Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 04.01.2021 – AN 14 S 20.00329
Titel:

Bekanntgabe lebensmittelrechtlicher Betriebsprüfung

Normenketten:
VIG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
VwGO § 80 Abs. 5
Leitsatz:
Das Ergebnisprotokoll einer lebensmittelrechtlichen Betriebsprüfung ist keine „festgestellte, nicht zulässige Abweichungen“ nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VIG, wenn die Rechtsgrundlage der Beanstandung nicht benannt wird, so dass kein Anspruch auf Informationszugang nach dem VIG besteht.  (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Informationsgewährung nach dem VIG, Ergebnisprotokoll einer lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfung, keine Feststellung von Abweichung i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG mangels Angabe einer konkreten Vorschrift
Fundstelle:
BeckRS 2021, 160

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 18. Februar 2020 wird angeordnet.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Beteiligten streiten um die Herausgabe von Informationen über lebensmittelrechtliche Betriebskontrollen an den Beigeladenen.
2
Die Antragstellerin betreibt einen Gasthof im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners.
3
Der Beigeladene beantragte am 19. Januar 2020 über die von … und …betriebene Internetplattform „Topf Secret“ per Email von dem Antragsgegner die Herausgabe folgender Informationen:
1. Wann haben die beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen im folgenden Betrieb stattgefunden:
…, …, …
2. Kam es hierbei zu Beanstandungen? Falls ja, beantrage ich hiermit die Herausgabe des entsprechenden Kontrollberichts an mich.
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Über die Internetplattform „Topf Secret“ lassen sich Restaurants und Lebensmittelbetriebe auf einer Straßenkarte auswählen oder mittels Suchmaske ermitteln. Nach Eingabe von Namen, Email und Postadresse wird automatisch eine vorformulierte Anfrage per Email an die zuständige Behörde geschickt. Die Nutzer werden aufgefordert, herausgegebene Kontrollberichte unter Schwärzung personenbezogener Daten auf die Plattform hochzuladen, damit sie von allen einsehbar sind. Die Betreiber verfolgen damit das Ziel, mehr Transparenz in der Lebensmittelüberwachung zu schaffen.
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Mit Schreiben vom 21. Januar 2020 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass ein Antrag auf Informationsgewährung nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) betreffend ihres Betriebs vorliege. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG sei beabsichtigt, die in der Anlage beigefügten Informationen zu veröffentlichen. Im Falle der Herausgabe der Kontrollberichte sei es auch möglich bzw. beabsichtigt, den Antragsteller gegebenenfalls zu informieren, inwieweit die darin festgestellten Mängel zwischenzeitlich behoben worden seien. Es werde die Gelegenheit zur Stellungnahme bis 4. Februar 2020 gegeben. Die Kontrollberichte sind in dem Schreiben nicht bezeichnet, jedoch in der Behördenakte unmittelbar nach diesem Schreiben abgeheftet.
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Die Antragstellerin wandte sich mit Schreiben vom 29. Januar und vom 30. Januar 2020 gegen die Herausgabe der Informationen. Im Schreiben vom 29. Januar 2020 nahm sie zu den einzelnen Beanstandungen Stellung und stellte fest, dass bei der Nachkontrolle keine Verstöße mehr vorgelegen hätten. In dem Schreiben 30. Januar 2020 führte sie aus, dass das VIG die Bekanntgabe der angeforderten Informationen über das Internet bzw. die Plattform „Topf Secret“ von …nicht vorsehe. Die verfassungsrechtlichen Hürden gemäß dem Beschluss des Verfassungsgerichts vom 21. März 2018 (1 BvF 1/13) seien zu berücksichtigen.
