Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 21.06.2021 – W 8 K 21.495
Titel:

Erfolglose Fortsetzungsfeststellungsklage hinsichtlich der coronabedingten Anordnung der Schließung von Bekleidungsgeschäften im März 2021

Normenketten:
BayVwVfG Art. 35
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 1
12. BayIfSMV § 12, § 29 S. 1 Nr. 10
Leitsätze:
1. Es ist einer Behörde nicht verwehrt, gesetzliche Verbote durch feststellenden Verwaltungsakt gegenüber dem Normadressaten zu konkretisieren (Anschluss an BVerwG BeckRS 2011, 50593). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Von § 12 Abs. 1 S. 1 12. BayIfSMV wurden auch Bekleidungsgeschäfte erfasst, die auch nicht als "sonstige für die tägliche Versorgung unverzichtbare Ladengeschäfte" im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 2 12. BayIfSMV anzusehen waren. (Rn. 39 – 52) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fortsetzungsfeststellungsklage, Zulässigkeit bejaht, Präjudizinteresse, Öffnung eines Bekleidungsgeschäftes, E-Mail mit Aufforderung zur Schließung als Verwaltungsakt, sicherheitsrechtliches Einschreiten wegen Ordnungswidrigkeit rechtmäßig, Bekleidungsgeschäfte von Öffnungsuntersagung erfasst, Auslegung der 12. BayIfSMV, Bekleidungsgeschäfte keine sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte, keine Vergleichbarkeit mit Schuhgeschäften - gesundheitlicher Aspekt, Corona, Bekleidungsgeschäft, Schließung, für die tägliche Versorgung unverzichtbare Ladengeschäfte
Fundstelle:
BeckRS 2021, 15799

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin, die in der Rechtsform einer GmbH im Landkreis … drei Filialen einer Kette von Bekleidungsgeschäften betreibt, begehrt die Feststellung, dass sie nach der bis zum 12. April 2021 geltenden Rechtslage nicht zur Schließung ihrer Ladengeschäfte aufgrund der Regelungen der 12. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung in der Fassung vom 25. März 2021 (12. BayIfSMV a.F.) verpflichtet und die ihr gegenüber angeordnete Schließung der Filialen rechtswidrig war.
2
1. Die 12. BayIfSMV a.F. enthielt in der Fassung vom 25. März 2021 in § 12 Regelungen über die Öffnung von Handels- und Dienstleistungsbetrieben bzw. Märkten. In Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen eine 7-Tage-Inzidenz von 100 überschritten war, war die Öffnung von Ladengeschäften mit Kundenverkehr für Handels-, Dienstleistungs- und Handwerksbetrieben untersagt. Ausgenommen hiervon waren unter Beachtung näher ausgeführter Schutzmaßnahmen (FFP2-Maskenpflicht, Mindestabstand, Begrenzung der Kundenzahl, Schutz- und Hygienekonzept) der Lebensmittelhandel inklusive Direktvermarktung, Lieferdienste, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz-Werkstätten, Fahrradwerkstätten, Banken und Sparkassen, Pfandleihhäuser, Filialen des Brief- und Versandhandels, Reinigungen und Waschsalons, Blumenfachgeschäfte, Gartenmärkte, Gärtnereien, Baumschulen, Baumärkte, der Verkauf von Presseartikeln, Versicherungsbüros, Buchhandlungen, Tierbedarf und Futtermittel und sonstige für die tägliche Versorgung unverzichtbare Ladengeschäfte sowie der Großhandel. Abweichend hiervon war die Abholung vorbestellter Waren in Ladengeschäften unter Beachtung eines Schutz- und Hygienekonzepts möglich. In Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen die 7-Tages-Inzidenz zwischen 50 und 100 lag, war zusätzlich die Öffnung von Ladengeschäften für einzelne Kunden nach vorheriger Terminbuchung für einen fest begrenzten Zeitraum mit der Maßgabe, dass die Zahl der gleichzeitig im Ladengeschäft anwesenden Kunden nicht höher war als ein Kunde je 40 m² der Verkaufsfläche und unter Erhebung der Kontaktdaten zulässig. Bei einer 7-Tages-Inzidenz unter 50 war die Öffnung von Ladengeschäften unter Beachtung von Schutzmaßnahmen zulässig.
3
Die 7-Tages-Inzidenz lag im Landkreis … im Zeitraum vom 25. März 2021 bis zum 12. April 2021 durchgängig über einem Wert von 100.
4
Mit Beschluss vom 31. März 2021 (Az.: 20 NE 21.540) stellte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof klar, dass Schuhgeschäfte zu den sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäften im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 2 der 12. BayIfSMV a.F. gehören, welche nicht von der generellen Betriebsuntersagung für Handelsbetriebe erfasst sind.
5
Daraufhin öffnete die Klägerin am 3. April 2021 ihre Filialen im Freistaat Bayern wieder und brachte in sämtlichen Filialen einen Vermerk mit Bezugnahme auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. März 2021 an, wonach sie die Ausführungen in dem Beschluss für auf Bekleidungsgeschäfte übertragbar halte.
6
Mit E-Mail vom 6. April 2021 forderte das Landratsamt … die Klägerin auf, ihre Filialen im Landkreis … unverzüglich zu schließen bzw. auf „Click& Collect“ umzustellen.
7
Zur Begründung wird ausgeführt: Die Einschätzung, wonach der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs analog auch für Textilwaren zum Tragen komme, werde nicht geteilt. Die Versorgung mit passendem Schuhwerk sei ausweislich der Begründung des Beschlusses auch für die der Gesunderhaltung dienenden Bewegung und Sportausübung im Freien sowie für eine gesunde Entwicklung und Erhaltung des Bewegungsapparats vonnöten. Sofern in den Filialen auch Schuhwerk verkauft werde, komme eine reguläre Öffnung in Betracht, sofern der Textilbereich entsprechend gesperrt werde.
8
Durch die Verordnung zur Änderung der 12. BayIfSMV vom 9. April 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 261) wurde die Formulierung der sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte mit Wirkung zum 12. April 2021 ersatzlos aus der Textfassung des § 12 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV gestrichen.
9
2. Am 8. April 2021 ließ die Klägerin - neben einem Antrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - Klage erheben.
