Inhalt

LArbG Nürnberg, Urteil v. 11.05.2021 – 7 Sa 323/19
Titel:

Eingruppierung eines medizinisch-technischen Laboratoriumsassistenten – Durchführung von Coombs-Tests

Normenketten:
TVG § 1
TVöD-K (VKA) § 12, Anl. 1 - VKA Teil B Abschn. XI Nr. 10 EG 9 b Fallgr. 2
Leitsätze:
1. Zur Eingruppierung eines medizinisch-technischen Laborassistenten nach der Anlage 1 Entgeltordnung, Teil B, Abschnitt XI, Nr. 10, Entgeltgruppe 9b, Nr. 2 TVöD-VKA. (Rn. 29 – 62)
2. Antikörpersuche unter Verwendung eines Coombs-Testes und Antikörperbestimmung unter Verwendung eines Coombs-Testes sind zwei eigenständige Arbeitsvorgänge, nämlich zum Einen die Feststellung, ob in der zu untersuchenden Probe überhaupt Antikörper enthalten sind und zum Anderen die Bestimmung des Antikörpers, der in der zu untersuchenden Probe enthalten ist. Nur die Bestimmung des Antikörpers kann das Tätigkeitsmerkmal "schwierige Antikörperbestimmungen (z.B. Coombs-Test)" iSd EG 9b TVöD-VKA erfüllen. (Rn. 39 – 52)
S. zur Frage, ob es sich bei der Durchführung von Coomb-Tests um eine "schwierige Antikörperbestimmung" iSd EGO-VKA Teil B Abschn. XI Nr. 10 EG 9 b Fallgr. 2 handelt, bereits LAG Nürnberg BeckRS 2019, 40912 und BeckRS 2019, 36073. Offenlassend dagegen BAG BeckRS 2020, 41049. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Eingruppierung, Eingruppierungsfeststellungsklage, MTLA, Coomb-Tests, schwierige Antikörperbestimmung, Darlegungs- und Beweislast
Vorinstanz:
ArbG Nürnberg, Endurteil vom 11.06.2019 – 6 Ca 3981/18
Fundstelle:
BeckRS 2021, 21712

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichtes Nürnberg vom 11.06.2019 - 6 Ca 3981/18 - aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um die zutreffende tarifliche Eingruppierung des Klägers ab 01.01.2017.
2
Der am 03.06.1963 geborene Kläger ist seit 01.09.1989 bei der Beklagten als medizinisch-technischer Assistent beschäftigt in Vollzeit zu im Übrigen den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 17./21.08.1989 (Bl. 6 der Akte). Nach Ziffer 2 des Arbeitsvertrages finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der BAT bzw. die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung. Der Kläger war zuletzt seit der Überleitung zum 01.01.2017 mit einem sich daraus ergebenden monatlichen Bruttogrundentgelt von 3.865,28 € nach der Entgeltgruppe 9a, Stufe 6 der Entgeltordnung zum TVöD-VKA, Besonderer Teil Nr. 10 „medizinisch-technische Assistenteninnen und Assistenten“ eingruppiert.
3
Seit In-Kraft-Treten des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst (TVöD) findet dieser in der für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber geltenden Fassung (TVöD-VKA) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Der TVöD VKA enthält u.a. folgende Regelungen:
„Abschnitt III Eingruppierung, Entgelt und sonstige Leistungen
§ 12 (VKA) Eingruppierung
(1) Die Eingruppierung der/des Beschäftigten richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA). Die/Der Beschäftigte erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in der sie/er eingruppiert ist.“
(2) Die/Der Beschäftigte ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (z. B. vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. Werden in einem Tätigkeitsmerkmal mehrere Anforderungen gestellt, gilt das in Satz 2 bestimmte Maß, ebenfalls bezogen auf die gesamte auszuübende Tätigkeit, für jede Anforderung. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von den Sätzen 2 bis 4 abweichendes zeitliches Maß bestimmt, gilt dieses. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person der/des Beschäftigten bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.
Protokollerklärung zu Absatz 2:
Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der/des Beschäftigten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z. B. unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, eines Widerspruchs oder eines Antrags, Erstellung eines EKG, Fertigung einer Bauzeichnung, Konstruktion einer Brücke oder eines Brückenteils, Bearbeitung eines Antrags auf eine Sozialleistung, Betreuung einer Person oder Personengruppe, Durchführung einer Unterhaltungs- oder Instandsetzungsarbeit). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden. Eine Anforderung im Sinne der Sätze 2 und 3 ist auch das in einem Tätigkeitsmerkmal geforderte Herausheben der Tätigkeit aus einer niedrigeren Entgeltgruppe.
