Titel:
Erfolglose Klage auf Erteilung eines Bauvorbescheids bezüglich eines Gebäudes im Nähebereich eines Baudenkmals (hier: besondere Lage des Baudenkmals)
Normenketten:
BayBO Art. 59 S. 1 Nr. 3, Art. 71
BayDSchG Art. Art. 6 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2, Art. 12
Leitsätze:
1. Geltend gemachte Zweifel an der Denkmalwürdigkeit eines Gebäudes können einer Klage (hier: Klage auf die Erteilung eines Vorbescheids für die Errichtung des Vorhabengebäudes, welches das Baudenkmal beeinträchtigen würde) nicht zum Erfolg verhelfen. Denn wenn es sich bei dem Gebäude nicht um ein Baudenkmal handeln würde, entfiele auch die Erlaubnispflicht nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG. Die denkmalschutzrechtliche Zulässigkeit wäre in diesem Fall nicht vom Prüfumfang der Baugenehmigung umfasst (Art. 59 Abs. 1 Nr. 3 BayBO) und damit eine entsprechende Abklärung im Rahmen des beantragten baurechtlichen Vorbescheids nicht möglich. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Schutz eines Baudenkmals, dessen Denkmaleigenschaft auch und gerade auf seiner besonderen Lage beruht, vor weiterer Bebauung hängt nicht davon ab, von welcher Stelle aus die häufigste Wahrnehmung zu erwarten ist. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorbescheid zu Fragen des Denkmalschutzes, Nähefall, fachliche Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege, Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals, gewichtige Gründe des Denkmalschutzes, Ermessensausübung, Beeinträchtigung des Wesens des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals, Denkmalschutz, Denkmalpflege, Vorbescheid, Kunst, künstlerisch, Erscheinungsbild, Lage, Wahrnehmung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 13017
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Vorbescheids hinsichtlich der denkmalschutzrechtlichen Zulässigkeit einer Halle für landwirtschaftliche Geräte.
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Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... an der .... In dessen südlichen Bereich plant der Kläger die Errichtung einer Halle für landwirtschaftliche Geräte. Etwa 80 m südöstlich befindet sich die Kirche St., die unter der Nummer ... als Baudenkmal in die Denkmalschutzliste eingetragen ist.
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Die Standortgemeinde leitete 2014 ein Bauleitplanverfahren zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans und Änderung des Flächennutzungsplans ein. Im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung erhob das Landesamt für Denkmalpflege Einwendungen. Der historische Ort ... erstrecke sich östlich der ... von Nordosten nach Südwesten und werde in seiner historischen Ausdehnung vom Flussbett und vom Verlauf des von der ... abgezweigten ... begrenzt. Die im Kern mittelalterliche Pfarrkirche in ... bilde von wenigen Hofstellen abgesehen den nördlichen Abschluss des Ortes. Sie liege direkt auf der Terrassenkante des Flussbetts, deren Aue bedingt durch die immer wieder auftretenden Überschwemmungen von Bebauung fast vollständig freigehalten worden sei. Ausnahmen seien etwa Mühlengebäude, die die unmittelbare Nähe des Fließgewässers benötigten. Gut nachvollziehbar sei diese städtebaulich-topographische Situation des Ortes ... in dem im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts als erste parzellenscharfe Vermessung Bayerns entstandenen Urkataster. Diese besondere Lage der Kirche sei seit Jahrhunderten prägend für ihre besondere städtebauliche Wirkung und damit gleichsam für das Erscheinungsbild des Ortes. Sie sei eines der maßgeblichen Bedeutungskriterien des Baudenkmals. Durch die Errichtung der Lagerhalle im südlichen Bereich der Parzelle mit der Fl.Nr., also fast direkt westlich der Kirche, würde diese seit Jahrhunderten prägende und topographisch bedingte Ortsrandlage aufgegeben und damit auch der Blick auf die Kirche massiv beeinträchtigt. Dem Bebauungsplan und der damit verbundenen Änderung des Flächennutzungsplans könne daher aus denkmalfachlicher Sicht unter keinen Umständen zugestimmt werden. Die Standortgemeinde werde dringend gebeten, auf eine unveränderte Beibehaltung der unbebauten Fläche westlich der ... Kirche und auf eine Errichtung der Halle auf der eigentlichen Hofstelle des Bauwerbers hinzuwirken.
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Mit beim Beklagten am 31. März 2020 eingegangenem Plangeheft vom 17. April 2019 (Eingang bei der Gemeinde 17. Februar 2020) beantragte der Kläger die Erteilung eines Vorbescheids zur Prüfung der Zulässigkeit des Neubaus einer Halle für landwirtschaftliche Geräte unter dem Gesichtspunkt des Denkmalschutzes.
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Im Verfahren beteiligte der Beklagte das Landesamt für Denkmalpflege. Dieses teilte mit Schreiben vom 15. April 2020 mit, dass sich in unmittelbarer Nähe das Bodendenkmal ... „Mittelalterlicher Burgstall“ befinde, in dessen unmittelbarem Umfeld mit einer zugehörigen Siedlung zu rechnen sei. Der ungestörte Erhalt von Bodendenkmälern besitze aus Sicht des Landesamts für Denkmalpflege hohe Priorität. Bodeneingriffe sollten daher in jedem Fall auf das unabweisbar notwendige Mindestmaß beschränkt bleiben. Es werde dringend empfohlen, neben dem Baugenehmigungsverfahren für das Vorhaben ein eigenständiges denkmalrechtliches Erlaubnisverfahren durchzuführen. Mit begleitender E-Mail ebenfalls vom 15. April 2020 wies das Landesamt für Denkmalpflege darauf hin, dass es aus Sicht der Denkmalpflege keinen Grund gebe, die Zustimmung zur Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis nach Art. 7 BayDSchG zu versagen.
