäß Stellplatznachweis mit Faktor 0,33.
32
Mit Schriftsatz vom 20. November 2020 stellt der Kläger nunmehr den Antrag:
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 103.530 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 3 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11. Januar 2017 zu zahlen.
34
Hierzu führt er aus, für das realisierte Hotel mit 25 Zimmern mit 50 EW und bei Übernahme der im Schriftsatz der Beigeladenen vom 22. Juni 2020 genannten 27 EW, insgesamt also 77 EW ergebe sich der Saldo von
35
- ursprünglich gezahlten 137.025 EUR (für 315 EW mal 435 EUR)
36
- abzüglich 33.495 EUR (77 EW für das realisierte Hotel mal 435 EUR)
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damit also 103.530 EUR.
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Hierzu äußerte die Beklagte mit Schriftsatz vom 18. Januar 2021, es komme nicht darauf an, welche Einwohnerwerte für das errichtete Hotelgebäude tatsächlich benötigt würden, da schon kein vertraglicher Rückzahlungsanspruch bestehe. Die Beklagte habe vom Beigeladenen nichts erhalten, was an den Kläger zurückzuzahlen wäre. Hinzu komme, dass auch die sonstigen Voraussetzungen der Vereinbarung nicht erfüllt seien, da Abwasserkontingente vom Beigeladenen nicht zurückgenommen worden seien und auch weder satzungsrechtlich noch vertraglich eine Verpflichtung der Beklagten zur Rückgabe der Abwasserkontingente bestanden habe. Eine Rückgabe von Kontingenten wäre auch nicht sachgerecht, da nach erfolgter Baulandausweisung dem Grundstückseigentümer auch künftig ein Anspruch auf die Erteilung einer Baugenehmigung zustehe. Demgemäß sehe die Vereinbarung einen Erstattungsanspruch nur dann vor, wenn zugeteilte Einwohnerwerte zurückgenommen würden.
39
In der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2021 stellte die Beklagte klar, dass der ihr vom Kläger überwiesene Betrag für das Abwasserkontingent gemäß der Vereinbarung an den Beigeladenen weitergereicht worden sei.
40
Der Beigeladene führte aus, dass in Fällen, in denen vor dem Jahr 2014 Abwasserkontingente bezahlt worden seien und die Bauvorhaben errichtet worden seien, keine Beitragsabrechnung für diese neuen Gebäude erfolgt sei. Der Beigeladene sei davon ausgegangen, dass mit konkreten ermittelten Abwasserkontingenten und der darauf erfolgten Zahlungen ein späterer Beitrag abgegolten sei. Der streitgegenständliche Fall sei soweit bekannt der einzige, in dem die Kontingentzahlung und Errichtung des Gebäudes über den 1. Januar 2014 als rechtliche Zäsur hinausgesprungen sei. Es würden auch für den Hotelneubau des Rechtsnachfolgers des Klägers wegen der bereits bezahlten Abwasserkontingente keine Herstellungsbeiträge erhoben.
41
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

42
1. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig, zuletzt mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 137.025 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 3 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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1.1 Für den zunächst gestellten Klageantrag auf Abrechnung gemäß der vertraglichen Vereinbarung bestand ein prozessuales Rechtsschutzinteresse, da die Beklagte vorprozessual eine entsprechende Abrechnung bzw. Auskunft verweigert hatte. Der Kläger konnte aufgrund der vertraglichen Regelung in § 3 der Vereinbarung vom 20. März 2007 von der Beklagten im Vorfeld für einen später eventuell geltend zu machenden Zahlungsanspruch zunächst Auskunft darüber verlangen, ob das ursprünglich vereinbarte Abwasserkontingent mit der erst später durch seinen Rechtsnachfolger erfolgten Neubaumaßnahme ausgeschöpft worden war oder nicht, woraus sich gegebenenfalls ein Rückzahlungsanspruch ergeben könnte.
44
1.2 Der geltend gemachte Auskunfts- bzw. Abrechnungsanspruch wurde durch den prozessualen Verlauf letztlich obsolet, da aufgrund der Stellungnahmen des Beklagten und der vom Gericht eingeholten Auskunft des Beigeladenen dem Kläger selbst eine Berechnung des behaupteten Rückzahlungsanspruchs möglich wurde. Der zuletzt gestellte Klageantrag auf Zahlung des nunmehr vom Kläger selbst berechneten behaupteten Rückzahlungsanspruchs ist eine sachdienliche Klageänderung nach § 263 ZPO bzw. entspricht dem prozessualen Modell einer Stufenklage nach § 254 ZPO, wonach die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, bis zu einer Rechnungsmitteilung oder Berechnungsmöglichkeit vorbehalten wird.
