Inhalt

VGH München, Beschluss v. 15.07.2021 – 25 NE 21.1811
Titel:

Rechtmäßigkeit der Verpflichtung der Kontaktdatenerfassung und Vorlage von Testnachweisen in Gastronomie und Beherbergungsbetrieben

Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 6
13. BayIfSMV § 5 S. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 6, § 16 Nr. 7, § 17 Abs. 1, § 25 Abs. 1 Nr. 5 S. 1, Nr. 6
IfSG § 32 S. 1, § 28a Abs. 1 Nr. 12, Nr. 17
Leitsätze:
1. Bei Rahmenkonzepten handelt es sich nicht um der Normenkontrolle allein unterliegende Rechtsvorschriften im Rang unterhalb des Landesrechts, denn ihnen fehlt die für eine Rechtsvorschrift charakteristische unmittelbare Außenwirkung. Die konkrete, rechtsverbindliche Umsetzung der Vorgaben der Rahmenkonzepte bedarf einer weitergehenden Anordnung durch die zuständige Behörde, etwa auf der Grundlage von § 27 Abs. 1 13. BayIfSMV.  (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Vor dem Hintergrund der drohenden weiteren Ausbreitung von leichter übertragbaren und wohl schwerere Krankheitsverläufe verursachenden Varianten und des insbesondere in der Gruppe der Jugendlichen, aber auch unter den jungen Erwachsenen mit Vorerkrankungen noch nicht hinreichenden Impffortschritts, spricht aus Ex-ante-Sicht vieles dafür, dass eine Verpflichtung zu Kontaktdatenerfassung und zur Vorlage eines negativen Testnachweises nach wie vor verhältnismäßig ist.  (Rn. 40 – 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Corona-Pandemie, Pflicht zur Kontaktdatenerfassung in Gastronomie, Beherbergungsgewerbe und bei Tagungen, Pflichten aus Rahmenkonzepten, Testpflicht für Gäste in Beherbergungsbetrieben, Normenkontrollantrag, Beherbergungsgewerbe, Gastronomiebetrieb, Tagungen, Kontaktdatenerfassung, Testpflicht, Maskenpflicht, Rahmenkonzept Gastronomie, Rahmenkonzept für Tagungen, Kongresse und vergleichbare Veranstaltungen, Hygienekonzept, Grundsatz der Datensparsamkeit
Fundstelle:
BeckRS 2021, 20944

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich gegen Regelungen in bzw. im Zusammenhang mit der Dreizehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (13. BayIfSMV) vom 5. Juni 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 384) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 14. Juli 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 497), namentlich gegen die Dokumentationspflicht (§ 15 Abs. 1 Nr. 6, § 16 Nr. 7 und § 17 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 jeweils i.V.m. § 5 Satz 1 Nr. 1 13. BayIfSMV), gegen die Verpflichtung des Personals zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske im Außenbereich eines Gastronomiebetriebs (§ 15 Abs. 1 Nr. 5 13. BayIfSMV i.V.m. Ziff. 2.5 des „Rahmenkonzept Gastronomie“ der Bayerischen Staatsministerien für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und für Gesundheit und Pflege vom 16. Juni 2021(BayMBl. Nr. 415), gegen die Pflicht eines jeden Übernachtungsgastes, einen Testnachweis zu erbringen (§ 16 Nr. 1 13. BayIfSMV) sowie gegen die Pflicht, bei Tagungen von den Tagungsgästen das Tragen einer FFP2-Maske zu fordern (§ 17 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 1 13. BayIfSMV i.V.m Ziff. 3.2 „Rahmenkonzept für Tagungen, Kongresse und vergleichbare Veranstaltungen“ der Bayerischen Staatsministerien für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und für Gesundheit und Pflege vom 19. Juni 2021 (BayMBl. Nr. 417).
2
Die entsprechenden Regelungen der 13. BayIfSMV haben folgenden Wortlaut:
3
§ 5 Kontaktdatenerfassung
4
Soweit nach dieser Verordnung oder aufgrund der in ihr vorgesehenen Schutz- und Hygienekonzepte zum Zweck der Kontaktpersonenermittlung im Fall einer festgestellten Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 Kontaktdaten erhoben werden, gilt § 28a Abs. 4 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) mit folgenden Maßgaben entsprechend:
5
1. Zu dokumentieren sind jeweils Namen und Vornamen, Anschrift und eine sichere Kontaktinformation (Telefonnummer, E-Mail-Adresse) sowie der Zeitraum des Aufenthaltes.
(…)
6
§ 15 Gastronomie
7
(1) Gastronomische Angebote dürfen unter freiem Himmel und in geschlossenen Räumen unter folgenden Voraussetzungen zur Verfügung gestellt werden:
(…)
8
5. Der Betreiber hat nach Maßgabe des Rahmenkonzepts, das von den zuständigen Staatsministerien im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege bekanntgemacht wird, ein Schutz- und Hygienekonzept auszuarbeiten und auf Verlangen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde vorzulegen.
