Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 04.03.2021 – Au 5 K 20.992
Titel:

Nachbarklage auf bauaufsichtliches Einschreiten

Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 5
GG Art. 28 Abs. 2
BayBO Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. c, Art. 76
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1
Leitsätze:
1. Ein forstwirtschaftlicher Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn setzt ein nachhaltiges, ernsthaftes, auf Dauer angelegtes lebensfähiges Unternehmen mit einer spezifischen betrieblichen Organisation sowie einem Mindestumfang an forstwirtschaftlicher Betätigung voraus. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, zB der Flächenbasis, den Betriebsmitteln oder der ausgeführten Tätigkeit. (Rn. 66) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein forstwirtschaftlicher Betrieb setzt im Allgemeinen größere Flächen voraus, weil nur ein Betrieb größeren Umfangs von seiner Funktion her zur Pflege und Beaufsichtigung der Pflanzen einen ständigen Einsatz von Arbeitskräften oder technischer Gerätschaften und damit die Errichtung von baulichen Anlagen erfordert. (Rn. 70) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein „Dienen“ iSv § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ist nur dann gegeben, wenn ein vernünftiger Forstwirt auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs das Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde und das Vorhaben durch diese Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wäre. (Rn. 76) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verpflichtungsklage einer Gemeinde auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen Dritte, Bauvorhaben im bauplanungsrechtlichen Außenbereich, Privilegiertes Vorhaben zu einem forstwirtschaftlichen Betrieb (verneint)
Fundstelle:
BeckRS 2021, 21484

Tenor

I. Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf bauaufsichtliches Einschreiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu ½, der Beklagte zu ¼ und die Beigeladenen zu 1., 2. und 3. zu je 1/12. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten zur Hälfte selbst, die andere Hälfte trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin, eine Gemeinde, begehrt vom Beklagten bauaufsichtliches Einschreiten in Form einer gegen die Beigeladenen zu erlassenden Baubeseitigungs- bzw. Duldungsanordnung auf dem Grundstück Fl.Nr. ...der Gemarkung ....
2
Das streitgegenständliche Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... liegt im bauplanungsrechtlich als Außenbereich zu beurteilenden Gemeindegebiet der Klägerin und grenzt nördlich an ein Gewässergrundstück an. Es wurde von den Beigeladenen zu 1 und 3 mit notarieller Urkunde vom 12. Mai 2016 erworben, deren selbst genutztes Hausgrundstück (Fl.Nr. ...) sich nördlich des Gewässergrundstücks anschließt. Die Klägerin war seinerzeit ebenfalls am Erwerb des Grundstücks interessiert, um dort naturschutzfachliche Aufwertungsmaßnahmen umzusetzen. Nach abschlägiger Prüfung eines Vorkaufsrechts für die Gemeinde und unter Vermittlung der Unteren Naturschutzbehörde wurde zwischen der Klägerin und den Beigeladenen zu 1 und 3 eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung (Stand: 09.06.2016) zur Nutzung der Fl.Nr. ... getroffen und darin unter § 2 „Grundstücksnutzungen“ geregelt. Insbesondere ist festgehalten, dass die Käufer (Beigeladene zu 1 und 3) das Grundstück sowie die darauf befindlichen Anlagen von ihrem Wohngrundstück aus als private Grünfläche im planungsrechtlichen Außenbereich extensiv nutzen dürfen/werden.
3
Der Beklagte, vertreten durch das Landratsamt ... (künftig: Landratsamt), war bereits in der Vergangenheit mit der Prüfung der baurechtlichen Zulässigkeit der Nutzung des streitgegenständlichen Grundstücks befasst. So war 1996 der damalige Grundstückseigentümer verpflichtet worden, dort befindliche Baufahrzeuge, Baustelleneinrichtung, Baumaterialien und sonstige Ablagerungen zu räumen (Bescheid des Beklagten vom 16. Dezember 1996, Az.: A9600975). Zur Begründung ist ausgeführt, das Grundstück liege im Außenbereich, Privilegierungsvoraussetzungen lägen nicht vor. Das Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 5 und Nr. 7 BauGB. U.a. wegen Insolvenz des Grundstückseigentümers fand die Räumung des Grundstücks bis 2016 nicht statt.
4
Mit E-Mail vom 1. Juni 2016 zeigte der Beigeladene zu 1 beim Beklagten an, seine Ehefrau und er hätten das Grundstück gekauft, und bat um Auskunft hinsichtlich zum Grundstück bestehender Baugenehmigungen oder „Rückbaubescheide“. Am 16. Juni 2016 wurde ihm eine Kopie des Bescheids vom 16. Dezember 1996 ausgehändigt und darauf hingewiesen, dass die dort genannten Pflichten nun ihn als Rechtsnachfolger träfen. Der Beigeladene zu 1 veranlasste in der Folgezeit die Räumung des Grundstücks; der Zustand des Grundstücks wurde im Rahmen einer Baukontrolle am 17. August 2016 dokumentiert. Danach wurde der Lagerplatz (Baumaterialien) vollständig geräumt. Auf dem Grundstück seien noch folgende Gebäude vorhanden:
5
1. Im Bereich der westlichen Grundstücksgrenze ein Unterstand mit einer Grundfläche von ca. 36,75 m2 (7,5 x 4,9 m) und einem umbauten Raum von ca. 112 m3.
6
2. Ca. 30 m westlich des oben genannten Unterstands ein weiterer Unterstand mit einer Grundfläche von ca. 20 m2. Soweit ersichtlich ist dieses Gebäude einsturzgefährdet.
7
3. Im Bereich der nordöstlichen Grundstücksgrenze eine Hütte mit einer Grundfläche von ca. 36 m2 (6 x 6 m) und einem umbauten Raum von ca. 41 m2. Auch dieses Gebäude befindet sich in einem schlechten Zustand, ist aber, soweit ersichtlich, nicht einsturzgefährdet.
8
Auf die zur Baukontrolle gefertigte Aktennotiz mit Lageplan und Fotodokumentation (Fotos 1 bis 6) wird Bezug genommen.
9
Im Rahmen einer Vorsprache des Beigeladenen zu 1 beim Beklagten am 25. August 2016 kündigte der Beigeladene an, er könne sich die Nutzung des Grundstücks als Streuobstwiese gut vorstellen. Er beabsichtige, den Unterstand (Nr. 2) und die Hütte im nordöstlichen Grundstückseck zu beseitigen. Den bestehenden Unterstand an der Westseite beabsichtigte er weiter zu nutzen. Der Beklagte verdeutlichte hierzu, dass eine Duldung der privaten Nutzung durch den Beigeladenen nicht in Betracht komme, da sie nicht genehmigungsfähig sei. Insbesondere wurde klargestellt, dass eine Nutzung als private Unterstellmöglichkeit für ehemalige Pferdeanhänger und Gerätschaften nicht genehmigungsfähig sei. Eine Nutzung zu forstwirtschaftlichen Flächen sei nur dann möglicherweise genehmigungsfähig, wenn ein Besitz von ca. 80 ha Wald vorhanden sei und vom zuständigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) für diesen Zweck tatsächlich eine Privilegierung festgestellt werde, was bedeute, dass die Halle an dieser Stelle dem Betrieb Waldwirtschaft dienen müsse. Eine Nutzung als Holzlagerplatz könne nur kurzfristig vorübergehend und nicht regelmäßig wiederkehrend genehmigt werden. Gegen eine Nutzung als Spielplatz (Baumhaus, kurzfristige Aufstellung eines Fußballtors) bestünden keine Bedenken. Ausdrücklich wurde dargelegt, dass der Beklagte auf einer Beseitigung aller drei Objekte bestehe.
10
Mit Bauantrag vom 2. November 2016 (A 1600815) beantragten die Beigeladenen zu 1 und 2 beim Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für die im westlichen Teil des Grundstücks bestehende Unterstellmöglichkeit für forstwirtschaftliche Geräte und Holzlege (Bruttogrundfläche 37,35 m², Brutto-Rauminhalt: 94,31 m³; Nutzfläche Holzlege: 25,075 m² und Nutzfläche Geräte: 9,7 m³). Das Einvernehmen der Gemeinde zum Bauantrag wurde mit Beschluss vom 22. November 2016 verweigert. Die Frage der forstwirtschaftlichen Privilegierung des Vorhabens sei offen. Dem Vorhaben stünden jedenfalls öffentliche Belange nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB entgegen, da das streitgegenständliche Grundstück im Flächennutzungsplan als „Ausgleichsfläche“ und als „Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft“ vorgesehen sei. Das Landratsamt beteiligte im Rahmen des Bauantragsverfahrens die einschlägigen Fachbehörden. Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg teilte mit Stellungnahme vom 25. Januar 2017 mit, aus forstlicher Sicht könne die bereits bestehende Unterstellhütte als privilegiertes Bauwerk nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB angesehen werden. Die Beigeladenen besäßen Waldflächen in mehreren Gemarkungen und heizten ihre beiden in ... und ... gelegenen Wohnhäuser ausschließlich bzw. überwiegend mit Scheitholz. Auf den bewirtschafteten Flächen seien überwiegend Laubbäume vorhanden. Deshalb fielen als Sortimente bei der Waldbewirtschaftung überwiegend Industrieholz und Brennholz sowie etwas Stammholz an. Für die thermische Nutzung seien 51 Ster Holzmenge pro Jahr berechnet worden. Als Lagerfläche stehe auf der Fl.Nr. ... in der vorhandenen Hütte etwa 35 m² zur Verfügung. Nach Abzug der Stellfläche für den Anhänger verblieben als Holzlagerfläche noch 27 m². Bei einer Stapelhöhe von 2 m und optimaler Ausnutzung des verbleibenden Raumes könnten so etwas über 50 Ster in der Hütte gelagert werden. Entsprechend den Angaben der Beigeladenen ließe sich so in der Hütte etwa der Bedarf für ein Jahr lagern. Berücksichtige man, dass häufig eine zweijährige Trocknung des Brennholzes empfohlen werde, so reiche der Lagerraum gerade für das zweite Lagerjahr. Die Vortrocknung im ersten Jahr müsse außerhalb der Hütte, gegebenenfalls im Wald, erfolgen. Als Fazit sei für die vorhandene Unterstellhalle, die nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehme, aus Sicht des AELF Augsburg in diesem speziellen Einzelfall eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gegeben. Mit Schreiben vom 22. Februar 2017 ergänzte das Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten Augsburg das Schreiben vom 25. Januar 2017. Bei der Waldbewirtschaftung der Beigeladenen handle es sich um einen rund 10 ha großen Betrieb. Der kalkulierte jährliche Ertrag liege bei nachhaltiger Bewirtschaftung insgesamt bei rund 3.900 EUR. Waldbewirtschaftung sei allein schon wegen der langen Produktionszeiträume auf Langfristigkeit angelegt. Die Betriebsinhaber würden ein großes Interesse an ihrem Wald vermitteln. Der Sohn (Beigeladener zu 1) könne sich aufgrund seines Alters noch einige Jahrzehnte um den Wald kümmern, bevor die nächste Generation übernehme. Anders als in der Landwirtschaft werde für die Waldbewirtschaftung keine berufliche oder vergleichbare Qualifikation gefordert. Die weit überwiegende Mehrzahl der über 500.000 Waldbesitzer und Betriebsinhaber in Bayern hätten keine Ausbildung zum Forstwirt absolviert. Wald werde häufig vererbt und der neue Eigentümer habe regelmäßig eine anderweitige Ausbildung hinter sich. Eine Verpflichtung für Waldbesitzer zu kostenfreier und unabhängiger Beratung durch die Bayerische Forstverwaltung bestehe dazu aber ebenso wenig wie zu einer qualifizierenden Aus- oder Fortbildung in der Forstwirtschaft.
