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VG München, Urteil v. 20.05.2021 – M 10 K 19.2536
Titel:

Heranziehung des Inhabers eines Juweliergeschäfts zu einem Fremdenverkehrsbeitrag

Normenkette:
BayKAG Art. 6
Leitsätze:
1. Die Legitimation für eine Schätzung des Vorteilssatzes im Hinblick auf einen Fremdenverkehrsbeitrag ergibt sich daraus, dass es praktisch kaum möglich ist, die dem Einzelnen aus dem Fremdenverkehr erwachsenden Vorteile exakt zu ermitteln und die Geschäfte mit Fremden und Ortsansässigen auseinander zu dividieren, wobei die Schätzung des Vorteilssatzes als bloße Tatsachenfeststellung in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar ist; es besteht jedoch ein Schätzungsspielraum. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer zentralen Lage der Geschäftsräume eines Juweliergeschäfts und unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung des Betriebs, insbesondere auch des vorgehaltene Sortiments und der Tätigkeit als Goldschmied kann ein Vorteilssatz von 30% nicht als unangemessen angesehen werden. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Begriff des Fremdenverkehrs umfasst alle Formen des Erholungs-, Vergnügungs-, Heil- und Bildungstourismus; entscheidend ist, dass es sich um einen kurzfristigen Aufenthalt eines nicht Ortsansässigen in der Gemeinde aus einem im weitesten Sinne dem Tourismus zuzurechnenden Grund handelt. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Fremdenverkehrsbeitrag stellt einen Gegenwert für diejenigen Kosten dar, welche die Gemeinde zur Förderung des Fremdenverkehrs aufbringt, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Beitragspflichtige durch die Inanspruchnahme ganz bestimmter Fremdenverkehrseinrichtungen einen konkreten nachweisbaren Vorteil hat; die Beitragspflicht wird vielmehr durch die Vorteile aus dem Fremdenverkehr als solchem ausgelöst. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fremdenverkehrsbeitrag, Höhe des Vorteilssatzes, Begriff des Fremden, Juwelier, Goldschmied, Fremdenverkehrsbeitragspflicht, Fremdenverkehr, Juweliergeschäft, Goldschmiede, Vorteile, Höhe, Vorteilssatz, Schätzung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 17988

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Fremdenverkehrsbeitrag durch die Beklagte.
2
Der Kläger ist Inhaber eines Juweliergeschäfts mit Goldschmiede im Gemeindegebiet der Beklagten.
3
Die Beklagte erhebt auf Grundlage ihrer Satzung für die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrags in der Gemeinde … vom 4. Dezember 1992, zuletzt geändert mit Satzung vom 29. November 2004 (Fremdenverkehrsbeitragssatzung - FVBS), einen Fremdenverkehrsbeitrag. Dieser wird gemäß § 1 Abs. 1 FVBS von den „selbständig tätigen“ und den juristischen Personen, denen durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet Vorteile erwachsen, erhoben. Laut § 2 Abs. 1 FVBS wird durch den Beitrag der Vorteil, der dem Beitragsschuldner innerhalb eines Kalenderjahres durch den Fremdenverkehr mittelbar oder unmittelbar erwächst, abgegolten. Zur Bestimmung des Vorteils dienen der einkommens- oder körperschaftssteuerpflichtige Gewinn und der steuerbare Umsatz innerhalb eines Kalenderjahres, § 2 Abs. 2 Satz 1 FVBS. Die Beitragsschuld wird auf Grundlage des Gewinns bestimmt, wenn sich nicht auf der Grundlage des steuerbaren Umsatzes ein höherer Betrag ergibt, § 2 Abs. 2 Satz 2 FVBS. Nach § 3 Abs. 1 FVBS errechnet sich der Beitrag nach dem Gewinn, indem der Gewinn mit dem Vorteilssatz und dem Beitragssatz multipliziert wird. Der Vorteilssatz bezeichnet den auf dem Fremdenverkehr beruhenden Teil des einkommens- oder körperschaftssteuerpflichtigen Gewinns oder des steuerbaren Umsatzes, § 3 Abs. 3 Satz 1 FVBS. Er wird durch Schätzung für jeden Fall gesondert ermittelt, § 3 Abs. 3 Satz 2 FVBS. Dabei sind insbesondere Art und Umfang der selbständigen Tätigkeit, die Lage und Größe der Geschäfts- und Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises von Bedeutung, § 3 Abs. 3 Satz 3 FVBS.
