Inhalt

VG München, Urteil v. 12.02.2021 – M 9 K 19.2144
Titel:

Schafzucht als landwirtschaftlicher Betrieb

Normenketten:
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201
BayBO Art. 76 S. 1, S. 2
Leitsatz:
Die aktuell vorhandenen 50 Mutterschafe und nach dem Betriebskonzept weiterhin dauerhaft angestrebten 60 Mutterschafe sind nicht ausreichend, um deswegen auf Dauer von einem überlebensfähigen Betrieb auszugehen. Gerade bei einer Neugründung ohne feste Betriebsstätte sind deutlich mehr Mutterschafe erforderlich, um von einem dauerhaften Betrieb auszugehen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebs, landwirtschaftlicher Betrieb, Betriebskonzept, Schafzucht, Nebenerwerbsbetrieb, Gewinn, Beseitigungsanordnung, Nutzungsuntersagung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 20638

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen bauaufsichtliche Anordnungen bezüglich einer Zelthalle und einer Überdachung auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung T.
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Eigentümer des Grundstücks ist die S. A. GmbH. Der Kläger ist alleiniger Geschäftsführer der S. A. GmbH. Das Grundstück wurde an den Kläger verpachtet. Es war bis 2016 vollständig mit Wald bedeckt. Durch Sturmschäden und Rodung befinden sich nur noch auf einem Teil des Grundstücks Bäume. Nach der Rodung wurden Fundamente und unterirdische Bauten entdeckt. Vorher waren diese mit Erde überdeckt. Das Grundstück befindet sich nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Der Flächennutzungsplan stellt für das Grundstück eine Waldfläche dar. Im Norden, Osten und Westen vom Grundstück befindet sich Wald. Im Süden grenzt das Grundstück an die dort mehrspurige Bundesstraße B 471.
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Der Kläger hat das 69. Lebensjahr vollendet, ist gelernter Kaufmann und hat Immobilien bewirtschaftet. Der Sohn des Klägers ist nach einem abgebrochenen Jura-Studium ebenfalls in der Immobilienbranche tätig.
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Bereits mit Urteil vom 27. Februar 2013 wurde eine Klage des Klägers gegen eine Beseitigungsanordnung bezüglich eines Schafunterstandes auf einem anderen Grundstück in der Gemarkung O. von der erkennenden Kammer abgewiesen (VG München, U.v. 27.2.2013 - M 9 K 12.4248). Dabei wurde maßgeblich darauf abgestellt, dass weder der Kläger noch sein Sohn Landwirte seien und kein landwirtschaftlicher Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vorliege. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss vom 8. Juli 2014 abgelehnt (BayVGH, B.v. 8. Juli 2014 - 2 ZB 13.617).
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Bei einer Ortseinsicht am 1. Februar 2019 wurde das Zelt und die errichtete Überdachung auf dem Vorhabengrundstück festgestellt. Die Zelthalle hat eine Firsthöhe von ca. 7,50 m, eine Breite von ca. 17,75 m und eine Länge von ca. 50,12 m. Die Zelthalle wird im Wesentlichen als Stallgebäude für Schafe genutzt. Westlich von der Zelthalle befinden sich inzwischen zwei Überdachungen, die zur Lagerung von Gegenständen genutzt werden. Vorliegend ist die südlichere der beiden Überdachung streitgegenständlich.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 4. April 2019, dem Kläger und der S. A. GmbH nach den Postzustellungsurkunden jeweils am 8. April 2019 zugstellt, untersagte das Landratsamt München dem Kläger die Zelthalle auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung T. ab zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides zu nutzen (Ziffer 1), verpflichtete den Kläger, das Zelt und jegliche damit verbundenen Einbauten sowie Bodenversiegelungen innerhalb eines Monats ab Zustellung zu entfernen und vom Grundstück zu verbringen (Ziffer 2), verpflichtete den Kläger, die Überdachung, südwestlich der Zelthalle, und die darunter gelagerten Materialen innerhalb eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Bescheides zu entfernen und vom Grundstück zu verbringen (Ziffer 3), gab der S. A. GmbH auf, die in Ziffer 2 und 3 gegenüber dem Kläger ausgesprochenen Anordnungen zu dulden (Ziffer 4) und ordnete die sofortige Vollziehbarkeit der Ziffern 1, 2 und 4 an (Ziffer 5). Des Weiteren drohte das Landratsamt für eine Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € an (Ziffer 6), drohte für eine nicht fristgerechte Erfüllung von Ziffer 2 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € an (Ziffer 7), drohte für eine nicht fristgerechte Erfüllung von Ziffer 3 ein Zwangsgeld in Höhe von 800 € an (Ziffer 8) und drohte für eine Zuwiderhandlung gegen Ziffer 4 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € an (Ziffer 9). In den Ziffern 10 und 11 wurde angeordnet, dass der Kläger die Kosten des Verfahrens in Höhe von 506,14 € zu tragen hat. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der Nutzungsuntersagung und der Beseitigungsanordnungen nach Art. 76 BayBO seien gegeben. Es handele sich um nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtige baulichen Anlagen. Weder seien diese verfahrensfrei noch stelle das Zelt einen fliegenden Bau i.S.d. Art. 72 Abs. 1 BayBO dar. Das Vorhaben sei auch materiell rechtlich unzulässig, da es sich um ein sonstiges Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB im Außenbereich handele, welches öffentliche Belange beeinträchtige. Für den Kläger und dessen Sohn sei, bestätigt durch das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 27. Februar 2013 (M 9 K 12.4248) und den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 8. Juli 2014 (2 ZB 13.617), keine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 BauGB gegeben. Anhaltspunkte für substantielle Änderungen seitdem seien nicht ersichtlich. Der Erlass der Anordnungen stehe deswegen im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Bei der Nutzungsuntersagung sei zu berücksichtigen, dass bisher nicht geprüft habe werden können, ob das Zelt sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befinde. Das Bestehen zumindest einer abstrakten Gefahr für anwesende Personen könne nicht ausgeschlossen werden. Ferner sei die Nutzungsuntersagung angemessen, da das öffentliche Interesse an der Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften das private Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes überwiege. Die Beseitigungsanordnungen seien angemessen, da das öffentliche Beseitigungsinteresse überwiege. Der Kläger habe ansonsten einen Vorteil gegenüber gesetzestreuen Bürgern, welche sich um die Einhaltung der Bauvorschriften bemühen. Hierbei sei ebenfalls zu berücksichtigen, dass durch die Beseitigung des Zeltes kein weitreichender Substanzverlust eintrete. Der Kläger sei Handlungsstörer nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG. Die S. A. GmbH könne als Eigentümerin des Grundstücks die angeordneten Beseitigungen verhindern bzw. verzögern, sodass ihr gegenüber im Rahmen des Ermessens eine Duldungsanordnung ausgesprochen worden sei. Bei der Höhe der angedrohten Zwangsgelder sei das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Weiterbestehen bzw. der Nutzung berücksichtigt worden. Die Fristen zur Beseitigung und zur Beendigung der Nutzung seien ermessensgerecht, da das Zelt innerhalb von zwei Wochen geräumt werden könne und innerhalb der Fristen für die Beseitigung die Überdachung und das Zelt unproblematisch zu demontieren seien.
