Titel:
Zwangsgeld wegen Zweckentfremdung von Wohnraum
Normenketten:
BayVwZVG Art. 31, Art. 36, Art. 37 Abs. 4
ZwEWG Art. 1, Art. 3
Leitsatz:
Bei der Pflicht zur Beendigung einer Zweckentfremdung von Wohnraum handelt es sich vollstreckungsrechtlich um eine Unterlassungspflicht. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zweckentfremdung von Wohnraum, Nutzungskonzept Kurzzeitvermietung durch gewerblichen Zwischenmieter, Projektbezogene Wohnnutzung/Arbeiterunterkunft, Fälligerklärung Zwangsgeld und erneute Zwangsgeldandrohung, Zwangsgeld, Fälligerklärung, Wohnraum, Zweckentfremdung, Unterbringung von Medizintouristen, Ferienwohnungsnutzer, Fremdenbeherbergung, Kurzzeitvermietung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 19922
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die Fälligerklärung des Zwangsgeldes in Höhe von 5.000 Euro und die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes in Höhe von 10.000 Euro mit Fälligkeitsmitteilung/Bescheid der Beklagten vom 12. August 2020.
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Bescheidsobjekt ist ein Wohnhaus als Teilbereich eines größeren zusammenhängenden Gebäudekomplexes in der P.str. … in M. … (vgl. Bl. 1 ff. der BA). Das Bescheidobjekt ist entsprechend den vorgelegten Planunterlagen vom 10. August 1988 baurechtlich als Wohnraum ausgewiesen. Das Wohnhaus verfügt nach den genehmigten Plänen über 3,5 Zimmer, Küche, Essplatz, Diele, Bad, WC, Flur und Balkon mit einer Gesamtwohnfläche von ca. 85,40 qm ohne Balkon.
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Das streitgegenständliche Objekt steht im Eigentum von Herrn und Frau J. (Bl. 27 BA). Der Kläger ist Mieter des streitgegenständlichen Objekts. Mit Mietvertrag vom 3. Mai 2016 hat der Kläger damals als Betreiber einer Full-Service-Agentur … … das Anwesen voll möbliert und ausgestattet ab 4. Mai 2016 von dem Eigentümer Herrn J. gemietet (Bl. 46 ff. BA). Ausweislich § 2 des Mietvertrages endete das Mietverhältnis am 30. April 2017. Zwischen dem Kläger und dem Eigentümer des streitgegenständlichen Objekts wurde das Mietverhältnis in der Folge in gegenseitigem Einvernehmen durch mündliche Vereinbarung verlängert. Eine mündliche Zustimmung zur Untervermietung wurde dem Kläger gegenüber erteilt.
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Im Juni bzw. Juli 2017 erhielt die Beklagte erstmals den Hinweis, dass in dem streitgegenständlichen Anwesen der Verdacht der zweckfremden Nutzung unter Unterbringung von Medizintouristen bzw. Ferienwohnungsnutzern bestehe (Bl. 8a ff. BA).
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Die Wohnung befand sich des Weiteren auf der Kurzzeitvermietungsplattform … (Bl. 13 ff., 19 ff. BA) mit zum 2. April 2019 insgesamt 28 Bewertungen (Bl. 19a BA). Auch auf anderen Wohnungsvermittlungsplattformen war die Wohnung eingestellt worden teilweise mit Mindestmietdauer von 6 Monaten, teilweise mit einer Maximalmietdauer von 12 Monaten (Bl. 18 ff., 25 ff. BA).
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Es erfolgten Ortseinsichten durch die Beklagten am 4. April 2019, 5. Juli 2019, 25. Juli 2019 sowie 29. Juli 2019 betreffend die Nutzung des streitgegenständlichen Objekts (Bl. 21 ff, 54 ff, 69 BA).
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Nach erfolgter Anhörung forderte die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 6. August 2019 auf, die Nutzung des streitgegenständlichen Wohnraums zur Nutzung anderer als Wohnzwecken unverzüglich zu beenden (Ziffer 1) sowie den streitgegenständlichen Wohnraum wieder Wohnzwecken zuzuführen (Ziffer 2). Für den Fall, dass der Anordnung in Ziffer 1 nicht innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides Folge geleistet wird, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro angedroht (Ziffer 3). Für den Fall der Nichtbefolgung von Ziffer 2 innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Zustellung des Bescheides wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro angedroht (Ziffer 4). Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 9. September 2019 Klage erhoben (M 9 K 19.4581). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen im Urteil vom 12. März 2021 (M 9 K 19.4581) Bezug genommen.