10
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen: Bei den von der Klägerin betriebenen Bekleidungsgeschäften handele es sich um „sonstige für die tägliche Versorgung unverzichtbare Ladengeschäfte“ im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 der 12. BayIfSMV a.F. Die angeordnete Schließung mit E-Mail vom 6. April 2021 sei deshalb rechtswidrig gewesen. Die Schließungsanordnung habe sich infolge der mit Wirkung zum 12. April 2021 erfolgten Änderung der 12. BayIfSMV in Form der ersatzlosen Streichung der Formulierung „sonstige für die tägliche Versorgung unverzichtbare Ladengeschäfte“ erledigt. Die Klägerin verfüge aber über ein besonderes Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Zum einen diene der hiesige Rechtsstreit der Vorbereitung eines nicht offensichtlich aussichtslosen Amtshaftungsprozesses. Der Klägerin seien Einnahmen ausgefallen, jedoch weiter Fixkosten entstanden und sie beabsichtige diesen Schaden im Wege einer Amtshaftungsklage geltend zu machen, welche nicht von vorneherein aussichtslos erscheine. Die Änderung der 12. BayIfSMV sei zudem nach Klageerhebung erfolgt, weshalb die Klägerin nicht auf den Umstand verwiesen werden könne, dass ein Amtshaftungsprozess auch ohne vorherige Befassung der Verwaltungsgerichte möglich sei. Es bestehe weiter ein Rehabilitationsinteresse im Hinblick auf ggf. bereits eingeleitete oder noch drohende Bußgeldverfahren wegen der Öffnung der Ladengeschäfte. Selbst wenn man die Verwaltungsaktqualität der Mitteilung vom 6. April 2021 verneine, sei der hilfsweise erhobene Feststellungsantrag nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig, da ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis und ein Interesse an der Feststellung bestehe. Es sei allgemein anerkannt, dass auch vergangene bzw. erledigte Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage seien könnten. Das hierfür notwendige besondere bzw. qualifizierte Feststellungsinteresse liege wie dargestellt vor.
11
Bei der Schließungsanordnung handele es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 BayVwVfG und nicht lediglich um einen Hinweis auf die aus Sicht des Beklagten geltende Rechtslage ohne eigene Regelungswirkung. Denn die Klägerin habe dem zuständigen Mitarbeiter des Landratsamtes den in den Filialen angebrachten Vermerk vorgelegt und auf den Beschluss des BayVGH Bezug genommen. Dieser habe dies geprüft, weshalb die Annahme fernliege, der wesentliche Inhalt der E-Mail erschöpfe sich bei objektiver Betrachtung auf die Mitteilung der aktuellen Rechtslage. Vielmehr sei die Aufforderung, die streitgegenständlichen Filialen „unverzüglich“ zu schließen, im Lichte der Aussage des Mitarbeiters, er teile die Einschätzung der Klägerin „ausdrücklich nicht“, als gesetzes- bzw. verordnungskonkretisierender Verwaltungsakt zu sehen, welcher das unmittelbar geltende Verbot des § 12 Abs. 1 Satz 1 12. BayIfSMV a.F. für den vorliegenden Einzelfall konkretisiere mit der damit verbundenen Intention der Verwaltungsvollstreckung im Falle der Zuwiderhandlung. Die Schließungsanordnung sei offensichtlich rechtswidrig, da die streitgegenständlichen Bekleidungsgeschäfte als privilegierte Handelsbetriebe nicht unter die allgemeine Schließungspflicht des § 12 Abs. 1 Satz 1 12. BayIfSMV a.F. fielen. Die Schließungsanordnung habe nicht im Einklang mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG gestanden und der Öffnung hätten auch keine infektionsschutzrechtlichen Gründe entgegengestanden. Nach der Auslegung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes sei für die Frage, ob es sich um ein sonstiges für die tägliche Versorgung unverzichtbares Ladengeschäft gehandelt habe, einerseits maßgeblich, dass die Befriedigung des entsprechenden Bedarfs ein gewisses Gewicht habe, um zu einer Öffnung führen zu können. Andererseits dienten Ladengeschäfte nicht erst dann der täglichen Versorgung, wenn sie der Deckung eines im Wortsinn täglich auftretenden Bedarfs jedes Einzelnen dienten, sondern vielmehr bereits dann, wenn sie einen individuellen Bedarf abdeckten, der jederzeit und damit täglich eintreten könne. Bezogen auf Schuhgeschäfte sei ausgeführt worden, dass die Versorgung mit passenden Schuhen ein Grundbedürfnis sei, da diese nicht nur Voraussetzung für die Ausübung zahlreicher beruflicher Tätigkeiten, sondern im Regelfall auch für die der Gesunderhaltung dienende Bewegung und Sportausübung im Freien sowie - insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, deren Wachstum noch nicht abgeschlossen sei und bei denen sich ein entsprechender Bedarf sehr kurzfristig und dringend einstellen könne - für eine gesunde Entwicklung und Erhaltung des Bewegungsapparates sei. Diese Auslegung habe gleichermaßen für die von der Klägerin in den streitgegenständlichen Filialen angebotene Textilbekleidung zu gelten. Die Erwägungen seien nicht spezifisch auf den Schuhhandel beschränkt, da tragend für die Auslegung sei, dass der Verordnungsgeber solche Ladengeschäfte als besonders wichtig erachtet habe, die für die Berufsausübung notwendig sein könnten, den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen sowie der allgemeinen Gesundheit dienten und aufgrund dieser Umstände ein Grundbedürfnis darstellten. Dies sei beim Textilhandel ebenso der Fall. Angemessene Kleidung sei wie Schuhe für die Berufsausübung unerlässlich. Aufgrund des schnellen Wachstums von Kindern und Jugendlichen könne sich ein kurzfristiger und dringender Bedarf an Textilbekleidung ergeben und das Warenangebot umfasse in erheblichem Umfang neben Sportauch Freizeitbekleidung, die - wie Sportschuhe - für die der Gesunderhaltung dienende Bewegung im Freien erforderlich sei. Darüber hinaus habe die Schließungsanordnung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen, da keine sachlichen Gründe vorlägen, die in § 12 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV a.F. genannten Buch- und Blumenläden oder aufgrund des Beschlusses des BayVGH die Schuhgeschäfte gegenüber der Klägerin zu privilegieren. Hierfür fehle ein im Infektionsschutzrecht wurzelnder einleuchtender Grund. Es sei weiter ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn spezialisierten Einzelhändlern wie der Klägerin der Verkauf eines Warensortiments untersagt werde oder nur unter deutlich restriktiveren Bedingungen möglich sei, wohingegen die gleichen Waren im Rahmen der Mischsortimente bzw. (erheblichen) Randsortimente beispielsweise in SB-Warenhäusern, Discountern oder Supermärkten verkauft werden könnten. Einer Öffnung hätten zudem keine infektionsschutzrechtlichen Gründe entgegengestanden, da diese unter konsequenter Einhaltung eines strengen Hygienekonzepts erfolgt wäre und das Infektionsrisiko im Einzelhandel nach dem Robert-Koch-Institut ohnehin gering sei.
