Inhalt

VG München, Gerichtsbescheid v. 21.06.2021 – M 9 K 19.1109
Titel:

Lager und Freisitz im Außenbereich

Normenkette:
§ 35 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 5, Nr. 7
Leitsatz:
Bei der Errichtung eines überdachten Kfz-Stellplatzes mit vorgesehener Nutzung als Lager und Freisitz handelt es sich um ein nicht privilegiertes Vorhaben im Außenbereich, dem die öffentlichen Belange des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 und Nr. 7 BauGB entgegenstehen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Lagerraum und Freisitz im Außenbereich, Außenbereich, Lager, Splittersiedlung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 16938

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Bauantrags für einen Maschinen- und Lagerraum mit Freisitz durch den Beklagten.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. 202/7, dass mit einem Wohnhaus bebaut ist. Das Grundstück liegt im Außenbereich in einem Dreieck zwischen der I. Straße im Westen, der R. Straße im Süden und Südosten und dem M.graben im Norden. Eine weitere Bebauung in der Umgebung besteht mit Ausnahme von zwei Anwesen westlich der I. Straße nicht.
3
Der Kläger hat rechtwinklig zum bestehenden Wohnhaus mit der Errichtung eines überdachten Stellplatzes begonnen. Die Bauarbeiten wurden mit Bescheid des Landratsamts vom 23. Mai 2018 eingestellt und der Kläger mit Schreiben vom 30. Mai 2018 zum Rückbau aufgefordert. Es bestehe keine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 BauGB und eine Baugenehmigung liege nicht vor. Der Rückbau ist nicht erfolgt.
4
Am 6. Juni 2018 beantragte der Kläger den Anbau eines Carports als Lager und Freisitz rechtwinklig zu dem bestehenden Wohnhaus. Ausweislich des Eingabeplans handelt es sich um den eingestellten Bau. Als Nutzung sind im Anschluss an das bestehende Wohnhaus ein Freisitz und daran angrenzend ein Lager für Maschinen, Reifen und Holz vorgesehen. Mit Beschluss vom 4. Juli 2018 wurde das gemeindliche Einvernehmen durch den Gemeinderat der Beigeladenen abgelehnt.
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Nach Anhörung des Klägers lehnte das Landratsamt mit Bescheid vom 24. Januar 2019 den Bauantrag ab. Die Errichtung eines überdachten Stellplatzes als Lager und Freisitz mit 75,23 qm sei genehmigungspflichtig, Art. 55 BayBO, jedoch nicht genehmigungsfähig. Das Grundstück des Klägers liege im Außenbereich. Eine Privilegierung bestehe nicht. Als Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB stünden diesem der Flächennutzungsplan entgegen, der dort eine landwirtschaftliche Fläche ausweise, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Die natürliche Eigenart der Landschaft werde beeinträchtigt, § 35 Abs. 3 S.1 Nr. 5 BauGB und die Entstehung einer Splittersiedlung bzw. einer Zersiedlung der Landschaft sei zu befürchten, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr.7 BauGB.
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Mit Schriftsatz vom 7. März 2019 erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragte,
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Aufhebung des Bescheids vom 24. Januar 2019 und Verpflichtung, dem Kläger die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.
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Das geplante Vorhaben sei als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB zulässig, da es im vorliegenden Einzelfall keine öffentlichen Belange beeinträchtige. Bereits im Vorfeld zum verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben habe das Landratsamt im Jahr 2010 dem Ausbau eines bestehenden Stadels als Wohnhaus mit der Auflage zugestimmt, dass das bisher als Wohnhaus genutzte Nebengebäude abgerissen werde. Die Situierung des geplanten Unterstandes entspreche dem bereits abgebrochenen ehemaligen Wohnhaus, sei jedoch von den Abmessungen her kürzer. Der Kläger benötige Lager- und Abstellmöglichkeiten, da er sich mit der Reparatur von Gebrauchtwagen beschäftige und künstlerisch tätig sei. Notwendig sei auch ein überdachter Holzlagerplatz, da mit Holz geheizt werde. Da das geplante Vorhaben von den Ausmaßen her kleiner sei als das früher dort stehende Gebäude sei nicht zu erkennen, dass öffentliche Belange beeinträchtigt würden. Insbesondere würde das Grundstück des Klägers nach außen hin aufgeräumter wirken, wenn er Lagermöglichkeiten habe.
