Titel:
Befreiung von Verboten einer Wasserschutzgebietsverordnung
Normenketten:
WHG § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 S. 2
VwGO § 42 Abs. 2
Leitsatz:
Zum Rechtsschutz einer Gemeinde als kommunale Trägerin der öffentlichen Wasserversorgung gegen eine einem Dritten erteilte Befreiung von Verboten einer Wasserschutzgebietsverordnung (Rn. 30 – 46)
Schlagworte:
Drittanfechtungsklage einer Gemeinde, Befreiung von Verboten einer Wasserschutzgebietsverordnung, Kleinkläranlage für häusliches Abwasser im Wasserschutzgebiet, wasserrechtliches Verschlechterungsverbot, Rechtsverletzung einer Trägerin der öffentlichen Wasserversorgung (verneint), Wasserschutzgebiet, Befreiung, drittschützende Wirkung, Kleinkläranlage, Verschlechterungsverbot, Schwellenwert
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 14.11.2017 – W 4 K 17.825
Fundstelle:
BeckRS 2021, 12564
Tenor
I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 14. November 2017 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin, eine Gemeinde, wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte Befreiung von Verboten einer Wasserschutzgebietsverordnung für die Errichtung und den Betrieb einer vollbiologischen Kleinkläranlage.
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1. Die Klägerin betreibt ihre Wasserversorgung als öffentliche Einrichtung. Mit Bescheid vom 8. April 2002 erteilte ihr das Landratsamt A … (im Folgenden: Landratsamt) bis zum 31. Dezember 2020 eine gehobene Erlaubnis zur Grundwasserentnahme aus den Brunnen I bis IV der Gemarkung D … … … Am 30. April 2021 hat sie die Verlängerung der gehobenen Erlaubnis beantragt.
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2. Das Anwesen des Beigeladenen (FlNr. … Gemarkung H …) liegt in der weiteren Schutzzone (III) des zum Schutz der Trinkwassergewinnungsanlage der Klägerin festgesetzten Wasserschutzgebiets (Verordnung des Landratsamts A … über die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets für die Brunnen I bis IV in den Gemarkungen D … [Gemeinde K … … …], K … [Gemeinde K …], R … [Gemeinde J …] und H … [Stadt A …] vom 6.10.2003 - WSG-VO). In allen Schutzzonen der WSG-VO ist die Errichtung oder Erweiterung von Abwasserbehandlungsanlagen sowie von Anlagen zur Versickerung oder Versenkung von Abwasser verboten (§ 3 Abs. 1 Nr. 4.1 und 4.5 WSG-VO).
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3. Mit Bescheid vom 27. Mai 2014 erteilte das Landratsamt dem Beigeladenen - unter Anordnung des Sofortvollzugs - eine Befreiung von den Verboten nach § 3 Abs. 1 Nr. 4.1 und 4.5 der Verordnung vom 6. Oktober 2003.
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Mit Bescheid vom selben Tag erteilte die Beklagte dem Beigeladenen sofort vollziehbar die beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis‚ die auf seinem Anwesen anfallenden gesammelten (häuslichen) Abwässer in einer Kleinkläranlage mit Abwasserbelüftung, Belebungsanlage und Aufstaubetrieb nach dem SBR-Verfahren der Ablaufklasse D+H (Denitrifikation und Hygienisierung) zu behandeln und anschließend über eine Versickerungsmulde (belebte Bodenzone) in das Grundwasser einzuleiten. Die Erlaubnis wird von der Klägerin ebenfalls angegriffen (Verfahren Az. 8 B 19.1587).
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Der Beigeladene betreibt die Kleinkläranlage seit dem 15. Dezember 2014.
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4. Die Klägerin erhob gegen beide o.g. Bescheide Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg. Ihre Eilanträge, die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen wiederherzustellen, blieben erfolglos (BayVGH, B.v. 20.2.2015 - 8 CS 14.2546 [Erlaubnis] und 8 CS 14.2591 [Befreiung]).
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Das Verwaltungsgericht Würzburg hat mit Urteilen vom 14. November 2017 die beiden o.g. Bescheide aufgehoben. Die gegen die Befreiung von Verboten der Wasserschutzgebietsverordnung erhobene Drittanfechtungsklage sei zulässig, weil die Klägerin als Trägerin der öffentlichen Wasserversorgung klagebefugt sei. Die Befreiung sei rechtswidrig, weil die Ermessensausübung des Beklagten dem strengen Maßstab des für Grundwasser geltenden Besorgnisgrundsatzes nicht gerecht werde. Schlecht abbaubare Stoffe passierten die Kleinkläranlage immer. Bei „nicht normalem“ Betrieb könne eine schädliche Gewässerverunreinigung nicht vollständig ausgeschlossen werden. Kleinkläranlagen stellten technisch und betrieblich aufwändige Systeme dar, die äußerst empfindlich auf Nachlässigkeiten im Betrieb reagierten. Eine ordnungsgemäße Funktion einer Kleinkläranlage über mehrere Jahrzehnte sei zwar theoretisch möglich, aber auch bei guter Motivation des Betreibers in keinster Weise realistisch.