4
Die Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) enthält u.a. folgende Regelungen:
„Grundsätzliche Eingruppierungsregelungen (Vorbemerkungen)
1. Vorrang spezieller Tätigkeitsmerkmale
Für Beschäftigte, deren Tätigkeit in einem speziellen Tätigkeitsmerkmal aufgeführt ist, gelten die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale (Teil A Abschnitt I) weder in der Entgeltgruppe, in der sie aufgeführt sind, noch in einer höheren Entgeltgruppe.“
… Teil B Besonderer Teil
XI. Beschäftigte in Gesundheitsberufen
10. Medizinischtechnische Assistentinnen und Assistenten Vorbemerkung Medizinisch-technische Assistentinnen und Assistenten im Sinne dieses Abschnitts sind Medizinischtechnische Assistentinnen und Assistenten für Funktionsdiagnostik, Medizinischtechnische Laboratoriumsassistentinnen und -assistenten, Medizinischtechnische Radiologieassistentinnen und -assistenten und Veterinärmedizinischtechnische Assistentinnen und Assistenten.
Entgeltgruppe 7 Staatlich geprüfte Medizinischtechnische Assistentinnen und Assistenten sowie Zytologischtechnische Assistentinnen und Assistenten mit jeweils entsprechender Tätigkeit.
Entgeltgruppe 8 Beschäftigte der Entgeltgruppe 7, die mindestens zu einem Viertel schwierige Aufgaben erfüllen.
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
Entgeltgruppe 9a Beschäftigte der Entgeltgruppe 7, die schwierige Aufgaben erfüllen.
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
Entgeltgruppe 9b
1. […]
2. Beschäftigte der Entgeltgruppe 7, die mindestens zur Hälfte eine oder mehrere der folgenden Aufgaben erfüllen:
- Wartung und Kalibrierung von hochwertigen und schwierig zu bedienenden Messgeräten (z.B. Autoanalyzern),
- Virusisolierungen oder ähnlich schwierige mikrobiologische Verfahren, Gewebezüchtungen, schwierige Antikörperbestimmungen (z.B. Coombs-Test),
- […]
5
Nach der aktuellen Stellenbeschreibung vom 11.07.2011 (Bl. 15 f der Akte) obliegen dem Kläger folgende Aufgaben:
- Durchführung von labordiagnostischen Untersuchungen in verschiedenen Untersuchungsmaterialien gemäß bestehender Arbeitsanweisungen
- vor- und nachbereitende Tätigkeiten an den Arbeitsplätzen
- eigenverantwortliche Erstellung von immunhämatologischen Befunden, wie Blutgruppe, Antikörperabklärung und Kreuzprobe
- Tätigkeiten im gemeinsamen Dienst mit dem BSD/BRK zur Sicherstellung der Versorgung auswärtiger Krankenhäuser im nordbayrischen Raum
- Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle
- Wartung und Pflege der Analysengeräte
- Dokumentation und Bearbeitung auftretender Fehler einschließlich Korrekturmaßnahmen
- Verwaltung und Einkauf sowie ggf. Bestrahlung von Blutkonserven zur Versorgung der Patienten des Klinikums N… Nord und Süd
- Überwachung und Dokumentation des Reagenzienbestandes und Durchführung der Bestellungen sowie Wareneingangskontrolle nach Lieferung
- Teilnahme an den angebotenen Schulungen und Fortbildungen
- Aktive Mitarbeit bei der Pflege des QMS und Unterstützung des QM-Beauftragten
- Umsetzung der im QM-Handbuch festgelegten Vorgaben
- Regelmäßige Teilnahme am Schichtbetrieb
- Umsetzung des Leitbilds des Klinikums N…
6
Mit Schreiben vom 27.04.2017 (Bl. 9 der Akte) beantragte er die Höhergruppierung von der Entgeltgruppe 9a in die Entgeltgruppe 9b im Rahmen der neuen Entgeltordnung. Die Beklagte lehnte den Höhergruppierungsantrag mit Schreiben vom 04.04.2018 (Bl.11 der Akte) ab.
7
Mit Klage vom 27.07.2018 begehrt der Kläger die Feststellung der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9b TVöD-VKA.
