Titel:
Behandlungsmöglichkeit von psychischen Erkrankungen in Uganda
Normenkette:
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
Leitsatz:
Die Behandlungsmöglichkeit für psychische Erkrankungen ist in Uganda grundsätzlich gegeben. (Rn. 21 und 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Uganda, Teilrücknahme, Psychische Erkrankung, Behandelbarkeit, Abschiebungsverbot, psychsiche Erkrankung, posttraumatische Belastungsstörung, schwere depressive Episode, Behandlungsmöglichkeit, Baganda
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 20.10.2021 – 9 ZB 21.31227
Fundstelle:
BeckRS 2021, 19861
Tenor
I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Klagepartei hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Klagepartei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die 1985 geborene Klägerin zu 1 und 2015 geborene Klägerin zu 2 sind ugandische Staatsangehörige. Die Klägerin zu 1 reiste am … Dezember 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein, die Klägerin zu 2 (Tochter Klägerin zu 1) wurde am … Dezember 2015 in der Bundesrepublik Deutschland geboren. Sie stellten hier am ... Januar 2016 Asylantrag.
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Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für ... (Bundesamt) gab die Klägerin zu 1 im Wesentlichen an, aufgrund ihrer Homosexualität Uganda verlassen zu haben.
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Sie habe Uganda am … Februar 2014 verlassen, sich ein Jahr und drei Monate in der Türkei aufgehalten und dann nach Deutschland auf dem Landweg weitergereist. Auf der Schule habe sie sich nachts mit einer Freundin geliebt. Ein anderer Junge habe das mitbekommen und dies der Kirche verraten. Sie sei dann von der Kirche rausgeworfen worden, das sei auch ihrer Mutter mitgeteilt worden. Die Dorfbewohner hätten sie und ihre Familie mit brennenden Autorreifen angegriffen. Ihr Vater sei bei dem Hausbrand gestorben. Sie sei verhaftet worden. Ihr Bruder habe sie nach zwei Tagen frei bekommen. Sie sei dann zu ihrem Bruder gegangen. Dieser habe einen Brief vom Dorfvorsteher bekommen, dass sie gefährlich sei und nicht mehr dort leben dürfe.
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Sie dann zu ihrer Schulfreundin Stella gegangen. Nach fünf Monaten seien Leute zu ihrem Haus gekommen und hätten sie angegriffen. Die Polizei sei korrupt. Sie seien in ein Gefängnis gesperrt worden. Die Bedingungen dort seien sehr schlecht gewesen. Nach einer Woche habe ihr Bruder sie frei bekommen.
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Ihre Freundin habe dann vorgeschlagen, dass sie Kontakt zu einem Mann aufnehmen solle, den sie in einem Nachtclub kennen gelernt habe. Dieser Mann sei heute ihr Begleiter und der Vater der Klägerin zu 2.
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Für die Klägerin zu 2 wurden keine eigenen Asylgründe geltend gemacht.
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Mit Bescheid vom … April 2017 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet ab, erkannte den subsidiären Schutzstatus als offensichtlich unbegründet nicht zu (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Antragstellerpartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls werde die Antragstellerpartei nach Uganda oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, abgeschoben (Nr. 5). In Nr. 6 wurde ein befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot verfügt.
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Die Klagepartei hat am 2. Mai 2017 Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Bundesamtes für ... vom 21. April 2017 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Flüchtlingseigenschaft vorliegen, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, hilfsweise, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen.
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In der mündlichen Verhandlung am 25. Juni 2021 hat die Klagepartei die Klage gegen Nrn. 1 bis 3 des Bescheids des Bundesamtes vom … April 2017 zurückgenommen und klargestellt, dass sich die Klage nur noch gegen die Nrn. 4 bis 6 des genannten Bescheids richtet. Zuletzt hat die Klagepartei beantragt,
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den Bescheid des Bundesamtes vom … April 2017 in den Nummern 4 bis 6 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass bei den Klägerin Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Uganda vorliegen.
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Die Klägerin zu 1 leide an einer psychischen Erkrankung und befinde sich in fachärztlicher Behandlung. Bei einer Rückkehr nach Uganda sei das Risiko für einen Suizid erheblich erhöht. Denn es seien Angriffe auf ihr Kind von der Familie des Kindsvaters zu befürchten, die die Behinderung des Kindes als Schande für die Familienehre ansähe. Die Klägerin zu 1 werde als Mutter für die Behinderung des Kindes verantwortlich gemacht. Im Fall des Abbruchs der Behandlung der Klägerin zu 1 oder bei fehlenden oder unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten sei ein Suizid wahrscheinlich.
