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VG Würzburg, Urteil v. 21.06.2021 – W 8 K 20.1644
Titel:

Leistungsklage, Hochschulbibliothek, Bibliotheksordnung, Corona-Schutzmaßnahmen, Rückgabe entliehener Medien über Rückgabekasten, kein Anspruch auf Rückgabe am Tresen, Erteilung einer Quittung auf Verlangen bei der Bücherrückgabe, fehlendes Rechtsschutzbedürfnis

Normenketten:
VwGO § 88
ABOB § 18 Abs. 1
ABOB § 18 Abs. 2
BGB § 368 S. 1
Schlagworte:
Leistungsklage, Hochschulbibliothek, Bibliotheksordnung, Corona-Schutzmaßnahmen, Rückgabe entliehener Medien über Rückgabekasten, kein Anspruch auf Rückgabe am Tresen, Erteilung einer Quittung auf Verlangen bei der Bücherrückgabe, fehlendes Rechtsschutzbedürfnis
Fundstelle:
BeckRS 2021, 19926

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Möglichkeit der Bücherrückgabe am Tresen der Bibliothek der Beklagten und den Erhalt einer Quittung.
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1. Der Kläger ist externer Nutzer (kein immatrikulierter Studierender bzw. kein sonstiges Mitglied der Hochschule) der Bibliothek der Beklagten in Sch..
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Aufgrund der geltenden Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie regelte die Beklagte für die Medienrückgabe vor Ort: „Rückgabe von Medien bitte ausschließlich kontaktlos über die Bücherrückgabekästen. Die Medien werden um einen Tag verzögert gebucht.“
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Im September 2020 wollte der Kläger an der Ausleih-/Rückgabetheke der Bibliothek ein entliehenes Buch zurückgeben. Dort wurde ihm von einer Mitarbeiterin das Prozedere der Buchrückgabe während der Coronazeit erklärt, wonach zunächst der Ausweis gezeigt werden müsse, um das Konto zu prüfen und dann die Bücher in den Rückgabekasten zu werfen.
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2. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2020, bei Gericht eingegangen am 30. Oktober 2020, erhob der Kläger Klage und beantragte,
die Bibliothek dazu zu verurteilen, dass eine ordnungsgemäße Rückgabe ab sofort wieder möglich ist.
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Zur Begründung führte der Kläger im Wesentlichen aus: Die „neuen Coronaregeln“ der Bibliothek würden einige Fragen und Probleme aufwerfen: Beschädigung von Büchern durch das Einwerfen; wichtige Zettel (v.a. bei Fernleihen) würden aus den Büchern fallen, wodurch eine ordnungsgemäße Zuordnung erschwert oder gar unmöglich würde; der Kasten befinde sich außerhalb der Bibliothek in einem Gang und könne von jeder beliebigen Person manipuliert werden; es gebe keinen Beleg oder Nachweis, dass ein Buch zurückgegeben worden sei; etc.). Vor allem der fehlende Beleg oder Beweis für die ordnungsgemäße Rückgabe eines Buches stelle ein fundamentales Problem für den Rückgebenden dar. Bereits mehrmals sei bei der Bibliothek ein zurückgegebenes Buch als noch ausgeliehen geführt und angemahnt worden. Trotz Corona-Pandemie wäre eine Rückgabe an der Theke problemlos möglich. Jede Bank, jede Post, jeder Handwerker, jedes Geschäft beweise, dass es möglich sei, an einem Schalter (Kasse, Theke) etwas abzugeben oder entgegenzunehmen. Er habe das Recht auf einen Beleg (Quittung, etc.). Dieses Recht stehe seit etwa 150 Jahren im Gesetz.
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Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2021 erklärte der Kläger ergänzend, Auslöser sei ganz sicher nicht eine grundsätzliche Kritik an Corona-Schutzmaßnahmen gewesen. Er fordere weiterhin eine Quittung für ausgeliehene und rückgegebene Bücher. Das Recht auf eine Quittung stehe seit etwa 150 Jahren im Gesetz. Die Möglichkeit zur Rückgabe durch einen Kasten oder auch per Post gäben ihm keinen Nachweis, dass ein Buch wirklich zurückgegeben worden sei. Falls ein wirklich in den Kasten geworfenes Buch nicht als angekommen und zurückgegeben gebucht werde, stehe er in der Haftung.
