Titel:
Erfolglose Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung für ein Hotel
Normenketten:
BauNVO § 15 Abs. 1 S.2
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
BayBO Art. 68 Abs. 4
Leitsätze:
1. Die Baugenehigung wird gem. Art. 68 Abs. 4 BayBO unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt. Das bedeutet, dass über die Vereinbarkeit privater Rechte Dritter mit dem Bauvorhaben im Baugenehmigungsverfahren nicht entschieden wird. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit ist keine drittschützende Regelung des Baugenehmigungsverfahrens, aufgrund derer dem Nachbarn ein Abwehrrecht gegen das Bauvorhaben zustehen könnte. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Festsetzungen des Bebauungsplans vermitteln grundsätzlich keinen Drittschutz. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
4. Das Bestimmtheitsgebot, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, wird nur dann verletzt, wenn Nachbarn nicht zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind (hier: im Fall lag wegen der einbezogenen Unterlagen – Bauvorlagen, Betriebsbeschreibung, Lärmgutachten sowie Auflagen in der Baugenehmigung – eine hinreichende Bestimmtheit vor). (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Sondergebiet Fremdenverkehr, Mittelwertbildung bei Gemengelage, Nachbarklage, Grunddienstbarkeit zur Baumbeseitigung, Bestimmtheit einer Baugenehmigung, Bebauungsplan, Drittschutz, beschränkt persönliche Dienstbarkeit, Bestimmtheit, Baugenehmigungsverfahren
Fundstelle:
BeckRS 2021, 19921
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu1 zu tragen. Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen zu 1 erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines Hotels mit Wellness und Therapie „D. … …“.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. … (Gemarkung T. …), das mit einem Einfamilienhaus bebaut ist und das sich in einem durch Bebauungsplan festgesetzten reinen Wohngebiet befindet. Das Grundstück des Klägers grenzt im Westen, getrennt durch einen Fußweg, an das Baugrundstück an.
3
Der Beigeladene zu 1 (Bauherr) ist Eigentümer des Baugrundstücks FlNr. …, das südwestlich des Grundstücks des Klägers liegt. Das Vorhabengrundstück liegt in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Sondergebiet Fremdenverkehr. Auf der Grundlage des Bebauungsplans Nr. … „W. …“ in der Fassung vom 27. April 2005 wurde mit Bescheid vom 27. April 2005 die Nutzungsänderung der früher in dem Bestandgebäude befindlichen Klinik zu einem Hotel Garni genehmigt. Mit Bescheid vom 14. September 2015 genehmigte der Beklagte einen Ersatzbau des Haupt- und Mittelgebäudes mit Modernisierung des Rückgebäudes. Aktuell ist das Baugrundstück mit dem Hotel „D. … …“ bebaut, das 43 Zimmer hat. Die Einfahrt zum Baugrundstück liegt in der Kurve der O. …-Straße nordwestlich vom Grundstück des Klägers und von diesem durch ein weiteres Grundstück getrennt. Südlich grenzt an das Grundstück des Klägers an die W. …straße, FlNr. …, die als Weg über das Grundstück des Beigeladenen zu 1. bis zum bestehenden Hotelgebäude weiterverläuft.
4
Der Kläger ist Inhaber von beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten an Teilbereichen der beidseits des Flurstücks … gelegenen FlNrn. … und …, kraft derer der Beigeladene zu 1. als Eigentümer jegliche Bebauung dieser Flächen zu unterlassen hat (notarielle Urkunde vom 13.11.2007) und verpflichtet ist, eine Teilfläche im Südosten der FlNr. … (jetzt: FlNrn. …, … und …) im Bereich des von Nord nach Süd laufenden Wanderwegs „M. … …“ von jeglicher Bepflanzung über 2 m Höhe mit Ausnahme eines Ahornbaumes freizuhalten (notarieller Kaufvertrag vom 8.1.1998; notarielle Urkunde vom 13.11.2007).
5
Der Kläger und der Beigeladene zu 1. haben einen Zivilrechtsstreit über die Verbreiterung und Ertüchtigung des Weges auf FlNr. … und der Beseitigung der Pflanzen, die höher als 2 m sind, geführt (OLG München U v. 15.5. 2019 - 13 U 613/16). Der Beigeladene zu 1. wurde dabei dazu verurteilt, die die Teilfläche auf FlNr. … betreffende Ertüchtigung des Weges rückgängig zu machen und eine Reihe von mehr als 2 m hohen Pflanzen zu beseitigen. Die Beseitigung und Kürzung der Bäume wurde dem Beigeladenen zu 1. mit Bescheid des Landratsamts vom 29.3.2019 untersagt. Der Kläger hat dagegen erfolgreich geklagt und der Bescheid wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 5. Oktober 2020 (M 19.K 191788), auf das verwiesen wird, aufgehoben.
