Titel:
Erfolglose Klage gegen ablehnenden Asylbescheid – Ausreise wegen privater Probleme
Normenketten:
VwGO § 86 Abs. 1, § 101 Abs. 1, § 102 Abs. 2, § 108 Abs. 2
GG Art. 103 Abs. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
Leitsätze:
1. Das bloße Anwesenheitsinteresse eines anwaltlich ausreichend vertretenen Beteiligten wird durch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör nicht geschützt. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die medizinische Versorgung in Armenien ist grundsätzlich gewährleistet; dabei müssen sich Rückkehrer auf den medizinischen Standard in ihrem Heimatland verweisen lassen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Armenien, erfolglose Klage gegen ablehnenden Asylbescheid, Ausreise aufgrund von privaten Problemen, Gefäßerkrankungen, keine Abschiebungsverbote, Klägern aufgrund von Sicherheitsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem „Corona-Virus“ Zugang zum Gebäude nicht möglich, keine Vertagung der mündlichen Verhandlung, keine persönliche Anhörung erforderlich, kein Aufklärungsmangel, Herkunftsland Armenien, Ausreise wegen privater Probleme, Abschiebungsverbot, Gefäßerkrankung, Betreuung von Familienangehörigen, Flugreisetauglichkeit, inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, rechtliches Gehör, Zugangsbeschränkungen zum Gericht wegen Covid-Maßnahmen, Vertagung der mündlichen Verhandlung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 15358
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
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1. Die Kläger sind armenische Staatsangehörige. Sie reisten am 17. April 2019 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 23. Mai 2019 Asylanträge.
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Bei ihrer Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 7. Juni 2019 gaben die Kläger im Wesentlichen an, wegen privater Probleme aus Armenien ausgereist zu sein. Sie hätten nicht vor, dauerhaft in Deutschland zu bleiben, sondern wollten nur für ein paar Jahre ihr Land verlassen. Beide Kläger litten an einer Zuckererkrankung und seien deshalb in Armenien in Behandlung gewesen.
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Mit Bescheid vom 31. März 2020 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr.2) ab, der subsidiäre Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Nr. 3). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4) und die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, ansonsten wurde ihnen die Abschiebung nach Armenien angedroht (Nr. 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbots wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Auf den am 17. Juni 2020 zugestellten Bescheid wird im Übrigen verwiesen.
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2. Hiergegen ließen die Kläger am 1. Juli 2020 Klage erheben und beantragen,
den Bescheid des Bundesamts vom 31. März 2020 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise ihnen subsidiären Schutz zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
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Zur Begründung wurde vorgetragen, der Kläger zu 1) leide an einer fortschreitenden Gefäßerkrankung und Diabetes, weshalb in der Vergangenheit wiederholt stationäre Krankenhausaufenthalte und zuletzt eine Operation erforderlich gewesen seien. Ein Abbruch der Behandlungen hätte eine erhebliche und ggf. lebensgefährliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes zur Folge. Zudem kümmerten sich die Kläger um ihre drei Enkelkinder; ihre Tochter leide an einer schweren Krebserkrankung. Für den Kläger zu 1) wurden u.a. zwei Arztbriefe des Leopoldina Krankenhauses Schweinfurt vom 12. Februar und 26. Juni 2020 vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 7. Mai 2021 wurde ein weiteres Attest des Leopoldina Krankenhauses vom 19. Oktober 2020 vorgelegt.
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Die Beklagte beantragte,
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Mit Beschluss vom 2. Juli 2020 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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In der mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2021 erschien die Klägerbevollmächtigte und stellte oben genannte Anträge. Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung wird verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.
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1. Über die Klage konnte entschieden werden, obwohl einer der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
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Für die Beklagte erschien niemand, für die Kläger war deren Bevollmächtigte erschienen. Insbesondere bestand vorliegend nicht die Pflicht des Gerichts, die Verhandlung von Amts wegen zu vertagen, auch wenn die Kläger anlässlich des Termins das Gericht aufgesucht hatten, ihnen jedoch aufgrund von internen Sicherheitsmaßnahmen des Gerichts zur Vermeidung der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Erregers (COVID-19, sog. Coronavirus) der Zugang zum Gebäude verwehrt wurde.
