Inhalt

VGH München, Beschluss v. 15.06.2021 – 19 ZB 20.1219
Titel:

Zurechnung elterlichen Verhaltens im Asylsrecht

Normenkette:
AufenthG § 61 Abs. 1c S. 2
Leitsatz:
Der Wortlaut des § 61 Abs. 1c AufenthG weist keine Anhaltspunkte dafür auf, dass die Vorschrift auf Minderjährige keine Anwendung finden darf und sich der Minderjährige das Verhalten der Eltern nicht zurechnen lassen müsse. (Rn. 4 – 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Räumliche Beschränkung für Minderjährige, Zurechnung des Verhaltens der Eltern, Wortlaut, Auslegung, räumliche Beschränkung für Minderjährige
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Gerichtsbescheid vom 07.04.2020 – B 6 K 20.246
Fundstelle:
BeckRS 2021, 15861

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsantragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsantragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
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Der am 28. Oktober 2012 geborene Kläger, ein äthiopischer Staatsangehöriger, der ebenso wie seine Eltern erfolglos ein Asylverfahren durchlaufen hat, wendet sich gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts vom 7. April 2020, durch den seine Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 28. November 2017, in dem für ihn eine räumliche Beschränkung auf das Stadtgebiet H. angeordnet wurde, abgewiesen worden ist. Die Eltern des Klägers haben ihre Klagen gegen sie betreffende Anordnungen der räumlichen Beschränkung auf das Stadtgebiet H. zurückgenommen. Die Klage des älteren Bruders des Klägers gegen die ihn betreffende räumliche Beschränkung auf das Stadtgebiet H. hat das Verwaltungsgericht mit Gerichtsbescheid vom 7. April 2020 rechtskräftig abgewiesen. Im hiesigen Verfahren hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 19. März 2018 abgelehnt. Der Senat hat die hiergegen erhobene Beschwerde im Verfahren 19 C 18.880 mit Beschluss vom 17. Februar 2020 zurückgewiesen. Den Gründen des Beschlusses ist u.a. zu entnehmen: „Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, muss sich der minderjährige Kläger das Handeln seiner gesetzlichen Vertreter, mithin deren unzureichende Mitwirkung bei der Identitätsklärung bzw. Passbeschaffung, zurechnen lassen“.
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Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen der Begründung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, deren Beurteilung sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts richtet (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 12), so dass eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Entscheidung in dem durch die Darlegung des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen zu berücksichtigen ist (BayVGH, B.v. 20.2.2017 - 10 ZB 15.1804 - juris Rn. 7), liegen nicht vor.
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1. Die Berufung des Klägers ist nicht aufgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestünden nur dann, wenn die Klägerseite im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - juris Rn. 16). Solche schlüssigen Gegenargumente liegen bereits dann vor, wenn im Zulassungsverfahren substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - juris Rn. 19). Es reicht nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Das wird zwar regelmäßig der Fall sein. Jedoch schlagen Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil (bzw. ein Gerichtsbescheid) sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - juris Rn. 9).
