Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 04.05.2021 – AN 1 K 19.01041
Titel:

Rückforderung überzahlter Beamtenbesoldung

Normenketten:
BayBesG Art. 15 Abs. 2
BGB § 812, § 818 Abs. 3, Abs. 4, § 819 Abs. 1
Leitsätze:
1. Eine Überzahlung an einen Besoldungsempfänger ist dann offensichtlich, wenn sie für den Empfänger aufgrund seiner Kenntnisse ohne weiteres erkennbar ist. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
2. Aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt. (Rn. 60) (redaktioneller Leitsatz)
3. Liegt kein überwiegendes behördliches Mitverschulden für die Überzahlung von Besoldungs- oder Versorgungsbezügen vor, genügt die Einräumung von angemessenen Ratenzahlungsmöglichkeiten regelmäßig den Erfordernissen einer im Rahmen des Rückforderungsbescheids zu treffenden Billigkeitsentscheidung. (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)
4. Es gibt keinen Grundsatz, dass einer Behörde die Fehler einer anderen Behörde ohne Weiteres und unbeschränkt im Sinne eines Dafüreinstehenmüssens stets zuzurechnen sind. (Rn. 65) (redaktioneller Leitsatz)
5. Der Rückforderungsbetrag umfasst die zurückzuzahlenden Bruttobezüge. Die steuerrechtliche Rückabwicklung obliegt dem rückzahlungspflichtigen Beamten. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Überzahlung der Bezüge, Rückzahlung der Bruttobezüge, Bösgläubigkeit: positive Kenntnis von der Überzahlung, Kennenmüssen der Überzahlung, Billigkeitsentscheidung, überwiegendes Verschulden des Beklagten, Zurechnung eines möglichen Verschuldens einer anderen Behörde, Beamter, Besoldung, Teilzeit, Überzahlung, Bruttobezüge, Wegfall der Bereicherung, verschärfte Haftung, Bösgläubigkeit, offensichtlicher Mangel, Erkennenmüssen, Billigkeit, Mitverschulden
Fundstelle:
BeckRS 2021, 13560

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid vom 13. Juli 2011, mit dem das Landesamt für Finanzen - …- Bezügestelle Besoldung - Dienstbezüge für die Zeit vom 1. März 2009 bis 31. Mai 2011 in Höhe von 50.004,35 EUR zurückfordert.
2
Der am …1978 geborene Kläger wurde mit Arbeitsvertrag vom 29. Februar 2008 als Teilzeitbeschäftigter mit der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollbeschäftigten befristet von der … Universität …- … (im Folgenden: …) angestellt und dem Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie zugewiesen.
3
Für den Zeitraum vom 1. März 2009 bis 29. Februar 2012 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zum Akademischen Rat an der … ernannt und wiederum dem Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie (Prof. Dr. …) zugewiesen. Laut Schreiben der Zentralen Universitätsverwaltung der … vom 6. März 2009 erhielt der Kläger das (volle) monatliche Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe A 13.
4
Auch im Beamtenverhältnis erbrachte der Kläger seine Arbeitsleistung in Teilzeit mit 50% der regelmäßigen Arbeitszeit.
5
Mit Schreiben vom 16. Mai 2011 teilte die Zentrale Universitätsverwaltung der … dem Kläger mit, Professor Dr. … habe dem Personalreferat … bestätigt, dass der Kläger seine Arbeitsleistung seit 1. März 2009 halbtags erbringe. Für eine Teilzeitbeschäftigung gemäß Art. 88 BayBG hätte er vor Antritt der Teilzeitbeschäftigung einen entsprechenden Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit auf die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit stellen müssen. Dies sei im seinerzeitigen Ernennungsantrag von Professor Dr. … auch so vermerkt gewesen. Da der Kläger einen solchen Antrag nicht gestellt habe, erhalte er seit März 2009 Besoldung in voller Höhe. Bei Teilzeitbeschäftigung nach Art. 88 BayBG werde die Besoldung im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit gekürzt. Der Kläger habe die seit 1. März 2009 zu viel gezahlte Besoldung einbehalten und sich damit ungerechtfertigt bereichert. Er sei gemäß Art. 15 Abs. 2 BayBesG zur Rückzahlung der zu viel erhaltenen Besoldung verpflichtet. Die Rückzahlung könne als einmalige Rückzahlung in voller Höhe oder unter Aufrechnung auf die laufenden Bezüge mit abschließender Einmalzahlung des Betrags erfolgen. Der Kläger werde gebeten dem Personalreferat … innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Schreibens mitzuteilen, welche Rückzahlungsart er wünsche.
6
Mit Schreiben vom 8. Juni 2011 stellte der Kläger für den Fall, dass, obwohl nach seiner Kenntnis seitens des Lehrstuhls nur eine halbe Stelle zu vergeben gewesen und vergeben worden sei, seitens der Verwaltung eine ganze Stelle eingerichtet worden sei, den Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit um 50% der regelmäßigen Arbeitszeit. Er würde sich freuen, wenn die Zentrale Universitätsverwaltung ihm ergänzend zum Schreiben vom 16. Mai 2011 mitteilen würde, welcher Betrag seitens der Uni zurückgefordert werden solle - die Höhe sei für seine Entscheidung in Bezug auf die Art der Rückzahlung maßgeblich.
7
Mit Bescheid vom 15. Juni 2011 reduzierte die … auf den Antrag des Klägers am 8. Juni 2011 dessen Arbeitszeit ab dem 1. März 2009 für die Dauer des Dienstverhältnisses als akademischer Rat im Beamtenverhältnis auf Zeit auf 50 v. H. der regelmäßigen Arbeitszeit (Art. 88 Abs. 1 BayBG).
8
Hiergegen legte der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 4. Juli 2011 Widerspruch ein.