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Auf Nachfrage der Beklagten am 22. Januar 2020 betreffend die aktuelle Nutzung des streitgegenständlichen Objekts (Bl. 121 BA) wurde seitens des Klägers ein Mietvertrag datiert auf September 2019 vorgelegt, wonach das Objekt ab 1. Oktober 2019 an sechs Personen (nach Aussage des Klägerbevollmächtigten 3 Paare) zu einer Monatsmiete von 3.490 Euro inkl. Nebenkosten sowie Internetflatrate unbefristet vermietet wurde. Das Recht zur ordentlichen Kündigung wurde bis zum 30. September 2020 ausgeschlossen. Die Mietzahlung sollten laut Vertrag über die Firma … Gebäudemanagement erfolgen. Der vorgelegte Mietvertrag enthält u.a. einen Passus, in welchem auf das Zweckentfremdungsverbot der Stadt München hingewiesen wird sowie darauf, dass Voraussetzung des Mietvertrages ein langfristiges Mietverhältnis ist und ein Wechsel der Bewohner und Mieter untersagt ist (Bl. 122 f. BA).
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Erneute Ortseinsichten erfolgten am 3. März 2020 (Bl. 131 BA) sowie am 29. Mai 2020 (Bl. 135 BA). Auf den Inhalt der insofern angefertigten Aktenvermerke der Beklagten wird Bezug genommen.
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In der Folge wurde ein Besichtigungstermin seitens der Beklagten gegenüber den in dem Objekt gemeldeten Personen für den 25. Juni 2020 festgelegt (Bl. 137 ff. BA). Eine erneute Ortseinsicht erfolgte am 25. Juni 2020, bei der niemand angetroffen werden konnte (Bl. 144 BA). Mit Bescheiden vom 29. Juni 2020 wurde eine Betretungsanordnung gegenüber den in dem Objekt gemeldeten Personen erlassen und ein Termin für den 21. Juli 2020 festgesetzt (Bl. 146 ff. BA). Eine erneute Ortseinsicht erfolgte am 21. Juli 2020, in deren Rahmen niemand angetroffen werden konnte (Bl. 162 BA). Ein erneuter Besichtigungstermin wurde durch die Beklagte mit Bescheiden vom 27. Juli 2020 für den 6. August 2020 festgesetzt (Bl. 163 ff. BA).
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Eine erneute Ortseinsicht erfolgte am 6. August 2020 (Bl. 196 f. BA). In diesem Zusammenhang konnte festgestellt werden, dass in dem streitgegenständlichen Objekt 10 Personen wohnten, eine Familie mit zwei Kindern (seit März 2020) sowie weitere sechs Personen. Die befragte Bewohnerin führte aus, dass jedoch vier der Bewohner aktuell nicht anwesend seien, da sie in Rumänien seien. Alle anderen Bewohner seien in der Arbeit und bei der … Gebäudemanagement beschäftigt. Jede Person müsse 400 Euro bezahlen. Einen Mietvertrag hätten die Bewohner jedoch nicht, da dies alles der Arbeitgeber regle. Es erfolgte zudem eine Besichtigung des Objekts in deren Rahmen festgestellt werden konnte, dass sich jeweils zwei Bewohner ein Zimmer teilen. Es ist nur ein Badezimmer und WC vorhanden. Keiner der Bewohner war melderechtlich erfasst.
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Mit Fälligkeitsmitteilung/Bescheid vom 12. August 2020 wurde das mit Bescheid vom 6. August 2019 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro wegen Nichterfüllung der Verpflichtung, die Nutzung der streitgegenständlichen Wohneinheit zum Zwecke der Fremdenbeherbergung zu beenden, für fällig erklärt und ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro für den Fall der Nichterfüllung dieser Verpflichtung binnen drei Wochen ab Zustellung des Bescheides angedroht. Nach den Ergebnissen der Ortermittlungen sei der Kläger seiner Verpflichtung nicht nachgekommen und setze fortdauernd die zweckfremde Nutzung fort. Die Höhe des weiteren angedrohten Zwangsgeldes sei im Hinblick auf die wirtschaftlichen Interessen an der Fortdauer der Zweckentfremdung angemessen. Die Verkürzung der Frist mit Blick auf die Erfolglosigkeit der vorherigen Zwangsmittelandrohung verhältnismäßig. Auf die Ausführungen in der Fälligkeitsmitteilung/Bescheid vom 12. August 2020 wird Bezug genommen.