11
Auf Rückfrage gab der Beigeladene zu 1 an, die Forstwirtschaft werde auf folgenden, im Eigentum stehenden Flächen ausgeübt (eingegangen beim Beklagten am 8. März 2017): Gemarkung, ca. 2,3 ha; Gemarkung, ca. 3,2 ha; Gemarkung Taxa, ca. 2,9 ha und Gemarkung, insgesamt ca. 1,8 ha.
12
Mit Schreiben vom 22. Mai 2017 teilte der Beklagte den Beigeladenen zu 1 und 2 mit, dass für die bauplanungsrechtliche Beurteilung des gestellten Bauantrags eine forstwirtschaftliche Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht anzunehmen sei. Es sei nicht anzunehmen, dass das antragsgegenständliche Gebäude vor Ort einem bestehenden forstwirtschaftlichen Betrieb diene. Die angegebenen Flächen in den Gemarkungen ... und ... blieben bei der weiteren Prüfung unberücksichtigt, da sie zu weit entfernt vom Baugrundstück liegen würden als dass die antragsgegenständliche Halle der Bewirtschaftung der dort gelegenen Flächen dienen könne. Unter Berücksichtigung der näher gelegenen Flächen in den Gemarkungen ... und Taxa verbliebe somit eine forstwirtschaftliche Fläche mit einer Gesamtgröße von ca. 6,1 ha. Bei einer solchen Betriebsgröße könne jedoch nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht von einer Privilegierung ausgegangen werden. Als somit als sogenanntes sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilendes Vorhaben würde dieses jedoch verschiedene öffentliche Belange (§ 35 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 5 und Nr. 7 BauGB) beeinträchtigen. Vor diesem Hintergrund werde empfohlen, den Bauantrag zurückzunehmen.
13
Mit Schreiben vom 13. Juli 2017 ließen die Beigeladenen mitteilen, sie hätten weitere Waldflächen zur forstwirtschaftlichen Nutzung im Umfang von rund 6 ha dauerhaft (für mindestens 20 Jahre) angepachtet und würden diese bewirtschaften. Die entsprechenden Pachtverträge wurden beigefügt.
14
In einem Aktenvermerk vom 18. Januar 2018 hielt der Beklagte fest, dass nunmehr die Voraussetzungen für eine forstwirtschaftliche Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1a BauGB vorlägen. Die vorhandene Halle sei aufgrund ihrer geringen Fläche (< 100 m²) somit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1c BayBO genehmigungsfrei.
15
Mit weiterem Aktenvermerk vom 18. Januar 2018 nahm der Beigeladene zu 1 den Bauantrag A 1600815 zurück.
16
Mit Schreiben vom 30. Mai 2018 wandte sich die Verwaltungsgemeinschaft ... (... - ... - ... - ... - ...) an den Beklagten. Die Gemeinde ... könne die Beurteilung der Halle/Holzlege als verfahrensfrei nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1c BayBO nicht nachvollziehen. Bereits die Berechnungen des AELF vom 25. Januar 2017 zum Umfang des benötigten Scheitholzes, das lediglich ergänzend zur überwiegenden Beheizung mit Pellets verwendet werde, könnten nicht nachvollzogen werden. Nach Meinung der Gemeinde sei von einem Bedarf von maximal 3 Ster Holz auszugehen. Weiter erfordere der Privilegierungs-Tatbestand des „forstwirtschaftlichen Betriebes“ eben einen solchen Betrieb und sei nicht gleichzusetzen mit dem Heizen von zwei Privathäusern. Eine Gewinnerzielungsabsicht, wie üblicherweise bei privilegierten Vorhaben gefordert werde, sei nicht zu erkennen. Dies werde auch so in der „Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Bau und Verkehr und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20. Dezember 2016: Bauen im Rahmen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe“ vorausgesetzt. Ob die Bauherren an anderer Stelle einen forstwirtschaftlichen Betrieb nachweisen könnten, sei für die Einstufung des Grundstücks Fl.Nr. ... irrelevant. Ansonsten könnte ein land- und forstwirtschaftlich privilegierter Bauherr auf jeder ihm zur Verfügung stehenden Grundstücksfläche Bauvorhaben im Außenbereich verwirklichen. Aus Sicht der Gemeinde ... sei es nicht erforderlich, das Holz auf dem Grundstück Fl.Nr. ... zu lagern. Die benötigte Menge Brennholz könne ebenso gut auf dem Grundstück Fl.Nr. ... gelagert werden, wo auch das zu beheizende Wohnhaus stehe. Der Schutz des Außenbereichs vor unnötiger Bebauung wiege aus Sicht der Gemeinde deutlich höher als der Wunsch der Bauherren, eine Unterstellhalle bzw. Holzlege zu errichten. Durch die Einstufung als forstwirtschaftliche Privilegierung würde die grundrechtlich gesicherte Planungshoheit der Gemeinde ausgehebelt. Deren Interesse gehe entsprechend den Darstellungen im Flächennutzungsplan dahin, die Fläche als Grünfläche und für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft zu nutzen und von Bebauung freizuhalten.
17
Auf nochmalige Nachfrage des Beklagten gab das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg am 2. Juli 2018 nochmals an, die Lagerung des aktuell im Betrieb vor allem anfallenden (Laub-) Industrie- und Gipfelholzes als aufgearbeitetes Brennholz sei eine forstwirtschaftliche (Betriebs-)Maßnahme, für die die Privilegierungsvoraussetzungen gegeben seien. Die Verwertung des anfallenden Brennholzes - Verkauf oder Eigennutzung - bleibe daher der Entscheidungsfreiheit des Bewirtschafters vorbehalten. Wie bereits ausgeführt, benötige die Trocknung von Brennholz eine gewisse Zeit. Dies könne direkt am Ort des Holzanfalls im Wald oder bei vielen kleinen Waldparzellen auch konzentriert an einem Ort erfolgen. Für die im Forstbetrieb anfallenden Mengen wie auch für die forstlichen Zwecke sei das auf dem genannten Grundstück bereits vorhandene Gebäude ausreichend dimensioniert.
18
Mit Schreiben vom 24. Juli 2018 teilte das Landratsamt der Klägerin unter Zusammenfassung der bisher eingeholten Stellungnahmen und gewonnenen Erkenntnisse die Rechtsauffassung mit, dass von einer privilegierten Nutzung auszugehen sei und bat um Verständnis, dass bezüglich der Anfrage, gegen die fraglichen Bauarbeiten bauaufsichtlich einzuschreiten, keine rechtliche Handhabe bestehe.
19
Der Gemeinderat der Klägerin befasste sich in seiner Sitzung vom 4. September 2018 mit der Angelegenheit. Dabei wurde unter Nr. 18 „Sonstiges und Information“ der Beschluss gefasst, es solle ein Antrag auf Akteneinsicht beim AELF gestellt werden. Sofern die Fakten nicht nachvollziehbar bewertet worden seien, solle mittels offiziellem Antrag vom Landratsamt ein bauaufsichtliches Vorgehen verlangt werden. Nach Ablehnung des bauaufsichtlichen Einschreitens solle in letzter Konsequenz Klage gegen das Landratsamt erhoben werden. Zuvor sei eine Kostenübernahmezusage einzuholen (Abstimmungsergebnis 10:0).
20
Im Rahmen von Baukontrollen stellte der Beklagte am 27. November 2018 und 4. Dezember 2018 fest, dass im Bereich des ehemaligen Unterstands im Westen des Grundstücks ein Neubau in Form eines Satteldachgebäudes mit Grundfläche von 94,50 m² (13,5 x 7 m) errichtet worden war, bei dem im östlichen Teil des Gebäudes auf einem Bereich von ca. 23 m² eine Zwischendecke eingebaut wurde. Auf den Inhalt des Aktenvermerks mit Lichtbildern vom 5. Dezember 2018 zu den beiden Baukontrollen wird Bezug genommen.
21
Bereits mit E-Mail vom 19. November 2018 führte eine Mitarbeiterin der VG ... unter Bezugnahme auf eine gemeinsame Vorsprache des Ersten und Zweiten Bürgermeisters der Klägerin im AELF aus, dass das AELF bei seinen bisherigen Stellungnahmen fälschlicherweise von einem Bauantrag aus dem Jahr 2016 und somit von einer Vorhabensgröße von ca. 35 m² für die Hütte ausgegangen sei. Tatsächlich sei nun der Neubau mit einer Grundfläche von knapp 100 m² errichtet worden. Eine solche Grundfläche sei auch aus Sicht des AELF nicht erforderlich. Weiter wurde erneut in Abrede gestellt, dass allein das Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Betriebes jedes Bauvorhaben, das von diesem Betrieb errichtet werde, mit der Privilegierung ausstatte. Gerade im streitgegenständlichen Fall diene das Gebäude nicht dem Betrieb, sondern überwiegend privaten Zwecken. Dies verstoße gegen das Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs. Auch werde weiterhin angezweifelt, ob die Voraussetzungen der Privilegierung erfüllt seien. Es wurde gebeten, der Klägerin einen rechtsmittelfähigen Bescheid zukommen zu lassen, sofern der Beklagte keine Möglichkeit sehe, gegen die errichtete Halle vorzugehen.