8
Der Kläger trug erstinstanzlich vor:
9
Er führe in seiner Arbeitszeit fast ausschließlich folgende Tätigkeiten durch: Coombs-Tests, ELISA-Tests und PCR-Tests. So habe er beispielsweise im Zeitraum vom 08.10.2018 bis zum 09.11.2018 zu etwa zwei Dritteln seiner Arbeitszeit Coombs-Tests durchgeführt. In diesem Zeitraum habe er an 14 von 21 Arbeitstagen ganztägig Coombs-Tests durchgeführt. In den beiden Laboren (Kreuzlabor, Blutgruppenlabor) führe er generell fast ausschließlich Coombs-Tests durch. An den weiteren 7 von 21 Arbeitstagen habe er ELISA-Tests gemacht und noch vereinzelt PCR-Tests, im Aufzeichnungszeitraum insgesamt 26 PCR-Vorbereitungen. Letztere träten nur vermehrt auf anlässlich der Grippewellen, kämen aber zu den Coombs- und ELISA-Tests noch hinzu. Die Arbeitszeitanteile aus dem Beispielzeitraum ließen sich auf das gesamte Arbeitsjahr übertragen, es gebe kaum Schwankungen in den Aufgabenschwerpunkten des Klägers im Laufe eines Jahres. Im Zeitraum vom 03.12.2018 bis zum 29.03.2019 habe er zu 61% seiner gesamten Arbeitszeit im Kreuzlabor und im Blutgruppenlabor gearbeitet. Dort fielen fast ausschließlich Coombs-Tests an. Im Ergebnis führe er regelmäßig in deutlich mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit Coombs-Tests durch. Daraus ergebe sich nach dem Wortlaut des Tarifvertrages eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9b. Der Coombs-Test sei als tarifliches Beispiel in der Entgeltgruppe 9b jedenfalls nach dem Willen der Tarifvertragsparteien eine schwierige Antikörperbestimmung. Auch bei den ELISA-Tests als „schwierige Antikörperbestimmung“ und PCR-Tests als Verfahren der „Virusisolierung“ handele es sich um ihm obliegende Aufgaben nach Ziffer 2 der Entgeltgruppe 9b. Seine weiteren Tätigkeiten wie das Führen von Telefonaten, die Ausgabe von Blutkonserven und Wartungs- und Kalibrierungsarbeiten seien zeitlich völlig untergeordnet. Der Kläger hat daher erstinstanzlich beantragt,
Es wird festgestellt, dass der Kläger seit dem 01.01.2017 in die Entgeltgruppe 9b TVöD-VKA eingruppiert ist.
10
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
11
Die Beklagte machte in der ersten Instanz geltend, es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger wenigstens zur Hälfte seiner Arbeitszeit Tätigkeiten nach der Entgeltgruppe 9b erledige.
12
Coombs-Tests seien nicht per se schwierige Antikörperbestimmungen iSd Tarifrechtes. Es sei zwischen einfachen und schwierigen, manuellen und automatisierten sowie direkten und indirekten Coombs-Tests zu differenzieren. Dazu trage der Kläger nicht differenziert vor. Er benenne insoweit auch keine konkreten dafür aufgewandten Zeitanteile. Da der Kläger diese Differenzierung unterlasse, sei sein Vortrag weder nachvollziehbar noch überprüfbar. Weder ELISA-Tests noch PCR-Tests seien schwierige Antikörperbestimmungen. Der Vortrag nur zu einem Zeitraum von 14 Tagen sei nicht repräsentativ und deshalb ungenügend.
13
Mit Urteil vom 11.06.2019 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich aus der uneingeschränkten Nennung des Coombs-Tests im Tarif ergebe, dass jede Art von Coombs-Test eine schwierige Antikörperbestimmung sei ungeachtet der Frage, ob es um manuelle oder automatisierte oder direkte oder indirekte Coombs-Tests gehe. Der Kläger habe für zwei Zeiträume beispielhaft und detailliert vorgetragen. Daraus ergebe sich, dass er in mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit Coombs-Tests durchführe. Das Bestreiten der Beklagten sei pauschal und deshalb unzureichend.
14
Das Urteil das Arbeitsgerichts Nürnberg wurde der Beklagten am 17.09.2019 zugestellt. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte am 09.10.2019 Berufung ein und begründete diese innerhalb der bis 18.12.2019 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 17.12.2019, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen.
15
Die Beklagte macht in der Berufung geltend:
16
Der Kläger erbringe nicht zeitlich mindestens zur Hälfte Tätigkeiten, die die Tätigkeitsmerkmale für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9b erfüllten.
