Titel:
Beurteilung einer Bebauung "in zweiter Reihe" bei Erschließung durch mehrere Straßen im unbeplanten Innenbereich
Normenketten:
BauGB § 34 Abs. 1
BauNVO § 23
Leitsatz:
Ist ein Grundstück im unbeplanten Innenbereich gem. § 34 Abs. 1 BauGB durch zwei Straßen erschlossen, so ist die Frage, ob eine faktische hintere Baulinie bzw. eine faktische Bebauungstiefe einer Bebauung im rückwärtigen Grundstücksbereich ("in zweiter Reihe") entgegensteht, von der jeweiligen Erschließung aus zu beurteilen. (Rn. 51 – 53) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bebauung im rückwärtigen Grundstücksbereich („2. Reihe“), Relativität der „2. Reihe, Betrachtung“, relevante Erschließungsstraße, Bebauung im rückwärtigen Grundstücksbereich, Relativität der „2.-Reihe-Betrachtung", unbeplanter Innenbereich, faktische Baulinie, faktische Bebauungstiefe, einfügen, Straße, Erschließung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 18289
Tenor
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 30. September 2019 - Az. … - verpflichtet, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
1
Die Kläger begehren von der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses.
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Am 21. März 2019 beantragten die Kläger die Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung eines freistehenden Einfamilienhauses auf einer amtlich noch zu vermessenden Teilfläche des Grundstücks …, Gemarkung …, …straße … in … Das Grundstück Flur-Nr. … umfasst eine Gesamtfläche von 913 m2 und ist im nördlichen Bereich mit einem Wohnhaus bebaut. Das Wohnhaus auf dem Baugrundstück …und das Wohnhaus auf dem Nachbargrundstück Flur-Nr. … sind grenzständig aneinandergebaut. Im südöstlichen Teil des Baugrundstück … befindet sich ein 1954 ohne Baugenehmigung errichtetes Nebengebäude („Hühnerstall mit Abstellraum für drei Familien“). An der südwestlichen Grundstücksgrenze wurden Abstandsflächen des Grundstücks … von 2,54 x 3,0 Metern übernommen. Das Grundstück Flur-Nr. … grenzt im Nordosten an die …straße, die im Norden des Grundstücks endet (Stichstraße). Im Nordwesten des Grundstücks liegt ein drei Meter breiter beschränkt-öffentlicher Fußgängerweg, der sich vom Ende der …straße (Stichstraße) nach Südwesten erstreckt und in die …straße mündet. Dieser beschränkt-öffentliche Weg bildet einen Fußgängerbereich, wobei von der Nordostecke des Grundstücks Flur-Nr. … (= km 0,039) bis zur Südgrenze der Kehre (= km 0,074) der Radfahrverkehr und die Zufahrt zu Anliegergrundstücken …, …und* … gestattet sind (Widmungserweiterung der Beklagten vom 20. August 1985).
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Die Kläger möchten auch auf dem bisher als Gartenbereich dienenden südlichen Teil des Grundstücks …ein Wohnhaus errichten. Dabei soll das Grundstück geteilt werden, wobei das Einfamilienhaus der Kläger auf einer amtlich noch zu vermessenden Teilfläche von etwa 410 m2 gebaut würde. Die Grundfläche des Wohnhauses soll ~ 92 m2 betragen. Das Wohnhaus soll unterkellert werden. Oberhalb des Erdgeschosses soll sich ein Dachgeschoss anschließen. Das Dach soll als Satteldach ausgeführt werden.
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Für das klägerische Grundstück Flur-Nr. …, Gemarkung … gelten keine bauplanerischen Festsetzungen (mehr); der insoweit ehemals geltende Bebauungsplan 4070 wurde mit Satzung vom 13. August 2002 teilweise aufgehoben. Nach der Satzungsbegründung vom 14. Januar 2003 sollte dies für Baugrundstücke, die zweiseitig über ein Straßeneck erschlossen sind, Möglichkeiten der Nachverdichtung mit Einfamilienhäusern schaffen, die sich in ihrer äußeren Gestalt in die Umgebung einfügen müssen. Die ehemals für das klägerische Grundstück geltenden Festsetzungen setzten ein Allgemeines Wohngebiet fest. Dabei finden sich in der näheren Umgebung des Grundstücks … vorwiegend Doppel- und Reihenhäuser.
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Nach entsprechender Anhörung am 23. Juli 2019 verweigerte die Beklagte mit Bescheid vom 30. September 2019 die Erteilung der beantragten Baugenehmigung.