4
Mit Bescheid vom 28. November 2017 setzte die Beklagte einen Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 2016 in Höhe von 621 EUR fest, wobei sie den Beitrag nach dem einkommens- oder körperschaftssteuerpflichtigen Gewinn des Klägers im Jahr 2016 (51.789,79 EUR) berechnete und einen Vorteilssatz von 30% ansetzte.
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Mit Schreiben vom 5. Dezember 2017 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2019 wies das Landratsamt … … den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde zum Vorteilssatz unter anderem im Hinblick auf die damals vorgelegte Umsatzübersicht für das Jahr 2013 ausgeführt, dass in den Ferienmonaten März/April sowie August/September ein deutlicher Anstieg der Umsätze erkennbar sei. Auch gebe es keinerlei Gründe, warum der Umsatz für den Monat Dezember nicht in den Gesamtumsatz miteinberechnet werden solle. Gerade im Dezember würden viele Ortsfremde bedingt durch Veranstaltungen (u.a. Christkindlmarkt, Konzerte) oder zum Zwecke der Erholung (Wintersport) im Gebiet der Beklagten weilen. Die gemeindliche Fremdenverkehrsförderung sei zumindest mitursächlich für die Mehreinnahmen in diesen Zeiträumen.
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Mit Schriftsatz vom 24. Mai 2019 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,
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Der Fremdenverkehrsbeitragsbescheid der Beklagten vom 28. November 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 3. Mai 2019 wird aufgehoben.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Beklagte fehlerhaft von einem Vorteilssatz von 30% ausgegangen sei. Die Beklagte übersehe, dass das Juweliergeschäft nicht nur von Einwohnern der Beklagten und von Fremden besucht werde, die dem Fremdenverkehr im Gebiet der Beklagten zuzurechnen seien. Eine weitere Gruppe von Kunden, die die Beklagte bei ihrer Schätzung des Vorteilssatzes völlig außer Acht gelassen habe, seien Fremde, die zum Beispiel aus benachbarten Orten in der Region stammten oder als Geschäftsreisende und Durchreisende das Juweliergeschäft des Klägers besuchten, ohne sich aus Fremdenverkehrsgründen im Gebiet der Beklagten aufzuhalten. Der zweiteilige Fremdenverkehrsbegriff des Art. 6 Kommunalabgabengesetz (KAG) führe dazu, dass bei der Schätzung des Vorteilssatzes diejenigen Anteile des Gewinns bzw. Umsatzes auszublenden seien, die entweder durch Geschäfte mit Ortsansässigen oder aber mit Ortsfremden ohne dem Tourismus unterfallenden Aufenthaltsgründen erwirtschaftet würden. Ferner habe die Beklagte bei der Schätzung des Vorteilssatzes übersehen, dass der Kläger seinen überwiegenden Umsatz nicht während der Fremdenverkehrssaison, das heiße nicht in den Monaten Mai bis Oktober, sondern im Winterhalbjahr und hier vor allem im Monat Dezember erziele. Nach den amtlichen Übernachtungszahlen ergebe sich für die Monate Mai bis Oktober ein Anteil an den Gesamtjahresübernachtungen von circa zwei Drittel. Trotz dieser hohen Übernachtungszahlen erziele der Kläger in den Monaten Mai bis Oktober lediglich Umsätze, die unter 50% des Jahresumsatzes lägen. Noch deutlicher sei das Missverhältnis zwischen Übernachtungszahlen und dem Umsatz des Klägers im Monat Februar. In diesem Monat, in den in den Jahren 2016 bis 2018 die Faschingsferien gefallen seien, seien sehr hohe Übernachtungszahlen, andererseits aber im Jahresvergleich der einzelnen Monate der jeweils geringste Monatsumsatz zu verzeichnen. Das zeige, dass der Kläger nach der Zusammensetzung seines Kundenkreises nur in einem geringen Umfang Vorteile aus dem Fremdenverkehr habe. Angemessen sei nach alledem ein Vorteilsatz in Höhe von 5%. Im Übrigen wird auf die Begründung Bezug genommen.