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Hinsichtlich des Baudenkmals hat ausweislich eines Aktenvermerks des Beklagten die [im Bauleitplanverfahren abgegebene] Stellungnahme vom 17. November 2014 (zum Inhalt s.o.) weiter Bestand (Bl. 26).
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Der Beklagte informierte daher den Kläger unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Landesamts für Denkmalpflege mit Schreiben vom 5. Mai 2020, dass der Neubau der Halle denkmalrechtlich nicht zulässig sei und hörte ihn zur Ablehnung des Antrags an. Der Kläger nahm hierzu mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 29. Mai 2020 Stellung.
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Mit Bescheid vom 24. Juli 2020 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids zur denkmalrechtlichen Zulässigkeit des Neubaus einer Halle für landwirtschaftliche Geräte auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... an der ... ab.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, das Vorhaben führe zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbildes oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals und es sprächen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG). Bei der Ermessensentscheidung seien neben den Interessen des Eigentümers an der Genehmigung und Realisierung der geplanten Halle die Belange des Denkmalschutzes zu würdigen. Die Freihaltung des Umgriffs von Baudenkmälern sei letztendlich Ausfluss der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art. 6 und 7 BayDSchG. Ein Kulturdenkmal müsse grundsätzlich auch vor Beeinträchtigungen durch Vorhaben in seiner Umgebung geschützt werden. Unter Bezugnahme auf verwaltungsgerichtliche Entscheidungen sowie die Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom 17. November 2014 führt der Beklagte aus, die seit Jahrhunderten prägende und topographisch bedingte Ortsrandlage der Kirche St. ... werde durch die Errichtung der Lagerhalle aufgegeben und der Blick auf die Kirche massiv beeinträchtigt. Durch die Errichtung der Halle sei eine erhebliche Störung des Baudenkmals anzunehmen, weil die besondere künstlerische, geschichtliche sowie städtebauliche Bedeutung des Baudenkmals spürbar geschmälert würde. Entscheidend sei die Sichtbeziehung auf die Kirche St. ... und ihre Umgebung sowie die Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds. Das aus Gründen des Denkmalschutzes herrührende Interesse bestehe nicht nur darin, die Sicht auf das Denkmal - etwa die Fernwirkung - zu erhalten, sondern ziele auch darauf ab, das Umfeld des Denkmals von Bebauung freizuhalten, damit die räumliche Distanz zu einer etwaigen Bebauung, etwa beim Begehen der Ortsrandlage von, erlebbar bleibe. Sie sei ein maßgebliches Bedeutungskriterium des Baudenkmals. Die Errichtung der Halle würde dazu führen, dass nur noch der Turm und ein Teil des Kirchendachs aus Westen her sichtbar wären. Die Halle würde sich optisch wie ein Riegel vor die Kirchenanlage schieben und den Blick auf die Anlage in ihrer Gesamtheit verstellen. Aus einem westlich gelegenen Blickwinkel würden der Blick auf die Kirche, die Freifläche davor und damit die freie Ortsrandlage zerstört. Dies wiege umso schwerer, als bereits jetzt der Blick auf die Kirche nur noch von Westen her unverstellt sei. Die Ortsrandlage werde entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht durch das (rechtswidrige) Abstellen von Fahrzeugen des Klägers aufgehoben. Eine für einen gewerblichen Abstellplatz erforderliche Baugenehmigung sei weder beantragt noch erteilt worden. Durch das Vorhaben werde die sinnliche Erlebbarkeit der Kirchenanlage beeinträchtigt. Der nordwestlich gelegene Rad- und Wanderweg führe von Nordwesten kommend zum Ortsrand des Ortsteils .... Über den vorgelagerten Parkplatz führe ein Weg am Friedhof entlang zum Haupteingang der Kirche. Dieser unverstellte Blick solle für Besucher der Kirche sinnlich erlebbar bleiben. Demgegenüber habe der Kläger keine gewichtigen Gründe vorgetragen, die diese denkmalrechtlichen Interessen überwögen. Der Kläger habe auf der gegenüberliegenden Straßenseite an der ehemaligen Hofstelle mehrfach den Betrieb erweitert. Dieser Standort bewirke keine Beeinträchtigung der Kirchenanlage.
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Weiter bedürften Bodeneingriffe aller Art im Rahmen der vorgelegten Planung einer Erlaubnis gem. Art. 7 BayDSchG. Unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege könne die Erlaubnis nach Art. 7 Abs. 4, Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG versagt werden.
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Mit Schriftsatz vom 31. Juli 2020 ließ der Kläger Klage erheben mit dem Antrag,
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den Vorbescheid vom 24. Juli 2020, Az. 40-6024.01-368/20 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den begehrten Vorbescheid für das Bauvorhaben „Neubau einer Halle für landwirtschaftliche Geräte“ auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... an der ... zu erteilen.
