Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 08.07.2021 – AN 3 K 20.00288
Titel:

Erfolglose Klage gegen eine Beseitigungsanordnung für eine Gartenhütte sowie einen sockellosen Maschendrahtzaun im Außenbereich

Normenketten:
BayBO Art. 76 S. 1
BauGB § 35 Abs. 2, § 201
GG Art. 3 Abs. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
BayVwVfG § 40
Leitsätze:
1. Die Errichtung der Hütte in relativ unberührte Wiesen- und Ackerflächen stellt schon durch die nicht auf eine landwirtschaftliche Nutzung abzielende Bodenversieglung und der Zaun durch eine Landwirtschaft im Übrigen mindestens behindernde Wirkung eine wesensfremde Nutzung des Außenbereichs dar.  (Rn. 55) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Hütte dient schon aufgrund Ihrer Dimensionen, aber auch Ihrer Ausstattung mit Fenstern dem gelegentlichen Aufenthalt von Menschen und ist somit als Siedlungsanlage aufzufassen, die eine negative Vorbildwirkung für ähnliche Bauwünsche nach sich ziehen dürfte.  (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Willkürverbot stellt nur eine äußerste Grenze zur Abwehr staatlicher Eingriffe dar. Ein sachlich tragfähiger Grund für ein unterschiedliches Vorgehen kann etwa eine plausibel gewählte „Stichtagslösung“ sein. Ebenso ist ein vorrangiges Vorgehen gegen die aktuellsten Bausünder ein tragfähiger Grund, um der bei diesen neueren Vorhaben größeren negativen Vorbildwirkung entgegenzutreten. Genauso zulässig ist es für die Behörde zunächst die Entscheidung des zuständigen Gerichts abzuwarten, um eine rechtlich gesicherte Basis für ein Einschreiten in vergleichbaren Fällen zu haben und quasi „Schritt für Schritt“ vorzugehen. (Rn. 63) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gerätehalle und Zaun im Außenbereich, Sanierungskonzept, Baurecht, Beseitigungsverfügung, Beseitigungsanordnung, Baugenehmigung, keine Privilegierung im Außenbereich, Splittersiedlung, Willkürverbot, Ermessen
Fundstelle:
BeckRS 2021, 21096

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Beseitigungsanordnung für eine Gartenhütte sowie einen sockellosen Maschendrahtzaun.
2
Mit Schreiben der Standortgemeinde … vom 14. Mai 2018 erhielt das Landratsamt Kenntnis davon, dass die Klägerin auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung … mit den Bauarbeiten für eine Gerätehütte sowie einen sockellosen Maschendrahtzaun begonnen hatte. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die Stadt … bereits im Rahmen einer Anfrage am 9. November 2017 der Klägerin mitgeteilt habe, dass die Realisierung dieses Bauvorhabens nur mit dem Nachweis einer Privilegierung erfolgen könne. Das in Frage stehende Grundstück befindet sich in der Ortschaft … in ca. 120 m südöstlicher Entfernung zur Bebauungsgrenze der Ortschaft. Die Gerätehütte hat Maße von 5 m x 3 m x 2,5 m. Der sockellose Maschendrahtzaun umfasst das gesamte Grundstück und hat eine Höhe von 1,80 m.
3
Mit Schreiben vom 28. Mai 2018 wurde die Klägerin durch das Landratsamt aufgefordert, die errichtete Einfriedung sowie die bis dahin erst errichtete Bodenplatte bis zum 2. Juli 2018 zu beseitigen. Alternativ wurde ihr aufgegeben, einen entsprechenden Bauantrag einzureichen. Gelegenheit zur Äußerung wurde gegeben.
4
Mit Schreiben vom 21. Juni 2018 antwortete die Klägerin persönlich. Sie habe das Grundstück gekauft um Tomaten und Paprika anzupflanzen, eventuell auch Bäume. Sie benötige auf dem Grundstück eine kleine Hütte für Werkzeug oder falls es regnen sollte. Sie habe auf dem Grundstück kein Haus bauen wollen, sondern nur Anpflanzungen vornehmen wollen.
5
Eine am 25. Juni 2018 durchgeführte Baukontrolle ergab, dass die angefangene Gerätehütte mittlerweile fertig gebaut wurde und auch der Maschendrahtzaun mittlerweile das Grundstück vollständig umschließt.
6
Mit Schreiben vom 23. Juli 2018 wurde die Klägerin darüber informiert, dass nach Einschätzung des Landratsamtes keine Privilegierung gegeben sei. Als sogenanntes sonstiges Vorhaben könne das Bauvorhaben nicht genehmigt werden, da es öffentliche Belange beeinträchtige. Vorliegend sei eine Beeinträchtigung insbesondere dadurch gegeben, dass das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Stadt … widerspreche, welcher Flächen für die Landwirtschaft vorsehe. Das Vorhaben stelle auch eine Beeinträchtigung der Belange des Naturschutzes dar, da es sich nach § 14 BNatSchG um einen vermeidbaren Eingriff in Natur und Landschaft handle (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB). Nach Art. 27 Abs. 1 BayNatSchG könnten alle Teile der freien Natur von Jedermann unentgeltlich betreten werden. Nur unter den Voraussetzungen des Art. 33 BayNatSchG könne dieses Betretungsrecht von Grundeigentümern eingeschränkt werden. Da keiner der in Art. 33 BayNatSchG aufgeführten Gründe vorliegend zutreffe, sei die Errichtung einer Sperre unzulässig. Der Klägerin wurde Frist bis zum 17. September 2018 gegeben, die Gerätehütte und den Zaun zu beseitigen. Andernfalls wurde eine kostenpflichtige Beseitigungsanordnung angedroht.