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Im Rahmen der Coronavirus-Pandemie wurde seit dem 11. Mai 2020 der Sitzungsbetrieb des Verwaltungsgerichts Würzburgs in eingeschränkter Form wieder aufgenommen. Um dabei das Risiko einer Infektion mit dem sog. Coronavirus für alle Beteiligten zu reduzieren, wurden seitens des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Würzburg durch eine Anordnung verschiedene Maßnahmen verfügt. Eine dieser Maßnahmen stellt eine Gefährdungsbeurteilung der Prozessbeteiligten (einschließlich Rechtsanwälte) dar, welche als Selbstauskunft am Tag des Gerichtsbesuches auszufüllen ist und beim Sicherheitsdienst im Eingangsbereich abzugeben ist (vgl. https://www.vgh.bayern.de/vgwuerzburg/, Hinweis zur Corona-Krise). Hierauf werden die Beteiligten mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung hingewiesen. Abgefragt wird hierbei u.a. ob die Betroffenen unter grippeähnlichen Symptomen leiden (z.B. Husten, Fieber, Atemnot), innerhalb der letzten 14 Tage Kontakt zu einem bestätigten „Corona-Fall“ hatten oder in den letzten 14 Tagen Kontakt zu einer Person hatten, die sich zu diesem Zeitpunkt in häuslicher Quarantäne befunden hat. Sowohl der Kläger zu 1) als auch die Klägerin zu 2) bejahten einige dieser Fragen, sodass ihnen der Zugang zum Gerichtsgebäude verwehrt wurde.
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Das Gericht konnte die mündliche Verhandlung mit der erschienenen Bevollmächtigten der Kläger durchführen, auch wenn die Kläger selbst an einer Teilnahme unverschuldet verhindert waren. Das persönliche Erscheinen der Kläger war nicht gemäß § 95 VwGO angeordnet worden. Nach dem Sachstand zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erschien die persönliche Anhörung der Kläger weder vor dem Hintergrund des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG) noch unter Beachtung der Amtsaufklärungspflicht des Gerichts (§ 86 Abs. 1 VwGO) zur Aufklärung von tatsächlichen oder vermeintlichen Unklarheiten oder Widersprüchen im Sachvortrag durch Befragung in der mündlichen Verhandlung geboten (BVerfG, B.v. 22.1.1999 - 2 BvR 86/97 - juris Rn. 30). Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, entscheidungserhebliche Anträge und Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägung einzubeziehen (BVerfG, B.v. 19.10.2004 - 2 BvR 779/04 - EuGRZ 2004, 656 = LKV 2005, 116; BVerwG, U.v. 29.11.1985 - 9 C 49/89 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 177). Damit soll sichergestellt werden, dass die Gerichtsentscheidung frei von Fehlern ergeht, welche ihren Grund in einer unterlassenen Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Verfahrensbeteiligten haben (BVerfG, B.v. 27.2.1980 - 1 BvR 277/78 - BVerfGE 53, 219/222). Es ist nach den Umständen des Einzelfalls daher zu prüfen, ob der Asylbewerber ohne Terminsaufhebung bzw. -verlegung in seinen Möglichkeiten beschränkt würde, sich in dem der Sache nach gebotenen Umfang zu äußern. Das bloße Anwesenheitsinteresse eines anwaltlich ausreichend vertretenen Beteiligten wird dagegen durch seinen Gehörsanspruch nicht geschützt (vgl. BVerwG, B.v. 8.12.2005 - 1 B 37.05 - juris).
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Im laufenden Klageverfahren hatten die anwaltlich vertretenen Kläger ausreichend Gelegenheit, zur Begründung ihrer Klage vorzutragen. Grundsätzlich sind Kläger im Asylverfahren bereits von Gesetzes wegen nach § 74 Abs. 2 AsylG verpflichtet, die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel innerhalb eines Monats nach Klageerhebung anzugeben, was auch in der Rechtsbehelfsbelehrung:Niederschlag findet. Vorliegend wurde im Rahmen der Klagebegründung lediglich auf den Gesundheitszustand des Klägers zu 1) verwiesen und auf die Versorgung der drei Enkelkinder. Nach Aufforderung des Gerichts vom 20. April 2021 zur Beibringung von weiterem Tatsachenvortrag und Beweismitteln (unter Hinweis auf § 87b Abs. 3 VwGO) wurde mit Schriftsatz vom 7. Mai 2021 wiederum nur zum Gesundheitszustand des Klägers zu 1) sowie der im gesonderten Verfahren klagenden krebskranken Tochter vorgetragen. Sonstige Umstände, insbesondere Ausführungen zur Fluchtgeschichte bzw. etwaigen Fluchtgründen wurden zu keinem Zeitpunkt des gerichtlichen Verfahrens vorgebracht. In Anbetracht dieser Umstände ist davon auszugehen, dass die Kläger ausreichend Gelegenheit hatten, im Rahmen des Klageverfahrens umfassend vorzutragen. Nachdem die Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung angab, ihr lägen keine neuen Fakten vor und sie gehe davon aus, dass die Kläger lediglich zu ihrer Fluchtgeschichte vertieft vortragen wollten, bestand auch kein Anlass zur weiteren Sachaufklärung durch das Gericht. Folglich ging es auch nicht um einen etwaigen neuen Sachvortrag, sodass es vorliegend dahinstehen kann, ob dieser gemäß § 87b Abs. 3 VwGO präkludiert gewesen wäre.
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2. Die zulässige Klage ist unbegründet, denn der angefochtene Bescheid vom 31. März 2020 ist rechtmäßig und die Kläger sind schon deswegen nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 VwGO. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigte, ebenso wenig auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes und Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
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Das Gericht folgt den Feststellungen und Gründen des angefochtenen Bescheids, die es sich zu eigen macht, und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Maßgeblich gegen das Vorliegen von begründeten Fluchtgründen i.S.v. § 3 AsylG bzw. der Gefahr eines drohenden ernsthaften Schadens i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylG spricht vorliegend bereits die Tatsache, dass beide Kläger im Rahmen ihrer Anhörung angegeben haben, sie wollten Armenien nicht dauerhaft verlassen, sondern nach einigen Jahren wieder zurückkehren, wenn sich die Situation in Hinblick auf die von ihnen geschilderten privaten Probleme wieder beruhigt habe. Ein Anspruch auf Asyl besteht schon deshalb nicht, da die Kläger über Griechenland nach Deutschland eingereist sind. Woraus sich nunmehr eine begründete Furcht vor Verfolgung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG oder der Eintritt eines ernsthaften Schadens gemäß § 4 Abs. 1 AsylG ergeben könnte, ist weder ersichtlich noch wurde es während des Verwaltungs- oder gerichtlichen Verfahrens vorgetragen.
Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
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2.1. Soweit im Klageverfahren auf den sich verschlechterten Gesundheitszustand des Klägers zu 1) abgestellt wird, vermag das kein Abschiebungsverbot zu begründen, denn dieser führt nicht zu einer konkreten individuellen extremen Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
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Eine solche Gefahr kann zwar bei einer lebensbedrohlichen Krankheit vorliegen, die sich alsbald nach der Rückführung erheblich verschlimmern und zum Tode führen würde (BVerwG, B.v. 24.5.2006 - 1 B 118.05, NVwZ 2007, 345/346 a.E.). Ob eine erhebliche konkrete Gefahr besteht, muss anhand des gleichen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs wie im Asylrecht, nämlich demjenigen der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“, beurteilt werden (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 - 9 C 9.95 - BVerwGE 99, S. 324/330). Eine krankheitsbedingte zielstaatsbezogene Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG kann sich im Einzelfall auch daraus ergeben, dass der erkrankte Ausländer eine an sich im Zielstaat verfügbare medizinische Behandlung tatsächlich nicht erlangen kann. Dies kann zum einen der Fall sein, wenn im Herkunftsstaat des Ausländers eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Zum anderen kann sich ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis darüber hinaus trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann, z.B. wenn eine notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.2002 - 1 C 1/02 -, DVBl 2003, S. 463). Konkret ist die durch eine Krankheit verursachte Gefahr, wenn die Verschlechterung des Gesundheitszustandes alsbald nach der Rückkehr in das Heimatland eintreten würde, weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich ist (BVerwGE 127, 33 Rn. 15 m.w.N.). Es ist aber nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist, § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG (vgl. dazu Thym NVwZ 2016, 409 (412), der auf BVerfGE 54, 341 (357) verweist).