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Zur Begründung trägt sein Bevollmächtigter u.a. vor, der Kläger betreibe auf dem Grundstück Fl.Nr. ... ein Lohnunternehmen mit landwirtschaftlichen Geräten. Über eine landwirtschaftliche Nummer verfüge der Kläger nicht mehr. Da auf dem Grundstück Fl.Nr. ... nicht mehr ausreichend Platz zur Verfügung stehe, solle das Grundstück Fl.Nr. ... mit einer Halle für landwirtschaftliche Maschinen bebaut werden. Die Standortgemeinde sei weiterhin bereit, das Verfahren zur Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans und zur Änderung des Flächennutzungsplans fortzusetzen. Dass die geplante Lagerhalle in der Nähe der Kirche errichtet werden solle, werde nicht in Frage gestellt. Allerdings könne nicht von einer Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds die Rede sein. In der Einschätzung des Beklagten, dass die Versagungsgründe i.S.d. Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG vorlägen, liege ein Ermessensfehler i.S. eines Ermessensfehlgebrauchs, weil sich der Beklagte von sachfremden Erwägungen habe leiten lassen. So habe der Beklagte im Wesentlichen auf die Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom 17. November 2014 Bezug genommen. Die dort getroffenen Ausführungen seien nicht nachvollziehbar. Von einer Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds könne keine Rede sein. Es sei bereits das Vorhandensein der „seit Jahrhunderten prägenden topographisch bedingten Ortsrandlage der Kirche“ zweifelhaft. Selbst wenn diese einmal bestanden habe, sei sie aufgegeben worden. So würden auf dem Grundstück bereits jetzt landwirtschaftliche Fahrzeuge abgestellt. Jedenfalls werde durch die Errichtung der Lagerhalle weder diese Ortsrandlage noch der Blick auf die Kirche massiv beeinträchtigt. Wie die beigefügten Lichtbilder zeigten, sei die Kirche von jeglicher Perspektive nahezu vollständig durch Bäume verdeckt. Es sei, wenn überhaupt, die Kirchturmspitze zu sehen. Zu sehen sei die Kirche bereits jetzt nur sehr weit vorn ab der Fußgängerbrücke. Zum anderen würde sich die geplante Halle so weit von der Kirche entfernt befinden, dass diese die Kirche, selbst ohne Bäume, nicht verdecken würde. Damit würde sich die Halle weder optisch wie eine Riegel vor die Kirche schieben, noch den Blick auf die Anlage in ihrer Gesamtheit verstellen. In dem bloßen Nebeneinander von Kirche und Lagerhalle könne keine Erdrückung oder Verdrängung der Kirche gesehen werden. Die Lagerhalle sei im Verhältnis zur Kirche deutlich niedriger und würde so weit nach Norden gerückt, dass die Sicht auf das Ensemble nördlich der Baumreihe gewährleistet werde. Daher verfingen die Ausführungen des Beklagten zur „sinnlichen Erlebbarkeit“ nicht. Der Vortrag des Beklagten, der Kläger habe keine gewichtigen Gründe vorgetragen, die die denkmalrechtlichen Interessen überwögen, sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger habe auf dem gegenüberliegenden Grundstück nicht mehr ausreichend Platz für seinen Betrieb. Im Übrigen werde die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu der Frage angeregt, ob die Kirche St. ... überhaupt eine seit Jahrhunderten prägende und topographisch bedingte Ortsrandlage aufweise, diese durch die geplante Lagerhalle aufgegeben und der Blick auf die Kirche massiv i.S.d. Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG beeinträchtigt werde.
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Hinsichtlich des Bodendenkmals sei die Lagerhalle bereits nicht nach Art. 7 BayDSchG erlaubnispflichtig. Auf dem Grundstück seien keine Bodendenkmäler vorhanden. Die Schutzzone des Bodendenkmals erstrecke sich lediglich maximal 1,5 m auf das klägerische Grundstück. Weitere Bodendenkmäler seien nicht zu erwarten. Auf einem südöstlich an das Baugrundstück angrenzenden und in der Schutzzone gelegenen Grundstück seien ein Regenrückhaltebecken und Kanäle errichtet worden. Im Übrigen liege auch kein Versagungsgrund nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG vor, ein solcher ergebe sich insbesondere nicht aus der Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom 25. September 2014. Auch einer Erlaubnis nach Art. 7 Abs. 4 Satz 1 BayDSchG bedürfe es nicht. Hiervon gehe auch das Landesamt für Denkmalpflege nicht aus.
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Der Beklagte trat der Klage mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2020 entgegen. Für ihn ist beantragt,
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Die Frage, ob eine Beeinträchtigung i.S.d. Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG vorliege und gewichtige Gründe für die Beibehaltung dieses Zustands sprächen, sei durch einen Sachverständigen zu beurteilen. Daher werde auf die Stellungnahme des Hauptkonservators des Landesamts für Denkmalpflege vom 17. November 2014 verwiesen. Hiernach werde der Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis für den Hallenbau unter keinen Umständen zugestimmt. Wie bereits im Ablehnungsbescheid ausgeführt, komme es nicht darauf an, dass das geplante Vorhaben den Blick auf das Denkmal gänzlich verstelle. Hinsichtlich der angezweifelten, seit Jahrhunderten prägenden topographisch bedingten Ortsrandlage der Kirche werde auf den Bescheid Bezug genommen. Nicht nachvollziehbar sei der vorgetragene Zweifel an der Möglichkeit des Vorliegens eines Bodendenkmals. Insoweit werde auf die Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom 15. April 2020 verwiesen. Das Landesamt für Denkmalpflege habe bereits am 25. September 2014 empfohlen, eine Umplanung des Vorhabens zu prüfen, um Eingriffe in die Denkmalsubstanz zu vermeiden oder zu verringern.
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Am 19. Januar 2021 fand ein Ortstermin mit den Beteiligten statt. Auf die Niederschrift des Ortstermins und die dabei gefertigten Lichtbilder wird Bezug genommen.
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Im Nachgang des Ortstermins vertiefte und ergänzte der Kläger seine Ausführungen mit Schreiben vom 8. März 2021. Der Versagungsgrund nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG liege nicht vor. Es sei bereits die Denkmalwürdigkeit der Kirche zweifelhaft. Jedenfalls aber fehle es an der erheblichen Beeinträchtigung des Denkmals. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs genüge eine bloße Beeinträchtigung der in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG genannten Belange nicht, es sei eine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals erforderlich. Als erhebliche Beeinträchtigung eines Denkmals sei nicht nur eine Situation anzusehen, in der ein hässlicher, das ästhetische Empfinden des Betrachters verletzender Zustand, also ein Unlust erregender Kontrast zwischen der benachbarten Anlage und dem Baudenkmal hervorgerufen werde, sondern auch die Tatsache, dass die Wirkung des Denkmals als Kunstwerk, als Zeuge der Geschichte oder als bestimmendes städtebauliches Element geschmälert werde. Neue Vorhaben müssten sich zwar weder völlig an vorhandene Denkmäler anpassen, noch hätten sie zu unterbleiben, wenn eine Anpassung nicht möglich sei. Aber sie müssten sich am Denkmal messen lassen, dürften es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen oder die gebotene Achtung gegenüber den im Denkmal verkörperten Werten vermissen lassen. Die genannten Merkmale müssten in schwerwiegender Weise gegeben sein, damit von einer erheblichen Beeinträchtigung gesprochen werden könne. Daran fehle es vorliegend.