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5. Der Beigeladene begründet seine mit Beschluss des Senats vom 9. August 2019 zugelassene Berufung im Wesentlichen wie folgt: Die Klage sei mangels Klagebefugnis unzulässig. Die Berücksichtigung von Interessen öffentlicher Wasserversorger bei der Festsetzung von Wasserschutzgebieten und der Erteilung von Ausnahmen darin enthaltener Verbote sei rechtlich nur ein schlichter Reflex. Die Entscheidung darüber erfolge nur im Interesse der Allgemeinheit. Weder die Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes noch die unionsrechtlichen Qualitätsanforderungen für Trinkwasser bzw. die Unternehmerpflichten nach § 14 TrinkwV böten Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. § 50 Abs. 1 WHG sei vom Regelungszweck her als Ausschluss der Privatwirtschaft von der Aufgabe der Wasserversorgung zu verstehen und nicht als (neue) Aufgabenzuweisung im Rahmen der Daseinsvorsorge. Auch § 50 Abs. 2 WHG, wonach der Wasserbedarf der öffentlichen Wasserversorgung vorrangig aus ortsnahen Wasservorkommen zu decken sei, vermittle keinen Drittschutz. Die unionsrechtlichen Qualitätsanforderungen für Trinkwasser und die Unternehmerpflichten aus § 14 TrinkwV dienten allein dem allgemeinen Interesse an gesundem Trinkwasser. Die Entscheidungskompetenz über das Maß der Intensität der Sicherung der Wasserhygiene bleibe ausschließlich Sache des Beklagten. Da den genannten Vorschriften kein Anhalt für Drittschutz zu entnehmen sei, könne ein solcher auch nicht durch verfassungskonforme Auslegung (Art. 83 Abs. 1 BV) hergeleitet werden.
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Der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Durch die Befreiung werde der Schutzzweck der WSG-VO nicht gefährdet. Eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers sei nicht zu besorgen. Im Hinblick auf das Übermaßverbot dürfe eine Befreiung nicht bereits dann versagt werden, wenn sich das Grundwasser nach einer Prognoseentscheidung nur „graduell und in geringstem Ausmaß“ verschlechtere. Vielmehr sei auch bei der Entscheidung über Befreiungen das Geringfügigkeitsschwellenkonzept zu beachten. Eine schädliche Gewässerveränderung erfordere nachhaltige Störungen; keine relevante Beeinträchtigung stellten kurzzeitige oder sonst geringfügige Gewässerveränderungen dar. Die Fachbehörden hätten festgestellt, dass eine Gefährdung des Grundwassers durch die verfahrensgegenständliche Kleinkläranlage ausgeschlossen sei. Die ohnehin geringen Eintragsmengen würden durch den Grundwasserabstand von 21,22 m verdünnt. Auch biologisch nicht abbaubare, anthropogene Stoffe stellten keine Gefahr für die öffentliche Trinkwasserversorgung dar, da ihre Konzentration als unbedenklich einzustufen sei, solange die von der Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft aufgestellten Geringfügigkeitsschwellenwerte nicht überschritten würden. Der Betrieb der Kleinkläranlage bedeute nicht zwangsläufig ein höheres Gefährdungspotenzial als die Abwasserableitung im öffentlichen Kanalnetz. Auch die von der Klägerin vorgelegten Parteigutachten ließen keinen Schluss auf eine mögliche schädliche Gewässerveränderung zu. Mit der Aussage, „Belastungen“ des Brunnenwassers unterhalb von aktuellen Grenzwerten oder gesundheitlichen Orientierungswerten stellten eine Qualitätsverschlechterung des Rohwassers dar, da sie von den Verbrauchern nicht akzeptiert würden, könne keine Besorgnis einer schädlichen Gewässerverunreinigung begründet werden. Gegenstand der Befreiung sei alleine der bescheidskonforme Betrieb der Kleinkläranlage, nicht der vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte „nicht normale Betrieb“. Denn die Befreiung sei nur unter den entsprechenden Auflagen erteilt worden. Der Beklagte habe sein Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Das Landratsamt habe seine Erwägungen - u.a. zur Anschlussmöglichkeit des Anwesens des Beigeladenen an die Abwasserkanalisation - mit Schreiben vom 22. September 2015 ergänzt.
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Die Klägerin sei durch die Erteilung der Befreiung auch nicht in subjektiven Rechten verletzt. Als Drittanfechtungsklägerin könne sie keine umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides verlangen. Selbst wenn man unterstellte, die Vorschriften der Wasserschutzgebietsverordnung vermittelten ihr Drittschutz, könne sie sich als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht auf das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG berufen. Eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) scheide ebenfalls aus, weil die Funktionsfähigkeit ihrer Trinkwasserversorgung nicht erheblich beeinträchtigt sei. Die Ausnutzung der verfahrensgegenständlichen Befreiung führe nicht dazu, dass die Klägerin ihren Rechtspflichten zur Versorgung mit Trinkwasser nicht mehr nachkommen könnte. Vielmehr stünde auf der Grundlage der Stellungnahmen der Fachstellen Gegenteiliges fest.
