Inhalt

FG Nürnberg, Urteil v. 23.02.2021 – 2 K 826/20
Titel:

Kein Vorsteuerabzug für Dachreparatur wegen Schäden durch Installation einer Photovoltaikanlage

Normenketten:
UStG §§ 3 Abs. 4,15 Abs. 1
MwStSystRL Art. 168
Leitsätze:
1. Geht es um den Vorsteuerabzug aus einer Werklieferung für die gesamte Dachfläche, muss das gesamte Gebäude und damit die Verwendungsmöglichkeit des gesamten Gebäudes in die durch § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG vorgegebene Verhältnisrechnung einbezogen werden. Daher kommt es für die Frage, ob die von § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG geforderte unternehmerische Mindestnutzung vorliegt, auf die Verwendung des gesamten Gebäudes unter Einschluss aller Flächen unter dem Dach und der gesamten Dachfläche an. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Obgleich die Photovoltaikanlage hier nur einen Teil der Dachfläche einnimmt (weniger als 10 Prozent), kam die Reparatur nicht nur einem Teil des Hauses, sondern dem gesamten Haus zugute, weil es sich im Wesentlichen um einen einheitlichen Baukörper mit einer einheitlichen Dachkonstruktion handelt, so dass die eindringende Feuchtigkeit geeignet war, das gesamte Haus zu beschädigen.(Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Irrelavant ist, dass die Schäden am Dach ausschließlich durch die Installation der Photovoltaikanlage entstanden sind. Dies führt von Rechts wegen noch nicht dazu, dass von einer ausschließlich unternehmerischen Nutzung der bezogenen Werklieferung auszugehen ist. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorsteuerabzug, Beglaubigte, signierte Abschrift
Rechtsmittelinstanz:
BFH München, Urteil vom 07.12.2022 – XI R 16/21
Fundstellen:
StuB 2021, 830
UStB 2021, 251
NWB 2021, 3022
DStRE 2022, 618
LSK 2021, 22794
BeckRS 2021, 21196

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1
Streitig ist der Vorsteuerabzug aus den Kosten für eine Dachreparatur.
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Der Kläger ist Teilhaber einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Schriftsteller und betreibt seit 2009 eine auf dem Dach seines Wohnhauses installierte Photovoltaikanlage. Als Schriftsteller ermittelt er die Vorsteuer nach Durchschnittssätzen. Das Wohnhaus steht - von einem Anbau abgesehen - auf einer rechteckigen Grundfläche und ist mit einem Satteldach gedeckt, dessen eine Seite zu etwa zwei Dritteln die Photovoltaikanlage einnimmt. Bei der Installation der Photovoltaikanlage wurde das Dach beschädigt, wodurch Feuchtigkeit eindrang und zu weiteren Schäden führte. 2019 stellte der Kläger dies fest und ließ die Schäden von einem Dachdecker und einem Zimmerer beheben, die dazu von ihnen selbst beschaffte Baumaterialien verwandten. Dachdecker und Zimmerer stellten dem Kläger ordnungsgemäße Rechnungen mit offenem Steuerausweis. Der Dachdecker berechnete nach Abzug von 2% Skonto 20.270,02 € zzgl. 3.851,30 € Umsatzsteuer, der Zimmerer nach Abzug von 2% Skonto 1.997,00 € zzgl. 379,43 € Umsatzsteuer.