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Mit Schriftsatz vom 17. November 2020 führte die Beklagte zur Begründung der Klageerwiderung im Wesentlichen aus: Die vom Kläger angesprochene Maßnahme des Einsatzes eines Rückgabeautomaten werde vom Deutschen Bibliotheksverband empfohlen. Der Kläger habe sich geweigert, die für die Medienrückgabe vor Ort aufgestellten Bücherrückgabekästen zu verwenden und habe auf eine Rückgabe am Tresen in der Bibliothek bestanden. Er sei dabei jeweils aggressiv und beleidigend aufgetreten. Des Weiteren habe der Kläger eine Quittung über die zurückgegebenen Medien gefordert. Auf die Bibliothek finde die Allgemeine Benützungsordnung Staatlicher Bibliotheken (ABOB) Anwendung. Sie sei an den BibliotheksVerbund Bayern angegliedert, der eine spezielle Software zur Verfügung stelle. Jeder Benutzer der Bibliothek habe ein persönliches Online-Konto, auf dem die entliehenen Medien angezeigt würden. Durch den Scan zurückgegebener Medien durch Beschäftigte der Hochschule würden diese Medien aus der Liste der entliehenen Medien des jeweiligen Benutzers unwiederbringlich gelöscht. Das Konto könne jederzeit vom jeweiligen Benutzer eingesehen werden. Ein erneutes Buchen auf das Konto als erneutes Entleihen würde automatisch ein neues Entleihdatum und Leihfristende dokumentieren. Die Möglichkeit, einen Bon auf Thermopapier über das zurückgegebene Medium vor Ort zu erhalten, sei grundsätzlich über das System abbildbar, aber nur in der Weise, dass entweder für sämtliche Nutzer an allen Standorten der Bibliothek ein Bon gedruckt oder dass nie ein Bon gedruckt werde. Eine individuelle Auswahl bestehe nur, wenn der Benutzer es vor Abschluss des Buchungsvorganges kundtue. Dies habe der Kläger nicht getan, sondern erst nachdem sein Konto wieder geschlossen gewesen sei. Die Auswahl „nie Bon drucken“ sei gewählt worden, da die Beklagte den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie dem Gebot der Nachhaltigkeit unterliege und zudem, um Schmierinfektionen durch die Übergabe von Quittungen in Papierform zu vermeiden. Dem Kläger sei am 18. September 2020 angeboten worden, dass er die Ansicht seines Kontos vom Bildschirm der Bibliotheksmitarbeiter abfotografieren könne. Ein Ausdruck sei technisch nachträglich leider nicht möglich. Der Vortrag des Klägers, es sei bereits mehrfach bei der Bibliothek ein zurückgegebenes Buch als noch ausgeliehen geführt und angemahnt worden, werde ausdrücklich bestritten. Im Zeitpunkt der Rückbuchung des Werkes sei der entsprechende Eintrag systemseitig unwiederbringlich gelöscht und könne ohne Eintrag eines neuen Aus- und Rückgabedatums nicht wieder gebucht werden. Nach der Rückgabe am 18. September 2020 sei das Konto des Klägers komplett entlastet gewesen. Neue Medien seien seitdem von ihm nicht mehr entliehen worden. Dem Kläger fehle hinsichtlich des Begehrens der Möglichkeit der Medienrückgabe am Bibliothekstresen die Klagebefugnis, da er keinen Anspruch auf eine Ausgestaltung der Medienrückgabe nach seinen Wünschen geltend machen könne. Auch hinsichtlich des Begehrens auf Erteilung einer Quittung bestehe aktuell kein Anspruch, da der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung keine Medien entliehen habe und auch in nächster Zeit nicht entleihen könne, da gegen ihn ein zeitlich befristetes Hausverbot erlassen worden sei. Es fehle zudem das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, welches entfalle, wenn sich die Rechtsstellung des Klägers im Falles des Erfolgs nicht verbessern würde. Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 5 ABOB könne für jedes zurückgegebene Werk eine Quittung verlangt werden. Bei dem Begriff der Quittung könne mangels vergleichbarer Interessenlage nicht in analoger Anwendung des § 368 BGB auf das Schriftformerfordernis abgestellt werden. Die Schriftform solle im Rechtsverkehr insbesondere Beweis dafür erbringen, dass die abgegebene Erklärung auch tatsächlich vom Aussteller stamme. Im Rahmen des computergestützten Bibliothekssystems sei es Ausleihenden jederzeit möglich, den Stand ihrer persönlichen Nutzerkonten zu überprüfen. Durch die Angabe, dass das Konto keine Einträge zu einem bestimmten Medium enthalte (und somit entlastet sei), werde den Ausleihenden quittiert, dass das entsprechende Medium nicht mehr zurückgegeben werden müsse. Da das System nur von Beschäftigten in den Bibliotheken bedient werden könne, bestehe kein Zweifel an der Beweiswirkung. Zudem sei eine Medienrückgabe am Tresen nicht vorher bei der zuständigen Behörde beantragt worden. § 18 ABOB regle die Rückgabe entliehener Werke. Vorgaben, wie die Staatlichen Bibliotheken die Rückgabe vor Ort konkret zu gestalten hätten, würden nicht existieren. Aufgrund der aktuellen Covid-19-Pandemie sei das Rückgabesystem insbesondere an dem Schutz der höherrangigen Rechtsgüter Leben und Gesundheit der am Rückgabevorgang Beteiligten zu messen. Ein solches habe die Beklagte eingerichtet. Dem Kläger sei sowohl die Rückgabe vor Ort gem. § 18 Abs. 1 ABOB als auch die Rückgabe auf dem Postweg gem. § 18 Abs. 2 ABOB möglich. Die Bücherrückgabekästen seien so gestaltet, dass der Einwurf von Büchern abgefedert werde. Sollte es dennoch zu einer unverschuldeten Beschädigung der entliehenen Medien im Rahmen eines ordnungsgemäßen Einwurfs kommen, so habe der Kläger ohnehin nach den gesetzlichen Regelungen keinen Schadensersatzanspruch zu befürchten. Auch die Gefahr einer erschwerten Zuordnung von Büchern durch Herausfallen wichtiger Zettel (v.a. zur Dokumentation bei Fernleihen) bestehe nicht, da die entliehenen und zurückgegebenen Medien durch den Scan bzw. bei Fernleihen über einen zentralen Fernleihserver durch das Bibliothekspersonal eindeutig zugeordnet werden könnten. Die Buchrückgabekästen bestünden aus massivem Metall und befänden sich innerhalb der Gebäude der Hochschule an gut einsehbaren Standorten, so dass keine Gefahr der Manipulation bestehe. Einem möglichen Anspruch auf Erteilung einer Quittung gem. § 18 Abs. 1 Satz 5 ABOB sei bereits durch die jederzeitige Möglichkeit zur Einsichtnahme in das persönliche Nutzerkonto Genüge getan. Ein Anspruch auf Erteilung dieser Quittung in Schriftform bestehe nicht. Ebenso wenig bestehe ein Anspruch auf Ausstellung einer Quittung exakt in dem Moment, in dem der Entleiher die Medien aus seinem Machtbereich gebe.
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Mit Beschluss vom 29. April 2021 (W 8 K 20.1644) lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Vorlage der erforderlichen Unterlagen ab.
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3. In der mündlichen Verhandlung am 21. Juni 2021 ist für den Kläger niemand erschienen.
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Der Beklagtenvertreter beantragte,
die Klage abzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Bei verständiger Würdigung (§ 88 VwGO) des Vorbringens des Klägers und des gestellten Antrags ist sein Klagebegehren dahingehend auszulegen, dass er die Verurteilung der Beklagten beantragt, dem Kläger zukünftig die Bücherrückgabe am Tresen in der Bibliothek der Beklagten zu ermöglichen und ihm künftig auf Verlangen eine Quittung über die erfolgte Bücherrückgabe auszustellen. Angesichts der Antragsformulierung „ab sofort“ ist davon auszugehen, dass sich der Klageantrag, insbesondere das Begehren einer Quittung, nicht auf das im September 2020 in der Bibliothek der Beklagten zurückgegebene Buch bezieht, sondern allgemein für zukünftige Bücherrückgaben in der Bibliothek.
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Die so verstandene Klage, über die entschieden werden konnte, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erschienen sind (§ 102 Abs. 2 VwGO), hat keinen Erfolg. In Bezug auf die begehrte Ermöglichung der Bücherrückgabe am Tresen der Bibliothek ist die Klage jedenfalls unbegründet. Hinsichtlich des Klagebegehrens auf Erhalt einer Quittung ist er bereits unzulässig.