22
Das Landratsamt gab die mit E-Mail vom 19. November 2018 aufgeworfenen Fragen mit Schreiben vom 27. November 2018 an das AELF weiter, das hierauf mit Schreiben vom 10. Dezember 2018 wie folgt ausführte: Die bisherigen Aussagen zur dienenden Funktion des Betriebs mit dem Schwerpunkt ... und ... hätten sich auf das bereits vorhandene, ca. 30 Jahre alte Gebäude bezogen. Ein Neubau mit einer Grundfläche von 100 m² sei nur dann nachvollziehbar, wenn der Betrieb seinen gesamten Holzanfall als Brennholz nutzen würde. Dies würde aber ein wirtschaftlich denkender, auf Gewinnerzielung ausgerichteter und vernünftig handelnder Betriebsinhaber nicht tun. Konkret sei das nunmehr neu errichtete Gebäude für den Zweck der Holztrocknung und -lagerung für den eigenen Forstbetrieb mangels ausreichender Belüftungsmöglichkeiten ungeeignet und überdimensioniert.
23
Mit Schreiben vom 13. März 2019 leitete der Beklagte diese Einschätzung an den Beigeladenen zu 1 weiter und teilte im Ergebnis mit, dass die nun errichtete Halle nicht die Voraussetzungen einer verfahrensfreien forstwirtschaftlich privilegierten Halle gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 1c BayBO erfülle und somit nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig sei. Gleichzeitig müsse davon ausgegangen werden, dass ein möglicher Bauantrag für diese Halle nach § 35 Abs. 2 BauGB wegen Beeinträchtigung öffentlicher Belange nicht genehmigungsfähig sei. Der Beigeladene zu 1. werde daher mindestens dazu aufgefordert, die errichtete Halle insoweit zurückzubauen, dass sie sowohl hinsichtlich Größe als auch Funktionalität wieder die Voraussetzungen einer forstwirtschaftlichen Privilegierung erfülle.
24
Mit E-Mail vom 8. Mai 2019 reichte der Beigeladene zu 1 einen geänderten Eingabeplan für das Bauvorhaben „Neubau einer Halle für forstwirtschaftliche Fahrzeuge und Geräte“ bestehend aus einem DIN A3-Blatt mit Ansichten, Grundriss und Lagekarte beim Beklagten ein. Danach wurde der Innenraum in eine Nutzung für forstwirtschaftliche Fahrzeuge und Brennholzlager (60,28 m2) sowie für forstwirtschaftliche Werkzeuge und Maschinen (22,85 m2) unterteilt. Die Fensteröffnungen sind als „Holzlamellen zur Belüftung“ bezeichnet. Eine auf Aufforderung des AELF erstellte Liste der zur Bewirtschaftung der Waldflächen benötigten Maschinen und Geräte war dem Eingabeplan beigefügt.
25
Mit Stellungnahme vom 21. Mai 2019 äußerte sich das AELF zum geänderten Planentwurf: unter Hinweis auf die bisherigen Stellungnahmen (u.a. vom 18. Dezember 2018: Flächenbedarf für Brennholzlagerung mit bis zu 50 m2) und die beiden vorhandenen Anhänger zum Brennholztransport (reine Stellfläche rund 13 m2) erscheine die Größe des Hauptraums des Gebäudes bedarfsgerecht. Auch der Nebenraum werde anhand der vorgelegten Liste der forstwirtschaftlich genutzten Maschinen, Geräte und Materialien insgesamt als notwendig und bedarfsgerecht bewertet. Die räumliche Abtrennung zum Hauptraum erscheine zweckmäßig und nachvollziehbar, da im Nebenraum auch elektrische Geräte und feuchtigkeitsempfindliche Materialien eingestellt würden. Durch die auf Nord- und Südseite des Raums nunmehr vorgesehenen offenen Lamellenfenster sei auch die erforderliche dauerhafte Belüftung des Brennholzlagers erreicht. Insgesamt entspreche der nunmehr vorgelegte Planentwurf voll umfänglich hinsichtlich Größe und Nutzung den Anforderungen an ein privilegiertes Bauvorhaben.
26
Die Einschätzung als (nun wieder) genehmigungsfreies Bauvorhaben nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1c BayBO aufgrund forstwirtschaftlicher Privilegierung leitete der Beklagte der VG ... mit E-Mail vom 4. Juni 2019 sowie der Klägerin mit Schreiben vom 18. Dezember 2019 zu. Weitere bauaufsichtliche Maßnahmen seien daher nicht geplant.
27
Mit E-Mail vom 27. Januar 2020 teilte die VG ... mit, der Gemeinderat der Klägerin habe entschieden, die forstwirtschaftliche Privilegierung der Beigeladenen gerichtlich prüfen zu lassen. Der Gemeinde sei mit dem Schreiben des Beklagten vom 18. Dezember 2019 mitgeteilt worden, dass eine Privilegierung vorliege und damit keine bauaufsichtlichen Maßnahmen vorgesehen seien. Das Schreiben der VG ... vom 30. Mai 2018 sei dabei nach dortiger Auffassung nicht umfassend gewürdigt worden. Die zum Eigentum hinzugepachteten Flächen der Beigeladenen seien für den forstwirtschaftlichen Betrieb in ihrer Lage nicht geeignet. Der Pachtvertrag könne nach der dortigen Ausgestaltung „sofort zu lösen“ sein, so dass auch die langfristige Verfügbarkeit der Flächen in Frage stehe. Das Bauvorhaben entspreche in seiner Bauweise eher einem Wohnhaus als einem üblichen Lager. Wenn die im Bauvorhaben bezeichneten Lamellen lediglich vor den bereits bestehenden Glasfenstern angebracht seien, hätten sie keine Belüftungswirkung. Es werde daher erneut gebeten, die Privilegierung zu prüfen. Alternativ werde um die Übersendung eines rechtsmittelfähigen Bescheids gebeten.
28
Bei einer Baukontrolle stellte der Beklagte am 11. Februar 2020 fest, dass das Gebäude augenscheinlich als Lagerhalle mit Werkstatt (zum Reparieren der Geräte) genutzt werde. Neben verschiedenen Gegenständen wie Aufsitzrasenmäher, Tieranhänger, Pkw-Anhänger, Schubkarren, verschiedenen Werkzeugen befände sich dort auch Brennholz. Die Glasfenster vor den Lamellenfenstern seien demontiert. Auf den Aktenvermerk vom 13. Februar 2020 hierzu mit Lichtbildern wird Bezug genommen.
29
Mit Schreiben vom 13. Februar 2020 leitete der Beklagte der Klägerin die letzten beiden Stellungnahmen des AELF vom 10. Dezember 2018 und 21. Mai 2019 sowie die Lichtbilder zur Baukontrolle vom 11. Februar 2020 weiter. Aus dortiger Sicht seien damit die in den Stellungnahmen des AELF genannten Voraussetzungen für ein forstwirtschaftlich privilegiertes Gebäude umgesetzt bzw. erfüllt.
30
Mit E-Mail vom 6. Mai 2020 zeigte der Beigeladene zu 1 die Errichtung einer Solarenergieanlage auf der Dachfläche des Bauvorhabens an.
31
Mit Schreiben vom 12. Juni 2020, eingegangen bei Gericht am 15. Juni 2020, ließ die Klägerin Klage erheben und beantragte zunächst:
I.
32
Der Beklagte wird verpflichtet, (den noch beigeladenden) ... und ... - unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Februar 2020 - durch Ordnungsverfügung aufzugeben, das auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... errichtete Gebäude zu beseitigen.
II.
33
Der Beklagte wird verpflichtet, (die noch beizuladende) ... - unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Februar 2020 - durch Ordnungsverfügung aufzugeben, die Beseitigung des von (den noch beizuladenden) ... auf dem Grundstück Fl.Nr. 1...27 der Gemarkung ... errichteten Gebäude zu dulden.
34
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe - unter Aufhebung des als Verwaltungsakt ohne Rechtsbehelfsbelehrung:zu beurteilenden Schreibens des Beklagten vom 13. Februar 2020 - Anspruch auf Erlass der beantragten Ordnungsverfügungen, da die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 76 BayBO erfüllt seien und eine Ermessensreduzierung auf Null vorliege. Die Klägerin könne sich auf ihr nach Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz verfassungsrechtlich verbürgtes Recht auf Planungshoheit berufen. Eine klagefähige Beeinträchtigung der Rechtsstellung der Gemeinde entstehe bereits dann, wenn die Genehmigungsfreiheit eines Vorhabens angenommen werde und aus diesem Grund die bei der Durchführung eines Genehmigungsverfahrens notwendige Beteiligung der Gemeinde unterlassen werde. Vorliegend lägen die Voraussetzungen für die angenommene Genehmigungsfreiheit nach Art. 57 Nr. 1 BayBO i.V.m. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gerade nicht vor. Zwar könne die forstwirtschaftliche Bodenertragsnutzung auch als Nebenerwerbsbetrieb ausgeübt werden. Vorliegend handele es sich aber bei der Holzgewinnung durch die Beigeladenen zu 1 und 2 eher um ein Hobby bzw. eine Liebhaberei als um einen Wirtschaftsbetrieb. Im Eigentum der Beigeladenen stünden lediglich Waldflächen von ca. 10 ha, was für sich allein schon gegen das Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Betriebs mit spezifisch betrieblicher Organisation, Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und einem Mindestmaß an forstwirtschaftlicher Betätigung, auf Dauer angelegtem Unternehmen und Gewinnerzielungsabsicht spreche. Entsprechend werde als Gewinnerwartung gerade mal 3.900 EUR im Jahr angegeben. Auch unter Berücksichtigung der angepachteten Flächen lägen lediglich 6,1 ha in unmittelbarer Nähe zum streitgegenständlichen Grundstück. Die übrigen Flächen hätten keine dienende Wirkung zur streitgegenständlichen Nutzung. Das Bauvorhaben auf Fl.Nr. ... sei umso unerklärlicher, wenn die privaten Wohnhäuser auch nicht mit Scheitholz, sondern, wie von den Beigeladenen angegeben, mit Pellets beheizt würden. Weiter fehle es an der Nachhaltigkeit des entsprechenden Betriebs. Abschließend sei auch das Tatbestandsmerkmal des „Dienens“ nicht gegeben, da vorliegend das streitgegenständliche Gebäude rein privaten Zwecken, nämlich der Freizeitnutzung als weiteres Haus, integriert in das gegenüberliegende und nur durch den ... getrennte Wohngrundstück, diene. Ein vernünftiger Forstwirt hätte unter Berücksichtigung des Gebots der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs bereits nicht die vormalige ca. 35 m2 große Bestandshütte abgerissen und durch ein wesentlich größer dimensioniertes, neues Gebäude mit fast 100 m2 ersetzt. Auch die Bauweise, Ausstattung und Gestaltung des gemauerten Gebäudes mit eingedecktem Dach, Stromanschluss, (ursprünglich ohne Belüftung) mit geschlossenen Fenstern und Türen sowie einer Aufteilung im Inneren in zwei Teilbereiche entspreche nicht der Nutzung durch einen vernünftigen Forstwirt. Weiterhin sei nicht nachvollziehbar, dass ein solches Gebäude zum Unterstellen von Gerätschaften für die Bewirtschaftung von in über 50 km entfernt liegenden Waldflächen benötigt werde. Das somit formell illegale Vorhaben sei auch materiell nicht genehmigungsfähig, da es als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beeinträchtige, nämlich die dort genannten Nrn. 1, 5 und 7 BauGB. Im Hinblick auf die Planungshoheit der Klägerin sei auch eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen, da rechtmäßige Zustände nur durch die Beseitigung des Vorhabens wiederhergestellt werden könnten. Allein eine Beseitigung führe zu einer Verwirklichung der Darstellung des Flächennutzungsplans und zur Vermeidung der unzulässigen Verfestigung einer Splittersiedlung. Den Beigeladenen sei auch von Anfang an bewusst gewesen, dass Ziel der Klägerin die Freihaltung des Außenbereichs von Bebauung gewesen sei. Zur Vermeidung von Vollzugshindernissen sei neben den Beseitigungsanordnungen gegen die Miteigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ... eine Duldungsanordnung zu erlassen. Auf die Klageschrift vom 12. Juni 2020 mit umfangreichen Anlagen wird Bezug genommen.