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Der Kläger ging davon aus, dass die Leistungen des Dachdeckers und des Zimmerers ausschließlich für den Betrieb der Photovoltaikanlage bezogen seien. Er zog die dafür angefallene Vorsteuer in seiner Umsatzsteuervoranmeldung für das 3. Kalendervierteljahr 2019 in vollem Umfang ab, zudem 768,54 € Vorsteuer aus der Rechnung eines Elektrikers. Unter Berücksichtigung von 4.999,27 € Vorsteuer ermittelte er eine Vorauszahlung von - 4.292,37 €. Das Finanzamt stimmte der Voranmeldung nicht zu. Es begann eine Umsatzsteuer-Nachschau, die in eine Umsatzsteuersonderprüfung überging. Aufgrund des Prüfungsergebnisses erließ es am 19.12.2019 einen Vorauszahlungsbescheid für das 3. Kalendervierteljahr 2019, in dem es im Zusammenhang mit der Photovoltaikanlage nur 768,54 € Vorsteuer berücksichtigte und eine Vorauszahlung von -61,64 € festsetzte. Dabei ging es davon aus, dass der Anteil der unternehmerischen Verwendung der Reparaturen nach der Gesamtnutzung des Gebäudes zu beurteilen sei, sich danach ein unternehmerischer Verwendungsanteil von weniger als 10% ergebe und daher eine Zuordnung der Reparaturen zum Unternehmen ausgeschlossen sei. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 04.06.2020 setzte das Finanzamt die Vorauszahlung um 90 € auf -151,64 € herab, da eine Einzelposition aus der Rechnung des Dachdeckers überwiegend der Photovoltaikanlage zuzuordnen sei. Im Übrigen wies es den Einspruch zurück. Es schätzte die fiktive Jahresmiete für die Dachflächen, auf denen die Photovoltaikanlage installiert ist, auf maximal 200 €, die fiktive Jahresmiete für das gesamte Haus auf jedenfalls mehr als 2.000 €. In rechtlicher Hinsicht bezog es sich unter anderem auf die BFH-Urteile vom 19.07.2011 XI R 29/10 (BFHE 234, 564, BStBl. II 2012, 438); vom 14.03.2012 XI R 26/11 (BFH/NV 2012, 1192) und vom 03.08.2017 V R 59/16 (BFHE 258, 553, BStBl. II 2017, 1209).
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Dagegen erhob der Kläger Klage. Er begehrt die vollständige Berücksichtigung der in den Rechnungen des Dachdeckers und des Zimmerers ausgewiesenen Vorsteuer. Zur Begründung trägt er vor, die Reparatur des im Übrigen intakten Daches sei ausschließlich aufgrund der Schäden durch die Installation der Photovoltaikanlage erforderlich geworden. Ein privater Vorteil durch die Dachreparatur sei daher nicht erkennbar. In rechtlicher Hinsicht führt er aus, das Recht auf Vorsteuerabzug bestehe, wenn zwischen dem Eingangsumsatz und einem oder mehreren zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen ein direkter und unmittelbarer objektiver Zusammenhang bestehe. Eingangsleistungen gehörten zur unternehmerischen Tätigkeit, soweit sie - wie im Streitfall - ihren ausschließlichen Entstehungsgrund in den steuerpflichtigen Tätigkeiten hätten. Der direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen Eingangsumsatz und Ausgangsumsatz sei gegeben, wenn die Aufwendungen für den Eingangsumsatz - wie ebenso im Streitfall - zu den Kostenelementen der Ausgangsumsätze gehörten. Dazu bezieht er sich auf Rechtsprechung des EuGH, u. a. Urteile vom 08.02.2007 C-435/05 Investrand (UR 2007, 225); vom 21.02.2013 C-104/12 Becker (UR 2013, 220), vom 14.09.2017 C-132/16 Iberdrola (UR 2017, 928) und vom 16.09.2020 C-528/19 Mitteldeutsche Hartstein-Industrie (UR 2020, 840), und des BFH, u.a. Urteile vom 14.03.2012 XI R 8/10 (BFH/NV 2012, 1667) und vom 06.04.2016 V R 6/14 (BFHE 253, 456, BStBl. II 2017, 577). Die vom Finanzamt zitierten BFH-Entscheidungen seien auf den Streitfall nicht übertragbar, da sie jeweils die Ertüchtigung schadhafter Dächer zur erstmaligen Installation einer Photovoltaikanlage beträfen, während er seine Photovoltaikanlage auf einem intakten Dach installieren lassen habe und der Schaden gerade durch die Installation der Photovoltaikanlage entstanden sei.