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Mit Schreiben vom 11. April 2019 stellte der Kläger einen Bauantrag für die Zelthalle. Beantragt wurde der Neubau eines Schafstalls mit Maschinen- und Bergehalle, temporär für drei Jahre. Mit Bescheid vom 9. Januar 2020 wurde der Bauantrag für die Zelthalle abgelehnt.
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Das AELF nahm am 26. Januar 2019 und am 5. September 2019 zum Bauantrag Stellung. Gegenüber der Stellungnahme vom 10. Juli 2013 lägen keine wesentlichen Änderungen vor. Der Sohn des Klägers, als vorgesehener Hoferbe, habe inzwischen weitere Module des Bildungsprogramms Landwirtschaft absolviert, die Flächen im Altmühltal würden nicht mehr bewirtschaftet, der Umfang der Eigentumsflächen im Raum der Gemeinden O. und T. sei erhöht worden und der Tierbestand sei aufgestockt worden. Der Betrieb befinde sich noch in der Gründungsphase. Eine Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit sei im Moment nicht absehbar. Ohne dauerhafte Festlegung eines Betriebsstandortes als wesentlichem Fundament eines Betriebes sei eine Beurteilung der Wirtschaftlichkeit nicht möglich. Verbindliche Aussagen, ab wann die bisher verpachteten Flächen selbst genutzt werden, seien nicht bekannt. Die Ernsthaftigkeit der Hofnachfolge durch den Sohn sei nicht eindeutig belegt. Die durchgeführten Bildungsprogramme sprächen für eine ernsthafte gewollte Hofnachfolge. Derzeit bestehe aber weder ein Erwerbsbetrieb noch eine Hofstelle, für die ein Nachfolger notwendig wäre. Im Übrigen werde die Errichtung der für den Schafbetrieb notwendigen Gebäude grundsätzlich befürwortet. Der Standort sei aber ungeeignet, da in der unmittelbaren Nähe keine Weideflächen vorhanden seien. Die Halle befände sich auf einer Waldfläche. Aus Tierschutzgründen seien die Schafe im Winter ordentlich unterzubringen. Hierfür gebe es Alternativen zum beantragten temporären Zelt, z.B. könnte ein fremder Stall angemietet werden oder eine Halle an einem geeigneten Standort errichtet werden. Die Bodenbefestigungen der Zelthalle könnten auch abweichend vom Bauantrag auf einen Versuch der dauerhaften Etablierung einer Hofstelle auf dem Vorhabengrundstück hindeuten. Für eine dauerhafte Etablierung sei der Standort aus landwirtschaftlicher Sicht mangels Weideflächen und ohne Entwicklungsmöglichkeiten im angrenzenden Wald ungeeignet. Aus forstwirtschaftlicher Sicht handele es sich bei den Flächen auf dem Vorhabengrundstück um Wald im Sinne des Art. 2 Abs. 1 BayWaldG. Die gesamte Fläche sei deswegen wideraufzuforsten. Die Beseitigung des Waldes bedürfte einer Rodungserlaubnis. Im Rahmen einer Anhörung führte der Kläger, vertreten durch seinen Sohn, danach aus, dass für die Schafe keine unmittelbar angrenzenden Weideflächen erforderlich seien. Die Tiere könnten auch ganzjährig im Stall bleiben. Hierzu nahm das AELF am 12. Dezember 2019 erneut Stellung. Eine ganzjährige Stallhaltung werde in Bayern in nur ganz wenigen Ausnahmefällen, bei speziellen Produktionsformen, praktiziert. Eine ganzjährige Stallhaltung stelle deutlich höhere Anforderungen an die Haltung (besonderes Hygienemanagement, mechanische Fütterungstechnik etc.). Das bisher bekannte Konzept des Klägers und seines Sohnes sei auf eine Weidehaltung ausgelegt gewesen. Die Umstellung auf eine ganzjährige Stallhaltung sei nicht nachvollziehbar. Zuletzt nahm das zuständige AELF am 12. August 2020 zur Landwirtseigenschaft des Klägers zum Zwecke der Beurteilung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz Stellung (vom Kläger mit der Klagebegründung vom 10. Februar 2021 im Verfahren M 9 K 20.550 vorgelegt; Anlage K 15). Der Kläger habe für das Wirtschaftsjahr 2019/2020 eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgelegt. In dieser seien aber nichtbodenertragsgebundene Einnahmen enthalten (Waldpflege, Winterdienst und Verpachtung). Der angegebene Erlös in Höhe von 5.000 € aus dem Verkauf der Lämmer zeige eine vergleichsweise geringe Produktionskraft der 62 Mutterschafe. Betriebe mit hohen Produktionsniveau erreichten über 2,0 Lämmer pro Mutterschaf. Die geringe Anzahl sei ein Indiz für einen bloßen Hobbybetrieb. Die Förderung aus dem Kulturlandschaftsprogramm sei nicht beantragt worden. Die jährliche Miete von 1.800 € an die vom Kläger geführte GmbH sei nicht reell. Das AELF gehe von realistischen jährlichen Kosten in Höhe von 33.700 € aus. Der Bau der Zelthalle sowie der Errichtung zeuge nicht von einem Betrieb mit Gewinnerzielungsabsicht. Die Zelthalle biete kein entsprechendes Stallklima. Außerdem seien keine variablen Kosten für die Mutterschafe angesetzt. Bei Ansatz der Werte des Fachzentrums Kleintierhaltung des AELF P. … und Berücksichtigung der realistischen Zeltkosten ergebe sich ein Verlust von 40.421 € für das Wirtschaftsjahr 2018/2019. Im Ergebnis sei der Kläger wegen den erheblichen Verlusten, den bisher nicht vorgelegten schlüssigen Betriebskonzepten und dem neun Jahre andauernden Gründungsprozess kein Landwirt und auch kein Nichtlandwirt auf dem Weg zu einem leistungsfähigen Landwirt i.S.d. GrdStVG.