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Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, das Vorhaben liege mangels gültigen Bauungsplans innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils; es sei insofern nach § 34 BauGB zu beurteilen. Das klägerische Vorhaben füge sich nicht i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Es liege mit seiner Bebauung in zweiter Reihe außerhalb des faktischen Bauraums. Aus städtebaulicher Sicht sei der rückwärtige Grundstücksteil aber von Bebauung freizuhalten. Zudem seien für das Bauvorhaben nach den Richtzahlen der Anlage der Satzung über die Herstellung und Bereithaltung von Kraftfahrzeugstellplätzen und Fahrradstellplätzen der Stadt … zwei Stellplätze für Kraftfahrzeuge nötig. Der Nachweis habe auf dem neu herauszumessenden Baugrundstück zu erfolgen. Anders als geplant seien die Stellplätze aber so anzuordnen, dass das Rangieren und Wenden auf dem eigenen Grundstück möglich sei, damit dieses vorwärts verlassen werden könne.
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Am 4. November 2019 haben die Kläger gegen den Bescheid vom 30. September 2019 Klage erhoben. Zur Begründung führen sie aus, das geplante Bauvorhaben füge sich nach seiner Art, seinem Maß und nach seiner Bauweise in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Sie meinen, die nähere Umgebung - die sog. Kriegsopfersiedlung - sei nicht von einer homogenen Bauweise geprägt. Zwar fänden sich in der unmittelbaren Nachbarschaft vorwiegend Doppel- bzw. Reihenhäuser. Diese Hausgruppen seien aber in Bezug auf das Bebauungsmaß sehr unterschiedlich und entfalteten auf objektive Betrachter daher den Eindruck einheitlicher Baukörper. Zudem werde die vorgesehene Einzelhausbebauung dem Ziel der städtebaulich erwünschten Nachverdichtung im Bestand gerecht, das die Veröffentlichungen des Stadtplanungsamts zur Baulandmobilisierung und zum Flächenmanagement enthielten. Auch der amtliche Bodenschutzbericht des städtischen Umweltamts erwähne Nachverdichtungsmaßnahmen als Baustein zum sparsamen Umgang mit Grund und Boden. Zuletzt sei das vom Gesamtgrundstück Flur-Nr. … abzutrennende Baugrundstück für den Nachweis zweier zusätzlicher Stellplätze geeignet.
I. Der Bescheid der Beklagten vom 30.09.2019 (* …*) wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern die beantragte Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Flur-Nr. … der Gemarkung … zu erteilen.
Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Kläger auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Flur-Nr. … der Gemarkung … unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
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Die Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
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Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt ihrer angegriffenen Verwaltungsentscheidung. Daneben führt sie aus, der Charakter der näheren Umgebung entspreche einem allgemeinen Wohngebiet. Das nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilende Vorhaben füge sich aber nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die Beklagte habe den Klägern deshalb am 3. Mai 2018 schon die Erteilung eines Vorbescheids verweigert.
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Zwar sei nach der Stellungnahme des Stadtplanungsamts grundsätzlich eine verdichtende Bebauung des Grundstücks möglich, jedoch nur als Anbau an das Bestandsgebäude und nicht in zweiter Reihe. Aktuell sei die …straße als Stichstraße im Norden die einzige verkehrliche Erschließung des Baugrundstücks der Kläger. An der Westseite grenze es lediglich an den beschränkt-öffentlichen Weg. Dieser sei nicht dem allgemeinen Straßenverkehr gewidmet, sondern ein Fußgängerbereich; daneben gestatte er nur die Zufahrt zu den Anliegergrundstücken.
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Es sei die Begründung zur Satzung Nr. * aus dem Jahr 2003 über die teilweise Aufhebung des Bebauungsplans … zu beachten. Zwar habe für die Baugrundstücke die Möglichkeit einer Nachverdichtung mit Einfamilienhäusern geschaffen werden sollen - aber nur für solche, die zweiseitig über ein Straßeneck erschlossen seien. Zudem verlange die Begründung, dass sich die zu schaffenden Einfamilienhäuser in die Umgebung einfügten. Ein Bauen in zweiter Reihe (im rückwärtigen Grundstücksteil) sei weiter unzulässig. Eine rückwärtige Bebauung in zweiter Reihe habe kein Vorbild in der näheren Umgebung. Das klägerische Vorhaben füge sich somit nach der überbaubaren Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
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Der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksfläche maßgebliche Bereich sei hier die Bebauung innerhalb des Gevierts …straße, …straße, beschränkt-öffentlicher Weg und …straße (Stichweg). Für den für die Beurteilung der überbaubaren Grundstücksfläche maßgeblichen Rahmen sei entscheidend, welche Bebauung das Baugrundstück präge und im Falle seiner Bebauung ihrerseits von ihm geprägt werden würde.