35
Zuletzt lässt die Klägerin am 4. März 2021 beantragen,
I.
36
Der Beklagte wird verpflichtet, ... durch Ordnungsverfügung aufzugeben, das auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... errichtete Gebäude zu beseitigen.
II.
37
Der Beklagte wird verpflichtet, ... durch Ordnungsverfügung aufzugeben, die Beseitigung des von ... und ... auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... errichteten Gebäude zu dulden.
III.
38
Hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf bauaufsichtliches Einschreiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
39
Der Beklagte beantragt,
40
die Klage abzuweisen.
41
Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2020 wurde zur Klageerwiderung ausgeführt, es bestünden bereits Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage. Für eine Untätigkeitsklage fehle es bereits an einer wirksamen Antragstellung betreffend das bauaufsichtliche Einschreiten. Zum einen sei der klare Wille der Gemeinde, einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten in Form einer Beseitigung des Gebäudes zu stellen, für den Beklagten nicht erkennbar gewesen. Regelmäßig sei nach dem Wortlaut der E-Mails und Schreiben (nur) um die Überprüfung der Rechtslage gebeten worden. Soweit die Gemeinde bauaufsichtliches Einschreiten angesprochen habe, sei nicht konkretisiert worden, welcher Art dieses Einschreiten sein soll. Zum anderen stammten sämtliche Schreiben und E-Mails der Gemeinde von einer Verwaltungsmitarbeiterin der Verwaltungsgemeinschaft (VG), der die Klägerin angehöre. Tatsächlich aber vertrete der Bürgermeister nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GO die Gemeinde nach außen. Ein entsprechender Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten sei weder vom Ersten Bürgermeister der Klägerin noch von dessen vertretungsberechtigtem Stellvertreter beim Beklagten gestellt worden. Eine Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage setze darüber hinaus einen abgelehnten (beantragten) Verwaltungsakt voraus. Einen solchen behördlichen Bescheid habe der Beklagte nie erlassen, insbesondere stelle das Schreiben vom 13. Februar 2020 mangels Regelungscharakter keinen Verwaltungsakt dar. Im Übrigen sei die Klage jedenfalls unbegründet. Das Gebäude sei formell rechtmäßig ohne Baugenehmigung errichtet worden, da die Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 1 Nr. 1c BayBO gegeben seien. Es handele sich um ein forstwirtschaftlich privilegiertes Gebäude. Dem AELF als staatlicher Fachbehörde komme bei der Beurteilung der Privilegierungsvoraussetzungen besonderes Gewicht zu. Lt. mehrfacher Stellungnahmen des AELF zur forstwirtschaftlichen Privilegierung des Gebäudes, zuletzt vom 21. Mai 2019, werde der dem forstwirtschaftlichen Betrieb der Beigeladenen dienende Charakter des Gebäudes aus fachlicher Sicht bejaht. Die zweckentsprechende Nutzung des Gebäudes sei im Rahmen von Baukontrollen vor Ort überprüft und bestätigt worden. Auch materiell-rechtlich stehe das Gebäude im Einklang mit § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Entsprechend werde die Planungshoheit der Klägerin durch dieses Gebäude nicht verletzt. Die Gemeinde habe bisher auch nicht zu erkennen gegeben, dass sie im Bereich des Bauvorhabens in Ausübung ihrer gemeindlichen Planungshoheit, z.B. durch die Aufstellung eines Bebauungsplans, planerisch tätig werden möchte.
42
Die Bauherren bzw. Grundstückseigentümer wurden mit Beschluss vom 2. Juli 2020 notwendig zum Verfahren beigeladen.
43
Der Beigeladene zu 1 äußerte sich mit bei Gericht am 3. August 2020 eingegangenem Schreiben. Nach dem Erwerb des Grundstücks habe es Gespräche mit dem Landratsamt, der Unteren Naturschutzbehörde und Vertretern der Klägerin gegeben. Interesse der Unteren Naturschutzbehörde und der Gemeinde sei es gewesen, das Grundstück als Ausgleichsfläche zu nutzen. Im weiteren Verlauf habe die Klägerin versucht, für die Beigeladenen nachteilige Entscheidungen herbeizuführen (Forderung nach Entfernung einer jahrzehntealten Auffüllung und Abriss einer jahrzehntealten Hütte). Er selbst habe die Hütte gerne behalten wollen, allerdings sei ihm mitgeteilt worden, dass er diese abreißen solle. Im weiteren Verlauf sei das Landratsamt verfahrensführend geworden und es sei eine Privilegierung der bestehenden Hütte vom AELF bejaht worden. Bei einem erneuten Gespräch im Landratsamt sei von der Unteren Naturschutzbehörde der Vorschlag geäußert worden, anstelle des bestehenden Gebäudes einen Ersatzbau an dem Feldweg zu errichten. Die Gestaltung und Positionierung des Ersatzbaus sei eng mit dem Landratsamt abgestimmt worden. Im Vorfeld seien mit dem Beklagten etliche Gespräche zum Gebäude - auch zur Grundfläche - geführt worden. Des Weiteren wolle er darauf hinweisen, dass die Grundflächenberechnung des AELF in Nettoraumfläche erfolge. Die Nettogrundfläche des vorliegenden Gebäudes betrage ca. 82 m2. Eine Nutzung als Wohn- oder Wochenendhaus sei völlig abwegig. Im Gebäude befänden sich keinerlei Sanitäreinrichtungen, keine Schlafgelegenheiten und auch sonst keine Einrichtungen, die auf eine Wohnnutzung schließen ließen. Die Bauweise des Gebäudes sei ortsüblich. Es befänden sich weitere vergleichbare Gebäude in der direkten Umgebung, teils sogar in Biotopflächen oder teilweise auf Gemeindegrund. Das Wohnhaus auf Fl.Nr. ... werde sehr wohl mit Scheitholz beheizt. Eine mindestens zweijährige Lagerung sei nötig, um eine schadstoffarme und effiziente Verbrennung zu garantieren.
44
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 1. September 2020 den Beschlussbuchauszug der Sitzung ihres Gemeinderats vom 4. September 2018 vor. Weiterhin wurde eine E-Mail des Beklagten an die Mitarbeiterin der VG ... vom 4. Oktober 2019 vorgelegt. Dort formuliert ein Vertreter des Beklagten, dass ggf. geklärt werden müsse, ob der bisherige Schriftverkehr als derartige Aufforderung (zum bauaufsichtlichen Einschreiten) verstanden werden könne („meines Erachtens ja“). In diesem Fall könne dann ggf. dieses Einschreiten auch mit einer entsprechenden Untätigkeitsklage gegen den Beklagten beim Verwaltungsgericht Augsburg beantragt werden. Dazu werde vorgeschlagen, dies vorab mit dem zuständigen Abteilungsleiter zu klären, „nicht, dass vorab noch ein entsprechender Ablehnungsbescheid (bezüglich des bauaufsichtlichen Einschreitens) ergehen müsse“. Hieraus ergebe sich nach Ansicht der Klägerin, dass auch der Beklagte von einem eindeutigen Antrag der Klägerin auf bauaufsichtliches Einschreiten ausgehe.
45
Die Klägerin ergänzte mit Schriftsatz vom 28. September 2020, die Stellungnahmen des AELF als Fachbehörde mögen zwar besonderes Gewicht entfalten, allerdings seien sie in sich nicht schlüssig. So sei anfangs eine Holzlagerfläche von 27 m2 als ausreichend angesehen worden. Dann erschließe sich eine Größe von ca. 100 m2 nicht als bedarfsgerecht, wenn nun 60 m2 für die Holzlagerung und nur die übrigen Flächen des Gebäudes auch zur Unterstellung von Maschinen und Geräten angenommen würden. Die vom Beklagten angenommene Betriebsfläche von insgesamt 12,3 ha sei ebenfalls nicht nachvollziehbar, da allenfalls 6,1 ha Betriebsfläche berücksichtigt werden könnten. Neben der Beheizung der Anwesen der Beigeladenen mittels Scheitholz würden diese jedoch in erster Linie mit Pellets beheizt. Die vom Beigeladenen zu 1 behaupteten „ortsüblichen, vergleichbaren Gebäude“ in der direkten Umgebung seien nicht bekannt.
46
Der Beigeladene zu 1 erwiderte mit Schreiben vom 13. Oktober 2020, bei Gericht eingegangen am 20. Oktober 2020, die behauptete ausschließliche oder überwiegende Beheizung mit Holzpellets sei unwahr. Pellets würden (nur) für die automatisierte Feuerung, zur Anfeuerung und als Notheizung genutzt. Der verwendete Pellets-Tank sei bei alleiniger oder überwiegender Pellets-Nutzung unterdimensioniert. Weiter wurden Lichtbilder zu sieben Gebäuden in der näheren Umgebung übermittelt, die ebenfalls privilegiert seien, ebenfalls zum Teil gemauert oder verputzt seien und ebenfalls „Fenster aus Glas“ und Sektionaltore hätten.