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Am 6. Mai 2019 hat der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 4. April 2019 erhoben. Der Kläger beantragt,
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Der Bescheid des Landratsames München vom 4. April 2019, Az.: 4.1-0033/19/BK, wird bzgl. der Ziffer 1. bis 4 und 6. bis 11. aufgehoben.
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Der Kläger betreibe einen Schafzuchtbetrieb. Die Nutzungsuntersagung für das Zelt sei rechtswidrig, da das Zelt weder formell noch materiell baurechtswidrig sei. Die Errichtung des Zeltes als fliegender Bau nach Art. 72 BayBO sei nicht nach Art. 55 BayBO genehmigungsbedürftig. Das Vorhaben sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert und es stünden keine öffentlichen Belange entgegen. Das Verwaltungsgericht München und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hätten 2013 das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB aus drei Punkten abgelehnt. Dies seien die fehlende Eignung des Sohnes für die Schafhaltung, zu geringe Flächen im Eigentum und die fehlende Bescheinigung der Gewinnerzielungsabsicht durch das AELF. Der Sohn habe, wie die diversen Teilnahmebestätigungen am Bildungsprogramm Landwirt zeigten, inzwischen die fachliche Qualifikation. Der Tierbestand habe zwischenzeitlich die geplante Anzahl von 60 Muttertieren erreicht und habe zeitweise sogar bei 70 Tieren gelegen. Derzeit seien es nur ca. 50 Tiere. Die Zielgröße von 60 solle im Sommer wieder erreicht werden. Ein Schafhütehund sei erworben worden. Das Betriebskonzept, aktualisiert für 2020 und 2021, zeige einen respektablen Gewinn. Es seien erhebliche Flächen durch den Sohn als Hoferben hinzuerworben worden. Ein Erwerb eines weiteren Grundstücks in D. sei durch das AELF mit der nicht belastbaren Stellungnahme vom 12. August 2020 verhindert worden. In dieser Stellungnahme sei dem Kläger zu Unrecht die Landwirtseigenschaft abgesprochen worden. Die Einnahmen aus nichtbodenertragsgebundenen Leistungen seien abweichend vom Steuerrecht nicht berücksichtigt worden. Die geringe Anzahl von 50 verkauften Lämmern im Jahr 2020 sei negativ berücksichtigt worden. Die geringe Zahl der Verkäufe sei dem Umzug in die Zelthalle geschuldet. Die fehlende Kulturlandschaftsprogramm-Förderung sei negativ gewertet worden. Die Unsicherheit bzgl. des Standortes habe den Kläger dazu bewegt, zur Vermeidung einer verzinsten Rückzahlung, die für ihn nicht existenziell notwendigen Beihilfen nicht zu beantragen. Andere Subventionen habe er bekommen. Die an die eigene GmbH gezahlte Jahresmiete von 1.800 € für das Zelt sei angemessen. Das Zelt habe nur 30.000 € inkl. Aufbau gekostet. Das Zelt biete ein hervorragendes Stallklima für die Schafe. Das Konzept des Sohns des Klägers sehe langfristig einen Betriebssitz auf dem Grundstück FlNr. … (H.) vor. Das Zelt in T. … sei nur eine Interimslösung, da die Verpachtung des Grundstücks FlNr. … (H.). rechtlich erst zum 31.12.2020 beendet werden konnte. Als Interimslösung sei das Grundstück FlNr. … (T.) planungsrechtlich geeignet. Der Boden sei bereits versiegelt gewesen. Die Stellungnahme des AELF vom 26. Juni 2019 müsse in Frage gestellt werden. Dem AELF fehle scheinbar die gebotene Objektivität. Zu 2013 seien erhebliche Änderungen eingetreten. Sie widerspreche teilweise der Stellungnahme vom 12. August 2020 und kein Mitarbeiter vom AELF sei vor Ort gewesen. Die im Eigentum stehenden Flächen seien nicht zutreffend gewürdigt worden. Bei dem Wald auf dem Grundstück handele es sich nur um Erholungswald der Stufe 2. Zusammen mit den vorhandenen Altfundamenten liege nur eine geringe Schutzwürdigkeit des Waldes vor. Es liege ein nachhaltiger, ernsthafter, auf Dauer angelegter und lebensfähiger Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vor, welchen der Kläger schon seit zehn Jahren betreibe. Eine Hofstelle sei für die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr.1 BauGB nicht erforderlich. Dies sei im Steuerrecht vom BFH bereits höchstrichterlich geklärt. Außerdem verfüge der Schafzuchtbetrieb über eine Betriebsstelle. Dies sei die streitgegenständliche Zelthalle. Nach Ende der Interimslösung sei die Betriebsstätte auf dem Grundstück FlNr. … (H.). Bei der Anzahl der Schafe müsse die Abgrenzung nach oben zur Massentierhaltung berücksichtigt werden. Bei 45 oder 40 Schafen hätten Obergerichte bereits einen Schafzuchtbetrieb angenommen. Für den Erwerb der Grundstücke sei ein erheblicher Kapitaleinsatz erfolgt. Der Standort in einer Waldfläche nach Ansicht des Beklagten sei unbeachtlich für die Geeignetheit des Standortes, da die Schafe im Zelt ganzjährig gehalten werden könnten. Das Zelt diene auch dem landwirtschaftlichen Betrieb. Es sei unentbehrlich für die Bewirtschaftung der 35 ha von gepachteten und im Eigentum stehenden Flächen und die 64 Muttertiere. Andere öffentlich-rechtliche Anforderungen i.S.d. Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO stünden der Baugenehmigung nicht entgegen, da der Kläger einen Anspruch auf eine Rodungserlaubnis nach Art. 9 BayWaldG habe. Hilfsweise müsse der Beklagte die Bebauung zumindest bis 2022 dulden, da die Interessen des Klägers die öffentlichen Interessen an der Beseitigung überwiegen würden. Der Kläger sei bereit, eine Rückbauverpflichtung einzugehen. Der Flächennutzungsplan, der Wald darstelle, sei überholt. Es handele sich um Ödland, auf welchem bauliche Altanlagen vorhanden seien. Durch die bereits vorhandenen baulichen Anlagen könnten auch die natürliche Eigenart der Landschaft bzw. die Befürchtung der Entstehung einer Splittersiedlung nicht entgegenstehen. Aufgrund der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit sei die Nutzungsuntersagung unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft. Für die Beseitigungsanordnung fehlten bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen. Die Beseitigungsanordnung für die Überdachung sei ebenfalls rechtswidrig, da diese ebenfalls dem landwirtschaftlichen Betrieb diene und deswegen verfahrensfrei und auch materiell baurechtskonform sei. Aufgrund der aufzuhebenden Grundverwaltungsakte fehlten bei den Zwangsgeldandrohungen die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen. Darüber hinaus seien die Zwangsgeldandrohung und die Duldungsanordnung an die S. A. GmbH zu richten.