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Entscheidend sei, ob die vorhandene Bebauung eine faktische Baugrenze bilde und ob ein bislang von Bebauung freier rückwärtiger Grundstücksbereich bestehe. Maßstabsbildend sei regelmäßig die Häuserzeile, die die faktische Baugrenze bilde bzw. das jeweilige Straßenkaree. Die Bebauung im rückwärtigen Bereich einer Straßenrandbebauung stehe regelmäßig hinsichtlich der Bebauungstiefe nicht in einer Wechselbeziehung mit der Bebauung im rückwärtigen Bereich der gegenüberliegenden Straßenseite (verwiesen wird auf OVG Lüneburg, B.v. 26.8.2019, 1 LA 41/19, Rn. 8 - juris).
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Die vorhandene Bebauung sowie die dahinterliegenden unbebauten Grundstücksflächen im Innern des Gevierts wiesen eine einheitliche Struktur auf, aus der eine faktische Baugrenze für Hauptgebäude folge. Es gebe eine annähernd gemeinsame hintere Gebäudeflucht.
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Dem stehe nicht entgegen, dass die jeweiligen Bebauungstiefen der Hauptgebäude mit ihren Anbauten in unterschiedlichem Ausmaß in den rückwärtigen Bereich hineinragten. Wenn bei einer mittels Bebauungsplans festgesetzten Baugrenze nach § 23 Abs. 3 Satz. 2 BauNVO ein geringfügiges Vortreten von Gebäudeteilen zulässig sei, gelte dies auch für eine faktische Baugrenze (verwiesen wird auf BayVGH, B.v. 3.3.2016, 15 ZB 14.1542, Rn. 13 - juris).
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Im Innern des hier entscheidenden Gevierts sei eine grundstücksübergreifende, im räumlichen Zusammenhang stehende, unbebaute Grundstücksfläche vorhanden. In den rückwärtigen Grundstücksbereichen gebe es durchweg keine Hauptgebäude mit Wohnnutzung oder sonstiger zulässiger Hauptnutzung, sondern nur Nebengebäude. Der in Aussicht genommene Neubau der Kläger würde diese faktische Baugrenze überschreiten. Dies würde zu städtebaulichen Spannungen führen, da die begehrte Bebauung Vorbildwirkung für vergleichbare Wohnbebauungen in rückwärtigen Grundstücksbereichen im Geviert hätte.
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Dem stehe auch nicht das als überdachter Freisitz mit einem Motorrad-, Fahrrad und Gartengeräteraum genehmigte Nebengebäude auf dem Anwesen …straße …(Flur-Nr. …*) - südwestlich des Baugrundstücks - entgegen. Faktische Baugrenzen seien nur für vorhandene Hauptnutzungen von Bedeutung, da nur diesen maßstabsbildende Kraft zukomme.
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Unabhängig davon ergebe sich der Grundsatz einer Bebauung nur in erster Reihe auch daraus, dass die tatsächliche Bebauung im Geviert so erfolgt sei, als ob eine Bebauungstiefe nach § 23 Abs. 4 BauNVO festgesetzt sei; es werde nur insofern vom gesetzlichen Vorbild abgewichen, als sich die Bebauungstiefe von der Straße aus bestimme, der sie aufgrund des Grundstückszuschnitts zugeordnet sei. Ebenso wie § 23 Abs. 1 Satz 2 BauNVO durch Bezugnahme auf § 16 Absatz 5 BauNVO differenzierende Festsetzungen in Bebauungsplänen ermögliche, könnten sich auch aus einer tatsächlichen Bebauung überbaubare Grundstücksflächen ergeben, die nicht aus faktischen Baugrenzen, sondern aus anderen Prinzipien folgten.
21
Hier gebe es im Geviert keine Bebauung in zweiter Reihe. Dies gelte für die Anwesen …straße … und … Die Bebauung auf der Hausnummer …springe zwar tiefer in den zur …straße rückwärtigen Grundstücksbereich. Die Bebauung im rückwärtigen Bereich sei aber nur ein eingeschossiger Anbau an den zweigeschossigen Hauptbaukörper. Auch die Anwesen …straße …und … besäßen keine rückwärtige Bebauung in zweiter Reihe. Diese Grundstücke seien mit ihren Grundrissen zur …straße orientiert. Bei den grenzständigen Gebäuden, die an der östlichen Grundstücksgrenze des Grundstücks Flur-Nr. … errichtet seien, handele es sich um Nebengebäude (Garagen und Schuppen). Die Anwesen …straße … und … wiesen ebenfalls nur eine Bebauung in vorderer Reihe auf - hin zur …straße (Stichstraße). Diesem Ordnungsprinzip seien die mit der Satzung Nr. * im Jahr 2003 aufgehobenen Baugrenzen gefolgt. Diese Satzung zur Aufhebung der planungsrechtlichen Festsetzungen des Bebauungsplans … habe nicht den Weg zu einer Bebauung in zweiter Reihe eröffnen wollen.