9
Mit streitgegenständlichem Rückforderungsbescheid vom 13. Juli 2011 forderte das Landesamt für Finanzen - … - Bezügestelle Besoldung - vom Kläger die Dienstbezüge für die Zeit vom 1. März 2009 bis 31. Mai 2011 in Höhe von 50.004,35 EUR zurück.
10
Gleichzeitig wurde die Aufrechnung der überzahlten Dienstbezüge ab Monat September 2011 in monatlichen Raten in Höhe von 500 EUR mit dem Anspruch auf Bezüge erklärt; der dann noch verbleibende Restbetrag sei in einer Summe beim Ausscheiden des Klägers aus dem Beamtenverhältnis mit Ablauf des 29. Februar 2012 fällig.
11
Zur Begründung des Rückforderungsbescheids wurde im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
12
Der Kläger erbringe seit 1. März 2009 seine Arbeitsleistung in Teilzeit mit 50% der regelmäßigen Arbeitszeit. Gemäß Art. 6 BayBesG sei die Besoldung bei Teilzeitbeschäftigung im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit zu kürzen. Die zu Unrecht erhaltenen Bezüge seien für den Zeitraum vom 1. März 2009 bis 31. Mai 2011 zurückzufordern. Gemäß Art. 15 Abs. 2 Satz 1 BayBesG regle sich die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Die Einrede des Wegfalls der Bereicherung sei aufgrund verschärfter Haftung ausgeschlossen. Ein Beamter hafte aufgrund Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG verschärft, wenn der Mangel des rechtlichen Grundes so offensichtlich gewesen sei, dass er ihn hätte erkennen müssen. Dies sei dann der Fall, wenn der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des Bescheides nur deswegen nicht erkannt habe, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen habe. In den Bezügemitteilungen des Klägers sei ab dem Abrechnungsmonat April 2009 - im Gegensatz zu den Vormonaten - kein Vermerk mehr über eine anteilige Bezügezahlung enthalten gewesen. Aufgrund der ihm obliegenden Treuepflicht sei der Kläger als Empfänger der Bezüge verpflichtet, die Bezügemitteilungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Werde eine solche Prüfung versäumt oder nicht sorgfältig durchgeführt, so sei die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen. Ergäben sich bei der Prüfung Zweifel, so habe der Empfänger die erforderliche Sorgfalt dann außer Acht gelassen, wenn er es versäume, diese Zweifel durch Rückfrage bei der zuständigen Stelle auszuräumen. Billigkeitsgründe für ein Absehen von der Rückforderung lägen nicht vor. Es werde dem Kläger jedoch Ratenzahlung in Höhe von 500 EUR beginnend ab 1. September 2011 eingeräumt. Hierbei seien die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des Klägers entsprechend gewürdigt worden.
13
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 25. Juli 2011 legte der Kläger Widerspruch ein.
14
Mit Ablauf des 31. Oktober 2011 wurde der Kläger auf seinen Antrag hin gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG i.V.m. Art. 57 BayBG aus dem Beamtenverhältnis auf Zeit entlassen.
15
Mit Schreiben vom 20. Februar 2012 (Blatt 270 der Bezügeakte) teilte das Landesamt für Finanzen - … … - Bezügestelle Besoldung - dem Kläger mit, die Überzahlung der Dienstbezüge betrage nach Verrechnung mit den Arbeitnehmerbezügen für den Kalendermonat März 2012 nunmehr noch 17.711,36 EUR.
16
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. April 2012 wies das Landesamt für Finanzen - … … - Bezügestelle Besoldung - den Widerspruch zurück. Die im Schreiben vom 25. Juli 2011 angekündigte Begründung sei nicht nachgereicht worden.
17
Hierauf erhob der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 24. Mai 2012, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen per Telefax am 25. Mai 2012, Klage, die unter dem Aktenzeichen … geführt wurde, und beantragte,
den Bescheid des Beklagten vom 13. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. April 2012 aufzuheben.
18
Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts … vom 25. September 2012 ( …) wurde der Kläger wegen versuchten Betrugs durch Unterlassung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 50,00 EUR verurteilt.
19
Nach Mitteilung des Landesamts für Finanzen - … … - Bezügestelle Besoldung - gegenüber dem Gericht vom 17. Dezember 2013 betrug die Höhe der überzahlten Dienstbezüge zu diesem Zeitpunkt noch 15.407,65 EUR.
20
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 21. Juli 2014 ließ der Kläger die Klage im Wesentlichen wie folgt begründen:
21
Der Kläger sei nicht zur Rückzahlung seiner Dienstbezüge in Höhe des vom Beklagten mit Bescheid vom 13. Juli 2011 geforderten Betrages von 50.004,35 EUR verpflichtet. Mit Ernennungsurkunde vom 16. Februar 2009 sei der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zum Akademischen Rat ernannt worden. Die Ernennung sei auf eine volle Stelle erfolgt. Diese Ernennung sei auch die rechtliche Grundlage für die Berufung des Klägers in ein Beamtenverhältnis auf Zeit und für die Zahlung der Dienstbezüge in der Zeit ab 1. März 2009 gewesen. Eine Rücknahme dieser Ernennung mit Wirkung ex tunc sei nicht möglich. Im Übrigen hätten aber auch die weiteren Voraussetzungen der Antragsteilzeit nicht vorgelegen. Von der Notwendigkeit, einen Teilzeitantrag stellen zu müssen, habe der Kläger im Zuge seiner Ernennung zum Akademischen Rat keine Kenntnis gehabt. Die Ernennung sei von der … demgegenüber auch nicht davon abhängig gemacht worden, dass er noch vor der Ernennung den aus Sicht der … erforderlichen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung gestellt habe. Der Lehrstuhl habe in seinem schriftlichen Antrag vom 3. Februar 2009 darauf hingewiesen, dass es sich bei der zu vergebenden Stelle des Akademischen Rates um eine halbe Stelle handle. Vom Inhalt dieses Antrages habe die …, nicht aber der Kläger, Kenntnis gehabt. Für die … sei aber damit erkennbar gewesen, dass die Ernennung - wie in anderen Fällen auch - davon abhängig gemacht werden müsse, dass vom Beamten im Rahmen seiner Ernennung ein entsprechender Teilzeitantrag gestellt worden sei. Dies habe die … offensichtlich versäumt und die Ernennung zum Akademischen Rat auch ohne einen gestellten Antrag auf Teilzeit nach Art. 88 BayBG durchgeführt. Der Kläger sei im Rahmen seiner Ernennung auf eine volle Stelle eingesetzt worden. Diese Ernennung auf eine volle Stelle sei rechtswirksam gewesen. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juli 2007 verstoße eine antragslose Teilzeitbeschäftigung von Beamten ohne die Möglichkeit zur Wahl der vollen Beschäftigung gegen die gemäß Art. 33 Abs. 5 GG zu beachtenden Grundsätze der Hauptberuflichkeit und der amtsangemessenen Alimentation und sei somit verfassungswidrig.