7
Mit Schreiben vom 30. August 2018 antwortete der nunmehr auch im hiesigen Verfahren bestellte Klägerbevollmächtigte auf dieses Schreiben. Er führt darin aus, dass die Klägerin das Grundstück erworben habe, um dort einen Garten anzulegen, der dazu dienen solle, Obst und Gemüse zu erzeugen. Des Weiteren plane die Klägerin auf dem Grundstück Bienenstöcke aufzustellen, um Honig zum Verkauf zu produzieren. Für diese Nutzungen benötige die Klägerin eine kleine Gartenhütte, um die erforderlichen Werkzeuge und Geräte unterzustellen. Die Gartenhütte beeinträchtige keine öffentlichen Belange (wird weiter ausgeführt). Der Belang des Naturschutzes sei durch die Gartenhütte ebenfalls nicht gestört, da die beabsichtigten Maßnahmen das Grundstück in ökologischer Hinsicht aufwerten würden und die Nutzung als Garten zum Obstbau sowie der Haltung von Bienen in naturschutzfachlicher Hinsicht begrüßenswert sei. Der sockellose Zaun diene dem Schutz der beabsichtigten Kulturen des Garten- und Obstbaus vor Schalenwild und betreffe den Verfahrensfreiheitstatbestand des Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b) BayBO. Insofern sei auch der Zaun gemäß Art. 33 Nr. 1 BayNatSchG naturschutzrechtlich zulässig. Es wurde darum gebeten, von der beabsichtigten Beseitigungsanordnung Abstand zu nehmen.
8
Eine am 8. Mai 2019 durchgeführte Ortsbegehung ergab, dass sich auf dem westlich angrenzenden Grundstück FlNr. … ein Gartenhaus mit den Maßen 4 x 3 m befindet. Auf einem östlich des klägerischen Grundstücks (in einer Entfernung von ca. 60 m) gelegenen Grundstück FlNr. … befindet sich ein abgestellter Bauwagen.
9
Mit Bescheid vom 20. Januar 2020, dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 22. Januar 2020, wurde der Klägerin aufgegeben,
1.
das Gartenhaus vollständig zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand des Grundstücks wieder herzustellen.
2.
die umschließende Einfriedung vollständig zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand des Grundstücks wiederherzustellen.
10
Bei Nichterfüllung der beiden Verpflichtungen binnen einer Frist von vier Wochen ab Unanfechtbarkeit des Bescheides wurde ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 500,00 EUR angedroht.
11
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Anordnung auf Art. 76 Satz 1 BayBO stütze. Für die Errichtung der baulichen Anlagen sei eine Baugenehmigung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO erforderlich. Diese sei nicht beantragt worden. Es lägen auch keine Ausnahmetatbestände nach Art. 57 BayBO vor. Insbesondere könne Art. 57 Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. a BayBO in Bezug auf das Gartenhaus nicht herangezogen werden, da dieser nicht auf Gebäude im Außenbereich anwendbar sei. Das klägerische Grundstück befinde sich weder im Gestaltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils und sei somit dem Außenbereich zuzuordnen. Hinsichtlich des Zaunes könne auch nicht auf Art. 57 Abs. 1 Ziff. 7 Buchst. b BayBO verwiesen werden, da dieser nur Einfriedungen zum Schutz von Forstkulturen oder landwirtschaftlicher Kulturen vor Schalenwild im Außenbereich zulasse. Die Klägerin unterhalte auf ihrem Grundstück allerdings einen Nutzgarten, der keine landwirtschaftliche Kultur darstelle.
12
Die benötigte Baugenehmigung könne auch nicht nachträglich erteilt werden, da das gesamte Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB könne nicht herangezogen werden, da es sich bei der Nutzung des Grundstücks nicht um einen landwirtschaftlichen Betrieb, sondern um einen Garten handle. Die Zulässigkeit beurteile sich daher ausschließlich nach § 35 Abs. 2 BauGB, wonach eine solche nur gegeben sei, wenn keine öffentlichen Belange beeinträchtigt würden. Vorliegend liege eine Beeinträchtigung der Darstellungen des Flächennutzungsplans gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 sowie eine Beeinträchtigung des Landschaftsplans nach Nr. 2 BauGB vor. Der Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan sehe für das betreffende Gebiet Flächen für Landwirtschaft vor. Die Errichtung einer Gerätehütte und die Einfriedung seien davon nicht erfasst. Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 dürften auch Belangte des Naturschutzes nicht beeinträchtigt sein, was vorliegend allerdings der Fall sei. Bei dem Bauvorhaben handle es sich um einen vermeidbaren Eingriff i.S.v. § 14 BNatSchG. Grundsätzlich gelte zudem, dass alle Teile der freien Natur von jedermann unentgeltlich betreten werden könnten (Art. 27 Abs. 1 BayNatSchG). Eine Möglichkeit der Einschränkung gemäß Art. 33 BayNatSchG liege nicht vor. Insbesondere sei Ziffer 1 der Norm nicht einschlägig, da zumutbare Alternativen bestünden, um die angelegten Obstbäume vor Verbiss und Verfegung zu schützen, ohne in Grundrechte von Verfassungsrang einzugreifen. Vorliegend sei es durchaus zumutbar und auch wirtschaftlicher, die Bäume einzelstammweise zu schützen statt mit einer Umzäunung des gesamten Grundstücks. Zudem stelle weder die Haltung von Honigbienen noch die Nutzung als Gemüsegarten eine „naturschutzfachlich begrüßenswerte“ Maßnahme dar. Eine ökologische Aufwertung würde durch eine extensive Wiesennutzung oder das Anlegen eines artenreichen Ruderalstandortes erfolgen, aber nicht durch einen Freizeit- und Nutzgarten.