6
Wegen des bestehenden Hotels wurden in der Vergangenheit zahlreiche Verwaltungsgerichtsverfahren als Nachbarklagen, durchgeführt, alle im Wesentlichen gestützt auf Lärm. Die Kammer hat im Zusammenhang mit Verwaltungsgerichtsverfahren wegen einer Terrasse an der Seeseite und geplanten Änderungen des Bestands zwei Augenscheintermine durchgeführt, aufgrund derer Gelände des Hotels und die Lage der Nachgrundstücke in allen Einzelheiten bekannt sind. In den diesem vorausgehenden Gerichtsverfahren der Klägerinnen und weiterer Nachbarn wurde - bestätigt durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof - festgestellt, dass für die hier vorliegende Gemengelage nach der TA Lärm die Lärmgrenzwerte eines Allgemeinen Wohngebiets maßgeblich sind, da die angrenzende Wohnbebauung zwar als faktisches reines Wohngebiet zu beurteilen ist, aber an ein Sondergebiet Fremdenbeherbergung grenzt (BayVGH, U.v.28.6.2012 - 2 B 10.788).
7
Der Bauherr hat am 17. Juni 2019 den hier verfahrensgegenständlichen Bauantrag für den Neubau eines Hotels mit 134 Gästezimmern (270 Betten) mit einer Tiefgarage für 190 Stellplätze und einem Wellnessbereich gestellt. Das Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des neuen vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Nr. … „W. …“, der am 5. Juni 2020 in Kraft getreten ist. Das gemeindliche Einvernehmen wurde am 8. Juni 2020 erteilt.
8
Ausweislich der genehmigten Bauvorlagen sind 2 Hauptgebäude und 12 Chalets geplant. In den Hauptgebäuden sollen der Wellnessbereich (E02), das Restaurant und ein Saal (E03), 24 Zimmer und Tiefgaragenplätze (E04), 30 Zimmer und Tiefgaragenplätze (E05), 1 Innenhof mit Lounge (E06), die Einfahrt und ein Gastronomiebereich sowie Zimmer (E07), 9 Bergzimmer und die Verwaltung (E08) und Personalsowie Betriebsleiterräume und weitere Zimmer (E09 und E10) entstehen. Geplant sind zwei verbundene Hauptgebäude, die an den Hang gebaut werden. Zwischen den halbrundförmig angeordneten Chalets im Süden/Südosten und den davon nördlich liegenden Hauptgebäuden befindet sich der Poolbereich. Der Haupteingang liegt im Osten auf der Ebene E07 mit Rezeption und Küchentrakt. Oberirdisch sollen nur noch drei Stellplätze für An- und Abreisende vor dem Haupteingang errichtet werden, die über die bereits bestehende (südliche) Zufahrt angefahren werden. Die neue (nördliche) Zufahrt zur Tiefgarage soll über einen öffentlich-rechtlich gewidmeten Eigentümerweg etwas oberhalb der Kurve der O. …Straße auf Höhe und gegenüber der FlNr. … führen und die jetzt südlich dieses Grundstücks verlaufende Zufahrt zum Hotelgelände ersetzen. Die Balkone/Terrassen vor den Gästezimmern und vor den Chalets sind überwiegend talseitig Richtung See nach Westen und Süden ausgerichtet. Hinsichtlich der genauen Lage und Maße wird auf die Übersichtspläne und den genehmigten Eingabeplan, Ansicht Nord und Süd sowie Ansicht Ost und West mit Fotomontage verwiesen.
9
Der Bauherr hat im Baugenehmigungsverfahren ein Betriebskonzept vom 17. Juni 2019 vorgelegt, auf das Bezug genommen wird. Danach soll ein 5 Sterne Hotel entstehen mit Hauptrestaurant, Themenrestaurant, zwei Bars, einem Veranstaltungsbereich für Tagungen, Seminare sowie Familienfeiern, zwei Hotelshops sowie einem Wellness- und Spa-Bereich mit Soft-Medicalabteilung. Alle emissionsrelevanten Aggregate und Lüftungsöffnungen der haustechnischen Anlagen und der Tiefgarage sollen auf die von der Nachbarschaft abgewandte Seite des Hotels kommen. Bei einer Vollauslastung seien rund 124 Mitarbeiter als Stammbesetzung im Schichtbetrieb tätig. Das Hauptrestaurant schließe um 22.00 Uhr. Das Themenrestaurant habe 65 Plätze und eine Terrasse mit 50 Plätzen. Es sei nur am Abend für Hotelgäste von 18.00 Uhr bis 23.00 Uhr geöffnet. Die Piano-Bar habe 80 Plätze mit einer Tanzfläche und einer Terrasse mit 50 Plätzen und sei ab 18.00 Uhr für Hotelgäste geöffnet. Die Lobby-/Tapas-Bar liege in der Nähe des Hauptrestaurants, habe 90 Plätze und sei für Hotelgäste von 11.00 Uhr bis 23.00 Uhr geöffnet. Die Poolbar mit Spa- und Wellnessbereich sei nur zu den Öffnungszeiten des Spa bis 20.00 Uhr offen. Der teilbare Saal und die beiden Seminarräume dürften ausschließlich von den Hotelgästen genutzt werden und lägen talseitig abseits der Nachbarbebauung. Rezeption und Lobby seien 24 Stunden besetzt. Die Läden an der Lobby seien bis 20.00 Uhr geöffnet. Gymnastik- und Fitnessraum könnten 24 Stunden genutzt werden. Die Bereiche für An- und Ablieferung seien von der nachbarschaftlichen Bebauung abgewandt untergebracht und würden überbaut bzw. mit Wänden abgeschottet. Feste Lieferzeiten mit Lieferanten würden vereinbart. An durchschnittlichen Tagen müsste mit maximal 3 bis 5 Lkw-Anlieferungen (7,5 t) für Getränke, Nahrungsmittel, Müll und Wäsche sowie mit bis zu 6 Anlieferungen durch Lieferwagen (Paketdienst, Post usw.) gerechnet werden. Der Warenumschlag mit Lkw dauere in der Regel höchstens zwei Stunden und der mit Lieferwagen durchschnittlich 10 Minuten.