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Der Kläger trägt insoweit zur Begründung seines Zulassungsantrags vor, die (vermeintliche) Verletzung von Mitwirkungspflichten durch die Eltern als gesetzliche Vertreter könnten ihm bei der Anwendung des § 61 Abs. 1c AufenthG nicht wie eine eigene Verletzung von Mitwirkungspflichten mit der Folge zugerechnet werden, dass gegen ihn aus diesem Grunde eine räumliche Beschränkung seines Aufenthalts verhängt werden könnte. Insbesondere könne insoweit nicht § 80 Abs. 4 AufenthG herangezogen werden. Eine Art Geiselnahme des Kindes zwecks der durch § 61 Abs. 1c AufenthG intendierten Beeinflussung des Verhaltens seiner Eltern sei unzulässig. Der weitere Zweck der Regelung, die Sicherung der jederzeitigen Erreichbarkeit, komme gegenüber einem in seinem Aufenthalt in aller Regel vollständig an die Eltern gebundenen Kind nicht zum Tragen. In der Begründung des Gesetzentwurfes zu § 61 Abs. 1c AufenthG heiße es: „… Minderjährige Geduldete müssen sich nicht das Verhalten der Eltern oder sonstiger Personen Sorgeberechtigter zurechnen lassen.“. Der Gesetzeszweck (Einwirkung auf das Verhalten des Adressaten) verbiete sich gegenüber dem Kläger. Ein Kind sei auf die Betreuung seiner Eltern angewiesen, müsse also stets nach Hause kommen. Selbst wenn man unter Konstruktion wenig realistischer Geschehensabläufe die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Erreichbarkeit des Kindes annehmen würde, müsste dies dann in Bezug zum Gebot der vorrangigen Berücksichtigung des Kindeswohls gesetzt werden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Beschluss vom 17. Februar 2020 (den Vater des Klägers betreffend) ausgeführt, dass das vergangene Fehlverhalten des dortigen Klägers zur Prognose Anlass gegeben habe, dass ohne weitere präventiv-motivierende Schritte mit einer Beendigung des Fehlverhaltens nicht zu rechnen sein werde. Wohnsitzverpflichtung und Aufenthaltsbeschränkung seien - ebenso wie die Kürzung der Sozialleistungen - Druckmittel, durch die der Ausländer zur künftigen Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten veranlasst werde, also Einfluss auf sein zukünftiges Verhalten genommen werden solle. Eben dies verbiete sich bei dem Kläger. Soweit die Beklagte darauf hinweise, ein ausdrücklicher Ausschluss von Kindern aus der Regelung des § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG sei trotz entsprechender Überlegungen im Gesetzgebungsverfahren (der Bundesrat habe angeregt, in den Gesetzentwurf eine Klarstellung aufzunehmen, dass die räumliche Beschränkung nicht für Kinder und Jugendliche gelten solle) nicht erfolgt, liege dies daran, dass dies nicht für erforderlich erachtet worden sei. Es dürfte unbestreitbar sein, dass betreffend ein Kind die Möglichkeiten des Abtauchens oder der Erschwerung einer Abschiebung gemessen am Regelfall des § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG (also des erwachsenen Ausländers) minimal seien.
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Ernstliche Zweifel an der (vom Senat im Prozesskostenhilfeverfahren bestätigten) Auffassung des Verwaltungsgerichts, die gegenüber dem Kläger angeordnete räumliche Beschränkung auf das Stadtgebiet H. sei rechtmäßig, ergeben sich aus dem Vortrag des Klägers nicht.
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Der Senat hat in den den Beteiligten bekannten Beschlüssen vom 17. Februar 2020 (19 C 18.874 und 19 C 18.879) dargelegt, dass gegen die Eltern des Klägers gemäß § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG räumliche Beschränkungen auf das Stadtgebiet H. angeordnet werden konnten, da beide Elternteile zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen im Hinblick auf die Identitätsklärung und die Beschaffung von Identitätspapieren nicht erfüllen. Anders als der Kläger meint, muss er sich das Verhalten seiner Eltern zurechnen lassen. Anders als der Kläger meint, steht dem eine Auslegung des § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG nach den dafür entwickelten allgemein geltenden Regeln (vgl. etwa Zippelius, Juristische Methodenlehre, JuS-Schriftenreihe 93, 11. Aufl. 2002) nicht entgegen:
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Der Richter darf sich nicht dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen. Er muss die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren und den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung folgen (vgl. BVerfG, B.v. 25.11.2011 - 1 BvR 918/10 - juris Rn. 53). Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in dem diese hineingestellt ist. Nicht entscheidend ist dagegen die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung. Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift kommt für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen erhaltenen Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg nicht ausgeräumt werden können (vgl. BVerfG, U.v. 21.5.1952 - 2 BvH 2/52 NJW 1952, 737). Davon ausgehend ergeben sich aus dem Wortlaut des § 61 Abs. 1c AufenthG keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vorschrift auf Minderjährige keine Anwendung finden darf und diese sich das Verhalten ihrer Eltern nicht zurechnen lassen müssen. Soweit der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf anderes entnommen werden kann, ist festzuhalten, dass dortige Ausführungen im Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag gefunden haben. Der Gesetzgeber hat vielmehr die Gelegenheit, die Frage im Sinne des Klägers zu regeln, ungenutzt gelassen. Schon deshalb liegt es fern, die Bedeutung der amtlichen Begründung zum Gesetzesentwurf in einer Weise überzubewerten, dass diese den Willen des Gesetzgebers darstellt. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass sich aus dem systematischen Gesamtzusammenhang (eine Norm darf wie dargelegt nicht isoliert nur nach dem Wortlaut ausgelegt werden) oder nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift (dazu sogleich auch im Rahmen der Frage der Ermessensausübung) eine andere Interpretation ergeben könnte. Steht mithin nicht bereits eine Gesetzesauslegung der Anwendung des § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG auf den Kläger entgegen, unterliegt es auch keinen ernstlichen Zweifeln, wenn das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf § 80 Abs. 1 AufenthG dem Kläger die Handlungen seiner gesetzlichen Vertreter aufgrund seiner Minderjährigkeit und fehlenden Handlungsfähigkeit im Sinne des Aufenthaltsgesetzes zurechnet. Davon ist der Senat (wie ausgeführt) bereits in seinem Prozesskostenhilfebeschluss vom 17. Februar 2020 (19 C 18.880) ausgegangen. Zu Recht verweisen das Verwaltungsgericht und die Beklagte insoweit auch auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 26.10.2010 - 1 C 18/09 - juris Rn. 15, 22) und des OVG Lüneburg (B.v. 12.8.2010 - 8 PA 183/10 - juris). Zutreffend hat auch das Verwaltungsgericht Potsdam in seinem Beschluss vom 17. Januar 2020 (8 L 950/19 - juris Rn. 14) zur Frage, ob sich Minderjährige im Rahmen des § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG die mangelhafte Mitwirkung ihrer Eltern als gesetzliche Vertreter bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zurechnen lassen müssen, ausgeführt:
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„Die Antragsteller … müssen sich bei der Frage der Nichterfüllung zumutbarer Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen das Verhalten ihrer gesetzlichen Vertreterin … zurechnen lassen. Dies folgt zum einen aus den familienrechtlichen Regelungen zur Personensorge (§ 1626 BGB), die auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht umfassen (OVG Lüneburg, B.v. 2.7.2008 - 2 NE 302/08 - juris Rn. 12, zu § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG; OVG Münster, B.v. 8.12.2006 - 18 A 2644/06 - juris Rn. 26 f. zu § 25 Abs. 5 AufenthG). Im Hinblick darauf, dass der Vertretene sich das Verhalten des gesetzlichen Vertreters nach einer Vielzahl von Vorschriften zurechnen lassen muss (vgl. §§ 278 Satz 1, 254 Abs. 2 Satz 2 BGB; § 32 Abs. 1 Satz 2 VwVfG; § 51 Abs. 2 ZPO), hat das Bundesverwaltungsgericht die Frage nicht als grundsätzlich klärungsbedürftig in einem Revisionsverfahren erachtet (BVerwG, B.v. 30.4.1997 - 1 B 74/97 - juris Rn. 4 zu § 30 Abs. 3 AuslG i.d.F.v. 26.6.1992). Das aufenthaltsrechtliche Fehlverhalten der Eltern als gesetzliche Vertreter wird auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung den minderjährigen Kindern ohne weiteres zugerechnet (vgl. etwa BVerwG, U.v. 26.10.2010 - 1 C 18/09 - juris Rn. 22; U.v. 27.1.2009 - 1 C 40/07 - juris Rn. 22). Die in der Gesetzesbegründung dokumentierte Auffassung des Gesetzgebers (BT-Drs. 18/11546, S. 22), minderjährige Geduldete müssten sich das Verhalten ihrer Eltern insoweit nicht zurechnen lassen, hat im Wortlaut des § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG keinen Niederschlag gefunden und kann daher für die Antragsteller … zu keinem anderen Ergebnis führen. Ob dieser Zurechnungszusammenhang bei Eintritt der Volljährigkeit der Antragsteller … unterbrochen wird oder fortdauert (vgl. dazu OVG Lüneburg, U.v. 15.6.2010 - 8 LB 117/08 - juris Rn. 48 zu § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG), bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung“.