13
Daneben sei ein Gebäude zur Bienenhaltung (Bienenhaus) ohnehin nur unter bestimmten Voraussetzungen privilegiert, die in der Richtlinie Nr. II 5-9121 8-2017 aufgeführt seien. Grundvoraussetzung sei demnach die dauerhafte Haltung von mindestens zehn Völkern.
14
Da die Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet worden seien und eine Herstellung rechtmäßiger Verhältnisse auf andere Weise nicht möglich sei, könne die Bauaufsichtsbehörde die Beseitigung anordnen (Art. 76 Satz 1 BayBO).
15
Die Entscheidung entspreche pflichtgemäßem Ermessen gemäß Art. 40 BayVwVfG. Angesichts der rechtswidrigen Bebauung und der sich bei einem Nichttätigwerden ergebenden Signalwirkung sei das Einschreiten sachgerecht. Die Maßnahme sei auch erforderlich, da insbesondere eine nachträgliche Genehmigung aus den oben genannten Gründen nicht möglich sei. Die Entscheidung entspreche schließlich auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Bei einer Abwägung müssten die Interessen der Klägerin gegenüber den öffentlichen Interessen zurückstehen. Es würde ein Präzedenzfall entstehen, wenn die widerrechtlich errichteten Anlagen bestehen blieben. Dadurch würde die Wirksamkeit der Verwaltungstätigkeit gefährdet. Dies werde auch nicht dadurch aufgehoben, dass die Hütte für die Pflege des Grundstücks und eine geplante Bienenhaltung genutzt werden solle.
16
Auch der Gleichheitssatz aus Art. 3 GG sei nicht verletzt. Zwar existierten auf benachbarten Grundstücken ebenfalls widerrechtlich errichtete Gartenhütten, jedoch würden auch diese auf ihre Genehmigung hin untersucht, respektive bauaufsichtliche Maßnahmen geprüft. Zudem existiere kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht.
17
Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2020 - hier eingegangen am gleichen Tag - ließ die Klägerin gegen den Bescheid Klage erheben.
18
Mit Schriftsatz vom 30. März 2020 stellt der Klägerbevollmächtigte folgenden Antrag:
Der Bescheid vom 20. Januar 2020 des Beklagten zum Aktenzeichen … wird aufgehoben.
19
Zur Begründung führt die Klägerseite an, dass die Klägerin das verfahrensgegenständliche Grundstück gekauft habe, um auf diesem Obst und Gemüse für den eigenen Bedarf zu erzeugen. Um dieses Vorhaben zu realisieren, habe die Klägerin Bedarf an einem kleinen Gartenhaus für die Aufbewahrung der benötigten Gartengeräte. Weiter sei es erforderlich, den Nutzgarten zu umzäunen, damit nicht durch Wildtiere und Passanten Schäden verursacht würden. Zaun und Gerätehaus wirkten in der Umgebung nicht als Fremdkörper. Sie fügten sich in das Landschaftsbild ein, bewirkten keine Zersiedelung, sondern seien lediglich Ausdruck der von der Klägerin beabsichtigten gärtnerischen Nutzung.
20
Der Klägerin komme so in planungsrechtlicher Hinsicht gemäß § 35 Abs. 2 BauGB ein Anspruch auf Genehmigung zu. Durch die für die gärtnerische Nutzung erforderlichen baulichen Anlagen würden öffentliche Belange nicht beeinträchtigt. Eine Splittersiedlung sei in Anbetracht der Größe des Gerätehauses nicht zu befürchten (BVerwG vom 17.2.1984, Az.: 4 C 55/81).
21
Die gärtnerische Nutzung stehe von ihren Auswirkungen nicht im Widerspruch zu der im Flächennutzungsplan dargestellten landwirtschaftlichen Nutzung.
22
Wenn die Klägerin somit einen Anspruch habe, dass sie eine Genehmigung erhalte, dann sei die verfahrensgegenständliche Beseitigungsverfügung ermessensfehlerhaft. Als milderes Mittel sei von der Klägerin zu verlangen, dass sie einen Bauantrag einreiche.
23
Die Beseitigungsverfügung erweise sich aber auch noch aus folgendem Grund als ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Unstreitig lägen mehrere baurechtswidrige Zustände im näheren Umfeld um das verfahrensgegenständliche Grundstück vor. Der Beklagte müsse, wenn er einen baurechtswidrigen Zustand zum Gegenstand seiner bauaufsichtlichen Tätigkeit machen wolle, den Gleichheitssatz beachten. Insofern könne der Beklagte nicht lediglich auf den Satz, es gebe im Unrecht keine Gleichheit, verweisen. Ein Sanierungskonzept sei vorliegend nicht erstellt worden. Vielmehr sei es so, dass der Beklagte aufgrund einer Anzeige eines Dritten lediglich Maßnahmen gegen die Klägerin ergreife. Die Aussage, auch bezüglich der übrigen baurechtswidrigen Zustände würden Untersuchungen betrieben und bauaufsichtliche Maßnahmen geprüft, könne in Anbetracht des Umstandes, dass der diesbezügliche Hinweis nun fast ein Jahr zurückliege, nicht als belastbar eingeschätzt werden.
24
Dem Beklagten gehe es vorliegend alleine darum, die von der Klägerin veranlassten Baumaßnahmen zu beanstanden. Sollte die Klägerin die baulichen Anlagen beseitigen, so würde bezüglich der übrigen baulichen Anlagen nichts geschehen. Hierfür habe der Beklagte weder das von der Rechtsprechung geforderte Konzept noch sonst einen Verweis auf eine bereits vorgenommene Maßnahme vorgelegt. Demnach stelle der streitgegenständliche Bescheid eine willkürliche, unter Missachtung des Gleichheitssatzes alleine gegen die Klägerin gerichtete, ermessensfehlerhafte Maßnahme dar.
