Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 15.04.2021 – AN 6 K 19.00594
Titel:

Keine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht aus Glaubens- und Gewissensgründen

Normenketten:
GG Art. 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2
RBStV § 4 Abs. 6 S. 1
Leitsätze:
1. Die wohnungsbezogene Rundfunkbeitragserhebung nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag genügt den verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es besteht kein Anspruch auf Rundfunkbeitragsbefreiung nach § 4 Abs. 6 S. 1 RBStV aus Glaubens- und Gewissensgründen oder aufgrund des Informationsfreiheitsgrundrechts. (Rn. 16, 19 und 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Um sicherzustellen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht indirekt unter den Einfluss Außenstehender gerät, muss seine verfassungsrechtliche Bestands- und Entwicklungsgarantie zwangsläufig durch eine Finanzierungsgarantie ergänzt werden. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
(keine) Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht aus Glaubens- und Gewissensgründen, Rundfunkbeitragspflicht, Befreiung, Glaubens- und Gewissensgründe, Härtefall, Informationsfreiheitsgrundrecht, Allgemeine Handlungsfreiheit, Programmfreiheit, Finanzierungsgarantie, Funktionsmangel
Fundstelle:
BeckRS 2021, 13624

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Beklagte hatte auf den Namen der Klägerin als Rundfunkbeitragspflichtige die Wohnung „…“ unter der Beitragsnummer … zum 1. Januar 2013 angemeldet.
2
Nachdem gegen sie für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. Juli 2014 wegen ausstehender Rundfunkbeiträge ein Betrag von 349,62 EUR festgesetzt worden war und ihr dagegen erhobener Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2017 zurückgewiesen worden war, beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 28. Juli 2017 beim Beklagten, sie gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) aufgrund ihres besonderen Härtefalls mit sofortiger Wirkung von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien. Sie beantrage die Befreiung aus Gewissensgründen und löse damit den Schutz des Grundgesetzes Art. 4 Satz 1 ein. Obgleich sie keiner Religionsgemeinschaft angehöre, sei sie ein tief religiöser, spirituell ausgerichteter Mensch, stark inspiriert von den buddhistischen Lehren der Verbundenheit, des Mitgefühls und der Reinheit des Geistes. Die Inhalte der im Rundfunk, leider auch im öffentlich-rechtlichen, ausgestrahlten Sendungen seien zum größten Teil lebensverneinend und darauf ausgerichtet, Angst, Gier, Neid und Konsumzwang zu fördern. Dies sei völlig konträr zu ihren tiefsten Gewissensüberzeugungen. Auch sei ihr bekannt, dass im öffentlich-rechtlichen Fernsehen mittels falscher Bilder und manipulativ geschnittener Sequenzen Kriegspropaganda betrieben und die mentale Grundlage für Krieg in den Köpfen der Zuschauer erzeugt werde. Ob Irak, Syrien oder Ukraine, zuerst werde das Volk aufgehetzt. Sie habe noch nie ein Fernseh- und Rundfunkempfangsgerät besessen und beabsichtige auch nicht, etwas an diesem Umstand zu ändern, weil die Reinheit der Gedanken und Gefühle sowie ein Leben in Achtsamkeit essential für sie seien und dies durch Fernsehen und Rundfunk zunichte gemacht werde. Es stimme sie sehr traurig zu sehen, wie ihre Mitmenschen wie hypnotisiert ihre Lebenszeit vor dem Fernsehgerät verbrächten, durch Dauerbeschallung verschiedener Radiosendungen keinen Augenblick der inneren Ruhe erlebten und sich vollkommen gleichgeschaltet schädlichen, von den Medien vorgegebenen Emotionen hingäben. Das sei deren eigene Entscheidung, die sie respektiere; einen Beitrag dazu zu leisten, indem sie ihre Energie in Form von Geld in dieses System investiere, löse allerdings eine Gewissensnot enormen Ausmaßes in ihr aus, die es ihr unmöglich mache, der Zahlungsaufforderung des Beklagten nachzukommen. Sie sei gerne bereit, den Betrag von 17,50 EUR monatlich an eine wohltätige Organisation zu spenden; die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, dessen veröffentlichte Meinung ihre religiösen und weltanschaulichen Gefühle verletze, lehne sie unter Berufung auf Art. 4 Abs. 1 Grundgesetz ab.
3
Mit Bescheid vom 21. November 2017 lehnte der Beklagte den Befreiungsantrag ab, weil dafür die Voraussetzungen aufgrund eines besonderen Härtefalls nicht vorlägen. Allein der willentliche Verzicht auf die Nutzung von Rundfunkgeräten aus religiöser Überzeugung und Gewissensgründen stelle keinen Härtefall gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV dar. Das Bundesverfassungsgericht habe den Anspruch auf eine Befreiung aus religiösen und Gewissensgründen nicht bejaht; es habe lediglich ausgeführt, dass erst der Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten ausgeschöpft werden müsse, bevor eine Verfassungsbeschwerde erhoben werden könne. Der subjektive Wille, Rundfunkdarbietungen nicht empfangen zu wollen, spiele für die Rundfunkbeitragspflicht keine Rolle. Für jede Wohnung sei ein Rundfunkbeitrag zu zahlen, unabhängig davon, ob und wie viele Rundfunkgeräte vorhanden sind. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag knüpfe nur an das Innehaben von Raumeinheiten an. Weiterhin liege ein besonderer Härtefall dann vor, wenn eine Person keine der in § 4 Abs. 1 RBStV genannten Sozialleistungen erhalte, weil ihr Einkommen die dortigen Regelsätze übersteige, und der übersteigende Betrag geringer sei als der zu zahlende Rundfunkbeitrag. Es seien aber keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Zahlung des Rundfunkbeitrages sie ungleich härter treffen würde als andere Personen, die in vergleichbaren Lebensumständen leben.
4
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 8. Dezember 2017 Widerspruch. Sie könne nicht erkennen, dass sich § 4 Abs. 6 RBStV ausschließlich auf die in dem Bescheid genannten sozialen Umstände beziehe. Vielmehr sei der dortige Begriff „besonderer Härtefall“ nicht näher spezifiziert und ermögliche es, individuelle Sonderfälle zu berücksichtigen, die der Gesetzgeber im Rahmen seiner Ausarbeitung nicht bedacht habe. Auch handele es sich in ihrem Fall nicht nur um einen willentlichen Verzicht auf Rundfunkgeräte, sondern um eine bewusste Abgrenzung von derartigen Darbietungen aus weltanschaulichen Gründen. Sie verweise nochmals auf die in ihrem Antrag genau erläuterte Gewissensnot und den Schutz aus Art. 4 Satz 1 GG. Sollte dem nicht gefolgt werden, fordere sie zumindest eine ordnungsgemäße Erläuterung der angenommenen hoheitlichen Befugnis zur Einschränkung von Grundrechten mit allen Gesetzesquellenangaben in einer für Laien verständlichen Weise im Widerspruchsbescheid.
5
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2019 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrages sei der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag. Entgegen der Ansicht der Klägerin werde sie durch die Erhebung des Rundfunkbeitrages nicht in ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit nach Art. 4 GG verletzt. Die Zahlung des Rundfunkbeitrages sei nicht mit der Äußerung eines weltanschaulichen oder religiösen Bekenntnisses verbunden. Der Rundfunkbeitrag bezwecke allgemein die funktionsgerechte Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Eine weitergehende, inhaltliche Zweckbindung sei mit dem Rundfunkbeitrag nicht verbunden. Vielmehr habe der öffentlich-rechtliche Rundfunk den Auftrag, die Vielfalt der Meinungen möglichst vollständig widerzuspiegeln. Hierzu gehöre auch, dass religiöse Inhalte gesellschaftlich relevanter Glaubensgemeinschaften angemessenen Ausdruck finden. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht lägen bei der Klägerin nicht vor. Eine Befreiung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV aufgrund eines besonderen Härtefalles könne nur dann gewährt werden, wenn ein atypischer Sachverhalt vorläge, den der Gesetzgeber, hätte er ihn gekannt, so nicht zulasten des Antragstellers geregelt hätte. Der Verzicht auf die Nutzung von Rundfunkprogrammen aus religiösen oder Gewissensgründen stelle keinen atypischen Sachverhalt dar. Der Gesetzgeber habe sich bei der Verabschiedung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags bewusst dazu entschieden, die Beitragspflicht im privaten Bereich an das Innehaben einer Wohnung und nicht an das Bereithalten und Nutzen von Rundfunkgeräten zu knüpfen. Es handele sich somit nicht um eine Regelungslücke, sondern um eine bewusste und gewollte gesetzgeberische Entscheidung. Eine Befreiung aus religiösen Gründen würde daher den Absichten des Gesetzgebers zuwiderlaufen und so zu einer unzulässigen Umgehung der gesetzlich geregelten Rundfunkbeitragspflicht führen. Das Bundesverfassungsgericht habe mit Urteil vom 18. Juli 2018 bestätigt, dass die Beitragspflicht für Inhaber einer Erstwohnung mit der Verfassung im Einklang stehe und es dabei auf das Vorhandensein von Empfangsgeräten oder einen Nutzungswillen nicht ankomme. Demnach sei es unerheblich, ob einzelne Beitragsschuldner bewusst auf den Rundfunkempfang verzichten, weil die Empfangsmöglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unabhängig vom Willen des Empfängers bestehe.
6
Mit Schreiben vom 18. März 2019, bei Gericht eingegangen am nächsten Tag, erhob die Klägerin unter Beifügung von Abdrücken des Ablehnungsbescheides vom 21. November 2017 und des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2019 „Klage gegen den Widerspruchsbescheid des Bayerischen Rundfunks vom 25. Februar 2019“. Sie beantragt (Nr. 1 bereits in der dem Klageantrag durch Ergänzung in der mündlichen Verhandlung gegebenen Fassung),
1.
den Ablehnungsbescheid vom 21. November 2017 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 25. Februar 2019 mit der von der Landesrundfunkanstalt vergebenen Beitragsnummer … aufzuheben sowie
2.
den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin entsprechend dem gesonderten Antrag zur Befreiung in einem besonderen Härtefall vom 28. Juli 2017 laut § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV zum Zeitpunkt der Antragstellung von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien bzw. der Klägerin eine äquivalente Befreiungsmöglichkeit einzuräumen, damit die bei der Klägerin entstandene Gewissensnot abgewehrt werden kann und der garantierte Schutz von Art. 4 Abs. 1 GG für die Klägerin wiederhergestellt wird.
7
Entgegen der Begründung des Widerspruchsbescheides, dass sie durch die Erhebung des Rundfunkbeitrages nicht in ihrer Gewissensfreiheit verletzt werde, fühle sie sich in großer Bedrängnis durch die Aufforderung, ihre Energie in Form von finanzieller Zuwendung in ein System zu investieren, das sich nach ihrer Auffassung extrem schädlich auf das menschliche Bewusstsein auswirke und das sie daher aus tiefster Überzeugung ablehne. Auch wenn eine Gewissensentscheidung nicht nach objektiven Kriterien beurteilt werden könne, möchte sie die ihr entstandene Gewissensnot kurz erläutern. Die im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgestrahlten Sendungen erzeugten eine mentale Gleichschaltung der Zuschauer, die einem friedlichen, wohlgesonnenen Zusammenleben der Menschheit nicht dienlich sei, weil durch manipulativ eingesetzte Bilder und Videosequenzen sowie einseitige Berichterstattung häufig Sachverhalte verzerrt würden, um Zustimmung zu Gewalt- und Kriegshandlungen zu fördern. Eine Person des öffentlichen Interesses oder ein ganzes Land in Misskredit zu bringen, sei kein Problem; durch permanente negative Darstellung werde die Meinung der Rundfunkkonsumenten in die gewünschte Richtung gelenkt. Oft erwiesen sich die dargestellten Sachverhalte hinterher als unwahr, die gebildete Meinung bleibe leider im Bewusstsein der Zuschauer verankert. Sie beobachte, wie schädliche Emotionen - meist eine Mischung aus Angst, Neid, Hass und Opferhaltung - durch Rundfunkdarbietungen gezielt generiert würden. Eigenständiges Denken und Selbstreflexion würden verhindert, fremde Gedanken durch permanente Wiederholung in die Gehirne der Zuschauer und Zuhörer eingepflanzt. Fremde Gedanken raubten den Menschen aber die Möglichkeit, ihr Leben individuell zu gestalten, eigene Wertvorstellungen zu entwickeln. Hier dränge sich ihr der Begriff „mentale Käfighaltung“ auf. Eine Unterstützung dieser Praktiken sei für sie Verrat an ihrer innersten Grundhaltung, die freie Entwicklung und friedliches Zusammenleben, Respekt und Toleranz durch mentale Reinheit und innere Ausgeglichenheit fordere. Der Auftrag, die Vielfalt der Meinungen möglichst vollständig widerzuspiegeln, werde vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk ihres Wissens nach nicht erfüllt; vielmehr sehe sie deutliche Anzeichen einer Meinungsmanipulation im Sinne der Regierungsparteien. Ein knappes Drittel der Mitglieder der Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks werde von der Politik gestellt. Vertreter von Union und SPD säßen an den Schaltstellen der Sender und wirkten maßgeblich auf die Ausrichtung der Programmgestaltung ein. Als Beispiel für die personellen Verstrickungen von Politik und öffentlich-rechtlichem Rundfunk sei nur der Intendant des Bayerischen Rundfunks Ulrich Wilhelm erwähnt, der der frühere Regierungssprecher der Kanzlerin gewesen sei. Bereits die Verabschiedung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages durch den Gesetzgeber stelle durch die großen finanziellen Vorteile, die sich daraus für die Rundfunkanstalten ergäben, eine besorgniserregende Einflussnahme und Gefahr für die Demokratie dar.
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Der Beklagte beantragte mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 4. April 2019
Klageabweisung.
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Mit Schreiben vom 15. April 2019 wurde dazu vorgebracht, dass die Klage schon unzulässig sei, sofern sie sich lediglich gegen den Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2019 wende, weil dieser gegenüber dem Ausgangsbescheid keine weitergehende Beschwer enthalte. Sollte sich die Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid vom 21. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2019 wenden, so sei diese Klage jedenfalls unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Befreiung gemäß § 4 Abs. 6 RBStV. Es werde schon nicht substantiiert dargetan, weshalb sie durch den Rundfunkbeitrag in ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit nach Art. 4 GG verletzt sein soll. Es werde nur unsubstantiiert angeführt, dass „durch manipulativ eingesetzte Bilder und Videosequenzen sowie einseitige Berichterstattung häufig Sachverhalte verzerrt würden“. Dies könne in keiner Weise nachvollzogen werden, ebenso wenig wie eine „mentale Käfighaltung“. Schon gar nicht habe die Besetzung des Rundfunkrates oder anderer Gremien Einfluss auf das Gewissen der Klägerin. Inhaltliche Programmkritik sei gerade nicht Gegenstand einer Verpflichtungsklage auf Gewährung einer Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht. Auch die Berufung auf Art. 4 GG verhelfe der Klage nicht zum Erfolg. Subjektive Gründe, wie weltanschauliche oder religiöse Überzeugungen, die dem Rundfunkempfang angeblich entgegenstünden, stellten keine besondere Härte im Sinne des § 4 Abs. 6 RBStV dar und begründeten keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht. Hierzu könne weiter auf bereits vorhandene Rechtsprechung verwiesen werden. Auch sei schon höchstrichterlich entschieden, dass der im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber nach Maßgabe des § 2 RBStV erhobene Rundfunkbeitrag keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne und dass es nicht darauf ankomme, ob der Wohnungsinhaber von der Möglichkeit des Rundfunkempfangs Gebrauch macht oder nicht.
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Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung am 15. April 2021, in der die Klägerin zu ihrem ursprünglichen Klageantrag klarstellte, dass selbstverständlich auch der Ablehnungsbescheid vom 21. November 2017 aufgehoben werden solle, wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
11
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Rundfunkbeitragsakte zur Beitragsnummer … Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
12
Streitgegenständlich ist hier von Anfang an eine Verpflichtungsklage auf Erteilung einer von der Klägerin beantragten, aber vom Beklagten abgelehnten Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich. Der in der Klageschrift formulierte Klageantrag ist in der mündlichen Verhandlung lediglich durch ausdrückliche auch formulierungsmäßige Einbeziehung des ablehnenden Ausgangsbescheides klargestellt worden, weshalb an der Zulässigkeit der Klage keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Die Klage erweist sich aber als unbegründet gemäß § 113 Abs. 5 VwGO und ist daher abzuweisen.
13
Die Klägerin wird durch die Versagung der von ihr begehrten Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nicht in ihren Rechten verletzt. Insbesondere steht ihr der (in ihrem Fall einzig ernsthaft in Erwägung zu ziehende) Befreiungstatbestand nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV), wonach unbeschadet der (hier von vorneherein nicht in Frage kommenden) Beitragsbefreiung nach § 4 Absatz 1 RBStV die Landesrundfunkanstalt in besonderen Härtefällen auf gesonderten Antrag von der Beitragspflicht zu befreien hat, nicht zur Seite.
II.
14
Im Einklang mit der vorliegenden, einhelligen verwaltungs- und verfassungsrechtlichen Rechtsprechung geht auch die Kammer in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die wohnungsbezogene Rundfunkbeitragserhebung nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag den verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben genügt.
15
Auch mit Blick auf die Struktur und das Programmangebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sowie auf die Beitragshöhe und die Verwendung der durch die Rundfunkbeiträge erzielten Einnahmen wird durch die Beitragserhebung die Klägerin als Rundfunksbeitragspflichtige nicht in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit, ihrer Informationsfreiheit oder ihrer Religions-/Gewissensfreiheit verletzt, nachdem von Verfassungs wegen die Existenz und die Programmfreiheit dieser Rundfunkanstalten geschützt sind und die Beitragspflichtigen durch die Finanzierungsregelungen zugleich nicht etwa gezwungen werden, die Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu empfangen oder bestimmte Inhalte daraus zu unterstützen.
16
Des Weiteren ergibt sich zugleich kein Anspruch auf Rundfunkbeitragsbefreiung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV etwa aus Glaubens- und Gewissensgründen, auf die sich die Klägerin hier erfolglos beruft.
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1.) Der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltene Auftrag zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit, auf den sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk stützen kann, zielt auf eine Ordnung, die sicherstellt, dass eine Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck finden kann. Diese Aufgabe kann vielfach durch die privatwirtschaftlich finanzierten Programme, die weniger strengen Anforderungen unterliegen als die öffentlich-rechtlichen, nicht wahrgenommen werden, zumal diese Programme sich durch Werbung finanzieren und deshalb nicht werbewirksame Themen nicht in demselben Umfang behandeln können wie werbewirksame Themen. Die gesetzlichen Regelungen sollen es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor diesem Hintergrund ermöglichen, seinen klassischen Funktionsauftrag zu erfüllen, der neben seiner Rolle für die Meinungs- und Willensbildung, neben Unterhaltung und Information auch seine kulturelle Verantwortung umfasst.
18
Die sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergebende Programmfreiheit der Rundfunkanstalten setzt dazu eine institutionelle Unabhängigkeit gegenüber politischen und gesellschaftlichen Kräften voraus. Um sicherzustellen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht indirekt unter den Einfluss Außenstehender gerät (so BVerwG, U.v. 18.3.2016 - 6 C 21.15 - juris, Rn.19), muss seine verfassungsrechtliche Bestands- und Entwicklungsgarantie zwangsläufig durch eine Finanzierungsgarantie ergänzt werden. Insbesondere dürfen die Rundfunkanstalten nicht darauf verwiesen werden, sich die notwendigen Mittel von der werbenden Wirtschaft („auf dem Markt“) zu beschaffen, da dann die Gefahr bestünde, dass die Rundfunkanstalten bei der Orientierung an Einschaltquoten „programm- und vielfaltverengenden Zwängen“ durch die Auftraggeber ausgesetzt wären, wie dies im werbefinanzierten Rundfunk zu beobachten ist. Das Bundesverfassungsgericht leitet aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG deshalb den Anspruch der Rundfunkanstalten her, zur Erfüllung ihres Auftrags mit den funktionsnotwendigen Finanzmitteln ausgestattet zu werden (stRspr: z.B.: BVerfGE 136, 9 Rn. 39).
19
Die bloße Beitragsverpflichtung bedeutet nach Auffassung des Gerichts angesichts ihrer insgesamt geringen Belastungswirkung insbesondere bereits keinen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 4 GG auf Seiten der Klägerin, und führt schon gar nicht zu einem unverhältnismäßigen und damit verfassungswidrigen Eingriff in die dortigen Grundrechte. Mithin fehlt es auch von vorneherein an der Grundlage für die Annahme eines Härtefalls nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV bei Anführung von Glaubens- und Gewissensgründen durch eine/n Antragsteller/in zur Begründung einer Befreiung in ihrer Person von der Verpflichtung zur Leistung des wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrags.
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a) Die allgemeine Pflicht zur Abgabenzahlung ohne eine Zweckbindung zugunsten von bestimmten Glaubensgemeinschaften bzw. religiösen/areligiösen Bekenntnissen oder bestimmten weltanschaulichen Positionen berührt regelmäßig schon nicht den Schutzbereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit (vgl. aus der bisher vorliegenden - einhelligen - oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung etwa OVG Lüneburg, B.v. 25.8.2020 - 4 LA 163/19 - juris, m.w.N.). Die Klägerin wird - wie bereits bemerkt - nicht gezwungen, Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu verfolgen, ihre Beitragsleistung ist auch nicht gezielt dazu bestimmt, etwa bestimmte Ausprägungen und Kundgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die sie ablehnt, zu finanzieren, sondern sie wird, wie grundsätzlich alle anderen Wohnungsinhaber auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, in Höhe von 17,98 EUR bzw. 17,50 EUR monatlich zu einer allgemeinen Beitragsleistung zur Finanzierung des Betriebs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks herangezogen, der wiederum selbst über Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG Grundrechtschutz genießt (vgl. o.). Die Zahlung dieser Abgabe als solche ist nicht mit der Äußerung eines weltanschaulichen oder sonstigen Bekenntnisses (auch nicht mit einer Zustimmung zu den im öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbreiteten Inhalten) verbunden. Der Schutzbereich der Gewissensfreiheit reicht nur so weit wie der eigene Verantwortungsbereich des Grundrechtsträgers. Das, was die Klägerin gemäß ihren Schriftsätzen dem öffentlichen Rundfunk vorwirft, betrifft letztlich die Programmgestaltung innerhalb der Anstalten des öffentlichen Rundfunks und die verfassungsrechtlich vorgegebene, durch Landesrecht ausgestaltete Organisationsstruktur der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und liegt nicht im Verantwortungsbereich der Beitragspflichtigen bzw. hier der Klägerin. Zwar wird der Rundfunkbeitrag zu dem konkreten Zweck der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben. Jedoch steht nicht fest, für welche Programme und Programminhalte der Beitrag des/r jeweiligen Beitragsschuldners/in verwendet wird. Der/die Beitragsschuldner/in, der/die sich auf seine/ihre Glaubens- und Gewissensfreiheit beruft, kann nicht davon ausgehen, dass sein/ihr konkreter Beitrag für Sendungen verwendet wird, deren Inhalt er/sie aus Glaubens- oder Gewissensgründen ablehnt (vgl. zuletzt etwa OVG Berlin-Brandenburg vom 24.11.2020 - OVG 11 N 98/20 - und vom 11.9.2020 - OVG 11 N 95.18 -; jeweils juris und m.w.N.).
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b) Selbst wenn man etwa bei einer Ablehnung nicht nur bestimmter Programminhalte, sondern des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems in seiner derzeitigen Existenz und der dahinter stehenden Prinzipien, sogar einen Eingriff in Art. 4 GG bei einem/r Beitragszahler/in sehen wollte, wäre dieser unterstellte Eingriff nicht verfassungswidrig.
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aa) Die Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses und des Gewissens nach Art. 4 Abs. 1 GG findet dort ihre Grenzen, wo die Ausübung dieses Grundrechts durch einen Grundrechtsträger auf die kollidierenden Grundrechte anderer trifft. In diesem Sinn stellt Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, der die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk, also die Rundfunkfreiheit, gewährleistet, kollidierendes Verfassungsrecht dar. Der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete verfassungsrechtliche Schutz erstreckt sich auf das Recht der bestehenden Rundfunkanstalten, der ihrem Auftrag entsprechenden Vielfalt der zu vermittelnden Programminhalte Rechnung zu tragen, woraus weiter folgt, dass eine Finanzierung erforderlich ist, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Stand setzt, die ihm zukommende Funktion im dualen System der Rundfunkträger zu erfüllen. Zugleich ist die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerte Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu gewährleisten, u.a. dadurch, dass nicht die Landesparlamente die Finanzausstattung nach ihrem (politischen) Ermessen in den Landeshaushalten festlegen; es bedarf nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung hierfür vielmehr eines unabhängigen, außerhalb der Staatsorganisation stehenden Gremiums, das die Programmfreiheit zu beachten hat.
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bb) Dabei ist unter Bezugnahme auf die bereits ergangene verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Problematik auch weiterhin nicht zu erkennen, dass diese Unabhängigkeiten im hier nunmehr streitgegenständlichen Zeitraum durch die geltenden organisationsmäßigen Regelungen der rundfunkrechtlichen Staatsverträge und Gesetze und deren Umsetzung in systemgefährdender Weise beeinträchtigt gewesen wären. Es ist in diesem Zusammenhang auf die Tätigkeit der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) und auf die Kontrolle der Landesrundfunkanstalten durch Rundfunk- und Verwaltungsräte hinzuweisen, die aus weisungsunabhängigen Vertretern verschiedener gesellschaftlich relevanter Gruppen zusammengesetzt sind und in diesem Sinne als Sachwalter der Allgemeinheit fungieren. Solange der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine oben beschriebene bedeutende verfassungsgegebene Funktion nicht grundlegend verfehlt und eine verfassungskonforme Kontrolle der Programminhalte und des sonstigen Gebarens des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Grundsatz gewährleistet ist, lassen - zur Sicherung dieser verfassungsmäßig geschützten Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks - auch etwaige (einzelne) Verstöße von Bediensteten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegen die gesetzlichen Vorgaben aus §§ 10,11 Rundfunkstaatsvertrag bzw. § 26 des nunmehrigen Medienstaatsvertrags vom 14. bis 28. April 2020 (MStV) die Verpflichtung zur Leistung des Rundfunkbeitrags unberührt. Im Rahmen des streitgegenständlichen Verfahrens ist daher nicht zu prüfen, ob bestimmte einzelne (hier zudem im Wesentlichen nur pauschal geäußerte) Vorwürfe zutreffen. Es ist vielmehr Aufgabe der hierzu berufenen Gremien, insbesondere der Rundfunkräte, über die Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu wachen und erforderlichenfalls entsprechend Einfluss auf die Programmgestaltung zu nehmen. Dem Rundfunkrat ist gesetzlich (vgl. Art. 6 Abs. 1, Art. 7 Abs. 3 Bayerisches Rundfunkgesetz, im Folgenden: BayRG) u.a. die Aufgabe zugeschrieben, den Intendanten bei der Gestaltung des Programms zu beraten, und er kann etwa hinsichtlich Rundfunksendungen einen Verstoß gegen die Programmgrundsätze des Art. 4 BayRG feststellen und für Ausgleich sorgen (Art. 7 Abs. 7 BayRG). Dem Bürger selbst steht als Beitragspflichtigem insbesondere die Möglichkeit offen, etwaige Verstöße gegen die Programmgrundsätze durch eine Beschwerde (Art. 19 BayRG) geltend zu machen. Nach Art. 19 BayRG hat jedermann das Recht, sich mit einer Beschwerde an den Intendanten des Bayerischen Rundfunks zu wenden. Die Beschwerden sind zu verbescheiden. Macht der Beschwerdeführer gegen den Bescheid Einwendungen geltend und ist der Intendant nicht bereit, diesen Rechnung zu tragen, so hat er den Rundfunkrat zu unterrichten. Sollten die zur Kontrolle der Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten berufenen Gremien ihren Kontrollpflichten nicht oder nur ungenügend nachkommen, stehen zudem entsprechende rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung, insbesondere steht letztlich der Weg zu den Verfassungsgerichten offen (vgl. zu alledem schon die Urteile der Kammer vom 28.1.2016 - AN 6 K 15.00824 - und vom 16.6.2016 - AN 6 K 16.00365; des Weiteren etwa OVG Koblenz, B.v. 16.11.2015 - 7 A 10455/15 - juris; BayVGH, B.v. 30.3.2017 - 7 ZB 17.60 - juris; VG Berlin, U.v. 15.2.2019 - 8 K 1.18 - juris).
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cc) Einen grundlegenden Funktionsmangel des öffentlich-rechtlichen Rundfunks oder einen Ausfall der Kontrollsysteme oder deren weitreichendes bzw. systematisches Versagen, das dementsprechend dann erst direkt auf die Rechtmäßigkeit der Heranziehung des Einzelnen zum Rundfunkbeitrag in der festgesetzten Höhe durchschlagen könnte, hat die Klägerin nicht dargetan und davon kann auch nicht aufgrund sonstiger gerichtlicher Erkenntnisse ausgegangen werden. Mag auch Kritik an einzelnen Ausprägungen des stattgefundenen Rundfunkbetriebs und dessen Organisation und Administration durchaus berechtigt sein - was das Gericht hier offen lässt -, so hätte dies jedenfalls bislang eindeutig noch kein systemrelevantes Ausmaß erreicht, das dann auf die Berechtigung der Beitragserhebung beim einzelnen Beitragsschuldner durchschlagen könnte. Bei der Bewertung darf schon nicht außer Acht gelassen werden, dass in den Grenzen des § 3 RStV bzw. § 3 MStV in allen Angelegenheiten von öffentlichem Interesse im Gesamtprogramm die verschiedenen Auffassungen ausgewogen und angemessen zu berücksichtigen sind und dass die Gesamtprogrammgestaltung außerdem, um den informativ-kulturellen Grundauftrag wirksam erfüllen zu können, einerseits auch hinreichende Anziehungskraft für den breiten Massengeschmack ausstrahlen muss und andererseits auch Minderheiteninteressen ausreichend bedienen muss (vgl. zu alledem auch schon VG Köln, U.v. 16.10.2014 - 6 K 7041/13 - juris, Rn. 34 ff.; VG München, U.v. 19.9.2014 - M 6a K 14.1156 - juris, Rn. 40). Die hier zur Untermauerung des streitgegenständlichen Befreiungsbegehrens geäußerte Kritik der Klägerin an der Erscheinungsform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seiner Programme ist in Quantität und Qualität der damit geführten Angriffe für die Geltendmachung eines für die Beitragserhebung relevanten Systemversagens offenkundig ebenso wenig ausreichend wie ihre zusätzliche Beanstandung der personellen Zusammensetzung des Rundfunkrats des Bayerischen Rundfunks. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. dessen Entscheidung vom 25. März 2014 - 1 BvF 1/11, 1 BvF 4/11 - juris, die übrigens zugleich als Beleg für das Funktionieren von (verfassungs) gerichtlichen Kontrollmöglichkeiten dienen kann) ist zur gebotenen Begrenzung potentieller staatlicher Einflussnahme auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gefordert, aber auch zureichend, dass nicht mehr als ein Drittel der Mitglieder der Kontrollgremien staatlich und staatsnah sein darf. Schon, dass dies im Bayerischen Rundfunkgesetz und im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks nicht hinreichend gewährleistet wäre, zeigt aber die Klägerin bereits nicht einmal im Ansatz auf.
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dd) Zusammenfassend findet sich also in der Sicherstellung der Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen im dualen System nach wie vor die Rechtfertigung für die Finanzierung der Anstalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über Rundfunkbeiträge, was in der vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung allgemein geteilt wird. Im Hinblick auf die große Bedeutung, die der Rundfunkfreiheit und der damit verbundenen Meinungsvielfalt in einem demokratischen Staat zukommt, muss das Grundrecht auf Freiheit des Gewissens und des weltanschaulichen Bekenntnisses zurücktreten, selbst wenn man im Einzelfall zu der Bejahung eines Eingriffes durch die Rundfunkbeitragserhebung bei einem/r Beitragspflichtigen käme (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 21.12.2018 - 7 A 10740/18 - juris; OVG Berlin-Brandenburg B.v. 11.9.2020, a.a.O.). Rügen, dass der Auftrag des § 11 RStV bzw. § 26 MStV nicht bzw. nicht in der gebotenen Objektivität, Unparteilichkeit und Ausgewogenheit wahrgenommen würde, ziehen demnach prinzipiell nicht die Rechtmäßigkeit des Rundfunkbeitrags in Zweifel, sondern sind im Einzelfall mittels des Beschwerderechts in den einzelnen Rundfunkgesetzen geltend zu machen mit der anschließenden Möglichkeit der Anrufung des Rundfunkrats. Denn, wie bereits erörtert, ist die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zustehende Rundfunkfreiheit vor allem Programmfreiheit und gewährleistet, dass Auswahl, Inhalt und Gestaltung des Programms Sache des Rundfunks bleiben. Der Rundfunk selbst darf aufgrund seiner professionellen Maßstäbe bestimmen, was der gesetzliche Rundfunkauftrag in publizistischer Hinsicht verlangt. Für die Einbeziehung qualitativer Einschätzungen der einzelnen Beitragszahler über öffentlich-rechtliche Programminhalte mittels Verweigerung/Zurückhaltung der Rundfunkbeitragsleistung ist kein Raum. Es kann die durch Beitragserhebung gewährleistete Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch Beanstandungen, mit denen eine Verfehlung des gesetzlichen Auftrags der öffentlich-rechtlichen Anstalten gerügt wird, grundsätzlich nicht infrage gestellt werden (vgl. etwa auch schon OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 16.11.2015 - 7 A 10455/15 - und BayVGH, B.v. 30.3.2017 - 7 ZB 17.60 - sowie zuletzt OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 15.2.2021 - OVG 11 N 95.19 -; jeweils juris). Daran wäre nur bei einem grundlegenden systemischen Versagen der Entscheidungsträger der Programmgestaltung und der sie kontrollierenden Organe zu denken, das den Nutzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im System der freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes umfassend beseitigen würde, was insbesondere auch durch die Behauptungen der Klägerin auch nicht annähernd aufgezeigt worden ist.
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c) Dementsprechend sieht das Gericht insoweit bereits keine Härtefalleröffnung aufgrund des Informationsfreiheitsgrundrechts oder insbesondere des Grundrechts der Gewissens- und Religionsfreiheit mit der Möglichkeit einer Rundfunkbeitragsbefreiung im Rahmen des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV (bzgl. der Auslegung dieser Vorschrift noch offen BVerfG, B.v. 12.12.2012 - 1 BvR 2550/12 - juris). Vielmehr sind gerade Gründe rein subjektiver Natur, zu denen eben solche mit Bezug auf persönliche Gewissensentscheidungen oder das eigene religiöse oder weltanschauliche Bekenntnis gehören, zur Überzeugung des Gerichts schon vom Härtefalltatbestand des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV nicht mit umfasst. Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber mit der generalklauselartigen Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Möglichkeit einer Beitragsbefreiung auch aus solchen Gründen beabsichtigt hat, zumal Art. 4 GG, wie dargelegt, zu einem solchen Verständnis keinesfalls zwingt. Die Beitragspflicht besteht unabhängig vom Vorhandensein und der Nutzung konkreter Empfangsgeräte, sodass eine an die individuelle Entscheidung zur Nichtnutzung anknüpfende Beitragsbefreiung einen systematischen Bruch darstellen würde; solches wäre zudem im Massenverwaltungsverfahren der Rundfunkbeitragserhebung nicht in praxistauglicher Weise nachweisbar und überprüfbar. Deshalb können derartige allenfalls nur mit sehr großem Aufwand verifizierbare Kriterien aus dem persönlichen Bereich wie die hier angeführten „Gewissensgründe“ nicht zu einer Beitragsbefreiung im Rahmen des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV führen (so schon OVG Nordrhein-Westfalen, U.v. 21.9.2018 - 2 A 1821/15 - juris; OVG Lüneburg, B.v. 25.8.2020 - 4 LA 163/19 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 11.9.2020 - OVG 11 N 95.18 - juris). Eine derartige, unabhängig vom Einkommen gewährte Freistellung zugunsten weiterer Personenkreise aus Weltanschauungs-/Bekenntnis-/Gewissensgründen würde zugleich dem Gebot der gleichmäßigen Belastung aller Vorteilsempfänger zuwiderlaufen (vgl. weiter BayVerfGH, E. v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. Vf. 24-VII-12 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 16.11.2015 - 7 A 10455/15).
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Ebenso wenig ergibt sich eine von der Klägerin geforderte „äquivalente Befreiungsmöglichkeit“.
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2. Selbst wenn entgegen dem zuvor gerade ausführlich Dargelegten grundsätzlich eine Befreiung auch aus Glaubens- und Gewissensgründen erfolgen könnte, bedürfte es im Übrigen für eine solche Befreiung im Einzelfall außerdem einer substantiierten Darlegung eines atypischen Ausnahmefalles, also einer über (massive) Kritik an Erscheinungsformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und über die Ablehnung der als rechtswidrig empfundenen Heranziehung zum Rundfunkbeitrag hinausgehenden, schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegung einer individuellen Gewissensprägung und einer deswegen bei Heranziehung zum Rundfunkbeitrag ausgelösten Gewissensnot. An der Darlegung einer derart eindringlichen Beeinträchtigung würde es aber hier im Fall der Klägerin, die sich erst, nachdem ihr aus anderen geäußerten Gründen (keine Anmeldung/Bestellung, Vertrag zu Lasten Dritter, Single-Diskriminierung) erhobener Widerspruch gegen ihre Heranziehung zu Rundfunkbeiträgen zurückgewiesen worden war, auf Glaubens- und Gewissensgründe berufen hat und die einerseits bekundet, sie habe noch nie ein Fernseh- und Rundfunkgerät besessen, und andererseits aber - im Wesentlichen pauschal - eine einseitige Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit manipulativ eingesetzten Bildern und Videosequenzen zur Förderung der Zustimmung zu Gewalt- und Kriegshandlungen und eine Generierung schädlicher Emotionen durch die dortigen Rundfunkdarbietungen beklagt, bei Heranziehung der von ihr gegebenen Befreiungsbegründung auch fehlen.
III.
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Bei alledem ist hier Klageabweisung geboten.
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Da die Klägerin damit die Unterlegene des Rechtsstreits ist, ergibt sich die Kostenfolge zu ihren Lasten aus § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 1 VwGO.
31
Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.