47
Mit Schreiben vom 6. Januar 2021 legte der Beigeladene zu 1 ergänzend zum Schriftsatz vom 13. Oktober 2020 zwei Lagekarten vor, in denen die von ihm bezeichneten sieben Vergleichsgebäude räumlich vermerkt sind. Zwei der vom Beigeladenen zu 1 benannten Vergleichsgebäude befinden sich im Gemeindegebiet der Klägerin. Der Beigeladene zu 1 führte dazu aus, die von ihm hier angeführten Gebäude seien nur eine kleine Auswahl vergleichbarer Gebäude, die im Außenbereich als reine „Hobbyanwesen“ genutzt würden, ohne dass gegen sie bauaufsichtlich eingeschritten werde. Er betone nochmals, dass die Gestaltung des streitgegenständlichen Gebäudes vorab mit der zuständigen Behörde abgesprochen worden sei, wozu er auch Kommunikationsbelege vorlegen könne. Der forstwirtschaftliche Betrieb habe in den letzten Jahren immer wieder Langholz und Holzabschnitte auch an Dritte verkauft. Seit Zusammenbruch des Holzmarktes seien keine Fällungen mehr vorgenommen worden. Kalamitätenholz werde zu Brennholz verarbeitet und in und um das streitgegenständliche Gebäude gelagert. Schwachholz werde als Brennholz für die Wohnhäuser der Beigeladenen verwendet. Zukunfts-Bäume würden konsequent wertgeastet, um sie in Zukunft wieder als hochwertiges Holz vermarkten zu können. Gerne werde Einblick in die Verkaufsunterlagen des Betriebs ermöglicht. Die Baukosten des streitgegenständlichen Gebäudes hätten ca. 65.000,00 EUR betragen.
48
Unter dem 8. Januar 2021 teilte das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg zur forstwirtschaftlichen Tätigkeit der Beigeladenen, insbesondere zum Anteil der Eigennutzung mit, dass aus fachlicher Sicht forstwirtschaftliche Tätigkeit immer mit dem Ziel verbunden sei, einen möglichst hohen Anteil an hochwertigem Holz, in der Regel sog. Stammholz, zu erzeugen. Das schwächere Holz werde als Brennholz verwendet. Eine frühere Abschätzung habe im Bestand der Beigeladenen 12 Festmeter (fm) Stammholz jährlich und 36 fm Brennholz (= 51 Raummeter oder Ster) jährlich ergeben. Der Eigenverbrauch an Brennholz betrage nach Angaben der Beigeladenen mindestens 40 Raummeter jährlich, so dass ein Weiterverkauf von Brennholz im kleineren Umfang möglich sei. Zusammengefasst könne daher von einer möglichen Fremdvermarktungsmenge von jährlich 12 fm Stammholz und rund 10 Ster Brennholz ausgegangen werden, wobei die tatsächlichen Verhältnisse jährlich schwankend seien.
49
Mit Schreiben vom 12. Januar 2021 ergänzte der Beigeladene zu 1, was zuvor auch schon Inhalt eines Telefonats mit der Berichterstatterin am 11. Januar 2021 war: Ihm sei wichtig zu betonen, dass das streitgegenständliche Gebäude erstmals bei einer Besprechung am 18. Januar 2018 im Landratsamt angedacht worden sei, in Anwesenheit des damaligen Sachbearbeiters im Bauamt Herrn, der Naturschutzfachkraft Herrn ... und des Baujuristen, vermutlich Herrn .... Die Untere Naturschutzbehörde habe den Wunsch geäußert, das bestehende Gebäude durch einen Neubau zu ersetzen. Begründung dafür sei gewesen, dass der näher bei der Straße gelegene Neubau einen kleineren Eingriff in die Natur darstellen würde. In der Folge seien in Absprache mit den benannten Vertretern des Bauamts und der Unteren Naturschutzbehörde sowohl Grundriss, Kubatur, optisches Erscheinungsbild, Fassade (Putz oder Holzverkleidung) und Positionierung zur Straße detailliert besprochen worden; auch habe er am Tag des Baubeginns die Bauaufsichtsbehörde hiervon am Morgen in Kenntnis gesetzt. Die größere Grundfläche des Neubaus sei im Vorfeld mit dem AELF in einem Telefonat abgesprochen worden, wozu es Zeugen gebe. Das AELF habe ihm bedeutet, dass es bis zu einer Grundfläche von 100 m² „mitgehen“ würde. Zu den von ihm bereits vorgelegten Vergleichsgebäuden weise er besonders auf den Vergleichsfall Nr. 2 hin. Dieser sei sowohl in einer Biotopfläche (vgl. Flächennutzungsplan) gelegen als auch teilweise auf Gemeindegrund (Fl.Nr. ... Gemarkung ...). Grundstück wie Gebäude lägen in seiner unmittelbaren Nachbarschaft, am …in einem Waldgebiet und würden von einem forstwirtschaftlichen Betrieb, der ähnlich große Flächen besitze wie der Betrieb der Beigeladenen, ebenfalls zur Trocknung von Holzprodukten benutzt. Gegen dieses Gebäude gehe die Klägerin jedoch nach seiner Kenntnis nicht vor.
50
Die Beigeladenen beantragen,
51
die Klage abzuweisen.
52
Die Klage sei bereits unzulässig, zudem unbegründet. Die prozessualen Voraussetzungen für die erhobene Untätigkeitsklage lägen nicht vor, da die Klägerin zuvor keinen wirksamen Antrag auf Erlass einer Beseitigungsanordnung gestellt habe. Der Beklagte sei lediglich um Überprüfung der Rechtslage gebeten worden. Jedenfalls fehlten die materiellen Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Beseitigungsanordnung, da das streitgegenständliche Gebäude zulässigerweise nach Art.57 Abs. 1 Nr. 1c BayBO verfahrensfrei errichtet worden sei. Insbesondere diene es einem forstwirtschaftlichen Betrieb. Bei der von den Beigeladenen praktizierten Waldbewirtschaftung handle es sich um einen solchen forstwirtschaftlichen Betrieb, wie sich auch aus den entsprechenden Stellungnahmen des AELF als staatlicher Fachbehörde ergebe. Die Flächenausstattung des Betriebs liege deutlich über derjenigen Größenordnung, die in der Rechtsprechung regelmäßig als zu gering für die Annahme eines Betriebs angesehen worden sei. Auch an der Gewinnerzielung bestünden keine Zweifel. Neben der Nutzung für den Eigenbedarf finde auch ein Verkauf an Dritte statt, wie sich aus dem Schreiben des AELF Augsburg vom 8. Januar 2021 ergebe. U.a. bestehe dazu seit Jahren ein Vertrag mit der Waldbauernvereinigung ... e.V. über Holzverkauf. Hieraus würden laufend Gutschriften erzielt, in den vergangenen rund zehn Jahren rund 30.000 EUR. Auch erhalte der Betrieb jährliche Subventionen zur Förderung von Maßnahmen zum Waldumbau aus einer bayerischen Förderrichtlinie. Das Bauvorhaben diene diesem Betrieb, vom AELF seien keine Bedenken hierzu wie auch zur Ausgestaltung des Vorhabens vorgebracht worden. Einer Beseitigungsanordnung stehe entgegen, dass das Landratsamt aufgrund seines Verhaltens im Vorfeld der Errichtung des Gebäudes einen Vertrauenstatbestand zugunsten der Bauherrn geschaffen habe und somit in seiner Ermessensausübung gebunden sei. Eine Beseitigungsanordnung wäre ermessensfehlerhaft, da das Landratsamt im Sinne eines positives Tun eine Art Duldungszusage abgegeben habe, indem den Beigeladenen suggeriert worden sei, mit ihrer Anlage sei „alles in Ordnung“. Denn bereits am 22. August 2017 habe es im Landratsamt eine Besprechung gegeben, an der auch die damalige Baujuristin und der Kreisbaumeister teilgenommen hätten. Dabei sei den Beigeladenen mitgeteilt worden, aufgrund der Verfahrensfreiheit des Vorhabens fehle dem gestellten Bauantrag das Sachbescheidungsinteresse, woraufhin der Bauantrag zurückgenommen worden sei. Die Abänderung der ursprünglichen Planung sei in einer weiteren Besprechung im Landratsamt am 18. Januar 2018 abermals in größerer Runde abgestimmt worden. Hierzu, auch zu den Detailabstimmungen im Einzelnen, werde auf das Schreiben des Beigeladenen zu 1 vom 12. Januar 2021 an das Gericht Bezug genommen.
53
In der Angelegenheit wurde am 4. März 2021 mündlich verhandelt. Auf das hierzu gefertigte Protokoll wird Bezug genommen, ebenso auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Behördenakten.

Entscheidungsgründe

54
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
55
Die Klägerin begehrt vom Beklagten zu Recht bauaufsichtliches Einschreiten gegen das im Außenbereich errichtete Gebäude, da dieses mangels Privilegierung als einem forstwirtschaftlichen Betrieb dienend rechtswidrig errichtet wurde (dazu II.1.). Eine Ermessensreduzierung des Beklagten hin zur begehrten bauaufsichtlichen Beseitigungsanordnung liegt jedoch nicht vor (dazu II. 3), so dass über den Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten (erneut) zu verbescheiden ist (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
I.
56
Die zuletzt auf Verpflichtung zum Erlass einer Beseitigungs- bzw. Duldungsanordnung, hilfsweise auf erneute Verbescheidung über bauaufsichtliches Tätigwerden, gegenüber den Beigeladenen gerichtete Klage ist zulässig.
57
1. Die in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Erweiterung des Klageantrags um den Hilfsantrag in Ziffer III. ist sachdienlich nach § 91 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
58
2. Die Klageanträge sind als Verpflichtungsklagen (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO), jedenfalls im Rahmen einer Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO), statthaft.
59
Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei den Schreiben des Beklagten vom 13. Februar 2020 oder 18. Dezember 2019 um rechtsmittelfähige Verwaltungsakte handelt. Bei Ersterem deuten weder die äußere Form noch der Inhalt (… „somit sind aus unserer Sicht die … Voraussetzungen für ein forstwirtschaftlich privilegiertes Gebäude erfüllt“…) darauf hin. In Zweitem wird ausdrücklich bauaufsichtliches Tätigwerden abgelehnt (… „weitere bauaufsichtliche Maßnahmen sind daher nicht geplant“…), was für eine Regelungswirkung i.S.v. Art. 35 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetztes (BayVwVfG) spricht.