10
Ebenfalls durch den Bauherrn vorgelegt wurde im Zusammenhang mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. … eine schalltechnische Verträglichkeitsuntersuchung des Ingenieurbüros G. … vom 11. April 2019, auf die Bezug genommen wird. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass am Grundstück des Klägers, dem …, ein Beurteilungspegel von 44 dB(A) tags und 26 dB(A) nachts vorliege (Tabelle 3, S. 13 des Gutachtens). Zulässig seien unter Zugrundelegung des Schutzanspruchs eines allgemeinen Wohngebiets 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts. Dies bedeute, dass die Tagwerte um 11 dB(A) und die Nachwerte um 14 dB(A) unterschritten seien, da im Hinblick auf die Gemengelage für die Bebauung auf dem Grundstück des Klägers der Schutzanspruch nach der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete anzusetzen sei. Da die erforderlichen Mindestabstände eingehalten seien, werde das Maximalpegelkriterium während der Nachtzeit gemäß der Parkplatzlärmstudie eingehalten. Zugrunde gelegt wurde die geänderte neue Zufahrt zur Tiefgarage über die nach Westen verlängerte Straße mit Wendehammer und Stellplatz für 1 Bus als öffentlich-gewidmeter Eigentümerweg. Die jetzige (südliche) Hotelzufahrt stehe nur während der Tagzeit zur Verfügung. Angenommen wurden unter Annahme der höchsten Frequentierung nach der Parkplatzlärmstudie für die Tiefgarage und die drei Stellplätze vor der Rezeption 302 Parkbewegungen tags und 16 nachts. Zugrunde gelegt wurden täglich 50 ankommende Gäste auf der bisherigen Zufahrt zu den drei Kurzzeitstellplätzen, 5 Lkw-Anlieferungen mit Rangieren, Be- und Entladen über zwei Stunden sowie 6 Lieferwagenfahrten mit Be- und Entladen von jeweils zehn Minuten und ein zweimal täglich und einmal nachts stattfindender Busverkehr zum Parkplatz im Bereich des Wendehammers. Für Personalfahrten, Shuttleverkehr und Taxi wurde ein Zuschlag gemacht und als Emissionsansatz 500 Parkbewegungen tags, davon 20% in den Ruhezeiten und von bis zu 40 Bewegungen nachts während der lautesten Nachstunde zugrunde gelegt. Der für den Impulshaltigkeitszuschlag notwendige Mindestimmissionsabstand, der nach der Parkplatzlärmstudie 19 m zum Immissionsort betragen müsse, betrage hier 37 m Minimum. Weiterhin werde ein Zuschlag von 3 dB(A) für Restaurant, Terrassen und Liegefläche des Pools und die Terrassen der Zimmer gemacht; dies entspräche dem Informationszuschlag eines Freibads bzw. eines ruhigen Biergartens. Zugrunde gelegt werde für das Restaurant und die Außenbereichenach 22.00 Uhr die halbe Besetzung. Ebenfalls berücksichtigt wurde der Schotterweg zu den Chalets mit zehn Fahrten täglich mit Einkaufswagen/Rollkoffern. Wegen der Übernachtung im Hotel entstehe durch die Nutzung der Konferenzräume mit ca. 150 Gästen im Regelbetrieb kein zusätzlicher Verkehr. Der anlagebezogene Verkehr nach 7.4 der TA Lärm mit 740 Fahrzeugen tags (davon 25 Lkw) und 80 Fahrzeugen nachts unterschreite bei 10%-iger Steigung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Prognose überall die zulässigen Immissionsgrenzwerte 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts. Schallschutzmaßnahmen hinsichtlich der Haustechnik, Gestaltung und Einhausung der Zufahrt, der Fensteröffnung in der Hotelanlage mit Restaurant und Saal wurden vorgeschlagen sowie eine zeitliche Begrenzung der Nutzung der (bestehenden) südlichen Zufahrt zur Rezeption nur bis 21.45 Uhr (Bl. 16 des Gutachtens).
