Titel:
Entlassung eines Beamten auf Probe wegen Nichtbewährung
Normenketten:
VwGO § 86 Abs. 1
BeamtStG § 10, § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
LlbG Art. 12 Abs. 5
Leitsätze:
1. Beamtinnen und Beamte auf Probe können entlassen werden, wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben, ein Handlungsermessen besteht nicht mehr, wenn die mangelnde Bewährung eines Beamten auf Probe feststeht. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Entscheidung, ob sich ein Beamter fachlich bewährt hat, ist gerichtlich nur dahingehend überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden fachlichen Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt und ob allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (stRspr BVerwG BeckRS 2001, 30194347). (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Einschätzung des Dienstherrn, ein Beamter habe sich (auch in der verlängerten) Probezeit nicht bewährt, wird ohne Weiteres durch den Vortrag getragen, dass festgestellte Leistungsdefizite im Kern mit fehlendem Grundlagenwissen und einer überdurchschnittlich hohen (Flüchtigkeits-)Fehlerquote in allen Bereichen, in denen der Beamte eingesetzt gewesen sei, sowohl in der Probezeiteinschätzung als auch in insgesamt drei Probezeitbeurteilungen durchgängig gleichförmig beschrieben worden seien. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine zusätzliche Erprobung auf einem anderen Dienstposten kann geboten sein, wenn der Beamte mit dem zunächst übertragenen Aufgabenbereich Probleme hat und deshalb geprüft werden soll, ob ähnliche Probleme auch beim Einsatz auf anderen Dienstposten auftreten. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beamtenverhältnis auf Probe (Justizsekretär), Entlassung, Fehlende persönliche und fachliche Eignung, Probezeitbeurteilungen, Erkrankung, Beamtenverhältnis auf Probe, Justizsekretär, fehlende persönliche und fachliche Eignung, Beurteilungsspielraum, fehlendes Grundlagenwissen, (Flüchtigkeits-)Fehlerquote, Erprobung auf einem anderen Dienstposten
Fundstelle:
BeckRS 2021, 18844
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der am … November 1977 geborene Kläger stand seit … November 2015 bis zu seiner Entlassung als Justizsekretär (Besoldungsgruppe A 6) im Beamtenverhältnis auf Probe in Diensten des Beklagten; er war im Geschäftsbereich des Oberlandesgerichts M. tätig.
2
Von November 2015 bis September 2016 war der Kläger bei der Staatsanwaltschaft M. I als Mitarbeiter in einer Serviceeinheit in Ermittlungs- und Strafvollstreckungssachen eingesetzt. Ab Oktober 2016 war er als Mitarbeiter in einer Serviceeinheit am Landgericht M. I vorwiegend als Geschäftsstellenverwalter und Registerführer, Urkunden- und Kostenbeamter zunächst in der 12. Kammer, ab Mitte Januar 2017 in der Baukammer und ab April 2017 in der Bankkammer tätig. Zum … Mai 2018 wurde er an das Oberlandesgericht M. in eine Serviceeinheit für Zivilsachen versetzt.
3
In einem Aktenvermerk vom … Mai 2016 des weiteren Gruppenleiters 2.1 H. der Staatsanwaltschaft M. I ist vermerkt, dass der Kläger aufgrund vorzeitiger Zuweisung zur Staatsanwaltschaft zum … August 2015 bis Ende Oktober 2015 effektiv bereits ca. sechs Wochen an drei verschiedenen Stellen eingearbeitet worden sei. Am … Oktober 2015 sei seine angemessene Einarbeitung festgestellt und er mit der eigenverantwortlichen Führung einer Serviceeinheit (zunächst als Halbtagsreferat mit hälftigem Einsatz des Klägers als Springer bis zum ... 2.2016) betraut worden. Er sei mit seinen Aufgaben allerdings nicht zurechtgekommen. In mehreren Gesprächen, u. a. von der weiteren Gruppenleiterin Frau L. (bspw. am …1.2016, am …4.2016 sowie am …4.2016) sei er auf seine Fehler hingewiesen worden (z.B. fehlerhafte Ausführung von Verfügungen, Nichtaufzeichnung von Erledigungen, verspätete Vorlage bei Entscheidern, nur teilweises Abholen von Akten, unterbliebene Ausführung von Ausschreibungen zur Festnahme oder unterbliebene Löschung solcher Ausschreibungen, unterbliebene Vorlage von Vollstreckungsheften, Versendung ohne Beigabe von Originalen und erforderlichen Abschriften, unterbliebene Erledigung von Suchakten, falscher und unverständlicher Aktenkontrolleintrag, unterbliebene Wiedervorlage, ungeheftete Aktenversendung, hohe Rückstände an Strafbefehlsanträgen und Anklageschriften). Ausweislich eines Schreibens des ständigen Vertreters des Leitenden Oberstaatsanwalts bei der Staatsanwaltschaft M. I vom … Juli 2016 habe die Vielzahl der aufgetretenen Fehler nicht abgestellt werden können. Zudem sei der Kläger in einem Kritikgespräch am … Mai 2016 zu den Vorwürfen angehört und ihm mitgeteilt worden, dass seine Eignung zur Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit derzeit nicht festgestellt werden könne. Zum ... Oktober 2016 wurde der Kläger von der Staatsanwaltschaft M. I an das Landgericht M. I zur weiteren Erprobung abgeordnet.