60
Jedoch war das Begehren der Klägerin nach bauaufsichtlichem Handeln der Beklagten auf der Grundlage des Gemeinderatsbeschlusses der Klägerin vom 4. September 2018 unmissverständlich und in zulässiger Weise über die Verwaltungsgemeinschaft ... als ausführende Verwaltungsbehörde der Klägerin (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der Verwaltungsgemeinschaftsordnung - VGemO -) an den Beklagten herangetragen worden. Der Beklagte hat dieses Ansinnen auch selbst so verstanden, wie sich aus seiner Email vom 4. Oktober 2019 an die Mitarbeiterin der Verwaltungsgemeinschaft ergibt. Abschließend begründet die Planungshoheit der Gemeinde eine wehrfähige Rechtsstellung der Gemeinde im Kontext einer Eingriffsmaßnahme der Bauaufsichtsbehörde sogar auch dann, wenn diese keinen Antrag auf Einschreiten gestellt hat. Dies folgt aus der hoheitlichen Mitverantwortung der Gemeinde als Trägerin der Planungshoheit und gilt ungeachtet dessen, dass die Gemeinde bei Verfahren auf bauaufsichtliches Einschreiten grundsätzlich nicht förmlich zu beteiligen ist. Die Gemeinde hat als Hoheitsträgerin insoweit eine stärkere Rechtsstellung als ein Nachbar bei einem Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.1999 - 1 B 95.4059 - juris Rn. 21 zur Frage, ob Gemeinde bei Verstoß gg. § 35 Abs. 3 Nr. 3 Splittersiedlung berufungsbefugt ist). Seit dem zuletzt mit E-Mail vom 27. Januar 2020 dem Beklagten vorgetragenen „Antrag“ der Gemeinde in Vollzug des Gemeinderatsbeschlusses vom 4. September 2018 (… „wir bitten erneut, die Privilegierung zu prüfen, alternativ einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erlassen…“) waren im Zeitpunkt der Klageerhebung am 17. Juni 2020 jedenfalls drei Monate (§ 75 Satz 2 VwGO) vergangen. Gleiches gilt hinsichtlich des mit Klageantrag vom 17. Juni 2020 präzisierten Antrags auf bauaufsichtlichen Einschreitens in Form der Baubeseitigung bzw. Duldungsanordnung bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 4. März 2021.
61
3. Die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO ergibt sich aus Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 11 BV i.V.m. Art. 76 Satz 1 der Bayerischen Bauordnung (BayBO).
II.
62
Die Klage ist insoweit begründet, als die Klägerin einen Anspruch auf (erneute) Verbescheidung ihres Antrags auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen das baurechtswidrige Vorhaben hat, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
63
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Beseitigungsanordnung bzw. Duldungsanordnung ist Art. 76 Satz 1 BayBO. Hiernach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung von Anlagen anordnen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert wurden und wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.
64
1. Das streitgegenständliche Gebäude wurde im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet und ist formell rechtswidrig, da für das nach Art. 68 Satz 1 BayBO i.V. m. Art. 55 BayBO genehmigungspflichtige Vorhaben eine Baugenehmigung nicht erteilt wurde. Eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht nach Art. 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c BayBO liegt nicht vor. Genehmigungsfrei sind nach dieser Vorschrift nur freistehende Gebäude ohne Feuerungsanlagen, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb im Sinn des § 35 Abs. 1 Nr. 1 und § 201 BauGB dienen, nur eingeschossig und nicht unterkellert sind, höchstens 100 m2 Grundfläche und höchstens 140 m2 überdachte Fläche haben und nur zur Unterbringung von Sachen oder zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt sind. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, da das Gebäude keinem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient.
65
a) Auch wenn die Beigeladenen zu 1 und 2 Wald zur Holzgewinnung nutzen, spricht einiges dafür, dass sie nicht Inhaber eines forstwirtschaftlichen Betriebs im bauplanungsrechtlichen Sinn sind. Dabei kann dahinstehen, ob die forstwirtschaftliche Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 und 2 alle Merkmale eines forstwirtschaftlichen Betriebs i.S.d. § 201 BauGB erfüllt.
66
Ein solcher setzt ein nachhaltiges, ernsthaftes, auf Dauer angelegtes lebensfähiges Unternehmen mit einer spezifischen betrieblichen Organisation sowie einem Mindestumfang an forstwirtschaftlicher Betätigung voraus (BVerwG, U.v. 13.1.1967 - IV C 47.65 - DVBl 1967, 287; BVerwG, U.v. 11.4.1986 - 4 C 67/82 - NVwZ 1986, 916; BVerwG, U.v.16.5.1991 - 4 C 2/89 - juris Rn. 11). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, z.B. der Flächenbasis, den Betriebsmitteln oder der ausgeführten Tätigkeit. Gerade bei einem Nebenerwerbsbetrieb, um den es sich vorliegend allenfalls handeln kann, ist in Abgrenzung zur bloßen Liebhaberei ein wichtiges Indiz für die Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit des Unternehmens die Möglichkeit und Absicht der Gewinnerzielung.
67
aa) Unter Forstwirtschaft versteht man die Nutzung des Waldes in Form von planmäßiger Bewirtschaftung (Anbau, Pflege, Abschlag) zur Holzgewinnung (Dürr in Brügelmann, Kommentar zum BauGB, 116. Lfg. Oktober 2020, § 35 Rn. 19; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Kommentar zum BauGB, 140. EL Oktober 2020, § 35 Rn. 24b, 28; BVerwG, U.v. 4.3.1983 - 4 C 69/79 - juris Rn. 18). Weitere Arbeitsvorgänge, die sich an den Abschlag anschließen, gehören nach der Rechtsprechung nur noch ganz eingeschränkt zur forstwirtschaftlichen Betätigung (bejaht für Verkleinerung von Holzstücken auf für den Waldbesitzer handhabbare Größe von 1 m). Nicht der forstwirtschaftlichen Urproduktion zuzurechnen, weil nicht mehr durch forstwirtschaftliche Nutzung geprägt, sind weitere Aufarbeitungsmaßnahmen wie z.B. die Herstellung von Pfählen oder die Herstellung von Scheitholz durch Schneiden auf die jeweilige Ofenlänge zwischen 20 und 35 cm, die Lagerung zum Trocknen über mehrere Jahre, das Verpacken des Holzes auf Paletten bzw. in Säcken und die spätere Verladung des Holzes auf Kleintransporter zur Auslieferung an die jeweiligen Endkunden (BVerwG, B.v. 4.10.2006 - 4 B 64/06 - juris Rn. 3, 7 unter Hinweis auf OVG Koblenz, U.v. 6.7.2006, 1 A 11628/05, Urteil n.V.). Diese Tätigkeiten sind typische Arbeitsvorgänge des holzverarbeitenden Gewerbes. Ohne Belang ist, dass offenbar der steuerrechtliche Begriff der Forstwirtschaft weiter gefasst ist. Eine einheitliche, für alle Regelungswerke geltende Definition des Begriffs der Forstwirtschaft gibt es nicht. Vielmehr orientiert sich die Begriffsbestimmung jeweils an den Zielen und Zwecken der gesetzlichen Regelungen, für die sie gelten soll.
68
Hiervon ausgehend handelt es sich bei der planvollen Bewirtschaftung von Flächen durch den Beigeladenen zu 2 durch Aufforstung, Pflege und Wertastung, Abschlag von Stammholz (nach den Gegebenheiten des Marktes) und Abschlag von Schwachholz zum Einsatz als eigenverwertetes Brennmaterial um Forstwirtschaft. Dabei ist jedoch zu berücksichtigten, dass die Beigeladenen zu 1 und 2 bereits nicht alle Tätigkeiten selbst ausführen, sondern diese auch - gerade was den Abschlag größerer Stämme oder den gezielten Abschlag von Brennholz im größeren Umfang betrifft - durch dritte forstwirtschaftliche Unternehmen vornehmen lassen. Zudem erfolgen die beschriebenen forstwirtschaftlichen Tätigkeiten (denklogisch) vor Ort im Wald und nicht auf dem streitgegenständlichen Grundstück.
69
Hingegen nicht mehr unter den Begriff der forstwirtschaftlichen Urproduktion fällt aber die auf dem streitgegenständlichen Grundstück teilweise vorhandene Lagerung von größeren Holzstücken in der Größe von 1 m, wie in der mündlichen Verhandlung angegeben, zum Zweck der Trocknung, sowie die für dort vorgesehene Herstellung von Scheitholz in passender Größe zum Einsatz als Brennholz in den eigenen Kesseln der jeweiligen Brennanlage. Diese Tätigkeiten (Lagern, Zuschneiden) können zudem, wie der Beigeladene zu 1 selbst angibt, überall erfolgen, sogar draußen (Lagerung unter Abdeckung) und im Wald.
70
bb) Ein forstwirtschaftlicher Betrieb setzt im Allgemeinen größere Flächen voraus, weil nur ein Betrieb größeren Umfangs von seiner Funktion her zur Pflege und Beaufsichtigung der Pflanzen einen ständigen Einsatz von Arbeitskräften oder technischer Gerätschaften und damit die Errichtung von baulichen Anlagen erfordert (vgl. BVerwG, U.v.13.1.1967 -- IV C 47.65 - DVBl 1967, 287; Dürr in Brügelmann, a.a.O., § 35 Rn. 44). Eine genaue Angabe dessen, was an Mindestfläche erforderlich ist, ist nicht möglich, weil insoweit auf den Einzelfall abzustellen ist. Keineswegs kann jede forstwirtschaftliche Bodennutzung, beispielsweise auf einer kleinen oder kleinsten Fläche, zur Anerkennung eines solchen Betriebs führen (BVerwG, U.v. 13.1.1967, a.a.O.). Das Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Betriebs wurde bei einer Bewirtschaftung von „17 Morgen“ oder „wenigen Hektar“ bezweifelt (BVerwG, U.v. 4.3.1983, a.a.O. m.w.N), ebenso verneint bei 1 ha oder „11 Morgen“ (VGH Kassel, U.v. 26.2.1971 - IV OE 75/70 - BauR 1972, Nr. 61) bzw. 1,7 ha und 5-6 ha (BayVGH, B.v.30.4.1998 - 20 ZB 98.1134, n.V.) Auch eine Größe von 10 ha genügt nicht zur Annahme eines forstwirtschaftlichen Betriebs (VGH Mannheim, U.v. 17.9.1998 - 3 S 1934/96 - VGHBW-Ls 1998, Beilage 12, B5), wenn nur ein geringer Einsatz von Arbeit und Kapital für die Bewirtschaftung aufgewendet wird. Hingegen ist bei einer Bewirtschaftung von ca. 100 ha das Vorliegen einer Nebenerwerbsstelle denkbar (bei entsprechender Bejahung der Gewinnerzielungsabsicht im Einzelfall: BVerwG, U.v. 4.3.1983 - 4 C 69/79 - juris Rn. 12, 19).