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Nutzungsuntersagung und die Beseitigungsanordnungen seien gegeben. Die Anlagen seien formell und materiell rechtswidrig. Das Zelt könne schon kein fliegender Bau nach Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayBO sein, da der Kläger subjektiv nicht beabsichtige das Zelt an wechselnden Orten wiederholt aufzustellen und zu zerlegen. Eine notwendige Gebrauchsabnahme nach Art. 72 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BayBO sei nicht erfolgt und ein Prüfbuch nicht vorgelegt worden. Die baulichen Anlagen seine auch materiell rechtswidrig. Ein privilegierter landwirtschaftlicher Betrieb, der wirtschaftlich und nachhaltig betrieben werde, liege nicht vor. Der Standort der Halle in einer Waldfläche sei zudem ungeeignet für die Schafhaltung. Außerdem sei nach dem inzwischen gestellten und abgelehnten Bauantrag nur eine vorübergehende Nutzung vorgesehen. Deswegen habe das AELF bestätigt, dass kein auf Dauer lebensfähiger Betrieb anzunehmen sei. Als sonstiges Vorhaben beeinträchtige das Vorhaben öffentliche Belange und sei unzulässig. In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens seien die verhältnismäßigen Anordnungen erlassen worden. Einer Duldung der Anlagen stehe das grundsätzliche öffentliche Interesse, ungenehmigte und nicht genehmigungsfähige Anlagen zu entfernen, das Interesse an der Freihaltung des Außenbereichs von wesensfremder Bebauung und die Verhinderung einer Zersiedelung der Landschaft entgegen. Beschwerden aus der Öffentlichkeit zeigten die potentielle negative Vorbildwirkung. Die Planungshoheit der Gemeinde und die forstwirtschaftlichen Belange seien ebenfalls zu berücksichtigen.
15
Die beigeladene Gemeinde hat keinen Antrag gestellt.
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In der mündlichen Verhandlung am 12. Februar 2021 ist das Betriebskonzept des Klägers und seines Sohnes, welcher den Kläger in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, und die erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Gewinnermittlungen für 2020 und 2021 erörtert worden.
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Die Verpflichtungsklage auf Erteilung der Baugenehmigung für die Zelthalle ist mit Urteil vom gleichem Tag abgewiesen worden (M 9 K 20.550). Auf die Urteilsgründe wird Bezug genommen.
18
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Behördenakte und auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2021 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg.
20
1. Die Klage ist teilweise bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.
21
Bezüglich den Ziffern 4 und 9 ist die Anfechtungsklage mangels Klagebefugnis des Klägers nach § 42 Abs. 2 VwGO bereits unzulässig. Adressat dieser Verwaltungsakte ist die S. A. GmbH. Der Kläger kann eine Verletzung der Rechte der S. A. GmbH nicht als Verletzung in eigenen Rechten geltend machen. Im Tenor des streitgegenständlichen Bescheides ist insoweit eindeutig die S. A. GmbH als Adressat genannt. Die fehlende Nennung im Adressfeld des Bescheides ändert am Inhaltsadressaten der Verwaltungsakte nichts (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2019 - 15 CS 19.1050, BeckRS 2019, 17728 Rn. 29, beck-online, m.w.N).
22
Bezüglich Ziffern 1, 2, 3, 6, 7, 8, 10 und 11 des Bescheides 4. April 2019, welche durch den Kläger zulässigerweise angefochten wurden, ist die Klage unbegründet, da diese rechtmäßig sind und sie den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Anordnungen sind insbesondere deswegen rechtmäßig, da alle streitgegenständlichen baulichen Anlagen nicht mit den Vorschriften über die Zulässigkeit baulicher Anlagen nach §§ 29 bis 38 BauGB übereinstimmen. Beim Kläger und seinem Sohn liegt kein landwirtschaftlicher Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vor (a). Als sonstige Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtigen sie öffentliche Belange (b). In Folge dessen sind die Nutzungsuntersagung für die Zelthalle, die Beseitigungsanordnung für die Zelthalle und die Beseitigungsanordnung für die Überdachung rechtmäßig (c). Die Zwangsgeldandrohungen sind rechtmäßig (d) und auch gegen die Kostenregelung im Bescheid bestehen keine Bedenken (e).
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Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit aller streitgegenständlichen baulichen Anlagen richtet sich unzweifelhaft und zwischen den Beteiligten unstreitig nach § 35 BauGB, da sich das gesamte Grundstück im Außenbereich befindet. Die Anlagen stellen unzulässige sonstige Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB dar, durch welche öffentliche Belange beeinträchtigt werden. Insbesondere liegt keine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vor, da die Anlagen keinem landwirtschaftlichen Betrieb dienen. Nicht entscheidungserheblich ist deswegen, ob die Zelthalle ebenfalls wegen § 9 BayWaldG nicht genehmigungsfähig ist und deswegen zusätzlich noch materiell rechtswidrig ist.