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In einem fachärztlichen Attest von Dr. B. vom … Dezember 2019 ist festgehalten, dass die Klägerin zu 1 an einer posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1 G) sowie einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome (F 32.2 G) leide. Wegen ihrer lesbischen Lebensweise sei sie in Uganda mit dem Tod bedroht worden. Sie habe ein Sensorium für bedrohliche Diskriminierungen entwickelt. Die Klägerin zu 1 müsse dauerhaft Medikamente einnehmen. Sie sei auf ein leistungsfähiges Gesundheitssystem angewiesen, das regelmäßig nur in Deutschland anzutreffen sei. In Uganda existiere keine Infrastruktur, um die vorliegende depressive Erkrankung zufriedenstellend zu behandeln. Die zu erwartende Ausgrenzung erhöhe die Wahrscheinlichkeit einer dramatischen Verschlechterung mit einer erheblichen Erhöhung eines Risikos für einen Suizid.
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In einem weiteren fachärztlichen Attest von Dr. B. vom … Juni 2021 ist festgehalten, dass die Klägerin zu 1 unter einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome (F 32.2 G) leide. Sie fürchte sich bei einer Rückkehr nach Uganda vor Angriffen gegen ihr behindertes Kind und sich selber. Der Abbruch der Behandlung der Klägerin zu 1 oder eine fehlende Behandlungsmöglichkeit würde zu einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands bis zur Lebensbedrohlichkeit führen. Im Falle einer Rückführung nach Uganda sei das Risiko für einen Suizid aufgrund der - selbst bei nur subjektiv empfundenen - zu befürchtenden Angriffen auf ihr behindertes Kind und sich erheblich erhöht. Es bestehe die dringende Gefahr der Realisierung der bestehenden krankheitsbedingten Suizidgefahr. Im Falle des Abbruchs der Behandlung oder einer fehlenden oder unzureichenden Behandlungsmöglichkeit sei bei der Klägerin zu 1 ein Suizid wahrscheinlich.
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Die Beklagte hat die Akten vorgelegt und bislang keinen Antrag gestellt.
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Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung wurde mit Beschluss vom 27. Juni 2017 abgelehnt (M 25 S 17.38992).
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie die Niederschrift vom 25. Juni 2021 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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1. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, ist das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO).
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2. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.
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Die Voraussetzungen für das Vorliegen von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes/AufenthG liegen nicht vor.
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a) Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG liegt eine erkrankungsbedingtes Abschiebungshindernis nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Die Gefahr muss zudem konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach der Rückkehr in das Heimatland eintreten würde (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2012 - 1 C 3.11 - BVerwGE 142, 179, juris Rn. 34 m.w.N.; U.v. 25.11.1997 - 9 C 58/96 - juris). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes liegt nicht schon dann vor, wenn von einer Heilung der Erkrankung im Zielland der Abschiebung wegen der dortigen Verhältnisse nicht auszugehen ist, die Erkrankung sich aber auch nicht gravierend zu verschlimmern droht. Das Abschiebungsverbot dient nämlich nicht dazu, dem ausreisepflichtigen erkrankten Ausländer die Heilung seiner Erkrankung im Rahmen des sozialen Systems der Bundesrepublik Deutschland zu eröffnen; vielmehr stellt es alleine den Schutz vor einer gravierenden Beeinträchtigung von Leib und Leben im Zielland einer Abschiebung oder Rückkehr sicher. Der Ausländer muss sich grundsätzlich auf den Behandlungsstandard, der in seinem Herkunftsland für die von ihm geltend gemachten Erkrankungen allgemein besteht, verweisen lassen, wenn damit keine grundlegende Gefährdung verbunden ist (OVG NRW, B.v. 15.9.2003 - 13 A 3253/03.A - juris). Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat gleichwertig ist mit derjenigen in der Bundesrepublik Deutschland (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG).
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b) Rechtlich ausschlaggebend ist, ob eine Behandlungsmöglichkeit im Grundsatz besteht. Das ist für psychische Erkrankungen in Uganda grundsätzlich gegeben. In Uganda wird ein großer Teil der psychiatrischen Versorgung durch die beiden Referenzkliniken in Kampala gewährleistet. Im Universitätskrankenhaus Mulago (50 Betten) und im psychiatrischen Krankenhaus Butabika (550 Betten) werden Patienten ambulant und stationär versorgt. Des Weiteren gibt es 13 regionale Referenzkrankenhäuser mit einer Kapazität von 337 Betten für die psychiatrische Versorgung. Daneben gibt es eine Reihe ambulanter Behandlungseinrichtungen. Die Abgabe von Medikamenten ist seit 2001 im staatlichen Gesundheitssystem kostenfrei. Allerdings werden Medikamente häufig im Krankenhaus „unter der Hand“ an Patienten verkauft. In kirchlichen Einrichtungen sind Medikamente weiterhin kostenpflichtig. Patienten kaufen Medikamente auch privat in Apotheken (vgl. zum Ganzen: Rukat, Diagnostische Praxis und Verschreibungsmuster in psychiatrischen Kliniken in Uganda, Dissertation, Berlin 2015, S. 6 - 11, im Internet allgemein verfügbar unter: https. …d-nb.info/1075493366/34).