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Der Kläger beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 2019 vom 29.01.2021 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer 2019 auf -2.905,01 € herabgesetzt wird, hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
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Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung bezieht es sich auf die Einspruchsentscheidung.
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Während des Klageverfahrens erließ das Finanzamt Umsatzsteuerbescheide für 2019, zuletzt am 29.01.2021, in denen es bei im Übrigen unstrittigen Besteuerungsgrundlagen die Vorsteuer aus der Dachreparatur nur im Umfang der Einspruchsentscheidung berücksichtigte und die Umsatzsteuer zuletzt auf 1.235,72 € festsetzte.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Steuerbescheid verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO). Das Finanzamt ging zurecht davon aus, dass der Kläger die Vorsteuer aus den Rechnungen des Dachdeckers und des Zimmerers nicht abziehen darf, weil er ihre Leistungen zu weniger als 10% für sein Unternehmen nutzt.
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1. Der während des Klageverfahrens zuletzt erlassene Steuerbescheid vom 29.01.2021 wurde zum Gegenstand des Verfahrens (vgl. § 68 Satz 1 FGO, BFH-Urteil vom 19.07.2011 XI R 21/10, BFHE 235, 14, BStBl. II 2012, 434, Rz. 20).
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2. In diesem Steuerbescheid war die in den Rechnungen des Dachdeckers und des Zimmerers ausgewiesene Vorsteuer mit nicht mehr als 90 € zu berücksichtigen. Der Steuerbescheid enthält insoweit keinen Rechtsfehler zu Lasten des Klägers.
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a) Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.
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b) Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 168 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL). Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige danach berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden, abzuziehen. Der Rat der Europäischen Union kann nach Art. 395 Abs. 1 Satz 1 MwStSystRL auf Vorschlag der Kommission einstimmig jeden Mitgliedstaat ermächtigen, von der Richtlinie abweichende Sondermaßnahmen einzuführen, um die Steuererhebung zu vereinfachen oder Steuerhinterziehungen oder -umgehungen zu verhindern. Mit Entscheidung 2009/791/EG vom 20.10.2009 (ABl. L 283 vom 30.10.2009, S. 55) ermächtigte der Rat Deutschland, abweichend von Art. 168 MwStSystRL die anfallende Mehrwertsteuer auf Gegenstände und Dienstleistungen, die zu mehr als 90% für private Zwecke des Steuerpflichtigen oder seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke genutzt werden, vollständig vom Recht auf Vorsteuerabzug auszuschließen. Mit Durchführungsbeschluss (EU) 2018/2060 vom 20.12.2018 (ABl. L 329 vom 27.12.2018, S. 20) verlängerte er diese Ermächtigung bis 31.12.2021.
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c) Geht es um den Vorsteuerabzug aus einer Werklieferung für die gesamte Dachfläche, muss das gesamte Gebäude und damit die Verwendungsmöglichkeit des gesamten Gebäudes in die durch § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG vorgegebene Verhältnisrechnung einbezogen werden. Daher kommt es für die Frage, ob die von § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG geforderte unternehmerische Mindestnutzung vorliegt, auf die Verwendung des gesamten Gebäudes unter Einschluss aller Flächen unter dem Dach und der gesamten Dachfläche an. Einzubeziehen in die Verhältnisrechnung zur Feststellung der unternehmerischen Mindestnutzung sind daher neben den Innenräumen die Dachflächen, die nicht unternehmerisch genutzt wurden (BFH-Urteil in BFHE 258, 553, BStBl. II 2017, 1209, Rz. 18 f.). Da Flächen innerhalb des Gebäudes und Dachflächen nicht miteinander vergleichbar sind, ist der unternehmerische Nutzungsanteil anhand eines Umsatzschlüssels durch Gegenüberstellung des fiktiven Vermietungsumsatzes für die Innenräume und des fiktiven Vermietungsumsatzes für die Dachfläche zu ermitteln (vgl. BFH-Urteile in BFHE 234, 564, BStBl. II 2012, 438, Rz. 42 ff.; in BFHE 235, 14, BStBl. II 2012, 434, Rz. 58 ff.; in BFH/NV 2012, 1192, Rz. 35 ff.).