17
Die Antikörperdifferenzierung nehme nur rund 14% der Arbeitszeit des Klägers in Anspruch. Es sei zu unterscheiden einerseits die Standardverträglichkeitsprüfung mit der sogenannten Kreuzprobe, die mittels Coombs-Verfahren durchgeführt werde, und andererseits verschiedene differenzierte und schwierige, weil auch individuell zu entscheidende Antikörperbestimmungsverfahren mittels Coombs-Verfahren und anderen Verfahren. Nur letzteres könne als schwierige Antikörperbestimmung gewertet werden. Das Erstgericht habe nicht differenziert, sondern aus dem Tarifwortlaut einheitlich bei jedem Coombs-Test darauf geschlossen, dass es sich dabei um schwierige Antikörperbestimmungen handele. Bei dem Coombs-Test handele es sich aber nur um eine Untersuchungsmethode, nicht um einen Arbeitsvorgang iSd tariflichen Eingruppierungsvorschriften. Abzustellen sei auf das Tätigkeitsmerkmal der schwierigen Antikörperbestimmung. Dieses umfasse nicht automatisch die Antikörpersuche. Dies ergebe sich auch aus den maßgeblichen Bestimmungen zur praktischen und theoretischen Ausbildung von MTLAs. Anlässlich einer Untersuchung zur Eingruppierung im Jahr 2017 sei festgestellt worden, dass in den Laboren der Beklagten insgesamt 189.000 Einzelleistungen erbracht worden seien, davon 53% Coombs-Tests mit einem Anteil von 40% der Arbeitszeit. Die Antikörperdifferenzierung habe nur 18% der Einzelleistungen ausgemacht mit einem Anteil von 14% der Arbeitszeit bei allen transfusionsmedizinischen Leistungen. Beim Kläger führe das zu einem Zeitanteil von nur 14% seiner Arbeitszeit, den er mit schwierigen Antikörperbestimmungen verbringe. Diese Beurteilung werde nicht geändert durch das Vorbringen des Klägers zu PCR-Tests und EILA-Tests. Bei ersterem handele es sich nicht um eine Virusisolierung, bei letzterem auch nur um eine Antikörpersuche, nicht eine Antikörperbestimmung. Der Kläger trage insgesamt nicht hinreichend detailliert vor, um es dem Gericht zu erlauben, Arbeitsvorgänge zu bilden und diese in zeitlicher Hinsicht zu bewerten. Auch der Betrachtungszeitraum sei vom Kläger zu kurz gewählt.
18
Die Beklagte und Berufungsklägerin stellt folgende Anträge:
I. Das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 11.06.2019
- 6 Ca 3981/18 - wird aufgehoben.
II.
Die Klage wird abgewiesen.
III.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Kläger.
19
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
20
Der Kläger macht in der Berufung geltend:
21
Das Erstgericht habe zutreffend entschieden. Es sei nicht möglich, bei den Coombs-Tests zwischen Antikörpersuche und Antikörperbestimmung zu unterscheiden. Der Kläger könne dem Arzt auf der Station nicht sagen, es seien Antikörper vorhanden, er wisse aber nicht, welche. Die Bildung des Arbeitsvorganges müsse nach der Rechtsprechung bei natürlicher Betrachtungsweise zu einem abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen. Es liege mit Antikörpersuche und Antikörperbestimmung nur ein Arbeitsvorgang vor.
22
Richtig sei, dass in einer ersten Testserie mit drei Proben festgestellt werde, ob die Blutprobe verklumpt, weil Antikörper vorhanden sind. In 90 bis 95% der Fälle werde dabei festgestellt, dass gar keine Antikörper vorhanden seien. In diesen Fällen führe der Kläger noch eine Plausibilitätskontrolle durch. In den restlichen 5 bis 10% Fällen sei eine weitere Aufklärung mittels Coombs-Test geboten.
23
In der mündlichen Verhandlung erläutert der Kläger dem Gericht den Ablauf seiner Tätigkeit beim Coombs-Test. Dabei ergeben sich nach seinen Angaben keine relevanten Unterschiede bei der Durchführung der Tests im Kreuzlabor mit dem Automaten IH 500 oder im Blutgruppenlabor mit dem Automaten Galileo. In einem ersten Schritt der Antikörpersuche wird standardmäßig die Blutprobe auf drei Fläschchen verteilt und diese beprobt. In den meisten Fällen verläuft die Antikörpersuche negativ und es werden keine Antikörper gefunden. Mit diesem negativen Ergebnis ist die Testung grundsätzlich abgeschlossen. Fällt die Testung positiv aus, erfolgt die Antikörperbestimmung. Dabei wird die Blutprobe nunmehr auf elf Fläschchen verteilt. Bei dieser Beprobung kommen elf unterschiedliche Antikörper zum Einsatz, die im Einzelnen bei entsprechender Reaktion der Blutprobe identifiziert werden können. Die Beklagte widerspricht dieser Schilderung nicht.
24
Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht wird auf die Berufungsbegründung vom 17.12.2019 (Bl. 124 ff der Akte) und den weiteren Schriftsatz der Beklagten vom 26.03.2021 (Bl. 127 ff der Akte) sowie die Berufungserwiderung vom 08.01.2020 (Bl. 195 ff der Akte) und die weiteren Schriftsätze des Klägers vom 16.03.2021 (Bl. 212 ff der Akte) und vom 08.04.2021 (Bl. 236 ff der Akte) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.
25
Die Berufung ist zulässig.
26
Sie ist statthaft, § 64 Absatz 1 und 2 c) ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 ArbGG.
B.