9
6. Der Betreiber hat die Kontaktdaten der Gäste nach Maßgabe von § 5 zu erheben.
(…)
10
§ 16 Beherbergung
11
Übernachtungsangebote von Hotels, Beherbergungsbetrieben, Schullandheimen, Jugendherbergen, Campingplätzen und allen sonstigen gewerblichen oder entgeltlichen Unterkünften dürfen unter folgenden Voraussetzungen zur Verfügung gestellt werden:
12
1. Jeder Übernachtungsgast hat ohne Rücksicht auf die 7-Tage-Inzidenz vor Ort bei seiner Ankunft einen Testnachweis nach Maßgabe von § 4 vorzulegen.
(…)
13
7. Der Betreiber hat die Kontaktdaten der Gäste nach Maßgabe von § 5 zu erheben.
14
§ 17 Tagungen, Kongresse, Messen
15
(1) Für Tagungen, Kongresse und vergleichbare Veranstaltungen gilt § 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass das Rahmenkonzept von den Staatsministerien für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie sowie für Gesundheit und Pflege auszuarbeiten ist.
(…)
16
§ 25 Kultur
17
(1) Kulturelle Veranstaltungen in Theatern, Opern, Konzerthäusern, Bühnen, Kinos und sonst dafür geeigneten Örtlichkeiten sind unter folgenden Voraussetzungen zulässig:
(…)
18
5. Der Betreiber hat ein Schutz- und Hygienekonzept auf der Grundlage eines von den Staatsministerien für Wissenschaft und Kunst und für Gesundheit und Pflege bekannt gemachten Rahmenkonzepts auszuarbeiten und auf Verlangen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde vorzulegen (…).
19
6. Der Veranstalter hat die Kontaktdaten der Besucher nach Maßgabe von § 5 zu erheben.
(…)
20
Der Antragsteller betreibt mit rund 20 Mitarbeitern einen Gasthof, der neben gastronomischen Angeboten auch Räumlichkeiten für Tagungen und touristische Übernachtungen anbietet. Zur Begründung seines Antrags macht er geltend, die angegriffenen Regelungen verletzten ihn in seinen Rechten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG, denn sie hielten sich nicht mehr im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage und seien gleichheitswidrig. Unter den gegenwärtigen Bedingungen von Inzidenzwerten „nahe Null“ seien die angegriffenen Maßnahmen nicht mehr verhältnismäßig und das Recht des Antragstellers nach uneingeschränkter Ausübung seines Berufes wiege schwerer als das Interesse des Antragsgegners, eine rein hypothetische Gefahr einer vierten Welle einzuhegen. Zunächst sei weder aus der Begründung für die angegriffenen Normen noch sonst ersichtlich, dass zum einen die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung (MNB) für Gastronomiepersonal, zum anderen die umfänglichen Nachverfolgungspflichten geeignet seien, die Infektionsgefahr zu beeinflussen. Insbesondere der Nutzen des Tragens eine MNB im Freien werde von Studien bezweifelt. Die Maßnahmen seien auch nicht erforderlich. Dies gelte insbesondere für die Testnachweispflicht für Gäste, jedenfalls seien - wie bisher in allen Vorgängerregelungen der 13. BayIfSMV - Geschäftsreisende auszunehmen. Dass Tagungsgäste während der Tagung eine FFP2-Maske tragen müssten, sei als erheblicher Grundrechtseingriff nicht mehr gerechtfertigt und zudem widersprüchlich, da Tagungsgäste, die sich mittags und abends zum gemeinsamen Mahl im Speisesaal versammelten, am Tisch von der Maskenpflicht befreit seien, ohne dass der Antragsgegner diese Differenzierung begründe. Die Verpflichtung zur Kontaktdatenerfassung erfordere einen unverhältnismäßigen Aufwand. Die Betriebe könnten weder die Richtigkeit der Angaben kontrollieren noch die Zeit erfassen, während der sich Gäste bei ihnen aufzuhalten pflegen. Auch eine Verantwortung für eine „sichere Kontaktinformation“, die den Gastwirten nunmehr obliege, könnten die Betreiber weder faktisch noch rechtlich übernehmen. Der kumulativen Erfassung von Namen, Vornamen, einer Anschrift und einer sicheren Kontaktinformation (Telefonnummer, E-Mail-Adresse) bedürfe es nicht. Diese Verschärfung gegenüber der Vorgängerregelung, die eine alternative Erfassung dieser Daten vorgesehen habe, führe durch die erforderliche Anpassung von Erfassungsformularen zu zusätzlichen Kosten, ohne dass dem ein messbarer Nutzen gegenüberstehe, und verstoße zudem gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. c DSGVO. Weiter verstoße die Maskenpflicht für Bedienungen im Freien gegen den Gleichheitsgrundsatz. Es werde nicht verkannt, dass sich das Gebot des Tragens einer MNB außerhalb des Innenraums nicht direkt aus § 15 der 13. BayIfSMV ergebe, sondern aus Ziff. 2.5 des Rahmenkonzepts vom 16. Juni 2021. Die Verpflichtung sei aber verbindlich, weil das Hygienekonzept des Antragstellers nach Maßgabe des Rahmenkonzepts zu erstellen sei. Entsprechendes gelte für das „Rahmenkonzept für Tagungen“ im Hinblick auf das Gebot für Tagungsveranstalter, den Tagungsgästen während der Tagung das Tragen einer FFP2-Maske vorzuschreiben. Schließlich habe der Verordnungsgeber seine Begründungspflicht verletzt. Eine Folgenabwägung falle zu Gunsten des Antragstellers aus.