12
Mit weiterem Schriftsatz vom 15. Juni 2021 ließ die Klägerin ergänzend vortragen: Es bestehe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung im Hinblick auf die Vorbereitung eines nicht offensichtlich aussichtslosen Amtshaftungsprozesses. Der Klägerin sei infolge der rechtswidrigen Schließung ihrer Filialen bis zum Inkrafttreten der geänderten 12. BayIfSMV am 12. April 2021 ein wirtschaftlicher Schaden in Höhe der entgangenen Einnahmen bei gleichzeitig weiterlaufenden Fixkosten entstanden. Konkret sei es in den streitgegenständlichen Filialen im Landkreis … infolge der Schließungsanordnung im Zeitraum vom 7. April bis einschließlich 10. April 2021 zu einem Umsatzverlust in Höhe von insgesamt 32.177,00 EUR und einem daraus resultierenden Verlust an operativem Gewinn in Höhe von 13.428,00 EUR gekommen. Die Klägerin beabsichtige diesen operativen Gewinnverlust im Wege einer Amtshaftungsklage gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG als Schaden geltend zu machen, welcher nicht offensichtlich aussichtslos wäre. Es liege auch ein Rehabilitationsinteresse wegen diskriminierender Wirkung im Hinblick auf ggf. bereits eingeleitete oder noch drohende Bußgelder wegen der Öffnung der Ladengeschäfte vor. Neben den drei streitgegenständlichen Filialen seien weitere 101 Filialen der Klägerin in Bayern in dem hier maßgeblichen Zeitraum von behördlichen Schließungen betroffen gewesen. Seither sei es zu insgesamt 32 Verfahren wegen vermeintlicher Ordnungswidrigkeiten gekommen. In sämtlichen Bußgeldverfahren stehe und falle der Vorwurf einer unzulässigen Ladenöffnung mit der Frage, ob es sich bei den jeweils betroffenen Filialen der Klägerin um sonstige für die tägliche Versorgung unverzichtbare Ladengeschäfte im Sinne der § 12 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV a.F. gehandelt habe. Aus den vorliegenden Gesamtumständen ergebe sich zudem ein Rehabilitationsinteresse, da die Schließungen von einem großen Adressatenkreis wahrgenommen worden seien. So habe lokale und überregionale Presse berichtet und es sich um eine konzertierte Schließungsaktion gegen Filialen der Klägerin in ganz Bayern gehandelt. Es sei etwa in … oder … zu Einsätzen der Polizei oder des Ordnungsamtes gekommen. Aus den behördlichen Schließungen manifestiere sich das hiermit verbundene Unwerturteil, welches den guten Leumund der Klägerin bemakele. Durch die rechtswidrigen Schließungen werde der Eindruck erweckt, dass die Klägerin sich über geltendes Recht hinwegsetze und gerade in der Corona-Krise ihr eigenes Profitstreben über das Gesetz stelle. Weiterhin liege auch eine nachhaltige Grundrechtsverletzung von Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 12 Abs. 1 GG sowie dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 14 Abs. 1 GG) und Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG vor.
13
Zur Begründung der Klageerwiderung führt das Landratsamt … unter Verweis auf die Stellungnahme im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Wesentlichen aus: Die Klage sei jedenfalls unbegründet. Im Landkreis … hätten zum Zeitpunkt der Klageerhebung die Regelungen gegolten, welche die 12. BayIfSMV in der zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung für Landkreise und kreisfreie Städte vorgesehen habe, in denen die 7-Tage-Inzidenz von 100 an mindestens drei aufeinanderfolgenden Tagen überschritten worden sei. Bekleidungsgeschäfte hätten zum relevanten Zeitpunkt gemäß den Vorgaben der 12. BayIfSMV in der seinerzeit gültigen Fassung und der zur Interpretation der Vorgaben dienenden „FAQ Corona-Krise und Wirtschaft“ des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege lediglich die Abholung vorbestellter Waren (sog. „Click bzw. Call & Collect“) anbieten dürfen. Der zitierte Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs betreffend Schuhgeschäfte habe keine unmittelbaren Auswirkungen für die Betreiber von reinen Bekleidungsgeschäften gehabt. Der BayVGH habe in seinem Beschluss zu Schuhgeschäften im weitesten Sinn auf gesundheitsbezogene Bedürfnisse abgestellt, denen ein gesteigertes Gewicht beizumessen sei. Eine Übertragbarkeit auf reine Bekleidungsgeschäfte sei daher nicht angezeigt. Insoweit sei die Klägerin mit der E-Mail vom 6. April 2021 lediglich auf die bestehende Rechtslage hingewiesen worden.
14
In der Stellungnahme im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (W 8 S 21.496) vom 13. April 2021 führte das Landratsamt … weiter aus: Die Verordnung zur Änderung der 12. BayIfSMV vom 9. April 2021, die im Wesentlichen am 12. April 2021 in Kraft getreten sei, habe zudem unter anderem verschärfende Maßnahmen im Bereich des Einzelhandels zum Gegenstand gehabt, etwa die ersatzlose Streichung der Generalklausel der „sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte“ in § 12 Abs. 2 Satz 2 12. BayIfSMV a.F. Der Kreis der bedarfsnotwendigen Ladengeschäfte sei weiter auf diejenigen Geschäfte begrenzt worden, die tatsächlich im engeren Sinn zur Deckung des täglichen Lebensbedarfs erforderlich seien. Durch die Neufassung habe das Regel-Ausnahme-Verhältnis klarer gefasst, verstärkte Rechtssicherheit erreicht und verhindert werden sollen, dass über die ausdrücklich geregelten Fälle hinaus durch die bisherige generalklauselartige Vorschrift ungeregelte Bezugsfälle geschaffen würden und damit eine schleichende und vom Verordnungsgeber nicht gewollte Ausweitung der inzidenzunabhängig geöffneten Ladengeschäfte auf weitere Branchen wie zuletzt die Schuhgeschäfte stattfinde.
15
3. Der Antrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (W 8 S 21.496) wurde nach Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen unter gegenseitiger Kostenaufhebung mit Beschluss vom 15. April 2021 eingestellt.
16
In der mündlichen Verhandlung am 21. Juni 2021 ließ die Klägerin beantragen,
festzustellen, dass die gegenüber der Klägerin am 6. April 2021 ergangene Schließungsanordnung betreffend ihre Filialen in ... und ... rechtswidrig war.