4
In seiner Probezeiteinschätzung vom … November 2016 zum Bewertungsstichtag … Oktober 2016 wurde der Kläger als „voraussichtlich nicht geeignet“ eingeschätzt. Der Kläger sei nicht in der Lage, seine Aufgaben zeitnah, vollständig und in annehmbarer Qualität zu erledigen. Er zeige erhebliche Probleme in der Organisation des täglichen Arbeitsanfalls. Selbst einfachste Tätigkeiten würden ihm Probleme bereiten.
5
Bei einem Gespräch am … Juni 2017 mit dem Gruppen- und dem Geschäftsleiter beim Landgericht M. wurde dem Kläger ausweislich eines vom ihm mitunterschriebenen Gesprächsprotokolls das Vorliegen erheblicher Leistungsmängel und die Einschätzung seiner Leistung als bisher „nicht geeignet“ mitgeteilt. Daraufhin nahm der Kläger mit Schreiben vom ... Juli 2017 an das Landgericht M. I unter Bezugnahme auf Gespräche mit dem Geschäfts- und Gruppenleiter sowie der Vorsitzenden der 27. Zivilkammer zu dem Vorwurf von Leistungsmängeln Stellung. Mit Schreiben vom selben Tag an die Staatsanwaltschaft M. I verfasste der Kläger eine detaillierte Gegenvorstellung zu Leistungsmängeln, die ihm aus seiner Zeit bei der Staatsanwaltschaft vorgehalten worden waren.
6
Ausweislich eines Schreibens des Präsidenten des Landgerichts M. I vom … Juni 2017 führten der Gruppen- und der Geschäftsleiter unmittelbar nach Dienstaufnahme bei dem Landgericht M. I ein Gespräch mit dem Kläger, in welchem sie ihn darauf hinwiesen, dass dies seine „letzte Chance“ sei. In dem Schreiben heißt es weiter, auch am … November 2016 habe ein Orientierungsgespräch des Gruppenleiters mit dem Kläger stattgefunden, in welchem der Kläger auf verschiedene, konkrete Leistungsmängel hingewiesen worden sei (z.B. unterbliebene oder falsche Aktenvorlage). Trotz intensiver personeller Unterstützung und mehrerer Gespräche mit dem Kläger lägen weiterhin erhebliche Leistungsmängel vor (Zusendung von Vergleichen ohne Unterschrift, Verschriftlichung von Urteilen und Protokollen mit massiven Rechtschreibfehlern, falsche Vormerkung für Wiedervorlage, unterbliebene Erledigung von Verfügungen, fehlendes Mitdenken).
7
In der Probezeitbeurteilung vom … Oktober 2017 erhielt der Kläger das Prädikat „noch nicht geeignet“. Seine Arbeitsleistung verharre auf einem unterdurchschnittlichen Niveau. Er habe keinen erkennbaren inneren Anschub zu mehr Leistungsbereitschaft und konzentriertem Arbeiten gefunden. Trotz personeller Unterstützung sowie Hinweise durch Kollegen und Vorgesetzte sei er ein „Minderleister“ mit vielen Fehlern und Unachtsamkeiten. Er hinke in den Aufgabenbereichen „regelmäßige Wiedervorlage“, „Abarbeitung von Verfügungen“ und „Aktenverwaltung“ hinterher.
8
Mit Verfügung vom … Oktober 2017 verlängerte der Beklagte die Probezeit des Klägers um sechs Monate bis zum … April 2018 und versetzte ihn mit Verfügung vom … November 2017 an das Landgericht M. I.
9
Mit E-Mail vom … Februar 2018 teilte Richterin Dr. A. verschiedene von ihr festgestellte Leistungsmängel des Klägers (fehlerhafte Aktenführung, verspätete Aktenvorlage, fehlerhafte oder unterbliebene Abarbeitung von Verfügungen, fehlerhafter Austrag von Akten, fehlerhafte Eintragung von Aktenstandorten, fehlerhafte Erfassung von Stammdaten) unter Nennung konkreter Einzelereignisse mit, wozu der Kläger mit E-Mail vom … März 2018 sowie mit Schreiben vom … und … März 2018 an das Landgericht M. I Stellung nahm.