22
Somit bleibe es mit der Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Zeit bei der Einsetzung auf eine volle Stelle. Eine rückwirkende Änderung dieser Einsetzung auf eine halbe Stelle durch den Bescheid der … vom 15. Juni 2011 sei nicht zulässig gewesen. Dem Kläger stehe ein unbegrenzter Anspruch auf die Dienstbezüge nach A 13 für die Tätigkeit eines Akademischen Rates bei der … zu.
23
In der mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 2014 wurde seitens des Gerichts dem Beklagtenvertreter aufgegeben, den Rückforderungsbetrag im Einzelnen aufzuschlüsseln, und der Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung vertagt.
24
Mit Schreiben vom 26. Januar 2015 übersandte das Landesamt für Finanzen - … … - unter Bezugnahme auf den Auftrag des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 2014 das Schreiben des Landesamts für Finanzen - … … - vom 16. Januar „2014“ und die einschlägigen Bezügeakten. Danach betrage der Rückforderungsbetrag nicht 50.004,35 EUR, wie im Rückforderungsbescheid vom 13. Juli 2011 angegeben, sondern 50.154,35 EUR. Es sei versehentlich eine nicht einbehaltene Rate in Höhe von 150,00 EUR von der Gesamtforderung (50.154,35 EUR) abgezogen worden. Die zurzeit bestehende Überzahlung belaufe sich auf noch 15.407,65 EUR. Hinsichtlich der Einzelheiten werde auf Seite 3 des Schreibens des Landesamts für Finanzen - … … - vom 16. Januar 2014 verwiesen.
25
Hierzu nahm der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 9. April 2015 zusammengefasst wie folgt Stellung:
26
Der Kläger bleibe dabei, dass ein Anspruch des Beklagten auf Rückzahlung angeblich zu Unrecht geleisteter Dienstbezüge bereits dem Grunde nach nicht bestehe. Rechtsgrundlage der Besoldung des Klägers sei seine Ernennung vom 16. Februar 2009 zum Akademischen Rat unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer vom 1. März 2009 bis zum 29. Februar 2012 gewesen.
27
Der Kläger habe vor der Ernennung zum Akademischen Rat auf Zeit unstreitig keinen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung gestellt. Er habe vor Erhalt des Schreibens der … vom 16. Mai 2011 auch keine Kenntnis davon gehabt, dass er einen Antrag auf Ermäßigung seiner Arbeitszeit auf 50% der regelmäßigen Arbeitszeit stellen solle, den er - so die … - angeblich bereits vor Antritt der Teilzeitbeschäftigung hätte stellen sollen. Tatsache sei, dass der Kläger einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung erstmals mit Schreiben vom 8. Juni 2011 gestellt habe. Einen früheren Teilzeitantrag des Klägers gebe es nicht, insbesondere habe der Kläger vor seiner Ernennung zum Akademischen Rat einen solchen Teilzeitantrag nicht gestellt. Die … habe den Kläger erstmals mit Schreiben vom 16. Mai 2005 aufgefordert, einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung zu stellen. Bis zu diesem Schreiben sei dem Kläger weder bekannt noch bewusst gewesen, dass er einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung stellen solle. Eine rechtliche Verpflichtung des Beamten, einen Teilzeitantrag zu stellen, gebe es nicht. Der Kläger habe den Teilzeitantrag unverzüglich nach Aufforderung durch die … gestellt.
28
Eine antragslose Teilzeitbeschäftigung des Klägers als Beamter ohne die Wahl der vollen Beschäftigung verstoße nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegen die gemäß Art. 33 Abs. 5 GG zu beachtenden Grundsätze der Hauptberuflichkeit des Berufsbeamtentums und der amtsangemessenen Alimentation (BVerfG, B.v. 19.9.2007, NVwZ 2007,1396). Damit stehe fest, dass der Kläger aufgrund seiner Ernennung vom 16. Februar 2009 zum Akademischen Rat auf eine volle Stelle eingesetzt worden sei. Entsprechend dieser Einsetzung auf eine volle Stelle stehe dem Kläger bis zu seinem Antrag vom 8. Juni 2011 auf Teilzeitbeschäftigung ein Anspruch auf die ungekürzte Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 13 als Akademischer Rat zu. Der Besoldung des Klägers habe die Ernennung vom 13. Februar 2009 zu Grunde gelegen. Die ungekürzte Besoldung sei entgegen der Auffassung des Beklagten mit Rechtsgrund erfolgt. Der angefochtene Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 13. Juli 2011 sei rechtswidrig, da dieser Bescheid zu einer verfassungswidrigen antraglosen Teilzeitbeschäftigung des Klägers für die Zeit vom 1. März 2009 bis zum 8. Juli 2011 führen würde. Der Bescheid vom 13. Juli 2011 verletze den Kläger bereits dem Grunde nach in seinem grundgesetzlich geschützten Recht auf eine amtsangemessene Alimentation als hauptberuflicher Beamter.