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a) Die landwirtschaftliche Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB setzt einen auf Dauer angelegten Betrieb voraus, dem das geplante Vorhaben zu dienen bestimmt ist. Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist durch eine spezifisch betriebliche Organisation gekennzeichnet, erfordert eine Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und es muss sich um ein auf Dauer gedachtes und auf Dauer lebensfähiges Unternehmen handeln (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.2004 - 4 C 7.04 - BVerwGE 122, 308 m.w.N.). Ein landwirtschaftlicher Betrieb kann auch als Nebenerwerbsbetrieb geführt werden. Ob sich ein Betrieb auf Dauer als lebensfähig erweist, ist im Wege einer Prognose zu beantworten. Dabei sind die Umstände, die für oder gegen die Annahme der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit des Betriebes sprechen, ihrerseits zu gewichten und ins Verhältnis zueinander zu setzen. Zu den Merkmalen zur Bestimmung der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs, denen indizielle Bedeutung zukommt, zählt neben der Möglichkeit der Gewinnerzielung der dauerhaft gesicherte Zugriff auf die landwirtschaftlich nutzbare Fläche (BayVGH, U.v. 29.1.2019 - 1 BV 16.232 - juris Rn. 18), der Umfang der landwirtschaftlichen Betätigung, die Verkehrsüblichkeit der Betriebsform, die Ernsthaftigkeit des Vorhabens und die Sicherung seiner Beständigkeit im Hinblick auf die persönliche Eignung des Betriebsführers (SächsOVG, U.v. 20.7.2006 - 1 B 260/06 - BeckRS 2006, 26064, beck-online). Wird von fachkundiger Stelle nachvollziehbar bestätigt, dass es sich um einen generell lebensfähigen Betrieb handelt und die Investitionsmaßnahmen erwirtschaftet werden können, reduzieren sich die Nachweispflichten des mitwirkungspflichtigen Bauherrn (vgl. BVerwG, B.v. 11.10.2012 - 4 C 9.11 - NVwZ 2013, 155; BayVGH, U.v. 29.1.2019 - 1 BV 16.232 - juris Rn. 20). Gerade bei der Viehhaltung ist häufig zweifelhaft, ob es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb, eine Liebhaberei oder nur um eine Scheinlandwirtschaft zur Tarnung von anderen Vorhaben handelt (Dürr in: Brügelmann, BauGB, Stand: 115. Lfg. Juli 2020, § 35 Rn. 33). Über das Erfordernis der Dauerhaftigkeit und Ernsthaftigkeit soll deswegen verhindert werden, dass unter dem Deckmantel einer nur vorübergehenden landwirtschaftlichen Betätigung nicht privilegierte Gebäude im Außenbereich errichtet werden (Dürr in: Brügelmann, BauGB, Stand: 115. Lfg. Juli 2020, § 35 Rn. 26; Mitschang/Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, 14. Aufl. 2019, BauGB § 35 Rn. 13).
25
Ausgehend von diesen Maßstäben liegt beim Kläger und seinem Sohn als vorgetragenem Betriebsnachfolger kein landwirtschaftlicher Betrieb vor.
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aa) Ein vom Umfang für einen landwirtschaftlichen Betrieb ausreichendes plausibles Betriebskonzept konnte der Kläger nicht darlegen. Die aktuell vorhandenen 50 Mutterschaft und nach dem Betriebskonzept weiterhin dauerhaft angestrebten 60 Mutterschafe sind nach den übrigen zu gewichteten Umständen nicht ausreichend, um deswegen auf Dauer von einem überlebensfähigen Betrieb auszugehen. Die Schafe werden als Hobby gehalten und die Schafzucht kann jederzeit wiedereingestellt werden. Gerade bei einer Neugründung ohne feste Betriebsstätte wären deutlich mehr Mutterschafe erforderlich um von einem dauerhaften Betrieb auszugehen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht schon mal 45 Mutterschafe für einen Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB als ausreichend angesehen hat, wurde dabei maßgeblich auch auf andere Umstände und insbesondere auf den bereits seit 30 Jahre bestehenden Betrieb abgestellt (BVerwG, U.v. 11.10. 2012 - 4 C 9/11 - juris Rn. 12). Vorliegend hält der Kläger zwar auch schon seit zehn Jahren einige Schafe und übt in geringem Umfang eine Schafzucht aus, aber es fehlt an anderen Umständen, die einen dauerhaften Betrieb nahelegen. Insbesondere existiert immer noch keine feste Betriebsstätte, die Gewähr dafür leisten würde, dass der Kläger und sein Sohn nicht von einem Tag auf den anderen die Schafzucht wiedereinstellen. Ein plausibles auf einen dauerhaften Schafzuchtbetrieb abzielendes Konzept fehlt seit Jahren. Insbesondere ist weiterhin unklar ob der Kläger eine ganzjährige unübliche Stallhaltung beabsichtigt oder ob doch wieder das alte Konzept einer Weidehaltung auf den verstreuten Flächen beabsichtigt wird.
27
Ein plausibles Betriebskonzept spiegelt sich dabei auch in den zur Verfügung stehenden Grundstücken nicht wieder. Im Rahmen eines vernünftigen Betriebskonzepts würden Standorte gewählt, die möglichst nahe bei einer Hofstelle bzw. im Einzelfall bei einem Schwerpunkt der landwirtschaftlichen Tätigkeit sind (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 29.1.2019 - 1 BV 16.232 - juris Rn. 25). Das streitgegenständliche Grundstück liegt in einem Wald und bietet nach der Stellungnahme des AELF keine fachlich sinnvolle Möglichkeit zur Weidehaltung der Schafe. Soweit der Kläger die gekauften Flächen mit dem begrenzten Angebot auf dem Immobilienmarkt und Problemen bei der Nutzung des Grundstücks FlNr. … (H.) begründet, ist dies nicht glaubhaft. Der Kläger und sein Sohn gründen nach ihren eigenen Angaben seit inzwischen fast zehn Jahren einen Schafzuchtbetrieb. Dennoch ist bisher nur eine Zelthalle als Interimslösung errichtet worden. Im Rahmen einer ernsthaft betriebenen Landwirtschaft wäre im Laufe der zehn Jahre zumindest schon mal mit der Errichtung einer Hofstelle bzw. einer dauerhaften feste Betriebseinrichtung begonnen worden. Entsprechendes ist nicht der Fall, obwohl nach den Angaben des Klägers der Pachtvertrag für das Grundstück FlNr. … (H.) am 31. Dezember 2020 ausgelaufen ist und dort nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung zukünftig der Schwerpunkt der Schafzucht bzw. eine Hofstelle sein soll. Des Weiteren kann selbst bei Unterstellung zugunsten der Klägers, dass geeignete Flächen für eine dauerhafte Betriebsstätte als Schwerpunkt der Schafzucht seit ca. zehn Jahren fehlen, dies alleine keine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB begründen (vgl. VGH BW, U.v. 4.3.1996 - 5 S 1526/95 - juris Rn. 25). Wenn geeignete Fläche für einen landwirtschaftlichen Betrieb nicht da sind, besteht keine Landwirtschaft.