25
Mit Schreiben vom 19. Mai 2020 erwiderte der Beklagte hierauf und beantragt,
Klageabweisung.
26
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 76 Satz 1 Hs. 1 BayBO erfüllt seien. Die Klägerin habe das streitgegenständliche Gebäude ohne die erforderliche Genehmigung und im Widerspruch zu § 35 BauGB, also formell und materiell illegal, errichtet.
27
Das Gartenhaus sei aufgrund seiner Lage im Außenbereich nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO verfahrensfrei. Da keine Privilegierung in Frage komme, sei auch Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO nicht anzuwenden. Hinsichtlich des Zauns käme auch Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO nicht in Betracht. Damit unterliege das Vorhaben der Baugenehmigungspflicht des Art. 55 Abs. 1 BayBO.
28
Im vorliegenden Fall scheide eine nachträgliche Genehmigung des bereits errichteten Bauvorhabens aus, weil ihm die das Bauen im Außenbereich regelnde Vorschrift des § 35 BauGB entgegenstünde. Dies bedeute in Konsequenz, dass nicht auf andere Art und Weise rechtmäßige Zustände i.S.d. Art. 76 Satz 1 Hs. 2 BayBO hergestellt werden könnten.
29
Da eine Privilegierung mittlerweile nicht mal mehr behauptet würde, sei die Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich lediglich danach zu bemessen, ob öffentliche Belange des § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt würden. Im vorliegenden Fall stünde dem klägerischen Vorhaben jedoch schon der Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB entgegen, da die baulichen Anlagen den Darstellungen des Flächennutzungsplanes widersprächen. Mit Flächen für landwirtschaftliche Nutzung seien Flächen gemeint, die der gewerblichen Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte oder der gewerblichen Tierhaltung dienten, nicht aber den Zwecken von Klein- oder Hobbygärtnern (unter Verweis auf Rechtsprechung).
30
Darüber hinaus stünde dem Vorhaben auch der Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, weil das Vorhaben die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige. Der natürlichen Eigenart der Landschaft entspreche es gerade, diese von Bebauung freizuhalten.
31
Die Entscheidung entspreche auch pflichtgemäßen Ermessen. Die Beseitigungsanordnung sei nicht willkürlich und verstoße insbesondere nicht gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichte die Behörde grundsätzlich nicht, in einem Bereich, in dem sie baurechtswidrige Zustände beobachtet habe, schlagartig gegen alle Schwarzbauten vorzugehen. Die Behörde dürfe sich vielmehr auf ein Vorgehen gegen einzelne Störer beschränken, sofern sie hierfür sachliche Gründe habe. Dabei sei es in der Rechtsprechung anerkannt, in einem Gebiet mit mehreren vergleichbaren Objekten aufgrund einer Stichtagsregelung oder ab einem bestimmten Zeitpunkt oder anders bezogen vorzugehen. Die Behörde brauche sich in einem solchen Fall nicht mit der Abwehr der Verschlechterung des bestehenden Zustands begnügen, sondern dürfe, da sie ohnehin mit der Angelegenheit befasst sei, weitergehend darauf hinwirken, dass der festgestellte Missstand insgesamt beseitigt werde (BVerwG vom 19.2.1992 NVwZ-RR 1992, 360). Gemessen an diesen Kriterien sei vorliegend kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz zu erkennen. Wie im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt, sei es beabsichtigt, auch gegen weitere bauliche Anlagen vorzugehen.
32
Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2020 erwiderte der Klägeranwalt hierauf nochmals und führt aus, dass zur Beurteilung eines Widerspruchs zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans darauf abzustellen sei, dass mit einer privatgärtnerischen Nutzung eine landwirtschaftliche Nutzung nicht für die Zukunft unmöglich gemacht werde. Es könne schließlich niemand gezwungen werden, sein im Flächennutzungsplanbereich der Darstellung einer Landwirtschaftsfläche gelegenes Grundstück zu veräußern oder zu verpachten, nur, weil er selbst kein Landwirt sei. Nutze ein Nichtlandwirt sein Grundstück, welches im Flächennutzungsplan als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt sei, gärtnerisch und sei eine landwirtschaftliche Nutzung weiterhin möglich, so habe der Flächennutzungsplan insoweit seine Aussagekraft nicht verloren (unter Verweis auf Rechtsprechung). Durch die gärtnerische Nutzung des Grundstücks sei den Darstellungen des Flächennutzungsplans somit nicht widersprochen. Das gering dimensionierte Gerätehaus und die Einzäunung könnten somit öffentlichen Belangen i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB nicht widersprechen.
33
Die natürliche Eigenart der Landschaft umfasse den Schutz des Außenbereichs vor einer wesensfremden Nutzung und den Schutz einer im Einzelfall schutzwürdigen Landschaft vor ästhetischer Beeinträchtigung. Ein kleines Gerätehaus sei keine wesensfremde Nutzung, entspreche vielmehr der Eigenart der Landschaft, die auch von dem privaten Obst- und Gartenbau geprägt sei und in der ein Gerätehaus nicht als störend wahrgenommen werde. Eine Beeinträchtigung des öffentlichen Belangs sei nicht anzunehmen, wenn das Bauobjekt im Zusammenhang mit der Umgebung nur unerhebliche Auswirkungen auf die Landschaft habe.
34
Eine Zersiedlung, die vom Beklagten mittlerweile ebenfalls angeführt werde, setze ein Wohngebäude voraus, welches bei einem Gerätehaus nicht gegeben sei. Der Belang könne somit nicht betroffen sein.
