Titel:
Kosten für Inanspruchnahme der gemeindlichen Feuerwehr
Normenketten:
BayFwG Art. 28 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1
BayKAG Art. 10 Nr. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b lit. bb Spiegelstrich 3
AO § 169 Abs. 2 S. 1
GBGB Art. 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Leitsatz:
Kosten für die Inanspruchnahme der gemeindlichen Feuerwehr nach Art. 28 BayFwG sind Abgaben im Sinne des Art. 10 Nr. 2 KAG mit der Folge, dass die vierjährige Festsetzungsfrist gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 3 KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 AO gilt. Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGBGB ist nicht anwendbar. (Rn. 25 – 26)
Schlagworte:
Kosten für Feuerwehreinsatz, abgestürztes Leichtflugzeug, Notwendigkeit der Aufwendungen, angemessener Personal- und Fahrzeugeinsatz, Kommunalabgabe, Festsetzungsfrist, Erlöschen, Feuerwehr, Inanspruchnahme, Abgaben
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 05.12.2019 – W 5 K 18.846
Fundstellen:
DVBl 2021, 1266
BayVBl 2022, 745
DÖV 2021, 799
BeckRS 2021, 11606
LSK 2021, 11606
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Kosten eines Feuerwehreinsatzes zur Durchführung von Absicherungsmaßnahmen während der Bergung eines in einem See verunfallten Ultraleichtflugzeugs.
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Am 14. Juli 2013 um ca. 17:55 Uhr verunfallte ein vom Kläger geführtes Ultraleichtflugzeug mit Verbrennungsmotor bei einem Landevorgang auf dem Flughafen in Haßfurt. Das Flugzeug kam bei auftretendem Wind von der Landebahn ab und stürzte in den nahgelegenen Sichelsee. Die beiden Insassen des Flugzeugs blieben unverletzt und konnten sich an Land retten. Halter des Flugzeugs war ein Motorflugclub, dessen 1. Vorsitzender der Kläger ist. Die am 14. Juli 2013 um 17:57 Uhr von der Integrierten Leitstelle in Schweinfurt unter dem Alarmstichwort „Verkehrsunfall Flugzeug 1“ erstalarmierte Freiwillige Feuerwehr der Beklagten rückte mit einem Kommandotransportwagen (KdoW), einem Rüstwagen (RW), einem Löschgruppenfahrzeug (LF 16/12), einem Tanklöschfahrzeug (TLF 24/50), einem Gerätewagen Logistik (GW-L2), einem Mehrzweckfahrzeug (MZF) sowie einem gezogenen Pulverlöschanhänger (P 250) zur Einsatzstelle aus. Vor Ort erfolgte eine Lagesondierung durch die Einsatzleitung der Freiwilligen Feuerwehr, woraufhin drei Fahrzeuge (TLF 24/50, GW-L2 und P 250) zurückbeordert wurden, die um 18:53 Uhr wieder in die Feuerwache einrückten. Ein Mannschaftstransportwagen (MTW) der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten wurde um 19:07 Uhr auf Veranlassung der Einsatzleitung nachalarmiert. Der Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten endete um 21:14 Uhr mit dem Wiedereinrücken des letzten Fahrzeugs. Insgesamt kamen 28 Feuerwehrkräfte der Freiwilligen Feuerwehr zum Einsatz. Weiterhin kamen Einsatzkräfte und Fahrzeuge der Freiwilligen Feuerwehren Zeil und Sand zum Einsatz.
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Mit Bescheid vom 23. Februar 2017 erhob die Beklagte auf der Grundlage von Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes (BayFwG) vom Kläger Kosten in Höhe von 2.606,14 Euro. Die Feuerwehr habe technischen Hilfsdienst im Rahmen eines Einsatzes geleistet, bei dem die Gefahr durch den Betrieb eines Luftfahrzeugs veranlasst worden sei. Der Kläger sei als Pilot und Verursacher der Gefahr nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG zum Ersatz verpflichtet. Die Kosteninanspruchnahme erfolge in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens. Die Kostenhöhe bestimme sich auf der Grundlage von Art. 28 Abs. 4 Satz 1 BayFwG i.V.m. der Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen städtischer Feuerwehren und sei im Einzelnen der dem Bescheid beigefügten Kostenzusammenstellung zu entnehmen. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2018 wies das Landratsamt Haßberge den vom Kläger eingelegten Widerspruch zurück.