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Statthafte Klageart ist vorliegend die allgemeine Leistungsklage. Bei der begehrten Quittung handelt es sich nach der Legaldefinition in § 368 Satz 1 BGB um ein schriftliches Empfangsbekenntnis und damit mangels Regelungswirkung nicht um einen Verwaltungsakt i.S.v. Art. 35 BayVwVfG.
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1. Hinsichtlich der auf die Ermöglichung der Bücherrückgabe am Tresen der Bibliothek gerichteten Klage bestehen bereits Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit, jedenfalls ist sie unbegründet.
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Die auch bei der Leistungsklage erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO analog ist insoweit zu bejahen. Aus dem klägerischen Vorbringen ist ersichtlich, dass mit der Rückgabe am Tresen das Interesse verbunden ist, unmittelbar vor Ort nachweisen zu können, dass das rückgegebene Buch unbeschädigt ist, und so die Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche ihm gegenüber zu vermeiden. Insoweit ist es jedenfalls nicht offensichtlich und eindeutig, dass dem Kläger das geltend gemachte Recht nach keiner Betrachtungsweise zustehen kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, § 42 Rn. 65).
18
Fraglich ist allerdings das Vorliegen des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses, welches als Ausfluss des allgemeinen Verbots eines Rechtsmissbrauchs ungeschriebene Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Klage ist.
19
Es kann dahinstehen, ob bei einer allgemeinen Leistungsklage ein vorheriger entsprechender Antrag bei der zuständigen Behörde bzw. Stelle erforderlich ist (verneinend Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, Vorb § 40 Rn. 51; bejahend Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020, § 42 Rn. 156 m.w.N.). Denn der Kläger bestand bei der Bücherrückgabe im September 2020 in der Bibliothek der Beklagten auf eine Rückgabe am Tresen, was ihm aber unter Hinweis auf die infolge der Corona-Pandemie festgelegten Vorgaben für die Medienrückgabe verweigert wurde. Es ist davon auszugehen, dass auch auf einen ausdrücklichen Antrag des Klägers eine entsprechende Reaktion der Beklagten erfolgen würde.
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Der Kläger hat allerdings zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt nach Aussage des Beklagtenvertreters bei der Bibliothek kein Buch mehr entliehen, so dass es deshalb am Rechtsschutzbedürfnis fehlen könnte. Angesichts der im Entscheidungszeitpunkt weiterhin geltenden Regelungen für die Bücherrückgabe - ausschließlich kontaktlos über den Bücherrückgabekasten - droht jedoch bei einer neuen Ausleihe und anschließenden Rückgabe eines Buches erneut die Verweigerung der Annahme dieses Buchs am Tresen durch Bibliotheksmitarbeiter und der Verweis auf die Rückgabe über den dafür vorgesehenen Kasten. Gegen den Kläger besteht derzeit auch kein Hausverbot, so dass in Bezug auf die begehrte Bücherrückgabe am Tresen grundsätzlich vorbeugender Rechtsschutz in Betracht kommen könnte (Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, Vorb § 40 Rn. 35; vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 43 Rn. 126 ff.). Das Rechtsschutzbedürfnis müsste in diesem Fall aber in der Weise qualifiziert sein, dass ein Abwarten mit für den Kläger unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (vgl. hierzu Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 40 Rn. 25 m.w.N.), was hier fraglich erscheint.
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Die Frage des Vorliegens des Rechtsschutzbedürfnisses kann im Ergebnis jedoch dahinstehen, da die Klage insoweit jedenfalls unbegründet ist.
22
Denn für das Begehren der Ermöglichung der Bücherrückgabe am Tresen ist eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich.
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Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ABOB ist das entliehene Werk spätestens am Tag des Ablaufs der Leihfrist unaufgefordert an der zuständigen Ausleihstelle zurückzugeben. Ein Anspruch auf Rückgabe am Tresen der konkreten Ausleihstelle ergibt sich daraus jedoch nicht. Die Modalitäten der Rückgabe sind nicht gesetzlich festgelegt.
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Gegen das von der Beklagten im Rahmen der Festlegung von Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie festgelegte Rückgabesystem bestehen keine Bedenken. Die Rückgabe vor Ort nach § 18 Abs. 1 ABOB ist über Bücherrückgabekästen möglich. Daneben besteht auch die Möglichkeit der Rückgabe auf dem Postweg gem. § 18 Abs. 2 ABOB.