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An diesen Maßstäben ist das Vorbringen des Klägers auch unter Berücksichtigung der während des Klageverfahrens vorgelegten Unterlagen zu messen. Maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt ist die mündliche Verhandlung, § 77 Abs. 1 AsylG. Ausweislich der vorgelegten Arztbriefe des Leopoldina Krankenhauses Schweinfurt vom 12. Februar, 26. Juni und 19. Oktober 2020 leidet der Kläger zu 1) an einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK). Die festgestellte PAKV IV wurde mit einer Angioplastie und Stent-Implantation am 7. Februar 2020 behandelt (vgl. Arztbrief v. 12.2.2020), die später festgestellte PAKV IV wurde mit einem venösen Bypass am 23. Juni 2020 behandelt (vgl. Arztbrief v. 26.6.2020). Der Kläger leidet darüber hinaus an Diabetes mellitus Typ 2 mit peripher vaskulären Komplikationen, wobei er nach seinen Angaben wegen des Diabetes bereits in Armenien in Behandlung gewesen ist. Im zuletzt vorgelegten Arztbrief vom 19. Oktober 2020 wird dem Kläger zu 1) die aktuelle Diagnose „PAVK IIb links“ gestellt, wobei er ausweislich des Arztbriefes keine Schmerzen habe und erst ab Gehstrecken von 500 m Ermüdungserscheinungen habe. Daher kann auch nicht pauschal von einer Flugreiseuntauglichkeit ausgegangen werden. Ausweislich des von der Klägerbevollmächtigten vorgelegten Empfehlungen der IATA bezüglich Flugreisetauglichkeit (Anlage K6 zum Schriftsatz v. 7.5.2021) besteht bei PAVK im Stadium IIa (schmerzfreie Gehstrecke > 200 m) im Allgemeinen Flugreisetauglichkeit, erst bei Stadium IIb (schmerzfreie Gehstrecke < 200m) bedingte Flugreisetauglichkeit. Diese Umstände werden im Rahmen einer etwaigen Abschiebung durch die Ausländerbehörde in eigener Zuständigkeit zu prüfen und zu bewerten sein. Ausweislich des Arztbriefes vom 19. Oktober 2020 soll sich der Kläger zu 1) erst in 12 bis 15 Monaten zu einer Verlaufskontrolle vorstellen. Damit ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass eine Abschiebung des Klägers zu 1) zu einer konkreten individuellen extremen Gefahr für Leib und Leben führen könnte. Ausweislich der Erkenntnismittel (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Armenien v. 27.4.2020, S. 20) ist die medizinische Versorgung in Armenien grundsätzlich gewährleistet. Die Kläger konnten sich ausweislich ihrer Angaben auch eine Krankenversicherung in Armenien leisten und sind im Übrigen auf den medizinischen Standard in ihrem Heimatland zu verweisen.
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2.2. Soweit die Kläger im Klageverfahren auf den Gesundheitszustand ihrer volljährigen Tochter, die sich in einem eigenständigen Verfahren befindet, verweisen und vorbringen, sie würden sich um deren drei minderjährige Kinder kümmern, ist dies nichts, was ihr eigenes Begehren stützen könnte. Vorliegend geht es um die Frage von zielstaatsbezogenen Belangen. Inwieweit einer Abschiebung ggf. eine etwaige Sorgeverpflichtung hinsichtlich der Enkelkinder - einem inlandsbezogenen Umstand - entgegenstehen könnte, wird von der Ausländerbehörde in eigener Zuständigkeit zu prüfen sein. Darüber hinaus bilden die Eltern mit ihrer volljährigen Tochter (Geburtsjahr 1982) und deren Kindern keine Familieneinheit i.S.d. § 43 AsylG. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Kläger jedenfalls nicht dargelegt haben, inwieweit hier tatsächlich eine rechtlich bindende Sorgeverpflichtung besteht. Allein die Vorlage eines Schreibens vom 28. Januar 2020, welches an das Familiengericht adressiert ist, genügt jedenfalls nicht für eine substantiierte Darlegung.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).