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Der Antragsgegner entschied mit an den Beigeladenen adressiertem Bescheid vom 18. Februar 2020, dass dem Antrag vom 19. Januar 2020 stattgegeben werde (Ziffer 1), und dass die Informationsgewährung folgendermaßen durchgeführt werde: Bekanntgabe der Daten der letzten beiden lebensmittelrechtlichen Überprüfungen und Herausgabe der entsprechenden Beanstandungen im Sinne von unzulässigen Abweichungen von den Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB), der auf Grund des LFGB erlassenen Rechtsverordnungen und unmittelbar geltenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des LFGB. Die Information werde 10 Tage nach Zustellung des Bescheides an den Betroffenen Dritten in Schriftform bekannt gegeben, sofern bis dahin keine gerichtliche Untersagung erfolgt sei (Ziffer 2). Laut Ziffer 3 sind die Ziffern 1 und 2 des Bescheides kraft Gesetzes vollziehbar. Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
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Mit Schreiben vom gleichen Tag wurde der Bescheid zusammen mit einem Begleitschreiben auch der Antragstellerin gegen Postzustellungsurkunde (Zustellung am 20. Februar 2020) übermittelt. Darin wurde ausgeführt, dass die in der Äußerung vom 29. Januar 2020 gemachten Einwendungen berücksichtigt worden seien, dem Antragsteller sei mitgeteilt worden, dass die Beanstandungen behoben worden seien. Die weiteren Ausführungen, insbesondere bezüglich des § 40 Abs. 1a LFGB seien in diesem Verfahren nicht relevant.
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Mit am 26. Februar 2020 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenen Schriftsatz ihres Bevollmächtigten ließ die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid vom 18. Februar 2020 erheben (AN 14 K 20.00330) und stellte mit einem weiteren Schriftsatz vom gleichen Tag den vorliegenden Antrag im einstweiligen Rechtsschutz.
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Sie beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den an den Verbraucher adressierten Bescheid vom 18. Februar 2020 wird angeordnet.
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Zur Begründung wurde auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Juni 2019 (AN 14 K 19.00773) und verschiedene Beschlüsse des gleichen Gerichts verwiesen. Es sei rechtsmissbräuchlich, den Antrag nach VIG über das Portal „Topf Secret“ zu stellen mit der offenkundigen Forderung des Portalbetreibers an den Verbraucher, die Kontrollberichte auf dem Portal einzustellen. Daneben stelle die rechtswidrige Herausgabe der Bescheide als staatliches Handeln einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte der Antragstellerin dar und umgehe insbesondere § 40 Abs. 1a LFGB. Durch die Herausgabe von Kontrollberichten und ihre Einstellung ins Internet würde die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 40 LFGB umgangen. Da die Veröffentlichung durch Dritte nicht mehr im Einflussbereich des Antragsgegners liege dürften die Kontrollberichte nicht herausgegeben werden. Eine Veröffentlichung auf der Plattform „Topf Secret“ komme einer Veröffentlichung durch den Antragsgegner selbst gleich. Eine Informationsherausgabe in Verbindung mit einer Antragstellung über „Topf Secret“ wäre unverhältnismäßig. Zivilrechtlicher Rechtsschutz sei insoweit nicht ausreichend. Der Verbraucher müsse sich daher zwingend auf eine Akteneinsicht vor Ort oder eine Informationsgewährung in mündlicher Form verweisen lassen. Die Herausgabe der Kontrollberichte an den Verbraucher zur Einstellung in ein Onlineportal sei ein gleichwertiger Eingriff in das Grundrecht des Antragstellers nach Art. 12 Abs. 1 GG. Im konkreten Einzelfall sei die Informationsherausgabe bereits aufgrund der Geringfügigkeit der Verstöße bei zu erwartender unbefristeter Veröffentlichung unverhältnismäßig. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. August 2019 (7 C 29.17) sei nicht einschlägig, da ihm nicht die Besonderheiten der Veröffentlichung von Kontrollberichten auf „Topf Secret“ zugrunde lägen.