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Zwar habe der Augenschein ergeben, dass die Kirche tatsächlich leicht erhöht errichtet worden sei und auf einen gewissen Freiraum abstelle. Allerdings sei fraglich, ob dies ausreichend sei, um überhaupt die Denkmalwürdigkeit zu begründen. Gerade die topographisch leicht erhöhte Lage von Kirchen sei in Bayern keine Seltenheit und somit nicht einzigartig. Auch bei der Frage der Erheblichkeit einer Beeinträchtigung komme es wesentlich auf den Denkmalwert des Baudenkmals an. Bei einem Baudenkmal von herausragender Bedeutung könne daher eher eine erhebliche Beeinträchtigung angenommen und könnten eher gewichtige Belange des Denkmalschutzes für eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Angesichts der Tatsache, dass die leicht erhöhte Lage von Kirchen in Bayern eher die Regel sei, bestünden erhebliche Zweifel daran, ob dem Kirchenbau von St. ... eine so herausragende Bedeutung zugesprochen werden könne wie durch das Landesamt für Denkmalpflege und den Beklagten geschehen.
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Ein Überblick über die Umgebung der Kirche mache deutlich, dass die vom Landesamt für Denkmalpflege als maßgeblich erachtete angebliche Ortsrandlage bereits aufgegeben worden sei und dies nicht erst durch das Abstellen von landwirtschaftlichen Fahrzeugen durch den Kläger. Die Ortsrandlage werde vielmehr bereits durch die nördliche Bebauung auf den Fl.Nrn., ... und ... aufgehoben, die vor der Kirche deutlich hervortrete. Darüber hinaus trete die auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindliche Bebauung südwestlich der Kirche auf den Fl.Nr., ... und ... deutlich stärker an den Ortsrand heran als die gegenständliche Kirche.
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Eine Beeinträchtigung des Blicks auf die Kirche sowie die sinnliche Erlebbarkeit seien nicht gegeben. Der Augenscheinstermin habe gezeigt, dass die Kirche erst am Ende der Brücke zu sehen sei und in keiner Sichtbeziehung liege. Aus weiterer Entfernung sei die Kirche aufgrund der davorstehenden Bäume nicht zu sehen. Lediglich irgendwo vom Weg entlang des kleinen Flusses würde die Halle in der Blickachse zur Kirche stehen. Ausgehend vom Hauptwander- und -radweg bestehe eine Blickbeziehung zwischen Halle und Kirche erst nach der Brücke ein paar hundert Meter vor der Kirche. Die Halle würde sich aber nicht, wie vom Beklagten behauptet, wie ein Riegel vor die Kirche schieben. Aber auch bei Annahme einer Beeinträchtigung durch die Halle würde es an einer Erheblichkeit dieser Beeinträchtigung fehlen. Die Halle erdrücke oder verdränge die Kirche nicht oder lasse die gebotene Achtung gegenüber diesem Denkmal in schwerwiegender Weise, wie von der Rechtsprechung für die Erheblichkeit gefordert, außer Acht. Es könne auch nicht zu Lasten des Klägers gehen, wenn der Blick auf die Kirche bereits jetzt nur noch von Westen her unverstellt sei. Wenn in der Vergangenheit rings um die Kirche Bauvorhaben genehmigt worden seien, könne die Denkmalwürdigkeit der Kirche nicht so bedeutsam sein, wie vom Beklagten behauptet.
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Der Beklagte erwiderte hierauf unter dem 19. April 2021 unter Übersendung einer Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom 30. März 2021, dass bei der Frage der erheblichen Beeinträchtigung des Denkmalwerts die Umgebung ein zu berücksichtigender Faktor sei. Die geplante Halle stelle mit einem Grundriss von 30,80 m x 22 m sowie einer Wandhöhe von 5,15 m und einer Firsthöhe von 9,47 m in dem Bereich zwischen der den Ortsrand prägenden Kirche und dem bislang freien Auenbereich zur ... ein in seinen Dimensionen erheblich in Erscheinung tretendes Gebäude dar, das das bislang freie Umfeld dominiere. Im Hinblick auf die Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege seien Zweifel an der Denkmalwürdigkeit der Kirche nicht angebracht. Aufgrund ihrer städtebaulichen und kulturhistorischen Bedeutung am Ortsrand zur daran anschließenden freien Landschaft komme es auch nicht darauf an, ob sie in der Blickachse zwischen Geh- und Radweg sowie der Bundesstraße liege.
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Das Landesamt für Denkmalpflege teilte mit Schreiben vom 30. März 2021 mit, dass die inhaltliche Argumentation der Stellungnahme vom 17. November 2014 weiterhin vollumfänglich Bestand habe. Die hierin beschriebene besondere Ortsrandlage mit dem seit Jahrhunderten unverbauten Fernblick sei eines der maßgeblichen Bedeutungskriterien des Baudenkmals und somit unbedingt zu erhalten. Die Errichtung der Lagerhalle bzw. die Schaffung eines Baurechts an geplanter Stelle würde sowohl in bestehende Sichtachsen eingreifen, als auch die bislang im Ortsgrundriss noch ablesbare historische Struktur nachhaltig beeinträchtigen. Der geplante Eingriff sei somit als erhebliche und wesentliche Beeinträchtigung des Baudenkmals zu werten, so dass gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprächen. Die Bebauung auf den Fl.Nr. ... und ... könne nicht als Gegenargument herangezogen werden, da sie - wie das Urkataster nachvollziehbar belege - gerade keine moderne Überformung eines historischen Zustands darstellten, sondern auf historische Vorgängerbauten zurückgingen. Die herausgehobene Position der Kirche sei somit nachweislich bereits vor über 200 Jahren erkannt und respektiert worden, indem die unmittelbar vorgelagerten Flächen von Bebauung freigehalten worden seien.