21
Der Antragsgegner tritt dem Antrag entgegen. Soweit der Antrag unmittelbar gegen Ausführungen in Rahmenkonzepten gerichtet sei, sei er bereits unzulässig. Diese seien kein tauglicher Antragsgegenstand. Die Rahmenkonzepte hätten den Charakter sachkundiger Empfehlungen, die herangezogen werden könnten, um dem objektivierten Willen des Verordnungsgebers Geltung zu verschaffen. Bindungswirkung im Sinne einer rechtlich selbständigen und verbindlichen Umschreibung des Pflichtenkreises gegenüber den jeweiligen Betreibern komme ihnen dagegen nicht zu. Der formellen Begründungspflicht des § 28a Abs. 5 IfSG sei genügt worden. Die Verpflichtung zur Erfassung der Kontaktdaten sei rechtmäßig. Die redaktionelle Änderung mit der Änderungsverordnung vom 22. Juni 2021 habe nur den Rechtsstand hergestellt, der bis zum Inkrafttreten der 13. BayIfSMV gegolten habe. Die Erhebung von Kontaktdaten diene dem Zweck, im Fall des Bekanntwerdens eines Infektionsfalles mögliche Kontaktpersonen zu identifizieren und zu benachrichtigen. Hierbei handele es sich um eine Kernaufgabe des Infektionsschutzes durch den öffentlichen Gesundheitsdienst. Die Abfrage der Adresse zusätzlich zur sicheren Kontaktinformation erfolge vor dem Hintergrund der gesetzlich vorgeschriebenen und fachlich notwendigen Abläufe der Kontaktnachverfolgung in den Gesundheitsämtern. Dort würden die bei Gastronomen erhobenen Kontaktdaten abgerufen. Je schneller die betroffenen Personen kontaktiert werden könnten, umso größer sei die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Infektionen durch diese Personen vermieden werden könnten. Telefonnummer und E-Mail-Adresse auf der einen und die postalische Adresse auf der anderen Seite dienten dabei verschiedenen Zwecken im Rahmen der Kontaktnachverfolgung. Über Telefon oder per E-Mail könne - wenn der Betreffende erreichbar sei - schneller als per Brief Kontakt hergestellt werden. Die Postadresse sei für die Ermittlung des örtlich zuständigen Gesundheitsamtes erforderlich, das die erforderlichen hoheitlichen Maßnahmen treffe. Die Erhebung von Daten für beide Arten der Kontaktaufnahme sei auch in anderen Bundesländern üblich und datenschutzrechtlich unbedenklich. Auch § 16 Nr. 1 13. BayIfSMV, wonach jeder Übernachtungsgast ohne Rücksicht auf die 7-Tage-Inzidenz vor Ort bei seiner Ankunft einen Testnachweis vorzulegen habe, sei rechtmäßig. Die Regelung solle dazu beitragen, eine Eintragung unerkannter Infektionen in Hotelleriebetrieben zu verhindern, und sei damit auch dem Schutz der anderen Gäste sowie des Personals zu dienen bestimmt. Es sei nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht vorgetragen, weshalb Geschäftsreisende hiervon auszunehmen sein sollten.
22
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
A.
23
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
24
Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen nicht vor. Ein Normenkontrollantrag gegen § 15 Abs. 1 Nr. 6, § 16 Nr. 7 und § 17 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 1 Nr. Satz 1 Nr. 6 jeweils i.V.m. § 5 Satz 1 Nr. 1 13. BayIfSMV, § 15 Abs. 1 Nr. 5 13. BayIfSMV i.V.m. Ziff. 2.5 des „Rahmenkonzept Gastronomie“ der Bayerischen Staatsministerien für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und für Gesundheit und Pflege vom 16. Juni 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 415), § 16 Nr. 1 13. BayIfSMV sowie gegen § 17 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 1 13. BayIfSMV i.V.m Ziff. 3.2 „Rahmenkonzept für Tagungen, Kongresse und vergleichbare Veranstaltungen“ der Bayerischen Staatsministerien für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und für Gesundheit und Pflege vom 19. Juni 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 417) hat unter Anwendung des geltenden Prüfungsmaßstabs (1.) bei summarischer Prüfung keinen Erfolg (2.). Auch eine Folgenabwägung geht zulasten der Antragstellerpartei aus (3.).
