Titel:
Heranziehung zum Kostenersatz für Feuerwehreinsatz wegen eines privaten Chlorgasunfalls
Normenketten:
BayFwG Art. 4, Art. 28
VwGO § 113 Abs. 1
Leitsätze:
1. Ob ein Feuerwehreinsatz und die dabei getroffenen Maßnahmen notwendig sind, ist eine vom Gericht in vollem Umfang zu prüfende Rechtsfrage, wobei die ex-ante-Sicht maßgeblich ist; entscheidend ist, welche Maßnahmen auf Grund des durch die Alarmierung oder auf sonstigem Weg vermittelten Lagebildes vorausschauend für notwendig gehalten werden durften, um den Einsatz erfolgreich durchzuführen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Eigenbeteiligung an den Vorhaltekosten für eine Feuerwehr von 10 % gemeindlicherseits ist ausreichend, wenn im Zuständigkeitsbereich der gemeindlichen Feuerwehr Auffahrten/Ausfahrten zur Autobahn liegen, erfahrungsgemäß mit entsprechend hoher Unfallhäufigkeit. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Angemessene Eigenbeteiligung der Gemeinde, Vorhaltekosten bei Strecken-, Ausrückestundenkosten sowie bei Personalkosten, Kostenersatz, Feuerwehr, Chlorgas, Notwendigkeit, Eigenbeteiligung, Gemeinde, Vorhaltekosten, Personalkosten
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 20.06.2022 – 4 ZB 21.1730 , 4 ZB 21.1731
Fundstelle:
BeckRS 2021, 13561
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Am 16. Juni 2016 wurde die Freiwillige Feuerwehr* …nach …, …, alarmiert. Das Stichwort der Alarmierung lautete „Chlorgasunfall“. Im Keller des Anwesens war Chlorgas ausgetreten. Fast sieben Stunden war die Freiwillige Feuerwehr … im Einsatz, um die Einsatzleitung mit zu übernehmen, zwei Patienten zu betreuen, den Keller des betroffenen Anwesens abzusichern, zu be- und entlüften, kontaminiertes Material aufzunehmen und Abtransporte zur Dekontamination zu veranlassen und zu übernehmen.
2
Der Eigentümer des Anwesens …, …, ist der Kläger. Gemäß der Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren vom 30. März 2015 zog die beklagte Stadt … den Kläger zum Kostenersatz heran.
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Mit Leistungsbescheid vom 17. November 2016 forderte die Beklagte vom Kläger 5.489,64 EUR. Nach dem Meldebild „Chorgasunfall“ seien die für dieses Lagebild vorgesehen Einsatzkräfte zum Unfallort berufen worden. Die Ehefrau des Klägers habe wie der Kläger als Patienten betreut werden müssen. Das vorhandene Gas habe aus dem Keller abgesaugt werden müssen. Nachdem der Feuerwehrschlauch nicht ausreichte, hätte es dann die Freiwillige Feuerwehr … übernommen, den ganzen Keller abzusaugen. Die eingesetzte Kleidung und die verwendeten Gerätschaften hätten nach dem Einsatz ebenfalls dekontaminiert werden müssen.
4
Im streitgegenständlichen Bescheid wurde hervorgehoben, dass bei der Heranziehung des Klägers zum Kostenersatz Ermessen erkannt und ausgeübt worden sei. Das städtische Interesse überwiege das Interesse des Klägers an einer Nichtheranziehung in diesem Fall. Die Heranziehung des Klägers sei für diesen nicht besonders belastend oder gar existenzbedrohend.
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Nach der Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren vom 30. März 2015 seien die angefangenen halben Stunden bis 30 Minuten als halbe Stunden, darüber hinaus als ganze Stunden berechnet worden, die Rettung und Betreuung von Personen sei nicht berechnet worden.
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Gegen diesen Bescheid vom 17. November 2016 legte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, mit Schreiben vom 24. November 2016 Widerspruch ein. Begründet wurde dieser damit, dass die Berechnung des Einsatzes hinsichtlich dessen Notwendigkeit und Umfang nicht nachvollziehbar sei.