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Ferner greife auch die Argumentation, einige Blickbeziehungen seien derzeit durch Vegetation verstellt und daher nicht mehr existent, zu kurz. Während die Vegetation jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen sei und längerfristig auch wieder zurückgenommen werden könne, stelle die Schaffung von Baurecht einen dauerhaft verfestigten Eingriff in die Sichtachsen dar und sei daher abzulehnen.
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Die Pfarrkirche St. ... in ... erfülle in mehrfacher Hinsicht die Kriterien nach Art. 1 BayDSchG. Bereits in der Stellungnahme vom 17. November 2014 sei auf die städtebauliche Bedeutung hingewiesen worden, da im konkreten Fall die Frage des schützenswerten Nähebereichs des Baudenkmals im Zentrum stehe. So präge die Kirche durch ihre Lage am Ortsrand wie auch den hochaufragenden Turm nachhaltig das Ortsbild und wirke in das Tal der ... hinein. Als religiöser Mittelpunkt des Ortes und gut überliefertes Zeugnis der katholischen Glaubensgemeinschaft habe die Kirche zugleich auch für die Ortsgeschichte einen hohen Stellenwert und daher geschichtliche Bedeutung. Überdies handle es sich bei der im Kern spätgotischen, harmonisch und im Sinne einer kontinuierlichen Fortentwicklung barockisierten Kirche, die mit qualitätvoller Ausstattung, Kirchhof und Torhaus aus dem 16. Jahrhundert als Gesamtanlage überliefert sei, um ein wertvolles Kulturdenkmal mit künstlerischer Bedeutung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakten einschließlich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 5. Mai 2021 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheids zur denkmalschutzrechtlichen Zulässigkeit der geplanten Halle (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).
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1. Gegenstand des beantragten Vorbescheids und damit auch der vom Kläger erhobenen Verpflichtungsklage ist unter Berücksichtigung seines Vorbescheidsantrags und des beigefügten Anschreibens (Bl. 1, 2 der Behördenakte) die denkmalschutzrechtliche Zulässigkeit der geplanten Halle im Hinblick auf das in der Nähe befindliche Baudenkmal, die Kirche St. .... Denn für den Erlass eines Vorbescheids ist erforderlich, dass die von der Bauaufsichtsbehörde zu entscheidenden (einzelnen) Fragen von dieser im Baugenehmigungsverfahren auch zu prüfen wären (Decker in Busse/Kraus, BayBO, Stand Februar 2021, Art. 71 Rn. 68).
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Dies ist vorliegend (nur) für die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG zu bejahen. Diese entfällt nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG, wenn eine Baugenehmigung erforderlich ist. Das Denkmalschutzrecht gehört insoweit zum Prüfumfang der Baugenehmigung, vgl. Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO.
31
Nicht von der Konzentrationswirkung der Baugenehmigung und damit auch nicht vom Prüfungsumfang umfasst ist hingegen die (boden) denkmalrechtliche Erlaubnis nach Art. 7 Abs. 1 BayDSchG. Für Bodendenkmäler ist - vorbehaltlich des Sonderfalles in Art. 7 Abs. 4 BayDSchG - vielmehr neben dem Baugenehmigungsverfahren ein eigenständiges denkmalschutzrechtliches Erlaubnisverfahren zu durchlaufen (vgl. VG Ansbach, U.v. 21.12.2016 - An 9 K 15.01400 - juris Rn. 45; s. hierzu auch die Stellungnahme des Referats Bodendenkmäler des Landesamts für Denkmalpflege vom 15. April 2020, Bl. 32 der Behördenakte). Für das Vorliegen eines Bodendenkmals i.S.d. Art. 7 Abs. 4 BayDSchG und eine insoweit nach Art. 7 Abs. 4 Satz 2 BayDSchG, Art. 6 Abs. 3 BayDSchG i.V.m. Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO bestehende Konzentrationswirkung der Baugenehmigung bestehen nach dem Akteninhalt und insbesondere der Stellungnahmen des Landesamts für Denkmalpflege keine Anhaltspunkte.
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2. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erteilung des begehrten Vorbescheids zu Recht abgelehnt, weil die Voraussetzungen für die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 BayDSchG nicht gegeben sind. Auch Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
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a) Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG bedarf der Erlaubnis, wer in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines Baudenkmals auswirken kann.
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Dabei geht das Gericht in Übereinstimmung mit den Beteiligten während des Verwaltungsverfahrens davon aus, dass es sich bei der Kirche St., die mit der Nummer ... in die Denkmalliste eingetragen ist, um ein Baudenkmal i.S.d. Art. 1 Abs. 2 BayDSchG handelt, auch wenn die Eintragung in die Denkmalliste keine rechtsbegründende Wirkung hat (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2002 - 14 ZB 00.3360 - juris Rn. 5). Nach Art. 1 Abs. 1, 2 BayDSchG sind Baudenkmäler bauliche Anlagen aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Bei der Beurteilung der Denkmalwürdigkeit kommt es nicht auf den Erkenntnisstand eines unbefangenen Betrachters, sondern auf den Wissens- und Erkenntnisstand von sachverständigen Betrachtern an (BayVGH, B.v. 11.1.2018 - 1 ZB 16.1358 - juris Rn. 5). Soweit der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 8. März 2021 die Denkmalwürdigkeit der Kirche in Frage gestellt hat, hat das Landesamt für Denkmalpflege in seiner hierauf verfassten Stellungnahme vom 30. März 2021 überzeugend begründet, dass die Pfarrkirche St. ... in mehrfacher Hinsicht die Kriterien nach Art. 1 BayDSchG erfülle und auf die städtebauliche, geschichtliche und künstlerische Bedeutung hingewiesen. Zweifel an der fachlichen Aussage des Landesamts für Denkmalpflege ergeben sich für das Gericht nicht und wurden auch von Seiten des Klägers nicht weiter vertieft oder substantiiert.