10
In der Probezeitbeurteilung vom … April 2018 befand der Beklagte den Kläger wiederum als „noch nicht geeignet“. In den letzten Tagen zum Ende des Beurteilungszeitraums sei sogar ein weiteres Absinken der Leistungsbereitschaft festzustellen gewesen. Es bestünden ganz erhebliche Verständnislücken. Einfachste Anweisungen würden nicht fehlerfrei, Wiedervorlagen nicht rechtzeitig ausgeführt. Insbesondere Diktate würden derart schlecht durch den Beamten bearbeitet, dass diese bisweilen sogar sinnentstellt seien. Trotz monatlicher Kritik- und Perspektivgespräche habe eine Leistungssteigerung in den allermeisten Bereichen nicht wahrgenommen werden können. Das fortgeschrittene Alter des Klägers und die bei einer Entlassung zu erwartende Perspektivlosigkeit könne das Leistungsverhalten des Beamten dahingehend beeinflussen, dass er sich bei diesem massiven persönlichen Druck positiver entwickeln könnte. Unter Rückstellung größter Bedenken könne daher abermals die Bewertung „noch nicht geeignet“ erteilt werden.
11
Mit Bescheid vom … April 2018 wurde die Probezeit des Klägers um sechs Monate bis zum … Oktober 2018 verlängert. Zum ... Mai 2018 (Bescheid v. …4.2018) wurde der Kläger an das Oberlandesgericht M. versetzt, wo er seinen Dienst urlaubsbedingt erst am … Mai 2018 antrat. Dort wurden wöchentliche Feedback-Gespräche mit dem Kläger geführt und ihm am … Juni 2018 mitgeteilt, dass seine Leistungen momentan nicht ausreichen würden, um die Probezeit zu bestehen.
12
Ausweislich des Schreibens des Oberlandesgerichts M. vom … Juli 2018 ist mit dem Kläger am … Mai 2018 ein Erstgespräch geführt worden. Er sei darauf hingewiesen worden, dass dies ein Neubeginn für ihn sein solle und er wie ein Beamter frisch aus der Prüfung behandelt werde. Nach einer Einarbeitungszeit von sieben Wochen sei der Kläger weit davon entfernt, die Kanzleitätigkeit korrekt in einer angemessenen Geschwindigkeit abzuarbeiten. Durch unkonzentriertes Arbeiten würden vermehrt auch gravierende Fehler gemacht. Auffallend seien die fehlenden Fachkenntnisse des Klägers. Die Protokollführung sei ungenügend, sodass ein Einsatz als Protokollführer derzeit nicht im Raum stehe. Eine Einarbeitung in die Geschäftsstellentätigkeit habe nicht erfolgen können, da aufgrund des fehlenden Fachwissens eine nahezu fehlerfreie Ausführung der Kanzleiarbeiten und Protokollführung nicht gegeben sei, diese jedoch Voraussetzung für eine weitere Einarbeitung sei. Die vom Kläger erbrachte Arbeitsmenge sei ungenügend. Der Kläger habe kein Verantwortungsbewusstsein für sein Aufgabengebiet und gegenüber seinen Kollegen entwickelt. Eine Steigerung seiner persönlichen Einsatzbereitschaft sei trotz wöchentlicher Feedback-Gespräche nicht zu erkennen.
13
Mit Probezeitbeurteilung vom … Juli 2018 führte der Beklagte aus, dass der Kläger wegen fehlenden Grundlagenwissens und ausbleibender Leistungssteigerung trotz wöchentlicher Feedback-Gespräche für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit „nicht geeignet“ sei. Akten müssten mehrmals vorgelegt werden, damit alle Fehler ausgebessert werden würden. Stets sei eine Nachkontrolle seiner Arbeitsergebnisse notwendig. Auch die Aktenanlage sei sehr fehlerbehaftet. Ebenso sei seine Protokollführung äußerst fehlerhaft.
14
Bei einem Personalgespräch am … Juli 2018 teilte der Beklagte dem Kläger mit Äußerungsfrist bis zum … August 2018 unter Verweis auf die Möglichkeit der Personalratsmitwirkung seine Absicht mit, ihn mit Ablauf des … September 2018 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen Nichtbewährung zu entlassen. Zwar sei die Probezeit bis … Oktober 2018 verlängert worden, aufgrund der unzureichenden fachlichen Leistungen stehe die mangelnde Bewährung des Klägers jedoch bereits jetzt unumstößlich fest. Die Leistungsmängel könnten auch nicht mehr während der restlichen Probezeit behoben werden.
15
Mit ärztlichem Attest vom … August 2018 des Facharztes für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. - eingegangen beim Beklagten am … August 2018 - wurde bei dem Kläger die Infizierung mit dem Epstein-Barr-Virus (Pfeifferisches Drüsenfieber) diagnostiziert. Diese virale Infektion sei erfahrungsgemäß über Wochen, wenn nicht über Monate aktiv. Retrospektiv müsse davon ausgegangen werden, dass die berufliche Leistungsminderung des Klägers krankheitsbedingt gewesen sei.