29
Selbst wenn, wie nicht der Fall, eine antraglose Teilzeitbeschäftigung des Klägers rückwirkend für die Zeit ab seiner Ernennung möglich wäre, bestehe ein Rückforderungsanspruch des Beklagten nicht in der geltend gemachten Höhe.
30
Auffallend sei zunächst, dass der Beklagte mit Schriftsatz vom 26. Januar 2015 eine angebliche Neuberechnung des Landesamts für Finanzen - … … - vom 16. Januar 2014 vorlege. Es sei unklar, ob es sich hier um eine rückdatierte Nachberechnung des Landesamts für Finanzen - … … - handle, die unverständlicherweise erst jetzt vorgelegt werde. Der vom Beklagten geforderte Rückzahlungsbetrag sei der Höhe nach weiterhin unklar. Der Beklagte habe im Laufe des Verfahrens höchst unterschiedliche Beträge vom Kläger zurückgefordert. Es seien Beträge in Höhe von 46.344,56 EUR, 49.121,26 EUR, 49.710,80 EUR, 50.004,35 EUR und zuletzt mit Schreiben vom 16. Januar 2014 50.154,35 EUR genannt worden. Gleichzeitig gehe der Beklagte im Schreiben vom 16. Januar 2014 aber von einer „Negativnachverrechnung“ in Höhe von 46.723,30 EUR aus, wobei erneut unklar bleibe, warum diese „Negativnachverrechnung“ von dem zuvor angegebenen „Gesamtbetrag der Überzahlung: 50.154,35 EUR“ um 3.431,05 EUR abweiche und wie sich diese Abweichung im Einzelnen errechne. Der bloße Verweis des Beklagten auf die „Bezügemitteilung Nr. 17 für Februar 2012“ sei nicht geeignet, die Ausführungen des Landesamts für Finanzen - … … - im Schreiben vom 16. Januar 2014 verständlicher zu machen. Der angefochtene Bescheid vom 13. Juli 2011 gehe noch von einem Rückforderungsbetrag von 50.004,35 EUR aus, ohne dass auch nur ansatzweise erkennbar sei, woraus sich dieser Betrag ergeben solle. Der Bescheid sei unklar und unbestimmt. Er sei schon aus diesem Grund aufzuheben.
31
Das Landesamt für Finanzen - … … - führe in seinem Schreiben vom 16. Januar 2014 weiter aus, dass die im Bescheid vom 13. Juli 2011 erklärte Aufrechnung über monatliche 500,00 EUR ab September 2011 „nicht realisiert“ worden sei. Der Beklagte habe die zuvor erklärte Aufrechnung i.S.d. § 387 BGB nicht „umgesetzt“ und die Besoldung ohne Berücksichtigung der zuvor erklärten Aufrechnung an den Kläger gezahlt. Die Auszahlung der Besoldung sei somit in Kenntnis der aus Sicht des Beklagten bestehenden Aufrechnungslage und in Kenntnis des aus Sicht des Beklagten bestehenden Rückforderungsanspruchs erfolgt. Die nochmalige Rückforderung der bereits aufgerechneten Beträge sei unzulässig, § 814 BGB.
32
Richtig sei, dass der Beklagte den Besoldungsanspruch des Klägers für Juli 2011 fast vollständig bis auf einen geringen Restbetrag von 56,53 EUR einbehalten habe. Mit diesem Vorgehen habe der Beklagte die gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen missachtet und gegen das Aufrechnungsverbot des § 394 BGB verstoßen.
33
Ein Rückforderungsanspruch sei auch deshalb ausgeschlossen, da der Kläger von seinem Dienstherrn niemals aufgefordert oder angemahnt worden sei, länger zu arbeiten und die geschuldete Dienstzeit eines Vollzeitbeschäftigten zu erfüllen. Der Dienstherr habe die Arbeitszeit des Klägers als Akademischer Rat akzeptiert. Irgendwelche Aufforderungen zur Mehrarbeit habe es ebenso wenig wie Abmahnungen wegen Schlecht- bzw. Minderleistung gegeben. Dies auch nicht, als im Jahr 2011 bekannt geworden sei, dass ein Antrag auf Teilzeitbeschäftigung vor der Ernennung nicht gestellt worden sei. Ob tatsächlich mit Schreiben vom 14. März 2013 (Blatt 281 d.A.) und Schreiben vom 16. Dezember 2013 die vom Kläger unter Vorbehalt zurückgezahlten Beträge dem Finanzamt gegenüber korrigiert worden seien, entziehe sich der Kenntnis des Klägers.
34
Der Beklagte gehe zu Unrecht auch davon aus, dass dem Kläger nur Bezüge aus einer Teilzeitbeschäftigung zugestanden hätten. Tatsächlich sei der Kläger jedoch bis zu seinem Antrag vom 8. Juni 2011 Vollzeitbeamter gewesen. Als Vollzeitbeamten stehe dem Kläger auch ein ungekürzter Besoldungsanspruch zu. Ein Rückforderungsanspruch des Beklagten bestehe bereits dem Grunde nach nicht. Die vom Beklagten behauptete Höhe eines angeblichen Rückforderungsanspruchs sei nach wie vor unklar und werde bestritten.
35
Hierzu erwiderte der Beklagte mit Schreiben des Landesamts für Finanzen - … … - vom 24. April 2015 im Wesentlichen folgendes:
36
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers könnten die Tatsache, dass der Kläger tatsächlich nur eine „Teilzeitbeschäftigung“ im Umfang von 50 vom 100 der Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten ausgeübt habe, nicht bestreiten.
37
Bei der Datumsangabe „16.1.2014“ im Schreiben des Landesamts für Finanzen - … … - handle es sich um einen Tippfehler. Richtig müsse die Datumsangabe lauten: „16. Januar 2015“. Das ergebe sich schon aus der Bezugnahme auf eine Anfrage des Beklagtenvertreters vom 30. Juli 2014.