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Der Beigeladene beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 14. November 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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6. Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Als Trägerin der öffentlichen Wasserversorgung sei sie klagebefugt, weil ihr ein Abwehrrecht gegen die Befreiung von Verboten einer Schutzgebietsverordnung zustehe. Die frühere Rechtsprechung, wonach eine solche den Wasserversorger nur reflexartig betreffe, sei im Hinblick auf dessen Pflichten zur Sicherung der unionsrechtlich vorgegebenen Trinkwasserqualität nach §§ 13 ff. TrinkwV 2001 überholt. Die in § 3 Nr. 4.1 und 4.5 WSG-VO angeordneten Verbote schützten nicht nur das Allgemeinwohl, sondern auch die Trinkwasserversorgungsanlage der Klägerin. Nach Art. 7 Abs. 3 der EU-Wasserrahmenrichtlinie (RL 2000/60/EG) bezweckten Wasserschutzgebiete, eine Verschlechterung der Grundwasserqualität zu verhindern und so den für die Trinkwassergewinnung erforderlichen Aufbereitungsumfang zu verringern.
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Der Beklagte habe bei der Erteilung der Befreiung den dafür geltenden strengen Prüfungsmaßstab verfehlt. Nach dem Besorgnisgrundsatz sei eine schädliche Gewässerverunreinigung nur dann nicht zu besorgen, wenn die Möglichkeit ihres Eintritts aufgrund wasserwirtschaftlicher Erkenntnisse und Erfahrungen, sei es auch bei ungewöhnlichen Umständen, nach menschlicher Erfahrung unwahrscheinlich sei. Schwere und Grad der zu besorgenden schädlichen Verunreinigung sei unmaßgeblich; jede Verschlechterung der Eigenschaften des Grundwassers gegenüber dem vorherigen Zustand - sei es auch nur graduell oder in geringstem Ausmaß - sei zu verhindern. Das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot sei auf Grundwasservorkommen anzuwenden und dürfe durch das Geringfügigkeitsschwellenkonzept des LAWA-Arbeitspapiers nicht relativiert werden. Das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot greife bereits unterhalb einer festgesetzten Geringfügigkeitsschwelle. Das T … W … habe Gefährdungspotenzial u.a. aus dem Eintrag biologisch nicht abbaubarer Stoffe (z.B. Arzneimittelrückstände) und Rückständen von Detergenzien und Tensiden (Geschirrspülmittel, Haushaltschemikalien) attestiert. Laut DVGW Arbeitsblatt W 101 (Juni 2006) habe die Abwasserversickerung aus Kleinkläranlagen im Wasserschutzgebiet ein höheres (als „sehr hoch“ einzustufendes) Gefährdungspotenzial als ein Anschluss an die öffentliche Kanalisation. Auch aus Sicht des Wasserwirtschaftsamts sei der Anschluss an das Kanalisationsnetz nach wie vor vorzugswürdig. Die Kleinkläranlage des Beigeladenen entspreche nicht mehr dem Stand der Technik, weil die vierte Reinigungsstufe in Form eines Aktivkohleeinsatzes fehle, der geeignet wäre, nicht abbaubare gewässergefährdende Stoffe zu beseitigen.
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Der Klägerin stehe ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht nur gegenüber der Wasserrechtsbehörde, sondern auch gegen den Beklagten zu. Dieses Recht sei dadurch verletzt, dass das Landratsamt die Befreiung nur damit begründet habe, dass durch die Kleinkläranlage eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Zustand eintrete und ein Anschluss an die Kanalisation teuer sei. Der frühere wasserrechtliche Missstand, der auf dem rechtswidrigen Verhalten des Beigeladenen beruhe (keine Dichtigkeitsprüfung der abflusslosen Grube; Ausbringung von Abwasser ohne Beachtung der Verbote der WSG-VO), sei kein Maßstab. Selbst wenn man einen Ermessensfehler nicht genügen ließe und eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der kommunalen Einrichtung fordere, sei eine Rechtsverletzung gegeben. Aus dem Restrisiko durch nicht abbaubare Stoffe ergebe sich für die Klägerin die Notwendigkeit einer langfristigen Grundwasserüberwachung und einer Bohrung von mindestens zwei neuen Messstellen. Zudem müsse die Nanofiltrationsanlage auf wassergefährdende Stoffe aus häuslichen Abwässern mit einem Kostenaufwand von 5 ct/m3 - bezogen auf die abgegebene Trinkwassermenge - nachgerüstet werden.