16
Mit Bescheid vom … August 2018 wurde der Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zum 30. September 2018 entlassen. Unter stichpunktartiger Auflistung der in den Probezeitbeurteilungen aufgeführten Leistungsdefizite führte der Beklagte aus, dass es dem Kläger über den gesamten Erprobungszeitraum nicht gelungen sei, seine Arbeitsleistung in quantitativer wie qualitativer Hinsicht auf ein durchschnittliches Niveau zu bringen. Er sei daher in persönlicher und fachlicher Hinsicht nicht geeignet. Auch während der Verlängerung der Probezeit sei eine spürbare Leistungssteigerung hin zu einem durchschnittlichen Niveau nicht erbracht worden. Die Leistungsmängel seien so gravierend, dass sie auch während der restlichen Probezeit nicht behoben werden könnten. Das fachärztliche Attest vom … August 2018 und der darin angeführte krankheitsbedingte Leistungsabfall könnten nicht das in jeder Hinsicht ungenügende Leistungsniveau des Klägers während der gesamten Probezeit erklären. Die Feststellung der mangelnden persönlichen und fachlichen Eignung des Beamten könne durch das Attest nicht entkräftet werden. Darüber hinaus habe der Kläger eine krankheitsbedingte Einschränkung zuvor nie geltend gemacht. Die sofortige Vollziehbarkeit der Entlassung folge aus dem besonderen öffentlichen Interesse an einer sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung öffentlicher Mittel. Zudem bestünde aufgrund der fehlerhaften Arbeitsweise des Klägers die Gefahr einer gravierenden Störung des geordneten Dienstbetriebs sowie einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme des Dienstherrn
17
Mit Schreiben vom … September 2018 legte der Kläger Widerspruch gegen den Entlassungsbescheid ein.
18
Mit Schriftsatz vom 24. September 2018 beantragte der Kläger beim Verwaltungsgericht München, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom … August 2018 wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 11. Februar 2019 wurde der Antrag abgelehnt (M 5 S 18. 4741). Dieser Beschluss wurde rechtskräftig.
19
Mit Schreiben vom … Mai 2019 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er an seinem Widerspruch festhalte und begründete diesen wie folgt: Ungeachtet der Entscheidung des Verwaltungsgerichts werde daran festgehalten, dass die Entlassung rechtswidrig sei. In der Begründung des Verwaltungsgerichts seien einige Punkte nicht ausreichend berücksichtigt worden. Der Kläger habe keine Antworten von dem Beklagten auf seine Gegendarstellungen erhalten. Die Versetzung von der Staatsanwaltschaft weg sehe der Kläger als problematisch an. Konkrete Verfehlungen, die eine Entlassung rechtfertigen könnten, seien dem Kläger nicht genannt worden. Die bisher vorgetragenen Vorkommnisse stellten Belanglosigkeiten oder Missverständnisse dar. Eine medizinische Auseinandersetzung mit der gesundheitlichen Einschränkung des Klägers sei nicht erfolgt. Die Leistung des Klägers sei teilweise unvollständig dokumentiert worden.
20
Mit Widerspruchsbescheid vom … August 2019, dem Kläger zugestellt am … August 2019, wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Die Leistungsmängel des Klägers würden in den Probezeitbeurteilungen ausführlich und überzeugend dargelegt. Der Kläger sei nicht geeignet, in Zukunft die fachlichen Anforderungen, die an ihn im Rahmen eines Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit gestellt werden, zu erfüllen. Alle für die Entlassung wesentlichen Gesichtspunkte seien bereits in der Entlassungsverfügung ausreichend gewürdigt worden. Das Verwaltungsgericht München habe dies im Beschluss vom 11. Februar 2019 (M 5 S 18.4741) bestätigt.
21
Mit Schriftsatz vom 19. September 2019, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,
22
den Bescheid vom … August 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … August 2019 aufzuheben.
23
Die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe sei rechtswidrig. Es seien sachfremde Erwägungen angestellt und ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt worden. Die besonderen Umstände im Fall des Klägers seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Bedingungen zu Beginn seiner Probezeit seien schwierig gewesen. Es sei nachteilhaft, dass der Kläger nicht über die gesamte Probezeit bei einer Geschäftsstelle eingesetzt worden sei. Der Beklagte habe keine dokumentierten Verfehlungen des Klägers vorgelegt, die zu einer Verlängerung der Probezeit führen oder eine Entlassung rechtfertigen könnten. Der Kläger habe keine Möglichkeit gehabt, sich inhaltlich konkret zu den Vorwürfen zu äußern. Am Oberlandesgericht M. sei der Vergleichsmaßstab überdurchschnittlich hoch gewesen und er sei dort nicht sinnvoll eingearbeitet worden. Eine Verlängerung der Einarbeitung nach sechs Wochen sei nicht in Betracht gezogen worden. Die ablehnende Entscheidung sei viel zu früh getroffen worden. Es sei der Eindruck entstanden, dass der Kläger keine ausreichende Möglichkeit zur Bewährung habe erhalten sollen. Er habe keine Möglichkeit gehabt, seine Leistung noch zu verbessern. Unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, des ultima-ratio-Prinzips sowie des geringen Schweregrads der gerügten fachlichen Mängel wäre eine weitere Verlängerung der Probezeit geboten gewesen. Aufgrund seiner krankheitsbedingten Situation habe für den Kläger nicht die Möglichkeit bestanden, seine Eignung nachzuweisen. Das ärztliche Attest des Klägers sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Aufgrund des Attestes sei davon auszugehen, dass die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers spätestens zu Beginn des Jahres 2018 vorgelegen hätten. Die Leistungen des Klägers hätten unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Situation des Klägers bewertet werden müssen. Diese Zusammenhänge seien dem Kläger erst später bewusst geworden. Es habe daher keine Möglichkeit bestanden, den Dienstherrn darauf hinzuweisen. Trotz der Beschwerden habe der Kläger versucht, seinen Dienst pflichtgerecht zu erfüllen. Es sei keine fachärztliche Auseinandersetzung mit den Feststellungen des Facharztes Dr. H erfolgt. Es sei fraglich, warum der Kläger nicht bereits zum … April 2018 entlassen worden sei. Auf einige Argumente des Klägers sei bisher nicht ausreichend eingegangen worden. In dem Zeitraum vom ersten Quartal 2018 bis Jahresende 2018 sei der Kläger aufgrund der Viruserkrankung in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt gewesen. Er habe starke Erschöpfungs- und Ermüdungserscheinungen gehabt. Der Kläger habe daher die Anforderungen an einen Beamten auf Probe in diesem Zeitraum aus gesundheitlichen Gründen nicht erfüllen können.
