Titel:
Erfolgreicher Normenkontrollantrag gegen einen mit unangemessen verkürzter Auslegungsfrist zu Stande gekommenen Bebauungsplan, der zudem hinsichtlich der Festsetzungen der baulichen Höhe nicht hinreichend bestimmt ist und an einem Ermittlungs- und Bewertungsdefizit leidet.
Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 2
BauGB § 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3, § 4a Abs. 3 S. 3
GG Art. 14, Art. 20 Abs. 3
BauNVO § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 18 Abs. 1
Leitsätze:
1. Ob eine verkürzte Auslegungsfrist angemessen ist, bemisst sich danach, ob der gewählte Zeitraum nach Würdigung aller Umstände ausreichend war, um den Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung zu erfüllen. Dabei ist zu berücksichtigen, wie weit das vorangegangene Verfahren bereits das wesentliche Abwägungsmaterial vermittelt hat. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Prüfung der Angemessenheit der Auslegungsfrist war hier zu berücksichtigen, dass die gesamte Auslegung in den bayerischen Sommerferien erfolgte, dass keine besondere Dringlichkeit bestand, dass das Genehmigungsverfahren durch die Verkürzung des Auslegungszeitraumes nicht beschleunigt werden konnte und dass nicht alle Änderungen hervorgehoben, sondern sogar unvollständig und irreführend benannt waren. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrollantrag, Verkürzte Auslegung, Gebot der Normenklarheit (Bestimmtheitsgrundsatz), Ermittlungs- und Bewertungsdefizit, Gliederung eines Gewerbegebiets, Emissionsbeschränkungen, unangemessene Auslegungsfrist, Gesamtunwirksamkeit, Emissionsverhalten
Fundstelle:
BeckRS 2021, 16241
Tenor
I. Der am 20. Juni 2020 bekannt gemachte Bebauungsplan „Gewerbegebiet O …“ der Antragsgegnerin ist unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Der Antragsteller wendet sich gegen den am 10. Oktober 2019 erneut als Satzung beschlossenen, mit Bescheid vom 16. Juni 2020 vom Landratsamt T … genehmigten und mit Bekanntmachung vom 17. Juni 2020 im amtlichen Sondermitteilungsblatt der Antragsgegnerin am 20. Juni 2020 erneut öffentlich bekannt gemachten Bebauungsplan „Gewerbegebiet O …“ der Antragsgegnerin.
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Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. … Gemarkung I … (W …-Str. …, in der schalltechnischen Untersuchung Immissionsort 3), das mit einem Wohnhaus bebaut ist und an zwei Seiten an den Geltungsbereich des Bebauungsplans angrenzt. Das Grundstück liegt gegenüber dem bisherigen, mehrere Hektar großen Betriebsgelände der Beigeladenen, die dort ein Bauunternehmen betreibt. Darüber hinaus sind der Antragsteller und die Beigeladene Miteigentümer des Grundstücks FlNr. …, das in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogen ist.
3
Der Senat hat den nahezu gleichen, im Jahr 2017 aufgestellten Bebauungsplan mit Beschluss vom 31. März 2020 unter dem Aktenzeichen 15 N 17.1717 wegen einer beachtlichen Verletzung des § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauGB bei der ortsüblichen Bekanntmachung vom 30. September 2015 über die (einzige) Auslegung des Entwurfs in der Fassung vom 23. September 2015 für unwirksam erklärt. Das von der Antragsgegnerin dagegen angestrengte Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren stellte das Bundesverwaltungsgericht nach Rücknahme der Beschwerde ein (Az. 4 BN 45.20).
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Mit dem Bebauungsplan werden auf einer Gesamtfläche von rund 59.000 m² in vier Bereiche (GE1, GE2, GE3 und GE4) unterteilte, insgesamt rund 45.200 m² große Gewerbeflächen festsetzt. Mit dieser Planung möchte die Gemeinde die gewerbliche Entwicklung im Bereich nördlich der Bahnlinie Nürnberg - Schirnding fördern, den vor Ort ansässigen Betrieben, insbesondere der Beigeladenen, sollen entsprechende Erweiterungsmöglichkeiten geboten werden. Nach der Begründung sollen als langfristige Entwicklungskonzeption auch die im näheren Umgriff des bisherigen Gewerbebetriebs der Beigeladenen vorhandenen Wohngebäude an der W …-Straße abgebrochen und die Grundstücke in das Gewerbegebiet einbezogen werden, um die schwierigen Gemengelagen aufzulösen. Durch den Wegfall der Anbindung des schon bestehenden Gewerbebetriebs der Beigeladenen über die W …-Straße ergebe sich aber durch den Bebauungsplan eine deutliche Reduzierung der Geräuschimmissionen an der Wohnnachbarschaft. An der im Vorentwurf festgesetzten Fläche für Lärmschutzvorkehrungen solle nur noch teilweise festgehalten werden, da derzeit unklar sei, welche bauliche Konzeption im Bereich „neuer Bauhof“ realisiert werden solle. Der Begründung des Bebauungsplans ist im Anhang ein Auszug aus einem Betriebskonzept der Fraunhofergesellschaft beigefügt. Das von der Planung betroffene Gelände wird bisher überwiegend landwirtschaftlich genutzt. Die Beigeladene ist Grundstückseigentümerin von Flächen im Plangebiet. Sie möchte dort ihren Betrieb erweitern, insbesondere ihren Bauhof verlagern und hat einen Antrag auf Baugenehmigung gestellt.
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Nach Nr. IV.2 der „Textlichen Festsetzungen Städtebau - Immissionsschutz“ wird das gesamte Gewerbegebiet gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nach der Art der Betriebe und Anlagen sowie deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften gegliedert, wobei jeweils für das GE1, GE2 und GE3 ein immissionswirksamer flächenbezogener Schallleistungspegel (IFSP) festgesetzt wird. Am nordöstlichen Rand des GE4 ist noch ein zusätzliches Schallkontingent von 4/4 dB(A)/m2 tags/nachts für den Sektor A festgesetzt, der Teile des GE2 und GE3 erfasst. In der aktuellen schalltechnischen Untersuchung der … … mbH vom 6. August 2019 ist ausgeführt, dass sogenannte flächenbezogene Emissionswerte unter Berücksichtigung der Schallausbreitungsberechnungen nach DIN ISO 9613-2 festgesetzt werden. Verglichen mit den bisher am Standort durchgeführten schalltechnischen Untersuchungen und insbesondere hinsichtlich der gewerblichen Geräuschkontingentierung werde auf die beschriebene Methodik mittels IFSP statt Emissionskontingenten gem. DIN 45691 abgestellt. Die Teilfläche GE4 werde nicht kontingentiert und für die Aufnahme von Betrieben bereitgehalten, die sich nach § 8 BauNVO in Gewerbegebieten ansiedeln dürften. Dies sei z.B. dann gegeben, wenn in Anlehnung an die DIN 8005 Flächenschallleistungspegel von 60 dB(A)/m2 tags und nachts ermittelt werden könnten. Dies sei für die GE4-Fläche geprüft worden. Im Ergebnis könne festgestellt werden, dass selbst damit die in Ansatz zu bringenden Orientierungswerte der DIN 18005 für Gewerbelärm insgesamt (Vorbelastung + Zusatzbelastung einschließlich GE4) nicht überschritten würden.
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Nach Nr. IV.1 der „Textlichen Festsetzungen Städtebau“ sind im GE1 nur Nutzungen nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO zulässig, im gesamten Planbereich sind Tankstellen, sportliche Anlagen und Vergnügungsstätten unzulässig.
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Die Gebäudehöhe bemisst sich nach Nr. IV.6 der „Textlichen Festsetzungen Städtebau“ für alle Bereiche des Bebauungsplans vom Niveau der angrenzenden internen (privaten) Verkehrsfläche bis zum höchsten Punkt des Gebäudes. Nach Nr. 3.2 der Begründung (S. 6 Mitte) ist Bezugspunkt für die Gebäudehöhe in allen Bereichen des Gewerbegebiets die künftige neue Geländehöhe. Dies sei erforderlich, da teils sehr lange Gebäude mit ca. 150 m Länge entstehen und somit weder Straßenhöhen noch sonstige Höhenbezüge sinnvoll festsetzbar seien. Das vorhandene Gelände weise ein gewisses Gefälle auf und müsse für die neue Bebauung modelliert werden. Dazu seien Geländeabtragungen bis ca. 4,50 m Tiefe erforderlich. Die dafür vorgesehenen Bereiche seien im Bebauungsplan dargestellt.