25
1. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen oder noch zu erhebenden Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 ‒ 4 VR 5.14 u.a. ‒ ZfBR 2015, 381 - juris Rn. 12; zustimmend OVG NW, B.v. 25.4.2019 - 4 B 480/19.NE - NVwZ-RR 2019, 993 - juris Rn. 9). Dabei erlangen die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Eilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann.
26
Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (BVerwG, B.v. 25.2.2015 ‒ 4 VR 5.14 u.a. ‒ juris Rn. 12).
27
Lassen sich die Erfolgsaussichten nicht absehen, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber später Erfolg hätte, und die Folgen, die entstünden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber später erfolglos bliebe. Die für eine einstweilige Außervollzugsetzung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass sie - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 u.a. - juris Rn. 12; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 395; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 106).
28
2. Nach diesen Maßstäben sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache bei der nur möglichen, aber ausreichenden summarischen Prüfung nicht gegeben.
29
a) Soweit sich der Antragsteller gegen die Pflicht für Bedienungen seines Betriebes, auch im Außenbereich bei Kontakt mit Gästen eine medizinische Schutzmaske zu tragen, sowie gegen die Pflicht von Tagungsteilnehmern zum Tragen einer FFP2-Maske wendet, ist der Antrag bereits unzulässig, weil der in der Hauptsache erhobene Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art. 5 Satz 1 AGVwGO unstatthaft ist.
30
Die vom Antragsteller insoweit beanstandeten Pflichten ergeben sich nicht aus der 13. BayIfSMV, sondern sind lediglich in Ziff. 2.5 des „Rahmenkonzept Gastronomie“ der Bayerischen Staatsministerien für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und für Gesundheit und Pflege vom 16. Juni 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 415) bzw. Ziff. 3.2 „Rahmenkonzept für Tagungen, Kongresse und vergleichbare Veranstaltungen“ der Bayerischen Staatsministerien für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und für Gesundheit und Pflege vom 19. Juni 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 417) vorgesehen. Bei diesen Rahmenkonzepten handelt es sich nicht um der Normenkontrolle allein unterliegende Rechtsvorschriften im Rang unterhalb des Landesrechts, denn ihnen fehlt die für eine Rechtsvorschrift charakteristische unmittelbare Außenwirkung. Zwar gehören zu den im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften nach der Zweckrichtung der Normenkontrolle und dem danach gebotenen weiten Begriffsverständnis nicht nur Satzungen und Rechtsverordnungen, sondern auch solche (abstrakt-generellen) Regelungen der Exekutive, die rechtliche Außenwirkung gegenüber dem Bürger entfalten und auf diese Weise dessen subjektiv-öffentliche Rechte unmittelbar berühren (vgl. BVerwG, U.v. 25.11.2004 - 5 CN 1.03 - BVerwGE 122, 264 - juris Rn. 24 m.w.N.; Panzer in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2020, § 47 Rn. 24 ff.). Dies trifft auf die vom Antragsteller angegriffenen Rahmenkonzepte indes nicht zu. Diese richten sich zwar an „die Betriebe“ bzw. „die Veranstalter“, sie entfalten aber keine unmittelbare Außenwirkung. Vielmehr haben die Betreiber „auf Grundlage“ (§ 15 Abs. 1 Nr. 5 13. BayIfSMV) bzw. „nach Maßgabe“ (§ 16 Nr. 6 13. BayIfSMV) der Rahmenkonzepte ein eigenes Hygienekonzept auszuarbeiten und auf Verlangen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde vorzulegen. Eine außenwirksame, unmittelbare Verpflichtung, das Konzept auch einzuhalten oder auch nur bestimmte Vorgaben des Rahmenkonzepts in das eigene Hygienekonzept zu übernehmen, ergibt sich aus den Regelungen der 13. BayIfSMV nicht (vgl. BayVGH, B.v. 28.7.2020 - 20 NE 20.1609 - juris Rn. 57). Dementsprechend ist die Verletzung von Vorgaben der Rahmenkonzepte selbst dann nicht bußgeldbewehrt, wenn sie der Betreiber in seinen Hygieneplan übernommen hätte (vgl. § 28 Nr. 11 bzw. Nr. 12 13. BayIfSMV; dazu auch Teil II Lfd. Nr. 16 bzw. 17 des Bußgeldkatalogs „Corona-Pandemie“ des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 24. Juni 2021 - BayMBl. 2021 Nr. 441). Die konkrete, rechtsverbindliche Umsetzung der Vorgaben der Rahmenkonzepte bedarf daher einer weitergehenden Anordnung durch die zuständige Behörde (vgl. für den Rahmenhygieneplan Schulen vom 19.3.2021, BayMBl. 2021 Nr. 209 BayVGH, B.v. 26.3.2021 - 20 NE 21.838 - juris Rn. 14 f.) etwa auf der Grundlage von § 27 Abs. 1 13. BayIfSMV, gegen die der Betroffene dann gerichtlichen Rechtsschutz suchen kann.