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7. Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 14. November 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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8. Am 11. Mai 2021 fand mündliche Verhandlung vor dem Senat statt. Mit Schriftsatz vom 12. Mai 2021 berichtigte die Landesanwaltschaft Bayern eine in der Sitzung vom Vertreter des Wasserwirtschaftsamts vorgetragene Berechnung zur aus der Kleinkläranlage des Beigeladenen zu erwartenden Belastung des Grundwassers mit Spurenstoffen. Die übrigen Beteiligten haben sich hierzu schriftsätzlich geäußert; eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.
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9. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Klägerin wird durch die angefochtene, dem Beigeladenen erteilte Befreiung nach § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG nicht in ihren Rechten verletzt (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts war deshalb abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Die Berufung ist zulässig. Sie ist rechtzeitig innerhalb der verlängerten Begründungsfrist nach § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 VwGO begründet worden und enthält einen bestimmten Berufungsantrag und im Einzelnen angeführte Berufungsgründe (vgl. § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
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Die Berufung ist begründet.
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I. Die Klage ist als Drittanfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) zulässig. Die Klägerin ist klagebefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO. Sie beruft sich auf die Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2, 83 Abs. 1 BV) durch Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit ihrer öffentlichen Wasserversorgung infolge der angegriffenen Befreiung von Verboten der Wasserschutzgebietsverordnung (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG). Eine solche ist nicht von vorneherein auszuschließen, auch wenn nach der früheren Rechtsprechung (vgl. BVerwG, U.v. 11.3.1970 - 4 C 59.67 - BayVBl 1970, 286 = juris Rn. 17 ff.; BayVGH, U.v.18.5.1990 - 22 B 88.763 - BayVBl 1990, 472) eine Klagebefugnis des Trägers der öffentlichen Wasserversorgung gegen die Zulassung von Ausnahmen von Verboten einer Wasserschutzgebietsverordnung mit der Begründung verneint wurde, dass er durch dessen Festsetzungen nur reflexartig betroffen sei (vgl. hierzu kritisch BayVGH, B.v. 20.2.2015 - 8 CS 14.2591 - W+B 2015, 125 = juris Rn. 12; Gößl in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, Stand September 2020, § 52 WHG Rn. 74). Die Klägerin beruft sich u.a. auf das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot aus § 47 Abs. 1 Nr. 1 WHG i.V.m. Art. 7 Abs. 3 der RL 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 über die Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie - WRRL, ABl. L 327 S. 1), der das allgemeine Verschlechterungsverbot nach Art. 4 Abs. 1 WRRL ergänzt (vgl. BVerwG, U.v. 26.11.2015 - 7 CN 1.14 - UPR 2016, 190 = juris Rn. 34). Hierzu hat der Europäische Gerichtshof inzwischen entschieden, dass natürliche und juristische Personen, die als legitime Gewässernutzer unmittelbar von einer Verletzung dieser Richtlinienbestimmungen betroffen sind, die Einhaltung der entsprechenden Verpflichtungen bei den zuständigen Behörden - ggf. auch auf dem Rechtsweg - einfordern können müssen (EuGH, U.v. 28.5.2020 - C-535/18 - NVwZ 2020, 1177 = juris Rn. 132; vgl. auch U.v. 3.10.2019 - C-197/18 - NVwZ 2019, 1587 = juris Rn. 32 zur RL 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen - Nitrat-Richtlinie, ABl. L 375 S. 1). Im Hinblick darauf kann der Klägerin eine mögliche Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts als Betreiberin einer öffentlichen Wasserversorgungsanlage nicht abgesprochen werden; ob ihr ein Abwehrrecht tatsächlich zusteht, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2018 - 3 C 18.16 - BVerwGE 162, 135 - juris Rn. 24; B.v. 26.3.2007 - 7 B 75.06 - juris Rn. 6).
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II. Die Drittanfechtungsklage ist unbegründet.
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Die Erteilung der angegriffenen Befreiung von den Verboten in § 3 Abs. 1 Nr. 4.1 und 4.5 WSG-VO erging auf Grundlage des § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG ohne Verletzung drittschützender Normen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auf die objektive Rechtmäßigkeit des Bescheids kommt es nicht an (vgl. BVerwG, U.v. 26.1.2011 - 6 C 2.10 - NVwZ 2011, 613 = juris Rn. 32; BayVGH, B.v. 17.5.2018 - 8 ZB 16.1977 - juris Rn. 26).
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1. Bei Drittanfechtungsklagen gegen eine Befreiung von Verboten einer Wasserschutzgebietsverordnung nach § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG ist mangels abweichender Regelungen des materiellen Rechts auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 2.11.2017 - 7 C 25.15 - NVwZ 2018, 986 - juris Rn. 23; B.v. 10.10.2017 - 7 B 5.17 - juris Rn. 17). Änderungen der fachlichen Erkenntnisse sind jedoch zu berücksichtigen, denn sie stellen keine nachträgliche Verschärfung der Sach- oder Rechtslage dar, sondern spätere Erkenntnisse zur ursprünglichen Sachlage (vgl. HessVGH, B.v. 14.1.2021 - 9 B 2223/20 - ZNER 2021, 108 = juris Rn. 10; OVG NW, B.v. 23.6.2010 - 8 A 340/09 - ZNER 2010, 514 = juris Rn. 22).