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Im nördlichen Bereich des Plangebiets (nordwestlich der Straße B … ) befindet sich das durch eine „Perlschnur“ unterteilte GE1 als eingeschränktes Gewerbegebiet (GEe) mit zwei Baufenstern (4325 m2 und 1471 m2), einem IFSP von 57/42 dB(A)/m2 tags/nachts und einer maximalen Gebäudehöhe von 10 m. Abgrabungen, sonstige Höhenfestsetzungen oder festgesetzte Zufahrten sind im GE1 nicht dargestellt.
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An das GE1 schließt sich südöstlich der Straße B … das GE2 mit einem festgesetzten Schallleistungspegel von 62/47 dB(A)/m2 tags/nachts, einer abweichenden Bauweise und einer maximalen Gebäudehöhe von 14 m an. In Nr. IV.3 der „Textlichen Festsetzungen Städtebau“ wird die abweichende Bauweise dahingehend definiert, dass Gebäude mit einer Länge von 150 m zulässig sind, die bei einer Länge von mehr als 30 m nach Nr. IV.10 alle 15 m zu gliedern sind. Im Plan und unter Nr. IV.4 ist geregelt, dass auf bestimmten Flächen im GE2 eine Abgrabung des Geländes bis auf eine Höhe von 519,00 m üNN zulässig ist und bei der Errichtung von Gebäuden zusätzlich bis 516,30 m üNN abgegraben werden darf. Im westlichen Bereich des GE2, angrenzend an das Wohngrundstück des Antragstellers, ist eine mit einer „Zackenlinie“ umgrenzte 6 m breite Fläche für Nutzungsbeschränkungen oder für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes gem. § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB festgesetzt.
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An der in mehreren Bögen verlaufenden Straße M … schließt sich, vom GE2 durch eine „Perlschnur“ getrennt, auf den FlNrn. … … und … das GE3 mit einer maximalen Gebäudehöhe von 12 m und offener Bauweise an. Dabei ist ein großes Baufenster für das GE2 und das GE3 gebildet worden. Im nördlichen Teil des GE3 ist eine Fläche für die Wasserwirtschaft, Regenrückhaltung, mit 1269 m2 festgesetzt, die sich teilweise auf FlNrn. … und … erstreckt und der Versickerung des unbelasteten Oberflächenwassers, z.B. von Dachflächen und der benachbarten Gewerbefläche FlNr. …, dient. Die W …-Straße ist im Bereich des GE3 nicht mehr als Straßenfläche vorgesehen, sondern in die Gewerbefläche einbezogen und nach Nr. IV.14 der „Textlichen Festsetzungen Städtebau“ mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten FlNr. … (W …-Straße ) belastet.
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Im südlichen Bereich des Bebauungsplans befindet sich das GE4 mit einem ca. 1.500 m2 (ca. 125 m bis 130 m x 10 bis 13 m) großen Baufenster, einer Gebäudehöhe von maximal 6 m und einer maximalen GRZ von 0,8 bei offener Bauweise zwischen der W …-Straße (in diesem Bereich als Fortsetzung der Straße M … ) und der Bahnlinie. Schallleistungspegel sind dort nicht festgesetzt.
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Die letzte Änderung des Plans erfolgte mit Gemeinderatsbeschluss vom 4. Juni 2019. Dabei wurde u.a. das Mischgebiet auf FlNr. … in ein eingeschränktes Gewerbegebiet geändert, das Berechnungsverfahren für die Emissionsbeschränkungen auf eine andere Grundlage gestützt und das GE4 mit einem Baufenster aber ohne Emissionsbeschränkungen festgesetzt. Es wurde die Fassung des Bebauungsplans mit Planungsstand 4. Juni 2019 gebilligt und ein erneutes verkürztes Anhörungsverfahren zu den geänderten Bereichen (ohne Festlegung einer konkreten Dauer) nach § 4a Abs. 3 BauGB beschlossen. In der Bekanntmachung vom 19. Juli 2019, veröffentlicht im amtlichen Mitteilungsblatt der Antragsgegnerin vom August 2019, ist ausgeführt, der Bebauungsplan sei hinsichtlich der Festsetzungen zum Wasserschutzgebiet geändert worden. Zudem seien das schalltechnische Gutachten zum Stand 3. Juni 2019 überarbeitet worden und dadurch die Schallkontingentierung geändert sowie ein diesbezüglicher Schreibfehler in den textlichen Festsetzungen korrigiert worden. Für das GE4 seien ein Baufenster festgesetzt und die textlich bereits vorhandenen Lärmfestsetzungen in die planerische Darstellung aufgenommen worden. In der textlichen Festsetzung Nr. 14 sei ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht für FlNr. … geregelt worden. Die Auslegungsfrist wurde auf zwei Wochen verkürzt und vom 12. bis 28. August 2019 festgelegt sowie bestimmt, dass nur Stellungnahmen zu den geänderten bzw. ergänzten Teilen zulässig seien. Hinsichtlich der umweltbezogenen Informationen ist ausgeführt, es seien folgende umweltbezogenen Informationen zum Naturschutz verfügbar: Umweltbericht zum Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan „GE O …“ ( … …, Stand Entwurf, 3. Auslegung, 13.12.2018). Der Umweltbericht erfasse und bewerte die Auswirkungen der Planung auf die Schutzgüter Boden, Wasser, Klima/Luft, Arten/Lebensräume, Landschaftsbild/Erholung, Mensch/Erholung sowie Kultur- und Sachgüter. Hinsichtlich dieser Punkte sind in einer nachfolgenden Tabelle nochmals verschiedene Erkenntnisquellen genannt.
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Der Antragsteller hat im Planaufstellungsverfahren zahlreiche Einwendungen erhoben (Stellungnahmen vom 10.11.2015, 19.12.2017, 31.8.2018, 6.2.2019 und 22.8.2019). Zuletzt hat er u.a. bemängelt, dass die Belange des Trinkwasserschutzes nicht hinreichend berücksichtigt worden seien, da im Plangebiet möglicherweise die Festsetzung eines Trinkwasserschutzgebiets erfolgen solle. Der Umweltbericht sei mangelhaft, da der Weißstorch nicht erwähnt worden sei. Die SaP vom 25. August 2014 sei nicht mehr aktuell und das Grundstück FlNr. … werde seiner leitungsmäßigen Erschließung beraubt. Zudem fehle jedweder Nachweis der Ver- und Entsorgungsträger, dass die Erschließung des Gebiets gesichert sei. Der Bebauungsplan sei schon nicht erforderlich, da er die zivilrechtliche Inanspruchnahme seines Grundstücks FlNr. … nicht gestatten werde. Ohne diese Fläche könne das Gewerbegebiet aber nicht umgesetzt werden. Die Festsetzung des eingeschränkten GE1 sei unzulässig, da im Grunde ein Mischgebiet gewollt sei. Es handele sich um einen Etikettenschwindel. Das Gewerbegebiet liege ohne Pufferflächen unmittelbar neben bebauten Wohnflächen. Dies sei nicht erkannt und nicht ordnungsgemäß abgearbeitet worden.
14
Die Antragsgegnerin hat diese Einwendungen zur Kenntnis genommen und abgewogen. Hinsichtlich der FlNr. … führt sie aus, die Gemeinde könne Grundstücke unabhängig vom Willen des Eigentümers jederzeit überplanen, soweit dies für die städtebauliche Ordnung des Gebiets erforderlich sei. Aus den Gutachten gehe hervor, dass aufgrund der Vorbelastungen vielfältiger Art eine andere Flächenfestsetzung als ein GE nicht möglich oder sinnvoll sei. Da das Grundstück ohne Zustimmung des Eigentümers nicht bebaut werden könne, sei kein Eingriff in Art. 14 GG erkennbar. Das Planungserfordernis sei gegeben.