11
Der Technische Umweltschutz nahm am 21. November 2019 Stellung . Die Auflagen des Schallgutachten Greiner gewährleisteten die Einhaltung der Werte für ein allgemeines Wohngebiet. Es läge eine Gemengelage vor. Zu beauflagen sei, dass durch alle Emissionen inklusive des Liefer- und Kundenverkehrs 55 dB(A) bei Tag und 40 dB(A) bei Nacht in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr einzuhalten seien. Dies sei nach dem Schallgutachten Greiner möglich. Weitere Auflagen wurden vorgeschlagen (Bl.63 ff BA)
12
Mit Bescheid vom 9. Juni 2020 genehmigte das Landratsamt das Bauvorhaben unter Auflagen. Die Betriebsbeschreibung vom 17. Juni 2019 und das Gutachten Greiner vom 11. April 2019 wurden zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht mit der Maßgabe, dass keine weitergehenden Regelungen getroffen werden (Nr. 1.1). Am jeweiligen IO seien die Lärmgrenzwerte von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts einzuhalten (Nr.1.3.). Als Maximalpegel seien Geräuschspitzen von 30 dB(A) tags und 20 dB(A) nachts zulässig, Nr. 2.8, 6.1 TA Lärm (Nr. 1.4). Weiter beauflagt wurde die Hintergrundmusik, Live-Musik mit Anzeigeverpflichtungen, Untersagung lärmintensiver Arbeiten, Raucherecken und Terrassennutzung, Beschränkungen des Lieferverkehrs, Nutzung der Hotelzufahrt im Osten, die Rolltore und die Einhausung der Tiefgaragenrampe (Nrn.1.8 bis 1.17) entsprechend der Stellungnahme des Technischen Umweltschutzes. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
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Der Bevollmächtigte des Klägers erhob mit Schriftsatz vom 9. Juli 2020 Klage und beantragte mit weiterem Schriftsatz vom 30. November 2020:
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Aufhebung des Bescheids.
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Die Baugenehmigung einschließlich der Auflagen sei unbestimmt. Das Betriebskonzept des Klägers sei unrealistisch, da bei 134 Zimmern die Gastronomie nur durch Hotelgäste nicht ausgelastet sei. Maßgeblich seien die Lärmwerte für ein reines Wohngebiet. Das Lärmgutachten sei falsch, da realistischerweise die Balkone/Terrassen der Chalets länger als drei Stunden täglich und länger als 22 Uhr genützt würden. Auch die Nutzung von Konferenzund Wellnessräumen erfolge realistischerweise auch durch Dritte und sei mit mehr Lärm verbunden, als im WR zulässig sei. Das Betriebskonzept sei nicht tragfähig und das Auslastungsszenario gekünstelt. Die Nebenbestimmungen seien nicht einhaltbar. Der Freiflächengestaltungsplan ordne Erhaltung und Pflege des Baumbestands westlich des mittleren Treppenwegs an; die entsprechende Auflage sei rechtswidrig wegen des Wertungsdefizits der Naturschutzwürdigkeit. Die Rodung für den Neubau sei erlaubt, der Rückschnitt aufgrund der Dienstbarkeit nicht. Bebauungsplan und Baugenehmigung verhinderten die Durchsetzbarkeit der Dienstbarkeit über die Pflanzbeschränkung. Die Geltung der Landschaftsschutzgebietsverordnung schütze den Baumbestand und sei rechtswidrig durch den Bebauungsplan für Teile des Planbereichs ausgeschlossen worden; die Befreiungen für die Rodung seien rechtsfehlerhaft. Der Bebauungsplan sei abwägungsfehlerhaft und unwirksam wegen fehlender Berücksichtigung der Wechselwirkung mit der Landschaftsschutzgebietsverordnung und der nicht sachgerechten Abwägung der Belange des Klägers am Rückschnitt der Bäume und der fehlerhaften Festsetzung erhaltenswerter Bäume entlang des „M. … …“. Dies habe zur Folge, dass auch die Baugenehmigung in subjektiv rechtlich relevanter Form rechtswidrig sei. Die Bauverbotszone sei im Bebauungsplan ebenfalls nicht berücksichtigt worden. Das Gebot der Rücksichtnahme verklammere hier Bauplanungs- und Naturschutzrecht. Zum Gegenstand der Klagebegründung würden die Ausführungen S.11-17, 18-28 im Verfahren M 19 K 19.1788 (Anlagen K 17, K 18) gemacht; das Gutachten Schober habe ergeben, dass der dort verfahrensgegenständliche Baumbestand nicht schutzwürdig sei und das Gericht habe die Untersagung des Rückschnitts aufgehoben.