38
Auf die Vorschrift des § 814 BGB könne sich der Kläger nicht berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und einhelliger Meinung in der Literatur sei die Norm bei der Rückforderung von Leistungen des Dienstherrn nicht anwendbar. § 12 Abs. 2 BBesG und die Nachfolgevorschrift des Art. 15 Abs. 2 BayBesG regelten die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rückforderung mit der Formulierung „zu viel gezahlt“ eigenständig und abschließend. Die Bestimmungen verwiesen nur hinsichtlich der Rechtsfolgen auf das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung. § 814 BGB regle nicht den „Umfang der Erstattung“, sondern schließe den Bereicherungsanspruch dem Grunde nach aus. Eine solche Ergänzung des Rechtsgrunds ließen § 12 Abs. 2 BBesG bzw. Art. 15 Abs. 2 BayBesG nicht zu.
39
Nach weiterer mündlicher Verhandlung am 20. Mai 2015 wurde mit Beschluss gleichen Datums das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Widerspruchsverfahrens betreffend den Bescheid der … vom 15. Juni 2011 (rückwirkende Genehmigung der Teilzeitbeschäftigung) ausgesetzt und dem Kläger aufgegeben, eine umgehende Entscheidung im noch offenen Widerspruchsverfahren zu beantragen bzw. im Fall einer Nichtentscheidung bis 31. August 2015 Untätigkeitsklage zu erheben.
40
Mit Schreiben vom 24. Juli 2015 teilte die … mit, dass der im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. Mai 2015 geforderte Widerspruchsbescheid mit Datum vom 9. Juli 2015 erlassen und am 13. Juli 2015 zur Post gegeben worden sei. Laut Empfangsbescheinigung sei der Widerspruchsbescheid bei den Bevollmächtigten des Klägers am 20. Juli 2015 eingegangen.
41
Die hiergegen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach am 7. August 2015 eingegangene Klage (AN 1 K 15.01278) wurde mit Urteil vom 5. September 2017 abgewiesen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung (3 ZB 17.2127) wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Mai 2019 abgelehnt.
42
Daraufhin wurde das mit Beschluss vom 20. Mai 2015 ausgesetzte Verfahren AN 1 K 12.00825 unter dem Aktenzeichen AN 1 K 19.01041 fortgesetzt. Mit Schreiben vom 18. September 2020 zeigten sich die derzeitigen Bevollmächtigten des Klägers an und baten mit Schreiben vom 21. Dezember 2020 um Bestimmung eines weiteren Termins zur mündlichen Verhandlung.
43
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakte aus dem Verfahren AN 1 K 15.01278 sowie der beigezogenen Bezügeakten des Landesamts für Finanzen - … … - Bezügestelle Besoldung - und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlungen auf die jeweilige Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

44
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der Rückforderungsbescheid des Landesamts für Finanzen - … … - Bezügestelle Besoldung -vom 13. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 24. April 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
45
1. Die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge richtet sich gemäß Art. 15 Abs. 2 Bayerisches Besoldungsgesetz (BayBesG) nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, §§ 812 ff. BGB. Demgemäß hat der Beamte Bezüge, die er ohne Rechtsgrund erhalten hat, an den Dienstherrn zurückzuzahlen.
46
Maßgeblich für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Rückforderungsbescheides ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, also in der Regel des Widerspruchsbescheides (BVerwG, U.v. 16.7.2020 - 2 C 7/19 - juris Rn. 8; U.v. 8.10.1998 - 2 C 21/97 - juris Rn. 22).
47
Dem Kläger wurden in der Zeit vom 1. März 2009 bis 31. Mai 2011 die vollen Bezüge der Besoldungsgruppe A 13 ausgezahlt, obwohl der Kläger in dieser Zeit lediglich eine Arbeitszeit von 50 v.H. der regelmäßigen Arbeitszeit abzuleisten hatte. Dies steht rechtskräftig fest aufgrund des Bescheides vom 15. Juni 2011, mit dem die Arbeitszeit des Klägers für den Zeitraum vom 1. März 2009 bis 31. Mai 2011 reduziert worden ist. Die Klage gegen diesen Bescheid wurde mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. September 2017 (AN 1 K 15.01278) abgewiesen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung blieb ohne Erfolg (BayVGH, B.v. 13.5.2019 - 3 ZB 17.2127 -).
48
Gemäß Art. 6 BayBesG wird bei Teilzeitbeschäftigung die Besoldung im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit gekürzt, so dass sich eine Überzahlung von insgesamt 50.154,35 EUR ergab, wovon allerdings mit Bescheid vom 13. Juli 2011 nur 50.004,35 EUR zurückgefordert worden sind. Eine nachträgliche Anpassung des Betrages des Rückforderungsbescheides erfolgte nicht.
49
Dabei konnte der Rückforderungsbetrag auch mittels Verwaltungsakt geltend gemacht werden - dies sogar dann, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbescheides das Beamtenverhältnis bereits beendet gewesen wäre (Kathke in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Art. 15 BayBesG, 152 ff.).
50
Der Rückforderungsbescheid vom 13. Juli 2011 ist dabei auch ausreichend bestimmt, da er den Zeitraum, den Betrag der Überzahlung und die Höhe des Rückforderungsbetrages enthält (vgl. Ziff. 15.2.12.2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen über die Bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Besoldungsrecht und Nebengebieten (BayVwVBes) vom 22. Dezember 2010 (FMBl. 2011 S. 9, StAnz. 2011 Nr. 2), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 22. Oktober 2018 (FMBl. S. 186)), denn aus dem Rückforderungsbescheid vom 13. Juli 2011 geht ausreichend deutlich hervor, dass der Betrag der Überzahlung und die Höhe des Rückforderungsbetrages identisch sind. Insoweit konnte die Aufschlüsselung des Rückforderungsbetrages mit der Stellungnahme des Landesamtes für Finanzen - … … - vom „16. Januar 2014“, vorgelegt mit Schriftsatz des Landesamtes für Finanzen - … … - vom 26. Januar 2015, nachgeschoben werden. Dass sich dabei auch ein Rechenfehler zu Gunsten des Klägers herausstellte, ist unbeachtlich, da der Bescheid vom 13. Juli 2011 nicht nachträglich entsprechend angepasst wurde.