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Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2019 hat Oberlandesgericht M. für den Beklagten die Behördenakten vorgelegt und beantragt,
26
Das Verwaltungsgericht habe im Eilverfahren festgestellt, dass die Entlassungsverfügung in formeller und materieller Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken begegne. Die Klagebegründung enthalte keinen neuen Sachvortrag. Alle für die Entlassung wesentlichen Gesichtspunkte seien bereits in der Entlassungsverfügung sowie im Widerspruchsbescheid ausreichend gewürdigt worden.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten in diesem sowie im dazugehörigen Eilverfahren (M 5 S 18.4741), sowie auf die Niederschrift vom 14. Mai 2021 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
29
Der Entlassungsbescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts M. vom … August 2018 sowie der Widerspruchsbescheid vom … August 2019 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO). Das Oberlandesgericht M. ist ohne Rechtsfehler zu der Bewertung gekommen, dass sich der Kläger innerhalb der zweimal verlängerten Probezeit nicht bewährt hat.
30
1. Rechtlicher Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung ist im vorliegenden Fall die Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz/BeamtStG) i.V.m. Art. 12 Abs. 5 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz/LlbG). Danach können Beamtinnen und Beamte auf Probe entlassen werden, wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben. Allerdings besteht für den Dienstherrn im Rahmen der „Kann-Regelung“ des § 23 Abs. 3 BeamtStG kein Handlungsermessen mehr, wenn die mangelnde Bewährung eines Beamten auf Probe feststeht, vgl. Art. 12 Abs. 5 LlbG.
31
Die Entscheidung, ob sich ein Beamter fachlich bewährt hat, ist gerichtlich nur dahingehend überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden fachlichen Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt und ob allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (BVerwG, U.v. 18.7.2001 - 2 A 5/00 - ZBR 2002, 184). Die beamtenrechtliche Probezeit soll dem Beamten die Möglichkeit geben, während des gesamten Laufs der Probezeit seine Eignung und Befähigung zu beweisen. Eine Entlassung wegen mangelnder Bewährung ist sachlich bereits dann gerechtfertigt, wenn sich während der Probezeit Zweifel an der persönlichen oder fachlichen Eignung des Beamten ergeben (BVerwG, U.v. 29.9.1960 - II C 79.59 - BVerwGE 11, 139/140). Der Feststellung der Bewährung während der Probezeit kommt als Voraussetzung für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit der Charakter einer Prognose im Hinblick darauf zu, dass der Beamte aufgrund der während der Probezeit erbrachten Leistungen, seines während der Probezeit gezeigten Verhaltens oder sonstiger während der Probezeit bekannt gewordener Umstände voraussichtlich auf Dauer den an einen Beamten seiner Laufbahn zu stellenden persönlichen und fachlichen Anforderungen gewachsen sein wird. Eine mangelnde Bewährung liegt also nicht erst dann vor, wenn endgültig die fehlende Eignung, Befähigung oder fachliche Leistung erwiesen ist, sondern schon dann, wenn begründete Zweifel bestehen, ob der Beamte den an ihn zu stellenden Anforderungen persönlich oder fachlich gewachsen sein wird (Baßlsperger in: Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Januar 2021, § 23 BeamtStG Rn. 136 m.w.N.). Bei der Feststellung der Bewährung oder mangelnden Bewährung, die von den zahlreichen Anforderungen des konkreten Aufgabengebiets sowie von der Beurteilung der Persönlichkeit des Beamten abhängt, handelt es sich um ein an den Anforderungen der konkreten Laufbahn auszurichtendes, persönlichkeitsbedingtes Werturteil. Letztlich kann nur die Dienstbehörde sachverständig und zuverlässig beurteilen, welche fachlichen und persönlichen Anforderungen an ein konkretes Aufgabengebiet zu stellen sind und ob ein Beamter diesen Anforderungen gewachsen ist (VG München, U.v. 19.2.2018 - M 5 K 18.4505 - juris; U.v. 20.2.2018 - M 5 K 17.2300 - juris).