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Das Landratsamt beantragte mit Schreiben vom 9. Mai 2019:
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Klageabweisung.
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An der Stelle des geplanten Carports habe sich ein Wohnhaus befunden, dass aufgrund eines Vergleichs in einem Gerichtsverfahren (M 11 K 09.601) ersatzlos beseitigt werden musste und im Gegenzug habe das Landratsamt den ungenehmigten Ausbau des Stadels zu Wohnzwecken als Ersatzbau für das alte Wohngebäude genehmigt. Das jetzt beantragte Vorhaben sei als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB wegen der Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 S.1 Nrn. 1, 5 und 7 BauGB unzulässig. Das Vorhaben widerspreche den Darstellungen des rechtsgültigen Flächennutzungsplans, der dort eine landwirtschaftliche Fläche ausweise. Die natürliche Eigenart der Landschaft werde durch die dem Außenbereich wesensfremde Bebauung beeinträchtigt. Eine Erweiterung der vorhandenen Splittersiedlung bzw. eine Zersiedlung der Landschaft sei zu befürchten. Im Übrigen habe der Kläger sich damals im Verwaltungsgerichtsverfahren verpflichtet, das alte Wohnhaus ersatzlos abzubrechen. Der vom Kläger aufgeführte persönliche Bedarf rechtfertige keine andere Entscheidung, da auf dem Grundstück ein Wohnhaus mit einer integrierten Doppelgarage vorhanden sei. Ein Gewerbebetrieb sei baurechtlich dort nie genehmigt worden.
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Die Beteiligten wurden zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid angehört und haben zugestimmt.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sach- und Rechtslage dies erlaubt, § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Der Bescheid vom 24. Januar 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer Baugenehmigung für einen überdachten Kfz-Stellplatz mit vorgesehener Nutzung als Lager und Freisitz. Es handelt sich um ein nicht privilegiertes Vorhaben im Außenbereich, das nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen ist und dem die öffentlichen Belange des § 35 Abs. 3 S.1 Nrn. 1, Nr. 5 und Nr. 7 entgegenstehen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die umfassende Begründung des Bescheids Bezug genommen § 117 Abs. 5 VwGO. Das Gericht folgt der Begründung des Verwaltungsakts. Ergänzend gilt folgendes:
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Das Gericht folgt der Rechtsauffassung des Landratsamts, dass der hier beabsichtigte Anbau eines überdachten Kfz-Stellplatzes als Lager und Freisitz an das bestehende Wohnhaus dem im Jahre 2009/2010 geschlossenen verwaltungsgerichtlichen Vergleich widerspricht. Ersatzlos bedeutet, dass keinerlei Bauwerk an die Stelle des dort ehemals stehenden Wohnhauses tritt. Unter Berücksichtigung der Lage im Außenbereich, der fehlenden Privilegierung sowie des im früheren Verfahren geschlossenen Vergleichs hat sich der Kläger durch die baurechtswidrige Errichtung des überdachten Stellplatzes über die von ihm eingegangene Verpflichtung aus dem Vergleich hinweggesetzt und die Fortgeltung der vergleichsweisen Regelung in Frage gestellt.
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Als Vorhaben im Außenbereich ist das Bauvorhaben unzulässig, da dem Bauvorhaben
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die öffentlichen Belange des § 35 Abs. 3 S.2 Nr.1 Nr.5 und vor allem Nr.7 BauGB entgegenstehen. Die schleichende Vergrößerung der baulichen Anlage führt zu einer Verfestigung einer Splittersiedlung im Außenbereich.
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Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzuweisen. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selber trägt, da sie sich im Verfahren nicht geäußert hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.