51
Nicht zu beanstanden ist auch, dass der Rückforderungsbetrag die zurückzuzahlenden Bruttobezüge umfasst. Die steuerrechtliche Rückabwicklung obliegt dem rückzahlungspflichtigen Beamten (Ziff. 15.2.12.5 BayVwVBes; BVerwG, U.v. 8.10.1998 - 2 C 21/97 - juris Rn. 17; Kathke in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Art. 15 BayBesG, Rn. 118 ff.).
52
2. Es kann dahinstehen, ob der Kläger die zu viel gezahlten Bezüge im Rahmen der normalen Lebensführung verbraucht hat, er also gemäß § 818 Abs. 3 BGB entreichert ist. Denn der Kläger kann sich auf den Einwand der Entreicherung nicht berufen, da er gemäß Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG i.V.m. §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB verschärft haftet.
53
§ 819 Abs. 1 BGB setzt die Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes bei dem Empfang der Leistung voraus. Dem steht gemäß Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Empfänger die Überzahlung nur deshalb nicht bemerkt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat oder - mit anderen Worten - er den Fehler etwa durch Nachdenken oder logische Schlussfolgerung hätte erkennen müssen. Zu den Sorgfaltspflichten des Beamten gehört es aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht auch, die Besoldungsmitteilungen bei besoldungsrelevanten Änderungen im dienstlichen oder persönlichen Bereich auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten. Er darf sich insbesondere dann, wenn er ohne erkennbaren Grund höhere Leistungen erhält, nicht ohne weiteres auf die Rechtmäßigkeit der Zahlung verlassen (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 4/11 - juris Rn. 11). Für das Erkennenmüssen der Überzahlung kommt es auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten (z.B. Vor- und Ausbildung, dienstliche Tätigkeit) des Beamten an. Dabei ist von jedem Beamten zu erwarten, dass er die Grundprinzipien des Beamtenrechts, sein eigenes statusrechtliches Amt nebst besoldungsrechtlicher Einstufung sowie die ihm zustehenden Besoldungsbestandteile wie Grundgehalt, Familienzuschlag und sonstige ihm zustehenden besoldungsrechtlichen Zulagen kennt. Von juristisch vorgebildeten oder mit Besoldungsfragen befassten Beamten sind weitergehende Kenntnisse zu erwarten. Letztlich ist die Überzahlung dann offensichtlich, wenn sie für den Empfänger aufgrund seiner Kenntnisse ohne weiteres erkennbar ist; nicht ausreichend ist, wenn Zweifel bestehen und es einer Nachfrage bedarf. Nicht erforderlich ist hingegen, dass außerdem die konkrete Höhe der Überzahlung offensichtlich ist (BVerwG, U.v. 16.7.2020 - 2 C 7/19 - juris Rn. 17 m.w.N.).
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Dies berücksichtigend ist beim Kläger wohl bereits von einer positiven Kenntnis der Überzahlung auszugehen, denn der Kläger ließ sich in der mündlichen Verhandlung dahingehend ein, dass er trotz des erst nachträglich gestellten Antrages auf Ermäßigung der Arbeitszeit die regelmäßige Arbeitszeit des § 2 Abs. 1 Satz 1 der Bayerische Arbeitszeitverordnung (BayAzV) nicht in vollem Umfang erbracht habe und er nach seiner Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Zeit festgestellt habe, dass die ausgezahlte Bezüge ungewöhnlich hoch gewesen seien. Er habe deswegen auch Kontakt mit der Universitätsverwaltung aufgenommen.
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Auf jeden Fall war jedoch der Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung so offensichtlich, dass der Kläger ihn hätte erkennen müssen. Es gehört zu den Sorgfaltspflichten eines Beamten, die Besoldungsmitteilungen bei besoldungsrelevanten Änderungen im dienstlichen oder persönlichen Bereich auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten. Diese Verpflichtung sowie die Pflicht zur Anzeige von Unstimmigkeiten geht auch aus den „Allgemeinen Hinweisen“ auf der Rückseite jeder Bezügemitteilung hervor. Dem Kläger war - wie von ihm eingeräumt - bekannt, dass ihm am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie der … keine volle Stelle zugewiesen worden war. Wäre dem nicht so, hätte der Kläger zumindest die regelmäßige Arbeitszeit eines Beamten und nicht nur einen Anteil ableisten müssen. Dies hat er aber gerade nicht getan. Insoweit hätte dem Kläger ein Blick in die einschlägige Besoldungstabelle genügt, um zu erkennen, dass ihm die vollen, nicht anteilige, Bezüge ausgezahlt worden sind. Wenn schon mit dem Bundesverwaltungsgericht (s.o.) davon auszugehen ist, dass von jedem Beamten zu erwarten ist, dass er die Grundprinzipien des Beamtenrechts, sein eigenes statusrechtliches Amt nebst besoldungsrechtlicher Einstufung sowie die ihm zustehenden Besoldungsbestandteile wie Grundgehalt, Familienzuschlag und sonstige ihm zustehenden besoldungsrechtlichen Zulagen kennt, so gilt dies erst recht für den juristisch gebildeten Kläger, wobei keine vertieften juristischen Kenntnisse erforderlich sind, um zu erkennen, dass dem Kläger das Doppelte (Brutto) der ihm tatsächlich zustehenden Bezüge ausgezahlt worden ist.
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Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärte, dass ihm der zu hohe Betrag aufgefallen sei, sein Fehler aber gewesen sei, sich hierüber mit der falschen Stelle ausgetauscht zu haben, so ändert dies nichts daran, dass der Kläger die Überzahlung gekannt hat, bzw. diese zumindest hätte kennen müssen.