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Mit Schriftsatz vom 14. September 2020 erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragt,
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Es wird festgestellt, dass das mit Ziff. I des Schreibens der Beklagten vom 12.8.2020, zugegangen am 18.08.2020 fällig gestellte Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro aus dem Verwaltungsakt der Beklagten vom 6.8.2019 nicht fällig geworden ist.
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Der Bescheid der Beklagten vom 12.8.2020 (Ziff. II), mit welchem dem Kläger aufgegeben wurde, die Nutzung der Wohnung in der P. …straße …, … München, zu anderen Zwecken als Wohnzwecken zu beenden, wird aufgehoben.
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Der Bevollmächtigte des Klägers führt zur Begründung der Klage im Wesentlichen an, dass der Kläger das streitgegenständliche Objekt mit Mietvertrag vom 25. September 2019 an sechs Personen vermietet habe. Die Mietzahlungen seien durch die Firma … Gebäudemanagement erfolgt. Es handle sich bei den Mietern um Mitarbeiter der Firma …, welche aus Rumänien gekommen seien, um in München zu arbeiten. Die Bewerbung über die Firma h. … sei für einen langfristigen Mietvertrag für zwei Jahre erfolgt. Dies sei Voraussetzung gewesen, um die Wohnung überhaupt zu mieten. Die Mieter seien auch melderechtlich erfasst. Der Kläger habe die Mieter sowie die Firma … vorab über das Zweckentfremdungsverbot der Landeshauptstadt München aufgeklärt und informiert. Der Kläger habe bis zur Fälligkeitsmitteilung bzw. dem Bescheid der Beklagten vom 12. August 2020 nicht gewusst, dass die in dem Mietvertrag genannten Personen nicht mehr in dem streitgegenständlichen Objekt wohnten. Dem Kläger sei auch nicht bekannt, wo sich diese derzeit aufhielten. Er habe keinen Kontakt mit ihnen. Der Kläger habe sich sofort nach Bescheiderhalt mit dem Ansprechpartner der … in Verbindung gesetzt und von dort erfahren, dass die in dem Mietvertrag aufgeführten Bewohner schon seit Monaten nicht mehr dort wohnten und das Objekt nun anderen Bewohnern zur Verfügung gestellt wurde. Das habe der Kläger nicht gewusst. Auf Druck des Klägers sei das Objekt zum Ende August 2020 geräumt worden. Die Fälligkeitsmitteilung/der Bescheid vom 12. August 2020 sei rechtswidrig, da schon keine Anhörung vor Bescheidserlass erfolgt sei. Auch materiell sei das Handeln der Beklagten rechtswidrig, da den Kläger kein Verschulden treffe. Der Kläger habe sich in der Vergangenheit immer kooperativ gezeigt. Die Beklagte hätte dem Kläger die Gelegenheit geben müssen, ohne Festsetzung eines Zwangsgeldes die Umstände zu bereinigen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger von dem Bewohnerwechsel nichts wusste. Die Höhe des Zwangsgeldes sei nicht nachvollziehbar und lediglich floskelhaft begründet. Soweit die Beklagte meine, der Kläger hätte sich regelmäßig betreffend das Objekt erkundigen müssen und so „präventiv“ Zweckentfremdung vorbeugen müssen sei dies abwegig, praxisfern und mietrechtlich nicht zulässig. Auch der Grundverwaltungsakt sei rechtswidrig, weshalb auch die Mitteilung bzw. der Bescheid vom 12. August 2020 nicht haltbar sei. Eine Bewerbung des Objekts im Mai und August 2020 sei zum einen aus Gründen der Marktanalyse erfolgt, zum anderen habe es Zahlungsverzögerungen durch den Mieter gegeben, weshalb der Kläger beabsichtigt habe, diesem zu kündigen.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Klage sei unbegründet, da das Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro fällig geworden und die Zweckentfremdung ausweislich der Ergebnisse der Ortsermittlungen nicht beendet worden sei. Daher sei auch die erneute Zwangsgeldandrohung rechtmäßig erfolgt. Die streitgegenständliche Wohnung werde nach wie vor zum lediglich vorübergehenden Unterkommen von Personen genutzt, die sich insbesondere häufig zum Zwecke eines vorübergehenden Arbeitseinsatzes in München aufhalten. Eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit werde durch die Bewohner nicht begründet. Die in dem Mietvertrag angegeben Bewohner wohnten seit ca. März 2020 nicht mehr in der streitgegenständlichen Wohnung. Die Wohnung sei somit lediglich für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten durch die angegebenen Mieter genutzt worden. Überdies sei die Wohnung im Mai 2020 und August erneut über das Internetportal … zur Miete angeboten worden mit einer Mindestmietdauer von sechs Monaten. Der angebotene Mietpreis habe 3.390 Euro betragen (Bl. 134 und 195 BA). Eine erneute Anhörung des Klägers sei über die Anhörung vor Erlass des Grundbescheides hinaus nicht erforderlich gewesen. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes orientiere sich im Übrigen am wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Zweckentfremdung unter Berücksichtigung des erhöhten Bedarfs an familiengerechtem Wohnraum in der Landeshauptstadt und dem damit verbundenen öffentlichen Interesse an der Rückführung desselben zum allgemeinen Wohnungsmarkt. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass die Verhängung eines Zwangsgeldes verschuldensunabhängig sei. Im Übrigen sei es Aufgabe des Klägers gewesen unter den vorgelegten Umständen sich in angemessenen Abständen über die tatsächliche Nutzung der Wohnung zu erkundigen dies insbesondere mit Blick darauf, dass die Mietzahlung durch die Firma … erfolgte und seitens der Mieter nach den Ermittlungen der Beklagten keine Mietkaution erfolgt sei.
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Am 12. März 2020 fand mündliche Verhandlung statt; auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten in diesem sowie im eingestellten Verfahren M 9 S 20.4339 sowie die Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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1. Die Anfechtungsklage gegen Ziffer II des streitgegenständlichen Bescheids vom 12. August 2020 ist als Anfechtungsklage gegen die in Ziffer II festgesetzte Zwangsgeldandrohung zu verstehen, § 88 VwGO. Die Klage ist jedoch bereits unzulässig. Die Beklagte hat ausweislich der schriftsätzlichen Ausführungen sowie der Einlassung in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass das angedrohte Zwangsgeld nicht vollstreckt werde. Das Rechtsschutzbedürfnis gegen diese Zwangsgeldandrohung ist mithin entfallen. Eine Umstellung der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage in einer Fortsetzungsfeststellungsklage ist weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung erfolgt.
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2. Die im Übrigen erhobene Feststellungsklage ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.
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Das in Ziffer 3 des Bescheides vom 6. August 2019 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro ist fällig geworden. Der Kläger war damit zur Zahlung verpflichtet. Die entsprechende Mitteilung der Beklagten vom 12. August 2020 (Ziffer I.) geht daher zu Recht von der Fälligkeit es Zwangsgeldes aus.
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Eine erneute Anhörung gemäß Art. 28 BayVwVfG mit Blick auf die Fälligkeitsmitteilung durch die Beklagte am 12. August 2020 war entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten nicht erforderlich, da es sich bei der Fälligkeitsmitteilung schon nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Die Fälligkeit tritt kraft Gesetzes ein, Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG.
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Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen lagen ebenfalls vor. Der Grundverwaltungsakt vom 6. August 2019 war wirksam. Die aufschiebende Wirkung wurde nicht angeordnet. Die sofortige Vollziehung der im Bescheid vom 6. August 2019 festgesetzt Unterlassungspflicht ergibt sich aus Art. 3 Abs. 3 ZwEWG. Ohne dass es im Vollstreckungsrecht darauf ankäme, war der Grundverwaltungsakt auch rechtmäßig (M 9 K 19.4581).
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Der Nichteintritt der Fälligkeit des angedrohten Zwangsgeldes hätte vorausgesetzt, dass die Nutzung zu Zwecken der Fremdenbeherbergung bzw. Kurzzeitvermietung innerhalb von 4 Wochen ab Zustellung des Grundbescheids beendet wird, Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG.
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Dies ist nicht der Fall. Der Kläger ist seiner Pflicht, die zweckfremde Nutzung des Objekts in Form der gewerblichen Fremdenbeherbergung bzw. Kurzzeitvermietung zu unterlassen und sein Nutzungskonzept als gewerblicher Zwischenvermieter aufzugeben nicht nachgekommen.