32
Formale Grundlage für die Feststellung der fachlichen Bewährung ist in erster Linie die Probezeitbeurteilung (BayVGH, B.v. 30.11.2009 - 3 CS 09.1773 - juris; Baßlsperger in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Januar 2021, § 23 BeamtStG Rn. 149).
33
2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist gegen die streitgegenständliche Entlassungsverfügung rechtlich nichts zu erinnern. Insoweit wird auf die zutreffende Begründung des streitgegenständlichen Entlassungsbescheids vom … August 2018 und des Widerspruchsbescheids vom … August 2019 sowie auf die Gründe des Beschlusses vom 11. Februar 2019 (M 5 S 18.4741) Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Lediglich ergänzend wird ausgeführt:
34
Das Oberlandesgericht M. hat den Kläger ohne Rechtsfehler wegen fehlender fachlicher Eignung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Aus der Begründung des Entlassungsbescheids ergibt sich, dass der Beklagte nach der ihm als Dienstherrn zukommenden Einschätzung davon ausgegangen ist, dass sich der Kläger während der verlängerten Probezeit nach den insofern maßgeblichen Kriterien der fachlichen Eignung nicht bewährt hat. Somit hat er nach § 10 BeamtStG die Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nicht erfüllt und war nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 BeamtStG zu entlassen.
35
Die für die Entlassungsverfügung maßgebliche Probezeitbeurteilung vom … Juli 2017 mit dem Ergebnis „nicht geeignet“ begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Der Beklagte stützt seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Probezeiteinschätzung und -beurteilungen des Klägers. Dabei durfte er auch zulässigerweise die Probezeitbeurteilung vom … Oktober 2017 miteinbeziehen. Der Vortrag des Klägers, die Beurteilung fuße im Wesentlichen auf Beiträgen der straffällig gewordenen Frau B., die sein Referat wohl manipuliert habe, ist insoweit unbeachtlich. Zum einen erschließt es sich nicht, dass bzw. warum aus der Straffälligkeit einer Person grundsätzlich die Unbrauchbarkeit ihrer Beiträge oder gar eine Manipulation des Referats des Klägers folgen soll. Zum anderen ist nicht ersichtlich, ob bzw. inwieweit die Probezeitbeurteilung überhaupt auf Beiträgen von Frau B. fußt. Auch der Einwand, die letzte Probezeitbeurteilung vom … Juli 2018 sei unbrauchbar, da sie urlaubs- und krankheitsbedingt die tatsächliche Dienstverrichtung des Klägers lediglich in einem Zeitraum von sechs Wochen erfasse, kann nicht verfangen. Denn gemäß Nr. 7.2.3 Bekanntmachung über die Beurteilung und Leistungsfeststellung für die Beamten und Beamtinnen im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz mit Ausnahme der Staatsanwälte und Staatsanwältinnen (Beurteilungsbekanntmachung Justiz - JuBeurteilBek) ist ein Beamter unverzüglich zu beurteilen, wenn sich während der (verlängerten) Probezeit ergibt, dass er sich nicht bewährt. Dafür kann auch ein Zeitraum von (effektiv) sechs Wochen Diensttätigkeit ausreichen, insbesondere wenn - wie hier - der Beamte bereits zuvor und gehäuft auf immer wiederkehrende Leistungsdefizite hingewiesen wurde und sich eine Verbesserung auch bei intensiver Betreuung nicht einstellt. Denn der Kläger wurde beim Oberlandesgericht M. durch Frau H. sowie Frau E. (vgl. Gesprächsnotizen bzw. Aktenvermerk v. … 5.2018, v. … 5.2018, v. … 5.2018, v. … 6.2018, v. ... 6.2018, v. … 6.2018, v. … 6.2018, v. … 6.2018) eingearbeitet und engmaschig kontrolliert. Im vorliegenden Fall ist zudem zu berücksichtigen, dass der Beamte in seiner Probezeiteinschätzung wie auch in seinen Probezeitbeurteilungen über 2,5 Jahre mit gleichgelagerten Leistungsmängeln konfrontiert wurde und die erneute Probezeitverlängerung aus April 2018 ausdrücklich unter Rückstellung größter Bedenken erfolgte.
36
Auch inhaltlich ist gegen die Einschätzung des Beklagten, der Kläger habe sich (auch in der verlängerten) Probezeit nicht bewährt, rechtlich nichts zu erinnern. Die insbesondere in der Probezeitbeurteilung vom … Juli 2017 festgehaltenen Leistungsdefizite des Klägers tragen das Gesamturteil, dass der Beamte den Anforderungen an eine Tätigkeit als Justizsekretär nicht genügt und sich in der Probezeit nicht bewährt hat. Auffallend ist, dass die festgestellten Leistungsdefizite im Kern mit fehlendem Grundlagenwissen und einer überdurchschnittlich hohen (Flüchtigkeits-)Fehlerquote in allen Bereichen, in denen er eingesetzt war, sowohl in der Probezeiteinschätzung als auch in den insgesamt drei Probezeitbeurteilungen durchgängig gleichförmig beschrieben werden. Die vorgetragenen Leistungsmängel des Klägers tragen die Einschätzung des Beklagten ohne Weiteres.