35
Im Übrigen könnten diese erstmals im Schriftsatz vom 8. März 2021 angeführten Zweifel an der Denkmalwürdigkeit der Kirche - selbst wenn sie zutreffend wären - der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn wenn es sich bei der Kirche nicht um ein Baudenkmal handeln würde, entfiele auch die Erlaubnispflicht nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG. Dies hätte zur Folge, dass für eine Konzentrationswirkung der Baugenehmigung nach Art. 6 Abs. 3 BayDSchG kein Raum wäre. Die denkmalschutzrechtliche Zulässigkeit wäre in diesem Fall nicht vom Prüfumfang der Baugenehmigung umfasst (s.o.) und damit eine entsprechende Abklärung im Rahmen des vom Kläger beantragten baurechtlichen Vorbescheids nicht möglich.
36
b) Die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis kann nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG versagt werden, soweit das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals führen würde und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Ob dabei der Maßstab der Erheblichkeit überschritten ist, ist jeweils anhand des Einzelfalls zu beurteilen. Eine solche Beeinträchtigung liegt nicht nur dann vor, wenn ein hässlicher, das ästhetische Empfinden des Betrachters verletzender Zustand, also ein Unlust erregender Kontrast zwischen der benachbarten Anlage und dem Baudenkmal hervorgerufen wird. Die Frage der Beeinträchtigung ist nicht gleichzusetzen mit einer Verunstaltung (BayVGH, B.v. 12.6.2019 - 2 ZB 17.67 - juris Rn. 12; vgl. U.v. 24.1.2013 - 2 BV 11.1631 - juris). Vielmehr soll gewährleistet werden, dass die jeweilige besondere Wirkung des Baudenkmals, die es als Kunstwerk, als Zeugnis der Geschichte oder als bestimmendes städtebauliches Element auf den Beschauer ausübt, nicht geschmälert wird. Hinzutretende Anlagen müssen sich daher an dem Maßstab messen lassen, den das Denkmal gesetzt hat und dürfen es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen, übertönen oder die gebotene Achtung gegenüber den Werten außer Acht lassen, welche dieses Denkmal verkörpert (BayVGH, B.v. 12.6.2019 - 2 ZB 17.67 - juris Rn. 12; U.v. 24.1.2013 - 2 BV 11.1631 - juris).
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Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kann, worauf auch der Kläger im Rahmen des Gerichtsverfahrens hingewiesen hat, bei einem Baudenkmal von herausragender Bedeutung eher eine erhebliche Beeinträchtigung angenommen werden und können eher gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen (BayVGH, U.v. 20.5.2015 - 22 ZB 14.2827 - juris Rn. 13 zur Frage, ob im Rahmen einer Drittanfechtungsklage eine Rechtsverletzung des Denkmaleigentümers aufgrund einer erheblichen Beeinträchtigung zu bejahen ist). Gewichtige, die Versagung der Erlaubnis rechtfertigende Gründe des Denkmalschutzes können jedoch nicht nur dann vorliegen, wenn das Baudenkmal eine - im Vergleich mit der allgemein für die Begründung der Denkmaleigenschaft maßgebenden - gesteigerte Bedeutung hat. Die „gewichtigen Gründe“, die zu bewerten und mit den für eine Beseitigung oder Veränderung sprechenden Gründen abgewogen werden müssen, ergeben sich vielmehr in erster Linie aus der Bedeutung, auf der die Denkmaleigenschaft beruht (vgl. BayVGH, U.v. 27.9.2007 - 1 B 00.2474 - juris Rn. 70).
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c) Gemessen hieran und unter Auswertung der fachlichen Stellungnahmen des Landesamts für Denkmalpflege vom 17. November 2014 und 30. März 2021 sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ablehnung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis erfüllt.
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Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Landesamt für Denkmalpflege die zur fachlichen Einschätzung des Denkmalwerts eines Baudenkmals und seiner Beeinträchtigung nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 BayDSchG berufene Fachbehörde ist. Zwar sind Genehmigungsbehörden und Gerichte rechtlich nicht an die fachliche Beurteilung des Landesamts für Denkmalpflege gebunden. Sie haben deren Aussage- und Überzeugungskraft nachvollziehend zu überprüfen und sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine eigene Überzeugung zu bilden. Allerdings kommt den fachlichen Einschätzungen des Landesamts für Denkmalpflege ein tatsächliches Gewicht zu (BayVGH, B.v. 30.4.2014 - 22 ZB 14.680 - juris Rn. 18 m.w.N.). Sowohl die unteren Denkmalschutzbehörden als auch die Verwaltungsgerichte dürfen schlüssige und nachvollziehbare Äußerungen des Landesamts für Denkmalpflege übernehmen (BayVGH, B.v. 13.5.2015 - 1 ZB 13.1334 - juris Rn. 4).