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Am 25. Juni 2018 erhob der Kläger gegen Bescheid und Widerspruchsbescheid Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg. Der angefochtene Bescheid sei rechtwidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Der geltend gemachte Anspruch sei verjährt. Zwischen dem Einsatzzeitpunkt am 14. Juli 2013 und dem Erlass des Kostenbescheids am 23. Februar 2017 seien über drei Jahre verstrichen. Der Anspruch auf Erstattung von Auslagen sei daher gemäß Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGBGB am 31. Dezember 2016 erloschen. Die Vorschrift werde auch nicht durch Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb KAG i.V.m. § 169 AO verdrängt, da Aufwendungen gemäß Art. 28 BayFwG keine Abgaben i.S.v. Art. 13 KAG darstellten. Es handele sich nicht um eine Kommunalabgabe im engen Sinne, da die Rechtsgrundlage nicht im KAG enthalten sei. Unabhängig davon sei der Auslagenersatz auf das angemessene Maß zu reduzieren. Für den Einsatz seien 28 Feuerwehrleute und neun Einsatzfahrzeuge abgerechnet worden. Obgleich sich nach Eintreffen am Einsatzort umgehend habe erkennen lassen, dass sich die Tätigkeit der Feuerwehr darauf habe beschränken können, das Auslaufen von Kraftstoff zu erkunden, sei sie mit nahezu allen ausgerückten Kräften und Einsatzmitteln vor Ort geblieben. Lediglich sechs Einsatzkräfte seien für nur 40 Minuten abgerechnet worden. Hingegen seien noch immer 16 Einsatzkräfte für die gesamte und sechs Einsatzkräfte für 2/3 der Einsatzdauer abgerechnet worden. Eine Anpassung der exante Sicht sei erforderlich, sofern die Situation vor Ort ein geringeres Schadensbild ergebe als zunächst angenommen. Beim Eintreffen der Feuerwehr hätten sich keine Personen mehr im Wasser befunden. Eine Brandgefahr habe nicht bestanden. Die Bergung sei nicht von der Feuerwehr, sondern vom Halter des Flugzeugs und der Wasserwacht unter Beiziehung der Firma M.-GmbH mithilfe eines über einen 3-Tonnen-Kran verfügenden LKWs durchgeführt worden. Es seien allein noch Maßnahmen zum Naturschutz vonnöten gewesen. Um den Austritt von Kraftstoff und Öl zu verhindern, hätten ein Rettungsboot mit drei Personen und der zugehörige Rüstwagen ausgereicht. Die Feuerwehr habe die Gefahrenlage vor Ort entweder fehlerhaft eingeschätzt oder sie habe die Bergung aus persönlichem Interesse beobachten wollen.
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Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der Anspruch sei nicht verjährt. Der allgemeine Erlöschenstatbestand des Art. 71 AGBGB werde von Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb KAG i.V.m. § 169 AO verdrängt. Der Einsatz sei mit Blick auf die Personalstärke und die eingesetzten Fahrzeuge sowohl aus der exante-Sicht aufgrund des erhaltenen Meldebilds als auch aufgrund der Einschätzung vor Ort erforderlich gewesen. So habe während der Bergung geprüft und kontrolliert werden müssen, ob Betriebsstoffe aus dem beschädigten Flugzeug austräten. Der Sichelsee sei ökologisch sehr bedeutsam. Die Feuerwehr habe Absicherungsmaßnahmen getroffen, um Gefahren vorzubeugen oder abzuwenden, die bei Auslösen des um 19:37 Uhr vom Kläger gesicherten Rettungssystems hätten auftreten können. Zudem sei eine Sicherung des bei der Bergung eingesetzten Kran-LKW erforderlich gewesen. Die Einsatzleitung der Freiwilligen Feuerwehr habe die Bergungsfirma darauf hinweisen müssen, dass die Bergung nicht fachgerecht durchgeführt worden sei und dass grundlegende Sicherheitsstandards nicht eingehalten worden seien. Es hätten sich Personen im Schwenk- und Arbeitsbereich des Krans aufgehalten. Der Kran-LKW sei auf der dem Wasser abgewandten Seite aufgrund des Gewichts des mit Wasser vollgelaufenen Flugzeugs vom Boden abgehoben. Um ca. 20:10 Uhr habe die Einsatzleitung der Feuerwehr die Bergung unterbrochen und die vollständige Räumung des Gefahrenbereichs veranlasst. Die Feuerwehr habe auch den Flurbereinigungsweg und den unmittelbaren Zugang zur Unfallstelle sichern müssen. Eine Brandabsicherung sei erforderlich gewesen. Es sei nicht sicher auszuschließen gewesen, dass es aufgrund austretender Betriebsstoffe zu einem Brand am abgestürzten Leichtflugzeug komme.