Hilfsweise,
dass die von der Klägerin in ... und ... betriebenen Filialen ihres Bekleidungsgeschäftes als sonstige für die tägliche Versorgung unverzichtbare Ladengeschäfte im Sinne der bis zum 12. April 2021 geltenden Fassung des § 12 Abs. 1 Satz 2 der 12. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung von der Betriebsuntersagung des § 12 Abs. 1 Satz 1 der 12. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung ausgenommen waren.
17
Der Beklagtenvertreter beantragte,
die Klage abzuweisen.
18
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich des Verfahrens W 8 S 21.496) sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19
Die Klage ist im Hauptantrag als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.
20
Die per E-Mail am 6. April 2021 verfügte Schließungsanordnung betreffend die von der Klägerin in … … … … … … … … … und … betriebenen Filialen ihres Bekleidungsgeschäftes war rechtmäßig und verletzte die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
21
Im Einzelnen:
22
1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Die Klägerin begehrt im Hauptantrag die Feststellung, dass die ihr gegenüber am 6. April 2021 ergangene Anordnung der Schließung der drei im Landkreis … betriebenen Filialen ihres Bekleidungsgeschäftes rechtswidrig war. Hierfür steht ihr die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zur Verfügung.
23
Denn bei der E-Mail vom 6. April 2021 handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 BayVwVfG, mit welchem gegenüber der Klägerin die Schließung der drei streitgegenständlichen Filialen ihres Bekleidungsgeschäftes im Landkreis … angeordnet wurde. Maßgeblich für die Beurteilung, ob es sich bei einem behördlichen Akt um einen Verwaltungsakt handelt, ist dabei der objektive Erklärungswert, das heißt wie der Betroffene unter Berücksichtigung der äußeren Form, Abfassung, Begründung, Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung:und aller sonstigen ihm bekannten oder erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben bei objektiver Auslegung analog §§ 133, 157 BGB die Erklärung oder das Verhalten der Behörde verstehen musste bzw. durfte. Es kommt maßgeblich auf den Empfängerhorizont an und nicht allein auf die äußere Erscheinungsform (vgl. zu alldem: Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage 2020, § 35 Rn. 50 ff.; Alemann/Scheffczyk in BeckOK, VwVfG, 51. Edition Stand: 1.4.2021, § 35 Rn. 35 f.; BayVGH; B.v. 11.3.2021 - 20 CS 21.706 - juris Rn. 10; HessVGH, U.v. 6.5.2015 - 6 A 1514/14 - juris Rn. 27 ff.).
24
Ausgehend hiervon kommt der E-Mail vom 6. April 2021 Verwaltungsaktqualität zu. Es handelte sich bei dieser nicht lediglich um einen Hinweis auf die Rechtslage. Denn der insoweit maßgebliche § 12 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV a.F. war in seiner Formulierung der Generalklausel der sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte nicht eindeutig, weshalb gerade unter Berücksichtigung der am 31. März 2021 zu Schuhgeschäften ergangenen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 31.3.2021 - 20 NE 21.540 - juris) jedenfalls nicht von vorneherein ohne weiteres erkennbar war, ob das Bekleidungsgeschäft der Klägerin von dieser Generalklausel mit der Folge der Ausnahme vom repressiven Öffnungsverbot aus § 12 Abs. 1 Satz 1 12. BayIfSMV a.F. umfasst war oder nicht. Die Pflicht zur Schließung ergab sich damit nicht ohne weiteres bereits aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 12. BayIfSMV a.F. Die E-Mail vom 6. April 2021 stellte nicht lediglich einen Hinweis auf die geltende Rechtslage dar, sondern war auf die Setzung einer Rechtsfolge, der unverzüglichen Schließung der in Rede stehenden Filialen, gerichtet und wies damit die für einen Verwaltungsakt erforderliche Regelungswirkung auf. Letzteres legt insbesondere die Formulierung („Ich fordere Sie hiermit auf, Ihre Filialen im Landkreis … unverzüglich zu schließen bzw. auf Click & Collect umzustellen.“) nahe, da diese über den reinen Hinweis auf die geltende Rechtslage hinausgeht (a.A. für eine E-Mail mit der Bitte einen Gebrauchtwagenhandel einzustellen: VG Augsburg, B.v. 8.1.2021 - Au 9 S 20.2794 - juris Rn. 19; dem nachfolgend BayVGH, B.v. 4.2.2021 - 20 CS 21.109 - juris Rn. 21). Der Beklagte hat vielmehr sein abweichendes Verständnis des Begriffs der sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte mitgeteilt und das Verbot aus § 12 Abs. 1 Satz 1 12. BayIfSVM a.F. insoweit konkretisiert, als dass aus seiner Sicht die Bekleidungsgeschäfte der Klägerin hiervon umfasst sind und deshalb zu schließen waren. Dem Beklagten ist es nicht verwehrt, gesetzliche Verbote durch feststellenden Verwaltungsakt gegenüber den Normadressaten zu konkretisieren (BVerwG, U.v. 23.2.2011 - 8 C 50/09 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 4.2.2021 - 20 CS 21.109 - juris Rn. 21; U.v. 28.7.2015 - 11 B 15.76 - juris Rn. 39).
25
Vor dem Hintergrund der verschiedenen Rechtsauffassungen der Beteiligten im Hinblick auf die Auslegung des Begriffs der sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte gerade unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 31.3.2021 - 20 NE 21.540 - juris) sowie der Formulierung der E-Mail vom 6. April 2021 durfte die Klägerin diese aus Sicht eines objektiven Empfängers als Verwaltungsakt im Sinne einer Schließungsanordnung verstehen bzw. ist diese bei Würdigung aller Umstände als solcher auszulegen. Da der Erlass eines Verwaltungsakts grundsätzlich an keine bestimmte Form gebunden ist (Art. 37 Abs. 2 BayVwVfG), spricht auch die äußere Form des Erlasses per E-Mail nicht gegen die Verwaltungsaktqualität der streitgegenständlichen Maßnahme. Ebenso wenig spricht es entscheidend gegen die Annahme eines Verwaltungsaktes, dass der E-Mail vom 6. April 2021 keine ausführliche Rechtsbehelfsbelehrung:beigefügt war (vgl. HessVGH, U.v. 6.5.2015 - 6 A 1514/14 - juris Rn. 28). Zwar kann eine solche nach obigen Ausführungen indiziell dafürsprechen, dass es sich bei der jeweils in Rede stehenden Maßnahme um einen Verwaltungsakt handelt. Gleichwohl führt allein ein Fehlen einer solchen nicht zu der gegenteiligen Annahme, dass alleine deshalb die Verwaltungsaktqualität zu verneinen ist, zumal der Beklagte selbst in der E-Mail formlos auf die Möglichkeit des Klageweges verweist.