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d) Nach diesen Grundsätzen kann der Kläger die vom Finanzamt nicht berücksichtigte Vorsteuer aus den Rechnungen des Dachdeckers und des Zimmerers nicht abziehen, weil er von Dachdecker und Zimmerer Lieferungen bezog, die er zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.
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aa) Dachdecker und Zimmerer führten Lieferungen in Form von Werklieferungen aus. Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist nach § 3 Abs. 4 Satz 1 UStG die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt nach § 3 Abs. 4 Satz 2 UStG auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden. So verhielt es sich im Streitfall, weil Dachdecker und Zimmerer das Dach ausweislich der vom Kläger vorgelegten Rechnungen mit von ihnen beschafften Materialien reparierten, die sie durch den Einbau mit Grund und Boden fest verbanden.
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bb) Der fiktive Vermietungsumsatz für die Dachfläche, auf der die Photovoltaikanlage installiert ist, beträgt weniger als 10 Prozent des fiktiven Vermietungsumsatzes für das gesamte Haus. Der Senat macht sich insofern die nachvollziehbare und vom Kläger nicht substantiiert angegriffene Schätzung in der Einspruchsentscheidung zu eigen. Obgleich die Photovoltaikanlage nur einen Teil der Dachfläche einnimmt, kam die Reparatur nicht nur einem Teil des Hauses, sondern dem gesamten Haus zugute, weil es sich im Wesentlichen um einen einheitlichen Baukörper mit einer einheitlichen Dachkonstruktion handelt, so dass die eindringende Feuchtigkeit geeignet war, das gesamte Haus zu beschädigen. Daher sind auch die Reparaturkosten dem gesamten Gebäude zuzurechnen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1192, Rz. 30 ff.).
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cc) Der unternehmerische Nutzungsanteil erhöht sich nicht wegen einer Nutzung von Innenräumen für die schriftstellerische Tätigkeit. Der Kläger machte eine solche Nutzung selbst nicht geltend, sondern trug in der Klagebegründung vom 04.08.2020 vor, er nutze das Haus abgesehen von der Photovoltaikanlage privat. Auch unabhängig davon erscheint es unter den Umständen des Streitfalls wenig wahrscheinlich, dass eine etwaige Nutzung des Hauses für die schriftstellerische Tätigkeit mehr als nur geringfügig sein könnte. Dagegen spricht nicht nur die aus den Akten erkennbare Größe des Hauses, die nahelegt, dass ein etwaiges häusliches Arbeitszimmer nur einen vergleichsweise geringen Teil einnimmt. Auch die Tätigkeit des Klägers als Teilhaber einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft lässt vermuten, dass er ein etwa vorhandenes Arbeitszimmer zu einem nicht unerheblichen Teil für diese Tätigkeit und nicht ausschließlich für die schriftstellerische Tätigkeit nützt.
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e) Dagegen kann der Kläger nicht einwenden, die behobenen Schäden seien, wovon der Senat in tatsächlicher Hinsicht überzeugt ist, ausschließlich durch die Installation der Photovoltaikanlage entstanden. Dies führt von Rechts wegen noch nicht dazu, dass von einer ausschließlich unternehmerischen Nutzung der bezogenen Werklieferung auszugehen ist.