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Wie das Landesamt für Denkmalpflege bereits in seiner Stellungnahme vom 17. November 2014 ausgeführt hat, ist die besondere Lage der Kirche seit Jahrhunderten prägend für ihre besondere städtebauliche Wirkung und damit gleichsam für das Erscheinungsbild des Ortes. Sie ist nach Einschätzung des Landesamts für Denkmalpflege eines der maßgeblichen Bedeutungskriterien des Baudenkmals. Durch die Errichtung der Halle würde diese seit Jahrhunderten prägende und topographisch bedingte Ortsrandlage der Kirche aufgegeben und damit auch der Blick auf die Kirche massiv beeinträchtigt. Daher könne aus denkmalfachlicher Sicht unter keinen Umständen eine Zustimmung erfolgen. Auf die Einwendungen des Klägers hat das Landesamt für Denkmalpflege mit Schreiben vom 30. März 2021 Stellung genommen und erneut darauf hingewiesen, dass die besondere Ortsrandlage und der unverbaute Fernblick eines der maßgeblichen Bedeutungskriterien des Baudenkmals und somit unbedingt zu erhalten seien. Die Lagerhalle greife in bestehende Sichtachsen ein und würde die aus dem Ortsgrundriss noch ablesbare Struktur nachhaltig beeinträchtigen. Es handle sich daher um eine erhebliche und wesentliche Beeinträchtigung des Baudenkmals, so dass gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprächen.
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Diese Einschätzung des Landesamts für Denkmalpflege ist für die erkennende Kammer auch aufgrund der Eindrücke des durchgeführten Augenscheinstermins sowie der vom Kläger als Anlagenkonvulut 7 vorgelegten Bilder mit Phantomgerüst nachvollziehbar. Mit dem Kläger geht die erkennende Kammer davon aus, dass der Blick auf die denkmalgeschützte Kirche von der Straße und dem diese begleitenden Geh- und Radweg durch die Halle nicht verstellt wird. Dies allein ist jedoch nicht ausschlaggebend. Denn die Halle wird spätestens ab dem Ende der Brücke zumindest vom Geh- und Radweg aus deutlich wahrnehmbar sein und den Blick auf die Kirche zwar nicht verstellen, aber maßgeblich negativ beeinflussen. Die Halle würde mitten im Blickfeld des Betrachters liegen. Dies lässt sich auch dem vom Kläger als Bild E der Anlage K7 vorgelegten Foto (Bl. 71 der Gerichtsakte) unschwer entnehmen. Durch die Lage der Halle und ihre Ausmaße würde der Fokus weg von der Kirche hin zur geplanten Halle gelenkt. Die ortsbildprägende Wirkung der Kirche und ihre vom Landesamt für Denkmalpflege bereits in seiner Stellungnahme vom 14. November 2014 hervorgehobene und in der Stellungnahme vom 30. März 2021 erneut betonte besondere städtebauliche Wirkung würde damit entfallen. Die von der zuständigen Fachbehörde als maßgebliches Kriterium angeführte Ortsrandlage mit dem seit Jahrhunderten unverbauten Fernblick würde daher empfindlich gestört.
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Hinzu kommt, dass die Halle - was auch der Kläger nicht bestritten hat - von einem Standort nördlich der Straße entlang der ... vor der Kirche liegen und von dort den Blick auf die Kirche zumindest teilweise verstellen würde. Dass es sich bei diesem Bereich, wie der Kläger angeführt hat, nicht um einen viel genutzten Weg handelt, ist für die denkmalrechtliche Bewertung selbst bei Wahrunterstellung unerheblich. Denn die Erscheinung eines Baudenkmals ist nicht nur von besonders viel frequentierten Straßen, Wegen oder Plätzen aus geschützt. Die Einsehbarkeit ist für die Denkmaleigenschaft als solche nicht von Belang (vgl. BayVGH, B.v. 11.1.2018 - 1 ZB 16.1358 - juris Rn. 9). Insofern hängt der Schutz eines Baudenkmals, dessen Denkmaleigenschaft wie hier auch und gerade auf seiner besonderen Lage beruht, vor weiterer Bebauung nicht davon ab, von welcher Stelle aus die häufigste Wahrnehmung zu erwarten ist.
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Soweit der Kläger angeführt hat, die Ortsrandlage sei durch die vorhandene Bebauung bereits aufgegeben worden, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Wie der Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom 30. März 2021 und den dort auf Seite 2 abgedruckten Auszügen aus dem Urkataster bzw. der Webkarte zu entnehmen ist, wurde die Ortsrandlage der Kirche entgegen der Auffassung des Klägers in Bezug auf die Wirkungen des Baudenkmals nicht maßgeblich verändert. Das Landesamt für Denkmalpflege hat in seiner Stellungnahme vom 30. März 2021 nachvollziehbar dargelegt, dass die vom Kläger in Bezug genommene Bebauung keine moderne Überformung eines historischen Zustands darstellt, sondern auf historische Vorgängerbauten zurückgeht. Auch beim Augenscheinstermin wurde deutlich, dass von Westen her die Kirche das prägende Element beim Anblick des Ortes und somit die vom Landesamt für Denkmalpflege in den beiden Stellungnahmen vom 17. November 2014 und 30. März 2021 beschriebene Ortsrandlage als herausragendes Bedeutungskriterium des Baudenkmals nach wie vor vorhanden ist. Die weiter südlich auf der anderen Seite der Straße befindliche Bebauung trat beim Ortstermin nicht deutlich wahrnehmbar in Erscheinung. Auch die nördlich der Kirche gelegenen Anwesen lenken den Blick aufgrund ihrer Größe und Situierung nicht von der Kirche ab. Selbst wenn mit dem Kläger anzunehmen wäre, dass eine gewisse Beeinträchtigung der Ortsrandlage durch andere Bauten bereits erfolgt wäre, könnte dies seiner Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn etwaige Vorbelastungen vermögen die Gründe des Denkmalschutzes nicht zu entwerten, solange es überhaupt noch etwas zu schützen gibt (vgl. BayVGH, B.v. 20.5.2015 - 22 ZB 14.2827 - juris Rn. 22; B.v. 30.3.2016 - 22 ZB 15.1760 - juris Rn. 13). Dass es noch eine schützenswerte (erhebliche) Freifläche im Westen der Kirche gibt, wurde sowohl beim Augenschein offenkundig und ist auch den Luftbildern unschwer zu entnehmen.