27
Die Berufung ist auch begründet. Das Urteil des Erstgerichtes war aufzuheben und die Klage abzuweisen.
I.
28
Die Klage ist als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig.
II.
29
Die Eingruppierungsfeststellungsklage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a, Stufe 6 der Entgeltordnung zum TVöD-VKA, Besonderer Teil Nr. 10 „medizinisch-technische Assistenteninnen und Assistenten“. Seine Tätigkeit erfüllt nach seinem Vortrag nicht die tariflichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Vergütung nach dieser Entgeltgruppe.
30
Der Sachvortrag des Klägers erlaubt nicht die Annahme, dass im Rahmen der ihm übertragenen Tätigkeit von ihm Arbeitsvorgänge zu wenigstens der Hälfte der von ihm zu erbringenden Arbeitszeit durchgeführt werden, die die Voraussetzungen der begehrten Entgeltgruppe erfüllen.
31
1. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 TVöD/VKA ist der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Das ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen.
32
Bezugspunkt der tariflichen Bewertung ist danach der Arbeitsvorgang. Dieser bezeichnet eine abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Arbeitnehmers, bei der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten hinzuzurechnen sind, BAG, Urteil vom 10.12.2014 - 4 AZR 773/13 -, Rn. 19, zitiert nach juris.
33
Für die Bestimmung eines Arbeitsvorganges ist nach der Protokollnotiz zu § 12 Abs. 2 TVöD/VKA das „bei natürlicher Betrachtung abgrenzbare Arbeitsergebnis“ maßgebend. Jeder danach bestimmte einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht weiter aufgespalten werden.
34
Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben eines Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind, BAG, Urteil vom 28.02.2018 - 4 AZR 816/16 -, Rn. 24, zitiert nach juris.
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2. Irrelevant ist bei der Bestimmung des Arbeitsvorganges die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte. Erst nachdem ein Arbeitsvorgang bestimmt ist, ist dieser anhand der in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale zu bewerten. Es ist dabei nicht erforderlich, dass die für die Höherwertigkeit maßgebenden Einzeltätigkeiten innerhalb eines Arbeitsvorganges zeitlich überwiegend anfallen. Vielmehr genügt es, dass die Anforderungen in rechtlich nicht ganz unerheblichem Ausmaß anfallen und ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt werden könnte, BAG, Urteil vom 28.02.2018 - 4 AZR 816/16 -, Rn. 25, zitiert nach juris.
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3. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG liegt dabei die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die die begehrte Eingruppierung begründen, bei dem diese Eingruppierung geltend machenden Arbeitnehmer.
37
4. Im vorliegenden Fall erlaubt der Sachvortrag des Klägers nicht die Bildung von Arbeitsvorgängen, die in der Summe wenigstens die Hälfte der ihm obliegenden Arbeitszeit füllen und tariflich der Entgeltgruppe 9b zuzuordnen sind.
38
a. Die Stellenbeschreibung vom 11.07.2011 gibt einen Überblick über die vom Kläger insgesamt bei der Beklagten zu erledigenden Aufgaben und orientiert sich erkennbar nicht an tariflichen Vorgaben zur Eingruppierung oder an konkreten Arbeitsvorgängen zur Bestimmung der zutreffenden Eingruppierung. Sie ist als Anknüpfungspunkt zur Bestimmung konkreter Arbeitsvorgänge ungeeignet. In der Stellenbeschreibung ist auch nur - soweit im Zusammenhang mit Coombs-Tests von Bedeutung - als Tätigkeit des Klägers die eigenverantwortliche Erstellung von immunhämatologischen Befunden wie Blutgruppe, Antikörperabklärung und Kreuzprobe erwähnt.
39
b. Nach dem Vorbringen der Parteien kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Durchführung von Coombs-Tests hinsichtlich einer Blutprobe um nur einen Arbeitsvorgang handelt, der mit einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis endet.
40
Bei dem Coombs-Test handelt es sich um ein Verfahren, bei dem - vereinfacht formuliert - mittels Verklumpung von roten Blutkörperchen in der Blutprobe durch Zugabe von Antiglobulin die Existenz von Antikörpern an sich in der Blutprobe nachgewiesen werden kann. Bei positivem Ergebnis dieser Antikörpersuche kann wiederum mit diesem Verfahren der vorhandene Antikörper genau bestimmt werden.
41
Diese Darstellung des Verfahrens entspricht den Ausführungen des Klägers. Nach dem Vorbringen des Klägers erfolgt zuerst ein Antikörpersuchtest, bei dem es nur darum geht, ob sich in der Blutprobe überhaupt ein Antikörper findet. Dieser Antikörpersuchtest schließt ab mit dem Ergebnis, dass keine Verklumpungsreaktion bei der Blutprobe erfolgt ist und deshalb keine Antikörper vorliegen. Nach den eigenen Angaben des Klägers ist dies in 90 bis 95% der untersuchten Blutproben das Ergebnis.