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Bei der Beurteilung, was eine rückwärtige Bebauung ausmache, könne auf die Begriffsbestimmungen in § 23 BauNVO zur überbaubaren Grundstücksfläche - die nach § 23 Abs. 4 BauNVO auch durch Festsetzung einer Bebauungstiefe bestimmt werden könne - zurückgegriffen werden (zum Ganzen wird verwiesen auf: BVerwG, B.v. 12.8.2019 - 4 B 1.19 und BVerwG, B.v. 16.6.2009 - 4 B 50.08 - ZfBR 2009, 693).
23
Nach § 23 Abs. 4 Satz 2 BauNVO sei die Bebauungstiefe von der tatsächlichen Straßengrenze aus zu ermitteln. Dies sei die Grenze der als Erschließungsanlage gewählten öffentlichen Straße (verwiesen wird wiederum auf: BVerwG, B.v. 12.8.2019, aaO.). Die Rückwärtigkeit einer Bebauung bestimme sich durch einen räumlichen Bezug zu einer öffentlichen Erschließungsanlage (verweisen wird auf: OVG Lüneburg, ‚U.v. 10.9.2003 -1 LB 269/02 -, Rn. 24). Bei einem Grundstück, das an eine Straße, im Übrigen aber nur an einen Fußweg angrenze, sei für die Bestimmung der tatsächlichen Straßengrenze die Straße maßgeblich, von der das Grundstück erschlossen und der es seiner Bezeichnung nach zugeordnet sei (verwiesen wird auf: EZBK/Blechschmidt, 14. EL Oktober 2020, BauNVO § 23 Rn. 34 m.w.N.).
24
Die vom Vorhabengrundstück Flurnummer … (* …straße **) als öffentliche Straße gewählte, dem Grundstück zugeordnete Straße sei die …straße im Norden des Baugrundstücks. Baugrundstück sei das Grundstück in seiner jetzigen Form mit einem Wohnhaus an der Erschließungsstraße und einem bis zum südlichen angrenzenden Grundstück Flurnummer … (* …straße *) reichenden Garten. Dieses sei auf seiner ganzen Tiefe der …straße zugeordnet.
25
Der im Westen des Grundstücks vorbeiführende Wohnweg sei ein Fußweg (Wohnweg). Der Weg ermögliche zwar eine verkehrliche Erschließung. Er könne aber keine rückwärtige Bebauung vermitteln: Er sei nach seinem äußeren Erscheinungsbild auf seiner gesamten Länge als Fußweg angelegt; er sei nur zum Teil bituminös befestigt. Die im Jahr 1985 erfolgte Widmungserweiterung mit der Freigabe für den Anliegerverkehr vermöge daran nichts zu ändern. Aus der Umgebungsbebauung ergebe sich, dass der Wohnweg keine Zweiterschließung für eine rückwärtige Bebauung ermöglichen solle. Angesichts der Umgebungsbebauung könne nur die …straße für die zulässige Bebauungstiefe maßgeblich sein.
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Die vorhandene Doppelhausbebauung auf den Flurstücken … und … (* …straße … und **) sei kein Referenzvorhaben für das verfahrensgegenständliche Vorhaben. Immerhin sei der Wohnweg für diese die einzige verkehrliche Erschließungsanlage. Es handle sich daher auch nicht um eine rückwärtige Bebauung in zweiter Reihe. Auch hinter der Doppelhausbebauung bestehe keine Bebauung in zweiter Reihe.
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Dies gelte auch nach der von den Klägern geplanten Grundstücksteilung fort. Zwar wäre die Lage nach der Teilung mit den gegenüberliegenden Grundstücken Flurnummern … und … vergleichbar. Die Grundstücksteilung müsse aktuell aber unbeachtlich sein. Andernfalls könnten die Kläger mit der Teilung selbst eine neue überbaubare Grundstücksfläche für eine Bebauung in zweiter Reihe schaffen - wie ein Eigentümer, der über sein Vorderliegergrundstück eine Straße zum Hinterliegergrundstück anlege.