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Vor diesem Hintergrund führt auch die - ungenehmigte - Nutzung der Flächen in der Umgebung des Parkplatzes zum Abstellen von Fahrzeugen und Ablagerungen durch den Kläger nicht zu einer für ihn günstigen Entscheidung. Ungeachtet dessen, dass von abgestellten Fahrzeugen und Ablagerungen eine völlig andere Wirkung ausgeht als von einer 31 m x 22 m großen Lagerhalle mit einer Firsthöhe von 9,47 m, heben sie die Ortsrandlage der Kirche in keiner Weise auf.
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Zuletzt kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, die erhöhte Lage der Kirche sei in Bayern keine Seltenheit, so dass die mit dem Neubau verbundene Beeinträchtigung nicht erheblich sei. Denn die Bewertung der Fachbehörde kann durch eine laienhafte bloße andere Beurteilung nicht erschüttert werden (Eberl/Spennemann/Schindler-Friedrich/Gerstner, BayDSchG, 8. Aufl. 2021, Art. 6 Rn. 42). Die besondere Bedeutung der Kirche St. ... gründet unter Zugrundelegung der Stellungnahmen des Landesamts für Denkmalpflege wesentlich in ihrer Ortsrandlage. Dies sei eines der maßgeblichen Bedeutungskriterien des Denkmals. Diese würde jedoch wie eben dargelegt durch die geplante Bebauung mit einer Lagerhalle zerstört. Daher ist unter Berücksichtigung der Gründe, auf der die Denkmaleigenschaft der Kirche beruht, zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass die in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG genannten Merkmale wesentlich beeinträchtigt werden und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ablehnung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis sind damit erfüllt.
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d) Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BayBO vor, rechtfertigt dies allein nach dem Gesetzeswortlaut, wonach die Erlaubnis versagt werden „kann“, noch nicht die Ablehnung eines Genehmigungsantrags. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BayDSchG eröffnen vielmehr ein Ermessen, ob die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis dennoch erteilt oder ob diese aufgrund der Betroffenheit denkmalschutzrechtlicher Belange versagt werden soll. Eine Versagungspflicht im Sinne einer Ermessensreduzierung auf null zu Lasten eines Vorhabenträgers dürfte nur bei besonderen Umständen des Einzelfalls anzunehmen sein (BayVGH, B.v. 23.10.2019 - 15 ZB 18.1275 - juris Rn. 5).
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Vorliegend hat der Beklagte erkannt, dass eine Ermessensentscheidung erforderlich ist und sein Ermessen unter Berücksichtigung der nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. § 114 VwGO) fehlerfrei ausgeübt. Dass sich der Beklagte, wie der Kläger meint, hierbei von sachfremden Überlegungen hat leiten lassen oder unzutreffende Tatsachen zu Grunde gelegt hätte, ist für die Kammer nicht erkennbar. Insbesondere ist nicht anzunehmen, dass der Beklagte, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung angeführt hat, bei Erlass des Bescheides fälschlicherweise davon ausgegangen wäre, dass die Halle den Blick auf die Kirche vom die Straße begleitenden Geh- und Radweg aus vollständig versperren würde. Soweit der Bescheid auf Seite 5 oben darauf abstellt, dass von Westen her nur noch der Turm und ein Teil des Kirchendachs sichtbar wären, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass eine Verdeckung der Kirche durch die Halle von Standorten entlang der ... [also gerade von Westen] durchaus möglich sei. Auch aus der weiteren Begründung des Bescheids lässt sich entgegen der Annahme der Klagepartei nicht ableiten, dass der Beklagte von unzutreffenden örtlichen Begebenheiten ausgegangen wäre. Die gewählte Formulierung „unverstellter Blick“ und die weiter genannten Bezugspunkte „nordwestlich gelegene Geh- und Radweg“, „vorgelagerter Parkplatz“ und „Weg am Friedhof entlang“ sind nicht so zu verstehen, dass von diesen gewählten Punkten aus der Blick auf das Denkmal verstellt würde. Dessen ungeachtet hat der Beklagte im Zuge seiner ergänzenden Ermessensbetätigung klargestellt (§ 114 Satz 2 VwGO), dass das Wesensmerkmal - von einer Bebauung freie Ortsrandlage - unabhängig von Sichtbeziehungen einer Straße und eines Radweges ist. Hinsichtlich der Beurteilung der Erheblichkeit teilt die erkennende Kammer die Einschätzung des Landesamts für Denkmalpflege und des Beklagten (s.o.).
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Dass eine Abwägung zwischen den vorliegenden Belangen des Denkmalschutzes mit dem Interesse des Klägers an wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks zu Lasten des Klägers ging, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, U.v. 17.10.2003 - 2 B 99.2667 - juris Rn. 16). In einem Nutzungskonflikt zwischen einem bereits bestehenden, ortsgebundenen Baudenkmal auf der einen Seite, dessen besonderer Wert von einer ungestörten Blickbeziehung und der Freihaltung der vor ihm liegenden Flächen abhängt und einer heranrückenden nicht vergleichbar ortsgebundenen Bebauung ohne existenzielle Standortbindung ist es nicht zu beanstanden, dass sich der erheblich beeinträchtigte Belang des Denkmalschutzes (s.o.) gegenüber dem privaten Belang des Klägers durchsetzt (vgl. zur Errichtung einer Windenergieanlage im Außenbereich und der Gewichtung des Belangs nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB BayVGH, U.v. 18.7.2013 - 22 B 12.1741 - juris Rn. 33).
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4. Die Klage war demnach mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.