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Durch ein Versehen des Klägers sei am Unfalltag Chlorgas ausgetreten, was aber nur minimale Folgen gehabt habe. Der Kläger habe dann den Notarzt verständigt, ausdrücklich aber nicht die Feuerwehr gerufen. Der Kläger sei dann mit dem Krankenwagen ins nächste Klinikum abtransportiert worden. Da es sich nur um einen kleinen Chlorgasausbruch gehandelt habe, sei der gewaltige Einsatz an Ressourcen nicht notwendig gewesen, insbesondere sei fraglich, warum mehrere verschiedene Feuerwehren erschienen seien.
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Der Kläger habe zusätzlich vom Markt … für dessen Feuerwehreinsatz eine Rechnung erhalten. Die Feuerwehr … habe damit 18 Feuerwehrleute abgerechnet, der Markt … 24 Feuerwehrdienstleistende. Insgesamt seien also 42 Feuerwehrleute mit 105 Einsatzstunden abgerechnet worden.
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Nachdem nach erfolgter Widerspruchsbegründung mehr als 13 Monate vergangen waren, erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 23. Februar 2018, eingegangen bei Gericht am 28. Februar 2018, Klage mit dem Antrag,
den Leistungsbescheid der Beklagten vom 17. November 2016 aufzuheben.
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Mit Schriftsatz vom 9. Juli 2018 beantragte die Beklagte durch ihren Prozessbevollmächtigten,
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Die Klage sei unbegründet, da der Bescheid vom 17. November 2016 formell und materiell rechtmäßig sei. Der Kläger sei vor Erlass des Bescheides angehört worden. Rechtsgrundlage für den Anspruch der Beklagten auf Aufwendungsersatz sei Art. 28 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes (BayFwG). Für eine Einsatzstunde seien pauschal 24 EUR berechnet worden. Material(verbrauchs) kosten seien in Höhe von 1.564,46 EUR in Ansatz gebracht worden.
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Die Beklagte habe auf gesetzlicher Grundlage die Einsatzkosten pauschaliert. Der Kläger und seine Ehefrau seien in hilfebedürftiger Lage gewesen, weil sie Chlorgas eingeatmet hätten. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht sei nicht vorhersehbar gewesen, dass nur eine geringe Menge an Chlorgas ausgetreten sei. Im Übrigen habe der Kläger selbst die Nummer „110“ (nicht „112“) gewählt und somit diesen Einsatz zudem selbst veranlasst.
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Die Einsatzstichwörter seien „ABC3“ sowie „Gasaustritt im Gebäude“ gewesen. Da es den einzelnen Feuerwehren personal- und ausstattungsmäßig gar nicht möglich gewesen sei, dem Einsatzgrund gerecht zu werden, seien verschiedene Feuerwehren koordiniert zu Werke gegangen, insbesondere auch zum Zweck der auch ex post aufwändigen Dekontamination. Die dann notwendigen Einsatzzeiten seien ordnungsgemäß erfasst worden und würden belegen, dass der Aufwand zur Behebung des Chlorgasaustritts doch sehr umfangreich gewesen sei. Somit seien die eingesetzten Ressourcen auch im Nachhinein erforderlich gewesen.
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Die Inanspruchnahme des Klägers als Verursacher sei ermessengerecht.
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Mit Beschluss der Kammer vom 7. Dezember 2020 wurde vom Verfahren AN 14 K 18.00401, in dem zunächst der Markt … sowie die Stadt … gemeinsam Beklagte waren, die Klage des Klägers gegen den Markt … abgetrennt und unter dem Aktenzeichen AN 14 K 20.02684 fortgeführt.
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Mit Schreiben vom 6. Mai 2021, eingegangen bei Gericht am 10. Mai 2021, legte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten weitere detaillierte Kalkulationsgrundlagen zu Strecken- und Ausrückkosten sowie Personalkosten vor, und versicherte, dass jeweils 10% als Eigenbeteiligung abgezogen worden seien.
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Beide Beteiligten haben durch ihre Prozessbevollmächtigten auf mündliche Verhandlung verzichtet.
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Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Aufgrund des Einverständnisses beider Beteiligter konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 101 Abs. 2 VwGO.
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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1. Die Klage ist zulässig.