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Bauordnungsrechtliche, die Zulässigkeit des Vorhabens hindernde Gründe verneint die Beklagte zuletzt explizit. Vor allem sei der Nachweis der nach ihrer Stellplatzsatzung nötigen Stellplätze von den Klägern mit der Vorlage eines Freiflächenplans am 17. Mai 2021 noch ordnungsgemäß geführt worden.
29
Am 14. April 2021 hat der Kammervorsitzende den Standort des geplanten Vorhabens sowie dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen.
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Die Kläger haben am 16. April 2021, die Beklagte am 4. Mai 2021 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
31
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls verwiesen. Im Übrigen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Sie sind Inhalt der gerichtlichen Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist begründet. Die Kläger haben einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Dem klägerischen Vorhaben stehen keine zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO. Die Ablehnung durch die Beklagte am 30. September 2019 ist daher rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
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Das geplante Vorhaben der Kläger ist zulässig. Insbesondere fügt es sich hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein, § 34 Abs. 1 BauGB.
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1. Das in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil liegende Vorhaben der Kläger befindet sich nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Es ist daher nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen. Dabei erweist es sich als planungsrechtlich zulässig, da es sich insbesondere mit Blick auf die überbaubare Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.
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a) Die für ein Bauvorhaben maßgebliche nähere Umgebung i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist der den Vorhabenstandort umgebende Bereich, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des Vorhabengrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Die Grenzen der näheren Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2010 - 9 B 10.363 - juris).
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Damit sind die Grundstücke in der Umgebung insoweit zu berücksichtigen, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Eine Straße kann dabei trennendes oder verbindendes Element sein (BVerwG U.v. 25.5.1978, 4 C 9.77; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 36; VG Ansbach, U.v. 14.11.2018 - AN 9 K 16.641 - juris).
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Maßstab für die Beurteilung von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich ist nach § 34 Abs. 1 BauGB die Eigenart der näheren Umgebung. Entscheidend ist, ob sich der jeweils beachtlichen Umgebung ein Rahmen entnehmen lässt.
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Dabei ist unter der „Eigenart“ die Summe der städtebaulich relevanten Aspekte zu verstehen, auf die sich die Zulässigkeitsbeurteilung nach § 34 bezieht. Dies setzt die Prüfung des räumlichen Umfangs der maßgeblichen Umgebung sowie der städtebaulichen Elemente voraus, nach denen sich die Beurteilung des Einfügens richtet. Festzustellen ist insbesondere auch die Eigenart der überbaubaren Grundstücksfläche der näheren Umgebung (st.Rspr., wonach die Eigenart der näheren Umgebung für jedes der Merkmale aus § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gesonderten zu ermitteln ist, vgl u.a.: vgl. BVerwG, B.v. 6.11.1997 = NVwZ-RR 1998, 539; B.v. 13.5.2014 - 4 B 38.13, NVwZ 2014, 1246 = BeckRS 2014, 51700; U.v. 8.12.2015 - 4 C 5.14, ZfBR 2017, 263 = BeckRS 2016, 11376; BayVGH, U.v. 12.1.2012 - 2 B 11.2230 -, juris Rn. 20 - B.v. 28.11.2019 - 9 ZB 16.2300 - juris Rn. 6).
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Bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche ist die nähere Umgebung im Regelfall enger zu ziehen, als etwa beim Merkmal der Art der baulichen Nutzung, da die von den überbaubaren Grundstücksflächen ausgehende Prägung in ihrer Reichweite im Allgemeinen hinter den von der Art der baulichen Nutzung ausgehenden Wirkungen zurückbleibt (i.d.S. OVG Münster U.v. 2.12.2014 - 2 A 1675.13, BeckRS 2015, 46310, in der Folge auch: BVerwG B.v. 18.3.2015 - 4 B 11.15, BeckRS 2015, 43966; BayVGH, B.v. 19.12.2006 - 1 ZB 05.1371 -, Rn. 19, juris).
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Bei Wohnbauvorhaben inmitten eines Wohngebiets kann in der Regel das betreffende Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite als nähere Umgebung angesehen werden (BayVGH, U.v. 10.7.1998 - 2 B 96.2819 -, Rn. 25, juris; B.v. 27.9.2010 - 2 ZB 08.2775 - juris Rn. 4). Jedoch bildet die genannte Regel nur einen Ausgangspunkt. Entscheidend für die Bestimmung der näheren Umgebung ist stets eine einzelfallbezogene Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2014 - 4 B 38/13 - ZfBR 2014, 574 = juris Rn. 9; folgend: BayVGH, B.v. 3.3.2016 - 15 ZB 14.1542 -, Rn. 8, juris).