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c) Nach den fachärztlichen Attesten von Dr. B. vom … Dezember 2019 und vom … Juni 2021 leidet die Klägerin zu 1 an einer posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1 G) sowie einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome (F 32.2 G) - Attest vom 19.12.2019 - bzw. an einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome (F 32.2 G) - Attest vom 24.6.2021. Die Klägerin zu 1 befindet sich in ständiger fachärztlicher Behandlung. Im Attest vom … Juni 2021 ist ausgesagt, dass der Abbruch der Behandlung der Klägerin zu 1 oder eine fehlende Behandlungsmöglichkeit zu einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands bis zur Lebensbedrohlichkeit führen würde. Das Gericht sieht keinen Anlass, an dieser fachärztlichen Einschätzung zu zweifeln. Allerdings fällt es nicht in die Kompetenz eines Arztes, Aussagen über die zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten seines Patienten in Uganda zu treffen. Es ist auch nicht ersichtlich, auf welche tatsächliche Grundlage diese Bewertung gestützt ist.
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Daher ist der ausdrücklich als Hilfsantrag gestellte Beweisantrag, dass zum Beweis der Tatsache, dass die Klägerin zu 1 unter der schwerwiegenden Erkrankung der schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome leidet, sie dringend psychiatrisch behandlungsbedürftig ist, ein Abbruch der Behandlung oder eine fehlende Behandlungsmöglichkeit, zu einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands bis hin zur Lebensbedrohlichkeit führt, die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens beantragt wird, nicht erforderlich. Das Gericht geht von einer entsprechenden Erkrankung aus. Diese ist allerdings in Uganda behandelbar, die Behandlung ist für die Klägerin zu 1 auch verfügbar.
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Soweit die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens für den Umstand hilfsweise beantragt ist, dass die Rückführung der Klägerin zu 1 nach Uganda selbst zu einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands bis hin zur Lebensbedrohlichkeit führt, ist der Antrag abzulehnen, da es für die Entscheidung auf diesen Umstand nicht ankommt. Maßgeblich ist, ob eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung im Zielstaat behandelbar ist oder ob es ohne Behandlung zu einer absehbaren wesentlichen bis hin zur lebensbedrohlichen Verschlechterung kommt. Die Frage, ob die Rückführung nach Uganda allein zu einer wesentlichen Verschlechterung der Erkrankung der Klägerin zu 1 führt, ist vom rechtlichen Maßstab der medizinischen Versorgung im Zielstaat losgelöst und daher für das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht maßgeblich.
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d) Die Erkrankung der Klägerin zu 1 - derzeit diagnostiziert eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (F 32.2 G) - kann in Uganda grundsätzlich behandelt werden. Denn die Klägerin zu 1 stammt aus dem Raum Kampala (Mukono ist nach den im Internet verfügbaren Karten nur wenige Kilometer von Kampala entfernt). Dort bestehen die beiden Referenzkliniken für psychische Erkrankungen. Eine erforderliche psychiatrische Behandlung ist in Uganda vorhanden und auch für die Klägerin zu 1 verfügbar. Das gilt auch für den Fall, dass die Klägerin zu 1 in Uganda eine akute Suizidgefährdung angibt. Dann muss sie sich unter Umständen in stationäre Behandlung in ein dortiges psychiatrisches Krankenhaus begeben.
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Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin zu 1 eventuelle auftretende Kosten für eine psychiatrische Behandlung in Form von Medikamenten aufbringen könnte, ebenso dass ausgeschlossen wäre, dass sie das Existenzminimum für sich und ihre drei minderjährigen Kinder absichern könnte. Insoweit ist auf eine gemeinsame Rückkehr der Klägerin zu 1 mit ihren drei Kindern nach Uganda abzustellen (BVerwG, U.v. 4.7.2019 - 1 C 45/18 - BVerwGE 166, 113, juris Rn. 17 ff.).