35
Der Beklagte könne das für die Einhaltung des Gleichheitssatzes erforderliche Konzept zur Lösung der von ihm angestrebten Beseitigung sämtlicher gärtnerischer Nutzung dienender Bauwerke nicht darstellen. Die erste Maßnahme des Beklagten in dieser Angelegenheit sei Mitte 2018 getroffen worden. In fast zwei Jahren sei es möglich, die zu beanstandenden Bauwerke im Außenbereich zu ermitteln und entsprechende Beseitigungsanordnungen zu erlassen. Der Umstand, dass der Beklagte dies bis heute nicht getan habe, belege, dass sich seine Maßnahmen alleine und ausschließlich gegen die Klägerin richten sollten und alle übrigen baulichen Anlagen unbeanstandet blieben.
36
Mit Schreiben vom 22. Januar 2021 erwiderte der Beklagte hierauf nochmals und führt aus, dass das Vorhaben im Widerspruch zu den Festsetzungen des Flächennutzungsplans stehe. In diesem Hinblick sei auf die Legaldefinition des Begriffes „Landwirtschaft“ aus § 201 BauGB hinzuweisen. Dies meine die gartenbauliche Erzeugung, den Erwerbsobstanbau und die berufsmäßige Imkerei. Die gartenbauliche Erzeugung müsse erwerbsmäßig betrieben werden. Sie diene der Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse über den Eigenbedarf hinaus zur Gewinnerzielung. Die Erzeugung für den Eigenbedarf falle demnach nicht unter § 201 BauGB. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor (wird weiter ausgeführt).
37
Das Bauvorhaben beeinträchtige die natürliche Eigenart der Landschaft i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Hierdurch sollten bauliche Anlagen abgewehrt werden, die der Landschaft wesensfremd seien oder der Allgemeinheit die Möglichkeit der Erholung entzögen. Sonstige Vorhaben seien zumeist wegen Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft unzulässig (wird weiter ausgeführt). Dies gelte auch für Zäune und sonstige Einfriedungen (wird weiter ausgeführt).
38
Entgegen der Auffassung der Klägerin setze die Gefahr der Entstehung einer Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) nicht die Bebauung mit einem Wohngebäude voraus. Vielmehr sei darauf abzustellen, dass die Anlage zum Aufenthalt von Menschen geeignet und bestimmt sei (wird weiter ausgeführt).
39
Zusammenfassend lasse sich feststellen, dass dem Vorhaben öffentliche Belange gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 1, 5 und 7 BauGB entgegenstünden und eine nachträgliche Genehmigung ausgeschlossen sei.
40
Soweit die Klägerin eine Rechtswidrigkeit in Bezug auf den Gleichheitssatz sehe, sei auf die Klageerwiderung vom 19. Mai 2020 verwiesen. Ergänzend sei noch mitzuteilen, dass das Landratsamt die benachbarten Grundstücke hinsichtlich nicht genehmigter Bauten im Außenbereich am 8. Mai 2020 in Augenschein genommen habe. Hierbei sei auf FlNr. … ein Bauwagen und auf FlNr. … ein Gartenhaus vorgefunden worden. Das Landratsamt behalte sich selbstverständlich auch bauaufsichtliche Maßnahmen gegen die baulichen Anlagen in der Nachbarschaft des streitgegenständlichen Grundstücks vor. Diese seien jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Streitsache.
41
Mit Schriftsatz vom 15. März 2021 erwiderte der Klägerbevollmächtigte hierauf nochmals und führt aus, dass im vorliegenden Fall der Beklagte ausschließlich das Gerätehaus der Klägerin beseitigt wissen wolle und sich lediglich vorbehalte, hinsichtlich weiterer baulicher Anlagen bauaufsichtliche Maßnahmen vorzunehmen. Damit werde deutlich, dass der Beklagte unter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz lediglich Maßnahmen gegen die Klägerin ergreife und bauliche Anlagen auf unabsehbare Zeit unbeanstandet lassen wolle. Hierfür gebe es keinen tragfähigen Grund.
42
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtssowie Behördenakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 8. Juli 2021 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

43
Die erhobene Klage ist als Anfechtungsklage zwar zulässig, aber unbegründet, da die im Bescheid vom 20. Januar 2020 angeordneten Beseitigungsanordnungen rechtmäßig sind und die Klägerin insoweit nicht in ihren eigenen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
44
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Beseitigungsanordnung nach Art. 76 Satz 1 BayBO ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, U. v. 12.12.2013 - 4 C 15/12 - juris Rn. 8 = NVwZ 2014, 454). Eine hiervon zeitlich eventuell abweichende Beurteilung aus Gründen des Bestandsschutzes (BayVGH, U. v. 30.1.2014 - 15 B 11.750 - juris Rn. 19 f.) ist vorliegend nicht möglich, da das Vorhaben sowohl aktuell als auch in der Vergangenheit baurechtswidrig war.
45
Die Beseitigungsanordnungen bezüglich der Gerätehütte und des Zauns sind sowohl von den tatbestandlichen Voraussetzungen (1.) als auch hinsichtlich der Ermessenausübung (2.) rechtlich nicht zu beanstanden.
46
1. Rechtsgrundlage für die baurechtliche Beseitigungsanordnung ist Art. 76 Satz 1 BayBO. Hiernach kann die zuständige Bauaufsichtsbehörde die Beseitigung von im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichteten Anlagen anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Notwendig ist hierbei primär die sog. formelle und materielle Illegalität der Anlage (BVerwG, U. v. 10.12.1982 - 4 C 52/78 - juris Rn. 13 = NVwZ 1983, 472) also das Fehlen einer erforderlichen Baugenehmigung und der Verstoß gegen materielle Vorschriften des Baurechts. Bei Bauvorhaben, die keiner Genehmigung bedürfen, kommt es dementsprechend nur auf eine materielle Illegalität an (BayVGH, B. v. 20.1.2003 - 20 ZB 99.3616 - juris Rn. 3). Bei einer bereits genehmigten Anlage kann die reine materielle Illegalität ebenfalls eine Baubeseitigungsanordnung rechtfertigen, wenn der materielle Baurechtsverstoß außerhalb des Prüfprogramms der Baugenehmigung von Art. 68 Abs. 1 Halbsatz 1 BayBO liegt (vgl. Art. 55 Abs. 2 BayBO) und somit nicht durch die beschränkte materielle Legalisierungswirkung der Baugenehmigung behoben wird (BayVGH, B. v. 14.7.2005 - 20 CS 05.1732 - juris Rn. 9 = BayVBl 2006, 220).