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2. Die angefochtene Befreiung verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
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Drittschutz besteht auch im Wasserrecht grundsätzlich nur, soweit ihn der Gesetzgeber gesetzlich normiert hat (vgl. BVerwG, U.v. 23.8.1996 - 4 C 13.94 - BVerwGE 101, 364 = juris Rn. 45). Der öffentlich-rechtliche Drittschutz lässt sich grundsätzlich nur aus Rechtsvorschriften ableiten, die das individuell geschützte private Interesse Dritter hinreichend deutlich erkennen lassen (vgl. BVerwG, U.v. 6.9.2004 - 7 B 62.04 - ZfW 2005, 227 = juris Rn. 10). Dies sind solche Vorschriften, die einen überschaubaren Personenkreis, seine geschützten Interessen und die Art der Rechtsverletzungen hinreichend klar bestimmen, bezüglich derer Drittschutz gelten soll (vgl. BVerwG, U.v. 28.11.2017 - 7 A 17.12 - BVerwGE 161, 17 = juris Rn. 56 m.w.N.).
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a) Nach diesem Maßstab entfaltet § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG keine drittschützende Wirkung in Bezug auf die Klägerin als Trägerin der öffentlichen Wasserversorgung i.S.d. § 50 WHG. Eine ausdrückliche Aussage, wonach der Träger der öffentlichen Wasserversorgung die Beachtung der gesetzlichen Vorgaben bei der Erteilung einer Befreiung von Verboten einer Wasserschutzgebietsverordnung nach § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG verlangen kann, enthält das Gesetz nicht. Auch den Gesetzesmaterialien ist eine solche Interpretation nicht zu entnehmen (vgl. BT-Drs. 16/12275 S. 67). § 50 WHG, der Regelungen zur öffentlichen Wasserversorgung trifft, enthält keine solche drittschützende Wirkung. Auch die Zusammenschau mit der Benennung des begünstigten Trägers der öffentlichen Wasserversorgung in § 51 Abs. 1 Satz 2 WHG führt nicht zu einer Subjektivierung der Vorschrift (vgl. Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1089); die Regelung hat vielmehr eine bloße Ordnungsfunktion und dient der Identifikation der Schuldner etwaiger Entschädigungen (vgl. BT-Drs. 16/12275 S. 67; Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 51 Rn. 53).
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§ 4 WSG-VO ist ebenfalls kein drittschützender Charakter für den begünstigten Träger der öffentlichen Wasserversorgung zu entnehmen. Nach dem Wortlaut der Bestimmung können von den Verboten des § 3 WSG-VO Ausnahmen zugelassen werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies erfordert oder das Verbot im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führen würde und das Gemeinwohl der Ausnahme nicht entgegensteht. Die Regelung ist danach insbesondere Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips für die betroffenen Grundeigentümer (vgl. auch BT-Drs. 16/12275 S. 67). Auch durch Auslegung (vgl. dazu etwa BVerwG, U.v. 9.8.2018 - 4 C 7.17 - BVerwGE 162, 363 = juris Rn. 16) lässt sich eine drittschützende Wirkung nicht erzielen.
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Im Übrigen verlangt auch die verfassungsrechtliche Rechtschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG keine Annahme einer drittschützenden Wirkung der o.g. Vorschriften, da die Klägerin Rechtsschutz gegen die Errichtung und den Betrieb der streitgegenständlichen Kleinkläranlage durch Drittanfechtung der diesbezüglichen Erlaubnis erlangen kann (vgl. auch BVerfG, B.v. 29.7.1988 - 1 BvR 1047/88 - UPR 1988, 387 = juris Rn. 3), wovon sie Gebrauch gemacht hat (vgl. Verfahren Az. 8 B 19.1587).
35
b) Eine Verletzung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots aus Art. 47 Abs. 1 WHG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b und Art. 7 Abs. 3 WRRL liegt nicht vor.