37
Soweit der Kläger einwendet, dass er weder bei der Staatsanwaltschaft, noch beim Landgericht noch beim Oberlandesgericht hinreichend eingearbeitet worden sei, kann er damit nicht durchdringen. Zum einen kann eine gegebenenfalls unzureichende Einarbeitung die über einen Zeitraum von 2,5 Jahren festgestellten erheblichen Leistungsdefizite nicht relativieren. Zum anderen ist nach der Aktenlage davon auszugehen, dass der Kläger eine hinreichende Einarbeitung erfahren hat. Denn der Kläger wurde - entgegen seinem schriftsätzlichen Vortrag - bereits vor Beginn seiner Erprobung (November 2015) im August 2015 (vgl. Schreiben des weiteren Gruppenleiters 2.1 der Staatsanwaltschaft M. I v. …5.2016) bei der Staatsanwaltschaft M. I eingesetzt und eingearbeitet. Darüber hinaus finden sich in der Behördenakte mehrere Hinweise darauf, dass der Kläger auch fortlaufend Unterstützung und teilweise detaillierte Rückmeldungen sowohl bei der Staatsanwaltschaft (vgl. Schreiben des weiteren Gruppenleiters 2.1 der Staatsanwaltschaft M. I v. …5.2016 mit Verweis auf mehrere Gespräche mit dem Kläger u.a. durch Frau L.) als auch beim Landgericht (vgl. Schreiben des Präsidenten des Landgerichts M. v. …6.2017; E-Mail von Richterin Dr. A. v. …2.2018; E-Mail des Klägers vom …3.2018; Schreiben des Kläger an das Landgericht M I v. …3.2018) erhalten hat. Insbesondere beim Oberlandesgericht erfolgte eine intensive Betreuung des Klägers (vgl. Gesprächsnotizen und Aktenvermerke v. …5.2018, v. …5.2018, v. …5.2018, v. ... 6.2018, v. ... 6.2018, v. …6.2018, v. …6.2018, v. …6.2018). Unbeachtlich ist insoweit, dass der Kläger persönlich diese Einarbeitung und Rückmeldungen nicht als hilfreich oder zutreffend ansieht (vgl. seine Schreiben v. ... 7.2017, E-Mail v. …3.2018, Schreiben v. … und …3.2018). Soweit der Kläger meint, dass die Einarbeitung am Oberlandesgericht durch Frau H. nicht objektiv erfolgt sei, ist bereits unklar, was damit gemeint ist; im Übrigen ist auch dies unbeachtlich. Darüber hinaus war für den Kläger jedenfalls aus der Probezeiteinschätzung sowie den jeweiligen Probezeitbeurteilungen ersichtlich, wo und warum der Dienstherr Leistungsdefizite bei ihm sah. Sollte ihm auch bei Durchsicht dieser Dokumente unklar gewesen sein, worauf sich der Vorwurf von Leistungsdefiziten stützte, hätte es an ihm gelegen, bei seinen Vorgesetzten und Kollegen nachzuhaken.
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Auch der Vortrag des Klägers, dass es nachteilhaft gewesen sei, dass er nicht über die gesamte Probezeit bei einer Geschäftsstelle eingesetzt gewesen war, bedingt keine andere Bewertung. Denn zum einen ist es gesetzlich vorgesehen, dass ein Beamter während der Probezeit auf verschiedenen Dienstposten eingesetzt wird (vgl. Art 12 Abs. 1 Satz 4 LlbG). Darüber hinaus kann eine zusätzliche Erprobung auf einem anderen Dienstposten geboten sein, wenn der Beamte mit dem zunächst übertragenen Aufgabenbereich Probleme hat und deshalb geprüft werden soll, ob ähnliche Probleme auch beim Einsatz auf anderen Dienstposten auftreten (Zängl in:Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Januar 2021, Art. 12 LlbG Rn. 5). Dies war vorliegend der Fall. Der Kläger hatte ausweislich der Probezeiteinschätzung sowie der Probezeitbeurteilungen von Beginn an Probleme, die ihm übertragenen Aufgaben zufriedenstellend zu bewältigen. Diese konnten auch durch verschiedene Wechsel des Einsatzbereichs nicht behoben werden.