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Am 17. Juli 2020 hat der Antragsteller Normenkontrollantrag erhoben und diesen mit Schriftsatz vom 17. Februar 2021 begründet. Damit macht er geltend, der Bebauungsplan sei aus zahlreichen Gründen unwirksam. Zum einen seien die Angaben zu den umweltbezogenen Informationen in der Bekanntmachung vom 19. Juli 2019 bezüglich der Auslegung vom 12. bis 28. August 2019 weiterhin fehlerhaft gewesen. Alle Stellungnahmen datierten aus dem Jahr 2015. Die Antragsgegnerin habe versäumt, die aktuellen Schreiben aufzuführen und um weitere vorhandene Stellungnahmen zu ergänzen. Deshalb seien sechs relevante Stellungnahmen mit Umweltbezug nicht in der Bekanntmachung enthalten gewesen. Darüber hinaus sei die Schlagwortbildung nicht hinreichend präzise gewesen und es sei überhaupt nicht angegeben gewesen, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar seien. Die Antragsgegnerin gliedere ihre Bekanntmachung in untypischer, widersprüchlicher und verwirrender Weise. Das am 6. August 2019 eingeholte Lärmgutachten sei nicht mit ausgelegt worden. Darüber hinaus sei die letzte Öffentlichkeitsbeteiligung zu Unrecht auf zwei Wochen verkürzt worden. Im Gemeinderatsbeschluss sei der Zeitraum der Verkürzung nicht angegeben gewesen. Damit fehle eine Ermessensausübung. Die Verwaltung habe die Verkürzung festgesetzt und die geänderten Teile nicht farblich hervorgehoben. Die Zeit habe auch in den Sommerferien gelegen. Dies sei kritisch zu beurteilen. Die Änderungen seien inhaltlich umfassend gewesen, aber nicht auf einen Blick erkennbar. Es sei auch keine Eilbedürftigkeit ersichtlich gewesen, die Genehmigung durch das Landratsamt nach § 8 Abs. 4 BauGB habe weitere 8 Monate gedauert. Materiell lehne der Antragsteller eine Überplanung seines Grundstücks FlNr. … ab. Die Antragsgegnerin betrachte dies als unbeachtlich und führe aus, ein Eingriff in Art. 14 GG sei nicht erkennbar. Dies sei unhaltbar. Des Weiteren bestünden weitere abwägungserhebliche Bedenken, insbesondere hinsichtlich des Schutzguts Wasser-/Trinkwasserversorgung sowie des Naturschutzes. Das Plangebiet liege im Naturpark Fichtelgebirge. Auch die Festsetzung von Schallkontingenten sei bedenklich, der Lärmschutz werde insgesamt ungenügend abgearbeitet. Die Höhe des Lärmschutzwalls sei weder textlich noch im Plan verbindlich festgesetzt. Der Wall verstoße aber ohnehin gegen das Rücksichtnahmegebot, da er umzingelnde Wirkung habe. Das Grundstück FlNr. … werde an seiner Ostseite auf seiner vollen Länge von einem anscheinend 4 m hohen Wall eingemauert. Die Gebäude im neuen Gewerbegebiet ragten aber noch darüber hinaus. Dies sei in der Abwägung überhaupt nicht berücksichtigt worden, obwohl das Landratsamt dies im Rahmen der Behördenbeteiligung angeführt habe. Zudem seien parallel zur Grundstücksgrenze Gebäude mit einer Länge von 150 m und einer Höhe von 14 m zulässig. Dies sei unzumutbar. Es sei auch nicht sichergestellt, dass der Wall vor Aufnahme geräuschintensiver Arbeiten errichtet sein müsse. Weiterhin seien bestehende, öffentlich gewidmete Straßenflächen mit nicht widmungskonformen Festsetzungen überlagert worden. Dies sei nicht zulässig, bevor die Straßen rechtmäßig eingezogen worden seien. Zu den Problemen der Feinstaub-, Geruchs- und Lichtimmissionen sei keinerlei Auseinandersetzung erfolgt. Die Antragsgegnerin befasse sich nur mit der Lärmproblematik. Im Übrigen handele es sich in Wahrheit nicht um einen Angebotsbebauungsplan, sondern um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan zugunsten der Beigeladenen. Es fehle daher schon an der Planrechtfertigung. Darüber hinaus bestünden noch zahlreiche weitere Fehler, die den Bebauungsplan jeweils für sich unwirksam machen würden. Da diese jedoch nicht der Rügefrist des § 215 BauGB unterlägen, würden sie nicht aufgeführt.
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Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2021 machte er noch geltend, die Frage des Immissionsschutzes sei nicht hinreichend geklärt. Er legte diesbezüglich eine Stellungnahme der Steger & Partner GmbH vom 25. Mai 2021 vor. Daraus geht hervor, dass die Vergabe von IFSP nach DIN ISO 9613-2 gegenüber der früheren Geräuschkontingentierung nach DIN 45691 entgegen dem Schallgutachten vom 6. August 2019 keinen Vorteil für die Betroffenen darstelle, sondern die bestehende Bausubstanz auf FlNr. … als abschirmendes Element berücksichtigt werde. Bereits bei geringfügigen Änderungen am Baukörper (z.B. genehmigungsfreier Einbau von Dachflächenfenstern) könnten sich hinsichtlich der Geräuschvorbelastung deshalb völlig andere Werte ergeben. Die Wahl von Immissionsorten im Bauleitplanverfahren auf Basis der bestehenden Nutzung beschränke den Eigentümer in der künftigen Nutzung. Zudem sei die Geräuschvorbelastung unzutreffend ermittelt worden. Allein die Summation der aus den bestehenden Genehmigungsbescheiden für das Werk des Beigeladenen zulässigen Richtwerte ergäbe schon einen rechnerischen Immissionsrichtwert von über 60 dB(A) am Anwesen des Antragstellers. Dabei sei der Lagerplatz Nord noch nicht berücksichtigt. Dass für die Nachtzeit keine Anforderung zum Schallimmissionsschutz existiere und damit der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) nachts voll ausgeschöpft werden könne, sei nicht nachvollziehbar. Zudem würde hinsichtlich der Flächengeräuschquellen „Lagerplatz Nord“ und Werksgelände „Bestand“ angenommen, dass die in den Genehmigungsbescheiden angegebenen Immissionsrichtwerte an den jeweils ungünstigsten Immissionsorten eingehalten seien, dies gebe aber nicht die gesamte Immissionssituation wieder, sondern es sei zur bescheidgemäßen Abbildung der Vorbelastung eine richtungsabhängige Betrachtung erforderlich, die getrennt nach „Lagerplatz Nord“, „Fertigteilwerk“ und „Restliches Betriebsgelände“ hätte erfolgen müssen. Dasselbe gelte für die Emissionen des Lagerhauses K … Diesbezüglich werde ausschließlich der kritischere, weil näher gelegene IO 2 betrachtet und daraus lediglich ein Teilbeurteilungspegel in Höhe von 50,9 dB(A) am IO 3.2 ermittelt. Gemäß Genehmigungsbescheid sei aber am Anwesen des Antragstellers ein reduzierter Immissionsrichtwert in Höhe von 55 dB(A) zulässig. Dieser Wert sei deshalb auch anzusetzen. Zudem sei fraglich, inwieweit relevante Geräuschvorbelastungen auch von weiteren gewerblich genutzten Bereichen im Umfeld ausgehen könnten, z.B. von den Flächen des Agrarhandels K … nordwestlich sowie des „Land W.-Lagerhauses E … K …“ südöstlich der B …straße oder beispielsweise auch von dem Fabrikgelände der Firma T … … … südöstlich der B …straße. Die Geräuschkontingentierung sei daher fachtechnisch zu hinterfragen und ggf. zu korrigieren. Hinsichtlich des GE4 fehle die Berechnung, ob mit den angesetzten IFSP in Höhe von 60 dB(A) tags und nachts an allen maßgeblichen Immissionsorten die Immissionsrichtwerte aus Vorbelastungen, z.B. durch die Flächen des Agrarhandels K … und des Lagerhauses, und der Zusatzbelastung durch das GE4 eingehalten seien. Insbesondere für die Nachtzeit müsse geprüft werden, ob an anderen Immissionsorten, z.B. an weiteren Wohnhäusern südöstlich der B …straße, die Immissionsrichtwerte überschritten seien. Auch ohne Belegung mit Geräuschkontingenten könne die Fläche durch die südlich gelegene Bestands-Nachbarschaft faktisch in ihren Geräuschemissionsmöglichkeiten stark eingeschränkt sein. Zudem sei die Fläche im GE4 den übrigen Teilflächen völlig untergeordnet und schlauchförmig.