47
1.1 Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob die in Frage stehenden Anlagen formell illegal sind, das heißt, ohne erforderliche Baugenehmigung errichtet wurden. Eine Verfahrensfreiheit des Zauns liegt wohl nicht vor, da die Klägerin keine Landwirtschaft im Sinne des BauGB betreibt (s.u.) und die Einfriedung auch erkennbar keinem anderen der in Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 lit. b BayBO genannten privilegierten Zwecke dient (vgl. BayVGH, B. v. 14.9.2020 - 1 ZB 20.260). Auch bezüglich der Gerätehütte ist im Hinblick auf den Außenbereich keine Genehmigungsfreiheit anzunehmen.
48
1.2 Sowohl Gerätehütte als auch Zaun sind jedenfalls materiell illegal, da sie gegen die bauplanungsrechtlichen Vorschriften über die Zulässigkeit von Außenbereichsvorhaben nach § 35 BauGB verstoßen. Eine Privilegierung der in Frage stehenden Vorhaben wird mittlerweile nicht mehr behauptet und ist für das Gericht auch nicht erkennbar, weshalb es nur auf die Zulassungsvorschrift des § 35 Abs. 2 BauGB für sog. sonstige Vorhaben ankommt.
49
Nach § 35 Abs. 2 BauGB können sonstige Vorhaben im Außenbereich im Einzelfall zugelassen werden, wenn sie öffentliche Belange nicht beeinträchtigen und die Erschließung gesichert ist. Die Prüfung der Beeinträchtigung öffentlicher Belange erfordert eine nachvollziehende Abwägung der insbesondere in § 35 Abs. 3 BauGB angesprochenen Vorgaben und Wertungen (BVerwG, B. v. 26.6.2014 - 4 B 47/13 - juris Rn. 7 = BayVBl 2014, 703). Dabei ist für sonstige Vorhaben ein strenger Maßstab anzulegen, da diese im Gegensatz zu privilegierten Vorhaben regelmäßig keinen bodenrechtlich zwingenden Bezug zum Außenbereich vorweisen und grundsätzlich Alternativstandorte im Innenbereich in Anspruch nehmen können. Dieser strengere Maßstab manifestiert sich schon in dem Wort „beeinträchtigen“ in § 35 Abs. 2 BauGB. Nur so kann der vom Gesetzgeber intendierten größtmöglichen Schonung des Außenbereichs, wie sie sich etwa in § 35 Abs. 5 BauGB niedergeschlagen hat, Geltung verschafft werden.
50
Die Vorhaben beeinträchtigen mehrere der beispielhaft in § 35 Abs. 3 BauGB angesprochenen öffentlichen Belange. Sowohl Zaun als auch Gerätehütte widersprechen den Darstellungen des Flächennutzungsplans nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB und beeinträchtigen die natürliche Eigenart der Landschaft nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Die Gerätehütte lässt jedenfalls darüber hinaus auch die Entstehung einer Splittersiedlung nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB befürchten.
51
1.2.1  Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB kann der Realisierung von Außenbereichsvorhaben ein Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans entgegenstehen. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans nehmen gegenüber sonstigen Vorhaben eine vergleichbare Stellung wie die stets verbindlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans ein (BayVGH, B. v. 14.10.2013 - 2 ZB 12.2318 - juris Rn. 13). Im Hinblick auf sonstige Vorhaben ist auch ein negativer Planungswille beachtlich, der mehr oder weniger nur Flächen von (bestimmter) Bebauung freihalten will (BVerwG, U. v. 29.4.1964 - I C 30/62 - juris Rn. 20 = NJW 1964, 1973).
52
Vorliegend stellt der Flächennutzungsplan für das fragliche Gebiet Flächen für die Landwirtschaft dar. Damit kann nach Auffassung des Gerichts nur der baurechtliche Begriff der Landwirtschaft, wie er sich in § 201 BauGB manifestiert hat, gemeint sein. Nach § 201 BauGB ist Landwirtschaft in diesem Sinne jedoch nicht allein durch die Bodenertragsnutzung gekennzeichnet, sondern setzt einen weitergehenden Erwerbszweck voraus, der der Klägerin fehlt. In § 201 BauGB werden (teilweise) mehrfach die Begriffe „berufsmäßig“, „Betrieb“ oder „Erwerb“ verwendet, was deutlich macht, dass eine rein hobbymäßige Bodenertragsnutzung nicht unter den Begriff der Landwirtschaft fällt. Vielmehr ist die Absicht der Gewinnerzielung tragendes Element der Landwirtschaft im Sinne von § 201 BauGB (BVerwG, U. v. 16.12.2004 - 4 C 7/04 - juris Rn. 12 = BVerwGE 122, 308). Eine solche fehlt der Klägerin, wie sie selbst in ihrem Schreiben an die Bauaufsichtsbehörde vom 20. Februar 2021 klarstellt, da das Grundstück nur zur Selbstversorgung mit frischem Gemüse erworben wurde.
53
Soweit die Klägerseite unter Verweis auf Rechtsprechung ausführt, dass eine privatgärtnerische Nutzung die Darstellung landwirtschaftlicher Fläche in einem Flächennutzungsplan nicht gegenstandslos werden lässt, lässt sich dieser richtigen Aussage nichts für die hier relevante Frage eines Verstoßes gegen die weiterhin wirksamen Darstellungen einer Fläche für Landwirtschaft entnehmen.