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Auch der Behauptung, im Rahmen der Probezeitbeurteilung durch das Oberlandesgericht wären - gleichheitswidrig - überzogene Erwartungen an den Kläger gestellt worden, ist der Beklagte überzeugend entgegengetreten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Dienstherr den Beurteilungsmaßstab setzt. Dass dieser Maßstab in einer solchen Weise überzogen wäre, dass dadurch allgemeine Bewertungsmaßstäbe verletzt oder nur eine geringe Anzahl an Beamten diesem entsprechen würden, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen liegt es innerhalb des dem Dienstherrn zukommenden Bewertungsspielraums, dass eine dauerhaft hohe Fehlerquote und fehlendes Grundlagenwissen bei einem Justizsekretär nicht hingenommen werden können. Denn Beamte dieser Fachlaufbahn müssen Aufgaben eigenverantwortlich wahrnehmen, was eine Verlässlichkeit in die richtige, umfassende und zeitnahe Bearbeitung voraussetzt. Das ist aber bei dem Kläger - durchgängig belegt in allen Probezeitbeurteilungen - nicht der Fall.
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Soweit der Kläger vorträgt, dass die ablehnende Entscheidung zu früh getroffen worden sei, sodass der Kläger keine Möglichkeit gehabt habe, seine Leistungen zu verbessern, kann er damit nicht durchdringen. Die Ernennungsbehörde kann die Entlassung schon vor Ablauf der regulären Probezeit aussprechen, wenn die mangelnde Bewährung unumstößlich feststeht, der Mangel der Bewährung also auch während der restlichen Dauer der Probezeit nicht mehr behoben werden kann. Wenn die Probezeit verlängert wurde, um dem Beamten Gelegenheit zu nachhaltiger Leistungssteigerung zu geben, so genügt für die Feststellung der Nichtbewährung, dass eine nachhaltige Leistungssteigerung nicht zu erwarten ist (Baßlsperger in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Januar 2021, § 23 BeamtStG Rn. 156 m.w.N.). In der Probezeitbeurteilung vom … Juli 2018 ist detailliert und ausführlich dargelegt, dass eine Leistungssteigerung nicht eingetreten ist, sondern vielmehr die bereits mehrfach festgestellten Leistungsdefizite trotz wöchentlicher Feedback-Gespräche weiterhin bestehen. Vor diesem Hintergrund war auch eine weitere Verlängerung der Probezeit nicht geboten.
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Auch die im August 2018 festgestellte Viruserkrankung des Klägers bedingt keine andere Bewertung. Laut fachärztlichem Attest ist der beim Kläger Anfang August 2018 festgestellte virale Infekt erfahrungsgemäß über Wochen, wenn nicht über Monate aktiv. Daher kann auch der Facharzt keine hinreichend belastbare Prognose hinsichtlich der konkreten Infektionsdauer des Klägers und der dadurch bedingten Leistungsdefizite anstellen. Soweit es in dem Attest heißt, „retrospektive muss davon ausgegangen werden, dass die berufliche Leistungsminderung im Kontext zu dem (…) Infekt steht“, belegt diese Formulierung nur den spekulativen Charakter einer solchen Annahme. Auch der Facharzt geht mithin nicht zwingend, sondern allein fakultativ von einer gegebenenfalls (auch) krankheitsbedingten Leistungsminderung beim Kläger aus. Dementsprechend musste auch der Beklagte die im Jahr 2018 aufgetretenen Leistungsmängel nicht zwingend als (ausschließlich) krankheitsbedingt bewerten. Hinzu kommt, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum gegenüber dem Dienstherrn nie etwas von Erschöpfungs- oder Ermüdungserscheinungen erwähnt hat, geschweige denn sich hat krankschreiben lassen. Gerade in der Situation des Klägers wäre dies jedoch zu erwarten gewesen, denn der Kläger stand unter großem Leistungsdruck. Im Übrigen hat der Beklagte die (bloße) Möglichkeit eines krankheitsbedingten Leistungsdefizits bei seiner Entlassungsentscheidung im Rahmen seines Beurteilungsspielraums ausdrücklich berücksichtigt und nachvollziehbar dargelegt, dass dies angesichts der langen Erprobung des Beamten sowie der kontinuierlich und gleichförmig aufgetretenen gravierenden Mängel die Nichteignung des Klägers nicht in Zweifel zieht.
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Eine weitere Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist nicht erforderlich. Insbesondere die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob die Leistungsmängel auf den erstmals Anfang August 2018 festgestellten Infekt zurückzuführen sind, drängt sich nicht auf (Schübel-Pfister in: Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 86 Rn. 35). Denn die erheblichen Leistungsmängel sind über die gesamte, zweimal verlängerte Probezeit dokumentiert. Die am Ende der Probezeit diagnostizierte Infektion kann sich auf die über mehrere Jahre hinweg festgestellten Eignungsmängel daher nicht maßgeblich ausgewirkt haben.
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3. Wenn - wie hier durch die Probezeitbeurteilung vom … Juli 2018 feststeht - dass sich ein Beamter nicht bewährt hat, so ist dieser zwingend zu entlassen (§ 10 BeamtStG, Art. 12 Abs. 5 LlbG). Ein Ermessensspielraum ist dem Dienstherrn dann nicht mehr eröffnet (Baßlsperger in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Januar 2021, § 23 BeamtStG Rn. 160 m.w.N.). Insbesondere kommt in einem solchen Fall auch keine - weitere - Verlängerung der Probezeit in Betracht.
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4. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).