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Mit Schriftsatz vom 16. April 2021 (Bl. 464 ff GA) stellte der Bevollmächtigte des Klägers 12 unbedingte Beweisanträge zum Pflanzbestand unter Ankündigung, diese in der mündlichen Verhandlung nochmals zu Protokoll zu stellen. Durch Sachverständigengutachten und Augenschein soll Beweis erhoben werden über die Rotfeule der Fichten und die massive Bruchgefahr (I.), die Fichtenhecke als Fremdkörper aus naturschutzfachlicher Sicht (II.), die Bruchgefährdung der Ahornbäume (III.), die fehlende vegetationstechnische und optische Abgrenzbarkeit des übrigen als erhaltenswert festgesetzten Baumbestands von dem angrenzenden Baumbestand (IV.), dass der Rückschnitt zu keiner fachlich begründbaren Beeinträchtigung des Landschaftsbildes (V.) oder zur Zerstörung des Baumbestands führt (VI.), wegen des bisherigen Hotelbetriebs eine fachlich nachweisbare Lebensraum- oder -Vernetzungsfunktion für Tiere und Pflanzen fehlt (VII.), kein Hag iS einer Baumreihe (VIII.), kein Feldgehölz, Feldgebüsch, lebender Zaun oder Hecke vorliegt (IX.), keine schützenswerten Tier- oder Pflanzenarten vorkommen (X.), keine ins Gewicht fallende Sichtschutzfunktion für den Hotelkomplex erreicht wird (XI.) und sich wesentliche Teile der vom Bebauungsplan und der Baugenehmigung umfassten Fichten und Ahornbäume außerhalb des kartierten Biotop … befinden. Auf die Beweisanträge im Wortlaut samt Begründung, S.10-22 des Schriftsatzes vom 16.April 2021 wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 28.Mai 2021 machte der Bevollmächtigte eine Rügeschrift gem. § 215 BauGB zum Gegenstand der durch das Verwaltungsgericht vorzunehmenden inzidenten Normenkontrolle und legte als weitere Anlage einen Normenkontrollantrag vor.
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Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 8.September 2020:
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Nachbarschützende Rechtspositionen seien nicht erkennbar.
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Der Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 1 nahm mit Schriftsatz vom 1. März 2021 und 31.Mai 2021 Stellung und beantragte,
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Die Baugenehmigung sei weder in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt noch werde das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme durch Lärm verletzt. Die von der geplanten Hotelanlage ausgehenden Lärmemissionen bzw. Lärmimmissionen überschritten die Zumutbarkeitsschwelle nicht, da für das klägerische Grundstück als maßgeblicher Immissionsort die in allgemeinen Wohngebieten geltenden Immissionsrichtwerte anzusetzen seien, Ziff. 6.1 TA Lärm. Vorliegend grenze ein gewerblich genutztes und ein zum Wohnen dienendes Gebiet aneinander. Bereits in früheren Verfahren sei in Urteilen vom 23. November 2016 umfassend zur hier vorliegenden Gemengelage Stellung genommen worden (M 9 K 15.4601, M 9 K 15.4614 und M 9 K 15.4561). An dieser Gemengelage habe sich nichts geändert, da schon vor der Nutzungsänderung des Komplexes von einer Klinik zu einem Hotel Garni im Jahre 2005 eine solche Gemengelage nach Ziff. 6.7 TA Lärm bestand. Unter Berücksichtigung der Historie und des Bebauungsplans Nr. … „W. …“ in der Fassung vom 5. Februar 1998 sei die spätere klägerische Wohnbebauung an einen bereits damals bestehenden Gewerbebetrieb herangerückt. Ausweislich des Gutachtens vom 11. April 2019 in Verbindung mit der Betriebsbeschreibung vom 17. Juni 2019 werden die Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet eingehalten und am maßgeblichen Emissionsort des klägerischen Grundstücks tagsüber um 11 dB(A) und nachts um 14 dB(A) unterschritten. Die Einhaltung der entsprechenden Immissionswerte sei beauflagt. Weitere Auflagen zur Geräuschminimierung seien gemacht worden. Die Einwände des Klägers hinsichtlich der Balkonnutzung bis 22.00 Uhr, der Nutzung der Anlage durch Hotelgäste, der fehlenden Auslastung der Gastronomie und der Zweifel am Betriebskonzept beträfen nicht die Genehmigung, sondern allenfalls deren Vollzug. Im Übrigen sei die Baugenehmigung auch hinreichend bestimmt, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Es sei durch den Bescheid, die Betriebsbeschreibung und das Immissionsgutachten sowie die genehmigten Pläne hinreichend erkennbar, was geregelt sei und ob das Vorhaben nachbarschützende Vorschriften verletze. Die Landschaftsschutzgebietsverordnung sei nicht drittschützend und hindere den Kläger als öffentlich-rechtliche Regelung an der Ausübung der von ihm vorgetragenen privaten Rechte hinsichtlich der Fichten (VG München U. v. 5.10. 2020 - M 19.K 19. 1788). Die Baugenehmigung werde unbeschadet Rechte Dritter erteilt. Die Beweisanträge seien nicht entscheidungserheblich, überwiegend unbestimmt und in Teilen Ausforschungsbeweis.