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bb) Geht es - wie hier - um die Neugründung eines Nebenerwerbsbetriebes, ist die Absicht der Gewinnerzielung ein für die Ernsthaftigkeit des Vorhabens und die Sicherung der Beständigkeit ein gewichtiges Indiz, das besonders sorgfältig zu prüfen ist (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.2004 - 4 C 7.04 - BVerwGE, 122, 308 = juris Rn. 12; BVerwG U.v. 11.10.2012 - 4 C 9.11 - BauR 2013, 207 = juris Rn. 8 m.w.N.; BayVGH, B.v. 7.11.2018 - 9 ZB 15.941 - juris Rn. 8). Das AELF hat einem Betrieb des Klägers und seines Sohnes die Möglichkeit der Gewinnerzielung nicht bestätigt bzw. in der letzten vom Kläger vorgelegten Stellungnahme des AELF vom 12. August 2020 diese Möglichkeit explizit verneint.
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Eine das AELF widerlegende Totalgewinnprognose wurde vom Kläger nicht erstellt. In der mündlichen Verhandlung hat er lediglich eine Gewinnermittlung für 2020 und eine Prognose für 2021 vorgelegt (Anlage K 18 übergeben auf Anforderung des Gerichts in der mündlichen Verhandlung). Aus dieser ergibt sich für 2020 rechnerisch ein Gewinn von 18.806,34 € und für 2021 ein rechnerischer Gewinn von 19.921,52 €.
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Die Gewinnermittlungen für 2020 und 2021 sind nicht geeignet, die nachvollziehbare Einschätzung des AELF als Fachbehörde zur fehlenden Rentabilität eines Betriebes des Klägers und seines Sohnes zu widerlegen.
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Für 2020 sind zunächst die Einnahmen in Höhe von 5.332 € in Form von Pachteinnahmen, Einnahmen aus dem Winterdienst und Einnahmen aus der Waldpflege enthalten. Diese stellen keine Einnahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs i.S.d. § 201 BauGB dar und müssen deswegen, wie auch für 2018/2019 vom AELF ausgeführt, außer Betracht bleiben. Einnahmen, die keine Bodenertragsnutzung darstellen, können als so genannte mitgezogene Nutzungen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert sein. Keinesfalls können solche Nebeneinkünfte aber dafür herangezogen werden, eine Privilegierung - wie hier - erst zu begründen (BayVGH, U.v. 14.7.2011 - 14 B 09.2291 - juris Rn. 46). Die steuerrechtliche Qualifikation dieser Einkünfte ist für § 201 BauGB unbeachtlich. Bei den grundsätzlich der Landwirtschaft zu zuordnenden Einnahmen aus Heuverkäufen fällt auf, dass diese lediglich durch Eigenbelege nachgewiesen sind. Bei Einzelbeträgen von bis zu 3.000 € müssten durch den Kläger aber Rechnungen ausgestellt worden seien. In den anderen Rechnungen aus Lamm- und Schafverkäufen hat der Kläger auch Umsatzsteuer ausgewiesen. Als Unternehmer ist er zur Ausstellung von ordnungsgemäßen Rechnungen verpflichtet (vgl. §§ 14 ff. UStG). Soweit vom Kläger keine Rechnungen vorgelegt wurden, hat das Gericht deswegen zumindest Zweifel, ob Einnahmen in entsprechender Höhe erzielt wurden. Jedenfalls müsste aus den Einnahmen noch die entstandene Umsatzsteuer rausgerechnet werden, da diese ans Finanzamt abzuführen ist und deswegen im Rahmen des Gewinns nicht berücksichtigt werden kann. Die Kosten für die Zeltmiete sind jährlich zu veranschlagen. Auf den Zahlungszeitpunkt der Miete an die GmbH kommt es bei der Ermittlung zum Zwecke der Totalgewinnprognose nicht an. Des Weiteren ist dabei zu beachten, dass das Zelt nach den Angaben des Klägers im Bauantrag lediglich drei Jahre benutzt werden soll. Nach den eingereichten Quittungen wurde das Zelt von einer dem Kläger wirtschaftlich zuzurechnenden GmbH für 28.000 € angeschafft und aufgebaut. Das Zelt müsste sich für die GmbH eigentlich schon über drei Jahre wirtschaftlich rechnen, da danach keine weitere Unterbringung der Schafe in der Zelthalle beabsichtigt ist. Es ist deswegen sehr zweifelhaft, dass es sich bei der vereinbarten Miete von 1.800 € jährlich um eine fremdübliche Miete handelt. Nach den drei Jahren dürften die Unterbringungskosten für die Schafe neu zu berechnen seien und wahrscheinlich deutlich höher liegen. Fahrkosten sind aus der Gewinnermittlung nicht ersichtlich, obwohl der Kläger Futter von den diversen Grundstücken zu seinen in der Zelthalle befindlichen Schafen verbringen muss. Insgesamt ist das Gericht davon überzeugt, dass der vom Kläger ermittelte Gewinn für 2020 und 2021 unrealistisch ist. Schon unter Berücksichtigung der Einnahmenkorrektur (vereinnahmte Umsatzsteuer und Einnahmen aus anderen Tätigkeiten) und der Berücksichtigung der Mietkosten ergäbe sich zugunsten des Klägers allenfalls ein Gewinn 2020 von ca. 10.000 €.
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Für 2021 beruhen die Angaben zu den Einnahmen und Ausgaben zu weiten Teilen auf Annahmen. In der mündlichen Verhandlung konnte der Sohn des Klägers keine überzeugenden Angaben dazu machen, ob und weshalb ab 2021 eine Steigerung bei den Einnahmen bzw. den verkauften Lämmern eintreten sollte.