71
Vorliegend umfassen die von den Beigeladenen zu 1 und 2 forstwirtschaftlich genutzten Flächen insgesamt 16,3 ha. Davon stehen 10,2 ha Flächen in deren Eigentum und 6,2 ha in (nur außerordentlich kündbarer) Pacht. Von den Eigentumsflächen befinden sich ca. 6,1 ha im Abstand von 10 bzw. 20 km (2 Flächen) bzw. ca. 4,1 ha im Abstand über 50 km (3 Flächen) zum streitgegenständlichen Grundstück. Von den 6,2 ha Pachtflächen liegen 3,2 ha im Abstand von 18 km und 3 ha im Abstand von 11 km. Die somit einen eher geringen Umfang betreffenden, forstwirtschaftlich genutzten Flächen wecken bereits Zweifel an einem nachhaltigen, auf Gewinnerzielung ausgerichteten Wirtschaften, die Grenze zur „fortwirtschaftlichen Liebhaberei“ ist hier fließend. Im Hinblick auf die in der Rechtsprechung betonte Bedeutung von Mindestgröße und Betriebsintensität vor dem Hintergrund größtmöglicher Außenbereichsschonung (BVerwG, U.v. 13.1.1967, a.a.O.) tendiert die Kammer vorliegend aber im konkreten Einzelfall zu einer ablehnenden Auffassung. Zudem wird die Forstwirtschaft aus mehreren kleinen, räumlich deutlich getrennten Teilflächen, die wiederum in deutlichem Abstand zum streitgegenständlichen Grundstück aufweisen, betrieben.
72
cc) Grundsätzlich nicht der Annahme eines forstwirtschaftlichen Betriebs entgegen steht der Umstand, dass es sich bei den Beigeladenen zu 1 und 2 um im Nebenerwerb Tätige handelt (Dürr in Brügelmann, a.a.O., § 35 Rn. 44; BVerwG, U.v. 4.3.1983 - 4 C 69/79 - juris Leitsatz 1, Rn. 18,19). Jedoch muss bei einer forstwirtschaftlichen Nebenerwerbsstelle diese dem Inhaber eine zusätzliche nachhaltige Sicherung seiner Existenz bieten und ihm zusätzliche Einnahmen gewährleistet. Der Betriebsinhaber muss mit den Erträgen der Forstwirtschaft eine dauernde Ergänzung seines sonstigen Einkommens anstreben. Zwar ist nicht erforderlich, dass die Nebenerwerbsstelle die überwiegende Erwerbsquelle darstellt, sie muss jedoch einen nicht unerheblichen Anteil des Gesamteinkommens erwirtschaften.
73
Für die Kammer steht außer Frage, dass die forstwirtschaftliche Tätigkeit aktuell keine erhebliche Einnahmequelle der Beigeladenen darstellt. Nach Angaben der Beigeladenen zu 1 und 2 sowie den Ausführungen des Vertreters des zuständigen Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg in der mündlichen Verhandlung auf der Grundlage der Stellungnahme des AELF vom 22. Februar 2017 wird aus der forstwirtschaftlichen Tätigkeit ein jährlicher Gewinn von rund 3.900 EUR errechnet. Dieser Betrag ergibt sich aus der Vermarktung von jährlich voraussichtlich anfallendem Stammholz unter Annahme eines durchschnittlichen Holzpreises der vergangenen fünf Jahre. Selbst wenn hierzu noch ein Gewinn aus dem Verkauf von Brennholz an/über die Waldbauernvereinigung ... e.V. zu zählen wäre, stellt eine monatliche Summe von unter 400 EUR aus forstwirtschaftlicher Tätigkeit keine „erhebliche“ Einnahmequelle der Beigeladenen dar. Der Beigeladene zu 2 hatte in der mündlichen Verhandlung die Einsicht in Abrechnungen der Waldbauernvereinigung ... e.V. ermöglicht, aus denen sich jährliche Gutschriften von (exemplarisch) rund knapp 5.000 EUR in 2014 bzw. gut 3.000 EUR in 2015 ergeben. Dies deckt sich, auch unter Berücksichtigung etwaiger weiterer Erlöse aus dem Verkauf von Brennholz an/über die Waldbauernvereinigung ... e.V., mit der vom AELF vorgenommenen jährlichen Gewinnerwartung. Anderes ergibt sich auch nicht aus der vorgelegten Bestätigung der E. S. GmbH vom 9. Februar 2021, nach der jährlich im Rahmen der Einkommensteuererklärung Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft auf Grundlage einer steuerlichen Gewinn- und Verlustermittlung für den durchgeführten Holzverkauf erklärt würden. Ein „Gewinn“ bzw. Ersparnis aus der Eigennutzung von Brennholz wurde nicht beziffert, ebenso wenig hierfür getätigte Aufwendungen/Unkosten, die allerdings vom Beigeladenen zu 2 in der mündlichen Verhandlung als eher gering eingeschätzt wurden. Im Ergebnis wird die Einschätzung, dass aktuell kein „großer Ertrag erwirtschaftet wird“, auch vom Beigeladenen zu 2 in der mündlichen Verhandlung geteilt. Dies sei wegen des geringen Alters des Waldes derzeit noch nicht möglich, werde aber bei entsprechender Pflege der Bäume mit steigendem Alter zunehmen.
74
dd) An diesen Einschätzungen des Gerichts ändern auch die vorgelegten Stellungnahmen des zuständigen Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg nichts Grundlegendes.
75
Zwar ist allgemein anerkannt, dass amtlichen Auskünften und Gutachten von Fachbehörden eine besondere Bedeutung zukommt (BayVGH, B.v. 2.5.2011 - 8 ZB 10.2312 - juris zur Rolle der Wasserwirtschaftsämter in wasserrechtlichen Verfahren bzw. BayVGH, U.v. 2.8.2018 - 2 B 18.742 - juris zur Bedeutung einer denkmalschutzrechtlichen Stellungnahme). Dies entbindet jedoch die zuständige Behörde - hier das Landratsamt als Bauaufsichtsbehörde - nicht davon, die sich bei dem ihnen zum Vollzug zugewiesen Rechtsvorschriften des BauGB und der BayBO ergebenden Fragen (auch) eigenverantwortlich zu prüfen und dazu eine eigene Einschätzung zu treffen. Auch die Oberste Baubehörde des Bayerische Staatsministeriums des Innern formuliert in ihrem Schreiben vom 9. Mai 2012 (Gz.: II B5 - 4601.1-004/11) zur Frage der Privilegierung von Solaranlagen auf landwirtschaftlichen Gebäuden im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB, dass es für die Beurteilung der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen auf eine Gesamtwürdigung der Umstände im Einzelfall (gerichtlich ergänzt: durch die Bauaufsichtsbehörde im Vollzug der Baugesetze) ankommt. Der Stellungnahme des AELF kommt nur hinsichtlich der Frage, ob in dem Gebäude trotz etwaiger besonderer Modifikation an Gestalt und Größe noch die erforderlichen landwirtschaftlichen Betriebsabläufe stattfinden können, eine entscheidende Bedeutung zu.
76
b) Jedenfalls fehlt es aber vorliegend am Merkmal des „Dienens“ des streitgegenständlichen Gebäudes im Hinblick auf die Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1 und 2, soweit sie der Forstwirtschaft unterfallen. Ein „Dienen“ im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB wäre nur dann gegeben, wenn ein vernünftiger Forstwirt auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs dieses Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde und das Vorhaben durch diese Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wäre. Das Gebäude muss für den Betrieb „typisch“ sein und dafür tatsächlich verwendet werden. Das Bauwerk muss in seiner äußeren Erscheinung (Gestaltung, Größe, Fenster, Türen, Innenausstattung) erkennbar von der Zweckbestimmung des forstwirtschaftlichen Betriebs geprägt sein (Lechner/Busse in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 139. EL Oktober 2020, Art. 57 Rn. 107 ff. 117 ff. m.w.N.).
77
Hinzu kommt, dass bei einer relativ kleinen Fläche i.d.R. zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung die Errichtung einer baulichen Anlage nicht erforderlich ist (Dürr in Brügelmann, a.a.O., § 35 Rn. 44), weil sich dann der erforderliche Funktionszusammenhang zwischen dem Vorhaben und dem forstwirtschaftlichen Betrieb nicht erschließt. Zwar wird in der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 13.1.1967 - IV C 47.65 - juris Rn. 23) nicht gefordert, dass das Bauvorhaben schlechthin unentbehrlich zur Aufrechterhaltung des Betriebs sein muss, eine bloße Nützlichkeit ist hingegen auch nicht ausreichend. Unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Forstwirts und Art, Größe und Struktur des Betriebs müssen im Sinne der „Vernünftigkeit“ sachgerechte und einleuchtende Gründe für die Ausführung des Bauvorhabens sprechen. Ein besonderes Gewicht kommt dem Erfordernis des Dienens bei Nebenerwerbsbetrieben zu, um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Privilegierung zu begegnen (Dürr in Brügelmann, a.a.O., § 35 Rn. 46). Die Wahl des konkreten Standorts im Außenbereich ist dabei grundsätzlich keine Frage des Dienens. Allerdings kann die dienende Funktion dann entfallen, wenn der Standort soweit von den (landwirtschaftlichen) Flächen entfernt ist, dass ein vernünftiger Landwirt diesen Standort nicht wählen würde (Dürr in Brügelmann, a.a.O., § 35 Rn. 49). Dies gilt in gleicher Weise für die Forstwirtschaft.
78
Bei dem streitgegenständlichen Gebäude handelt es sich ausweislich der in der Behördenakte befindlichen Lichtbilder um eine Halle mit hausähnlicher Kubatur und Dachform, mit Sektional-Tor, Eingangstür und Glas-Fenstern, teilweise ausgehängt und mit Holz-Lamellen versehen, sowie einer Bodenfläche von rund 85 m². Der Innenbereich ist nachträglich unterteilt in 60 m² für Brennholzlager und Abstellung landwirtschaftlicher Fahrzeuge und 22 m² zur Nutzung als Werkstatt für forstwirtschaftliche Werkzeuge und Maschinen (mit Glasfenster und Tür).