20
aa) Ein direkter und unmittelbarer zwischen Eingangsumsatz und zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsatz bedeutet nicht auch eine ausschließlich unternehmerische Nutzung. Der BFH ging in den Urteilen in BFHE 234, 564, BStBl. II 2012, 438 (dort Rz. 28) und in BFHE 235, 14, BStBl. II 2012, 434 (dort Rz. 35) von einem solchen direkten und unmittelbaren Zusammenhang aus, hielt gleichwohl in beiden Urteilen nähere Feststellungen zum unternehmerischen Nutzungsanteil für erforderlich und zog in dem Urteil in BFHE 235, 14, BStBl. II 2012, 434 (dort Rz. 47 ff.) ausdrücklich die Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG in Betracht.
21
bb) Soweit der EuGH in dem Urteil Investrand in UR 2007, 225 (Rz. 33) und ihm folgend der BFH in dem Urteil in BFH/NV 2012, 1667 (Rz. 38, 45) auf den „ausschließlichen Entstehungsgrund“ abstellen, lehnen sie jeweils einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangsumsatz und zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsatz ab, weil der Eingangsumsatz seinen „ausschließlichen Entstehungsgrund“ nicht in der steuerpflichtigen Tätigkeit habe. Auch wenn der Umkehrschluss zulässig ist, begründet dies zwar einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Dachreparatur und Betrieb der Photovoltaikanlage, der aber nach dem soeben (unter aa.) gesagten nicht gleichbedeutend mit einer ausschließlich unternehmerischen Nutzung ist.
22
cc) Aus den gleichen Gründen führt auch der Umstand, dass die Aufwendungen für die Dachreparatur zu den Kostenelementen für den Betrieb der Photovoltaikanlage gehören (vgl. EuGH-Urteile Becker in UR 2013, 220, Rz. 19; Iberdrola in UR 2017, 928, Rz. 28; Mitteldeutsche Hartstein-Industrie in UR 2020, 840, Rz. 26; BFH-Urteil in BFHE 253, 456, BStBl. II 2017, 577, Rz. 33), nicht zu der Annahme einer ausschließlich unternehmerischen Nutzung.
23
dd) Eine ausschließlich unternehmerische Nutzung ist auch nicht mit Blick auf die Erwägungen des EuGH zu der dritten Vorlagefrage in dem Urteil Mitteldeutsche Hartstein-Industrie in UR 2020, 840 anzunehmen. Der EuGH hatte darin nicht über die hier streitige Abgrenzung zwischen unternehmerischem und nichtunternehmerischem Zweck des Leistungsbezugs zu entscheiden (vgl. EuGH-Urteil Mitteldeutsche Hartstein-Industrie in UR 2020, 840, Rz. 64), sondern darüber, ob das Ergebnis des Leistungsbezugs trotz des unternehmerischen Zwecks beim Leistungsempfänger zu einem unversteuerten Endverbrauch eines Dritten führen könne. Einen solchen unversteuerten Endverbrauch lehnte der EuGH unter anderem deswegen ab, weil das Ergebnis vor allem für die unternehmerischen Zwecke der Klägerin des Ausgangsverfahrens genutzt wurde (vgl. EuGH-Urteil Mitteldeutsche Hartstein-Industrie in UR 2020, 840, Rz. 65).
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ee) Die vom Kläger angeführten Unterschiede zu den vom BFH entschiedenen Sachverhalten wirken sich daher - soweit sie überhaupt bestehen - im Ergebnis nicht aus. Dies verdeutlicht das BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1192, in dem der BFH einen vollen Vorsteuerabzug aus den Kosten für eine teilweise Neueindeckung ablehnte, obwohl ausschließlich die Installation einer Photovoltaikanlage Anlass dafür war, wohingegen die vom FG festgestellte Asbesthaltigkeit nach den Feststellungen keine Baumaßnahmen erforderlich machte.
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Die Klage war daher abzuweisen.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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4. Die Zulassung der Revision kam nicht in Betracht. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), weil die streitentscheidenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, insbesondere die BFH-Urteile in BFHE 234, 564, BStBl. II 2012, 438; in BFHE 235, 14, BStBl. II 2012, 434; in BFHE 258, 553, BStBl. II 2017, 1209 und in BFH/NV 2012, 1192 geklärt sind.