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Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2019 beantragt die Beklagte:
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Die Klage wird abgewiesen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass entgegen der Rechtsauffassung des Klägers auch Ortsfremde in Gestalt von Durch- und Geschäftsreisenden sowie aus anderen Gemeinden der Region stammende Kunden zum Fremdenverkehr im Gebiet der den Beitrag erhebenden Gemeinde zählten. Für den Begriff des Fremdenverkehrs sei es auch ausreichend, wenn sich die Fremden nur kurzfristig aus besonderem Grund, nämlich zum Beispiel zum Zwecke des Pausierens, bei der sich die Gelegenheit des Einkaufs beim Kläger ergebe, im Gemeindegebiet der Beklagten aufhielten. Der Begriff des Fremdenverkehrs umfasse nämlich zwar in erster Linie die Erholungssuchenden, könne aber auch Personen umfassen, die sich zur Bildung, zur Heilung, zum Vergnügen oder dergleichen vorübergehend an einen anderen Ort begäben. Diejenigen, die nicht mit erstem Wohnsitz im Gebiet der Beklagten gemeldet seien, seien Fremde im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts, somit auch Landkreisbürger aus anderen Gemeinden als der Beklagten. Hinsichtlich des angesetzten Vorteilssatzes werde auf die entsprechenden Ausführungen der Widerspruchsbehörde verwiesen. Zurecht weise diese darauf hin, dass der mit 30% von der Beklagten geschätzte Vorteilssatz im Vergleich zu anderen bayerischen Gemeinden im mittleren bis unteren Rahmen liege. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 12. März 2019 bereits auf die ansprechende Lage sowie die gute Erreichbarkeit des Geschäfts des Klägers hingewiesen. Der Kläger trage keinerlei Gesichtspunkte vor, weshalb die geschätzten 30% bezüglich des schlicht höheren anlassbezogenen Weihnachtsumsatzes nicht zutreffen sollten. Die vergleichsweise geringere Anzahl von Fremden gebe hier im Monat Dezember ebenso wie die Einheimischen vergleichsweise viel für Schmuck im Weihnachtsgeschäft aus. Im Übrigen wird auf die Begründung Bezug genommen.
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Unter dem 11. Mai 2021 führt die Beklagte weiter aus, dass Schmuckgeschäfte/Uhren im Ortszentrum von der Beklagten mit einem Vorteilssatz von 30% veranlagt würden. Im Vergleich zu den umliegenden Fremdenverkehrsgemeinden liege man im mittleren Bereich. Der Kläger ziehe sowohl einen unmittelbaren als auch einen mittelbaren Vorteil aus dem Fremdenverkehr. Das Geschäft in … sei sehr gut gelegen und zentral, also für Kunden gut zu finden und leicht erreichbar. Auch der … Bahnhof sei in der Nähe.
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Hinsichtlich des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.
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Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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Der Bescheid der Beklagten vom 28. November 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts … … vom 3. Mai 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen subjektiven Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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I. Rechtsgrundlage für die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrags ist Art. 6 KAG i.V.m der Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Beklagten vom 4. Dezember 1992 in der Fassung vom 29. November 2004.
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Bedenken gegen die Wirksamkeit der Satzung sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere kann auch die Heranziehung des Klägers als natürliche Person auf die vorliegende Satzung gestützt werden. Zwar wird der Beitrag gemäß § 1 Abs. 1 FVBS „von allen selbständig tätigen und den juristischen Personen“ erhoben, denen durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet Vorteile erwachsen. Dass damit nach dem Willen der Beklagten auch natürliche Personen als Beitragsschuldner umfasst sind, lässt sich ohne weiteres durch Auslegung ermitteln.
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II. Die Beklagte hat die Satzung auch zutreffend auf den vorliegenden Fall angewendet.
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1. Die Fremdenverkehrsbeitragspflicht des Klägers als Inhaber eines Juweliergeschäfts bzw. einer Goldschmiede ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Daran, dass einem Einzelhandels- und Handwerksbetrieb wie dem des Klägers durch Geschäfte mit Besuchern unmittelbare Vorteile aus dem stattfindenden Fremdenverkehr erwachsen, bestehen keine Zweifel.
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2. Der angesetzte Vorteilssatz von 30% begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
21
Die Ermittlung des Vorteilssatzes durch Schätzung beruht auf § 3 Abs. 3 Satz 2 FVBS. Die Legitimation für eine Schätzung des Vorteilssatzes ergibt sich daraus, dass es praktisch kaum möglich ist, die dem Einzelnen aus dem Fremdenverkehr erwachsenden Vorteile exakt zu ermitteln und die Geschäfte mit Fremden und Ortsansässigen auseinander zu dividieren. Die Schätzung des Vorteilssatzes ist als bloße Tatsachenfeststellung in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar. Es besteht jedoch ein Schätzungsspielraum (Engelbrecht in Schieder/Happ, Bayerisches Kommunalabgabengesetz, 3. Aufl. 2018, 18. Lfg. August 2018, Art. 6 Rn. 46 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, U.v. 29.4.2010 - 2 S 2160/09 - juris).