45
2. Die Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der von ihm geforderten 137.025 EUR.
46
2.1 Ein vertraglicher Rückzahlungsanspruch des Klägers aufgrund der Vereinbarung mit der Beklagten vom 20. März 2007 besteht nicht.
47
Eine Rückzahlungsverpflichtung ist in § 3 der Vereinbarung geregelt. Nach § 3 Abs. 2 der Vereinbarung findet unter der Voraussetzung, dass es zu einer die Zuteilung der Abwasserkontingente rechtfertigenden Baumaßnahme nicht oder nur teilweise kommt - zum Beispiel deshalb, weil der Kläger oder ein etwaiger Rechtsnachfolger von einer Realisierung des Bauvorhabens Abstand nimmt oder die Baugenehmigung nicht oder nur in einem eingeschränkten Umfang erteilt wird - und deshalb vom Beigeladenen zugewiesene Abwasserkontingente oder Teile hiervon zurückgenommen werden oder an ihn zurückzugeben sind, eine Rückzahlung des nicht verzinsten Betrags an die Beklagte nach Maßgabe der Verbandssatzung sowie der Richtlinie über die Zuteilung von Abwasserkontingenten statt.
48
2.1.1 Insoweit liegt eine wirksame vertragliche Regelung vor. Die Vereinbarung vom 20. März 2007 ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag als sogenannter Austauschvertrag nach Art. 54, 56 Abs. 1 BayVwVfG. Danach kann ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen; insbesondere kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, in dem sich der Vertragspartner der Behörde zu einer Gegenleistung verpflichtet, kann geschlossen werden, wenn die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck im Vertrag vereinbart wird und der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dient. Die Gegenleistung muss den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen.
49
Vorliegend war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Beklagte im Gemeindegebiet Trägerin der öffentlichen Einrichtung Abwasserbeseitigung. Zu ihren Aufgaben zählte es, für angeschlossene oder anzuschließende Grundstücke die Entwässerung sicherzustellen, sie musste insbesondere in Baugenehmigungsverfahren der Baugenehmigungsbehörde bestätigen, dass für ein beantragtes Bauvorhaben die öffentliche Versorgung mit Wasser und die Entsorgung des Abwassers sichergestellt war. Dabei bestand die Besonderheit im Verbandsgebiet des Beigeladenen, dass die Beklagte wie auch die anderen Verbandsgemeinden nur die Ortskanalisation betrieben, nicht aber die eigentliche Abwasserbehandlung der gesammelten Abwässer in einer Kläranlage. Der Betrieb der Kläranlage wie auch das überörtliche Sammeln des Abwassers war aufgrund der Zweckverbandsregelungen Aufgabe des Beigeladenen. Insoweit konnte die Beklagte nicht frei selbst entscheiden, ob für ein geplantes Neubauvorhaben ausreichende Kapazitäten zur Beseitigung des zu erwartenden Abwassers durch Reinigung in einer Kläranlage vorhanden waren.
50
Da für die eigentliche Reinigung des Abwassers der Beigeladene zuständig war, musste die Beklagte im Innenverhältnis mit diesem abklären, ob und wie viele weitere Kapazitäten für das zu erwartende Abwasser verfügbar waren. Insoweit sahen die Verbandssatzung sowie die hierzu ergangene Richtlinie über die Zuteilung von Abwasserkontingenten eine Zustimmung bzw. Zuteilung von Einwohnerwerten im Sinne der Reinigungsleistung der vorhandenen Kläranlage durch den Beigeladenen vor; für die Zuteilung von Einwohnerwerten war auch ein finanzieller Ausgleich zwischen der Beklagten als Mitgliedsgemeinde und dem Beigeladenen vorgesehen. Dementsprechend hatte die Beklagte vor Abschluss der Vereinbarung beim Beigeladenen angefragt, ob und zu welchen Konditionen wie viele Abwassereinheiten für den vom Kläger geplanten Hotelbau zur Verfügung stünden. Hierzu teilte der Beigeladene mit Schreiben vom 7. März 2007 mit, dass als Gesamtkontingent für den geplanten Hotelneubau 315 Einwohnerwerte erforderlich wären. Hiervon seien der Beklagten bereits 1993 122 EW zugeteilt worden, sodass die Beklagte noch maximal 193 EW aus dem Kontingent für dieses Projekt beantragen könne. Zudem wurden weitere Konditionen benannt sowie die Berechnung der pro Einwohnerwert nach der Richtlinie anzusetzenden Umlage (2,175 Millionen EUR × 0,02% pro EW = 435 EUR pro EW).