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aa) Eine Verletzung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots scheidet nicht bereits deshalb aus, weil die Klägerin seit 1. Januar 2021 keine wasserrechtliche Gestattung zur Grundwasserentnahme mehr besitzt. Zwar kann sich nur der „legitime“ Grundwassernutzer, d.h. der zur Grundwasserentnahme berechtigte Wasserversorger, auf das Verschlechterungsverbot berufen (vgl. BVerwG, B.v. 11.2.2021 - 9 VR 1.21 - juris Rn. 8; EuGH, U.v. 3.10.2019 - C-197/18 - NVwZ 2019, 1587 = juris Rn. 40; U.v. 28.5.2020 - C-535/18 - NVwZ 2020, 1177 = juris Rn. 132). Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Bescheids am 27. Mai 2021 (vgl. BVerwG, U.v. 2.11.2017 - 7 C 25.15 - NVwZ 2018, 986 - juris Rn. 23) verfügte die Klägerin über eine gehobene wasserrechtliche Erlaubnis zur Grundwasserentnahme aus den Brunnen I bis IV ihrer Wassergewinnungsanlage. Die nachträgliche Änderung der Sachlage ist nicht zu berücksichtigen, auch wenn man sie als Änderung zugunsten des Beigeladenen als Kleinkläranlagenbetreiber versteht. Denn die hier vorliegende Ausgangssituation ist nicht mit derjenigen baurechtlicher Drittanfechtungsklagen vergleichbar, bei denen es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) nicht vereinbar wäre, eine zur Zeit des Erlasses rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich wieder erteilt werden müsste (vgl. BVerwG, B.v. 23.4.1998 - 4 B 40.98 - NVwZ 1998, 1179 = juris Rn. 3). Mangels Recht auf Gewässerbenutzung ist die nachträgliche Änderung des Sachverhalts zugunsten des Beigeladenen im vorliegenden Fall nicht zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2019 - 8 CS 18.2411 - NuR 2019, 787 = juris Rn. 27).
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bb) Die für die Kleinkläranlage des Beigeladenen erteilte Befreiung führt aber nicht zu einer Verschlechterung des chemischen Zustands des Grundwasserkörpers. Von einer vorhabenbedingten Verschlechterung des chemischen Zustands eines Grundwasserkörpers ist auszugehen, wenn mindestens eine der Qualitätsnormen oder einer der Schwellenwerte im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der RL 2006/118/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (ABl. L 372 S. 19 - Grundwasser-Richtlinie; vgl. auch § 5 der Verordnung zum Schutz des Grundwassers [Grundwasserverordnung - GrwV]) überschritten wird, als auch dann, wenn sich die Konzentration eines Schadstoffs, dessen Schwellenwert bereits überschritten ist, voraussichtlich erhöhen wird, wobei die an jeder Überwachungsstelle gemessenen Werte individuell zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, U.v. 28.5.2020 - C-535/18 - NVwZ 2020, 1177 = juris Rn. 119; BVerwG, U.v. 30.11.2020 - 9 A 5.20 - NuR 2021, 119 = juris Rn. 38; U.v. 26.11.2015 - 7 CN 1.14 - UPR 2016, 190 = juris Rn. 33).
38
Eine solche Überschreitung eines Qualitäts- oder Schwellenwerts für einen Schadstoff, die aufgrund einer Prognoseentscheidung (vgl. unten [1]) bei einem Betrieb der Kleinkläranlage im Rahmen der zur Gewässerbenutzung erteilten Gestattung zu treffen ist (vgl. unten [2]), ist nicht hinreichend wahrscheinlich (vgl. unten [3]).
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(1) Bei der Beurteilung, ob die streitgegenständliche Befreiung von Verboten der WSG-VO zu einer Verschlechterung des chemischen Zustands des Grundwasserkörpers führt, handelt es sich um eine Prognoseentscheidung. Eine solche erfolgt fehlerfrei, wenn sie unter Berücksichtigung aller zum Entscheidungszeitpunkt vorhandenen Daten und Erkenntnismittel in einer der Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist (vgl. Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, Stand Februar 2021, § 14 WHG Rn. 33). Unerheblich ist, ob sich die Prognose später als richtig oder unzutreffend erweist. Nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens gewonnene neue Erkenntnisse führen deshalb regelmäßig nicht dazu, dass die Prognoseentscheidung rechtsfehlerhaft und ein hierauf gegründeter Verwaltungsakt rechtswidrig wäre (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2018 - 8 ZB 17.867 - juris Rn. 28).
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Ob ein Vorhaben eine Verschlechterung des Zustands eines Gewässers bewirken kann, beurteilt sich nach dem allgemeinen ordnungsrechtlichen Maßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Eine Verschlechterung muss daher nicht ausgeschlossen, aber auch nicht sicher zu erwarten sein (vgl. BVerwG, U.v. 4.6.2020 - 7 A 1.18 - NuR 2020, 709 = juris Rn. 113; U.v. 9.2.2017 - 7 A 2.15 u.a. - BVerwGE 158,1 = juris Rn. 480). Damit ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts (vgl. UA S. 9 ff.) - nicht auf den strengen Maßstab des objektivrechtlichen Besorgnisgrundsatzes nach § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG zurückzugreifen, der (nur) verlangt, dass die Möglichkeit einer schädlichen Verunreinigung des Grundwassers oder einer sonstigen nachhaltigen Veränderung seiner Eigenschaften nach den gegebenen Umständen und im Rahmen einer sachlich vertretbaren, auf konkreten Feststellungen beruhenden Prognose nicht von der Hand zu weisen ist (vgl. BVerwG, B.v. 28.6.2019 - 7 B 26.18 - juris Rn. 17) bzw. der nicht erfüllt ist, wenn es mit einer an Gewissheit grenzenden, alle vernünftigen Zweifel ausschließenden Sicherheit nicht zu einer nachteiligen Veränderung der Wasserbeschaffenheit kommt (vgl. BayVGH, B.v. 9.7.2019 - 8 ZB 19.296 - NVwZ-RR 2020, 306 = juris Rn. 18; B.v. 23.10.2019 - 8 ZB 19.1323 - RdL 2020, 397 = juris Rn. 11).