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Schon der zugunsten des Klägers unterstellte Gewinn von 10.000 € in 2020 vor Abzug der Einkommensteuer entspräche nur einem monatlichen Unternehmerlohn für den Kläger und seinen Sohn von ca. 833 € bzw. ca. 416,50 € pro Person. Gleichzeitig müsste neben dem Unternehmerlohn auch noch Eigenkapital aufgebaut werden, da in der Gewinnermittlung lediglich die historischen Anschaffungskosten von abnutzbaren Vermögensgegenständen über Abschreibungen berücksichtigt werden. Für notwendigen Neuanschaffungen bedarf es Eigenkapitals um Preissteigerungen bei den Vermögensgegenständen zu finanzieren (BayVGH, U.v. 20.3.2001 - 20 B 00.2501 - juris Rn. 20). Für einen wirtschaftlichen Betrieb im Abgrenzung zum Hobby ist es nach der Rechtsprechung des BayVGH darüber hinaus erforderlich, dass das eingesetzte Kapital verzinst wird (vgl. BayVGH, U.v. 28.4.2015 - 15 B 13.2262 - juris Rn. 25). Kapital wurde vorliegend insbesondere für den Erwerb von Grundstücken genutzt. Eine Verzinsung dieses Kapitals durch die landwirtschaftliche Tätigkeit erfolgt ganz offensichtlich nicht. Der bescheidene Gewinn pro Monat reicht schon nicht aus, um einen angemessenen Unternehmerlohn für die monatlichen Arbeitsstunden zu gewähren. Fehlende Eigenkapitalbildung, fehlende Verzinsung des Kapitals und die fehlende angemessene Vergütung der eigenen Arbeitsleistung sind Kennzeichen eines Hobbys und unterscheiden bei einer Neugründung eine Liebhaberei von einem dauerhaften und nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierten Betrieb. Eine positive Entlohnung und Verzinsung wäre für die Annahme eines dauerhaften Betriebs umso mehr erforderlich, da der Kläger selbst vorträgt, dass ein erheblicher Kapitaleinsatz für die zwischenzeitlich dazu erworbenen Grundstücke im Südosten von München erfolgt sei.
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Das AELF geht in seiner Stellungnahme vom 12. August 2020 des Weiteren, auch ohne die Kosten für das Zelt, von jährlich üblicherweise anfallenden Aufwendungen in Höhe von 16.003 € aus. Der Kläger hat für 2020 nur Aufwendungen in Höhe von 4.127 € erklärt. Es spricht deswegen viel dafür, dass der Kläger in seiner Gewinnberechnung nicht alle Aufwendungen erfasst hat und tatsächlich ein Verlust entstanden ist.
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Im Ergebnis sind die Gewinnberechnungen des Klägers für das Gericht in vielen Punkten nicht nachvollziehbar und schon deswegen nicht geeignet, die Einschätzung des AELF als Fachbehörde zu widerlegen. Entgegen des klägerischen Vortrags ist für das Gericht nicht ansatzweise eine Voreingenommenheit des AELF gegenüber dem Kläger erkennbar. Vielmehr hat das AELF in seinen ersten Stellungnahmen immer wieder auf die Möglichkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes bei Vorliegen einer festen Betriebseinrichtung und Vergrößerung des Umfanges des Betriebes hingewiesen. Die später gezogene Schlussfolgerung des AELF, dass nach fast zehn Jahren nicht mehr davon auszugehen ist, dass ein dauerhaft überlebensfähiger Betrieb entstehen soll, ist nachvollziehbar.
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cc) Darüber hinaus ist im Rahmen der notwendigen Gesamtschau auch auf die hauptberufliche Tätigkeit des Klägers und seines Sohnes abzustellen. Beide waren bzw. sind in der Immobilienbranche tätig (zur Berücksichtigung der Art der Haupttätigkeit im Rahmen der Gesamtschau vgl. BayVGH, U.v. 23. 11. 2018 - 15 B 15.1376 - juris Rn. 20). Der Kauf von Grundstücken im hochpreisigen Südosten von M. … könnte mit Blick auf die zeitgleiche Tätigkeit in der Immobilienbranche und in Unkenntnis der wahren Absichten des Klägers und seines Sohnes auch einem gewerblichen Grundstückshandel oder einer privaten Spekulation mit Grundstücken dienen. Dieser Umstand kann im Rahmen der Gesamtschau berücksichtigt und gewichtet werden. Er führt dazu, dass dieser Umstand durch andere gleichgewichtige Indizien im Rahmen der Prognose kompensiert werden müsste, um die ernsthafte Aufnahme eines dauerhaften landwirtschaftlichen Betriebs anzunehmen. Eine derartige Kompensation ist vorliegend nicht erfolgt. Zwar hat der Sohn des Klägers inzwischen mehrere landwirtschaftliche Kurse besucht und hat nach der Einschätzung des AELF inzwischen eine ausreichende Qualifizierung. Der Besuch mehrere landwirtschaftlicher Kurse ist allerdings mit relativ geringem Zeitaufwand möglich und zeugt nicht ausreichend von einer ernsthaften Absicht, die Schafzucht dauerhaft über Jahre als Betrieb mit Gewinnerzielungsabsicht und nicht nur als bloße Liebhaberei zu betreiben. Hier ist auch zu berücksichtigen, dass Tierwirt in der Fachrichtung Schäferei ein anerkannter 3-jähriger Ausbildungsberuf in der Landwirtschaft ist (Information zum Tierwirt - Schäferei unter https://berufenet.arbeitsagentur.de; zuletzt am 24. Februar 2021 abgerufen). Der bloße Besuch einiger Tageskurse kann deswegen nicht besonders stark zugunsten eines dauerhaften und ernsthaften Schafzuchtbetrieb gewichtet werden.
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dd) Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass es sich dem Gericht nicht erschließt, weshalb immer noch zunächst der Kläger Betriebsinhaber seien soll und sein Sohn als Hoferbe benannt wird. Nach dem Eindruck des Gerichts in der mündlichen Verhandlung und nach der gesamten Aktenlage ist der Sohn des Klägers die treibende Kraft hinter dem Projekt. Eine Betriebsnachfolge ist immer mit Unsicherheiten verbunden. Die Inkaufnahme einer Betriebsnachfolge zeitnah nach Betriebsgründung ist unüblich und spricht ebenfalls gegen die Ernsthaftigkeit der Betriebsgründung. Es existiert keine Hofstelle, für die ein Interesse bestehen würde, sie noch beim Kläger selbst vor einem Übergang auf die nächste Generation zu etablieren.