26
Die Schließungsanordnung vom 6. April 2021 hat sich nach Klageerhebung am 9. April 2021 durch die Änderung der Rechtslage in Form der ersatzlosen Streichung der Generalklausel der sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte aus der 12. BayIfSMV mit Wirkung zum 12. April 2021 durch die Verordnung zur Änderung der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 9. April 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 261) erledigt und ist gegenstandslos geworden. Denn nach der neuen Rechtslage waren die zulässigerweise geöffneten Ladengeschäfte abschließend in § 12 Abs. 1 12. BayIfSMV genannt und Bekleidungsgeschäfte gerade nicht aufgeführt, weshalb sich die Pflicht zur Schließung für die Geschäfte der Klägerin nunmehr unzweifelhaft direkt aus dem klaren Wortlaut des § 12 12. BayIfSMV ergab.
27
2. Die Klage ist zulässig.
28
Die Änderung der mit Klageschrift vom 9. April 2021 ursprünglich als Anfechtungsklage gegen die Schließungsanordnung erhobenen Klage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist gemäß § 173 Satz 1 i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO kraft Gesetzes zulässig. § 91 VwGO steht dem nicht entgegen (vgl. VG Würzburg, U.v. 22.1.2021 - W 8 K 20.519 - juris Rn. 18; Decker in BeckOK, VwGO, 57. Edition Stand: 1.4.2021, § 113 Rn. 81).
29
Die Klägerin hat auch ein besonderes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schließungsanordnung vom 6. April 2021 hinreichend dargelegt, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.
30
Das besondere Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich aus einem Präjudizinteresse der Klägerin im Hinblick auf die Durchführung eines nicht offensichtlich aussichtslosen Amtshaftungsprozesses. Zwar ist die vorherige Anrufung des Verwaltungsgerichts für einen Amtshaftungsprozess nicht notwendig, jedoch steht dies der Zulässigkeit der Klage vorliegend nicht entgegen, da sich das ursprüngliche Begehren der Klägerin, die Aufhebung der Schließungsanordnung vom 6. April 2021, ohne ihr Zutun durch die Änderung der 12. BayIfSMV nach Klageerhebung erledigt hat (vgl. auch BayVGH, B.v. 12.2.2021 - 1 B 20.875 - juris Rn. 15 ff.).
31
Die Voraussetzungen für die Annahme eines solchen Präjudizinteresses liegen vor. Bei einer Fortsetzungsfeststellungklage, die der Vorbereitung eines Amtshaftungs- bzw. Entschädigungsprozesses vor dem Zivilgericht dienen soll, ist das Feststellungsinteresse nur dann zu bejahen, wenn ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, die begehrte Feststellung in diesem Verfahren erheblich und die Rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos ist (z.B. BVerwG, U.v. 18.10.1985 - 4 C 21.80 - BVerwGE 72,172). Die Voraussetzungen für die Annahme eines Präjudizinteresses muss die Klägerin von sich aus substantiiert darlegen. Insbesondere muss sie aufzeigen, was sie konkret anstrebt, welchen Schaden bzw. welche Schadens- oder Entschädigungspositionen sie im Zivilrechtsweg geltend machen will und dass ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Die bloße Behauptung, einen Schadensersatzprozess führen zu wollen, genügt hierfür nicht (z.B. BayVGH, B.v. 24.10.2011 - 8 ZB 10.957 - juris; ders., B.v. 27.3.2014 - 15 ZB 12.1562 - juris Rn. 12 m.w.N.; OVG NW, U.v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m.w.N.). Zwar dürfen an den Vortrag keine überzogenen Anforderungen gestellt werden, insbesondere bedarf es regelmäßig nicht der Vorlage einer genauen Schadensberechnung. Jedoch muss das Vorbringen zur Rechtfertigung des mit der Fortsetzung des Prozesses verbundenen Aufwands über die bloße Behauptung hinaus nachvollziehbar erkennen lassen, dass ein Amtshaftungs- bzw. Entschädigungsprozess tatsächlich angestrebt wird und dieser nicht offensichtlich aussichtslos ist. Hierzu gehört auch eine zumindest annähernde Angabe der Schadenshöhe (BayVGH, B.v. 23.6.2015 - 1 ZB 13.92 - juris Rn. 5; B.v. 24.10.2011 - 8 ZB 10.957 - juris; B.v. 27.3.2014, 15 ZB 12.1562 - juris; B.v. 13.6.2014 - 15 ZB 14.510 - juris; OVG NW, B.v. 5.7.2012 - 12 A 1423/11 - juris Rn. 22 ff.; U.v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m.w.N; OVG MV, B.v. 27.5.2010 - 2 L 351/06 - ZfB 2010, 144 Rn. 7; Wolff in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rn. 277 ff.; VG Würzburg, U.v. 22.1.2021 - W 8 K 20.519 - juris Rn. 28).
32
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin, wenn sie im Schriftsatz vom 15. Juni 2021 konkret in Bezug auf die streitgegenständlichen Filialen sowie den maßgeblichen Schließungszeitraum von der Schließungsanordnung bis zum Inkrafttreten der Änderung der 12. BayIfSMV a.F., ihren Rückgang des operativen Gewinns mit 13.428,00 EUR beziffert und ausführt, dass aufgrund des insgesamt im Bayern eingetretenen Verlustes dieser im Wege von Amtshaftungsprozessen geltend gemacht werden soll. Ein solches Vorgehen erscheint jedenfalls nicht als von vorneherein aussichtslos, zumal die Anforderungen im Rahmen der Zulässigkeit diesbezüglich nicht überspannt werden dürfen und eine etwaige inzidente Prüfung der Erfolgsaussichten einer Amtshaftungsklage vor den Zivilgerichten nicht angezeigt ist. Die vorliegend begehrte Feststellung ist dabei auch erheblich für den Ausgang eines Amtshaftungsprozesses, da es auch für einen solchen maßgeblich auf die Rechtmäßigkeit der hier in Rede stehenden Schließungsanordnung und die Auslegung des Begriffs der sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV a.F. ankommt.
33
Da sich die Klage bereits aus diesem Grund als zulässig erweist, kann es dahinstehen, ob auch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse in Form eines Rehabilitationsinteresses aufgrund einer diskriminierenden Wirkung der angegriffenen Maßnahmen oder aufgrund eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs vorliegt.
34
Infolgedessen ist auch der Hilfsantrag ohne weitere Relevanz.