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1.2.2 Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB kann der Realisierung von Außenbereichsvorhaben die Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft oder ihres Erholungswertes entgegenstehen. Wesentliche Funktion dieses Belangs ist es, den Außenbereich von nicht privilegierter und damit dem Außenbereich wesensfremder Nutzung durch Bebauung jeglicher Art freizuhalten (BayVGH, U. v. 8.4.2014 - 2 B 12.2602 - juris Rn. 29 = AUR 2014, 468). Nicht entscheidend für die Beeinträchtigung dieses Belangs ist die Sichtbarkeit der in Frage stehenden Anlagen oder deren optische Unauffälligkeit (BVerwG, U. v. 30.4.1969 - IV C 63/68 - juris Rn. 17 = BayVBl 1970, 213). Entscheidend ist vielmehr, ob der konkrete Standort seine natürliche Funktion im Sinne einer land- oder forstwirtschaftlichen Nutzbarkeit oder bezüglich seines Erholungswertes bereits eingebüßt hat - mithin also erheblich vorbelastet ist (BVerwG, U. v. 25.1.1985 - 4 C 29/81 - juris Rn. 8 = NVwZ 1985, 747; BVerwG, U. v. 24.8.1979 - 4 C 8/78 - juris Rn. 16 = BayVBl 1980, 309). Dieser Belang ist damit Ausdruck eines funktionalen Landschaftsschutzes (BayVGH, U. v. 11.4.2017 - 1 B 16.2509 - juris Rn. 18 = BayVBl 2018, 168).
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Hier wurden Gerätehütte und Zaun an einem im Wesentlichen durch andere wesensfremde Bebauung unbelasteten Standort errichtet. Der Vorhabenstandort ist ausweislich der vorliegenden Luftbilder und Fotos durch relativ unberührte Wiesen- und Ackerflächen gekennzeichnet. Insofern stellt die Errichtung der Hütte schon durch ihre nicht auf eine landwirtschaftliche Nutzung (im oben definierten Sinne) abzielende Bodenversieglung und der Zaun durch eine Landwirtschaft im Übrigen mindestens behindernde Wirkung eine wesensfremde Nutzung des Außenbereichs dar (vgl. BayVGH, B. v. 14.9.2020 - 1 ZB 20.260 - juris Rn. 10).
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Insofern muss der Klägerseite entgegengehalten werden, dass die Auswirkungen des Vorhabens nicht als unwesentlich in diesem Sinne aufgefasst werden können, da schon der Zaun das gesamte Grundstück umfasst und somit eine erhebliche „Störwirkung“ für landwirtschaftliche Nutzungen entwickeln kann. Gleiches gilt auch für die Hütte, die das erkennende Gericht nicht mehr als „klein“ beurteilt.
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1.2.3 Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB kann der Realisierung von Außenbereichsvorhaben die Befürchtung der Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung entgegenstehen. Eine Splittersiedlung ist eine Ansammlung von baulichen Anlagen, die zum - wenn auch eventuell nur gelegentlichen - Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (BVerwG, U. v. 19.4.2012 - 4 C 10/11 - juris Rn. 19 = NVwZ 2012, 1631). Dazu zählen nicht nur Wohnhäuser, sondern vor allem auch gewerbliche Anlagen, die ebenfalls dem mindestens gelegentlichen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG v. 19.4.2012 a.a.O.). Die Splittersiedlung muss im Sinne der Vorschrift zu befürchten sein, sich also als ein unerwünschter Zersiedlungsvorgang darstellen (BVerwG v. 19.4.2012 a.a.O. Rn. 21). Dies anzunehmen rechtfertig sich in aller Regel (BVerwG v. 19.4.2012 a.a.O.). Darüber hinaus ist in erster Linie auf die negative Vorbildwirkung abzustellen, die bereits bei einem einzigen Bauvorhaben regelmäßig eintritt (BVerwG, B. v. 8.4.2014 - 4 B 5/14 - juris Rn. 8 = ZfBR 2014, 494).
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Vorliegend lässt die Errichtung der Hütte nach Meinung des Gerichts anschaulich die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten. Auch im Rahmen dieses Verfahrens wurde - zwar im Kontext des Gleichheitssatzes (dazu unten), aber dies ist letztlich beliebig austauschbar - die bereits vorhandene Hütte und der Bauwagen auf den Fl.Nr. … und … als „Rechtfertigung“ für das Belassen des eigenen Bauvorhabens angeführt. Dies zeigt deutlich, dass jegliches weitere Vorhaben eine negative Vorbildwirkung für ähnliche Bauwünsche nach sich ziehen dürfte.
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Soweit die Klägerseite meint, dass der Belang einer Splittersiedlung nur durch Wohnnutzungen beeinträchtigt werden könnte, sei auf obige Rechtsprechung verwiesen. Das Gericht geht davon aus, dass die in Frage stehende Hütte schon aufgrund Ihrer Dimensionen, aber auch Ihrer Ausstattung mit Fenstern dem gelegentlichen Aufenthalt von Menschen dient und somit als „Siedlungsanlage“ im Sinne der Vorschrift aufzufassen ist. Auch aus der zitierten Rechtsprechung (BVerwG, U. v. 17.2.1984 - 4 C 55/81) ergibt sich nichts Anderes. Insofern ist zu betonen, dass der vom BVerwG behandelte Fall eine Gartenhütte im Rahmen einer planungsrechtlich zulässigen Kleingartenanlage zum Gegenstand hatte und die dort geschilderten „Höchstmaße“ nur den „ortsüblichen“ Rahmen definierten. Vorliegend handelt es sich aber um keine solch gewollte „Kleingartenanlage“, sondern um den im Wesentlichen unberührten Außenbereich.