42
Bei den verbleibenden 5 bis 10% der Antikörpersuchtests ergibt sich als Ergebnis, dass Antikörper vorliegen, nicht aber welche Antikörper konkret vorliegen. In diesen Fällen löst die Feststellung von Antikörpern an sich die weitere Suche aus, um welchen konkreten Antikörper es sich handelt. Dabei handelt es sich um die eigentliche Antikörperbestimmung. Diese erfolgt wiederum mit dem Coombs-Verfahren. Dieser Darstellung entsprechen auch die Ausführungen der Beklagten zum Ablauf des Coombs-Verfahrens.
43
Abgesehen von den Prozentzahlen beschreiben die Parteien damit die Vorgehensweise beim Coombs-Test übereinstimmend in einem ersten Schritt mit einer Antikörpersuche und in einem zweiten Schritt mit einer konkreten Antikörperbestimmung mit jeweils demselben Verfahren einer ausgelösten Verklumpungsreaktion in der Blutprobe. Diese übereinstimmende Darstellung dient daher als Grundlage der gerichtlichen Beurteilung.
44
Aus Sicht des Gerichtes kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Durchführung eines Testverfahrens, das allgemein als Coombs-Test bezeichnet wird, generell nur einen Arbeitsvorgang im Sinne des § 12 Abs. 2 TVöD/VKA und der Entgeltordnung bildet. Die Verwendung ein und desselben Analyseverfahrens führt nicht dazu, dass die unter Verwendung dieses Verfahrens durchgeführten Analysen auch nur einen Arbeitsvorgang darstellen. Die Prüfung mittels dieses Verfahrens, ob Antikörper überhaupt in der Blutprobe vorliegen, führt schon zu einem eigenständigen Arbeitsergebnis. Dieses Arbeitsergebnis besteht in der Feststellung, dass Antikörper in der Blutprobe enthalten sind oder nicht enthalten sind. Ist das Ergebnis negativ, bedarf es keiner weiteren Arbeitsschritte und weiterer Feststellungen. Der Kläger kann der Stelle, die die Blutprobe beauftragt hat, das Ergebnis melden, dass Antikörper in der Blutprobe nicht enthalten sind. Die weitere Frage, welcher Antikörper in der Blutprobe enthalten ist, stellt sich nur bei einer geringen Anzahl der Beprobungen. Nur in diesen Fällen schließt sich der weitere Arbeitsvorgang der Antikörperbestimmung an, bei dem wiederum unter Anwendung des Verfahrens „Coombs-Test“ der konkrete Antikörper aufgespürt und bezeichnet wird. Beides ist nicht notwendig zu einem Arbeitsvorgang verknüpft, weil der konkreten Bestimmung des Antikörpers in der Blutprobe notwendig die Suche vorgelagert ist, ob es überhaupt Antikörper in der Blutprobe gibt. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis des Klägers, er könne der beauftragenden Stelle nicht einfach rückmelden, es gebe in der Blutprobe Antikörper. Daraus ergibt sich nur seine Pflicht, den weiteren Arbeitsvorgang der konkreten Bestimmung des Antikörpers in der Blutprobe durchzuführen mit dem Arbeitsergebnis, diesen Antikörper nach der Beprobung positiv zu benennen. Der konkret festgestellte Antikörper ist dann der beauftragenden Stelle bekannt zu geben. Dies stellt als Arbeitsergebnis den Abschluss des zweiten Arbeitsvorganges dar.
45
c. Dieses Ergebnis von zwei Arbeitsvorgängen mit jeweils eigenen Arbeitsergebnissen mit dem Verfahren des Coombs-Tests bei natürlicher Betrachtung sieht das Gericht bestätigt bei einem Blick in die Betrachtungsweise der beteiligten Kreise.
46
aa. Im Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, findet sich die Unterscheidung von Antikörpersuchtest und Antikörperbestimmung.
