Titel:
Widerruf einer verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung - Parkerlaubnis für ein Wohnmobil ohne Befristung
Normenketten:
BayVwVfG Art. 36 Abs. 2, Art. 40, Art. 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
StVO § 46
GG Art. 3 Abs. 1
Leitsätze:
1. Ausnahmegenehmigungen gem. § 46 StVO dürfen nur bei besonderer Dringlichkeit und unter strengen Anforderungen an den Nachweis der Ausnahmevoraussetzungen erteilt werden und auch nur dann, wenn das genehmigte Verhalten den Verkehr weder erschweren noch gefährden kann. Dabei ist die Verkehrssicherheit ggf. durch Bedingungen und Auflagen zu berücksichtigen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Befristung dient der Verkehrsbehörde zur Kontrolle des Fortbestehens der Ausnahmegründe; bei unveränderter Sachlage kann nach Fristablauf immer wieder erneut eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Widerrufsvorbehalt ohne (weitere) Präzisierung der zum Widerruf berechtigten Gründe ist zulässig. Die Beifügung einer Nebenbestimmung in Form einer Befristung ist gem. § 46 Abs. 3 StVO somit nicht zwingend; anderes ergibt sich auch nicht aus dem nachrangig anzuwendenden Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG, wonach ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen (Art. 40 BayVwVfG) erlassen werden darf mit einer Befristung oder einem Vorbehalt des Widerrufs. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerruf einer Ausnahmegenehmigung, Parkerlaubnis für ein Wohnmobil ohne Befristung, Ermessen, Widerrufsfrist, Ausnahmegenehmigung, Widerruf, Parkerlaubnis, Wohnmobil, Befristung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 14176
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf einer verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung.
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1. Mit Bescheid vom 22. September 2015 erteilte der Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag hin eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 4a, 4b und 11 StVO, mit der dieser ohne zeitliche Beschränkungen mit seinem Wohnmobil mit dem amtlichen Kennzeichen … auf dem Parkplatz an der Mainlände in Lengfurt an einer Stelle parken darf, an der durch Verkehrszeichen Nr. 286 ein eingeschränktes Haltverbot für Wohnmobile und Campingwagen besteht. In den Nebenbestimmungen wurde u.a. ausgeführt: „Diese Ausnahmegenehmigung ist stets widerruflich. Sie wird insbesondere dann widerrufen, wenn der Grund für sie entfällt oder sie missbraucht wird“ (Ziff. 2d). Unter Ziff. 2e heißt es: „Diese Ausnahmegenehmigung gilt bis auf Widerruf.“ Für die Ausnahmegenehmigung wurde eine Gebühr in Höhe von 50,00 EUR festgesetzt.
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Mit Bescheid vom 28. April 2020 widerrief der Beklagte die bisher zeitlich unbefristete Ausnahmegenehmigung vom 22. September 2015 für das Wohnmobil mit dem amtlichen Kennzeichen … zum Ablauf des 31. Dezember 2020 gemäß § 46 Abs. 3 StVO i.V.m. § 49 VwVfG. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach der VwV-StVO zu § 46 StVO Dauer-Ausnahmegenehmigungen auf höchstens drei Jahre auszustellen seien. Es wurde darauf hingewiesen, dass es dem Kläger freistehe, nach Ablauf der ursprünglichen Genehmigung einen neuen Antrag auf eine neue Ausnahmegenehmigung zu stellen. Der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:(„Widerspruch oder Klage“) versehene Bescheid wurde dem Antragsteller mittels einfachem Brief übermittelt.
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Mit E-Mail vom 7. Mai 2020 fragte die Ehefrau des Klägers beim Beklagten unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 28. April 2020 an, ob bei einem neuen Antrag auf Ausnahmegenehmigung erneut Gebühren anfielen und in welcher Höhe. Der Beklagte antwortete mit E-Mail vom gleichen Tag, dass eine Ausnahmegenehmigung nach der StVO nur auf maximal drei Jahre befristet werden dürfe, weshalb auch der Widerruf in Form einer Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts nach § 49 VwVfG erfolge. Es sei festgelegt worden, dass in Zukunft Ausnahmegenehmigungen nur für die Dauer eines Jahres ausgestellt würden und für den Zeitraum ab Januar 2020 eine Gebühr von 100,00 EUR erhoben werde; bei Vorliegen einer Verlängerung würden lediglich 70,00 EUR festgesetzt.
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Mit Schreiben vom 25. Mai 2020, eingegangen beim Beklagten am 28. Mai 2020, erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 28. April 2020 Widerspruch. Zur Begründung wurde ausgeführt, er könne nicht nachvollziehen, dass die zukünftige Ausnahmegenehmigung nur noch für ein Jahr ausgestellt und dafür eine Gebühr von 100,00 EUR für eine neue Bescheidung bzw. 70,00 EUR für eine Verlängerung anfallen solle. Auch sei die Begründung des Widerrufs sehr dürftig. Als Anwohner des Altorts sei er auf den Parkplatz an der Mainlände nicht nur für sein Auto, sondern auch gelegentlich für sein Wohnmobil angewiesen. Er habe den Parkplatz in der Vergangenheit nicht dauerhaft zum Parken genutzt. Zudem nehme er nicht mehr Platz in Anspruch als andere Kfz, die dort dauerhaft über Nacht abgestellt würden. Er habe sich 2015 umgehend um eine Erlaubnis gekümmert und anstandslos die 50,00 EUR beglichen, was bei anderen Parkplatznutzern, zumindest mangels Auslage einer Genehmigung, nicht ersichtlich sei. Zudem lasse die Beschränkung des Haltverbots von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr darauf schließen, dass dessen Hauptintention darin liege, das Campieren über Nacht zu verhindern. Auch sei er vor Erlass des Widerrufs nicht angehört worden und der Bescheid sei auf eine falsche Ermächtigungsgrundlage gestützt.
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Mit Schreiben vom 17. Juni 2020 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass das Gebührenverzeichnis für die Ausstellung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 Abs. 3 StVO Kosten in Höhe von 100,00 EUR bei Beantragung sowie 70,00 EUR bei Verlängerung vorsehe. Aus Gleichbehandlungsgründen sei es notwendig gewesen, den zeitlich unbefristeten Bescheid vom 22. September 2015 aufzuheben. Von diesem Missstand hätte der Beklagte erst im April 2020 erfahren. Im ursprünglichen Bescheid vom 22. September 2015 sei der Widerruf vorbehalten gewesen. Im besonderen Fall des Klägers sei denkbar, dass die neue Ausnahmegenehmigung auf drei Jahre ausgestellt werde für einmalig 70,00 EUR. Dieses Schreiben gelte gleichzeitig als Anhörung nach § 28 BayVwVfG. Der Kläger erhalte Gelegenheit sich binnen zwei Wochen zum Sachverhalt zu äußern. Der Rechtsweg stehe ihm offen. Das Schreiben wurde dem Kläger mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:(„Klage gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe“) übermittelt.
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Mit Schreiben vom 25. Juni 2020, eingegangen am 29. Juni 2020, wandte sich der Kläger erneut an den Beklagten mit der Bitte, über seinen Widerspruch vom 25. Mai 2020 bis spätestens 7. Juli 2020 zu entscheiden, ansonsten Klage erhoben werde. Das Schreiben vom 17. Juni 2020 beinhalte keinen eindeutigen Tenor. Zudem habe sich in einem persönlichen Gespräch mit dem Sachbearbeiter K. am 20. Juni 2020 gezeigt, dass der Widerruf der Ausnahmegenehmigung vorgenommen worden sei, weil die Gemeinde zukünftig das Parken von Kfz über 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht auf dem Parkplatz an der Mainlände verhindern wolle. Aus diesem Grund sei nach einer Widerrufsmöglichkeit gesucht worden und man habe diese im Verstoß gegen die VwV-StVO gesehen. Diese Begründung laufe jedoch aufgrund tatsächlicher Gegebenheit fehl, da lediglich ein eingeschränktes Haltverbot für Wohnmobile und Camper in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr vorgesehen sei und sein Wohnmobil auch unter die 3,5 t zulässige Gesamtmasse falle. Auch passe die Aussage des Sachbearbeiters nicht, dass eine Ausnahmegenehmigung keine kostengünstige Dauerstellplatzgelegenheit darstellen solle. Der Kläger habe zudem nachweisbar überwiegend einen entgeltlichen Dauerstellplatz in Marktheidenfeld genutzt. Zudem erscheine in diesem Kontext auch der Hinweis im Bescheid vom 28. April 2020, dass man eine neue Ausnahmegenehmigung beantragen könne, widersprüchlich. Auch seien die Ausführungen zu den angeführten Gleichbehandlungsgründen nicht zutreffend („Keine Gleichbehandlung im Unrecht“).
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2. Am 18. November 2020 ließ der Kläger Klage erheben mit dem zuletzt gestellten Antrag,
der Bescheid des Beklagten vom 28. April 2020 wird aufgehoben.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, gegen den Widerrufsbescheid vom 28. April 2020 habe der Kläger unter dem 25. Mai 2020 form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt, wie in der Rechtsbehelfsbelehrung:des angegriffenen Bescheides vorgesehen. Mit Schreiben vom 17. Juni 2020 habe der Beklagte mitgeteilt, dass der zeitlich unbefristete Bescheid aus Gründen der Gleichbehandlung aufzuheben gewesen sei und hiervon erst im April 2020 erfahren habe. Auf eine erneute Ausnahmegenehmigung, befristet auf drei Jahre gegen eine Gebühr von 70,00 EUR, sei hingewiesen worden. Mit Schreiben vom 25. Juni 2020 habe Kläger dann moniert, dass ein rechtsmittelfähiger Widerspruchsbescheid damit noch nicht vorliege und habe dafür eine Frist bis zum 7. Juli 2020 gesetzt. Nachdem der Widerspruchsbescheid bis heute nicht erlassen worden sei, sei gemäß § 75 VwGO Klage geboten. Der Widerrufsbescheid sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten. Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis könnten unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden. Ein solcher Widerrufsvorbehalt schaffe allerdings keine Widerrufsmöglichkeit nach Willkür, sie bestehen nur, wenn und soweit der Widerruf zur Wahrung der Belange erforderlich sei, die durch das Gesetz, das die Behörde zum Erlass des unter Widerrufsvorbehalt gestellten Verwaltungsakts ermächtigt habe, geschützt seien. Ermessensfehlerhaft und daher rechtswidrig sei ein Widerruf, wenn der Verwaltungsakt sogleich wieder erlassen werden müsste. So liege der Fall hier. Enthalte der Widerrufsvorbehalt keine Voraussetzungen, müssten außerdem besondere Gründe des öffentlichen Interesses, und zwar gerade das dem jeweiligen Gesetz zugrundeliegenden Interesses, den Widerruf erfordern. Dies sei hier nicht ersichtlich. Unzulässig sei es auch, wenn zur Umgehung der Vertrauensschutzregelungen des § 48 Abs. 2 VwVfG ein Widerruf für den Fall der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts vorbehalten werde. Dies sei hier ebenfalls gegeben. Der Beklagte gehe offensichtlich davon aus, dass der ursprüngliche Bescheid wegen fehlender Befristung rechtswidrig sei. Selbst wenn dies der Fall wäre, sei eine Rücknahme nach § 48 Abs. 4 BayVwVfG nur binnen eines Jahres seit Kenntnis der Behörde von Tatsachen möglich, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigten. Der Bescheid aus dem Jahr 2015 sei von der Beklagten selbst erlassen worden, sodass sich diese nicht darauf berufen könne, von der vermeintlichen Rechtswidrigkeit erst im April 2020 Kenntnis erhalten zu haben.
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Mit Schriftsatz vom 8. Februar 2021 ließ der Kläger ergänzend vortragen, der Beklagte habe im Zuge des Widerrufs kein Ermessen ausgeübt, da der Beklagte stets davon ausgegangen sei und dies auch gegenüber dem Kläger so kommuniziert habe, dass er zum Widerruf verpflichtet sei. Dies ergebe sich schon aus dem Widerrufsschreiben vom 28. April 2020 selbst sowie aus dem Schreiben der Beklagten vom 17. Juni 2020. Dort heiße es, dass es aus Gleichbehandlungsgründen notwendig sei, den zeitlich unbefristeten Bescheid vom 22. September 2015 aufzuheben. Es liege somit ein Fall des Ermessensnichtgebrauchs vor. Das für die Klage notwendige Rechtsschutzbedürfnis sei gegeben. Der Beklagte habe gegenüber dem Kläger vorgerichtlich lediglich mitgeteilt, dass die Ausstellung einer neuen Ausnahmegenehmigung befristet auf jeweils drei Jahre gegen eine einmalige Gebühr von 70,00 EUR denkbar sei, eine gesicherte Rechtsposition des Klägers resultiere hieraus nicht.
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Die Beklagte beantragte,
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Zur Begründung wurde ausgeführt, der begünstigende Verwaltungsakt vom 22. September 2015 habe mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 28. April 2020 rechtmäßig gemäß § 49 Abs. 2 BayVwVfG widerrufen werden können. Danach könne ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten sei. Dies sei hier der Fall. Gemäß § 46 Abs. 3 StVO könnten entsprechende Ausnahmegenehmigungen unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Die Ausnahmegenehmigung vom 22. September 2015 sei unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt worden. Ein willkürlicher Widerruf habe nicht vorgelegen, vielmehr sei der Widerruf in Anbetracht des Umstandes erfolgt, dass entsprechende Ausnahmegenehmigungen nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) zu § 46 Abs. 6 StVO auf höchstens drei Jahre zu befristen seien und nur widerruflich erteilt werden dürften. Die Beklagte habe Ermessen auch fehlerfrei ausgeübt und in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 28. April 2020 angegeben, dass Dauer-Ausnahmegenehmigungen auf höchstens drei Jahre auszustellen seien. Die Ermessensbetätigung könne vom Gericht gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur eingeschränkt überprüft werden. Ermessensfehler lägen nicht vor. Aufgrund der Vorgaben der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO seien Ausnahmegenehmigungen auf höchstens drei Jahre zu befristen. Es sei auch nicht erkennbar, dass der Verwaltungsakt sogleich wieder erlassen werden müsste. § 49 Abs. 1 VwVfG beziehe sich auf nicht begünstigende Verwaltungsakte und seitens der Beklagten sei in Aussicht gestellt worden, dass eine neue Ausnahmegenehmigung auf drei Jahre befristet erteilt werden könne. Die neue Ausnahmegenehmigung hätte aber nicht den gleichen Inhalt wie die ursprüngliche Ausnahmegenehmigung, sondern würde für einen anderen Zeitraum und insbesondere nur befristet gelten. Dem streitgegenständlichen Widerruf der Ausnahmegenehmigung habe daher weder Willkür noch ein Ermessensfehler zugrunde gelegen sondern der Grund sei gewesen, dass nach der entsprechenden Verwaltungsschriftvorschrift eine entsprechende Befristung vorgesehen sei. Daneben sei dem Kläger bereits in Aussicht gestellt worden sei, ihm eine neue Ausnahmegenehmigung auf jeweils drei Jahre für eine Gebühr von 70,00 EUR zu erteilen; es erschließe sich auch nicht dessen Rechtsschutzbedürfnis. Unbefristete Ausnahmegenehmigungen würden bei Überschreiten einer gewissen Anzahl zu einer Verknappung der vorhandenen Möglichkeiten führen und anderen Bürgern die Möglichkeit nehmen, ebenfalls solche Ausnahmegenehmigungen in Anspruch zu nehmen. Auch könnten sich die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort ändern. Vor diesem Hintergrund sehe die entsprechende Verwaltungsvorschrift die entsprechende zeitliche Befristung vor. Dem Kläger sei somit - auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzinteresses - zuzumuten, eine neue Ausnahmegenehmigung, auch gegen Gebühren, bei der Beklagten zu beantragen. Schließlich habe auch keine Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Ausnahmegenehmigung vorgelegen. Selbst wenn die ursprüngliche Ausnahmegenehmigung rechtswidrig gewesen sein sollte, was bestritten werde, könne § 49 VwVfG auch auf rechtswidrige Verwaltungsakte angewendet werden. Der Widerruf der Ausnahmegenehmigung sei nicht erfolgt, weil der Beklagte von der Rechtswidrigkeit der Ausnahmegenehmigung ausgegangen sei, sondern weil Dauer-Ausnahmegenehmigungen auf höchstens drei Jahre zu befristen gewesen seien.
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In der mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2021 wiederholten der Kläger und der Beklagte ihre bereits schriftsätzlich formulierten Klageanträge. Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Erschienenen erörtert. Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung wird verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Über die Klage konnte trotz des Ausbleibens von Beteiligten entschieden werden, da hierauf in der Ladung zur mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde (§ 101 Abs. 2 VwGO). Die Regierung von Unterfranken als Vertreter des öffentlichen Interesses wurde zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen (Empfangsbekenntnis vom 9.4.2021).
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Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 28. April 2020 ist zulässig (hierzu unter 1.), jedoch nicht begründet (hierzu unter 2.).
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1. Die am 18. November 2020 erhobene Anfechtungsklage ist zulässig und wurde insbesondere fristgemäß innerhalb der hier geltenden Jahresfrist (§ 74 Abs. 1 VwGO i. v. m. § 58 VwGO) erhoben. Die Situation einer Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) lag nicht vor. Der Klage fehlt auch nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis.
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Nach § 74 Abs. 1 VwGO muss die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides erhoben werden. Ist nach § 68 VwGO ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muss die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden. Nach § 58 Abs. 1 VwGO beginnt die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf jedoch nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
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1.1 Vorliegend wurde der Bescheid vom 28. April 2020 dem Kläger mit einfachem Brief übermittelt. Dieser gilt somit gemäß Art. 41 Abs. 2 BayVwVfG mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Zwar war vorliegend weder ein Nachweis über die Aufgabe zur Post noch ein Nachweis über den Zugang des Briefes vorhanden, da sich die Ehefrau des Klägers jedoch mit E-Mail vom 7. Mai 2020 an den Beklagten wandte und sich hierbei auf den streitgegenständlichen Bescheid bezog, kann davon ausgegangen werden, dass dieser dem Kläger jedenfalls an diesem Tag bereits bekannt war. Die Klagefrist begann somit, da ein Widerspruchsbescheid vorliegend nicht erforderlich war, am 7. Juni 2020 (§ 57 Abs. 1 und 2 VwGO i.V. m. § 222 ZPO i.V. m. § 187 Abs. 1 BGB) und hätte am 8. Juni 2020 (Montag) geendet (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V. m. § 222 Abs. 2 ZPO). Die Klagefrist begann hier jedoch nicht zu laufen, da dem Bescheid vom 28. April 2020 eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung:beigefügt war, wonach vorliegend ein fakultatives Widerspruchsverfahren möglich sein sollte. Dies wäre jedoch nur dann möglich gewesen, wenn ein Fall des Art. 15 Abs. 1 AGVwGO vorgelegen hätte, ansonsten entfällt ein Vorverfahren bzw. Widerspruchsverfahren (Art. 15 Abs. 2 AGVwGO i.V. m. §§ 68, 69 VwGO). Nach Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 AGVwGO besteht für bayerische Behörden ein fakultatives Widerspruchsverfahren nur in den dort enumerativ aufgeführten Fällen. Keiner der dort aufgeführten Fälle ist vorliegend jedoch einschlägig, insbesondere auch nicht Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 AGVwGO, wonach im Bereich des Kommunalabgabenrechts (z. B. Art. 8 KAG - Benutzungsgebühren für kommunale Einrichtungen) die Erhebung eines Widerspruchs weiterhin zulässig ist. Streitgegenständlich sind vorliegend nicht Benutzungsgebühren für kommunale Einrichtungen des Beklagten, sondern es geht um die Amtshandlung „Widerruf des Bescheides vom 22. September 2015“, in dem die Bewilligung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO erfolgt war, somit um eine Amtshandlung nach der StVO, für die eine Gebührenerhebung in der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GeBOSt, dort Nr. 264 der Anlage) vorgesehen ist. Die dem Gericht auf Anforderung mit Schriftsatz vom 17. Mai 2021 übermittelte Satzung für die Gebührenerhebung für Amtshandlungen im eigenen Wirkungskreis des Beklagten ist vorliegend nicht einschlägig. Für die Klageerhebung galt somit grundsätzlich die Jahresfrist seit Bekanntgabe des Bescheides.
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1.2 An dem gefundenen Ergebnis (Wahrung der Jahresklagefrist) ändert sich auch nichts dadurch, dass der Kläger mit Schreiben vom 25. Mai 2020 tatsächlich Widerspruch erhoben hat und den Erlass eines Widerspruchsbescheids noch mit Schreiben vom 25. Juni 2020 sowie im Klageverfahren unter Berufung auf eine Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO verfolgt. Ebenfalls ändert sich nichts dadurch, dass der Beklagte mit Schreiben 17. Juni 2020 ausgeführt hat, dass „der Klageweg offensteht“ und erneut eine Rechtsbehelfsbelehrung:beigefügt hat, wonach „gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe unmittelbar Klage erhoben werden kann“.
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Bei dem Schreiben des Beklagten vom 17. Juni 2020 handelt es sich weder um einen Widerspruchsbescheid noch um einen Zweitbescheid, der - nach entsprechender Rechtsbehelfsbelehrung:- eine erneute (Monats-)Klagefrist nach § 74 Abs. 1 VwGO hätte eröffnen können. Ein Widerspruchsverfahren und somit auch ein Widerspruchsbescheid ist - wie oben dargestellt - im Hinblick auf die Regelung des Art. 15 Abs. 2 AGVwGO unstatthaft. Die Erhebung des Widerspruchs und auch die Berufung auf eine Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO wegen des aus Sicht des Klägers noch nicht erlassenen Widerspruchsbescheids, geht deshalb ins Leere. Der Erlass eines Widerspruchsbescheides ist rechtlich nicht möglich und es liegt deshalb auch nicht die Situation einer Untätigkeitsklage vor. Auch kann im Schreiben des Beklagten vom 17. Juni 2020 keine erneute abschließende Entscheidung aufgrund einer erneuten Sachprüfung nach Wiederaufgreifen des Verfahrens im Sinne des Art. 35 BayVwVfG (Zweitbescheid) gesehen werden, da dieses Schreiben gleichzeitig als Anhörung nach Art. 28 BayVwVfG dienen soll und somit erkennbar noch nicht einer abschließenden Entscheidung diente. Das Schreiben vom 17. Juni 2020 kann deshalb allenfalls als eine Ergänzung der Begründung des Bescheides vom 28. April 2020 gesehen werden. Die dem Schreiben vom 17. Juni 2020 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung:war somit ebenfalls unzutreffend (§ 58 Abs. 1 und 2 VwGO) und konnte deshalb nicht die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 VwGO in Lauf setzen.
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Die am 18. November 2020 erhobene Klage war somit noch rechtzeitig.
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1.3 Der Klage fehlt auch nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Dass dem Kläger im Vorfeld des gerichtlichen Verfahrens eine Ausnahmegenehmigung für drei Jahre für einmalig 70,00 EUR angeboten wurde, lässt sein rechtliches Interesse an der zugrundeliegenden Klage (Aufhebung des Widerrufsbescheids) nicht entfallen, da dies im Falle des Obsiegens eine weitergehende Rechtsposition (unbefristete Ausnahmegenehmigung ohne weitere Zahlungen) begründen würde.
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2. Die zulässige Klage ist jedoch nicht begründet. Der Widerrufsbescheid des Beklagten vom 28. April 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die mit Bescheid vom 22. September 2015 erteilte Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 StVO für das Parken des Wohnmobils des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen … … an der Mainlände in Lengfurt, an Stellen, an denen durch Verkehrszeichen Nr. 286 der Anlage 2 zur StVO ein eingeschränktes Haltverbot für Wohnmobile und Campingwagen besteht, wurde zurecht gemäß Art. 49 BayVwVfG mit Bescheid vom 28. April 2020 widerrufen.
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Nach Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG kann ein rechtmäßiger, nicht begünstigender Verwaltungsakt auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste, oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist. Nach Art. 49 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden, wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist. Es gilt Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG (Jahresfrist) entsprechend (Art. 49 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG). Nach Art. 49 Abs. 3 BayVwVfG wird der widerrufene Verwaltungsakt mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
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2.1 Der Beklagte war für den Widerruf der Ausnahmegenehmigung gemäß Art. 49 Abs. 4 BayVwVfG zuständig, da er auch für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO als örtliche Straßenverkehrsbehörde (Gemeinde im übertragenen Wirkungskreis) zuständig war (§ 46 Abs. 1 i.V. m. § 44 Abs. 1, 47 Abs. 2 StVO i.V. m. Art. 1, Art. 2 Abs. 1 Nr. 1, Art. 3 Abs. 2, Art. 6 ZuStGVerk i.V. m. §§ 2, 5 ZuStVVerk). Rechtsgrundlage für den Widerruf ist vorliegend das BayVwVfG, da keine vorrangigen bundesrechtlichen Regelungen bestehen (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG, § 1 Abs. 3 VwVfG; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl., § 1 Rn. 39 ff). Dass sowohl im streitgegenständlichen Bescheid als auch in den Schriftsätzen der Beteiligten jeweils als Rechtsgrundlage die bundesrechtliche Vorschrift des § 49 VwVfG genannt wurde, ist unschädlich, da diese mit der hier einschlägigen Vorschrift des Art. 49 BayVwVfG inhaltsgleich ist.
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2.2 Bei der mit Bescheid vom 22. September 2015 erteilten Ausnahmegenehmigung handelte es sich um einen rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt, der auf der Grundlage des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG widerrufen werden konnte.
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Nach § 46 Nr. 11 StVO können die Straßenverkehrsbehörden in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen genehmigen, die durch Vorschriftszeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen nach (§ 45 Abs. 4 StVO) erlassen sind. Ausweislich des Bescheids vom 22. September 2015 wurde eine Ausnahmegenehmigung vom Verkehrszeichen 286 (eingeschränktes Haltverbot) der Anlage 2 zur StVO (Vorschriftszeichen) erteilt, ohne zeitliche Einschränkung, obwohl Nr. VI der Verwaltungsvorschriften zu § 46 StVO (abgedruckt bei Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl., § 46 StVO Rn. 3) vorsieht, dass Dauer-Ausnahmegenehmigungen auf höchstens drei Jahre zu befristen sind und nur widerruflich erteilt werden dürfen. Die fehlende Befristung machte die erteilte Ausnahmegenehmigung jedoch nicht rechtswidrig.
29
Nach § 46 Abs. 3 StVO können Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Ausnahmegenehmigungen dürfen nur bei besonderer Dringlichkeit und unter strengen Anforderungen an den Nachweis der Ausnahmevoraussetzungen erteilt werden und auch nur dann, wenn das genehmigte Verhalten den Verkehr weder erschweren noch gefährden kann. Dabei ist die Verkehrssicherheit ggf. durch Bedingungen und Auflagen zu berücksichtigen (Hentschel/König/Dauer, a. a. O., § 46 Rn. 23 mit weiteren Nachweisen). Die Befristung dient der Verkehrsbehörde zur Kontrolle des Fortbestehens der Ausnahmegründe; bei unveränderter Sachlage kann nach Fristablauf immer wieder erneut eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden (Hentschel/König/Dauer, a. a. O., § 46 StVO Rn. 26). Diesen Zweck verfolgt auch der Widerrufsvorbehalt. Im Bescheid vom 22. September 2015 werden beispielhaft („insbesondere“) zwei Gründe genannt, die zum Widerruf berechtigen („wenn der Grund für die Ausnahmegenehmigung entfällt oder sie missbraucht wird“), im Übrigen ist der Widerrufsvorbehalt jedoch unbeschränkt. Ein Widerrufsvorbehalt ohne (weitere) Präzisierung der zum Widerruf berechtigten Gründe ist zulässig (Stelken/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 36 Rn. 79). Die Beifügung einer Nebenbestimmung in Form einer Befristung ist gemäß § 46 Abs. 3 StVO somit nicht zwingend („können“) und anderes ergibt sich auch nicht aus dem nachrangig anzuwendenden Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG, wonach ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen (Art. 40 BayVwVfG) erlassen werden darf mit einer Befristung oder einem Vorbehalt des Widerrufs. Zwar ist die (interne) Verwaltungsvorschrift zur StVO, die bei Dauer-Ausnahmegenehmigungen eine Befristung sowie einen Widerrufsvorbehalt vorsieht, für die Verwaltungsbehörde verpflichtend und ermessenslenkend, mit der Nichtbeifügung einer Befristung sind jedoch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens i. S. d. § 46 Abs. 3 StVO nicht überschritten und der widerrufene Bescheid vom 22. September 2015 ist auch ohne Beifügung einer Befristung als rechtmäßig anzusehen, zumal auch der aufgenommenen Widerrufsvorbehalt die Kontrolle des Fortbestehens der Ausnahmegründe ermöglicht.
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Auch eine abweichende Behördenpraxis des Beklagten bei Erteilung der Ausnahmegenehmigung im Jahr 2015, die unter dem Aspekt der Selbstbindung der Verwaltung i.V. m. dem Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 22. September 2015 wegen der fehlenden Befristung hätte begründen können, konnte im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden. In der mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2021 teilte der erschienene Sachbearbeiter K. des Beklagten auf Fragen des Gerichts mit, dass im Jahr 2015 lediglich zwei Ausnahmegenehmigungen für die Mainlände für Wohnmobile ohne Befristungen erteilt worden seien, nämlich für den Kläger sowie für eine andere Person. Auf den klägerischen Einwand, bereits im Jahr 2009 sei eine Ausnahmegenehmigung ohne Befristungen erteilt worden, erklärte Herr K., dass er im EDV-System des Beklagten nur diese beiden Daten gefunden habe. Ob eine weitere Ausnahmegenehmigung im Jahr 2009 erteilt wurde und ggf. heute noch existent ist, kann dahinstehen, da auch diese nach Angaben des Klägers ohne Befristung erteilt wurde. Im Übrigen wäre selbst im Falle der Annahme einer rechtswidrigen Ausnahmegenehmigung nach überwiegender Ansicht ein Widerruf auf der Grundlage des Art. 49 Abs. 2 BayVwVfG möglich. Denn wenn die Behörde unter den im Vergleich zu Art. 48 BayVwVfG engeren Voraussetzungen des Art. 49 BayVwVfG einen rechtmäßigen Verwaltungsakt widerrufen kann, muss dies erst recht für rechtswidrige Verwaltungsakte gelten (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl., § 49 Rn.12; Stelken/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. A., § 49 Rn. 6). Die Vertrauensschutzregelung des Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG wäre vorliegend wegen des Widerrufsvorbehalts auch nicht umgangen.
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2.3 Der Widerrufsbescheid vom 28. April 2020 ist formell und materiell rechtmäßig.
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2.3.1 Zwar wurde der Kläger vor Erlass des Widerrufsbescheides nicht gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört, dieser Mangel ist jedoch gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG als geheilt anzusehen.
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Der Widerruf erfolgte für die Zukunft, nämlich zum 31. Dezember 2020.
34
Der Widerruf war im Bescheid vom 22. September 2015 (s. Nr. 2d) zurecht - auch soweit er nicht an bestimmte Gründe geknüpft wurde (unbeschränkter Widerrufsvorbehalt) - vorbehalten worden. Im Übrigen käme es auf die Rechtmäßigkeit eines Widerrufsvorbehalts, der mit dem widerrufenen Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist, auch nicht an (BVerwG, U.v. 14.12.1989 - 3 C 30/87 - juris Rn 13).
35
Von dem im Bescheid vom 22. September 2015 vorbehaltenen Widerruf wurde zurecht, nämlich aus einem sachlichen und tragfähigen Grund im Hinblick auf den Gesetzeszweck des § 46 StVO Gebrauch gemacht.
36
Auch wenn ein Widerruf im Bescheid vorbehalten ist, muss dieser zurecht erfolgt sein bzw. von der Möglichkeit des Widerrufs darf nicht willkürlich Gebrauch gemacht werden (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 49 Rn. 31 und 34; Stelken/Bonk/Sachs, 8. Aufl., VwVfG, § 49 Rn. 41 und 42). Es muss somit ein sachlicher Grund im Sinne der Wahrung der Belange des § 46 StVO für den Widerruf vorhanden sein, ansonsten ein Ermessensfehlgebrauch festzustellen wäre.
37
Willkür kann vorliegend nicht festgestellt werden. Die Einwände des Klägers greifen nicht durch. Von Willkür kann insbesondere nicht deshalb ausgegangen werden, weil der Bescheid sofort wieder erlassen werden müsste. Dieser Einwand wäre nur im Falle der Anwendbarkeit des Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG beachtlich, nämlich im Falle eines Widerrufs eines rechtmäßigen nicht begünstigenden Verwaltungsakts, der nur dann widerrufen werden kann, sofern nicht ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste. Diese Fallkonstellation liegt hier jedoch nicht zugrunde.
38
Das vom Kläger in das Verfahren eingebrachte Argument, der Widerruf sei deshalb erfolgt, weil der Beklagte keine Wohnmobile mehr auf dem Parkplatz an der Mainlände wolle, hat weder im Bescheid noch im sonstigen Akteninhalt Niederschlag gefunden. Dass dieses Motiv für den Widerruf maßgeblich gewesen wäre, kann auch nicht angenommen werden, da weiterhin die Möglichkeit besteht, dass Wohnmobile auf dem Parkplatz an der Mainlände abgestellt werden und hierfür Ausnahmebewilligungen erteilt werden, wenn auch nunmehr nur noch befristet auf ein Jahr und gegen ein erhöhtes Entgelt.
39
Auch besondere Erwägung des Vertrauensschutzes stehen dem Widerruf nicht entgegen, da durch die Aufnahme des Widerrufsvorbehalts im Bescheid vom 22. September 2015 gerade deutlich gemacht wurde, dass der Kläger sich nicht auf unbegrenzte Zeit auf die erteilte Ausnahmegenehmigung verlassen kann.
40
Es mussten keine zu den im Bescheid vom 22. September 2015 genannten vergleichbaren Widerrufsgründe vorliegen. Im Bescheid vom 22. September 2015 erfolgte eine beispielhafte Aufzählung besonders naheliegender Gründe für einen Widerruf („dass der Grund für die Ausnahmegenehmigung entfallen ist oder diese missbraucht wird“). Im Übrigen wurde der Widerruf in zulässiger Weise ohne weitere Bestimmung von Widerrufsgründen vorbehalten (unbeschränkter Widerrufsvorbehalt). Von einem unbeschränkten Widerrufsvorbehalt kann auch aus anderen Gründen als denjenigen Gebrauch gemacht werden, die in der Begründung des Vorbehalts als möglicher Anlass für einen Widerruf ausgeführt wurden, sofern es sich im Übrigen um einen sachlich tragfähigen Grund handelt (BVerwG, U.v. 12.9.2019 - 8 C 7/18 - juris Rn. 15 ff). Ein sachlicher und tragfähiger Grund für den Widerruf war vorliegend - vor dem Hintergrund einer Änderung der Behördenpraxis bei künftiger Erteilung der Ausnahmegenehmigungen (siehe hierzu unter 2.3.3) - der Umstand, dass die Verwaltungsvorschrift bei Dauer-Ausnahmegenehmigungen eine Befristung auf maximal drei Jahren vorsah und seit Erlass der Ausnahmegenehmigung im Jahr 2015 bereits mehr als drei Jahre vergangen waren. Geht man davon aus, dass die Befristung generell dazu dient, in bestimmten zeitlichen Abständen zu überprüfen, ob der Grund für die Ausnahmegenehmigung noch vorhanden ist, dann ist - sofern keine Befristung im Bescheid enthalten ist - der Widerruf nach Ablauf einer bestimmten Zeit als sachgerecht anzusehen.
41
Der Beklagte hat sein Ermessen (Art. 40 BayVwVfG) im Bescheid vom 28. April 2020 vor dem Hintergrund einer geänderten Verwaltungspraxis seit dem Jahr 2020 und der Berufung auf eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift (Nr. VI der VwV zu § 46 StVO) in zwar knapper jedoch noch ausreichender Form ausgeübt.
42
Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (Art. 40 VwVfG). Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 114 Satz 1 VwGO). Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsakts auch noch im gerichtlichen Verfahren ergänzen (§ 114 Satz 2 VwGO).
43
In der mündlichen Verhandlung hat der Sachbearbeiter K. auf Fragen des Gerichts ausgeführt, dass seit dem 1. Januar 2020 Ausnahmegenehmigungen grundsätzlich nur noch befristet erteilt werden. Weshalb dies im Jahr 2015 nicht der Fall gewesen sei, sei ihm nicht bekannt. Sein Amtsvorgänger sei zum 30. März 2020 in den Ruhestand versetzt worden. Er sei daraufhin alle Akten durchgegangen und sei auch auf die beiden unbefristeten Ausnahmegenehmigungen gestoßen. Er habe dies dann mit dem 2. Bürgermeister Herrn T. durchgesprochen und sie seien zu der Erkenntnis gelangt, dass ein Widerruf veranlasst wäre. Der 2. Bürgermeister habe ihn dann beauftragt diesen Widerruf zu erlassen. Die erste Bürgermeisterin Frau D. führte aus, gängige Verwaltungspraxis seit dem Jahr 2020 sei es gewesen, dass Ausnahmegenehmigungen nur noch befristet auf ein Jahr erteilt würden, bei erstmaliger Ausstellung für 100,00 EUR, bei Verlängerung für 70,00 EUR. Dies sei auch im Fall des anderen Widerrufs in Aussicht gestellt worden, ebenso im Fall eines dritten Wohnmobils, das derzeit auf der Mainlände parke. Man habe jedoch erst den Ausgang des zugrundeliegenden Verfahrens abwarten wollen.
44
Mit diesem Vorbringen macht die Beklagtenseite deutlich, dass seit Beginn des Jahres 2020 eine Änderung der Behördenpraxis erfolgt ist, nämlich dergestalt, dass künftig nur noch befristete Ausnahmegenehmigungen nach § 46 StVO für ein Jahr für Wohnmobile auf der Mainlände erteilt werden und insofern der Beklagte der Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO folgt, die grundsätzlich eine Befristung (auf maximal 3 Jahre) vorsieht. Vor diesem Hintergrund und bei Beachtung des Zwecks und den Vorgaben der gesetzlichen Regelung in § 46 StVO, wonach Ausnahmen von den Vorschriften der StVO grundsätzlich restriktiv zu handhaben sind und diese nur bei besonderer Dringlichkeit oder strengen Anforderungen an den Nachweis der Ausnahmevoraussetzungen erteilt werden können, wobei dieser Zwecksetzung grundsätzlich durch Nebenbestimmungen (§ 46 Abs. 3 StVO) Rechnung zu tragen ist, sowie im Hinblick auf den weiteren Umstand, dass seit Erteilung der Ausnahmegenehmigung vom 22. September 2015 bereits gut viereinhalb Jahre vergangen waren, stellte die Berufung auf die ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO, die ihrerseits auf einer seitens des Verordnungsgebers vorgegebenen generellen Abwägung zur Wahrung der Gesetzesintention beruht, die maßgebliche und tragende Ermessenserwägung auch für den Widerruf dar (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 40 Rn. 76). Zwar ist auch bei Berufung auf eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung zu tragen. Jedoch ist festzustellen, dass weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren zugunsten des Klägers besondere Umstände erkennbar wurden, die im Rahmen der Abwägung eine andere Entscheidung nahegelegt hätten. Vor dem Hintergrund der geänderten Verwaltungspraxis und bei Berücksichtigung des Gesetzeszwecks des § 46 StVO war die Ermessensabwägung des Beklagten für den Widerruf zwar nicht bereits im Sinne einer „Ermessensreduzierung auf Null“ als einzig mögliche Entscheidung vorgegeben anzusehen, zumal sich die Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO, auf die sich der Beklagte berufen hat, den Erlass der Ausnahmegenehmigung betrifft, nicht jedoch deren Widerruf, das Abwägungsergebnis kann jedoch - bei fehlender Befristung - als bereits weitestgehend intendiert angesehen werden, sodass es diesbezüglich auch keiner weiteren Ausführung mehr bedurfte (Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 40 Rn. 35). Mit der Berufung auf die ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO im Bescheid vom 28. April 2020 hat sich der Beklagte in jeden Fall auf die maßgebliche und tragende Ermessenserwägung mit durchgreifendem Gewicht gestützt, was im vorliegenden Fall - auch wenn eine vorherige Anhörung des Klägers nicht erfolgte - ausreichend war. Denn wenn die VwV-StVO zu § 46 StVO als ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift mit bindender Wirkung für den Beklagten schon hinsichtlich des Erlasses einer Ausnahmegenehmigung die Befristung auf höchstens drei Jahre vorschreibt und insoweit deren Ermessensbetätigung lenkt, so kann sich im vorliegenden Fall vor dem Hintergrund der nunmehr geänderten Verwaltungspraxis des Beklagten, der Gesetzesintension und des bereits erfolgten Zeitablaufs von ca. viereinhalb Jahren auch eine Ermessenslenkung in Bezug auf die Ausübung des Widerrufs ergeben, sodass die Darlegung weiterer Ermessenserwägungen im Widerrufsbescheid entbehrlich war. Außergewöhnliche Umstände, die den Beklagten zu einer umfassenderen Prüfung seiner Ermessensausübung hätten bewegen müssen und die im Widerrufsbescheid darzulegen gewesen wären, waren nicht gegeben. In zulässiger Weise ergänzt (§ 114 Satz 2 VwGO) wurden die Ermessenserwägung seitens des Beklagten nach Erlass des Widerrufsbescheides lediglich noch um den Aspekt der Gleichbehandlung.
45
Auch die Jahresfrist für den Erlass des Widerrufsbescheides wurde eingehalten (Art. 49 Abs. 2 Satz 2, Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG).
46
Nach Art. 49 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG gilt Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG entsprechend. Danach ist der Widerruf eines Verwaltungsakts nur innerhalb eines Jahres seit der Kenntnisnahme der den Widerruf rechtfertigenden Tatsachen zulässig.
47
Hierbei handelt es sich um eine Entscheidungsfrist, die ab Kenntnis aller für die Entscheidung erheblichen Umstände und Tatsachen zu laufen beginnt und deshalb in der Regel auch die vorherige Anhörung des Betroffenen voraussetzt. Maßgeblich ist die Kenntnis des mit der Sache befassten und für die Rücknahme zuständigen Amtsträgers (Kopp/Schenke, a.a.O., § 48 Rn. 154 ff, 158).
48
Vorliegend wurde diese Jahresfrist für den Widerruf eingehalten. Die Beklagtenseite hat ausgeführt, dass sie erst im April 2020 von den beiden unbefristeten Ausnahmegenehmigungen Kenntnis erhalten hat. Dies hat der Sachbearbeiter K. in der mündlichen Verhandlung auf Fragen des Gerichts plausibilisiert und glaubhaft ausgeführt, dass sein Amtsvorgänger zum 30. März 2020 in den Ruhestand versetzt worden sei und er daraufhin alle Akten durchgegangen und auf die beiden unbefristeten Ausnahmegenehmigungen gestoßen sei. Er habe das dann mit dem 2. Bürgermeister - der 1. Bürgermeister sei krankheitsbedingt ausgefallen gewesen - durchgesprochen. Sie seien dann zu der Erkenntnis erlangt, dass ein Widerruf veranlasst wäre und er sei dann vom 2. Bürgermeister beauftragt worden, den Widerruf zu erlassen. Auch die andere Ausnahmegenehmigung sei seiner Erinnerung nach unter dem gleichen Datum widerrufen worden. Bereits seit dem 1. Januar 2020 seien Ausnahmegenehmigungen grundsätzlich befristet erteilt worden. Die 1. Bürgermeisterin des Beklagten hat ergänzend ausgeführt, dass es seit dem Jahr 2020 gängige Verwaltungspraxis gewesen sei, Ausnahmegenehmigungen grundsätzlich zu befristen.
49
Das Gericht sieht keine Veranlassung an diesen Ausführungen zu zweifeln. Es besteht kein Anhalt dafür, dass die von der Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung angesprochene potentielle Manipulationsmöglichkeit bezüglich des Fristenlaufs durch Austausch eines Sachbearbeiters im vorliegenden Fall zum Tragen gekommen wäre.
50
Der Widerrufsbescheid vom 28. April 2020 war deshalb insgesamt rechtmäßig und die Klage konnte keinen Erfolg haben.
51
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.