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Auch soweit der Kläger im Hinblick auf seine Minderjährigkeit (sinngemäß) Ermessensfehler bzw. einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip behauptet, trifft dies nicht zu. In den Blick zu nehmen ist zunächst, dass es sich bei § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG um eine Soll-Vorschrift handelt (sog. intendiertes Ermessen). Zu Recht weist die Beklagte zudem darauf hin, dass es sich bei der Aufenthaltsbeschränkung um eine Maßnahme zur Verbesserung der Vollstreckbarkeit der die gesamte Familie betreffenden Ausreiseverpflichtung handelt. Es ist nicht unrealistisch, dass der Kläger zu verschiedenen Zwecken (z.B. Schulausflüge, Vereinsveranstaltungen, Besuch/Unterbringung bei Verwandten oder Bekannten) ein Verlassen des Stadtgebiets H. anstreben könnte. Auch erweist sich der vom Kläger vorgetragene Eingriff in sein Kindeswohl in Anbetracht der Möglichkeit, im jeweiligen Einzelfall vorab bei der Beklagten eine Verlassenserlaubnis gemäß § 12 Abs. 5 Satz 1 AufenthG zu beantragen, als eher gering.
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2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), die der Kläger ihr zumisst.
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Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (stRspr., vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2019 - 10 ZB 19.275 - juris Rn. 7; B.v. 8.9.2019 - 10 ZB 18.1768 - Rn. 11; B.v. 14.2.2019 - 10 ZB 18.1967 - juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 17.12.2015 - 10 ZB 15.1394 - juris Rn. 16 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72). Klärungsbedürftig sind solche Rechts- oder Tatsachenfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend ober- und höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BVerfG, B.v. 28.4.2011 - 1 BvR 3007/07 - juris Rn. 21; Roth in Posser/Wolff, BeckOK, VwGO, Stand 1.1.2019, § 124 Rn. 55 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 38). Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann (stRspr., BVerwG, B.v. 9.4.2014 - 2 B 107.13 - juris Rn. 9 m.w.N.; BVerfG, B.v. 29.7.2010 - 1 BvR 1634/04 - juris Rn. 64).
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Die vom Kläger aufgeworfene Frage, „ob ein durch den Vertreter begangener Verstoß gegen die Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Beschaffung von Heimreisepapieren für sich selbst und/oder für den vertretenen Minderjährigen diesem im Rahmen des § 61 Abs. 1 lit. c AufenthG insoweit zugerechnet werden kann, dass gegen den minderjährigen Vertretenen die dort angeführte räumliche Beschränkung verhängt werden kann“, rechtfertigt die Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO jedenfalls deshalb nicht (unabhängig von der Beantwortung der Frage, ob die Ausführungen des Klägers den Anforderungen des Darlegungsgebots gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügen), weil die Rechtsfrage bereits auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann. Bezuggenommen wird auf die Ausführungen unter Nr. 1 dieses Beschlusses. Im Übrigen handelt es sich bei § 61 Abs. 1c AufenthG um eine Ermessensvorschrift, deren Anwendung jeweils bezogen auf den betreffenden Einzelfall zu prüfen ist (vgl. BayVGH, U.v. 12.7.2016 - 10 BV 14.18 - juris Rn. 72, 82).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 2, Abs. 3, 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).