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(2) Bei der Prognose zu den Auswirkungen des Gegenstands der Befreiung ist von einer Befolgung der Auflagen und Bedingungen des Erlaubnisbescheids der Stadt A … vom 27. Mai 2014 auszugehen; insbesondere die Nebenbestimmung Nr. 2.2 des angegriffenen Bescheids legt fest, dass die Auflagen und Bedingungen des Erlaubnisbescheids zu befolgen sind. Dies hat das Wasserwirtschaftsamt seiner fachlichen Bewertung des Vorhabens zutreffend zugrunde gelegt (vgl. WWA, Stellungnahme vom 20.11.2014 [Az. 1.2-4532.5-AB114-16169/2014 - in den Akten auch mit Datum 19.11.2014] S. 3). Der Bescheid, den die Klägerin mit ihrer Anfechtungsklage angreift, würde nicht rechtswidrig, wenn die Anlage, auf die sich die Befreiung bezieht, erlaubniswidrig errichtet oder betrieben würde. Etwaige Verstöße gegen Nebenbestimmungen der Befreiung nach § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG wären nicht mit einer Anfechtungsklage, sondern mit einer Verpflichtungsklage auf gewässeraufsichtliches Einschreiten nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG und Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2020 - 8 ZB 19.1481 - ZfW 2020, 134 = juris Rn. 15).
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Abgesehen davon vermag der Senat nicht zu erkennen, dass ein bescheidgemäßer Betrieb der Kleinkläranlage von vorneherein unmöglich wäre. Dies widerspräche der fachlichen Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts (vgl. Stellungnahme vom 20.11.2014 S. 2 ff. und Einlassung des Vertreters des WWA in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat). Die Aussage des Wasserwirtschaftsamts, die Kläranlage stelle ein technisch und betrieblich aufwendiges System dar, das sehr empfindlich auf Nachlässigkeiten im Betrieb reagiere (vgl. Stellungnahme vom 17.10.2013 S. 4), steht dazu nicht im Widerspruch. Der vom Verwaltungsgericht gezogene Umkehrschluss (vgl. UA S. 12), eine längerfristige ordnungsgemäße Funktion der Kleinkläranlage sei zwar theoretisch möglich, aber selbst bei guter Motivation des Betreibers unrealistisch, ist hieraus nicht zu entnehmen. Soweit sich das Erstgericht diesbezüglich auch auf die - anlässlich der Ablehnung der Gutachtenserstellung für die Kostenermittlung eines Anschlusses an die öffentliche Entwässerungsanlage beiläufig getätigte - Aussage des Gutachters Prof. Dr. Z. (Schreiben vom 27. Juni 2016, VG-Akte Band 1) gestützt hat, ist bereits nicht erkennbar, dass diese Fragestellung von dessen Sachgebiet („Hydraulik in der Wasserwirtschaft“) umfasst wäre. Im Übrigen hat der Beigeladene neben den umfangreichen Betreiberpflichten (Eigenkontrolle) für Betrieb und Wartung der Anlage (vgl. insbesondere Nebenbestimmungen Nr. 3.5 und 3.13 der Erlaubnis) u.a. die Funktionstüchtigkeit der Anlage alle zwei Jahre durch einen privaten Sachverständigen gegenüber bescheinigen zu lassen (vgl. Nr. 3.18 der Erlaubnis; vgl. zu den Betreiberpflichten auch WWA, Stellungnahme vom 20.11.2014 S. 3 f.).
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Hinsichtlich des Einflusses von Stoffen, welche die biologische Reinigungsleistung beeinträchtigen können (z.B. Geschirrspüler) hat das Wasserwirtschaftsamt auf neuere Untersuchungen verwiesen, wonach bei den zu erwartenden Konzentrationen im häuslichen Abwasser bei ordnungsgemäßem Betrieb keinerlei Beeinträchtigung der Reinigungsleistung vollbiologischer Kleinkläranlagen beobachtet werden kann (vgl. Stellungnahme vom 20.11.2014 S. 3). Das Bayerische Landesamt für Umwelt hat diese fachliche Einschätzung bestätigt (vgl. WWA, Stellungnahme zur Einschätzung spezieller Fachfragen durch das Landesamt für Umwelt vom 29.7.2015 S. 2 f., auf die sich der Beigeladene auch in diesem Verfahren berufen hat, vgl. GA S. 16). Die Nebenbestimmung Nr. 3.5 des Erlaubnisbescheids gibt insoweit vor, dass biologisch unverträgliche Stoffe, welche die Abwasserreinigung behindern, nicht in die Anlage gelangen dürfen. Ob die Produkteignung für biologischen Kleinkläranlagen für den Käufer (leicht) erkennbar ist, was die Klägerin bestreitet (vgl. Stellungnahme T … W … vom 14.10.2014 S. 2), ist rechtlich nicht maßgeblich, da der Betreiber andernfalls gehalten ist, entsprechende Informationen einzuholen.