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Die Regelungen der Beklagten für die Medienrückgabe im Zuge der Corona-Pandemie, dass die Rückgabe von Medien ausschließlich kontaktlos über die Bücherrückgabekästen erbeten wird (s. Bl. 1 der Behördenakte), ist nicht zu beanstanden. In § 2 Satz 1 der 13. BayIfSMV (Dreizehnte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung) ist das Gebot der Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 m zu anderen Personen festgelegt. Nach § 24 der 13. BayIfSMV können Bibliotheken und Archive unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 geöffnet werden. Hiernach ist u.a. ein Schutz- und Hygienekonzept auszuarbeiten. Dem ist die Beklagte nachgekommen. Die Festlegung von Desinfektionsmaßnahmen für Rückgabeautomaten und damit die Möglichkeit von deren Nutzung ist auch in den Empfehlungen des Deutschen Bibliotheksverbands für die Wiedereröffnung von Bibliotheken (Stand: 23. April 2020) aufgeführt.
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Bezüglich des klägerischen Vorbringens, die Bücher könnten durch das Einwerfen in den Rückgabekasten beschädigt werden, wurde durch den Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung überzeugend vorgetragen, dass der Einwurf der Bücher abgefedert werde und eine Beschädigung von Büchern hierbei so gut wie ausgeschlossen sei.
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Entgegen den Bedenken des Klägers ist nach dem Vorbringen der Beklagten auch eine Zuordnung der Bücher über den Scan bzw. eine Zentralen Fernleihserver eindeutig möglich. Ebenso wenig bestehen für die Möglichkeit einer Manipulation des Bücherrückgabekastens konkrete Anhaltspunkte.
28
Ein Anspruch des Klägers auf Rückgabe entliehener Medien am Tresen der Bibliothek der Beklagten ist unter Berücksichtigung sämtlicher vorgebrachter Bedenken des Klägers nicht gegeben.
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2. Der Antrag auf Verurteilung der Beklagten, künftig auf Verlangen eine Quittung über die erfolgte Bücherrückgabe auszustellen, ist schon unzulässig.
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Zwar ist insoweit die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO analog zu bejahen. Als Anspruchsgrundlage kommt § 18 Abs. 1 Satz 5 ABOB in Betracht, wonach für jedes zurückgegebene Werk eine Quittung verlangt werden kann.
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Allerdings ist das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis nicht gegeben.
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Der Kläger hat im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt aktuell bei der Bibliothek der Beklagten kein Buch mehr entliehen. Auf die Frage, ob insofern vorbeugender Rechtsschutz in Betracht kommt, kommt es hier nicht entscheidungserheblich an, da das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers schon aus einem anderen Grund zu verneinen ist.
33
Denn es fehlt am Rechtsschutzbedürfnis insbesondere dann, wenn das Klagebegehren auf einfachere und näherliegende Weise erreicht werden kann, wenn ein Klageerfolg die Rechtstellung des Klägers nicht verbessert oder wenn es ihm auf diesen gar nicht mehr ankommt (Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, Vorb § 40 Rn. 48; Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, vor §§ 40 bis 53 Rn. 11 ff. m.w.N.). Ob dem Kläger ein solches Rechtsschutzbedürfnis zusteht, ist von Amts wegen in jeder Lage des Prozesses zu prüfen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, vor § 40 bis 53 Rn. 11 ff.).
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Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass eine Quittung ausgestellt werden könne, wenn dies bei der Bücherrückgabe rechtzeitig verlangt werde. Im Fall der Rückgabe über die Einwurfbox könne der Kläger einen Zettel an das Buch hängen und so eine Quittung verlangen. Dies sei dann so ähnlich wie beim Postversand gemäß § 18 Abs. 2 Satz 3 ABOB. Gegebenenfalls könne aber eine Quittung auch vor Ort übergeben werden. Es ist dem Kläger damit möglich, entsprechend der Regelung in § 18 Abs. 1 Satz 5 ABOB für jedes zurückgegebene Werk auf Verlangen eine Quittung zu erhalten. Der Kläger ist darauf zu verweisen, dass er sein Begehren auf einem anderen Weg schneller und leichter durchsetzen kann als durch die gegenständliche Klage.
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Die Klage ist insoweit unzulässig.
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3. Nach alledem hat die Klage insgesamt keinen Erfolg.
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Die Kostenentscheidung des gerichtlichen Verfahrens beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.