31
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller die grundsätzliche Verpflichtung zur Erarbeitung eines Hygienekonzepts nicht in Frage gestellt hat.
32
b) Hinsichtlich der Verpflichtung zur Kontaktdatenerhebung durch Gastronomiebetriebe, Beherbergungsbetriebe und Veranstalter von Tagungen (§ 15 Abs. 1 Nr. 6, § 16 Nr. 7 und § 17 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 jeweils i.V.m. § 5 Satz 1 Nr. 1 13. BayIfSMV) und der Verpflichtung der Gäste eines Beherbergungsbetriebs zur Vorlage eines negativen Testergebnisses (§ 16 Nr. 1 13. BayIfSMV) wird sich der Normenkontrollantrag in der Hauptsache bei summarischer Prüfung voraussichtlich als unbegründet erweisen.
33
aa) Der Senat geht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren davon aus, dass die Regelung zur verpflichtenden Kontaktdatenerfassung mit §§ 32 Satz 1, 28a Abs. 1 Nr. 17 und die Regelung zur Vorlage eines Testnachweises als Betriebsbeschränkung für Beherbergungsbetriebe mit §§ 32 Satz 1, 28a Abs. 1 Nr. 12 IfSG jeweils eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage haben (BayVGH, B.v. 8.12.2020 - 20 NE 20.2461 - juris Rn. 22 ff.). Eine weitergehende Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Norm bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
34
bb) Einen formellen Verstoß gegen die Begründungspflicht aus § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG kann der Senat nicht erkennen. Diese Verpflichtung dient dazu, „die wesentlichen Entscheidungsgründe für die getroffenen Maßnahmen transparent zu machen, und damit insbesondere der Verfahrensrationalität wie auch der Legitimationssicherung. Sie gewährleistet als prozedurale Anforderung den Grundrechtsschutz durch Verfahren“ (BT-Drs. 19/24334, 74). In der Begründung ist zu erläutern, in welcher Weise die Schutzmaßnahmen im Rahmen eines Gesamtkonzepts der Infektionsbekämpfung dienen. Eine empirische und umfassende Erläuterung ist nicht geschuldet (vgl. BT-Drs. 19/24334 S. 74). Dem ist der Verordnungsgeber noch hinreichend nachgekommen, indem er ausführt, dass vor dem Hintergrund der kontinuierlich sinkenden Anzahl der Neuinfektionen, dem Fortschreiten des Impfprogramms und der nunmehr flächendeckenden Verfügbarkeit von PCR-, POC-Antigentests und Selbsttests zwar weitere Öffnungsschritte unter strengen Auflagen vertretbar erscheinen, die Rücknahme von Maßnahmen aus infektionsschutzfachlicher Sicht insbesondere auch im Hinblick auf das Auftreten der besorgniserregenden Varianten (VOC) indes schrittweise und nicht zu schnell erfolgen sollte. Mit besonderer Besorgnis werde derzeit das Vorkommen der Virusvariante Delta beobachtet, die nach bisherigen Erkenntnissen nochmals eine deutlich höhere Übertragungsfähigkeit zu besitzen scheine und vermutlich auch häufiger zu Krankenhausaufenthalten führe (vgl. Begründungen vom 30.6.2021, BayMBl. 2021 Nr. 468, vom 22.6.2021, BayMBl. 2021 Nr. 420, vom 5.6.2021, BayMBl. 2021 Nr. 385, vom 5.3.2021, BayMBl. 2021 Nr. 172, vom 24.2.2021, BayMBl 2021 Nr. 150, vom 12.2.2021, BayMBl. 2021 Nr. 113, vom 25.3.2021, BayMBl. 2021 Nr. 225 und vom 9.4.2021, BayMBl. 2021 Nr. 262).
35
cc) Im Zeitpunkt des Erlasses der 13. BayIfSMV am 5. Juni 2021 wie auch der Entscheidung des Senats liegen die gesetzlichen Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 Nr. 17, Abs. 3 IfSG immer noch vor.