41
Unter Heranziehung des Akteninhalts - vor allem der Lagepläne - und unter Berücksichtigung der beim Augenschein gewonnenen Erkenntnisse ist hier das Geviert …straße (Süden), …straße (Osten); …straße - Stichweg (Norden) sowie bis zum westlich der Grundstücke …, … sowie … beginnenden Außenbereich als für die Bestimmung der Eigenart der überbaubaren Grundstücksfläche relevanter Bereich zugrunde zu legen.
42
Auch die Beklagte - wobei die Kläger nicht entgegentraten - legte ihrer Beurteilung im Ausgangspunkt die …straße im Süden, die …straße im Osten und die …straße (Stichstraße) im Norden des Vorhabengrundstücks zugrunde. Diese Annahme war auch sachgerecht, da eine etwaige faktisch bestehende überbaubare Grundstücksfläche sich über den genannten Bereich nicht auszuwirken vermag. Eine darüberhinausgehende gegenseitige Prägung scheidet aus - nicht nur, aber vor allem in optischer Hinsicht.
43
Entgegen den Ausführungen der Beklagten sind aber auch die Gebäude auf den Grundstücken …, … sowie … westlich des Vorhabengrundstücks bis zum Außenbereich angesichts der unmittelbaren Nähe und Blickmöglichkeit zum Baugrundstück zur näheren Umgebung zu rechnen. Dasselbe gilt für das Grundstück mit der Flurnummer … Denn auch insoweit besteht eine unmittelbar räumlich-funktionale Nähebeziehung. Daneben tritt die einheitliche Nutzungsstruktur als faktisches Wohngebiet. Zudem kann die …straße (beschränkt-öffentlicher Weg) südwestlich des Vorhabengrundstücks auch vor dem Hintergrund ihres Ausbaugrades sowie der geringen Breite keine funktionelle Trennung entfalten. Im Übrigen werden die von der Beklagten genehmigten Wohnnutzungen auf den Grundstücken … und …von der …straße (beschränkt-öffentlicher Weg) erschlossen; der beschränkt-öffentliche Weg ist aber nur über die südliche Kehre der …straße (Stichstraße) erreichbar. Folglich können sich beide Grundstücke auf die zur näheren Umgebung zu rechnenden Grundstücke … und … auswirken.
44
Auf entferntere Bebauungszusammenhänge vermögen sich faktische Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche im hiesigen kleineinteilig strukturierten, dicht besiedelten faktischen Wohngebiet allerdings nicht mehr auszuwirken. Das Vorhaben prägt nach dem Ergebnis des Augenscheins weder die Bebauung und Nutzung jenseits der …straße im Süden, der …straße im Osten, des nordöstlichen Teils der …straße (Stichstraße) sowie die an den Außenbereich grenzenden Grundstücke* …, … und* … im Westen des Vorhabengrundstücks, noch wird es selbst von dieser geprägt.
45
b. In diese beschriebene nähere Umgebung fügt sich das klägerische Vorhaben auch ein.
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aa. Dabei liegt es angesichts der Vorhabenbezogenheit der Prüfung des § 34 Abs. 1 BauGB nahe, auf das konkrete Vorhabengrundstück der Kläger abzustellen - mithin den vom bisherigen Grundstück Flurnummer …, Gemarkung …, erst noch abzutrennenden Bereich.
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Jedoch ist dieser Aspekt nicht endgültig zu entscheiden, da sich das klägerische Vorhaben auch unter Zugrundelegung des bisherigen Grundstücks Flurnummer … in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.
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bb. Hält sich ein Vorhaben in jeder Hinsicht innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden, oben skizzierten Rahmens, so fügt es sich regelmäßig in seine Umgebung ein. Dem Einfügen geht es folglich weniger um Einheitlichkeit, als um Harmonie (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - IV C 9.77 -, juris). Ein Vorhaben fügt sich grundsätzlich in die Eigenart der näheren Umgebung ein, wenn es der bestehenden städtebaulichen Situation entspricht (zum Ganzen: EZBK/Söfker, 140. EL Oktober 2020, BauGB § 34 Rn. 30, 31).