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Der Antragsteller beantragt,
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der Bebauungsplan „Gewerbegebiet O …“ ist unwirksam.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
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Die Auslegungsbekanntmachung sei ordnungsgemäß gewesen. Sie sei gegenüber der ersten Bekanntmachung erweitert worden. Es schade auch nicht, dass „Lärm“ nicht als Schutzgut aufgeführt worden sei, denn das Schutzgut sei die menschliche Gesundheit und die Anstoßfunktion sei erfüllt worden. Das Mitteilungsblatt sei am 31. Juli 2019 als Postwurfsendung an alle Haushalte verteilt worden und die Bekanntmachungsfrist damit von einer Woche auf 12 Tage verlängert worden. Die Auslegungsfrist sei mit 16 Tagen auch nicht zu knapp gewesen, da es sich um den nahezu unveränderten Bebauungsplan gehandelt habe. Es seien nur Anpassungen aufgrund einer geänderten Rechtsprechung zur Lärmkontingentierung erfolgt. Der Antragsteller habe umfassende Einwendungen erhoben, es stelle sich daher die Frage, wozu eine längere Auslegungsfrist hätte erforderlich gewesen sein sollen. Die Antragsgegnerin habe das Eigentumsrecht des Antragstellers gesehen und gerecht abgewogen. Die Einbeziehung des Grundstücks des Antragstellers entspreche gerade dem Gebot der Konfliktbewältigung, da er hierdurch auch von den ihn schützenden Festsetzungen des Bebauungsplans profitiere. Durch das Regenrückhaltebecken auf FlNr. … solle der Abfluss des aus dem GE2 und GE3 ankommenden Oberflächenwassers in südliche Richtung gedrosselt werden und es diene auch der Oberflächen- und Dachentwässerung aus dem GE2. Eine Versickerungsfläche im GE2 sei daher nicht erforderlich. Zum Naturschutz fehle substantiierter Vortrag. Hinsichtlich des Lärmschutzes weise der Wall weder umzingelnde noch einmauernde Wirkung auf. Im Übrigen sei das Grundstück des Antragstellers vorbelastet. Hinsichtlich der sonstigen Immissionen könnten die Einzelheiten in den jeweiligen Baugenehmigungen geregelt werden. Die Gebäudehöhen seien hinreichend bestimmt, da eine Bebauung im GE1 und GE4 technisch nur auf der bestehenden Geländehöhe möglich sei. Es handele sich um ebene Flächen, die direkt an einer bestehenden öffentlichen Verkehrsfläche anliegen würden, weshalb ein Abweichen von der Höhe der bestehenden öffentlichen Verkehrsfläche technisch nicht möglich sei. Selbst wenn keine internen privaten Verkehrsflächen notwendig sein sollten, sei eine Anbindung nur auf Höhe der Straße möglich. Hinsichtlich der Dienstbarkeiten für die Anwesen Wi …-Straße … … und … handele es sich um einen redaktionellen Fehler in der Begründung. Die geplante Auflassung der Straße betreffe nur die Hausnummer . Hinsichtlich der Lärmkontingentierung gäbe es mit dem GE4 einen ausreichenden Bereich ohne Beschränkungen.
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Die Beigeladene beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
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Sie habe versucht, eine gütliche Einigung mit dem Antragsteller herbeizuführen. Dieser habe aber unangemessene Forderungen aufgestellt, die die Beigeladene, die von einer gemeinnützigen Stiftung getragen werde, nicht erfüllen könne. Der Betrieb der Beigeladenen sei der größte Arbeitgeber in der Umgebung und eine Schließung oder teilweise Verlagerung hätte für die Antragsgegnerin katastrophale wirtschaftliche Konsequenzen. Es bestehe Zeitdruck, die Planung umzusetzen, da aufgrund der positiven Geschäftsentwicklung die Notwendigkeit betrieblicher Umstrukturierungen bestehe. Die Beigeladene werde die Aufhebung der Miteigentümergemeinschaft am Grundstück FlNr. … zügig betreiben.
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Die Bekanntmachung leide nicht an einem Fehler. Es sei schon nicht erkennbar, auf welche Bekanntmachung die Angriffe des Antragstellers sich beziehen würden. Jedenfalls habe die Antragsgegnerin ihre Lehren aus dem Beschluss des Senats vom 31. März 2020 gezogen. Die Bekanntmachung zur verkürzten Auslegung ab dem 12. August 2019 habe die erforderliche Anstoßwirkung gehabt. Sollten einzelne Schreiben gefehlt haben, so sei dieser Fehler nach § 214 Abs. 1 Nr. 2b BauGB unbeachtlich. Das Gutachten vom 6. August 2019 sei erst nach Veröffentlichung der Bekanntmachung erstellt und in die auszulegenden Unterlagen mit aufgenommen worden. Die Verkürzung der Auslegungsfrist sei gesetzlich zugelassen und nicht ermessensfehlerhaft. Dass die Zeit in die Schulferien gefallen sei, spiele keine Rolle, denn der Antragsteller verfüge seit Jahren über eine fachanwaltliche Vertretung. Es liege auch kein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG vor. Die Belange der privaten Grundstückseigentümer seien gerecht abgewogen worden. Die Situierung der Grundstücke im Naturpark Fichtelgebirge schließe eine Bauleitplanung nicht aus und das Schutzgut „Arten und Lebensräume“ sei ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Auch hinsichtlich des Lärmschutzes seien die Belange des Antragstellers ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Sein Grundstück liege bereits jetzt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Betrieb der Beigeladenen und sei dadurch erheblich vorbelastet und die Lärmkontingentierung sei rechtmäßig erfolgt. Eine Umzingelung durch den Lärmschutzwall sei nicht gegeben, da dieser maximal 4 m hoch und gut 10 m von der Hauswand entfernt liege. Die Emissionskontingentierung sei rechtmäßig und das GE4 hinreichend bemessen, da die Bauleitplanung stark vorhabenbezogen sei und die Flächen überwiegend im Eigentum der Beigeladenen stünden. Auch die Festsetzung einer Schutzfläche für den Lärmschutzwall sei in Ordnung, obwohl dieser nicht zwingend erforderlich sei. Die straßenrechtlichen Fragen seien durch den Bebauungsplan gelöst, denn es werde zuerst geplant und dann ge- oder entwidmet und gebaut. Die Erschließung der FlNr. … sei weiter über die öffentliche Straße gewährleistet. Da es sich um ein Gewerbegebiet und nicht um ein Industriegebiet handele, sei eine Auseinandersetzung mit sonstigen Immissionen wie Staub, Geruch oder Licht nicht erforderlich gewesen. Die Regenwasserversickerung könne ebenfalls im Baugenehmigungsverfahren geregelt werden. Es handele sich nicht um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Die Gemeinde habe die Wahl, ob sie eine Angebotsplanung oder eine vorhabenbezogene Planung bevorzuge. Die Höhenfestsetzungen seien auch hinreichend bestimmt, da zwischen den verschiedenen Gebäudeteilen private Verkehrsflächen errichtet werden müssten.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Planaufstellungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.
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Der innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellte Antrag ist zulässig, denn der Antragsteller ist antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 1.7.2020 - 4 BN 49.19 - juris Rn. 7). Eine solche Rechtsverletzung kommt vorliegend in Betracht, weil sich der Antragsteller gegen die Art und Weise der Überplanung eines in seinem Miteigentum stehenden Grundstücks wendet. Eigentümer eines Grundstücks, für das ein Bebauungsplan Festsetzungen trifft, sind mit Blick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG grundsätzlich antragsbefugt (vgl. BayVGH, U.v. 4.8.2017 - 15 N 15.1713 - NVwZ-RR 2017, 953 = juris Rn. 16 m.w.N.).
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Der Normenkontrollantrag ist auch begründet, denn er leidet an einem beachtlichen Verfahrensfehler gem. § 4a Abs. 3 Satz 3 BauGB (s.u. Nr. 1), die Festsetzungen zur Höhe der baulichen Anlagen nach § 18 BauNVO sind zu unbestimmt (s.u. Nr. 2.) und hinsichtlich der Festsetzung von immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegeln (IFSP) ist den Vorgaben des § 2 Abs. 3 BauGB an eine ordnungsgemäße Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials nicht genügt (s.u. Nr. 3.). Auf die übrigen vom Antragsteller gerügten formellen und materiellen Fehler kommt es deshalb nicht mehr an (s.u. Nr. 4.).
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1. Der Bebauungsplan ist verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, weil die Auslegungsfrist für den geänderten Planungsentwurf vom 4. Juni 2019 unter Verstoß gegen § 4a Abs. 3 Satz 3 BauGB unangemessen verkürzt wurde.