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Die Zustellung des Grundbescheides erfolgte ausweislich der Postzustellungsurkunde am 14. August 2019 an den Bevollmächtigten des Klägers (Bl. 78 BA). Der Kläger hätte die zweckfremde Nutzung des streitgegenständlichen Objekts bis spätestens Ende September 2019 beenden müssen. Die gesetzte Frist war auch nicht unverhältnismäßig. Auf die Ausführungen im Urteil zum Verfahren M 9 K 19.4581 wird Bezug genommen. Zwar sind die britischen Bewohner nach eigenem und unbestrittenen Vortrag des Klägerbevollmächtigten Ende September 2019 aus dem Objekt ausgezogen und wurde seitens des Klägers mit Schreiben vom 5. Februar 2020 auf Nachfrage der Beklagten ein unbefristeter Mietvertrag beginnend ab dem 1. Oktober 2019 mit sechs Mietern vorgelegt, welche ausweislich der vorgelegten Behördenakten auch melderechtlich erfasst waren. Bestätigt durch die umfangreichen Ermittlungen der Beklagten und den Einlassungen in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2021 wurde die zweckfremde Nutzung des Hauses jedoch zu keinem Zeitpunkt nachhaltig beendet. Denn maßgeblich ist insofern darauf abzustellen, dass der Kläger das von ihm gelebte Nutzungskonzept, als gewerblicher Zwischenvermieter Wohnraum für zweckgebundene, vorübergehende Aufenthalte zur Verfügung zu stellen, zu keinem Zeitpunkt dauerhaft aufgegeben hat. Zudem ist er der ihm insofern obliegenden Pflicht, eine Dauerwohnnutzung sicherzustellen nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die umfangreiche Begründung der Beklagte im Bescheid vom 12. August 2020 Bezug genommen. Ergänzend gilt Folgendes:
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Auch zum maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeitsmitteilung bzw. des Bescheiderlasses war das Nutzungskonzept des Klägers weder erkennbar und nachprüfbar darauf ausgerichtet eine dauerhafte Verlegung des Lebensmittelpunktes der Bewohner zu erzielen noch ist der Kläger in ausreichendem Maße seiner Verpflichtung nachgekommen, eine dauerhafte Verlegung des Lebensmittelpunktes der Mieter sicherzustellen. Unter Berücksichtigung der schriftlichen Einlassungen des Klägerbevollmächtigten sowie dem Eindruck, den das Gericht in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2021 gewinnen konnte, kommt das Gericht schon zu dem Schluss, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt von seinem Nutzungskonzept als gewerblicher Zwischenvermieter für zweckgebunden entstehenden Wohnraumbedarf Abstand nehmen wollte. Dies wird auch durch die bei den Ortseinsichten tatsächlich vorliegenden Umstände bestätigt, wonach offensichtlich und auch seitens des Klägers unbestritten innerhalb weniger Monate kurzfristige Bewohnerwechsel stattgefunden haben und eine Arbeiterunterkunft für ausländische Mitarbeiter der Firma … etabliert wurde, welche sich größtenteils untereinander nicht kannten. Dass die tatsächliche Nutzung des Objekts dem Zweckentfremdungsrecht zuwiderlief war und ist ausweislich der vorgelegten Akten mithin unstreitig. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kläger mit Abschluss des Mietvertrages datiert auf den 25. September 2019 objektspezifisch Dauerwohnen ermöglichen wollte, so ist er seiner Pflicht, im Rahmen seines Nutzungskonzepts die dauerhafte Verlegung des Lebensmittelpunktes der Bewohner soweit wie möglich sicherzustellen, nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Kläger im Unterschied zu vorherigen Mietverträgen in dem vorgelegten Mietvertrag datiert auf den 25. September 2019 dieses mit den Mietern unbefristet geschlossen hat, das ordentliche Kündigungsrecht zeitweise ausgeschlossen hat, festgeschrieben ist, dass eine Untervermietung sowie ein Wechsel der Bewohner nicht erlaubt ist und auf das Zweckentfremdungsverbot der Landeshauptstadt München sowie die Meldepflicht der Bewohner hingewiesen hat. Das konkrete Nutzungskonzept des Klägers, die von ihm festgelegten Rahmenbedingungen und