22
Die Beklagte begründet ihre Schätzung in Übereinstimmung mit § 3 Abs. 3 Satz 3 FVBS mit der zentralen Lage der Geschäftsräume. Zudem hat sie die von anderen Gemeinden für vergleichbare Betriebe angenommenen Vorteilssätze berücksichtigt, sodass der Vorteilssatz nicht „gegriffen“ ist, was unzulässig wäre (BayVGH, U.v. 14.3.2000 - 4 B 96.809 - juris Rn. 30). Auch die konkrete Ausgestaltung des klägerischen Betriebs, insbesondere das vorgehaltene Sortiment und die Tätigkeit als Goldschmied lassen den Vorteilssatz von 30% nicht unangemessen erscheinen. Durchgreifende Bedenken gegen die ermittelte Höhe des Vorteilssatzes hat der Kläger nicht vorgebracht.
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Den Vorteilssatz von 30% hat der Kläger insbesondere nicht durch die Gegenüberstellung der monatlichen Umsätze in den Jahren 2016 bis 2018 mit den monatlichen Übernachtungszahlen dieser Jahre widerlegt. Dieser lässt sich, wie vom Kläger vorgetragen, entnehmen, dass er in den Monaten Mai bis Oktober, in die zwei Drittel der Übernachtungen in … fielen, nur knapp die Hälfte seines Jahresumsatzes erzielte und im Monat Februar, in dem vergleichsweise hohe Übernachtungszahlen vorlagen, nur der jeweils geringste Monatsumsatz des Jahres erzielt wurde. Hieraus folgt zwar, dass der Kläger mit seinem Betrieb nicht in hohem Maße vom Fremdenverkehr profitiert, wie dies beispielsweise oftmals bei Restaurants und Vergnügungsstätten der Fall ist. Gleichwohl folgt daraus nicht, dass der Kläger nur in völlig untergeordnetem Maße vom Fremdenverkehr profitieren würde. So lässt sich beispielsweise feststellen, dass in die Sommermonate, insbesondere in die Monate Juli bis September, in denen durchgängig hohe Übernachtungszahlen vorlagen, immer wieder vergleichsweise hohe Umsätze fielen. Ein fehlender oder nur sehr geringer Einfluss des Fremdenverkehrs auf die erzielten Umsätze kann der Gegenüberstellung gerade nicht entnommen werden. Stattdessen wird ein Vorteil im Bereich des von der Beklagten gewählten Vorteilssatzes bestätigt. Auch ein Anteil des Fremdenverkehrs am Umsatz im Monat Dezember lässt sich trotz der vergleichsweise niedrigen Übernachtungszahlen während dieses Monats nicht von der Hand weisen, da auch die zu diesem Zeitpunkt anwesenden Übernachtungsgäste erfahrungsgemäß am Weihnachtsgeschäft teilnehmen. Hinzukommt, dass dem Kläger auch durch den stattfindenden Tagestourismus Vorteile entstehen und Übernachtungszahlen hierüber keine Erkenntnisse liefern können.