36
(1) Der Deutsche Bundestag hat die in § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG vorgesehene Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite mit Blick auf das Corona-Virus SARS-CoV-2 erstmals am 25. März 2020 getroffen (BT-PlPr 19/154, 19169C). Er hat diese Feststellung seither auch nicht - wie in § 5 Abs. 1 IfSG vorgesehen - aufgehoben und diese Aufhebung im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht, sondern am 18. November 2020, am 4. März 2021 und zuletzt am 11. Juni 2021 den Fortbestand einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG jeweils für weitere drei Monate festgestellt (vgl. BT-Drs. 19/24387; Annahme des Entschließungsantrags BT-Drs. 19/27196; Annahme des Entschließungsantrags BT-Drs. 19/30398). Der Senat sieht - zumal im Eilverfahren - keinen Anlass, aufgrund der Einwände der Antragstellerin an der Verfassungsmäßigkeit dieser Entscheidung des Bundestages zu zweifeln.
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(2) Die vom Verordnungsgeber getroffene Gefährdungsprognose, dass die Kontaktnachverfolgung und die Verpflichtung zur Vorlage eines negativen Testergebnisses jeweils weiterhin eine notwendige Schutzmaßnahme darstellen, ist auch gegenwärtig nicht zu beanstanden.
38
Nach der aktuellen Risikobewertung des RKI (v. 12.7.2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html; jsessinid=CB6D0ACD88C35A52AD4E35B017A387FE.internet061?nn=13490888VID-19), dessen Expertise der Gesetzgeber im Bereich des Infektionsschutzes mit § 4 IfSG besonderes Gewicht beimessen darf (vgl. BVerfG, B.v. 10.4.2020 - 1 BvQ 28/20 - NJW 2020, 1427 - juris Rn. 13; BayVerfGH, E.v. 26.3.2020 - Vf. 6-VII-20 - juris Rn. 16), wird die Gefährdung für die Gesundheit der nicht oder nur einmal geimpften Bevölkerung in Deutschland, insbesondere aufgrund der Verbreitung einiger besorgniserregender SARS-CoV-2 Varianten sowie der noch nicht ausreichend hohen Impfquote, insgesamt weiterhin als hoch, für vollständig Geimpfte als moderat eingeschätzt, wobei Menschen mit chronischen Erkrankungen und vulnerable Bevölkerungsgruppen besonders betroffen sind. Nach einem Anstieg der Fälle im ersten Quartal 2021 gingen die 7-Tage-Inzidenzen und Fallzahlen sowohl im Bundesgebiet als auch in Bayern seit Ende April deutlich zurück, um zuletzt wieder leicht anzusteigen; die landesweite 7-Tage-Inzidenz liegt in Bayern aktuell bei 8,8 (https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4/page/page_0/Germany). Der (bundesweite) 7-Tage-R-Wert liegt um 1,18 (Täglicher Lagebericht des RKI zur Corona-Virus-Krankheit-2019 (COVID-19), Stand: 14.7.2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Jul_2021/2021-07-14-de.pdf? blob=publication). Die COVID-19-Fallzahlen auf Intensivstationen sind seit Ende April wieder rückläufig. Schwere Erkrankungen an COVID-19, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, betreffen aber inzwischen zunehmend Menschen unter 60 Jahren, wobei die Therapie schwerer Krankheitsverläufe komplex ist und sich erst wenige Therapieansätze in klinischen Studien als wirksam erwiesen haben (RKI, Risikobewertung v. 12.7.2021, a.a.O.). In Bayern haben bis zum 14. Juli 2021 rund 57,2% der Bevölkerung eine Erstimpfung und 42,9% den vollständigen Impfschutz erhalten (Impfquotenmonitoring des RKI, https://www.rki.de/SharedDocs/Bilder/InfAZ/neuartiges_Coronavirus/Impfquotenmonitoring_BL.png; jsessionid=0E03F3241AF1A8B29E4CBA0E6AF099FF.internet051? blob=poster& v=185g). Damit liegt die Impfquote noch deutlich von einer sog. Herdenimmunität entfernt (mehr als 80% vollständig Geimpfte, vgl. https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-rki-geimpfte-spahn-100.html).