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Bei der Beurteilung des Einfügens mit Blick auf die überbaubare Grundstücksfläche kann auf die planungsrechtlichen Instrumente zur Festsetzung der überbaubaren Grundstücksfläche im Bebauungsplan zurückgegriffen werden - § 23 BauNVO, Baugrenze, Baulinie und Bebauungstiefe, BVerwG B.v. 16.6.2009 - 4 B 50.08, BeckRS 2009, 35587- BayVGH, B.v. 19.12.2006 - 1 ZB 05.1371 -, juris. Demnach bestimmt sich die überbaubare Grundstücksfläche im unbeplanten Bereich aus faktischen Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen. Für das Einfügen kommt es hier darauf an, ob der Standort des Gebäudes auf dem Baugrundstück sich in einem Bereich befinden soll, der nach dem durch die Standorte der Gebäude in der Umgebung vorgegebenen Rahmen bebaubar ist (BVerwG, B.v. 16.6.2009 - 4 B 50/08 -, juris; BayVGH, B.v. 16.12.2009 - 1 CS 09.1774 -, Rn. 18, juris). Eine rückwärtige Bebauung ist etwa zulässig, wenn die maßstabsbildenden umliegenden Grundstücke eine rückwärtige Bebauung aufweisen (BVerwG Beschluss vom 6.11.1997 - 4 B 172.97; OVG Münster Urt. v. 20.1.2020 - 10 A 591.18, BeckRS 2020, 3991). Da nach § 23 Abs. 4 Satz 2 BauNVO die Bebauungstiefe von der Straßengrenze aus zu ermitteln ist, kommt es auf die Grenze der als Erschließungsanlage gewählten öffentlichen Straße an. Tatsächliche Straßengrenze ist dabei die Grenze der als Erschließungsanlage gewählten öffentlichen Straße (BVerwG, B.v. 12.8.2019 - 4 B 1/19 -, juris Ls. 2).
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cc. Im relevanten Geviert besteht faktisch eine offene Bauweise i.S.v. § 22 Abs. 2 BauNVO. Die Betrachtung der Grundstücke zeigt, dass die Gebäude grundsätzlich mit seitlichem Grenzabstand errichtet wurden; dabei sind jeweils zwei Gebäude auf unterschiedlichen Grundstücken zu einer Hausgruppe aneinandergebaut.
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Eine faktische hintere Baugrenze respektive eine faktische Bebauungstiefe besteht entgegen den Ausführungen der Beklagten bei Heranziehung des Akteninhalts und unter Berücksichtigung der beim Augenschein gewonnenen Erkenntnisse hier nicht. Letztlich muss hier aber keine vorbehaltlose Entscheidung erfolgen.
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Es ist keine Bebauung feststellbar, aus der sich eine verfestigte städtebauliche Ordnung mit Blick auf die faktische überbaubare Grundstücksfläche im rückwärtigen Bereich ergibt. Die Bebauung im beschriebenen Geviert weist schon keine gemeinsamen hinteren Gebäudefluchten auf. Es fällt schwer, eine regelhafte Bebauung festzustellen: Schon beim Grundstück mit der Flurnummer … ist fraglich, ob es von der Erschließungsseite in der …straße aus betrachtet tatsächlich nicht über relevante Bebauung im rückwärtigen Bereich verfügt. Der nordöstliche Teil der Bebauung wurde nachträglich angebaut. Dabei dient der Anbau wohl ebenfalls Wohnzwecken, weshalb die Unterordnung i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO fraglich ist. Hinzu kommt die Bebauung auf dem Grundstück mit der Flurnummer … Hier wurde auf dem von der Erschließung betrachtet rückwärtigen Grundstücksteil ein Anbau errichtet. Dieser hat für den Betrachter gegenüber dem zeitlich früher vorhandenen „Haupthaus“ angesichts seiner Breite, der geschätzten Grundfläche und der Kubatur (Ausführung mit einem Pultdach) eine dominierende Wirkung; er ist nicht untergeordnet i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 BaunNVO. Zuletzt ist auch das Grundstück Flurnummer … im rückwärtigen Grundstücksbereich bebaut.
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dd. Doch selbst wenn man mit der Beklagten eine faktische Festsetzung erkennen wollte, die einer Bebauung im rückwärtigen Grundstücksbereich („in 2. Reihe“) entgegenstünde: Das geplante Vorhaben der Kläger würde nicht zur einer solchen rückwärtigen Bebauung führen. Es ist zu beachten, dass das Grundstück Flurnummer* …zweifach erschlossen ist. Insofern ist die „zweite Reihe“ aber von der jeweiligen Erschließung aus zu beurteilen.
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Die Beklagte erkennt im klägerischen Vorhaben deshalb eine Bebauung in zweiter Reihe, weil sie auf dieses von der nördlich des Vorhabensgrundstücks gelegenen …straße (Stichstraße) und nicht von der …straße (beschränkt-öffentlicher Weg) im Westen blickt. Von diesem Standpunkt aus mag das das klägerische Vorhaben auf dem südwestlichen Teil des aktuell noch nicht aufgeteilten Grundstücks Flurnummer … als rückwärtig und in zweiter Reihe erscheinen. Jedoch ist auch die …straße (beschränkt-öffentlicher Weg) eine öffentliche Erschließungsanlage, von der aus die Gebäudefluchten zu bestimmen sein können.