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Mit Beschluss vom 26. Februar 2020 wurde der Antragsteller nach dem VIG zum Verfahren (notwendig) beigeladen. Er äußerte sich mit E-Mails vom 3. März und 17. Mai 2020 zum Verfahren. Auf diese E-Mails wird Bezug genommen.
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Der Antragsgegner beantragt,
den vorliegenden Antrag abzulehnen.
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Die begehrten Informationen stellten nicht zulässige Abweichungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG dar. Der Antrag sei auch nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 4 Abs. 4 VIG. Alleine die Tatsache, dass der Antrag über die Internetplattform „Topf Secret“ gestellt wurde, stelle keine Missbräuchlichkeit dar. Der beabsichtigten Bekanntgabe der Kontrollberichte durch Übersendung per Post stünden keine rechtlichen Bedenken gegenüber. Die postalische Zurverfügungstellung sei ermessensgerecht, die Behörde sei nicht verpflichtet, eine andere Form zu wählen. Das VIG treffe keine Aussage dazu, ob Verbraucher den Kontrollbericht veröffentlichen. Das VIG ende mit der Informationsgewährung an den Antragsteller. Auch § 40 Abs. 1a LFGB könne nicht herangezogen werden. Hierzu habe das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Auswirkungen einer antragsgebundenen Informationsgewährung nach dem VIG qualitativ und quantitativ weit hinter denen einer aktiven staatlichen Information zurückgeblieben und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 40 Abs. 1a LFGB nicht ohne weiteres übertragbar sei.
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Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Der Antrag ist zulässig (hierzu 1.) und begründet (hierzu 2.).
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1. Nach § 80 Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative, § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 26. Februar 2020 statthaft, weil diese gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Im Streit steht vorliegend ein Fall von festgestellten nicht zulässigen Abweichungen von Anforderungen unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c) VIG. In dieser Konstellation entfällt nach § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG kraft Gesetzes die aufschiebende Wirkung einer Klage.
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Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist die Antragstellerin analog § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Adressat des streitgegenständlichen Bescheides ist zwar der Beigeladene. Die Antragstellerin kann sich jedoch auf ihre Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) berufen und damit die mögliche Verletzung eines drittschützenden Rechts geltend machen. Der Bescheid ist auch noch nicht bestandskräftig, da die Klage rechtzeitig erhoben wurde.
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2. Der Antrag ist auch begründet.
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Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen sofort vollziehbaren Verwaltungsakt ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Ergibt diese Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der Bescheid bei dieser summarischen Prüfung dagegen als rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Sind die Erfolgsaussichten offen, so ist eine reine Interessenabwägung durchzuführen. Ferner ist zu berücksichtigen, ob es sich in der vorliegenden Fallkonstellation um eine Vorwegnahme der Hauptsache handelt. Regelungen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, sind im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes nur zulässig, wenn sie zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings notwendig sind und wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für einen Erfolg im Hauptsacheverfahren spricht.
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Diese Abwägungsentscheidung geht vorliegend zugunsten der Antragstellerin aus, da ihre Klage jedenfalls nach dem derzeitigen Stand nach summarischer Beurteilung Aussicht auf Erfolg hat.