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Nach § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB ist der Entwurf des Bebauungsplans erneut auszulegen und sind die Stellungnahmen erneut einzuholen, wenn er - wie vorliegend - nach dem Verfahren gem. § 3 Abs. 2 oder § 4 Abs. 2 BauGB geändert oder ergänzt wird. Im Grundsatz löst jede Änderung oder Ergänzung des Entwurfs die Pflicht zur Wiederholung der Auslegung aus. Nur wenn eine nach öffentlicher Auslegung vorgenommene Ergänzung einer Festsetzung lediglich klarstellende Bedeutung hat, sich also inhaltlich am Planentwurf nichts ändert, besteht kein Anlass zu einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung oder einer erneuten Beteiligung von Behörden und Trägern öffentlicher Belange. Entsprechendes gilt, wenn der Entwurf nach der Auslegung in Punkten geändert worden ist, zu denen die betroffenen Bürger, Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange zuvor bereits Gelegenheit zur Stellungnahme hatten, die Änderungen auf einem ausdrücklichen Vorschlag eines Betroffenen beruhen und Dritte hierdurch nicht abwägungsrelevant berührt werden (BVerwG, B.v. 29.6.2017 - 4 BN 37.16 - ZfBR 2017, 796 = juris 8 m.w.N.). Ein derartiger Ausnahmefall ist vorliegend nicht anzunehmen. Der Planentwurf in der Fassung vom 4. Juni 2019 weist im Vergleich zur vorherigen Entwurfsfassung vom 13. Dezember 2018 nicht unerhebliche inhaltliche Änderungen auf (u.a. Änderung des MI in einen Teilbereich des GE1, Baugrenze im GE4, Festsetzung von IFSP nach DIN ISO 9613-2 statt Emissionskontingentierung nach ISO 45692, Herausnahme des GE4 aus der Emissionsbeschränkung, Änderungen zum Trinkwasserschutzgebiet, Festsetzung von Geh-, Fahr- und Leitungsrechten für FlNr. … ), die aufgrund veränderter Nutzungsmöglichkeiten der betroffenen Grundstücke auch abwägungserheblich waren.
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Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin von der in § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB vorgesehenen Möglichkeit, anstelle einer erneuten öffentlichen Auslegung nur der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, keinen Gebrauch gemacht. Sie hat sich stattdessen für die Durchführung der öffentlichen Auslegung, allerdings in den Modifikationen gem. § 4a Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 BauGB entschieden. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Festlegung der konkreten Dauer der verkürzten Auslegung um eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung i.S.v. Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Bayerische Gemeindeordnung - GO) handelt oder ob kommunalverfassungsrechtlich die diesbezügliche Entscheidungskompetenz dem für den Bebauungsplanerlass zuständigen Gemeinderat hätte vorbehalten bleiben müssen. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob ein eventueller Verstoß gegen kommunalverfassungsrechtliche Zuständigkeiten nach Bundesrecht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen würde (vgl. BayVGH, U.v. 27.2.2018 - 15 N 16.2381 - juris Rn. 27 m.w.N.; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Oktober 2020, § 4a Rn. 22). Der Bebauungsplan leidet jedenfalls deswegen an einem zur Unwirksamkeit führenden Verfahrensfehler, weil die Dauer der erneuten Auslegung unangemessen verkürzt worden ist.
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Nach § 4a Abs. 3 Satz 3 BauGB kann die Gemeinde bei der erneuten öffentlichen Auslegung des Planentwurfs nach seiner Änderung oder Ergänzung die gemäß § 4a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauGB grundsätzlich einmonatige Dauer der Auslegung und die entsprechende Frist zur Stellungnahme angemessen verkürzen. Die Frage, ob die verkürzte Frist angemessen ist, unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung (BayVGH a.a.O. Rn. 28 m.w.N.). Eine Definition dessen, was angemessen ist, enthält das Gesetz nicht. Anders als die Vorläuferregelung in § 3 Abs. 3 Satz 2 BauGB 1998 ist keine absolute Untergrenze mehr für die Verkürzung geregelt. Ob eine gem. § 4a Abs. 3 Satz 3 BauGB verkürzte Frist angemessen oder unangemessen ist, bemisst sich danach, ob der gewählte Zeitraum nach Würdigung aller Umstände ausreichend war, um den Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung zu erfüllen. Dabei ist zu berücksichtigen, wie weit das vorangegangene Verfahren bereits das wesentliche Abwägungsmaterial vermittelt hat. Von der Angemessenheit einer Fristverkürzung kann umso eher ausgegangen werden, je geringfügiger die Änderungen und Ergänzungen des zunächst ausgelegten Entwurfs sind, und umso weniger, je umfangreicher und komplexer sie sind. Aber auch ihre Bedeutung für die Planungskonzeption insgesamt ist in den Blick zu nehmen. Eine ausreichende Informations- und Stellungnahmemöglichkeit setzt auch voraus, dass der Öffentlichkeit genügend Zeit bleibt, sich mit den ausgelegten Unterlagen, also nicht nur dem Planentwurf, sondern auch seiner Begründung sowie den nach § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB auszulegenden, nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen umweltbezogenen Stellungnahmen zu befassen (BayVGH a.a.O. Rn. 28; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 4a Rn. 28).
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Nach diesen Maßstäben waren die Auslegungsdauer und die Stellungnahmefrist hier unangemessen kurz. Sie haben weder eine ausreichende Informationsmöglichkeit noch eine genügende Möglichkeit zur Stellungnahme gewährleistet. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass sowohl die Bekanntmachung als auch die komplette Auslegung innerhalb der bayerischen Sommerferien erfolgt ist. Eine Kompensation der verkürzten Auslegungsfrist mit dem die Wochenfrist des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB überschreitenden Zeitraum von der Verteilung des Amtsblatts am 31. Juli 2019 bis zum Beginn der Auslegung am 12. August 2019 kommt nicht in Betracht, denn es ist davon auszugehen, dass die Auslegung tatsächlich erst am 12. August 2019 begonnen hat und für die Öffentlichkeit deshalb nur während des genannten Zeitraums tatsächlich die Möglichkeit zur Einsichtnahme in die Unterlagen bestand. Zwar trifft es zu, dass die Rechtsunterworfenen auch in Urlaubszeiten grundsätzlich dafür Sorge tragen müssen, dass ihre Post zugestellt werden kann und wichtige Informationen sie erreichen. Hier ist jedoch zu beachten, dass es nicht nur um den Zugang von Schriftstücken geht, sondern aktiv Einsicht in die Unterlagen genommen werden muss. Dabei ist auch einzustellen, dass ohnehin noch eine Genehmigung des Bebauungsplans durch das Landratsamt erforderlich war und weder eine besondere Dringlichkeit bestanden hat noch ersichtlich ist, dass das Genehmigungsverfahren durch eine Verkürzung des Auslegungszeitraums während der Sommerferien verkürzt oder beschleunigt werden konnte. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass nicht alle Änderungen des Planentwurfs in der Bekanntmachung aufgeführt oder im Plan gekennzeichnet waren. Wird die Möglichkeit, Einwendungen zu erheben, auf die geänderten Teile beschränkt, so sind regelmäßig alle Änderungen hervorzuheben (vgl. Krautzberger in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 4a Rn. 27; Gatz in Berliner Kommentar, § 4a Rn. 7). Die Bürgerinnen und Bürger können daher in einem solchen Fall davon ausgehen, dass alle Änderungen kenntlich gemacht werden. Hier sind die Änderungen im Planentwurf überhaupt nicht gekennzeichnet und in der Bekanntmachung unvollständig und teilweise irreführend benannt worden. Zum Beispiel wird in der Bekanntmachung auf ein Schallschutzgutachten mit Stand 3. Juni 2019 verwiesen, das sich nicht bei den Akten befindet. In der Angabe der Arten umweltbezogener Informationen wird ein Schallgutachten vom 6. Dezember 2018 genannt. Ausgelegt wurde sowohl das Gutachten vom 6. Dezember 2018 als auch das erst nach Beschlussfassung vom 4. Juni 2019 geänderte Gutachten vom 6. August 2019. Dass die Beschlussfassung vom 4. Juni 2019 sich nunmehr auf das erst nach Beschlussfassung erstellte Gutachten vom 6. August 2019 stützen soll, erscheint nicht ganz nachvollziehbar, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass dieses Gutachten auf einen Planstand vom 13. Juni 2019 Bezug nimmt, der ebenfalls nicht existiert. Die Formulierung in der Bekanntmachung, dass sich dadurch Änderungen in der Schallkontingentierung ergeben, erscheint auch sehr undifferenziert, denn die Schallkontingentierung nach DIN 45691 wurde aufgegeben und stattdessen wurden IFSP nach DIN ISO 9613-2 festgesetzt. Durch diesen Wechsel im Berechnungssystem stellen sich zahlreiche komplexe Fragen (z.B. hinsichtlich der Zulässigkeit eines solchen Wechsels und der richtigen Ermittlung der Vorbelastung bei einem solchen Wechsel). Auch durch die Herausnahme des GE4 aus der Emissionsbeschränkung resultieren schwierige technische Fragen (z.B. hinsichtlich der richtigen Ermittlung der Vorbelastung und der zu berücksichtigenden Immissionsorte sowie der korrekten Berücksichtigung der aus dem GE4 resultierenden Gewerbe- und Verkehrslärmbelastung). Darüber hinaus wird in der Bekanntmachung überhaupt nicht erwähnt, dass das vorher noch als MI gekennzeichnete Gebiet nunmehr Teil des GE1 geworden ist. Es handelt sich dabei insgesamt nicht lediglich um marginale Änderungen, da die Änderung der Gebietsart und die Änderung des Berechnungsverfahrens für die zulässigen Schallemissionen sowie die Festsetzung eines unkontingentierten Teilbereichs erhebliche Auswirkungen haben und damit auch abwägungsrelevant sind.