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Gegen den ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 11. November 2016 wurde das fakultative Widerspruchsverfahren (Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 AGVwGO) eingeleitet (§ 68 VwGO). Da nach 13 Monaten aber immer noch nicht über den Widerspruch entschieden war, war es nach § 75 VwGO zulässig, Klage zu erheben, da ein sachlicher Grund für die Nichtverbescheidung nicht einmal ansatzweise erkennbar ist. Dagegen hat die Beklagte auch zu keinem Zeitpunkt Einwände erhoben.
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2. Die Klage ist indes unbegründet.
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Der Kostenbescheid des Beklagten vom 17. November 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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2.1. Die Beklagte hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die ihr durch den Feuerwehreinsatz am 16. Juni 2016 entstanden sind.
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Bei dem Feuerwehreinsatz vom 16. Juni 2016 handelte es sich vollumfänglich um einen technischen Hilfsdienst im Sinne von Art. 1 Abs. 1 BayFwG. Der Kostenersatzanspruch der Beklagten findet daher seine Rechtsgrundlage in Art. 28 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes (BayFwG), der den Kostenersatz für das Tätigwerden der gemeindlichen Feuerwehren im Pflichtaufgabenbereich des abwehrenden Brandschutzes und des technischen Hilfsdienstes regelt. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG können die Gemeinden in den unter Absatz 2 Nrn. 1 bis 6 aufgezählten Fällen Ersatz der notwendigen Aufwendungen verlangen, die ihnen durch Ausrücken, Einsätze und Sicherheitswachen gemeindlicher Feuerwehren (Art. 4 Abs. 1 und 2 BayFwG) oder auch durch Einsätze hilfeleistender Werkfeuerwehren (Art. 15 Abs. 7 BayFwG) entstanden sind; der Anspruch wird gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 durch Leistungsbescheid geltend gemacht. Der Kläger ist als Eigentümer des betroffenen Anwesens und als Verursacher des Chlorgasaustritts zum Ersatz der Kosten verpflichtet (Art. 28 Abs. 3 Nr. 1 BayFwG).
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2.2. Der Feuerwehreinsatz vom 16. Juni 2016 war auch dem Umfange nach erforderlich. Ob ein Feuerwehreinsatz und die dabei getroffenen Maßnahmen notwendig sind, ist eine vom Gericht in vollem Umfang zu prüfende Rechtsfrage, wobei die ex-ante-Sicht maßgeblich ist, es also auf den Sach- und Kenntnisstand zum Zeitpunkt des behördlichen Handelns ankommt (vgl. BayVGH, U.v. 3.9.2009 - 4 BV 08.696 -, juris Rn. 33 ff.; VGH Baden-Württemberg, U.v. 8.6.1998 - 1 S 1390/97 -, juris Rn. 21). Entscheidend ist, welche Maßnahmen auf Grund des durch die Alarmierung oder auf sonstigem Weg vermittelten Lagebildes vorausschauend für notwendig gehalten werden durften, um den Einsatz erfolgreich durchzuführen (vgl. VG Bayreuth, U.v. 28.11.2003 - B 1 K 01.893 - juris Rn. 23). Nach diesen Vorgaben sind die Einschätzung der Sachlage und die Abwicklung des Einsatzes nicht zu beanstanden. Zu erstatten sind die notwendigen Aufwendungen. Das sind die Aufwendungen, die von der Feuerwehr den Umständen entsprechend für erforderlich gehalten werden durften, um den Einsatz erfolgreich durchzuführen. Notwendig wären Aufwendungen nur dann nicht, wenn sie unter den gegebenen Umständen und nach dem Lagebild des(r) Entscheidenden sachlich nicht gerechtfertigt waren. Maßgeblich ist grundsätzlich also nur das Lagebild, es findet keine rückblickende Beurteilung statt (vgl. OVG Koblenz, U.v. 4.12.1984 - 7 A 85/84 - juris). Die von der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten getroffenen Maßnahmen waren insofern sinnvoll und zur Gefahrenabwehr geeignet. Das aus den Akten ersichtliche Vorgehen der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten ist ohne weiteres nachvollziehbar. Die eingesetzten Fahrzeuge und Feuerwehrleute entsprachen dem Lagebild des Unfallgeschehens im Anwesen des Klägers.