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ee) Zusammenfassend ist das Gericht aufgrund der wechselnden unüblichen Betriebskonzepte, der nachvollziehbaren Einschätzung des AELF als Fachbehörde, der fehlenden Maßnahmen zur Etablierung einer dauerhaften Hofstelle oder festen Betriebseinrichtung, der unrealistischen Gewinnermittlungen und der zehnjährigen Dauer der unzureichenden Maßnahmen davon überzeugt, dass beim Kläger und seinem Sohn kein landwirtschaftlicher Betrieb vorliegt. Darüber hinaus dient - selbst bei Unterstellung eines landwirtschaftlichen Betriebs beim Kläger und seinem Sohn - die streitgegenständliche Zelthalle keinem landwirtschaftlichen Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Kein vernünftiger Landwirt würde für 50 bis 70 Schafe für drei Jahre temporär eine Zelthalle als Stall in einemn Wald ohne angrenzende Weideflächen errichten. Ein vernünftiger Landwirt würde entweder einen bereits vorhandenen Stall anmieten oder zumindest den temporären Stall in der Nähe der vorhandenen Weideflächen errichten. Für den vorliegenden Standort ist für das Gericht nicht ansatzweise ein vernünftiger Grund erkennbar.
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b) Als sonstiges Vorhaben sind die Anlagen nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig, da sie öffentliche Belange beeinträchtigen.
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Die Vorhaben widersprechen den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Die Fläche, auf der die Vorhaben verwirklicht wurden, ist im Flächennutzungsplan der Gemeinde als Waldfläche gekennzeichnet. Mit dieser Darstellung sind die planerischen Vorstellungen derart konkretisiert, dass keine Bebauung erfolgen soll. Das bloße Vorhandensein von aufgegebenen baulichen Anlagen führt allein nicht dazu, dass der Flächennutzungsplan überholt ist (vgl. BayVGH, U.v. 8.8.2019 - 2 B 19.457 - juris Rn. 25). Eine Aufgabe der planerischen Vorstellungen ist nicht erfolgt und Anhaltspunkte dafür, dass die aufgegebenen Fundamente nicht entfernt werden können sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Gleichzeitig werden auch die öffentlichen Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 und Nr. 7 BauGB beeinträchtigt, da die Gefahr der Entstehung einer Splittersiedlung besteht und die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt wird.
41
c) Die auf Art. 76 Satz 2 gestützte Nutzungsuntersagung für die Zelthalle ist rechtmäßig. Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, so kann diese Nutzung untersagt werden. Die Genehmigungspflicht nach Art. 55 BayBO kann offenbleiben für die Frage der Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung, da die nicht genehmigte Zelthalle im Widerspruch zu den bauplanungsrechtlichen Vorschriften steht (siehe oben). Die Nutzungsuntersagung ist ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig. Der Kläger wurde ermessensfehlerfrei als Handlungsstörer in Anspruch genommen.
42
Die auf Art. 76 Satz 1 BayBO gestützte Beseitigungsanordnung für die Zelthalle ist rechtmäßig. Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert, so kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Wegen der durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Eigentumsgarantie setzt die Rechtmäßigkeit einer Beseitigungsanordnung voraus, dass die Anlage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung fortdauernd gegen materielles öffentliches Recht verstößt (Decker in: Simon/Busse, 139. EL Oktober 2020, BayBO Art. 76 Rn. 134). Dies ist der Fall, da beim Kläger und seinem Sohn zu keinem Zeitpunkt ein landwirtschaftlicher Betrieb vorlag. Als sonstiges Vorhaben ist die Zelthalle wegen der Beeinträchtigung öffentlicher Belange nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig. Eine Herstellung rechtmäßiger Zustände durch eine Baugenehmigung für die Zelthalle ist deswegen nicht möglich.
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Die Beseitigungsanordnung ist ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig. Die vom Kläger vorgeschlagene mögliche Duldung der bloß temporär errichteten Zelthalle durch den Beklagten bis 2022 führt nicht zu einem Ermessensfehler. Eine Duldung kommt bei Bagatellfällen in Betracht (Decker in: Simon/Busse, 139. EL Oktober 2020, BayBO Art. 76 Rn. 228). Der Beklagte hat zutreffend ausgeführt, dass die Zelthalle auf diesem Waldgrundstück eine erhebliche negative Vorbildwirkung hat. Schon deswegen handelt es sich nicht um einen Bagatellfall, bei welchem eine Duldung für einen kurzen Zeitraum eventuell in Betracht käme. Der Kläger wurde ermessensfehlerfrei als Handlungsstörer in Anspruch genommen. Der Kläger ist Bauherr.
44
Die auf Art. 76 Satz 1 BayBO gestützte Beseitigungsanordnung für die Überdachung ist rechtmäßig. Als sonstiges Vorhaben ist die Überdachung nach § 35 Abs. 2 BauGB wegen der Beeinträchtigung öffentlichen Belangen nicht zulässig. Die Herstellung rechtmäßiger Zustände in anderer Weise ist deswegen nicht möglich. Die Anordnung der Beseitigung gegenüber dem Kläger ist ermessenfehlerfrei und verhältnismäßig.
45
d) Die Zwangsgeldandrohungen nach Art. 31, 36 VwZVG in den Ziffern 6 bis 8 des Bescheides vom 4. April 2019 sind rechtmäßig.
46
Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nach Art. 18 ff. VwZVG sind erfüllt. Es liegt ein wirksamer und sofort vollziehbarer Verwaltungsakt vor. Ein Vollstreckungshindernis durch die Eigentümerstellung der S. A. GmbH wurde durch die Duldungsanordnung beseitigt. Der Bescheid wurde dabei auch direkt an die S. A. GmbH zugestellt und in der Duldungsanordnung in Ziffer 5 ist sie als Inhaltsadressat genannt. Eine Nennung im Anschriftenfeld ist nicht notwendig. Im Anschriftenfeld wird der Bekanntgabeadressat genannt, der nicht zwingend mit dem Inhaltsadressaten übereinstimmen muss (BayVGH, B.v. 26.7.2019 - 15 CS 19.1050, BeckRS 2019, 17728 Rn. 29, beck-online, m.w.N.). Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen ebenfalls vor. Die Androhungen sind ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig.
47
e) Die Kostenregelung in den Ziffern 10 und 11 des Bescheides ist nicht zu beanstanden.
48
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen dem Kläger aufzuerlegen, da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und sich damit in kein Kostenrisiko begeben hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.