47
Unter dem Stichwort „Antikörpersuchtest“ wird dieser beschrieben als „Bestandteil jeder Blutgruppenbestimmung und ist anlässlich jeder serologischen Verträglichkeitsprobe (Kreuzprobe) zu wiederholen, sofern die letzte Bestimmung länger als 3 Tage zurückliegt. Bei positivem Testergebnis ist die Spezifität und klinische Relevanz der Antikörper unter Verwendung von Erythrozyten mit bekanntem Antigenmuster aufzuklären (Antikörperdifferenzierung).“
48
Unter dem Stichwort „Antikörperbestimmung“ wird diese beschrieben als „qualitativer oder quantitativer Nachweis von Antikörpern. Die Bestimmung ist indiziert zum indirekten Beweis für den Kontakt mit Erregern von Infektionskrankheiten und zur Aufdeckung von Immunreaktionen bei Autoimmunerkrankungen oder Kontakt mit körperfremden Substanzen. Der Nachweis erfolgt mit immunologischen Methoden wie Agglutination, Immunfluoreszenz, Immunoassay oder Neutralisationstest.“
49
Im hier relevanten Bereich der Blutuntersuchung mit der Methode der Agglutination (Verklumpung) werden auch nach dem Pschyrembel unterschiedliche Arbeitsergebnisse erzielt einmal mit der Feststellung, dass es überhaupt Antikörper gibt oder nicht und nur im ersten Fall mit der weiteren Untersuchung und Feststellung, um welchen Antikörper es sich handelt.
50
bb. Auch im Lehrplan des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, dort Bl. 138, findet sich in den Übungen zur Hämatologie als Anwendungsfälle des Antikörper-Nachweises der Antikörper-Suchtest, die Antikörper-Identifizierung, die Titerbestimmung und die serologische Verträglichkeitsprobe und die Untersuchungsmethoden in Kochsalz-, Supplement-, Coombs- und Enzymphase. Auch hier wird unterschieden zwischen der Suche nach Antikörpern an sich und der Bestimmung eines bestimmten Antikörpers, wobei mit dem Verfahren des Coombs-Testes beides möglich ist.
51
cc. Der generelle Ansatz des Pschyrembel, Antikörpersuche und Antikörperbestimmung zu unterscheiden, wird auch bestätigt durch die vom Kläger vorgelegte Anweisung der Beklagten zur serologischen Verträglichkeitsprobe (Kreuzprobe) vom 28.09.2019 (Bl. 216 f der Akte). Dort findet sich schon in der Übersicht der Verweis auf einerseits die Verfahrensanweisung TM SA 010 - Antikörpersuchtest im Coombs-Milieu und andererseits die Verfahrensanweisung TM SA 015 - Antkörper-Differenzierung. In der Anweisung selbst findet sich wiederum unter Ziffer 7 „Ergebnisse“ die Unterscheidung zwischen dem negativen und dem positiven Ergebnis des Suchtests. Bei negativem Ergebnis sind nach der Anweisung keine weiteren Untersuchungen veranlasst. Bei positivem Ergebnis erfolgt eine ausführliche Darstellung der durchzuführenden „Maßnahmen bei kritischem Ergebnis“. Die erste durchzuführende Maßnahme ist dabei die Antikörperdifferenzierung.
52
d. Das Verständnis des Klägers, alle von ihm mit dem Coombs-Verfahren durchgeführten Untersuchungen von Blutproben seien schwierige Antikörperbestimmungen i.S.d. Entgeltgruppe 9b, auch wenn es in etwa 9 von 10 Fällen gar nicht zu einer Antikörperbestimmung komme, ist unzutreffend. Das darauf aufbauende Vorbringen im Verfahren ist deshalb zu pauschal. Es wird daraus nicht erkennbar, dass der Kläger wenigstens zur Hälfte seiner Arbeitszeit mit dem Coombs-Verfahren nicht nur Antikörpersuchen durchführt, sondern Antikörperbestimmungen.
53
e. Das weitere Vorbringen des Klägers zu seinen Arbeitsaufgaben erlaubt dem Gericht ebenfalls nicht die Feststellung, die von ihm grundsätzlich unstreitig durchgeführten Antikörperbestimmungen sowie andere vom Kläger wahrgenommene Aufgaben nach der Entgeltgruppe 9b würden mindestens die Hälfte seiner Arbeitszeit füllen.
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Die Beklagte stellt unstreitig, dass es sich bei den Antikörperbestimmungen in den Blutproben als eigener Arbeitsvorgang in Abgrenzung zur Antikörpersuche auch aus ihrer Sicht um eine „schwierige Antikörperbestimmung“ nach Entgeltgruppe 9b, Fallgruppe 2, Spiegelstrich 2 handelt.
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Das Gericht verzichtet darauf, dies angesichts der übereinstimmenden Bewertung durch die Parteien näher zu untersuchen und geht zugunsten des Klägers davon aus, dass diese Bewertung zutreffend ist.
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Das Gericht geht ferner zugunsten des Klägers davon aus, dass seine - von der Beklagten bestrittenen - Ausführungen zu seinen Arbeitstagen und Arbeitsaufgaben im Wesentlichen zutreffend sind. So hat er vorgetragen, dass er in der Zeit vom 08.10. bis 09.11.2018 an 14 von 21 Arbeitstagen ganztägig mit Coombs-Tests beschäftigt war und diese Situation dem Kalenderjahr insgesamt entspricht, abgesehen von den Jahreszeiten der Grippewellen, in denen vermehrt auch PCR-Testungen anfallen. Soweit die Beklagte dies bestreitet, hat sie auch keinen näheren Sachvortrag dazu geleistet, wie das Arbeitsaufkommen des Klägers im Labor in Abhängigkeit von Jahreszeiten, Krankheitswellen oder anderen Parametern schwankt.