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Der an den Beigeladenen adressierte Bescheid vom 18. Februar 2020 enthielt keine Aussage zu den Informationen bzw. Kontrollberichten, die herausgegeben werden sollten. Allerdings waren dem Anhörungsschreiben an die Antragsteller vom 21. Januar 2020 und dem Begleitschreiben vom 18. Februar 2020 an die Antragstellerin jeweils auch die Kontrollberichte beigefügt, deren Herausgabe geplant war. Die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens ist zwar kein Adressat des über den Antrag auf Herausgabe von Informationen nach dem VIG entscheidenden Verwaltungsakts (OVG NRW, U. v. 12.12.2016 - 13 A 938/15 - BeckRS 2016, 115022 - Rn. 6; Heinicke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand 174. Ergänzungslieferung Juli 2019, § 5 VIG Rn. 9a). Die in § 5 Abs. 2 Satz 3 VIG vorgesehene Bekanntgabe an den Dritten (Lebensmittelunternehmer) dient vielmehr allein dazu, die Rechtsmittelfrist gegen den bekanntgegebenen Bescheid in Gang zu setzen. Allerdings wird durch den Bescheid bzw. die in dessen Vollzug erfolgende Informationsweitergabe an den Antragsteller nach VIG in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) des Lebensmittelunternehmers eingegriffen. Der Inhalt eines einem Antrag auf Herausgabe von Informationen nach dem VIG stattgebenden Bescheides ist daher unter Berücksichtigung des Schreibens an den Dritten (Lebensmittelunternehmer) mit dem der Bescheid diesen bekanntgegeben wird, den diesem möglicherweise beigefügten herauszugebenden Kontrollberichten und dem Anhörungsschreiben, wenn diesen die Kontrollberichte beigefügt waren, auszulegen. Denn diese sind maßgeblich dafür, wie der Lebensmittelunternehmer den Bescheid verstehen konnte bzw. musste.
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Im vorliegenden Fall ist daher Gegenstand des Verfahrens die Frage, ob die Kontrollberichte des Antragsgegners, die dem Begleitschreiben vom 18. Februar und dem Anhörungsschreiben vom 21. Januar 2020 beigefügt waren, herausgegeben werden können.
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Der Antrag des Beigeladenen richtete sich ausweislich seiner Begründung auf die Bereitstellung von Informationen über festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen des LFGB etc. sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit derartigen Abweichungen getroffen worden sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. Die beiden Berichte über die lebensmittelrechtlichen Kontrollen enthalten jedoch jeweils keine Feststellungen über derartige Abweichungen.
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a) Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „festgestellte, nicht zulässige Abweichungen“ ist in der Rechtsprechung inzwischen geklärt. Unter einer Abweichung in diesem Sinne ist jede objektive Nichtbeachtung von Rechtsvorschriften zu verstehen (BVerwG, U.v. 29.8.2019 - 7 C 29.17 - juris LS 4 und Rn. 27). Die „nicht zulässige Abweichung“ muss nicht durch Verwaltungsakt festgestellt werden. Ausreichend ist, dass die zuständige Behörde die Abweichung unter Würdigung des Sachverhalts und der einschlägigen Rechtsvorschriften abschließend aktenkundig festgestellt hat (BVerwG a.a.O. Rn. 30). Auf dieser Grundlage hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass in der Benennung einer Rechtsgrundlage hinsichtlich der einzelnen jeweils als Verstoß gekennzeichneten Beanstandung im Rahmen einer Betriebskontrolle zugleich die rechtliche Subsumtion liegt. Der im Kontrollbericht festgestellte Sachverhalt in Verbindung mit der Benennung der Rechtsvorschrift, gegen die verstoßen worden sei, belege eine rechtliche Subsumtion mit dem Ergebnis einer festgestellten nicht zulässigen Abweichung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. Einer Begründung der Subsumtion bedürfe es nicht, weil ein Kontrollbericht keinen Verwaltungsakt darstelle und damit nicht der Begründungspflicht des Art. 39 BayVwVfG unterliege (BayVGH, B.v. 27.4.2020 - 5 CS 19.2415 - juris Rn. 16; B.v. 30.4.2020 - 5 CS 19.1511 - juris Rn. 19; B.v. 7.8.2020 - 5 CS 20.01.03.2002 - juris Rn. 16). Die Kammer folgt dieser Rechtsprechung.
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b) Wendet man diese Kriterien auf den vorliegenden Sachverhalt an, so ist zunächst festzuhalten, dass der zweite zur Veröffentlichung vorgesehene Kontrollbericht ausdrücklich „kein Verstoß“ feststellt. Er enthält daher zweifellos keine Feststellung einer nicht zulässigen Abweichung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. Daher besteht kein Anspruch des Beigeladenen auf diesbezügliche Informationsgewährung (vgl. BayVGH, B.v. 15.4.2020 - 5 CS 19.2087 - juris Rn. 11).