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Soweit angenommen wird, die Verkürzung sei angemessen, da der Antragsteller schon lange anwaltlich vertreten sei, kann dies nicht überzeugen. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist nicht nur der Antragsteller, sondern die gesamte Öffentlichkeit in den Blick zu nehmen. Durch die Änderung der zulässigen Emissionswerte im GE4 können z.B. auch die südlich der Bahnlinie liegenden (Wohn-)Grundstücke betroffen sein. Die Änderung des MI betrifft ebenfalls zahlreiche Anwohner in unmittelbarer Nachbarschaft zu diesem Planbereich.
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2. Die Festsetzungen zur Höhe der baulichen Anlagen sind nicht hinreichend bestimmbar und der Bebauungsplan ist damit insgesamt unwirksam. Die Festsetzungen eines Bebauungsplans als Rechtsnorm im materiellen Sinn müssen den aus dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) abzuleitenden Geboten der Bestimmtheit und Normenklarheit entsprechen. Ein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit begründet die Unwirksamkeit der Festsetzung, ohne dass es auf §§ 214, 215 BauGB ankommt. Speziell für Bebauungspläne folgt die Notwendigkeit hinreichender Bestimmtheit sowohl für zeichnerische als auch für textliche Festsetzungen daraus, dass die Festsetzungen gem. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des grundrechtlich geschützten Eigentums unmittelbar berühren und ausgestalten. Die von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Betroffenen müssen deshalb wissen, welche Nutzungen auf den Grundstücken zulässig sind. Das im Einzelfall zu fordernde Maß an Konkretisierung hängt wesentlich von der Art der jeweiligen Festsetzung, den Planungszielen und den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den örtlichen Verhältnissen, ab. Der planenden Gemeinde steht es dabei frei zu entscheiden, welcher Mittel sie sich bedient, um dem Bestimmtheitsgebot zu genügen. Sie hat die Wahl zwischen zeichnerischer Festsetzung und textlicher Beschreibung; sie kann auch beide Elemente kombinieren. Entscheidend ist nur, dass hinreichend klar ist, welche Regelungen mit welchem Inhalt normative Geltung beanspruchen (zum Ganzen vgl. BayVGH, U.v. 6.12.2019 - 15 N 18.636 - juris Rn. 26 m.w.N.). Die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit fehlt nicht schon dann, wenn die Festsetzung der Auslegung bedarf. Es ist ausreichend, wenn der Inhalt des Bebauungsplans durch Auslegung ermittelt werden kann, wobei die Interpretation nicht durch den formalen Wortlaut beschränkt wird. Ausschlaggebend ist der objektive Wille des Plangebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Satzungstext einen Niederschlag gefunden hat (vgl. auch OVG NW, U.v. 2.12.2016 - 2 D 121/14.NE - juris Rn. 62 m.w.N.).
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Daran orientiert sind die Festsetzungen zur Höhe der baulichen Anlagen auch durch Auslegung nicht hinreichend bestimmbar. Nach § 18 Abs. 1 BauNVO sind bei der Festsetzung der Höhe baulicher Anlagen die erforderlichen Bezugspunkte zu bestimmen. Aus Gründen der Bestimmtheit und Vollziehbarkeit muss es sich dabei um eindeutig bestimmte oder bestimmbare feste Bezugspunkte handeln (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 18 BauNVO, Rn. 3; zur Bestimmbarkeit des Gültigkeitsbereichs einer Grundflächenzahl BayVGH, U.v. 6.12.2019 a.a.O. Rn. 27; U.v. 23.6.2020 - 1 N 17.972 - juris Rn. 18). Als untere Bezugspunkte kommen dabei - unter Bezugnahme auf konkret Vorhandenes - z.B. auch die festgesetzte Höhenlage der anbaufähigen Verkehrsfläche in Betracht (Söfker a.a.O. Rn. 3a). Hier fehlt es an solchen eindeutig bestimmbaren Bezugspunkten, denn es ist nicht erkennbar, auf welcher Höhe die Privatstraßen i.S.d. Nr. IV.6 der textlichen Festsetzungen zum Liegen kommen werden. Zum einen sind im GE4 und im nördlichen Teilbereich des GE1 angesichts des Zuschnitts und der Größe des jeweiligen Baufensters möglicherweise überhaupt keine privaten Erschließungsstraßen erforderlich. Es ist dann nicht ersichtlich, woran der untere Bezugspunkt für die Gebäudehöhe bemessen werden soll. Die Auffassung der Antragsgegnerin, die Grundstücke seien eben und die angrenzenden öffentlichen Straßenflächen schon vorhanden, deshalb müsse sich der untere Bezugspunkt daran bemessen, überzeugt nicht. Denn dass die Gebäudehöhen sich an der bestehenden Geländehöhe oder an den vorhandenen öffentlichen Verkehrsflächen bemessen sollen, ergibt sich aus dem Bebauungsplan nicht, sondern es wird in den Festsetzungen ausdrücklich auf private Verkehrsflächen Bezug genommen. Aber auch im GE2 und GE3 fehlt es diesbezüglich an einer hinreichenden Bestimmbarkeit. Dabei ist zu bedenken, dass in diesen beiden Teilgebieten ein gebietsübergreifendes großes Baufenster festgesetzt ist und damit völlig offen ist, wo die Gebäude und die privaten Straßenflächen errichtet werden. Das GE2 fällt darüber hinaus einige Meter nach Osten hin ab. Zwar sind nach Nr. IV.4 der textlichen Festsetzungen bestimmte Abgrabungen auf einer Teilfläche des GE2 zulässig. Diese sind aber nicht zwingend festgesetzt und es erscheint auch möglich, dass Teile des Grundstücks abgegraben und andere Teile aufgeschüttet werden. Wo und auf welcher Höhe in diesem abfallenden Gelände die internen Straßen geführt werden sollen, entspricht darüber hinaus möglicherweise nicht den zulässigen Abgrabungen für die Gebäude und ist weder festgesetzt noch aus den beigefügten Plänen des Fraunhoferinstituts ersichtlich. Im Übrigen erscheint es bei Gebäudelängen von 150 m auch möglich, dass die private Straße zwar über die ganze Länge des Gebäudes in gleichem Abstand dazu verläuft, aber nicht zwingend auf der gleichen Höhe. Wo dann der untere Bezugspunkt angesetzt werden soll, ist nicht eindeutig. Auch die Begründung des Bebauungsplans führt zu keiner anderen Einschätzung. Dort wird abweichend von den Festsetzungen davon ausgegangen, dass sich die Gebäudehöhe an dem neu modellierten Gelände bemessen wird. Dies entspricht zum einen nicht den Festsetzungen und ist zum anderen ebenfalls nicht hinreichend bestimmt. Es wird mit dieser Festsetzung praktisch in das Belieben des Grundstückseigentümers gestellt, wo die privaten Verkehrsflächen errichtet werden und damit letztendlich der untere Bezugspunkt für die Gebäudehöhen liegt. Dies ist mit den Vorgaben des § 18 Abs. 1 BauNVO nicht vereinbar.