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Der Kläger hat nicht erläutert, ob sich der zeitliche Aufwand für die Befütterung der Automaten mit den Proben und die anschließende Auswertung der Proben unterschiedlich gestaltet bei der Antikörpersuche einerseits und der Antikörperbestimmung andererseits. Dazu hat er auch selbst keine Aufzeichnungen gefertigt, da er nach eigenem Vorbringen nur die Zeiten der Beschäftigung mit Coombs-Tests an sich ohne diese Differenzierung erfasst hat. Er stellt aber selbst unstreitig, dass nur in maximal 10% der Antikörpersuchtests ein positives Ergebnis vorliegt und nur in diesen Fällen eine Antikörperbestimmung durchgeführt werden muss. Aus diesem Vorbringen wird nicht annähernd ersichtlich, dass er wenigstens zur Hälfte seiner Arbeitszeit über einen repräsentativen Zeitraum hinweg schwierige Antikörperbestimmungen durchführt. Unter Verwendung seiner eigenen Parameter ergibt sich folgendes Bild: An 14 von 21 Arbeitstagen führt er nahezu ausschließlich Untersuchungen durch mit dem Coombs-Test. Nur 10% dieser Untersuchungen sind nach seinem Vorbringen auch Antikörperbestimmungen. Mithin führt er insoweit schwierige Antikörperbestimmungen nur an 1,4 von 21 Arbeitstagen durch.
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f. An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts durch das Vorbringen des Klägers zu den ELISA-Tests und PCR-Tests, die nach seinen Ausführungen das dritte Drittel seiner regelmäßigen Arbeitszeit, also in dem von ihm gewählten Betrachtungszeitraum 7 von 21 Arbeitstagen füllen. 7 Arbeitstage und 1,4 Arbeitstage sind immer noch weniger als 10,5 Arbeitstage.
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Im Übrigen gilt auch hier: Zu den ELISA-Tests trägt der Kläger selbst vor, dass auch hier sowohl Antikörper als solches in einer Probe (Blutserum, Milch, Urin) nachgewiesen werden können wie auch spezifische Antikörper. Dem pflichtet die Beklagte bei und verweist darauf, dass auch hier vom Ansatz her nur ein Antikörpernachweis als solches erbracht wird, nicht aber eine konkrete Antikörperbestimmung. Aus dem Vorbringen des Klägers wird nicht ersichtlich, dass beim ELISA-Test anders als beim Coombs-Test nur ein Arbeitsvorgang vorliegt und nicht zwei aufeinander aufbauende Arbeitsvorgänge. Für die Entscheidung des Gerichtes kann daher die mit ELISA-Tests verbrachte Arbeitszeit nicht ohne weiteren Vortrag des Klägers als Tätigkeiten nach Entgeltgruppe 9b, Fallgruppe 2, Spiegelstrich 2 behandelt werden.
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g. An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts durch das klägerische Vorbringen zu den Arbeitsaufgaben im Zusammenhang mit den PCR-Tests. Zum einen macht er selbst geltend, dass es sich dabei um eine zeitlich untergeordnete Tätigkeit handelt, die in einem relevanten Umfang nur bei Grippewellen anfällt. So erwähnt er selbst in seiner Übersicht für die Zeit vom 08.10. bis 09.11.2018 nur 26 Vorbereitungen von PCR-Tests ohne jeden Hinweis auf die die zeitliche Dauer einer solchen Vorbereitung.
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Geht man zu seinen Gunsten davon aus, dass es sich dabei um Virusisolierungen iSd Entgeltgruppe 9b handelt, so führt dies nicht dazu, dass in der Zählweise des Klägers nunmehr von 21 Arbeitstagen wenigstens 10,5 Arbeitstage mit schwierigen Antikörperbestimmungen und Virusisolierungen verbracht werden.
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h. Schließlich ändert sich auch nichts an dem Ergebnis durch das klägerische Vorbringen zu Materialausgabe, zu Telefonaten und zur Wartung und Kalibrierung der Geräte, die schon nach Auffassung des Klägers eine nur untergeordnete Bedeutung haben in zeitlicher Hinsicht.
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Nach alledem ist auf die Berufung der Beklagten hin das Urteil des Arbeitsgerichtes aufzuheben und die Klage abzuweisen.
C.
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Der Kläger trägt die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels, § 97 Abs. 1 ZPO.
D.
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Die Revision war nicht zuzulassen nach § 72 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ArbGG.