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Wie die Beklagte vorträgt, ist die überbaubare Grundstücksfläche im Sinne des § 23 Abs. 4 BauNVO von der tatsächlichen Straßengrenze aus zu ermitteln. Sie will aber dem beschränkt-öffentlichen Weg aber nicht die Qualität einer Straße in diesem Sinn beimessen.
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Jedoch ist auch die …straße (beschränkt-öffentlicher Weg) eine Straße. Dies folgt daraus, dass der Fußgängerbereich als beschränkt-öffentlicher Weg (Art. 53 Nr. 2 BayStrWG) - unabhängig von Ausbaugrad und Breite - schon nach der gesetzlichen Überschrift des Art. 53 BayStrWG eine Straße ist.
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Darüber hinaus hat die Beklagte den beschränkt-öffentlichen Weg selbst für die Zufahrt durch Anlieger gewidmet. Ihm kommt erschließende Funktion zu. Folglich ist er für die Beurteilung der faktisch überbaubaren Grundstücksfläche heranzuziehen.
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Ferner trägt die Beklagte für die westlich des Baugrundstücks gelegenen Flurnummern …und … vor, dass der beschränkt-öffentliche Weg zur Beurteilung der überbaubaren Grundstücksfläche heranzuziehen sei. Nur bei dieser Betrachtung trüge das auch von der Beklagten angeführte Argument einheitlicher Gebäudefluchten auf den Grundstücken.
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Mit dem nunmehrigen Argument, wonach dieser beschränkt-öffentliche Weg zur Beurteilung einer Bebauungstiefe bzw. hinteren Baugrenze auf dem Grundstück …gerade nicht heranzuziehen sei, wäre es aber konsequent, die Bebauung der Grundstücke …und* …ebenfalls nicht vom beschränkt-öffentlichen Weg, sondern aus der Perspektive der …straße (Stichstraße) zu betrachten. Bei dieser Betrachtung hätte die Beklagte selbst eine Bebauung in zweiter Reihe genehmigt.
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Ein sachgerechtes Argument dafür, weshalb der beschränkt-öffentliche Weg in einem Fall für die Beurteilung der überbaubaren Grundstücksfläche herangezogen werden kann und in einem Fall nicht, ist nicht erkennbar. Es besteht kein Anlass, danach zu differenzieren - wie es die Beklagte möchte - ob ein Grundstück - wie die Flurnummern …und … ausschließlich über den beschränkt-öffentlichen Weg oder wie das Baugrundstück zweiseitig - durch den beschränkt-öffentlichen Weg sowie die* …straße (Stichstraße) erschlossen ist.
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Im Übrigen spricht auch der Sachverhalt der Beilage zur Einladung für die … Sitzung des Stadtplanungsausschusses, bei dem die Aufhebung des Bebauungsplans … der Beklagten im betreffenden Gebiet beschlossen wurde dafür, dass der Planungsgeber zweiseitig erschlossene Grundstücke wie hier für eine Verdichtung im Bestand im Auge hatte, ohne nach dem Ausbaugrad oder der Rechtsqualität der Erschließung zu unterscheiden.
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Schließlich scheint die Beklagte selbst ihre eigene Argumentation zu konterkarieren, wenn sie im Verwaltungsverfahren erklärt, dass sie einen Anbau der Kläger an das Gebäude auf dem Grundstück … wohl für genehmigungsfähig hielte - offenbar ohne insoweit auf eine Unterordnung desselben zu beharren, was i.S.d § 23 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO aber erforderlich wäre, um ihre eigene Argumentation hinsichtlich der Freiheit von Hauptnutzungen im rückwärtigen Bereich zu stützen.
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2. Sonstige die Zulässigkeit des Vorhabens hindernde Aspekte sind weder ersichtlich, noch haben die Beteiligten solche vorgetragen. Insbesondere ist die Erschließung gesichert. Die Kläger haben jedenfalls mit Vorlage des Freiflächenplans am 17. Mai 2021 den erforderlichen Stellplatznachweis erbracht, Art. 47 BayBO i.V.m. der Satzung der Beklagten über die Herstellung und Bereithaltung von Kraftfahrzeugstellplätzen und Fahrradabstellplätze; insoweit besteht auch Einigkeit der Beteiligten.
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Im Übrigen sind keine bauordnungsrechtlichen Gründe für eine Versagung der Baugenehmigung erkennbar.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO i.V.m. 708 ff ZPO.