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In § 1 Abs. 1 der Vereinbarung wurde als Kostenübernahme des Klägers dementsprechend für die Zuteilung von Abwasserkontingenten ein Betrag von 137.025 EUR ermittelt (435 EUR mal die geplanten 315 EW), den die Beklagte im Innenverhältnis des Zweckverbands als Ausgleich gegenüber den anderen Mitgliedsgemeinden an den Beigeladenen zu zahlen hatte. Damit war die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck im Vertrag vereinbart und diente der Behörde, also der Beklagten, zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben, der Finanzierung der von ihr im Außenverhältnis betriebenen öffentlichen Entwässerungseinrichtung. Die Gegenleistung war den gesamten Umständen nach angemessen und stand im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde.
52
Zur Sicherstellung der Angemessenheit der Gegenleistung war in § 1 Abs. 2 der Vereinbarung geregelt, dass im Fall einer abweichenden Inanspruchnahme der vereinbarten Einwohnerwerte eine Erstattung durch die Beklagte oder Nachzahlungen durch den Kläger zu leisten seien. Auch die Rückzahlungsvereinbarung in § 3 Abs. 2 der Vereinbarung - für den Fall, dass die Baumaßnahme nicht oder nur teilweise ausgeführt würde - sollte sicherstellen, dass bei keiner oder geringerer Inanspruchnahme der vertraglich vereinbarten Einwohnerwerte dies finanziell ausgeglichen werde, die Gegenleistung also zugunsten des Klägers angemessen angepasst werde.
53
Auch die übrigen Voraussetzungen für den öffentlich-rechtlichen Vertrag lagen vor, insbesondere Schriftform. Gründe für eine Nichtigkeit der Vereinbarung nach Art. 59 BayVwVfG sind nicht ersichtlich.
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2.1.2 Die Voraussetzungen für einen vertraglichen Rückzahlungs- bzw. Erstattungsanspruch liegen jedoch nicht vor.
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- Nach § 1 Abs. 2 der Vereinbarung ergibt sich die endgültige Höhe des in Abs. 1 vereinbarten Betrags für die Zuteilung von Abwasserkontingente aus der abschließenden Rechnungsstellung des Beigeladenen gegenüber der Beklagten; etwaige Erstattungs- bzw. Nachzahlungsbeträge sind zu zahlen, sobald der Beigeladene schriftlich der Beklagten bestätigt, dass weitere EW zugeteilt oder zugeteilte EW zurückgenommen werden. Vorliegend erfolgte jedoch keine abschließende Rechnungsstellung, der Beigeladene hatte der Beklagten auch nicht schriftlich bestätigt, dass zugeteilte Einwohnerwerte zurückgenommen würden bzw. worden seien. Das Gericht geht davon aus, dass eine abschließende Rechnungsstellung oder Mitteilung durch den beigeladenen aufgrund des Wechsels in der Aufgabenträgerschaft für die öffentliche Entwässerung von der Beklagten zum Beigeladenen ab dem Jahr 2013 nicht (mehr) erfolgte.
56
Damit fehlt es jedenfalls an den vertraglich vereinbarten formellen Voraussetzungen für eine Erstattung von nicht in Anspruch genommenen Einwohnerwerten durch den Kläger oder seinen Rechtsnachfolger, der letztlich den Hotelneubau durchführte.
57
- Auch die vertraglichen Voraussetzungen für eine Rückzahlungsverpflichtung nach § 3 Abs. 2 der Vereinbarung liegen nicht vor. Die Voraussetzung, dass es zu einer die Zuteilung der Abwasserkontingente rechtfertigenden Baumaßnahme nur teilweise komme, etwa weil von einer Realisierung des Bauvorhabens Abstand genommen oder die Baugenehmigung nicht oder nur in einem eingeschränkten Umfang erteilt werde, liegt zwar vor. Das vom Rechtsnachfolger des Klägers errichtete Hotel fiel wesentlich kleiner aus als zunächst vom Kläger beim Abschluss der Vereinbarung geplant. Die ursprüngliche Planung sah eine Bettenanzahl von 218 vor, dementsprechend auch 218 EW, zusätzlich noch 14 EW für Beschäftigte und 83 EW für Sitzplätze in den Konferenzräumen, insgesamt also 315 EW.