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1.3 Nach Art. 76 Satz 1 BayBO darf eine Baubeseitigungsanordnung nur ergehen, wenn rechtmäßige Zustände nicht auf andere Weise hergestellt werden können, wovon vorliegend auszugehen ist.
61
Hier sei angemerkt, dass die Anforderung eines Bauantrags aufgrund der oben dargestellten materiellen Illegalität keine Option zur Herstellung rechtmäßiger Zustände darstellt und im Übrigen die Klägerin die in der Vergangenheit durch Schreiben der Bauaufsichtsbehörde vom 28. Mai 2018 gegebene Möglichkeit ignoriert hat und das Vorhaben zu Ende bauen ließ.
62
2. Die Baubeseitigungsanordnung entspricht auch den Grundsätzen pflichtgemäßen Ermessens nach Art. 40 BayVwVfG. Ermessensfehler sind weder im Sinne des Gleichheitssatzes (2.1) noch im Sinne sonstiger Ermessenfehler (2.2) ersichtlich.
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2.1 Art. 3 Abs. 1 GG verbürgt das allgemeine Willkürverbot, das bei jeder Ermessensausübung zu beachten ist. Einem behördlichen Einschreiten gegen rechtswidrige Zustände kann ausnahmsweise entgegengehalten werden, dass es an jedem System oder sachlich einleuchtenden Grund für ein Einschreiten fehlt, sich das Einschreiten im konkreten Fall mithin als willkürlich darstellt (BVerwG, B. v. 24.7.2014 - 4 B 34/14 - juris Rn. 4 = BauR 2014, 1923). Das Willkürverbot stellt allerdings nur eine äußerste Grenze zur Abwehr staatlicher Eingriffe dar, da stets zu bedenken ist, dass sich ein rechtsbrüchiger Bauherr nicht unter diesem „Deckmantel“ auf eine Gleichheit im Unrecht berufen kann. Ein sachlich tragfähiger Grund für ein unterschiedliches Vorgehen kann etwa eine plausibel gewählte „Stichtagslösung“ sein, wonach nur gegen nach diesem Stichtag errichtete Anlagen vorgegangen wird, um eine Verschlechterung der Situation zu vermeiden (BVerwG, v. 24.7.2014 a.a.O.). Ebenso ist ein vorrangiges Vorgehen gegen die aktuellsten Bausünder ein tragfähiger Grund, um der bei diesen neueren Vorhaben größeren negativen Vorbildwirkung entgegenzutreten (BayVGH, B. v. 7.6.2017 - 9 ZB 15.255 - juris Rn. 5). Eine pauschale zeitliche Grenze, bis wann gegen andere vergleichbare Fälle vorgegangen werden muss, gibt es dabei allerdings nicht (BayVGH, v.7.6.2017 a.a.O. Rn. 6). Genauso zulässig ist es für die Behörde - insbesondere in rechtlich streitigen Fällen - zunächst die Entscheidung des zuständigen Gerichts abzuwarten, um eine rechtlich gesicherte Basis für ein Einschreiten in vergleichbaren Fällen zu haben und quasi „Schritt für Schritt“ vorzugehen (BayVGH, U. v. 14.5.2021 - 1 B 19.2111 - juris Rn. 34). Schließlich ist ein Sanierungskonzept im Sinne obiger Ansätze dann schon nicht von Nöten, wenn in Einzelfällen aufgrund der geringen Anzahl oder Bedeutung ein unmittelbar zeitnahes Einschreiten nicht erforderlich erscheint (BayVGH, B. v. 19.2.2014 - 15 C 13.2483 - juris Rn. 19).
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Nach den dargelegten Grundsätzen kann das Gericht vorliegend kein willkürliches Handeln der Bauaufsichtsbehörde erkennen. Es kann hier dahinstehen, ob die Behörde für die in Frage stehenden weiteren Bezugsfälle überhaupt ein Sanierungskonzept nach den obigen Grundsätzen bedurfte oder ob deren Zahl und Bedeutung „gering“ ist. Die Behörde hat sich vorliegend - schon bedingt durch vorrangige Kenntnis vom Schwarzbau der Klägerin - auf ein Vorgehen gegen die unstreitig neueste Anlage beschränkt. Dies ist ein tragfähiger Auswahlgrund. Gleichsam hat sie - zuletzt durch Erklärung der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung - glaubhaft dargelegt, dass die Überprüfung der ohne ihre Kenntnis errichteten Anlagen in der näheren Umgebung angegangen wird. In der mündlichen Verhandlung wurde bereits dargelegt, dass in deren Nachgang entsprechende Anhörungsschreiben an die betroffenen Bauherren ergehen werden. Zweifel hieran bestehen für das Gericht nicht. Damit kann sich die Bauaufsichtsbehörde auch auf ein sachgerechtes Vorgehen „Schritt für Schritt“ berufen.
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Soweit die Klägerseite hiergegen einwendet, dass es einen „Anschein“ für eine gleichheitswidrige Behandlung aus dem zeitlichen Abstand zwischen dem Bescheidserlass gegenüber der Klägerin und dem Einschreiten gegen andere Bauherrn gebe, sei auf obige Rechtsprechung verwiesen.
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2.2 Andere am Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO überprüfbare Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt, da aufgrund der materiellen Illegalität des Vorhabens kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Behebung der rechtswidrigen Zustände erkennbar ist.
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Fehler im Rahmen der sonstigen Regelung des streitgegenständlichen Bescheids sind nicht ersichtlich. Insbesondere stellt sich das angedrohte Zwangsgeld sowohl der Höhe wie dem Grunde nach als rechtmäßig dar (Art. 29 ff. VwZVG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.