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Die Unwirksamkeit der Festsetzungen zum unteren Bezugspunkt nach § 18 Abs. 1 BauNVO bewirkt die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans. Die Unwirksamkeit eines Teils eines Bebauungsplans hat nur dann nicht die Gesamtunwirksamkeit zur Folge, wenn die restlichen Festsetzungen auch ohne den ungültigen Teil noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde auch einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.2007 - 4 BN 44.07 - juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 19.2.2019 - 1 N 16.350 - juris Rn. 20; U.v. 5.2.2016 - 1 N 11.766 - juris Rn. 16). Eine Teilunwirksamkeit nur der Höhenfestsetzungen scheidet im vorliegenden Fall schon deshalb aus, weil nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bei der Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung im Bebauungsplan die Zahl der Vollgeschosse oder die Höhe baulicher Anlagen festzusetzen ist, wenn ohne ihre Festsetzung öffentliche Belange, insbesondere das Orts- und Landschaftsbild, beeinträchtigt werden können. Hier ist die Zahl der Vollgeschosse nicht festgesetzt und eine Festsetzung von Gebäudehöhen ist zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes erforderlich. Darüber hinaus hätte die Antragsgegnerin einen Bebauungsplan ohne die Festsetzungen zur Höhe angesichts ihres Planungswillens nicht beschlossen. Denn die Höhe der auch sehr groß dimensionierten Gewerbebauten unmittelbar angrenzend an Wohngrundstücke war ein wichtiger Punkt in der Abwägung und wurde auch in den verschiedenen Teilgebieten des Planbereichs, jeweils angepasst an die konkrete städtebauliche Situation, differenziert geregelt.
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3. Darüber hinaus leidet der Bebauungsplan an einem Ermittlungs- und Bewertungsdefizit, denn es ist nicht hinreichend ermittelt worden, ob im GE4 tatsächlich eine unbeschränkte gewerbliche Nutzung möglich ist und auch nicht zutreffend bewertet worden, dass das GE4 nur einen völlig untergeordneten Teil des gesamten Gewerbegebiets darstellt und eine Gliederung damit nicht erfolgen kann. § 1 Abs. 7 BauGB verpflichtet die Gemeinde, die für die Planung bedeutsamen öffentlichen und privaten Belange (Abwägungsmaterial) zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB) sowie sie gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Abs. 7 BauGB). § 2 Abs. 3 BauGB liegt die Erwägung zugrunde, dass die für die konkrete Planungsentscheidung bedeutsamen Belange in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt und bewertet werden müssen, bevor sie gemäß § 1 Abs. 7 BauGB rechtmäßig abgewogen werden können (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 - 15 N 16.2158 - BayVBl 2018, 814 = juris Rn. 32 m.w.N.). Jeder Mangel, der in der konkreten Planungssituation das Abwägungsergebnis beeinflusst haben kann, ist dabei abwägungsbeachtlich und damit ein Mangel in den für die Abwägung wesentlichen Punkten (Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 214 BauGB Rn. 39g m.w.N.).
40
Nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO können Festsetzungen für die in den §§ 4 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebiete im Bebauungsplan getroffen werden, die diese nach der Art der Betriebe und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften gliedern. Das Emissionsverhalten eines Betriebes oder einer Anlage, ausgedrückt in einer Schallabstrahlung pro Flächeneinheit, ist dabei eine Eigenschaft von Betrieben und Anlagen i.S.v. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO (BVerwG, U.v. 18.2.2021 - 4 CN 5.19 - juris Rn. 12). Die Festsetzung immissionswirksamer flächenbezogener Schallleistungspegel (IFSP) ist dabei grundsätzlich geeignet, das Emissionsverhalten als Eigenschaft von Betrieben und Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO zu kennzeichnen (BVerwG, B.v. 18.12.1990 - 4 N 6.88 - NVwZ 1991, 881 = juris Rn.17; B.v. 27.1.1998 - 4 NB 3.97 - NVwZ 1998, 1067 = juris Rn. 7; B.v. 2.10.2013 - 4 BN 10.13 - ZfBR 2014, 148 = juris Rn. 5).
41
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, wird dem Tatbestandmerkmal des Gliederns im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO aber nur Rechnung getragen, wenn das Baugebiet in einzelne Teilgebiete mit verschieden hohen Emissionsgrenzwerten zerlegt wird. Die Vorschrift ermöglicht eine räumliche Zuteilung von Emissionsrechten, nicht aber deren das gesamte Baugebiet erfassende Beschränkung. Dabei muss gewährleistet bleiben, dass vom Typ her nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe aller Art im konkreten Gewerbegebiet ihren Standort finden können. Das bedeutet, dass es in einem nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO intern gegliederten Baugebiet ein Teilgebiet ohne Emissionsbeschränkung geben muss (BVerwG, U.v. 7.12.2017 - 4 CN 7.16 - juris Rn. 15; B.v. 7.3.2019 - 4 BN 45.18 - juris Rn. 4; U.v. 18.2.2021 - 4 CN 5.19 - juris Rn. 13 ff.).
42
Eine Orientierungsmöglichkeit für die Beurteilung, welche Betriebe in einem unbeschränkten Gewerbegebiet möglich sein müssen, gibt Nr. 5.2.3 der DIN 8005 Teil 1 (Stand 2002), wonach für den Fall, dass die Art der in einem ohne Emissionsbegrenzung geplanten Gebiet künftig betriebenen Anlagen nicht bekannt ist, für die Berechnung der in seiner Umgebung zu erwartenden Lärmimmissionen eine Flächenschallquelle mit flächenbezogenen Schallleistungspegeln von 60 dB(A) tags und nachts für Gewerbegebiete anzusetzen ist. Es kann offenbleiben, ob ein nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO zu forderndes Emissionskontingent, das jeden nach § 8 BauNVO zulässigen Gewerbebetrieb ermöglichen würde, unter Heranziehung der Regelung in Nr. 5.2.3 der DIN 18005-1 abschließend beschrieben werden kann. Der Senat geht jedenfalls davon aus, dass in einem unbeschränkten Gewerbegebiet der durchaus typische Nachtbetrieb eines nach § 8 BauNVO zulässigen Gewerbebetriebs möglich sein muss, ohne dass der Betrieb aufwändige Lärmschutzmaßnahmen ergreift.
43
Würde man die Anforderung, dass auch bei einer Gliederung eines Gewerbegebietes nach dem Emissionsverhalten gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO gewährleistet bleiben müsse, dass sich dort nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe aller Art ansiedeln könnten, auf den Tagbetrieb reduzieren, liefe die Anforderung leer. Denn zu den Gewerbetrieben, die nach § 8 BauNVO allgemein zulässig sind, zählen auch solche, die (wie z.B. Speditions- bzw. Logistikbetriebe) regelmäßig und typischerweise auch während der Nachtzeit Lärmemissionen verursachen (BayVGH, U.v. 12.8.2019 - 9 N 17.1046 - juris Rn. 28; OVG NW, U.v. 11.10.2018 - 7 D 99/17.NE - BauR 2019, 53 = juris Rn. 47, 51; U.v. 29.10.2018 - 10 A 1403/16 - juris Rn. 68; U.v. 17.8.2020 - 2 D 25/18.NE - juris Rn. 58 ff.; OVG MV, U.v. 11.9.2019 - 3 K 149/15 - juris Rn. 35 ff.; U.v. 2.3.2020 - 10 A 1136/18 - juris Rn. 62 ff.; VGH BW, U.v. 6.6.2019 - 3 S 2350/15 - ZfBR 2019, 699 = juris Rn. 94; a.A., d.h. großzügiger hinsichtlich der lärmbezogenen Reduzierung des Nachtbetriebs: Guggemos/Storr, I+E 2018, 173/174; Heilshorn/Kohnen, UPR 2019, 81 ff.).
44
Um sicherzustellen, dass die Anforderungen des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO eingehalten sind, muss von der Gemeinde deshalb ermittelt werden, ob sich in einem hinreichend großen Teil des Gewerbegebiets Gewerbebetriebe ansiedeln können, die flächenbezogene Schallleistungspegel von 60 dB(A) tags und nachts emittieren. Dies ist hier nach den während der Planaufstellung eingeholten Gutachten nicht ausreichend ermittelt worden. Zwar wird auf Seite 21 des Gutachtens vom 6. August 2019 ausgeführt, im GE4 sei eine unbeschränkte Nutzung möglich. Das Gutachten ist jedoch insbesondere hinsichtlich der Ermittlung der zu berücksichtigenden Immissionsorte und der einzurechnenden Vorbelastung nicht überzeugend. Es erscheint zum einen nicht ausgeschlossen, dass auch von auf der südlichen Seite der Bahnlinie liegenden gewerblichen Betrieben tags und nachts Gewerbelärm und sowohl tags (z.B. Kundenverkehr) als auch nachts (z.B. Anlieferverkehr) Verkehrsgeräusche ausgehen, die in Wechselwirkung mit den Emissionen aus dem GE4 stehen und deshalb berücksichtigt werden müssen. Diesbezüglich wurden aber keinerlei Ermittlungen dokumentiert, weder sind entsprechende Baugenehmigungen im Gutachten erwähnt, noch wurden Verkehrszählungen oder Messungen herangezogen. Zum anderen erscheint es auch möglich, dass noch zahlreiche weitere Immissionsorte an der südlich der Bahnlinie gelegenen Wohnbebauung hätten Berücksichtigung finden müssen. Auch diesbezüglich finden sich keine Aussagen im Gutachten. Um sich ein umfassendes Bild davon zu machen, ob im GE4 tatsächlich auch nachts eine hinreichende Schallabstrahlung möglich ist, wäre es aber erforderlich gewesen, diese Umstände aufzuklären und zu dokumentieren. Darüber hinaus war das GE4 bis zur letzten Änderung des Bebauungsplans auch in die Emissionskontingentierung einbezogen und mit einem Lek von 52 dB(A) nachts und einem Zusatzkontingent von 5 dB(A) belegt. Es erscheint daher nicht überzeugend, dass nunmehr ohne nähere Untersuchung und Erläuterung davon ausgegangen wird, es sei auch eine Schallabstrahlung von 60 dB(A) nachts möglich.