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Soweit der Antragsteller auf das sinkende Infektionsrisiko verweist, ist dem entgegenzuhalten, dass nach der seit dem 29. März 2021 geltenden Fassung des § 28a IfSG (BGBl. 2021 I S. 370) bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen absehbare Änderungen des Infektionsgeschehens durch ansteckendere, das Gesundheitssystem stärker belastende Virusvarianten zu berücksichtigen sind (§ 28a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 IfSG). Die Dynamik der Verbreitung einiger Varianten von SARS-CoV-2 (aktuell B.1.1.7 (Alpha), B.1.351 (Beta), P.1 (Gamma) und B.1.617.2 (Delta)), die als besorgniserregende Varianten bezeichnet werden, wird in Deutschland systematisch analysiert. Die Variante Delta wird inzwischen in 74% der Stichproben nachgewiesen und hat sich damit gegenüber den anderen Varianten durchgesetzt (vgl. hierzu den Bericht des RKI zu Virusvarianten von SARS-CoV-2 in Deutschland v. 14.7.2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/DESH/Bericht_VOC_2021-07-14.pdf? blob=publicationFile). Alle Impfstoffe, die zurzeit in Deutschland zur Verfügung stehen, schützen nach derzeitigen Erkenntnissen bei vollständiger Impfung auch vor einer Erkrankung durch die Variante B.1.617.2 (Delta). Die bisher vorliegenden Daten zeigen, dass nach Erhalt von nur einer von zwei Impfstoffdosen die Schutzwirkung gegenüber der Delta-Variante (B1.617.2) im Vergleich zur Alpha-Variante (B.1.1.7) leicht verringert ist. Zudem liegen Daten vor, die auf eine erhöhte Übertragbarkeit der Varianten und potenziell schwerere Krankheitsverläufe hinweisen. Demzufolge muss mit einem erneuten Anstieg der Infektionszahlen in den nächsten Wochen gerechnet werden und kann die Verbreitung neuer Varianten zu einer schnellen Zunahme der Fallzahlen und der Verschlechterung der Lage beitragen, solange keine hinreichende Impfquote erreicht ist (RKI, Risikobewertung, a.a.O.). Dies hat sich etwa bei der Ausbreitung der Delta-Mutation seit Mai 2021 in England gezeigt, wo zu diesem Zeitpunkt bereits ca. 30% der Bevölkerung den vollständigen Impfschutz erhalten hatten und wo der Anteil der Delta-Variante an den Gesamtinfektionen rund 90% beträgt. In Großbritannien ist die 7-Tage-Inzidenz nunmehr erneut auf einen Stand von weit mehr als 350 (Stand 15.7.2021, vgl. https://www.corona-in-zahlen.de/weltweit/vereinigtes%20k%C3%B6nigreich/) angestiegen (bei einer Quote vollständig geimpfter Personen von nunmehr über 50%), wobei auch die Zahl der Hospitalisierungen wieder zugenommen hat und wegen der Priorisierung älterer Bevölkerungsgruppen bei der Impfung vor allem Personen unter 50 Jahren betroffen sind. Das RKI empfiehlt daher auch in der derzeitigen Lage niedriger Inzidenzen, die Abstands- und Hygienemaßnahmen beizubehalten und insbesondere in geschlossenen Räumen einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, bis alle, für die ein Impfschutz zugelassen ist, ein Impfangebot erhalten konnten (RKI, Pressekonferenz am 18.6.2021, abrufbar unter https://www.youtube.com/watch?v=guPlPAMVmgk).
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(c) Vor diesem Hintergrund, namentlich der drohenden weiteren Ausbreitung von leichter übertragbaren und wohl schwerere Krankheitsverläufe verursachenden Varianten und des insbesondere in der Gruppe der Jugendlichen, aber auch unter den jungen Erwachsenen mit Vorerkrankungen noch nicht hinreichenden Impffortschritts, spricht aus ex-ante-Sicht vieles dafür, dass eine Verpflichtung zu Kontaktdatenerfassung nach wie vor verhältnismäßig ist. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die vom Bundesgesetzgeber in § 28a Abs. 1 Nr. 17 IfSG vorgezeichneten Grundannahmen des Verordnungsgebers zur Schutzwirkung und Erforderlichkeit einer Kontaktnachverfolgung und der damit einhergehenden Erfassungs- und Speicherpflicht personenbezogener Daten nicht von seinem Einschätzungsspielraum gedeckt wäre (ThürVerfGH, U.v. 1.3.2021 - 18/20 - juris Rn. 558). Die Kontaktdatenerhebung hat für die Teilnehmer oder Kunden eine relativ geringe grundrechtliche Eingriffsintensität (BayVerfGH, E.v. 28.6.2021 - Vf. 73-VII-20 - juris Rn. 22). Auch für die Betreiber stellt sie eine Belastung im untersten Bereich denkbarer Schutzmaßnahmen dar. Seine anderslautende Behauptung hat der Antragsteller nicht substantiiert. Dass ein Betreiber letztlich keine Möglichkeit hat, die Richtigkeit der Angaben zu überprüfen, macht die Erhebung der Daten nicht ungeeignet, denn der Verordnungsgeber darf davon ausgehen, dass die Gäste sich insoweit rechtstreu verhalten. Der Antragsgegner hat zudem substantiiert und nachvollziehbar die Abläufe nach einer festgestellten Infektion dargestellt und aufgezeigt, dass die kumulative Erfassung von vollem Namen, Anschrift und zuverlässiger Kontaktmöglichkeit (E-Mail-Adresse oder Telefonnummer) für eine möglichst schnelle Benachrichtigung der Betroffenen einerseits und der für sie jeweils örtlich zuständigen Gesundheitsämter andererseits erforderlich ist, da die alternative Angabe von Anschrift oder Kontaktmöglichkeit entweder zu Verzögerungen bei der Information des Betroffenen oder des für ihn örtlichen zuständigen Gesundheitsamtes und damit möglicherweise zu vermeidbaren weiteren Infektionen führen könnte. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit (Art. 5 Abs. 1 Buchst. c DSGVO) liegt deshalb nicht vor (vgl. ausführlich zu Fragen des Datenschutzrechts ThürVerfGH, U.v. 1.3.2021 - 18/20 - juris Rn. 552 ff.).