24
Die Beteiligten wurden unter Hinweis auf die Vielzahl der Verfahren und die wiederholten Ortseinsichten durch die Kammer zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
25
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten sowie auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts vom 23.11.2016 in den Verfahren M 9 K 15.4601, M 9 K 15.4614 und M 9 K 15.4561, auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28.6.2012 (2 B 10.788) und das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5.10.2020 - M 19 K 19.1788 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid liegen vor, da die Sachund Rechtslage geklärt ist. Die Situation vor Ort ist bekannt. Der Vortrag hinsichtlich der Lärmsituation ist trotz der geänderten Planung nicht substanziell neu und wurde in den früheren Gerichtsverfahren bereits umfangreich geprüft. Die örtliche Umgebung im Umgriff des Klägergrundstücks, der W. …str. und des „M. … …“ wurde in früheren Verfahren des Klägers und seiner Nachbarn besichtigt (M 9 K 15.4601 ua). Der Baumbestand und der Zustand der Bäume ist für die hier zu entscheidende öffentlich-rechtliche Klage eines Nachbarn gegen eine Baugenehmigung unerheblich, so dass weder eine Besichtigung durch das Gericht noch ein Sachverständigengutachten veranlasst sind. Die Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich, § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO.
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Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
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Die dem Beigeladenen zu 1 (Bauherren) mit Bescheid des Landratsamts vom 9. Juni 2020 erteilte Baugenehmigung verletzt keine subjektiv-öffentlichen Rechte des Klägers, § 113 Abs. 1 VwGO.
29
Die Anfechtungsklage eines Nachbarn gegen eine Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung Vorschriften verletzt, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden Verfahren nur diesbezüglich eine Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung ist darauf beschränkt, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die den Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind.
30
Im Hinblick auf drittschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts ist kein Rechtsverstoß erkennbar. Der Kläger kann sich nicht auf die Ausübung seiner privatrechtlichen Dienstbarkeiten berufen (1.). Die Rechtsgültigkeit des Bebauungsplans ist nicht entscheidungserheblich (2.). Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme liegt nicht vor (3.). Die Baugenehmigung ist auch nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt (4.).
31
1. Soweit der Kläger durch die Baugenehmigung seine beschränkt-persönlichen Dienstbarkeiten an Teilbereichen der beidseits des Flurstücks … gelegenen FlNrn. … … und … sowie … beeinträchtigt sieht ist dies nicht Gegenstand der baurechtlichen Prüfung. Dies ergibt sich aus Art. 68 Abs. 4 BayBO, wonach die Baugenehmigung unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt wird. Das bedeutet, dass über die Vereinbarkeit privater Rechte Dritter mit dem Bauvorhaben im Baugenehmigungsverfahren nicht entschieden wird. Die Baugenehmigung sagt über solche Rechte nichts aus und wirkt sich demnach auf sie auch nicht aus. Daher begründet ein privates Recht grundsätzlich auch kein Abwehrrecht des Nachbarn gegen die Baugenehmigung, sondern muss vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden (BayVGH, B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615). Eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit ist keine drittschützende Regelung des Baugenehmigungsverfahrens, aufgrund derer dem Nachbarn ein Abwehrrecht gegen das Bauvorhaben zustehen könnte. Die 12 Beweisanträge des Klägers betrafen sämtlich den Pflanzbestand auf dem Vorhabengrundstück des Beigeladenen zu 1. im Bereich und im Zusammenhang mit der Geltendmachung der Dienstbarkeiten. Im Verfahren des Klägers gegen die Untersagungsanordnung hat das Verwaltungsgericht mit ausführlicher Begründung bereits entschieden, dass es sich um ein Feldgehölz und eine diesem gleichgestellte lebende Hecke in der freien Natur handelt (VG München U.v.5120.2020 - M 19 K 19. 1788). Für diese fachliche Einordnung kommt es auf die hier verfahrensgegenständliche Baugenehmigung nicht an. Die Beweisanträge waren daher, soweit es sich nicht bereits um unzulässige Beweisermittlungsanträge handelte, als nicht entscheidungserheblich abzulehnen.