24
Nach Einschätzung des Klägers stammt ein großer Teil seiner Kundschaft aus der Region um … Soweit er in diesem Zusammenhang jedoch ausführt, dass sich dieser Kundenteil nicht zu touristischen Zwecken in … aufhalte und damit nicht dem Fremdenverkehrsbegriff unterfalle, ist dem entgegenzuhalten, dass der Begriff des Fremdenverkehrs nach ständiger Rechtsprechung weit auszulegen ist. Er umfasst alle Formen des Erholungs-, Vergnügungs-, Heil- und Bildungstourismus. Entscheidend ist, dass es sich um einen kurzfristigen Aufenthalt eines nicht Ortsansässigen in der Gemeinde aus einem im weitesten Sinne dem Tourismus zuzurechnenden Grund handelt (vgl. BayVGH, B.v. 5.6.2018 - 4 ZB 17.1865 - juris Rn. 11 m.w.N.). Auf die subjektive Motivation für einen Besuch kommt es nicht an (Engelbrecht in Schieder/Happ, Bayerisches Kommunalabgabengesetz, 3. Aufl. 2018, 18. Lfg. August 2018, Art. 6 Rn. 47). Der Fremdenverkehrsbeitrag stellt einen Gegenwert für diejenigen Kosten dar, welche die Gemeinde zur Förderung des Fremdenverkehrs aufbringt. Es kommt nicht darauf an, ob der Beitragspflichtige durch die Inanspruchnahme ganz bestimmter Fremdenverkehrseinrichtungen einen konkreten nachweisbaren Vorteil hat. Die Beitragspflicht wird vielmehr durch die Vorteile aus dem Fremdenverkehr als solchem ausgelöst (BayVGH, B.v. 5.6.2018, a.a.O.). Auch Besucher aus der Region werden nach allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig durch die vorgehaltenen Einrichtungen des Fremdenverkehrs angezogen und unterfallen somit zu einem großen Teil dem Fremdenverkehrsbegriff. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass es Kunden aus der Region um … gibt, die etwa aufgrund des Trauringsortiments ausschließlich für einen Einkauf im Geschäft des Klägers nach … kommen und gezielt dessen Geschäft aufsuchen, lässt sich zum einen nicht ausschließen, dass auch diese Personen durch einen touristischen Besuch in … auf das Geschäft des Klägers aufmerksam geworden sind - wofür insbesondere die zentrale Lage des Geschäfts spricht -, zum anderen ist erfahrungsgemäß dennoch davon auszugehen, dass der überwiegende Teil der Kunden des Klägers den Einkauf in seinem Geschäft mit anderen Unternehmungen oder Einkäufen verbindet und sich somit auch aus touristischen Gründen in … aufhält. Diese Erwägungen lassen sich auch auf die vom Kläger angeführte Gruppe der Durch- und Geschäftsreisenden übertragen. Auch hier wird ein Anhalten in … bzw. ein längeres Verweilen als unbedingt nötig regelmäßig gerade aufgrund der bestehenden Erholungs- und Vergnügungsmöglichkeiten stattfinden. Dass dem Kläger auch im Hinblick auf aus der Region um … stammende Personen sowie Geschäfts- und Durchreisende Vorteile aus den von der Beklagten durchgeführten Maßnahmen zur Aufwertung des Ortes Vorteile entstehen, hat der Kläger nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Durch den Fremdenverkehr erlangt er auch im Hinblick auf diese Personengruppen bessere Verdienstmöglichkeiten, die in die Berechnung des Vorteilssatzes miteinzubeziehen sind.
25
Sollte der Anteil der Einheimischen bzw. nicht dem Fremdenverkehr zuzurechnenden auswärtigen Personen am Kundenkreis des Klägers tatsächlich höher sein, als derzeit angenommen, ist es Sache des Klägers, hierfür geeignete Nachweise - beispielsweise mittels Durchführung einer Kundenumfrage oder Vorlage von Rechnungen, die die Adresse der Kunden enthalten - vorzulegen und so eine für ihn günstigere Schätzung des Vorteilssatzes zu ermöglichen. Im Rahmen der Schätzung des Vorteilssatzes besteht für die Gemeinde die Verpflichtung, die ihr zugänglichen Umstände zu ermitteln und zu berücksichtigen, die ein realitätsnahes Schätzergebnis vermitteln. Diese Verpflichtung der Kommune entlastet den Betroffenen aber nicht von der ihn treffenden Obliegenheit, die in seine Sphäre fallenden und nur von ihm ermittelbaren Umstände offen zu legen (BayVGH, B.v. 1.2.2007 - 4 ZB 06.167 - juris Rn. 11). Eine unzureichende Ermittlung der relevanten Umstände kann der Beklagten vorliegend nicht zum Vorwurf gemacht werden. Insbesondere die Ermittlung der tatsächlichen Zusammensetzung des Kundenkreises, auf die es vorliegend nach dem Vortrag des Klägers in erster Linie ankommt, ist für Gemeinden im Hinblick auf die Vielzahl der zu berücksichtigenden Betriebe rein praktisch nicht möglich. Stattdessen kann eine dahingehende Ermittlung deutlich einfacher durch den Kläger vorgenommen werden und fällt damit in seine Sphäre.
26
3. Gründe für eine Rechtswidrigkeit der Berechnung der Beitragshöhe im Übrigen sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
B.
27
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.