35
3. Die Klage ist im allein zur Entscheidung stehenden Hauptantrag unbegründet, da die Schließungsanordnung vom 6. April 2021 rechtmäßig war und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzte (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
36
Die Schließungsanordnung vom 6. April 2021 enthielt keinen ausdrücklichen Verweis auf eine bestimmte Rechtsgrundlage. Eine solche steht dem Beklagten aber jedenfalls mit der sicherheitsrechtlichen Generalklausel aus Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz - LStVG) i.V.m. § 73 Abs. 1a Nr. 24 IfSG i.V.m. § 29 Satz 1 Nr. 10 12. BayIfSMV a.F. zur Verfügung, da die Öffnung eines Ladengeschäftes entgegen dem Verbot aus § 12 12. BayIfSMV a.F. eine Ordnungswidrigkeit darstellt, sollte sich die Befugnis zur Durchsetzung der Regelungen der 12. BayIfSMV a.F. nicht bereits ohnehin konkludent aus dieser selbst ergeben.
37
Es bestehen keine Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Schließungsanordnung. Eine Anhörung der Klägerin nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist darin zu sehen, dass der Beklagte nicht direkt, nachdem er von der Öffnung der streitgegenständlichen Filialen erfahren hatte, eine Schließungsanordnung verfügt, sondern zunächst das in den Filialen angebrachte Hinweisschreiben zur Prüfung angefordert hat und in E-Mail-Verkehr mit einem Vertreter der Klägerin stand. Die Klägerin hatte somit Gelegenheit sich vor dem Erlass der Schließungsanordnung zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, weshalb dahinstehen kann, ob die eine vorherige Anhörung nicht ohnehin wegen Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG entbehrlich war.
38
Die Schließungsanordnung wurde auch hinreichend begründet, Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG. Die E-Mail vom 6. April 2021 enthält knappe, aber im Hinblick auf das Begründungserfordernis noch ausreichende Ausführungen zu den maßgeblichen Gründen des Beklagten für den Erlass der Schließungsanordnung. Zudem hat der Beklagte im Klageverfahren weitere Ausführungen vorgenommen, weshalb etwaige Begründungsmängel, sollten sie überhaupt vorgelegen haben, jedenfalls nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG geheilt wurden.
39
Die Schließungsanordnung vom 6. April 2021 war materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen der Befugnisnorm des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG lagen vor. Die Öffnung der in Rede stehenden Bekleidungsgeschäfte erfüllte den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit aus § 29 Satz 1 Nr. 10 12. BayIfSMV a.F., da sie entgegen dem Verbot aus § 12 Abs. 1 Satz 1 12. BayIfSMV a.F. erfolgte. Die Bekleidungsgeschäfte der Klägerin waren von dieser Verbotsnorm umfasst und insbesondere nicht von der Betriebsuntersagung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV a.F. ausgenommen.
40
Die maßgebliche 7-Tage-Inzidenz lag im Landkreis … im gesamten hier in Rede stehenden Zeitraum vom 3. April 2021 bis 12. April 2021 über einem Wert von 100 (vgl. https://www.corona-in-zahlen.de/landkreise/ …; abgerufen am: 23.6.2021). Daher galt grundsätzlich, dass die Öffnung von Ladengeschäften mit Kundenverkehr für Handels-, Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe untersagt war (§ 12 Abs. 1 Satz 1 12. BayIfSMV a.F.). Ausgenommen hiervon waren die in § 12 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV a.F. ausdrücklich genannten Ladengeschäfte sowie sonstige für die tägliche Versorgung unverzichtbare Ladengeschäfte. Bekleidungsgeschäfte waren in der enumerativen Positivliste der Vorschrift nicht genannt und sie stellen keine sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte dar.
41
Etwas anderes ergibt sich nicht aus einer Auslegung des Begriffs „sonstige für die tägliche Versorgung unverzichtbare Ladengeschäfte“ in § 12 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV a.F. anhand der allgemeinen Auslegungsmethoden unter Berücksichtigung des klarstellenden Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. März 2021 (Az.: 20 NE 21.540 - juris) betreffend Schuhgeschäfte.
42
Maßgeblich für die Auslegung ist der objektivierte Wille des Normgebers, wie er sich aus Wortlaut und Sinnzusammenhang ergibt. Für die Erfassung des Willens ist auf die anerkannten Auslegungsmethoden aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie die Materialen des Normsetzungsverfahrens und die Entstehungsgeschichte zurückzugreifen, wobei gerade bei der Auslegung der dem Schutz vor der weiteren Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus („Coronavirus“) dienenden 12. BayIfSMV a.F. auch die dem jeweiligen Erlass bzw. der jeweiligen Änderung zugrundeliegende Infektionslage zu berücksichtigen ist (vgl. BayVGH, a.a.O. Rn. 8; VG Würzburg, B.v. 24.11.2020 - W 8 E 20.1791 - juris Rn. 32).
43
Der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV a.F. ist nicht eindeutig (vgl. schon BayVGH, B.v. 14.1.2021 - 20 CE 21.30 - juris Rn. 9 zum gleichlautenden § 12 Abs. 1 Satz 2 11. BayIfSMV). Insbesondere wird der Begriff der sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte nicht näher konkretisiert oder gar definiert. Die Verwendung der Begriffe „für die tägliche Versorgung unverzichtbar“ lässt dabei zwar den Schluss auf eine enge Auslegung zu, die Frage, wann es sich um einen unverzichtbaren Bedarf handelt, lässt der Wortlaut dabei aber ebenso offen, wie die Frage, ob eine objektive oder subjektive Betrachtungsweise zu gelten hat (vgl. BayVGH, a.a.O. Rn. 9). Im Hinblick auf die enumerativ in § 12 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV a.F. genannten Ladengeschäfte sind unverzichtbar in diesem Sinne aber jedenfalls nicht nur Betriebe und Geschäfte, die nur einen unabweisbar täglich notwendigen Lebensbedarf im engeren Sinne decken (Lebensmittelhandel), sondern der Verordnungsgeber hat auch spezielle Bedürfnisse von Personengruppen wie solche mit bestimmten Ernährungsbedürfnissen (Reformhäuser) oder mit Haustieren (Tierbedarf) berücksichtigen wollen. Es müssen also Waren angeboten werden, die entweder den unabweisbar täglich notwendigen Lebensbedarf oder zumindest den täglichen Bedarf bestimmter Personengruppen mit besonderen Bedürfnissen abdecken. Der täglichen Versorgung dienen Ladengeschäfte dabei nicht erst dann, wenn sie der Deckung eines im eigentlichen Wortsinn täglich auftretenden Bedarfs eines jeden Einzelnen dienen, sondern vielmehr schon dann, wenn sie einen individuellen Bedarf abdecken, der jederzeit und damit täglich eintreten kann (vgl. zu alldem: BayVGH, B.v. 31.3.2021 - 20 NE 21.540 - juris Rn. 10; B.v. 4.3.2021 - 20 CE 21.550 - juris Rn. 17; B.v. 3.3.2021 - 20 NE 21.391 - juris Rn. 11; zur insoweit gleichlautenden 11. BayIfSMV: BayVGH, B.v. 14.1.2021 - 20 CE 21.30 - juris Rn. 9; VG Ansbach, B.v. 8.2.2021 - AN 18 E 21.209 - BeckRS 2021, 2139 Rn. 24 ff. sowie: Begründung der 12. BayIfSMV vom 5.3.2021, BayMBl. 2021 Nr. 172 S.4).