58
Dem Rechtsnachfolger des Klägers wurde mit Baugenehmigung des Landratsamts … vom 7. September 2015 die Errichtung von 3 Hotelgebäuden genehmigt, für die insgesamt nach der Stellungnahme des Beigeladenen vom 22. Juni 2020 lediglich 181 EW zugrunde gelegt worden waren.
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Tatsächlich errichtet wurde lediglich ein Gebäude mit 25 Zimmern, Empfang, Restaurant und notwendigen Nebenräumen. Hieraus ergibt sich nach der Berechnung des Klägers (Schriftsätze vom 2.7.2020 und vom 20.11.2020) ein Bedarf von insgesamt nur 77 EW, was eine gegenüber der ursprünglichen Vereinbarung deutliche Reduzierung der ursprünglich angesetzten Einwohnerwerte bedeutet. Hieraus errechnet der Kläger auch den von ihm zuletzt verlangten Rückzahlungsbetrag in Höhe von 103.530 EUR (ursprünglich gezahlter Betrag für 315 EW von 137.025 EUR - 33.495 EUR für nur 77 EW à 435 EUR).
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Damit liegt eine teilweise Abstandnahme vom ursprünglichen Bauvorhaben vor.
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Jedoch fehlt es an den weiteren Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 der Vereinbarung, dass zum einen vom Beigeladenen zugewiesene Abwasserkontingente oder Teile hiervon zurückgenommen wurden oder an ihn zurückzugeben sind. Dies ist nach dem Vortrag der Beklagten und des Beigeladenen nicht erfolgt, vielmehr wurden nach der Erklärung des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2021 die erfolgten Zahlungen auf zugeteilte Abwasserkontingente mit zu erhebenden Herstellungsbeiträgen verrechnet bzw. von einer Abgeltung der Herstellungsbeiträge ausgegangen.
62
Zum anderen fehlt es an der Voraussetzung, dass deshalb eine Rückzahlung an die Beklagte erfolgte; eine Rückzahlung durch den Beigeladenen an die Beklagte erfolgte gerade nicht.
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2.2 Ein Rückzahlungsanspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aufgrund einer Anpassung des Vertragsinhalts oder Kündigung des Vertrags nach Art. 60 BayVwVfG (Anpassung oder Wegfall der Geschäftsgrundlage).
64
Art. 60 Abs. 1 BayVwVfG sieht vor, dass wenn sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, sich seit Abschluss des Vertrags so wesentlich geändert haben, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, diese Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zumutbar ist, den Vertrag kündigen kann.
65
Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse setzt voraus, dass nach Vertragsschluss tatsächliche Umstände oder rechtliche Bedingungen weggefallen sind, die die Vertragspartner zwar nicht zum Vertragsinhalt gemacht haben, deren Bestand sie jedoch als gemeinsame Grundlage des Vertrags angenommen haben. Vertragsgrundlage sind die bei Vertragsabschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Vertragsparteien oder die für den Vertragspartner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Vertragsparteien auf dieser Vorstellung aufbaut (BGH, U.v. 24.3.2010 - VIII ZR 160/09 - NJW 2010, 1663 <Rn. 17>). Wesentlich ist eine Änderung der Verhältnisse daher nur, wenn die Vertragsparteien bei Kenntnis dieser Änderung den Vertrag nicht oder jedenfalls nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätten. Schließlich müssen die Folgen der nachträglichen Änderung den Risikorahmen überschreiten, den ein Vertragspartner nach Treu und Glauben hinzunehmen hat, weshalb ihm das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zumutbar ist (BVerwG, U.v. 18.7.2012 - 8 C 4/11 - juris).
66
Im vorliegenden Fall sind wohl die rechtlichen Bedingungen weggefallen, die die Grundlage für die Vereinbarung vom 20. März 2007 waren. In dem Vertrag war schon in der Vorbemerkung ausdrücklich vorausgesetzt, dass für die Abwasserentsorgung ein Dreiecksverhältnis vorliegt; zum einen der Kläger als Bauherr, dessen geplantes Anwesen an die Entwässerungseinrichtung anzuschließen ist, zum zweiten die Beklagte als Trägerin der örtlichen öffentlichen Entwässerungseinrichtung und zum dritten der Beigeladene als der im Innenverhältnis zur Beklagten für die überörtliche Abwassersammlung und Abwasserbehandlung in seiner Kläranlage Zuständige.