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Entsprechendes gilt für die in § 16 Nr. 1 13. BayIfSMV geregelte Pflicht für Gäste eines Beherbergungsbetriebs, einen negativen Testnachweis vorzulegen. Testnachweispflichten sind ein geeignetes, erforderliches, wenig belastendes und damit verhältnismäßiges Mittel, um die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus bei der Öffnung von Gewerbebetrieben, Geschäften sowie Gastronomie- und Beherbergungsbetrieben einzudämmen (vgl. BayVerfGH, E.v. 28.6.2021 - Vf. 73-VII-20 - juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 2.3.2021 - 20 NE 21.369 - juris Rn. 11; VGH BW, B.v. 11.6.2021 - 1 S 1533/21 - juris Rn. 92; OVG Lüneburg, B.v. 10.6.2021 - 13 MN 281/21 - juris Rn. 19). Dies gilt unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit auch bei einer fortschreitenden Immunisierung der Bevölkerung und der daraus folgenden Möglichkeit entsprechender Impf- oder Genesenennachweise, denn die jeweiligen Voraussetzungen ließen sich von den dafür verantwortlichen Inhabern oder Dienstleistern nur schwer kontrollieren, wenn es maßgebend auf den Status als Geimpfter oder Genesener ankäme (BayVerfGH, E.v. 28.6.2021 - Vf. 73-VII-20 - juris Rn. 22 unter Verweis auf die Begründung zur COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung, BR-Drs. 347/21 S. 7). Dass die Pflicht für die Gäste, insbesondere - wie vom Antragsteller angedeutet - für Geschäftsreisende angesichts der flächendeckenden Verfügbarkeit von Schnelltests unzumutbar wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. Für die Betreiber, denen lediglich abverlangt wird, ein entsprechendes Testergebnis zur Kenntnis zu nehmen und den Gast bzw. Kunden gegebenenfalls zurückzuweisen, gilt dies erst recht.
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3. Auch eine Folgenabwägung ergäbe, dass die Außervollzugsetzung der angegriffenen Regelungen nicht dringend geboten ist.
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a) Erginge die beantragte einstweilige Anordnung nicht und hätte ein Normenkontrollantrag Erfolg, blieben die angegriffenen Schutzmaßnahmen weiter zu Unrecht in Kraft. Durch den weiteren Vollzug der angegriffenen Regelung käme es zu geringfügigen Eingriffen insbesondere in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit mit relativ geringen wirtschaftlichen Folgen sowie zu geringfügigen Eingriffen in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) der im Betrieb des Antragstellers Beschäftigten und seiner Gäste und hinsichtlich der Kontaktdatenerfassung darüber hinaus in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Gäste (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).
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b) Erginge die beantragte einstweilige Anordnung und bliebe ein Normenkontrollantrag erfolglos, hätte die einstweilige Außervollzugsetzung der Maßnahmen zur Folge, dass einzelne oder mehrere, z.T. - wie bei der Kontaktdatenerfassung - zentrale, Bausteine im Schutzkonzept des Verordnungsgebers nicht mehr vollzogen würden. Dadurch wäre mit vermehrten Infektionen mit SARS-CoV-2 und einer erheblich erschwerten Nachverfolgung zu rechnen.
45
c) Bei der Beurteilung und Abwägung dieser Umstände müssen - auch in Bezug auf jede einzelne Maßnahme - die von den Maßnahmen berührten Interessen insbesondere wirtschaftlicher Art weiterhin zurücktreten. Gegenüber den Gefahren für Leib und Leben, vor denen zu schützen der Staat nach dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 GG verpflichtet ist (vgl. BVerfG, B.v. 28.4.2020 - 1 BvR 899/20 - juris Rn. 13), sind sie derzeit nachrangig.
B.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Da die angegriffene Verordnung bereits mit Ablauf des 28. Juli 2021 außer Kraft tritt (§ 29 13. BayIfSMV), zielt der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, weshalb eine Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren nach Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 nicht angebracht ist.
C.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).