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3. Die vom Landesamt im Rahmen des angegriffenen Bescheides getroffene Billigkeitsentscheidung nach Art. 15 Abs. 2 Satz 3 BayBesG hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 16.7.2020 - 2 C 7/19 - juris Rn. 30 ff. m.w.N.) bezweckt diese Billigkeitsentscheidung eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Beamten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie ist Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und stellt eine sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar, sodass sie vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung ist. Dabei ist jedoch nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Beamten abzustellen.
59
Bei der Billigkeitsentscheidung ist von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung ist in die Ermessensentscheidung einzubeziehen.
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Deshalb ist aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt. In diesen Fällen ist der Beamte entreichert, kann sich aber, wie dargelegt, auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen. Dann muss sich die überwiegende behördliche Verantwortung für die Überzahlung aber in der Billigkeitsentscheidung niederschlagen. Das ist auch unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten. Der Beamte, der nur einen untergeordneten Verursachungsbeitrag für die Überzahlung gesetzt hat, muss besser stehen als der Beamte, der die Überzahlung allein zu verantworten hat. Angesichts dessen erscheint ein Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30 v.H. des überzahlten Betrags im Regelfall angemessen. Bei Hinzutreten weiterer Umstände, etwa besonderer wirtschaftlicher Probleme des Beamten, kann auch eine darüber hinaus gehende Ermäßigung des Rückforderungsbetrags in Betracht kommen.
61
Liegt kein überwiegendes behördliches Mitverschulden für die Überzahlung von Besoldungs- oder Versorgungsbezügen vor, genügt die Einräumung von angemessenen Ratenzahlungsmöglichkeiten regelmäßig den Erfordernissen einer im Rahmen des Rückforderungsbescheids zu treffenden Billigkeitsentscheidung (BVerwG, U.v. 16.7.2020 - 2 C 7/19 - juris Rn. 33).
62
Die vom Landesamt getroffene Billigkeitsentscheidung, wonach dem Kläger zu Rückzahlung der entstandene Überzahlung in Höhe von 50.004,35 EUR Ratenzahlung in Höhe von 500,00 EUR ab 1. September 2011 eingeräumt worden ist, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere lässt sich kein überwiegendes Verschulden des Beklagten an der Überzahlung feststellen.
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Dem Landesamt für Finanzen - … … - Bezügestelle Besoldung - als für die Festsetzung der Bezüge gemäß Art. 14 BayBesG verantwortliche Behörde wurde ursprünglich durch die Zentrale Universitätsverwaltung mittels Übersendung eines Abdruckes des an den Lehrstuhlinhaber gerichteten Schreibens vom 6. März 2009 mitgeteilt, dass der Kläger das Grundgehalt nach Besoldungsgruppe A 13 erhält. Ein Hinweis auf eine noch zu beantragende Teilzeitbeschäftigung erfolgte nicht. Erst aufgrund eines Telefonats am 17. Mai 2011 erfuhr das Landesamt für Finanzen - … … - Bezügestelle Besoldung - erstmals von der Überzahlung. Der Kläger hat auch eingeräumt, dass er - nachdem er die ungewöhnlich hohe Bezügezahlung festgestellt hatte - keinen Kontakt mit der Bezügestelle des Landesamtes für Finanzen aufgenommen hat, sodass die Behörde mangels Kenntnis von der Überzahlung nicht vor Mai 2011 hat tätig werden können und die Entstehung weiterer Überzahlungen hat verhindern können. Entsprechend ist ein Verschulden der Behörde gerade nicht zu sehen.
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Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vortrug, dass er über das Formular „Angaben zum beruflichen Werdegang“, das er am 28. März 2009 vollständig ausgefüllt habe, mitgeteilt habe, dass er als Akademischer Rat ab 1. März 2009 eine Tätigkeit im Umfang von ≥ 0,5 ausübe, führt dies nicht zur Annahme eines überwiegenden Verschuldens des Beklagten. Denn der Eingang dieses ausgefüllten Formulars beim Landesamt für Finanzen - … … - am 3. April 2009 führt nicht dazu, dass das Landesamt für Finanzen - … … - ab diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Teilzeitbeschäftigung des Klägers gehabt hat. Das Schreiben diente nicht der Festsetzung der Bezüge, sondern der Nachzeichnung der bisherigen Ausbildungs- und Beschäftigungszeiten zur Festsetzung des Besoldungsdienstalters bzw. Jubiläumsdienstalters. Insoweit dürften schon unterschiedliche Stellen für die Bearbeitung zuständig gewesen sein. Im Übrigen durfte das Landesamt für Finanzen - … … - davon ausgehen, dass der Kläger bis zu einer Mitteilung der Zentralen Universitätsverwaltung über die Genehmigung einer Teilzeitbeschäftigung die regelmäßige Arbeitszeit von 40 Stunden ableistet.
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Auch dass der Kläger - wie von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - wegen der vollen Dienstbezüge Kontakt mit der Zentralen Universitätsverwaltung aufgenommen hat, führt nicht zu einer Kenntnis des zuständigen Landesamtes für Finanzen - … … Insoweit hat der Kläger Kontakt mit der unzuständigen Stelle aufgenommen. Die Kammer hat diesbezüglich bereits Zweifel dahingehend, dass diese Einlassung zutreffend ist. Denn hätte sich der Kläger tatsächlich an die Zentrale Universitätsverwaltung gewandt, so erschließt sich bereits nicht, weshalb die Zentrale Universitätsverwaltung den Kläger nicht an das zuständige Landesamt für Finanzen zur Klärung verwiesen hat und im Übrigen nicht bereits auf die Stellung eines Antrages auf Bewilligung einer Teilzeitbeschäftigung hingewiesen hat. Aber selbst bei der Annahme, dass die Einlassung zutreffend ist, wird ein eventuelles Versäumnis der Zentralen Universitätsverwaltung dem Landesamt für Finanzen - … … - als Beitrag zur Verursachung der Überzahlung nicht zugerechnet (OVG Berlin-Bbg, U.v. 19.4.2017 - OVG 4 B 15.15 - juris Rn. 51 ff.; VG Gelsenkirchen, U.v. 6.5.2014 - 12 K 4704/12 - juris Rn. 44). Denn es gibt bereits keinen Grundsatz, dass einer Behörde die Fehler einer anderen Behörde ohne Weiteres und unbeschränkt im Sinne eines Dafüreinstehenmüssens stets zuzurechnen sind. Im Übrigen fehlt es auch an einer Funktionseinheit zwischen dem Landesamt für Finanzen - … … - und der Zentralen Universitätsverwaltung, die nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ggf. dann anzunehmen wäre, wenn der andere Leistungsträger vom Gesetzgeber in den Verwaltungsablauf des in Anspruch genommenen Leistungsträgers arbeitsteilig eingeschaltet ist, dieser sich also für die Erfüllung der ihm obliegenden sozialrechtlichen Aufgabe kraft Gesetzes oder Vertrages des anderen Leistungsträgers bedient (im Detail vergleiche hierzu OVG Berlin-Bbg, U.v. 19.4.2017 - OVG 4 B 15.15 - juris Rn. 51 ff.).
66
Bei der Gewährung der Dienstbezüge, die Gegenstand der Rückforderung sind, wirken das Landesamt für Finanzen und die Zentrale Universitätsverwaltung jedoch nicht arbeitsteilig zusammen. Die Zentrale Universitätsverwaltung ist nicht mit den Aufgaben des Landesamtes für Finanzen betraut und demgemäß auch nicht in den entsprechenden Verwaltungsablauf einbezogen. Die Mitwirkung der Zentralen Universitätsverwaltung beschränkte sich im konkreten Fall allein auf die Weitergabe der von ihm getroffenen Entscheidungen über die Stellenzuweisung und ggf. Gewährung einer Teilzeitbeschäftigung, ohne dass hierdurch die erforderliche Nähebeziehung zwischen den Stellen begründet würde.
67
Da sich die Rechtmäßigkeit einer Billigkeitsentscheidung nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, also in der Regel des Widerspruchsbescheides richtet (s.o.), ist vorliegend nicht relevant, ob der Beklagte bei der Durchsetzung der Rückforderung die gewährte Ratenzahlung eingehalten hat bzw. Pfändungsfreigrenzen berücksichtigt hat. Insoweit wäre der Kläger auf Rechtsschutz gegenüber der Aufrechnung bzw. der Vollstreckung zu verweisen gewesen.
68
Gleiches gilt hinsichtlich des Vortrages des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass der Beklagte die steuerrechtliche Abwicklung erschwert bzw. unmöglich gemacht habe, sodass der Kläger die steuerlichen Abzüge nicht mehr erstattet erhalten könne und damit die entsprechenden Beträge letztlich doppelt geleistet habe. Sollte dies tatsächlich zutreffend sein - allerdings hat der Kläger diesbezüglich keinerlei Nachweise vorgelegt - so bliebe die Berücksichtigung eines (endgültig) gescheiterten Steuerausgleichs einer späteren Änderung des Rückforderungsbescheides überlassen, weil die Entscheidung, ob der - vorrangige - steuerrechtliche Ausgleich für die bereits versteuerten Überzahlungen gelingt, erst in der Zukunft getroffen werden kann. Erst danach hätte die Behörde gemäß Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG das Verwaltungsverfahren auf Antrag ggf. wiederaufzugreifen und den Rückforderungsbescheid ggf. zu ändern, weil sich nachträglich die Sach- oder Rechtslage zugunsten des Rückzahlungspflichtigen geändert hätte (BVerwG, U.v. 8.10.1998 - 2 C 21/97 - juris Rn. 24; Kathke in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Art. 15 BayBesG, Rn. 121).
69
Entsprechend ist die Billigkeitsentscheidung im Bescheid vom 15. Juni 2011 nicht zu beanstanden. Mangels überwiegendem Verschulden des Beklagten ist es für die Billigkeitsentscheidung ausreichend, dass dem Kläger eine angemessene Ratenzahlungsmöglichkeit eingeräumt wurde. Aber selbst wenn man ein Verschulden des Beklagten sehen wollte, würde im Fall der Kenntnis des Beamten von der Überzahlung die Billigkeit regelmäßig keinen Anlass geben, von der Rückforderung abzusehen (OVG Hamburg, U.v. 9.5.2011 - 1 Bf 103/10 - juris Rn. 45 ff.; Kathke in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Art. 15 BayBesG, Rn. 133).
70
Im Übrigen hat die Kammer auch keine Bedenken hinsichtlich der Billigkeitsentscheidung in der mündlichen Verhandlung am 25. Juli 2017 im Verfahren AN 1 K 15.01278 über die Nebentätigkeitsgenehmigung geäußert. Zwar hat die Kammer auf die grundsätzliche Möglichkeit einer gütlichen Einigung hingewiesen, dabei aber keine Zweifel an der Billigkeitsentscheidung zum Ausdruck gebracht. Dies wird deutlich zum einen aufgrund der Formulierung, dass eine Reduzierung der Rückforderungssumme „über die bereits getroffene Billigkeitsentscheidung hinaus“ möglich sei, zum anderen, da eine Vertagung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nebentätigkeitsgenehmigung bei Bedenken an der Billigkeitsentscheidung nicht sachdienlich gewesen wäre, denn bei Bedenken an der Billigkeitsentscheidung wäre die Klage auch ohne Klärung der Vorfrage, ob die Teilzeit rechtmäßiger Weise bewilligt worden ist, entscheidungsreif gewesen.
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4. Gesichtspunkte, aus denen sich eine Verjährung ergeben könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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5. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
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Da die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen, war die Berufung nicht zuzulassen.