79
Auch wenn möglicherweise Situierung und äußere Form des Gebäudes mit dem Landratsamt (Untere Naturschutzbehörde) abgesprochen worden waren, steht zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass ein vernünftiger Forstwirt das streitgegenständliche Gebäude in seiner konkreten Größe und Gestaltung unter dem Gebot größtmöglicher Schonung des Außenbereichs so nicht errichten würde. Bereits die Ausführung des Gebäudes lässt nach dem Maßstab, der für das „Dienen“ im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB herangezogen werden muss, Zweifel entstehen. Grundsätzlich reicht ein einfaches Gebäude mit einem nicht befestigten Boden als Unterbringungsmöglichkeit für Geräte aus, erst recht für die Lagerung von Holz. Dies wurde zuvor durch das zuständige AELF auch für den ehemals auf dem Grundstück vorhandenen Stadel (Grundfläche 35 m²) bestätigt (Stellungnahme AELF vom 25. Januar 2017). Zudem ist das Bauwerk nach seiner äußeren Erscheinung nicht erkennbar von der Zweckbestimmung eines forstwirtschaftlichen Betriebs geprägt. Die Ausgestaltung lässt nach ihrer äußeren Erscheinung eher auf eine der Freizeitgestaltung als auf eine zur Unterbringung von forstwirtschaftlichen Geräten dienende „Halle“ schließen. Dieser Eindruck wird durch die Vielzahl an Fenstern, auch im „Obergeschoss“, und die einer Haustür ähnlichen Türfassade verstärkt.
80
Die forstwirtschaftlichen Teilflächen befinden sich in teils deutlicher Entfernung (über 15 km, teils bis zu 50 km) zum streitgegenständlichen Grundstück. Zumindest für die Bewirtschaftung der Waldfläche an den weiter entfernten Orten erweist sich das Gebäude seinem Standort nach als ungeeignet. Das Bauvorhaben wurde an dieser Stelle des Außenbereichs nicht realisiert, um die Abläufe im forstwirtschaftlichen Betrieb zu erleichtern, sondern weil die Beigeladenen zu 1 und 3 als Eigentümer verfügungsbefugt für dieses Außenbereichsgrundstück sind. Zudem liegt es, was die aber nicht mehr der forstwirtschaftlichen Urproduktion unterfallende Nutzung als Brennholzlager zwecks Einsatz in der privaten Heizung betrifft, günstig, nämlich in unmittelbarer Nähe des Hausgrundstücks der Beigeladenen zu 1 und 3 Dies, und nicht etwa ein funktionaler Zusammenhang zur forstwirtschaftlichen Tätigkeit im Außenbereich, drängt sich als Grund für den Neubau des streitgegenständlichen Gebäudes an dieser Stelle des Außenbereichs auf. Ebenso mag es für die Beigeladenen nützlich sein, alle vorhandenen Gerätschaften und Anhänger, Wassertank, etc. an einer Stelle zusammen zu führen, statt sie - wie ehemals -- auf zwei Standorte, nämlich das Wohnhaus des Beigeladenen zu 2 bzw. z.T. eingestellt bei dessen Nachbarn, und das Wohnhaus der Beigeladenen zu 1 und 3 aufzuteilen. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass die Beigeladenen zu 1 und 2 ihre eigene forstwirtschaftliche Tätigkeit, wie der Beigeladene zu 2 in der mündlichen Verhandlung angab, nur gelegentlich, also mehrmals jährlich, ausüben, wenn sie die Flächen insbesondere zur Waldpflege aufsuchen. Den Holzeinschlag, also gerade ein wesentliches Element der forstwirtschaftlichen Urproduktion, führen die Beigeladenen zu 1 und 2 in aller Regel nicht selbst aus, sondern beauftragen Dritte damit, die auch über die erforderlichen Gerätschaften und Fahrzeuge verfügen. Entsprechend findet der Verkauf des Holzes auch ab Wald (und nicht etwa ab dem streitgegenständlichen Grundstück) statt. Wie bereits ausführt, unterfällt die dort stattfindende Lagerung und insbesondere das Zuschneiden des Scheitholzes auf die passende Größe für den Einsatz im Brenner aber nicht mehr dem Kernbegriff der Forstwirtschaft und ist vor allem nicht dezidiert an den streitgegenständlichen Außenbereichsstandort gebunden. Dies räumt auch der Beigeladene zu 1 ein, wenn er in der mündlichen Verhandlung ausführt, die Tätigkeit des Zuschneidens könne überall erfolgen, im Wald oder auch auf dem Grundstück des Beigeladenen zu 2 in ....
81
Das zur Lagerung von Brennholz und Unterbringung von Maschinen errichtete Gebäude „dient“ damit im vorliegenden Fall nicht einem forstwirtschaftlichen Betrieb (so auch VG Augsburg, U.v. 22.03.2006 - Au 4 K 05.21103 - S. 12).
82
2. Das Vorhaben, das sich unstreitig im Außenbereich (§ 35 BauGB) befindet, ist auch materiell baurechtswidrig, da es bauplanungsrechtlich unzulässig und somit nicht genehmigungsfähig ist.
83
Es handelt sich (wie dargelegt) um ein nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiertes Vorhaben. Da auch eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis Nr. 6 BauGB nicht gegeben ist, ist das Vorhaben als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen. Sonstige Vorhaben können nach § 35 Abs. 2 BauGB nur zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Die „Halle“ beeinträchtigt aber öffentlichen Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB. Das Vorhaben lässt die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). In Bezug auf diesen Belang kommt es nach der Rechtsprechung nicht darauf an, ob es sich bei dem Vorhaben um ein Wohngebäude oder ein in sonstiger Weise genutztes Gebäude handelt. Das Gebäude wäre geeignet, eine Vorbildwirkung zu entfalten, die das Entstehen weiterer unerwünschter „Hallen“ oder anderer Bauvorhaben im Außenbereich begünstigen könnte. Das Vorhaben steht weiterhin im Widerspruch zum Flächennutzungsplan der Gemeinde, der an dieser Stelle eine naturschutzfachliche Ausgleichsfläche vorsieht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) und beeinträchtigt auch die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) in funktionaler Hinsicht. Nach der Intention des Gesetzgebers soll der Außenbereich der Land- und Forstwirtschaft sowie der Erholung vorbehalten bleiben. Ein Vorhaben wie das der Beigeladenen, das nach den obigen Darlegungen nicht einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient, ist seiner Funktion nach dem Wesen des Außenbereichs fremd.
84
3. Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Beseitigungsanordnung bzw. Duldungsanordnung ist Art. 76 Satz 1 BayBO. Hiernach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung von Anlagen anordnen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert wurden und wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Behörde hat dabei das ihr vom Gesetz eingeräumte Ermessen sachgerecht unter Beachtung des Zwecks der Ermächtigung und der gesetzlichen Grenzen des Ermessens (Art. 40 BayVwVfG) auszuüben. Die Voraussetzungen für eine Reduzierung bzw. Verengung des Ermessens allein auf die begehrte Beseitigung liegen aber nicht vor.
85
a) Es ist anerkannt, dass eine Gemeinde bei Beeinträchtigungen ihrer Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 BV) - etwa durch ein ohne ihre erforderliche Beteiligung bzw. ohne erforderliche Zustimmung (§ 36 i.V.m. §§ 29 ff. BauGB) errichtetes Bauwerk - ein subjektives Recht auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung durch die Bauaufsichtsbehörde hat, welche die Befugnis zum Einschreiten und damit zur Herstellung zuständiger Zustände besitzt, weil andernfalls eine Missachtung der der Gemeinde vom Gesetzgeber eingeräumten Rechtsstellung sanktionslos bliebe (BVerwG, U.v. 12.12.1991 - 4 C 31/89 - NVwZ 1992, 878; BayVGH, U.v. 30.7.1997 - 14 B 95.3645 - BayVBl 1998, 81 ff und B.v. 30.09.1999 - 1 ZE 99.2849 - juris Rn. 22). Die Gemeinde hat als Hoheitsträgerin dabei eine stärkere Rechtsstellung als ein Nachbar bei einem Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften (BVerwG, U.v. 12.12.1991, a.a.O.; BayVGH, U.v. 29.6.1999 - 1 B 95.4059 - BayVBl 2000, 471 f.).
86
b) Zwar ist auch anerkannt, dass sich das Eingriffsermessen der Bauaufsichtsbehörde zugunsten der Gemeinde verengt, wenn diese zur Durchsetzung einer örtlichen Bauvorschrift einen Antrag auf Erlass einer Beseitigungsverfügung stellt (BayVGH, U.v. 3.11.2000 - 26 ZB 99.2309 - juris Rn. 15, 16). Dieses Ermessen verengt sich noch mehr, wenn es nicht um den Erlass einer Beseitigungsverfügung, sondern um den Erlass einer Baueinstellungsverfügung geht (BayVGH, B.v.30.09.1999 - 1 ZE 99.2849 - juris Rn. 23).
87
Vorliegend ist aber zum einen zu beachten, dass die Rechtswidrigkeit des Vorhabens gerade nicht aus der Verletzung einer solchen, dezidiert die Planungshoheit der Gemeinde konkretisierenden, örtlichen Bauvorschrift resultiert. Zum anderen wird mit der hier klägerseits verlangten Baubeseitigung „das schärfste Schwert“ der der Bauaufsichtsbehörde zur Verfügung stehenden Maßnahmen begehrt. Der Beklagte hat sich aber zuvor - aufgrund der Annahme der Baugenehmigungsfreiheit - noch nicht mit dem Maßnahmenkatalog und den Möglichkeiten seiner bauaufsichtlichen Befugnisse befasst. Auch wurde er erstmals im Rahmen der Klageschrift mit der konkreten Forderung nach Baubeseitigung befasst, nachdem zuvor in eher allgemeiner Form „bauaufsichtliches Tätigwerden“ verlangt worden war.
88
Auf dieser Grundlage liegt nach Auffassung des Gerichts noch keine Spruchreife i.S.d. § 113 Abs. 5 VwGO vor. Denn der Beklagte hat sich bisher weder mit dem „Ob“, noch gar mit dem „Wie“ des erforderlichen bauaufsichtlichen Einschreitens befasst. Räumt der Gesetzgeber der Verwaltung Ermessen ein, so ist dem Grundsatz der Gewaltenteilung entsprechend die Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte gegenüber der originär das Gesetz vollziehenden und zu eigenverantwortlichem Handeln aufgerufenen Verwaltung durch § 114 Satz 1 VwGO in besonderer Weise eingegrenzt (BayVGH, U.v. 30.7.1997 - 14 B 95.3645 - BayVBl 1998, 81 ff.). Mangels Spruchreife i.S. des § 113 Absatz 5 Satz 1 VwGO war die Klage insoweit abzuweisen.
89
Vielmehr hat der Beklagte über den Antrag der Klägerin auf bauaufsichtliches Einschreiten (erneut) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
III.
90
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 159 Satz 1 VwGO sowie §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.
IV.
91
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.