44
Zu beachten ist gleichwohl, dass § 12 Abs. 1 Satz 1 12. BayIfSMV a.F. von seinem Regelungszweck her ein repressives Verbot darstellt und Ausnahmevorschriften hiervon daher grundsätzlich eng auszulegen sind. Sinn und Zweck der Vorschrift - wie generell des gesamten Regelungsregimes der 12. BayIfSMV a.F. - war die Vermeidung von Infektionsrisiken im Hinblick auf die Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus („Coronavirus“) durch die Minimierung von Kontakten (vgl. BayVGH, B.v. 31.3.2021 - 20 NE 21.540 - juris Rn. 10; B.v. 14.1.2021 - 20 CE 21.30 - juris Rn. 10 f. sowie bereits B.v. 14.4.2020 - 20 CE 20.725 - juris Rn. 7), zumal vor dem Hintergrund in Bayern hoher und ansteigender Infektionszahlen im März und April 2021 (https://www.corona-in-zahlen.de/bundeslaender/bayern/; abgerufen am 23.6.2021). Von einem unverzichtbaren Versorgungsinteresse im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV a.F. ist mithin nur unter der Voraussetzung auszugehen, dass die Befriedigung des jeweiligen Bedarfs ein gewisses Gewicht hat und von der Rechtsordnung anerkannt ist (vgl. nur BayVGH, B.v. 31.3.2021 - 20 NE 21.540 - juris Rn. 10).
45
Festzuhalten ist damit, dass der Begriff der sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte als Ausnahme vom repressiven Betriebsverbot aus § 12 Abs. 1 Satz 1 12. BayIfSMV a.F. nach Sinn und Zweck der Vorschrift und dem Willen des Verordnungsgebers grundsätzlich eng auszulegen ist, was zunächst gegen eine Erweiterung auf die hier streitgegenständlichen Bekleidungsgeschäfte spricht. Gleichwohl verkennt das Gericht nicht, dass die Versorgung mit passender Bekleidung, gerade auch bei im Wachstum befindlichen Kindern und Jugendlichen, durchaus einen Bedarf darstellt, der von einem gewissen Gewicht ist, kurzfristig auftreten kann und ohne Zweifel von der Rechtsordnung anerkannt wird. Der Verordnungsgeber hat zudem selbst durch die Erweiterung der Positivliste der zulässigerweise inzidenzunabhängig geöffneten Ladengeschäfte bei Änderung der 11. BayIfSMV zum 1. März 2021 um Blumenfachgeschäfte sowie Garten- und Baumärkte (vgl. § 1 Nr. 2 der Verordnung zur Änderung der 11. BayIfSMV vom 24. Februar 2021, BayMBl. 2021 Nr. 149) sowie bei Erlass der 12. BayIfSMV zum 8. März 2021 um Versicherungsbüros und Buchhandlungen das erforderliche Gewicht eines unverzichtbaren Bedarfs erheblich relativiert (so auch: BayVGH, B.v. 31.3.2021 - 20 NE 21.540 - juris Rn. 11 ff.).
46
All dies schließt eine Subsumtion der Bekleidungsgeschäfte unter den Begriff der sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte zwar nicht aus, lässt diese aber demgegenüber jedoch nicht zwingend erscheinen, auch wenn das Gericht nicht verkennt, dass es sich bei den Bekleidungsgeschäften der vorliegenden Art, wie vom Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, nicht um reine Modegeschäfte sondern vielmehr um Geschäfte handelt, welche ein Grundsortiment an Kleidungsstücken (z.B. T-Shirts, Jeans-Hosen etc.) ohne saisonalen Wechsel der angebotenen Produkte führen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, wie bereits dem klägerischen Vorbringen zu entnehmen, welches sich im Kern hierauf stützt, aber maßgeblich auch die klarstellende zu Schuhgeschäften ergangene Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 31.3.2021 - 20 NE 21.540 - juris), welche die Klausel der sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte nochmals inhaltlich konkretisiert.
47
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt in dem zitierten Beschluss unter Randnummer 15 (juris) zu Schuhgeschäften ausdrücklich aus:
„Wie die Antragstellerin insoweit zutreffend ausführt, dient die Versorgung mit (passenden) Schuhen einem Grundbedürfnis. Die Versorgung mit Schuhen ist nicht nur Voraussetzung für die Ausübung zahlreicher beruflicher Tätigkeiten, sondern im Regelfall auch für die der Gesunderhaltung dienende Bewegung und Sportausübung im Freien sowie - insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, deren Wachstum noch nicht abgeschlossen ist und bei denen sich demzufolge ein entsprechender Bedarf sehr kurzfristig und dringend stellen kann - für eine gesunde Entwicklung und Erhaltung des Bewegungsapparats. Weil der Verordnungsgeber zudem durch die ausdrücklich geregelten Ausnahmen zugunsten von „Babyfachmärkten“ und gesundheitsbezogenen Ladengeschäften (Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker und Hörgeräteakustiker) selbst signalisiert, dass er kinder- und (im weitesten Sinn) gesundheitsbezogenen Bedürfnissen ein gesteigertes Gewicht zumisst, ist nicht erkennbar, warum ein solches Gewicht nicht zumindest zu einem nicht unerheblichen Teil auch den hier streitgegenständlichen Schuhgeschäften zukommen sollte.“
48
Hieraus wird deutlich, dass gerade der gesundheitliche Aspekt passender Schuhe insbesondere bei, aber nicht ausschließlich im Wachstum befindlichen Kindern und Jugendlichen sowie als Erfordernis für die der Gesunderhaltung dienende Bewegung und Sportausübung auch bei Erwachsenen, den unabweisbaren und damit unverzichtbaren Bedarf mit einem gewissen Gewicht darstellt, der zur Einordnung der Schuhgeschäfte als sonstige für die tägliche Versorgung unverzichtbare Ladengeschäfte im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV a.F. geführt hat. Zu beachten ist weiter, dass ein zentraler gesundheitlicher Aspekt dieser Einordnung die gesunde Entwicklung und Erhaltung des Bewegungsapparates ist und nicht allein die Tatsache, dass (Sport-)Schuhe für die sportliche Betätigung benötigt werden, welche für die Gesundheit förderlich ist.