32
2. Für das vorliegende Verfahren kommt es auch nicht darauf an, dass das Bauvorhaben im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. … „W. …“ vom 5. Juni 2020 liegt, der ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Fremdenverkehr gem. § 11 BauNVO festsetzt. Festsetzungen des Bebauungsplans vermitteln grundsätzlich keinen Drittschutz. Der Bebauungsplan und seine textlichen Festsetzungen enthalten keine Festsetzungen, aus denen sich mit der gebotenen Deutlichkeit eine ausnahmsweise drittschützende Wirkung für das benachbarte Wohngebiet erkennen lässt (BayVGH B.v.20.2.2013 - 1 ZB 11.2893). Die Festsetzungen des schützenswerten Baumbestands im Bebauungsplan entlang des hangabwärts führenden „M. … …“ und der nach Auffassung des Klägers als verbreitert dargestellte Weg FlNr. … auf dem Grundstück des Beigeladenen zu 1 betreffen keine nachbarschützenden Regelungen die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind, sondern Zivilrecht. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass die Festsetzung durch Planzeichen der privaten Grünfläche und des zu erhaltenden Baumbestands auf dem Vorhabengrundstück Drittschutz für das Klägergrundstück vermitteln könnte. Dies gilt ebenso für den im genehmigten Freiflächengestaltungsplan als zu erhaltend gekennzeichneten Baumbestand, der ausweislich der Nebenbestimmung Nr.4 der Fachstelle fachlicher Naturschutz, bestätigt durch VG München, U. v. 5.10.2020 - M 19 K 19. 1788, für das Orts- und Landschaftsbild prägend ist. Unter Berücksichtigung der Größe des Grundstücks, des dort seit über 15 Jahren bestehenden Hotels und der Lage der Nachbargrundstücke bestehen auch nach den sonstigen Umständen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Bebauungsplan durch besondere Festsetzungen zugunsten des Klägers drittschützend ist und diesem ein Abwehrrecht vermittelt. Wegen der Lage des Grundstücks des Klägers in einem durch Bebauungsplan festgesetzten benachbarten reinen Wohngebiet besteht auch kein Gebietswahrungsanspruch (BayVGH v.28.6.2012 - 2 B 10.788).
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3. Der Kläger kann sich nicht auf einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme berufen. Das Gebot der Rücksichtnahme ist nach ständiger Rechtsprechung im unbeplanten Innenbereich Bestandteil des Einfügensgebot iSd § 34 Abs. 1 BauGB und in den Fällen des § 34 Abs. 2 BauGB im Rahmen des anzuwendenden § 15 Abs. 1 S.2 BauNVO zu prüfen.
34
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme auf das Urteil der Kammer vom 23. November 2016 - M 9 K 15.4601 verwiesen.
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Gemessen daran verstößt auch der jetzt geplante Neubau der Hotelanlage nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme, da von dieser keine schädlichen Umweltauswirkungen ausgehen. Es gilt die TA Lärm. Diese gilt auch für Anlagen, bei denen Geräusche in den Ruhezeiten und in den Nachtstunden durch menschliches Verhalten einschließlich des An- und Abfahrtsverkehrs hervorgerufen werden und auch, soweit Freiflächen vorliegen, da es sich bei diesen hier nicht um eine Freiluftgaststätte handelt, sondern um untergeordnete Teile des Hotelbetriebs (so bereits zum W. …: BayVGH U.v. 28.6.2012 - 2 B 10.788 juris).
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Die von der geplanten Hotelanlage ausgehenden Lärmemissionen bzw. Lärmimmissionen überschreiten die Zumutbarkeitsschwelle nicht, da für das Wohnhaus auf dem klägerischen Grundstück als maßgeblichen Immissionsort die in allgemeinen Wohngebieten geltenden Immissionsrichtwerte anzusetzen sind, die durch den Neubau nicht überschritten werden. Deshalb bestehen auch keine Bedenken gegen die in der Baugenehmigung enthaltenen Auflagen und die zielorientierte Festlegung der Immissionsgrenzwerte, da diese mühelos eingehalten werden können. Der wesentliche Unterschied in tatsächlicher Hinsicht zu den früheren Verfahren ist, dass der Bauherr nunmehr einen deutlich größeren Hotelkomplex plant, aber im Gegensatz zum bisher geplanten Umbau des Bestands und der den früheren Verfahren zugrundeliegenden Stellplatzplanung alle Stellplätze in der Tiefgarage sind. Lediglich im Bereich der bisherigen Zufahrt vor der Rezeption sind noch drei oberirdischen Kurzzeitparkplätze für anreisende Gäste vorgesehen. Im Unterschied zum Bestand ist die neue Zufahrt zu den Hotelparkplätzen nicht mehr südlich des Gartenbereichs des Grundstücks FlNr. …, sondern verläuft noch weiter nördlich vom Grundstück des Klägers weiter entfernt in der Kurve der O. …-Straße.
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An dem Umstand, dass am maßgeblichen Immissionsort … die Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet nach Nr. 6.1 Buchst. d TA Lärm anzusetzen sind, hat sich nichts geändert. Nach wie vor grenzen ein gewerblich genutztes und ein zum Wohnen dienendes Gebiet aneinander und es besteht eine Gemengelage nach Nr. 6.7 TA Lärm. Nach ständiger Rechtsprechung ist es unter Berücksichtigung der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich, dass die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert in Höhe der für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien geltenden Immissionsrichtwerte erhöht werden (für das vorliegende Gebiet: BayVGH U.v. 28.6.2012 - 2 B 10.788). Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um das arithmetische Mittel handeln (BVerwG B.v. 19.9.2007 - 7 B 24.07). Das Grundstück des Klägers liegt nach wie vor in einem zum Wohnen dienenden Gebiet. Das Hotelgrundstück wird weiterhin gewerblich genutzt und liegt wie bisher in einem durch Bebauungsplan dafür festgesetzten Sondergebiet. Deshalb sind unter Berücksichtigung der konkreten Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets und unter Würdigung der sonstigen in Nr. 6.7 Abs. 2 TA Lärm genannten Kriterien sachgerechter Weise weiterhin die WA-Werte anzusetzen. Da bereits vor der Nutzungsänderung des Komplexes von einer Klinik zu einem Hotel Garni im Jahre 2005 eine Gemengelage bestand, wurde auch vor dem Jahr 2005 das Gebiet von einem größeren Gewerbebetrieb geprägt. Die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … „W. …“ in der Fassung vom 5. Februar 1998 verdeutlichen dies (dazu VG München U.v. 23.11.2016 - M 9 K 15.4601). Seit der Bebauungsplanänderung im Jahre 2005 und der Nutzungsänderung in ein Hotel Garni wird das Gebiet seit mittlerweile über 15 Jahren durch eine gewerbliche Hotelnutzung geprägt, mit der Folge einer entsprechenden jahrelangen Vorbelastung.