seine Stellung als gewerblicher Zwischenvermieter begründen jedoch nach wie vor eine hinreichende Nähe zur Gefahr der fortwährenden Zweckentfremdung, die auch nicht aufgrund eines rein formal festgeschriebenen Verbots der zweckfremden Nutzung im Untermietvertrag entfällt. Die seitens des Klägers ergriffenen, im Ergebnis rein formalen Maßnahmen reichen nach Auffassung der Kammer nach wie vor nicht aus, um den Sicherstellungspflichten insbesondere mit Blick auf die bereits nach außen erkennbaren Umstände (Miethöhe, Zahlung der Miete durch den Arbeitgeber, sechs Personen, wenn auch Paare, in einem ca. 130 qm Wohngebäude) und die Objekthistorie nachzukommen. Bereits der Umstand, dass die Miete für das Objekt mit 3.490 Euro im obersten Bereich angesiedelt ist und die Bezahlung derselben durch den Arbeitgeber der Mieter erfolgt ist, ist Anzeichen genug dafür, dass betreffend die Objektnutzung kurzfristigem und erhöhtem Wechselbedarf nachgekommen werden sollte bzw. ein solcher mit gewisser Wahrscheinlichkeit im Raum stand. Es wäre im Übrigen Aufgabe des Klägers gewesen, die Parameter und Konditionen der Vermietung derart zu gestalten, dass sich Personen, die planen, ihren Lebensmittelpunkt auf Dauer und im Sinne einer „Heimstatt im Alltag“ zu begründen, durch das Nutzungskonzept des Klägers angesprochen fühlen. Dies hat der Kläger weder sichergestellt noch hat er im Rahmen der Nutzung durch die Bewohner eine Überprüfung vorgenommen, dass das Objekt weiterhin durch die angegebenen und gemeldeten Mieter genutzt wird. Nicht nachvollziehbar sind dabei die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten, der Kläger habe nicht überprüfen können und dürfen, ob die genannten Mieter nach wie vor in dem Objekt wohnen. Die angegebenen Einzelpersonen waren Partei des Mietvertrages. Ausweislich des Mietvertrages steht dem Kläger unter 7. ein Betretungsrecht mit Blick auf das Mietobjekt zu (Bl. 122b BA). Dem Kläger steht ausweislich des Mietvertrages sogar ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zu, sollte das Objekt vertragswidrig genutzt werden (2.2. des Mietvertrages). Allein deshalb muss er die Nutzung des Objekts überprüfen können. Darüber hinaus war dem Kläger bekannt, dass ein zweckentfremdungsrechtliches Verfahren nach wie vor im Raum stand. Es hätte für den Kläger naheliegen und auch in seinem Interesse sein müssen, die Dauerwohnnutzung mit Blick auf das streitgegenständliche Objekt zu überprüfen, so er eine solche mit dem Abschluss des Mietvertrages von vornherein angestrebt hat.
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Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass es im Rahmen von sicherheitsrechtlichen Anordnung und in diesem Zusammenhang stehenden Vollstreckungshandlungen nicht auf ein Verschulden des in Anspruch genommenen Störers ankommt. Sinn und Zweck etwaiger Anordnungen und damit verbundenen Zwangsgeldern ist die Abwehr der Gefahr für eine ausgeglichene Wohnraumbilanz und den allgemeinen Wohnungsmarkt. Um dieser Gefahr zu begegnen, wäre es Aufgabe des Klägers gewesen, den Nachweis zu erbringen, dass bereits das von ihm verwirklichte Nutzungskonzept erkennbar und nachprüfbar auf eine dauerhafte Verlegung des Lebensmittelpunktes ausgelegt ist und diese auch durch entsprechende Rahmenmaßnahmen sichergestellt wird. Dies hat der Kläger nicht getan (s.o).
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Dass die Bewohner des Objekts noch im August 2020 nach Bescheiderlass ausgezogen sind und der Wohnraum inzwischen nach unstreitigem Vortrag der Beteiligten dauerhaft vermietet ist, schadet mit Blick darauf, dass es sich bei der Pflicht zur Beendigung der Zweckentfremdung vollstreckungsrechtlich um eine Unterlassungspflicht handelt (z.B. BayVGH, B.v. 12.8.2017 - 12 CS 17.1544 - juris) nicht, Art. 37 Abs. 4 VwZVG.
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Nach alledem wird die Klage abgewiesen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.