67
Dieses Dreiecksverhältnis wurde mit Inkrafttreten der neuen Verbandssatzung des Beigeladenen vom 21. Juni 2013 mit Inkrafttreten zum 1. Januar 2014 aufgelöst. Der Beigeladene übernahm auch im Außenverhältnis die Aufgaben des Trägers der öffentlichen Entwässerungseinrichtung.
68
Nach Art. 17 Abs. 1 Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit (KommZG) können Gemeinden, Landkreise und Bezirke sich zu einem Zweckverband zusammenschließen und ihm einzelne Aufgaben oder alle mit einem bestimmten Zweck zusammenhängenden Aufgaben übertragen. Nach Art. 22 Abs. 1 KommZG gehen das Recht und die Pflicht der Verbandsmitglieder, die dem Zweckverband übertragenen Aufgaben zu erfüllen und die dazu notwendigen Befugnisse auszuüben, auf den Zweckverband über.
69
In § 5 Abs. 1 Verbandssatzung ist hierzu geregelt, dass das Recht und die Pflicht der Verbandsmitglieder, die gesetzliche Aufgabe der Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung zu erfüllen, und die hierzu notwendigen Befugnisse einschließlich der Abgabenhoheit mit Ablauf des 31. Dezember 2013 auf den Zweckverband übergehen.
70
Insoweit lagen ab dem 1. Januar 2014 veränderte rechtliche Rahmenbedingungen vor, da nicht mehr wie in der Vereinbarung vorgesehen der Beklagte, sondern der Beigeladene gegenüber dem Kläger für die Abwasserbeseitigung zuständig war. Das frühere Modell, wonach sich die im Außenverhältnis als Entwässerungsträger auftretenden Mitgliedsgemeinden im Innenverhältnis vom Beigeladenen - unter Berücksichtigung der Interessen der anderen Mitgliedsgemeinden - entsprechende Abwasserkontingente für neue Bauvorhaben gegen finanziellen Ausgleich zuteilen lassen mussten, war hinfällig. Ab dem 1. Januar 2014 wäre die Vereinbarung vom 20. März 2007 so nicht mehr abzuschließen gewesen.
71
Ob sich hieraus möglicherweise ein Anspruch des Klägers auf Anpassung der ursprünglichen Vereinbarung oder deren Kündigung ergeben könnte, kann im Rahmen der erhobenen Leistungsklage auf Zahlung nicht entschieden werden. Denn der Kläger hat bisher gegenüber der Beklagten keine Vertragsanpassung verlangt.
72
Die Anpassung ist durch entsprechende Willenserklärung gegenüber dem Vertragspartner geltend zu machen; die Anpassung selbst erfolgt durch Abschluss eines entsprechenden Änderungsvertrags. Weigert sich der Vertragspartner, einen entsprechenden Änderungsvertrag abzuschließen, so kann der Betroffene seinen Anspruch auf Vertragsanpassung mit einer Leistungsklage geltend machen, die auf Zustimmung zu dem Änderungsvertrag gerichtet ist (Tegethoff in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 60, Rn. 26-28).
73
Offen bleibt auch, ob der Anspruch, die Anpassung eines Vertrags zu verlangen, der Verjährung unterliegt (so Bonk/Neumann/Siegel in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 60 Rn. 31; Giehl in Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand Januar 2021, Art. 60, Rn. 25: Regelverjährung nach §§ 195,199 BGB; a.A. Tegethoff in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 60, Rn. 26), und ob zwischenzeitlich bereits Verjährung eingetreten ist, wenn der Vertragsanpassungsanspruch zum 1. Januar 2014 entstanden wäre.
74
Eine Kündigung, die der Schriftform bedarf (Art. 60 Abs. 2 BayVwVfG), ist ebenfalls nicht erfolgt.
75
2.3 Sonstige Anspruchsgrundlagen für das Zahlungsverlangen des Klägers sind nicht ersichtlich.
76
Damit ist die Klage insgesamt abzuweisen.
77
3. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat dieser billigerweise nach § 162 Abs. 3 VwGO selbst zu tragen, da er keine Anträge gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.
78
4. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.