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Die verfahrensgegenständliche Hotelanlage hält die im Bescheid des Beklagten vom 9. Juni 2020 festgesetzten Immissionsrichtwerte, Auflagen Ziff. 3, von 55 dB(A) am Tag und 40 dB (A) in der Nacht zweifelsfrei ein. Die aufgrund der hier bestehenden Gemengelage anzusetzenden WA Werte von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts werden am Grundstück des Klägers als maßgeblichem Immissionsort … nach dem Gutachten des Ingenieurbüros G. … am Tag um 11 dB(A) und nachts um 14 dB(A) unterschritten. Damit ist die von der Hotelanlage ausgehende Zusatzbelastung bereits nach Nr. 4.2 Buchst. c TA Lärm i.V.m. Nr. 3.2.1 TA Lärm am Tag als nicht relevant anzusehen. Gemäß Nr.3.2.1, 2.Abs. TA Lärm sind die Geräusche einer gewerblichen Anlage idR irrelevant, wenn sie den maßgeblichen Immissionsrichtwert um mindestens 6 dB(A) unterschreiten und sie sind gem.Nr.2.2 undNr.2.3 gar nicht mehr relevant, wenn der betreffende Immissionsort außerhalb des Einwirkungsbereichs der Anlage liegt, weil dort der maßgebliche Immissionsrichtwert um mindestens 10 dB(A) unterschritten ist (Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, Vorb. zu §§ 29 bis 38, Rn.53 m.w.N.). Das Wohnhaus des Klägers liegt deshalb als maßgeblicher … bereits außerhalb des Einwirkungsbereichs des geplanten Hotels.
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Die durch das Ingenieurbüro erstellte schalltechnische Verträglichkeitsuntersuchung vom 11. April 2019 wurde durch den Fachbereich Technischer Umweltschutz des Landratsamtes überprüft und bestätigt. Die Verträglichkeitsuntersuchung ist nachvollziehbar, detailliert und geht von realistischen Annahmen aus, die eher nach oben korrigiert werden. Die Schallimmissionen, Tabelle 1, S. 10 des Gutachtens, gehen von einer Nutzungszeit der Außengastronomie und des Pools von 10 bis 14 Stunden aus; Anhaltspunkte dafür, dass dies zu niedrig gegriffen sei, bestehen bei realistischer Betrachtung keine. Der relevante Lärm durch die Nutzung der Terrassen vor den Zimmern Chalet 1 und Chalet 2 ist mit einer Dauer von drei Stunden pro Tag nachvollziehbar und nicht zu leise angesetzt worden; die Zusatzbelastung ist auch dann irrelevant, wenn zwei Personen pro Terrasse/Balkon sich nach 22 Uhr unterhalten, Nr.4.2 Buchst.c iVm Nr.3.2.1 TA Lärm. Es ist nicht zu erkennen und wurde auch nicht behauptet, dass irgendwelche Lärmemittenten übersehen wurden. Insgesamt stellt sich die Hotelanlage danach wie im Betriebskonzept vorgesehen als groß, aber sehr ruhig dar.
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4. Die Baugenehmigung ist auch nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt.
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Die Baugenehmigung ist hinreichend bestimmt, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, da die mit dem Bescheid getroffenen Regelungen für die Verfahrensbeteiligten eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sind. Das Bestimmtheitsgebot, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG wird nur dann verletzt, wenn Nachbarn nicht zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Das Hotelvorhaben ist durch die einbezogenen Bauvorlagen, durch die Betriebsbeschreibung, durch das Lärmgutachten und durch die Auflagen im Genehmigungsbescheid hinreichend bestimmt. Die Forderungen des Technischen Umweltschutzes und die Auflagenvorschläge des Lärmgutachtens sind im Bescheid durch konkrete Auflagen umgesetzt und zum Bestandteil des Bescheids gemacht worden.
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Die Klage war daher mit der Kostenfolge der §§ 154 Abs. 1,162 Abs. 3 VwGO abzuweisen. Es entspricht der Billigkeit, dass der Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. trägt, da dieser einen Antrag gestellt hat. Die Beigeladene zu 2 hat dies nicht getan und trägt daher ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.