28
Soweit die Klägerseite die Höhe der Personalkosten unter dem Gesichtspunkt gerügt hat, dass der Gesamteinsatz nicht der hohen Zahl an Feuerwehrkräften bedurft habe, greift dies nicht durch. Das Stichwort Chlorgasaustritt ist exakt mit dem Aufwand verbunden, der getätigt wurde. Es besteht aufgrund der vorgelegten Behördenakten auch der anderen Freiwilligen Feuerwehr aus … kein Zweifel daran, dass die Zahl der am Einsatz beteiligten Feuerwehrkräfte zum Zweck einer effektiven Gefahrenbeseitigung erforderlich gewesen ist, wie die detaillierten Eisatzberichte und auch der trotzdem notwendige Zeitaufwand im Einzelnen belegen.
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2.3. Die dem Bescheid vom 17. November 2016 zugrundeliegende Satzung in Verbindung mit der Kalkulation und entsprechenden Abrechnung der Beklagten sind ebenso rechtskonform. Zur Kostenerhebung auf Grundlage einer Satzung nach Art. 28 Abs. 4 Satz 1 BayFwG hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 18. Juli 2008 (Az. 4 B 06.1839 - juris Rn. 25 f.) grundlegend ausgeführt, dass Art. 28 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 BayFwG ermächtigt, im Interesse einer Vereinfachung des Verwaltungsvollzugs, Pauschalsätze für den Ersatz der Kosten bei der Erfüllung von Aufgaben nach Art. 4 BayFwG - also sowohl im Pflichtaufgabenbereich als auch bei freiwilligen Aufgaben - durch Satzung festzulegen. Die Gemeinden werden durch diese Norm von der Notwendigkeit befreit, zur Geltendmachung eines Ersatzanspruchs nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG die bei dem einzelnen Feuerwehreinsatz entstanden Aufwendungen konkret zu ermitteln. Die Pauschalsätze müssen sich der Höhe nach in etwa an den Kosten messen lassen, die tatsächlich angefallen sind. Welche inhaltlichen Maßstäbe bei der Festlegung der Pauschalsätze im Einzelnen zu beachten sind, regelt Art. 28 Abs. 4 BayFwG näher, indem er die entsprechende Geltung der Art. 2 und 8 KAG anordnet (Satz 1 Halbsatz 2) mit der Maßgabe, dass bei der Erfüllung von Pflichtaufgaben nach Art. 4 Abs. 1 und 2 BayFwG eine Eigenbeteiligung der Gemeinden an den Vorhaltekosten vorzusehen ist, die die Vorteile für die Allgemeinheit angemessen berücksichtigt. Mit dem Verweis auf die kommunalabgabenrechtlichen Regelungen des Art. 8 KAG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung einer gemeindlichen Einrichtung, insbesondere auf den dort maßgeblichen betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff (vgl. Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG), soll klargestellt werden, dass die Gemeinden auch im Pflichtaufgabenbereich die allgemeinen Vorhaltekosten (Abschreibung) über die auf die tatsächlichen Einsatzstunden anteilig entfallende Abschreibung hinaus in die Kostenkalkulation einbeziehen können. Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayFwG schreibt eine Eigenbeteiligung der Gemeinden an den Vorhaltekosten vor, die die Vorteile für die Allgemeinheit angemessen berücksichtigt. Nr. 28.3 VollzBekBayFwG enthält hierzu zwar nähere Angaben, aber keine prozentuale Vorgabe. Die Frage der Angemessenheit der Eigenbeteiligung liegt dabei nicht im Ermessen der Gemeinde, sondern stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der voll gerichtlich überprüfbar ist (VG Ansbach, U.v. 12.1.2012 - AN 5 K 11.01779 - juris).