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Selbst wenn im GE4 grundsätzlich eine Schallabstrahlung pro Quadratmeter von 60 dB(A) tags und nachts möglich wäre, würde der Bebauungsplan aber auch an einem Bewertungsfehler leiden, denn das GE4 ist im Vergleich zu dem gesamten Bebauungsplangebiet völlig untergeordnet und angesichts seines schlauchförmigen Zuschnitts für zahlreiche Nutzungen ungeeignet. Das Bewerten bezieht sich auf die Frage des „Gewichts“ der einzelnen Belange, das für die sachgerechte Behandlung der Belange von Bedeutung ist (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 2 Rn. 148). Unabhängig davon, ob es eine bestimmte Mindestgröße für einen nicht mit Emissionsbeschränkungen belegten Bereich in einem Gewerbegebiet gibt (vgl. OVG NW, U.v. 17.8.2020 - 2 D 25/18.NE - juris Leitsatz 2, Rdnr. 72 ff m.w.N.) und damit § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO möglicherweise nicht als Rechtsgrundlage für die hier gewählte Ausgestaltung dienen kann, hat die Antragsgegnerin die Belange der Wirtschaft, insbesondere Ansiedlungsmöglichkeiten für jeden nach § 8 BauNVO zulässigen Betrieb zu schaffen, nicht ordnungsgemäß bewertet. Das nur ca. 1500 m2 große Baufenster im GE4 lässt schon angesichts seiner länglichen Abmessungen und der maximal zulässigen Wandhöhe von 6 m nur eine sehr eingeschränkte Bebauung und Nutzung zu. Im schalltechnischen Gutachten wird diesbezüglich nur ausgeführt, die Rechtsprechung verlange eine unkontingentierte Fläche und deshalb werde das GE4 nunmehr nicht mehr mit Emissionsbegrenzungen belegt. Die Antragsgegnerin hat sich mit diesem Umstand ebenfalls nicht substantiiert auseinandergesetzt, sondern diese völlig untergeordnete und nur eingeschränkt nutzbare Fläche als ausreichend eingestuft und damit die Interessen der Wirtschaft an unbeschränkten Gewerbeansiedlungsmöglichkeiten unzutreffend bewertet. Der Frage, ob dadurch der Sinn und Zweck der Vorgaben, Ansiedlungsmöglichkeiten für jeden nach § 8 BauNVO zulässigen Betrieb zu schaffen, tatsächlich gewahrt wird, ist die Antragsgegnerin nicht weiter nachgegangen und hat diese Vorgabe damit zu einer bloßen Förmlichkeit herabgestuft. Damit ist den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials nicht Genüge getan.
46
Soweit angedeutet worden ist, das Grundstück im GE4 gehöre der Beigeladenen und sei für die geplante Betriebserweiterung nicht erforderlich, verstärken diese Umstände nur den Eindruck, dass es sich um eine nicht vollständig durchdachte Verlegenheitslösung handelt, da keine andere Fläche für einen unbeschränkten Teil des Gewerbegebiets zur Verfügung gestanden hat.
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Die Anforderungen an eine Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO mögen es erschweren, Immissionskonflikte zwischen gewerblichen Nutzungen und schutzbedürftiger Wohnbebauung durch Lärmemissionsbeschränkungen zu lösen. Weil es einer von Lärmkontingenten freien Fläche bedarf, wird häufig das Ziel verfehlt werden, Kontingente so zu verteilen, dass „Windhundrennen“ von Investoren vermieden werden. Es ist aber Sache des Bundesgesetz- und -verordnungsgebers zu entscheiden, ob er praktische Schwierigkeiten zum Anlass nimmt, eine andere Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung von Lärmemissionsbeschränkungen zu schaffen (BVerwG, U.v. 18.2.2021 - 4 CN 5.19 - juris Rn. 16).
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4. Im Übrigen kann offenbleiben, ob die anderen vom Antragsteller gerügten formellen und materiellen Mängel des streitgegenständlichen Bebauungsplans vorliegen, denn darauf kommt es angesichts der unter Nummern 1 bis 3 festgestellten Gesamtunwirksamkeit nicht mehr an.
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Insbesondere muss nicht entschieden werden, ob die Bekanntmachung vom 19. Juli 2019 deshalb an einem Mangel leidet, weil die verfügbaren Arten der umweltbezogenen Informationen gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB möglicherweise nicht ordnungsgemäß angegeben worden sind. Zwar ist die Auflistung und Gliederung in der Bekanntmachung eher ungewöhnlich, es erscheint jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Anstoßfunktion gleichwohl ausreichend bewirkt worden ist (vgl. zu den Anforderungen an die Bekanntmachung zuletzt BVerwG, U.v. 20.1.2021 - 4 CN 7.19 - juris).
50
Auch die Frage, ob die Interessen des Antragstellers als Miteigentümer der FlNr. … hinreichend berücksichtigt und abgewogen worden sind, kann dahinstehen. Es fällt aber auf, dass die Frage, ob ein Regenwasserrückhaltebecken, das auch für die Bebauung des GE2 erforderlich ist, zwingend auf FlNr. … vorgesehen werden muss, gemäß den Planunterlagen nicht beleuchtet und mögliche Alternativen nicht erwogen worden sind. Es erscheint im Grunde aber auch nicht ausgeschlossen, dass der Plan ohne das Regenwasserrückhaltebecken an dieser Stelle verwirklicht werden könnte. Nachdem der Antragsteller keine Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 1 BauGB genannt hat, die er in absehbarer Zeit verwirklichen möchte, musste auch sein Interesse an der Beibehaltung des bestehenden Zustands nicht mit großem Gewicht in die Abwägung eingestellt werden.
51
Der Wechsel der Berechnungsgrundlage von der DIN 45691 zur DIN ISO 9613-2 begegnet aus Sicht des Senats keinen durchgreifenden Bedenken (Zulässigkeit von IFSP: BVerwG, U.v. 27.1.1998 - NVwZ 1998, 1067 = juris Rn. 7). Nachträgliche Änderungen der tatsächlichen Situation können dabei mit Nebenbestimmungen in der Baugenehmigung abgesichert werden (BVerwG a.a.O. Rn. 8). Auch die Berechnung der Vorbelastung durch vorhandene Betriebe mittels Umrechnung der zulässigen Immissionswerte auf flächenbezogene Schallleistungspegel erscheint grundsätzlich sachgerecht (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2007 - 1 CS 07.1848 - juris Rn. 50). Allerdings wäre es möglicherweise erforderlich, die konkreten betrieblichen Umstände zu ermitteln (vgl. BayVGH, B.v. 14.8.2008 - 1 NE 08.1074 - juris Rn. 143), wenn nur von den empfindlichsten Immissionsorten rückgerechnet wird. Insbesondere bei großflächigen Betrieben ist es durchaus vorstellbar, dass in verschiedene Richtungen unterschiedliche Schallabstrahlungen erfolgen. Darüber hinaus erscheint es in jedem Fall möglich, dass die vorhandenen Betriebe Lärmschutzmaßnahmen ergriffen haben, die nur in bestimmte Richtungen wirken. Ohne solche Umstände ausreichend zu ermitteln, liegt bei der vom Antragsteller beanstandeten schematischen Vorgehensweise möglicherweise ein abwägungserhebliches Ermittlungsdefizit vor.
52
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
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6. Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Ziffer I. der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre.