Titel:
Anrechnung von 2/5 Urlaubsanspruch bei Teilnahme an Fortbildungen für einen Beamten in Teilzeitbeschäftigung
Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BayUrlMV § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, Abs. 6
Leitsatz:
§ 10 Abs. 6 BayUrlMV verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil er für Vollzeit- und Teilzeitkräfte gleichermaßen angewendet wird. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anspruch eines Beamten in Teilzeitbeschäftigung, die Anrechnungsregelung von 2/5 Urlaubsanspruch bei Teilnahme an Fortbildungen unangewendet zu lassen (verneint), Beamter, Teilzeitbeschäftigung, Teilzeit, Anrechnungsregelung, Anrechnung, Urlaubsanspruch, Urlaub, Teilnahme, Fortbildungen, Fortbildungsveranstaltung, Anwendung, Gewerkschaft, Dienstbefreiung, Erholungsurlaub, Gleichbehandlung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 18065
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Erhöhung der ihm gewährten Stundenanrechnung im Rahmen seiner Teilnahme an einer von der BTE - Gewerkschaft Mess- und Eichwesen im dbb, Landesverband Bayern (BTE) - organisierten Veranstaltung von 3 Stunden und 36 Minuten auf die an diesem Tag geltende Sollzeit von 6 Stunden, somit eine Gutschrift von weiteren 2 Stunden und 24 Minuten.
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1. Der Kläger steht im Dienste des Beklagten. Er ist am Bayerischen Landesamt für Maß und Gewicht, Dienststelle Ei., mit einer Sollarbeitszeit von 30 Wochenstunden tätig, was einer Teilzeit von 75% entspricht.
3
Mit Schreiben vom 16.09.2018 beantragte der Landesvorsitzende der BTE für die Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung der BTE am 18.10.2018 in … Dienstbefreiung für alle Teilnehmer der Bayerischen Eich- und Beschussverwaltung von 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr. Ausweislich des Einladungsschreibens sei folgendes Programm geplant:
09.00 Uhr
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Early-Bird-Kaffee/Bier
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09.30 Uhr
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Begrüßung durch …, 1. Vorsitzender des BTE Bayern
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09.45 Uhr
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Grußwort …, Bürgermeister … (angefragt)
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10.00 Uhr
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Grußwort von …, stellv. BBB Vorsitzender (angefragt)
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10.30 Uhr
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Fachvortrag …, Bayerischer Beamtenbund - KEG „Wissenswertes über die Beamtenpension“ (im Anschluss Möglichkeit individueller Gespräche)
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11.30 Uhr
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Mittagspause
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Anschließend kurzes Gedenken am Grab unseres verstorbenen Ehrenvorsitzenden, …
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13.00 Uhr
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„Entwicklungen im Eich- und Beschusswesen“ Vortrag mit anschließender Diskussion … und/oder …, Direktor und stellvertretender Direktor der bayerischen Eich- und Beschussverwaltung
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14.00 Uhr
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2019: 150 Jahre Landesamt für Maß und Gewicht - Information über Veranstaltung - Beitrag des BTE?
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14.20 Uhr
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…, Vorsitzender des Gesamtpersonalrates Bayerische Eich- und Beschussverwaltung
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Ca. 15 Uhr
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Mitgliederversammlung des BTE
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Anschließend
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Gemütliches Beisammensein
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Der Dienstherr teilte dem Veranstalter mit E-Mail vom 12.10.2018 mit, dass für die genannte Veranstaltung Dienstbefreiung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 der Verordnung über Urlaub, Mutterschutz und Elternzeit der bayerischen Beamten (Bayerische Urlaubs- und Mutterschutzverordnung - UrlMV) gewährt werden könne. Auf den zu tragenden Eigenanteil von zwei Fünfteln der versäumten Arbeitszeit nach § 10 Abs. 6 Satz 1 UrlMV wurde hingewiesen.
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Aufgrund der übersandten Anwesenheitsliste wurde dem Kläger für den 18.10.2018 die an diesem Tag für ihn geltende Sollarbeitszeit von 6 Stunden abzüglich des Eigenanteils von zwei Fünfteln auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben (3 Stunden 36 Minuten).
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Mit Schreiben vom 07.01.2019 beantragte der Kläger, für die Fortbildungsveranstaltung des BTE am 18.10.2018 in … Dienstbefreiung unter Fortgewährung der Bezüge für sechs Stunden zu gewähren und das Arbeitszeitkonto entsprechend zu korrigieren, hilfsweise Dienstbefreiung unter Fortgewähr der Bezüge zu gewähren, in dem gleichen zeitlichen Umfang, wie sie von einem Vollzeitbeamten beansprucht werden kann, und das Arbeitszeitkonto entsprechend zu korrigieren.
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Mit Schreiben vom 08.05.2019 teilte das Personalreferat des Bayerischen Landesamts für Maß und Gewicht mit, dass dem Antrag nicht entsprochen werden könne. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 UrlMV zwar eine Dienstbefreiung unter Fortgewährung der Dienstbezüge u.a. für die Teilnahme an beruflichen Fortbildungsveranstaltungen bewilligt werden könne. Diese sei dann zu zwei Fünfteln auf den Urlaubsanspruch des laufenden, ersatzweise des nächsten Kalenderjahres anzurechnen. Folglich seien drei Fünftel der Sollarbeitszeit des Klägers gutzuschreiben.
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Mit Schreiben vom 07.06.2019 legte der Kläger dagegen Widerspruch ein.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 21.08.2019, dem Kläger zugestellt am 28.08.2019, wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Fortbildungsveranstaltung um eine berufliche Fortbildungsveranstaltung gehandelt habe. Diese sei keine dienstliche sondern eine gewerkschaftliche Veranstaltung mit der Konsequenz, dass für die zur Teilnahme notwendige Abwesenheit Dienstbefreiung erforderlich gewesen sei. Darüber hinaus handle es sich bei § 10 Abs. 6 Satz 1 UrlMV um eine bindende Regelung, sodass der Beklagte verpflichtet gewesen sei, zwei Fünftel der entfallenden Arbeitszeit auf bestehende Urlaubsansprüche anzurechnen. Auch eine etwaige abweichende Handhabung in der Vergangenheit könne zu keinem anderen Ergebnis führen, da eine ständige Verwaltungspraxis nur im Ermessensbereich eine Selbstbindung der Verwaltung bewirken könne.
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2. Mit Schriftsatz vom 23.09.2019, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag eingegangen, ließ der Kläger über seinen Bevollmächtigten Klage erheben und beantragte mit Schriftsatz vom 07.11.2019
1. die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Schreibens vom 08.05.2019 in Form des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2019, dem Kläger für den 18.10.2018 Dienstbefreiung unter Fortgewähr der Bezüge für 6 Stunden zu gewähren, bei entsprechender Korrektur des Arbeitszeitkontos.
2. die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 08.05.2019 in Form des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2019, dem Kläger für den 18.10.2018 Dienstbefreiung unter Fortgewähr der Bezüge zu gewähren, im gleichen zeitlichen Umfang, wie sie von einem Vollzeitbeamten beansprucht werden kann, bei entsprechender Korrektur des Arbeitszeitkontos.
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Zur Begründung führte er aus, dass seitens der Beklagten bei allen gleichartigen früheren Veranstaltungen Dienstbefreiung von jeweils 9 bis 15 Uhr gewährt worden sei. Damit sei eine Selbstbindung der Beklagten eingetreten. Außerdem ergebe sich die Verpflichtung aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. So habe der Beklagte den vollzeitbeschäftigten Beamten ebenfalls eine Dienstbefreiung von sechs Stunden gewährt. Zudem wies der Klägerbevollmächtigte auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 17.12.2015 - Az. 6 A 431/14 hin.
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Ergänzend korrigierte er mit Schriftsatz vom 11.11.2019, dass den in Vollzeit arbeitenden Beamten für die Teilnahme an der Veranstaltung in … drei Fünftel der Vollzeitarbeitszeit (also 5 Stunden und 6 Minuten bei einer Sollzeit von 8,5 Stunden pro Tag) gutgeschrieben worden seien, nicht wie ursprünglich vorgetragen sechs Stunden. Nur bei Veranstaltungen vor 2018 seien allen Teilnehmern sechs Stunden gutgeschrieben worden.
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Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 26.11.2019 Klageabweisung und wiederholte zunächst die rechtlichen Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid vom 21.08.2019. Ergänzend führte der Beklagte aus, dass die geforderte Dienstbefreiung von 9 Uhr bis 15 Uhr im Falle des Klägers aus tatsächlichen Gründen unmöglich sei. Ausweislich der Teilzeitgenehmigung vom 13.07.2012, Az. …, habe man die Sollzeit des Klägers von 07:30 Uhr bis 13:30 Uhr festgelegt. Eine Dienstbefreiung über diesen Zeitrahmen hinaus sei bereits mangels Verpflichtung zur Dienstleistung nicht möglich.
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Weiterhin liege keine Benachteiligung wegen der Teilzeitbeschäftigung vor. Ein Vollzeitbeamter müsse hier ebenfalls zwei Fünftel der entfallenen Arbeitszeit und somit 3 Stunden und 24 Minuten als Eigenanteil einbringen. Auch Teilzeitbeschäftige müssten zwei Fünftel der individuellen Sollzeit einbringen, sodass der reduzierten Arbeitszeit bereits ausreichend Rechnung getragen werde. Eine Gutschrift im selben Rahmen wie bei einem Vollzeitbeschäftigten führe im Extremfall zu einem vollständigen Entfallen des Eigenanteils, sie würde dem Wortlaut des § 10 Abs. 6 Satz 1 UrlMV widersprechen und eine Benachteiligung der vollzeitbeschäftigen Beamten darstellen.
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Mit Schreiben vom 08.03.2021 (Beklagtenseite) bzw. 19.03.2021 (Klägerseite) erteilten die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
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Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtssowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Über die Streitsache konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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I. Die zulässige Klage bleibt in der Sache sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag ohne Erfolg.
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1. Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren ist § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 6 der UrlMV. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UrlMV kann Dienstbefreiung unter Fortgewährung der Leistungen des Dienstherrn bewilligt werden für die Teilnahme an wissenschaftlichen Tagungen und beruflichen Fortbildungsveranstaltungen sowie für staatspolitische Zwecke. Einschränkend ergänzt § 10 Abs. 6 Satz 1 UrlMV, dass Dienstbefreiung nur in den Fällen des Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und 6 und auch nur zu zwei Fünfteln auf den Urlaubsanspruch des laufenden, ersatzweise des nächsten Kalenderjahres, ersatzweise auf Ansprüche auf Freizeitausgleich angerechnet wird.
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Die streitgegenständliche Veranstaltung der Gewerkschaft, die der Kläger am 18.10.2018 besuchte, ist eine berufliche Fortbildungsveranstaltung in diesem Sinne.
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Berufliche Fortbildungsveranstaltungen sind dabei keine solchen, die auf Veranlassung des Dienstherrn besucht werden, weil der Besuch solcher Veranstaltungen eine Dienstleistung darstellt, zu welcher der Beamte schon kraft seines Dienst- und Treueverhältnisses (Art. 33 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG) verpflichtet ist. Gleichwohl decken die beruflichen Fortbildungsveranstaltungen ein weites Spektrum ab. Sie dienen der Vertiefung und Verbesserung der fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb des Berufs oder der Fachlaufbahn. Ein allgemeines Bildungsthema reicht daher grundsätzlich nicht aus. Allerdings liegen die gesetzlichen Voraussetzungen einer beruflichen Weiterbildung auch dann vor, wenn sich aus der konkreten Bildungsmaßnahme ein Vorteil für den Dienstherrn mittelbar dadurch ergibt, dass der Beamte etwa durch Erfahrungsgewinn im Umgang mit Menschen mehr Eigeninitiative und Verantwortungsbereitschaft an seinem Arbeitsplatz entwickelt (Baßlsperger, in: Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, BayBG, Stand: Januar 2021, Art. 93 Rn. 145). Berufliche Fortbildungen dienen also der Vertiefung bzw. Verbesserung der fachlichen Kenntnisse innerhalb des jeweiligen Berufes (BeckOK BeamtenR Bayern/Heizer, 20. Ed. 1.1.2021, BayBG Art. 93 Rn. 75-75.2).
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Gemessen daran ist die Fortbildungsveranstaltung der BTE am 18.10.2018 in …, bei der laut Tagesordnung immerhin um 10.30 Uhr und um 13.00 Uhr jeweils ein Fachvortrag vorgesehen war, zumindest deswegen als Fortbildungsveranstaltung im Sinne der Vorschrift anzusehen, weil der Beklagte dies mit E-Mail vom 12.10.2018 als solche anerkannt hat. Gleichzeitig hat er dabei auf die anzuwendende Anrechnungsregelung des § 10 Abs. 6 UrlMV hingewiesen.
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Während die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UrlMV als Ermessensvorschrift („…Dienstbefreiung kann bewilligt werden…“) ausgestaltet ist, sieht die Einschränkung des Absatzes 6 ein solches Ermessen nicht vor („Dienstbefreiung wird … nur zu zwei Fünfteln auf den Urlaubsanspruch … angerechnet.“).
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Danach wird in § 10 Abs. 6 UrlMV im Falle von Dienstbefreiungen für die Teilnahme an wissenschaftlichen Tagungen und beruflichen Fortbildungsveranstaltungen und für staatspolitische Zwecke sowie für die Teilnahme an herausragenden sportlichen Ereignissen eine teilweise Anrechnung auf den Erholungsurlaub des laufenden oder des nächsten Urlaubsjahres oder auf den Anspruch auf Freizeitausgleich vorgeschrieben. Dieser Anrechnung unterliegen zwei Fünftel der in Anspruch genommenen Dienstbefreiungstage, wobei jedoch der Mindesturlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz und dem Jugendarbeitsschutzgesetz nicht unterschritten werden darf. Scheidet eine Anrechnung deshalb aus, weil ein anrechenbarer Anspruch auf Erholungsurlaub oder Freizeitausgleich nicht zur Verfügung steht, muss der Umfang der Dienstbefreiung entsprechend gekürzt werden. Jedoch kann auf Antrag des Beamten Sonderurlaub unter Wegfall der Besoldung gewährt werden (Baßlperger in Weiß/Niedermayer/Summer, BayBG, Art. 93 Rn. 149).
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Dieser bindenden gesetzlichen Regelung folgend hat der Beklagte die streitgegenständliche Anrechnung beim Kläger zutreffend vorgenommen. Der Beklagte hätte also mangels eingeräumten Ermessens von dieser gesetzlichen Regelung auch bei entsprechendem Willen keine abweichende Anrechnungsregelung zu Gunsten des Klägers vornehmen können.
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2. Eine vom Vorgehen des Beklagten abweichende Anrechnungsweise gebietet sich auch nicht bei Betrachtung der - unbeanstandet gebliebenen - Vorgängerregelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Abs. 6 Satz 2 der Verordnung über den Urlaub der bayerischen Beamten und Richter (Urlaubsverordnung - UrlV). Bereits nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayUrlV a.F. konnte der Dienstvorgesetzte Dienstbefreiung unter Fortgewährung der Leistungen des Dienstherrn für die Teilnahme an wissenschaftlichen Tagungen und beruflichen Fortbildungsveranstaltungen sowie für staatspolitische Zwecke bewilligen.
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Nach § 16 Abs. 6 Satz 1 UrlV a. F. wurde zwar klargestellt, dass eine Dienstbefreiung grundsätzlich nicht auf den Erholungsurlaub angerechnet wird. Aber auch nach der alten Gesetzesfassung schränkte § 16 Abs. 6 Satz 2 UrlV a.F. dies bereits insoweit ein, als bei Gewährung von Dienstbefreiung nach Absatz 1 Satz 1 Nrn. 5 und 6 zwei Fünftel der in Anspruch genommenen Dienstbefreiung auf den zustehenden Erholungsurlaub des laufenden oder nächsten Urlaubsjahres oder auf den Anspruch auf Freizeitausgleich anzurechnen waren.
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In der Sache ergibt sich im Vergleich mit der unbeanstandet gebliebenen und lediglich in der Formulierungsweise abweichenden Vorgängerregelung kein inhaltlicher bzw. rechtlicher Unterschied zur aktuell geltenden Regelung.
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Bereits in der Vergangenheit also war die vom Kläger beanstandete Anrechnung von Erholungsurlaub bei Dienstbefreiungen für berufliche Fortbildungsveranstaltungen entsprechend gesetzlich vorgeschrieben.
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3. Auch durch eine - möglicherweise - in der Vergangenheit abweichende Handhabung der Anrechnungsregelung durch den Beklagten kann der Kläger keinen Anspruch auf Gutschrift von weiteren 2 Stunden und 24 Minuten Dienstzeit bzw. eine Gleichstellung mit in Vollzeit tätigen Beamten herleiten.
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Konkret hatte der Klägerbevollmächtigte in seinem Schriftsatz von 11.11.2019 - vom Beklagten unwidersprochen - geäußert, dass bei den vorangegangenen Veranstaltungen (vor 2018) allen Teilnehmern sechs Stunden gutgeschrieben worden seien.
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Darauf kommt es jedoch nicht entscheidungserheblich an. Selbst wenn dies zutreffen sollte, kommt ein Anspruch des Klägers auf Fortführung dieser Praxis im Wege der Selbstbindung der Verwaltung nicht in Betracht. Normative Grundlage der Selbstbindung ist vor allem der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Zudem kann sich eine Selbstbindung aufgrund des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzips ergeben (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2018, § 40 Rn. 104). Eine Selbstbindung kommt aber überhaupt nur bzgl. rechtmäßiger Verwaltungspraxis oder Verwaltungsvorschriften in Betracht. Der Vorrang des Gesetzes verhindert, dass sich die Verwaltungsbehörde selbst auf eine der Bindung an das Gesetz widersprechende „Gleichheit im Unrecht“ verpflichtet (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2018, § 40 Rn. 117).
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Entsprechend den oben erörterten Grundsätzen zur Anrechnung von Erholungsurlaub auf eine Dienstbefreiung zur Teilnahme an einer beruflichen Fortbildungsveranstaltung - auch bereits im Rahmen der Vorgängerregelung zu § 10 Abs. 6 UrlMV - kann somit der Kläger aus einer bis dato (möglicherweise) abweichend praktizierten Vorgehensweise keine für ihn günstigere Berechnung beanspruchen.
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4. Schließlich ergibt sich keine gesetzwidrige Ungleichbehandlung von Vollzeit- und Teilzeitkräften durch den Beklagten - wie vom Kläger vorgetragen - durch die Anwendung der streitgegenständlichen Regelung. Wie sich sowohl aus den Ausführungen des Beklagten wie auch aus dem Gesetz selbst ergibt, ist bei Teilzeitim selben Umfang wie bei Vollzeitkräften unterschiedslos eine Anrechnung der Zeit der Dienstbefreiung zu zwei Fünfteln auf den bestehenden Anspruch auf Erholungsurlaub entsprechend der gesetzlichen Regelung erfolgt. Dem Teilzeitfaktor wurde damit entsprechend Rechnung getragen.
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Es ist überdies fraglich, ob der Kläger an seinem Vorbringen, dass durch die Anwendung der streitgegenständlichen Regelung eine derartige Ungleichbehandlung entsteht, festhält. In Anbetracht seines ergänzenden Vorbringens im Schriftsatz vom 11.11.2019, in dem er selbst einräumt, dass lediglich bei Veranstaltungen bis 2018 Vollzeitkräften pauschal sechs Stunden Dienstbefreiung gewährt wurden, nicht aber bei der streitgegenständlichen Veranstaltung, ist dies eher zweifelhaft.
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5. Auf die individuellen Sollzeitregelungen, die für den Kläger an den jeweiligen Wochentagen gemäß der Teilzeitgenehmigung vom 13.07.2012, Az. …, auf die der Beklagte verweist, gilt, kommt es damit nicht mehr an. Eine dem Kläger günstigere Anrechnungsweise des für die Teilnahme an der streitgegenständlichen Fortbildungsveranstaltung einzubringenden Erholungsurlaubs ist bereits nach dem Gesetz nicht möglich.
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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II. Der Kläger hat als unterliegender Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.
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III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).
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IV. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.