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Wie zuletzt mit Fax des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 6. Mai 2021, eingegangen bei Gericht am 10. Mai 2021, nochmals klargestellt wurde, hat die Beklagte stets einen Eigenanteil von 10% abgezogen, auch bei den Personalkosten, und eigene Kalkulationen erstellt,. Die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ließ hierbei eine Eigenbeteiligung von 30% im entschiedenen Fall ausreichen (BayVGH, U.v. 18.7.2008 - 4 B 06.1839 - juris Rn 34 a.E.). Über ein erforderliches Minimum einer Eigenbeteiligung der Kommunen hat der BayVGH aber noch nicht entschieden. Eine Eigenbeteiligung von 10% gemeindlicherseits wie hier ist aber im vorliegenden Fall deshalb ausreichend, da im Zuständigkeitsbereich der gemeindlichen Feuerwehr …Auffahrten/Ausfahrten zur BAB-Autobahn … liegen, erfahrungsgemäß mit entsprechend hoher Unfallhäufigkeit (vgl. VG Ansbach, U.v. 26.3.2021 - AN 14 K 18.02115 -, juris; U.v. 12.1.2012 - AN 5 K 11.01779 - juris). Wenn aber eine gemeindliche Feuerwehr für einen Bereich mit erhöhter Unfallhäufigkeit zuständig ist, ermäßigt sich die Eigenbeteiligung an den Vorhaltekosten deshalb, da die reinen Vorhaltekosten in den Hintergrund treten.
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2.4. Die vorgelegten Kalkulationen der Beklagten für die eingesetzten Fahrzeuge und Geräte sind ebenfalls korrekt. Die von der Beklagten festgelegten Pauschalsätze lassen sich, auch hinsichtlich der Streckenkosten und Ausrückestundenkosten für die eingesetzten Fahrzeuge, nachvollziehen. Anschaffungskosten und Zuschüsse für die einzelnen Fahrzeuge sowie andere für die Berechnung der einzelnen Pauschalsätze relevante Berechnungsgrundlagen sind konkret erfasst. Eine Doppelberechnung ist nicht erkennbar.
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2.5. Die Veranschlagung der Personalkosten in Höhe von 24 EUR pro Stunde weist keinen Rechtsfehler auf. Die Kammer hält den Stundensatz in Höhe von 24,00 EUR für angemessen, weil der Beklagten generell erfahrungsgemäß Kosten auch für den Einsatz ehrenamtlicher Feuerwehrdienstleister entstehen, beispielsweise durch Erstattung des Verdienstausfalls (Art. 9 Abs. 3 BayFwG), des fortgezahlten Arbeitsentgelts (Art. 10 BayFwG) oder durch Entschädigung nach Art. 11 BayFwG. Da auch für Personalkosten eine Pauschalierungsmöglichkeit nach Art. 28 Abs. 4 Satz 1 BayFwG gilt, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte pauschal 24,00 EUR pro Stunde angesetzt hat. Auch hier gelten die Anforderungen des Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayFwG. Die Beklagte hat aber auch bei den Personalkosten Vorhaltekosten in Höhe von 10% berücksichtigt. In der Anlage 6 zur Vollzugsbekanntmachung zum Bayerischen Feuerwehrgesetz kommt zum Ausdruck (Ziff. 4.2. der Anlage 6), dass wegen Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayFwG bei der Berechnung der Personalkosten nicht der gesamte Betrag (Schulungskosten, Kommandantenentschädigung o. Ä.) angesetzt werden könne. Dies ist gesetzeskonform (vgl. a. A. VG Ansbach, U.v. 19.9.2018 - AN 14 K 16.01955 - juris Rn. 41). Auch für Personalkosten ist mithin ein pauschaler (Stunden-) Satz zulässig, aber bei Abzug einer Eigenbeteiligung, wenn auch „Vorhaltekosten“ (so wörtlich Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayFwG) im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs, also insbesondere Abschreibungen und Wartungskosten, bei Menschen nicht in Frage kommen, ebenso wenig die Berücksichtigung von Anschaffungskosten, kommunalen Zuschüssen (für Feuerwerkfahrzeuge etc.); Menschen werden nicht „vorgehalten“. Vorhaltekosten können dennoch, wie zum Beispiel ein Blick ins Krankenhausrecht zeigt, begrifflich nicht nur bei Sachkosten entstehen (dort: sog. Fixkosten im Gegensatz zu variablen Kosten).