27
Aber auch dem anderen zur Veröffentlichung vorgesehenen Ergebnisprotokoll ist keine Feststellung einer nicht zulässigen Abweichung in diesem Sinne zu entnehmen. Denn grundsätzlich ist Voraussetzung hierfür nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (insb. B.v. 7.8.2020 - 5 CS 20.1302 - juris Rn. 16) die Benennung einer Rechtsgrundlage hinsichtlich der jeweiligen Beanstandung. Denn in dieser liegt zugleich die rechtliche Subsumtion im Form der vom Bundesverwaltungsgericht geforderten juristisch-wertenden Einordnung der tatsächlichen Feststellungen bei der Kontrolle. Ohne Nennung der konkreten Vorschrift ist schließlich nicht erkennbar, worin genau die festgestellte Abweichung von den in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG genannten Bestimmungen liegen soll. In dem genannten Ergebnisprotokoll findet sich aber keine die festgestellte Abweichung konkret bezeichnende Rechtsvorschrift. Vielmehr wird lediglich allgemein auf eine aufgrund des LFGB erlassene Verordnung verwiesen, ohne dass genau erkennbar wäre, was die beanstandete Abweichung genau sein soll. Dies genügt aber nicht für die Feststellung einer Abweichung im genannten Sinne.
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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zwar in seinen Beschlüssen vom 27. April 2020 (5 CS 19.2415 - juris Rn. 15) und vom 30. April 2020 (5 CS 19.1511 - juris Rn. 18) noch problematisiert, aber letztlich offen gelassen, ob die konkret infrage stehende Rechtsvorschrift in den Kontrollberichten genannt werden muss oder ob es ausreiche, dass die Rechtsgrundlage der festgestellten Abweichung irgendwie sonst aktenkundig gemacht wurde. Dies kann vorliegend jedoch im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens dahingestellt bleiben, da aus den vom Antragsgegner vorgelegten Behördenakten auch nicht erkennbar ist, dass konkrete Abweichungen von konkreten Rechtsvorschriften irgendwie sonst aktenkundig gemacht wurden. Ebenso wenig wurde dies schriftsätzlich im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vorgetragen.
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Ob der Antragsgegner den Bescheid insoweit noch nachbessern kann (dafür wohl BayVGH, B.v. 15.4.2020 - 5 CS 19.2087 - juris Rn. 11, VG Regensburg, U.v. 26.11.2020 - RO 5 K 19.781 - juris Rn. 47; dagegen wohl OVG NRW, B.v. 10.11.2020 - 15 B 1077/20 - juris Rn 15), kann sich, da bisher keine Ergänzung erfolgt ist, allenfalls im Rahmen des Klageverfahrens stellen.
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Daher überwiegt vorliegend das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Auf die von ihr ansonsten thematisierten Fragen, insbesondere der Heranziehung der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung zu § 40 Abs. 1a LFGB, kommt es nach alledem nicht an. Insoweit sei jedoch auf die einschlägige Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (insb. B.v. 27.4.2020 - 5 CS 19.2415 - juris), der sich die Kammer bereits wiederholt angeschlossen hat (vgl. B.v. 8.6.2020 - AN 14 S 20.00308 - juris; B.v. 8.6.2020 - AN 14 S 20.00047 - juris), verwiesen.
31
Der Streitwert war nach §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG in Höhe des Auffangstreitwerts festzusetzen. Die Kammer sieht dabei im Einklang mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 27.4.2020 - 5 CS 19.2415 - juris Rn. 28) unter Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsprechung (vgl. B. 20.11.2019 - AN 14 S 19.2053 - BeckRS 2019, 31242) von einer Reduzierung des Streitwerts nach Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ab.