49
Überträgt man diese Grundsätze auf die von der Klägerin betriebenen Bekleidungsgeschäfte, so vermag das Gericht keinen ähnlichen gesundheitsbezogenen Aspekt mit vergleichbarem Gewicht erkennen. Die Versorgung mit passender Kleidung dient nicht in dem Maße der Gesunderhaltung des menschlichen Organismus bzw. der Entwicklung und Erhaltung des Bewegungsapparates wie die Versorgung mit passendem Schuhwerk, insbesondere, aber nicht ausschließlich, auch im Bereich der sportlichen Betätigung. Dass für die sportliche Betätigung das Tragen von Kleidung erforderlich ist, erscheint selbstverständlich und führt zu keiner abweichenden Auslegung. Es kommt wie dargestellt nicht darauf an, dass Bekleidung etwa für Kinder oder die sportliche Betätigung vertrieben wird, sondern vielmehr ist darauf abzustellen, ob das Gewicht des Vertriebs der in Rede stehenden Produkte im Hinblick auf die Gesunderhaltung selbst vergleichbar mit dem Gewicht des Verkaufs von passenden Schuhen oder anderen ausdrücklich in § 12 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV genannten gesundheitsrelevanten Produkten (Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgerätakustiker) ist. Dies ist bei Bekleidungsgeschäften zur Überzeugung der Kammer im Hinblick auf den gesundheitlichen Aspekt des für die „Unverzichtbarkeit“ eines Ladengeschäftes im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV a.F. erforderlichen gesteigerten Gewichtes nicht der Fall. Inwieweit unpassende Bekleidung zu negativen gesundheitlichen Auswirkungen führen kann, erschließt sich nicht ohne weiteres bzw. jedenfalls nicht in dem Maße, wie es bei unpassenden Schuhen oder etwa auch Sanitätsbedarf der Fall ist, bei welchen es ganz maßgeblich auf die richtige Passform ankommt.
50
Nicht verkannt werden darf im Zusammenhang mit dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. März 2021 (Az: 20 NE 21.540 - juris) auch die Art und Weise, in welcher die Klarstellung bezüglich der Schuhgeschäfte erfolgt ist. Es handelte sich bei dem zur Entscheidung gestellten Verfahren um einen Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO auf vorläufige Außervollzugsetzung des § 12 Abs. 1 Satz 1 12. BayIfSMV a.F. Die dortige Antragstellerin, die ein Schuhgeschäft betreibt, war mit diesem Antrag unterlegen, da ihr die erforderliche Antragsbefugnis als Betreiberin eines sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäftes fehlte (vgl. BayVGH, B.v. 31.3.2021 - 20 NE 21.540 - juris Rn. 8 ff.).
51
Mit Beschluss vom 18. März 2021 (Az.: 20 NE 21.579 - juris) hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof indes schon zuvor einen entsprechenden Antrag einer Betreiberin eines Textileinzelhandelsgeschäfts zu entscheiden, welcher im Gegensatz zum oben zitierten Antrag für zulässig gehalten wurde. Der BayVGH hat somit nur kurze Zeit (13 Tage) vor Ergehen des Beschlusses vom 31. März 2021 zur gleichlautenden Rechtslage keine Veranlassung für eine entsprechende Klarstellung gesehen. Dies spricht ebenfalls dafür, keine Erweiterung des Begriffs der sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte auf Bekleidungsgeschäfte in der von der Klägerin betriebenen Art anzunehmen und dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof selbst keine Übertragbarkeit der von ihm konkretisierten Auslegungsgrundsätze auf diese Geschäfte annimmt, sondern er ohne weiteren Erörterungsbedarf davon ausgeht, dass diese von dem Öffnungsverbot in § 12 Abs. 1 Satz 1 12. BayIfSMV a.F. erfasst waren.
52
Im Ergebnis ist daher bei der gebotenen engen Auslegung der Ausnahmen vom repressiven Verbot des § 12 Abs. 1 Satz 1 12. BayIfSMV unter Berücksichtigung des Willens des Verordnungsgebers und der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof konkretisierten Auslegungsgrundsätze nach Überzeugung der Kammer nicht davon auszugehen, dass es sich bei den von der Klägerin betriebenen Bekleidungsgeschäften um für den täglichen Bedarf unverzichtbare Ladengeschäfte handelt, mit der Folge, dass der Beklagte grundsätzlich auf Grundlage vom Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG i.V.m. § 29 Satz 1 Nr. 10 12. BayIfSMV a.F. sicherheitsrechtlich einschreiten durfte.
53
Die weiteren Voraussetzungen dieser Befugnisnorm liegen ebenfalls vor. Auf Rechtsfolgenseite kommt dem Beklagten dabei ein Ermessensspielraum zu und er hat insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (Art. 8 LStVG) und die Maßnahme gegen den richtigen Adressaten zu richten (Art. 9 LStVG). Ermessensfehler sind vorliegend nicht ersichtlich, zumal diesbezüglich seitens der Klägerin nichts substantiiert konkret auf die hier in Rede stehende Maßnahme vorgetragen wurde. Ein Verweis auf die Unverhältnismäßigkeit der allgemein angeordneten Betriebsschließungen aus der BayIfSMV in der jeweils gültigen Fassung - von der die Kammer zudem nicht ausgeht - ist insoweit nicht ausreichend und wäre im Übrigen im Wege eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geltend zu machen gewesen (vgl. statt vieler BayVGH, B.v. 26.10.2020 - 20 CE 20.2185 - juris Rn. 14). Mildere gleich wirksame Mittel sind nicht ersichtlich und durch den Verweis auf die Möglichkeit des Verkaufs der Waren über „Click & Collect“ wird dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hinreichend Rechnung getragen und insbesondere keine, über die Regelungen der 12. BayIfSVM hinausgehende, vollumfängliche Schließung bzw. Verkaufsuntersagung angeordnet. Die Schließungsanordnung wurde zuletzt auch in nicht zu beanstandender Weise gegenüber der Klägerin erlassen, da diese durch die Öffnung der streitgegenständlichen Filialen ein sicherheitsrechtliches Einschreiten erforderlich gemacht hat (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG).
54
Nach alledem war die Klage im Hauptantrag als unbegründet abzuweisen. Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedurfte es nicht, da dieser für den Fall gestellt wurde, dass das Gericht die Schließungsanordnung nicht als Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 BayVwVfG ansieht, was wie dargestellt aber der Fall ist.
55
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht aufgrund von § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.