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Hier genügt es, wenn ein Betrag als Stundensatz geltend gemacht wird, der in keinem groben Missverhältnis zu realistischen Stundenkosten liegt. Vor diesem Hintergrund ist ein Stundensatz von 24,00 EUR nicht zu beanstanden (vgl. VG Ansbach, U.v. 19.9.2018 - AN 14 K 16.01955 - juris Rn. 42: 25,56 EUR akzeptiert). Ein grobes Missverhältnis zu realistischen Stundenkosten ist keinesfalls erkennbar. Ebenso ist die abgerechnete Einsatzzeit entsprechend der tatsächlichen Einsatzzeit satzungs- und gesetzeskonform. Die verschiedenen abgerechneten Einsatzzeiten sind nachvollziehbar. Die Satzungsregelung, wonach für angefangene Stunden bis zu 30 Minuten die halben, im Übrigen die ganzen Stundenkosten erhoben werden, ist nicht zu beanstanden. Eine solche halbstundenweise Abrechnung hält sich im Rahmen der zulässigen und dem Satzungsgeber erlaubten Typisierung und Pauschalierung (vgl. ausdrücklich BayVGH, U.v. 18.7.2008 - 4 B 06.1839 - juris Rn. 35). In Anbetracht dessen sind die geltend gemachten Personalkosten rechtlich nicht zu beanstanden.
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2.6. Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen bezüglich der Entscheidung über die Geltendmachung von Aufwendungsersatz rechtsfehlerfrei ausgeübt. Die Klage ist damit auch nicht im Hinblick auf § 114 Satz 1 VwGO erfolgreich. Zwar beinhaltet Art. 28 Abs. 1 und Abs. 2 BayFwG kein sogenanntes intendiertes Ermessen in Richtung einer Kostenerhebung im Regelfall (BayVGH, U.v. 14.12.2011 - 4 BV 11.895 - juris Rn. 35; U.v. 20.2.2013 - 4 B 12.717 - juris Rn. 21). Bei der Ausübung des Ermessens kann das haushaltsrechtliche Gebot von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit (Art. 61, 62 GO) aber freilich herangezogen werden (BayVGH, U.v. 20.2.2013 - 4 B 12.717 - juris Rn. 21 m.w.N.). Vor diesem Hintergrund sind die Erwägungen zum Entschließungsermessen im Bescheid der Beklagten, welche das haushaltsrechtliche Gebot von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit als handlungsleitende Erwägung in den Blick genommen haben, nicht zu beanstanden. Ebenso wenig ist die Heranziehung des Klägers zu beanstanden. Bei der Einforderung entstandener Kosten bedarf es, anders als bei der Störerauswahl zur Durchsetzung sicherheitsrechtlicher Handlungspflichten, keiner weiteren Ermessenserwägungen der anordnenden Behörde. Die kostenersatzberechtigte Behörde darf vielmehr grundsätzlich nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen, von wem sie die Kosten einziehen will (VG München, U.v. 29.3.2000 - M 7 K 99.4131 - juris Rn. 16 m.w.N.). Auf ein Verschulden kommt es bei der Kostenersatzpflicht nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG, die allein auf die verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung abstellt, nicht an. Nach Art. 28 Abs. 3 Nr. 1 BayFwG ist der Kläger als der, durch den der Feuerwehreinsatz veranlasst war, kostenerstattungspflichtig.
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Im vorliegenden Einzelfall sind zudem keine Gesichtspunkte erkennbar, die ausnahmsweise gegen eine Inanspruchnahme des Klägers sprechen könnten. Billigkeitsgründe im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 3 BayFwG, die gegen die Inanspruchnahme des Klägers sprechen, sind vorliegend weder erkennbar noch vorgetragen. Es ist insbesondere nicht erkennbar, dass persönliche Härten vorliegen oder sich der Kostenersatz auf den Kläger äußerst belastend oder existenzgefährdend auswirken könnte. Insbesondere ist auch nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Chlorgasunfall für den Kläger ein unabwendbares oder schicksalhaftes Ereignis gewesen ist oder andere Umstände im Sinne der Unbilligkeitskriterien nach Ziffer 28.1 der Vollzugsbekanntmachung zum BayFwG erfüllt sind.
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Die Klage war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.