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Die Klägerin zu 1 hat angegeben, als angestellte Friseurin in Uganda gearbeitet zu haben. Damit kann sie gezeigt, dass sie in der Lage ist, ihr Existenzminimum grundsätzlich absichern zu können. Zwar mag sie in ihrer Erwerbstätigkeit aufgrund des Umstands, dass sie drei kleine Kinder hat, eingeschränkt sein. Andererseits ist sie nicht völlig auf sich allein gestellt. Sie hat Kontakt zum Vater ihrer Kinder, der nach einem erfolglosen Asylverfahren nach Uganda zurückgekehrt ist und dort lebt. Das hat sie in der mündlichen Verhandlung bekräftigt und relativ genaue Angaben zu den Lebensumständen des Vaters der Kinder der Klägerin zu 1 gemacht. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass es ihr nicht möglich wäre, mit ihm zusammen ihre Existenz sowie die ihrer Kinder abzusichern sowie erforderliche Medikamente für sich eventuell zu erwerben. Das umfasst auch die Suche und Wahrnehmung von Arbeitsmöglichkeiten, die grundsätzlich auch für ungelernte Arbeitssuchende bestehen. Den vorgelegten fachärztlichen Attesten ist nicht zu entnehmen, dass die 36-jährige Klägerin zu 1 aufgrund ihrer Erkrankung völlig erwerbsunfähig wäre. Das gilt auch mit Blick darauf, dass beim jüngsten Sohn der Klägerin zu 1 (Kläger im Verfahren M 5 K 19.34234) eine Trisomie 21 besteht und er daher einer besonderen Betreuung auch mit fortschreitendem Alter bedarf. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin zu 1 zusammen mit dem Vater der Kinder hierzu nicht in der Lage wäre, das zu leisten. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin zu 1 zusammen mit dem Vater der Kinder auch bei dieser zusätzlichen Belastung ihr Existenzminimum nicht absichern könnten.
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Im Übrigen besteht zwar in Uganda kein staatliches System der Existenzsicherung. Einkommenslose Personen bleiben aber nicht unversorgt, da Familienverbände und vorwiegend aus dem Ausland bzw. von kirchlichen Stellen finanzierte Nichtregierungsorganisationen diesen Personenkreis auffangen. Traditionell ist bei den Baganda (zu dieser Volksgruppe gehört die Klägerin zu 1, die sich als Muganda - Singularform von Buganda, siehe wikipedia Stichwort „Baganda“) der Familienverband zumindest subsidiär verpflichtet, Mutter und Kind zu versorgen (Auskunft des Auswärtigen Amtes an VG München vom 2.7.2014).
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Andererseits ist auch mit in den Blick zu nehmen, dass es der Klägerin zu 1 möglich war, zusammen mit dem Vater ihrer Kinder die nicht unerheblichen Kosten für eine Reise aus Uganda zunächst in die Türkei und dann weiter nach Deutschland aufbringen konnte. Wenn die Klägerin zu 1 in der Lage war, diese Kosten in Uganda aufzubringen, kann angenommen werden, dass sie bei einer Rückkehr das Existenzminimum für sich und ihre Kinder absichern kann. Dabei ist - wie oben dargelegt - nicht auf sich allein gestellt.
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Das gilt auch mit Blick auf die geltend gemachten Drohungen der Familie des Vaters der Kinder in Bezug auf die Klägerin zu 1 und das behinderte Kind. Es ist nichts dafür ersichtlich, warum sich der Vater den - bislang sehr vage formulierten - Drohungen nicht entgegenstellen könnte. Diese sind auch widerrechtlich, weshalb grundsätzlich auch staatliche Hilfe in Anspruch genommen werden kann. Zudem sind diese Drohungen sehr vage gehalten. Eine konkrete Person, die die Drohungen geäußert hätte, wird nicht benannt, auch nicht Zeitpunkt, Form oder konkreter Inhalt. Dieser Umstand ist daher auch zurückhaltend zu bewerten.
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e) Es sind daher auch keine Gesichtspunkte ersichtlich, die ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könnten. Zur weiteren Begründung wird auf den Bescheid vom 21. April 2017 verwiesen (§ 77 Abs. 2 Asylgesetz/AsylG).
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f) Hinsichtlich der Klägerin zu 2 wurden keine Umstände geltend gemacht, die über diejenigen hinausgehen, die die Klägerin zu 1 betreffen. Hierzu wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
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3. Auch gegen die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG bestehen keine Bedenken.
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Zur weiteren Begründung wird auf den Bescheid des Bundesamtes verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
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4. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, hat die Klagepartei die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 155 Abs. 2 VwGO). Im Übrigen hat die Klagepartei als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung/ZPO.
Soweit das Verfahren nach Klagerücknahme eingestellt wurde, ist das Urteil unanfechtbar (§ 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Im Übrigen ergeht folgende