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(3) Eine Verschlechterung des Grundwasserkörpers in Form einer Überschreitung eines Qualitäts- oder Schwellenwerts für einen Schadstoff (vgl. oben Rn. 37), ist weder dargelegt noch sonst erkennbar. Das Wasserwirtschaftsamt, dessen amtlichen Auskünften und Gutachten eine besondere Bedeutung zukommt (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2019 - 8 CS 18.2411 - NuR 2019, 787 = juris Rn. 14 m.w.N.), gelangt zu der Einschätzung, dass durch den Betrieb der Kleinkläranlage des Beigeladenen keine relevante Qualitätsverschlechterung des Rohwassers für die Wasserversorgung der Klägerin zu erwarten sei (vgl. Stellungnahmen vom 17.10.2013, 20.11.2014, 29.7.2015 und 25.1.2016). Die hiergegen gerichteten, privatgutachterlich gestützten Einwendungen der Klägerin erschüttern diese plausible fachbehördliche Bewertung nicht. Sie belegen auch nicht, dass infolge der Gewässerbenutzung des Beigeladenen, die seit Dezember 2014 andauert, das aus den Brunnen der Klägerin geförderte Trinkwasser zusätzlich aufbereitet werden müsste (vgl. auch Art. 7 Abs. 3 Satz 1 WRRL).
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(a) Die zentrale Aussage des T …s W …, durch die Errichtung bzw. den Betrieb der Kleinkläranlage im Einzugsgebiet der Wassergewinnungsanlage sei mittelfristig eine Verschlechterung der Wasserqualität zu besorgen (vgl. insbesondere die Stellungnahmen vom 14.10.2014 S. 1, 7.12.2015 S. 5 und 31.3.2016 S. 3), legt einen - für die vorliegende Drittanfechtungsklage nicht maßgeblichen - objektivrechtlichen Prognosemaßstab nach §§ 12 Abs. 1 Nr. 1, 48 Abs. 1 Satz 1 WHG zugrunde (vgl. oben Rn. 39 ff.; BayVGH, B.v. 11.2.2020 - 8 ZB 19.1481 - ZfW 2020, 134 = juris Rn. 13; U.v. 28.7.2010 - 22 B 09.1949 - ZfW 2011, 146 = juris Rn. 20 ff.). Dass im Zeitpunkt der Erteilung der angefochtenen Befreiung zugrunde gelegt hätte werden müssen, dass es bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Kleinkläranlage mit hinreichender Wahrscheinlichkeit (vgl. oben Rn. 40) zu einer Verschlechterung von Qualitätsnormen oder Schwellenwerte für das Grundwasser käme, ist weder dargelegt noch erkennbar. Noch viel weniger ist belegt, dass die Funktionsfähigkeit der Wassergewinnungsanlage der Klägerin zerstört oder erheblich beeinträchtigt würde, sodass deren Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG verletzt sein könnte (vgl. hierzu das zwischen den Beteiligten ergangene Urteil des Senats vom 20.5.2021 im Parallelverfahren [Erlaubnis] Az. 8 B 19.1587).
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(b) Dass ein Eintrag biologisch nicht abbaubarer Spurenstoffe (z.B. Arzneimittelrückstände, hormonell wirkende Stoffe, Süßstoffe usw.) nicht ausgeschlossen werden kann, verhilft der Drittanfechtungsklage ebenfalls nicht zum Erfolg. Für diese von der Klägerin thematisierten Stoffe sind gesetzliche Grenzwerte, die zu einer Verschlechterung des chemischen Zustands des Grundwassers führten, nicht vorhanden (vgl. § 5 GrwV mit Anlage 2 und Art. 3 Abs. 1 Grundwasser-Richtlinie mit Anhängen) bzw. überschritten (vgl. BVerwG, U.v. 26.11.2015 - 7 CN 1.14 - UPR 2016, 190 = juris Rn. 33). Die vom Betrieb der erlaubten Kleinkläranlagen zu erwartenden Stoffkonzentrationen erreichen nicht einmal die vom Umweltbundesamt in Konkretisierung des Vorsorgeprinzips festgelegten „Gesundheitlichen Orientierungswerte“ (vgl. hierzu das im Verfahren Az. 8 B 19.1587 ergangene Senatsurteil), die ohnehin nicht den rechtlichen Maßstab für eine Verletzung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots bilden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen entspricht der Billigkeit, weil dieser ein Kostenrisiko übernommen hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.