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Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 5. Dezember 2019 ab. Der Kläger sei zum Ersatz der Kosten für den streitgegenständlichen Einsatz der Feuerwehr der Beklagten verpflichtet, weil er diesen verursacht habe. Seine Inanspruchnahme sei ermessensfehlerfrei. Auch die Höhe der veranschlagten Aufwendungen sei im Hinblick auf die für die Einsatzfahrzeuge angesetzten Streckenkosten, Ausrückestundenkosten sowie die Personalkosten nicht zu beanstanden; insbesondere seien sie notwendig i.S.v. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG gewesen. Die Feuerwehr der Beklagten sei entsprechend dem Meldebild „Verkehrsunfall Flugzeug 1“ nicht mit einer unangemessen hohen Zahl an Feuerwehrkräften und Einsatzfahrzeugen ausgerückt. Die Pflicht, nach Einschätzung der Lage vor Ort einen Großteil der Feuerwehr unverzüglich wieder abzuziehen, habe aus Sachgründen nicht bestanden. Das Vorhalten der noch bis zum Abschluss der Bergungsarbeiten anwesenden Einsatzkräfte sei als angemessen zu beurteilen. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass nach der vor Ort getroffenen fachlichen Einschätzung der Einsatzleitung die Überwachung der Bergung und die Sicherung der Unfallstelle erforderlich gewesen sei. Die Kostenforderung sei auch nicht verjährt. Die dreijährige Erlöschensfrist des Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGBGB werde von der Spezialregelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 AO, der eine vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist vorsehe, verdrängt.
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Gegen das Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt dieser vor, der Kostenbescheid sei aus materiellrechtlichen Gründen rechtswidrig; er verstoße gegen das Übermaßverbot. Die Besonderheit des abgerechneten Einsatzes liege darin, dass beim Eintreffen der Feuerwehr bereits die Wasserwacht und das private Unternehmen M.-GmbH mit der Bergung beauftragt gewesen seien und diese auch fachgerecht durchgeführt worden sei. Die Unfallstelle habe rund 100 m vom Flughafen entfernt gelegen, so dass dieser nicht hätte gesperrt werden müssen. Der Unfallort und die Bergung hätten sich an einem Feldweg befunden, bei dem es sich nicht um eine Durchgangsstraße gehandelt habe; eine Sperrung sei daher nicht erforderlich gewesen. Eine Gefahr für Menschen habe nicht bestanden. Die Bergung sei fachgerecht durchgeführt worden. Hierfür sei Beweis angeboten worden durch Lichtbilder und Zeugeneinvernahme. Einzig notwendig gewesen sei das Errichten einer Ölsperre. Öl oder Benzin sei ausweislich des Einsatzberichts der Polizeiinspektion Haßfurt vom 8. Juni 2017 nicht ausgelaufen. Gleichwohl seien 22 Personen und sechs Einsatzfahrzeuge vor Ort geblieben. Sämtliche Beweise seien ohne jegliche Begründung vom erstinstanzlichen Gericht nicht gewürdigt worden, insbesondere sei keine Zeugeneinvernahme erfolgt. Nach Eintreffen vor Ort und der Möglichkeit der Beurteilung der Situation hätte der Einsatz auf ein Minimum reduziert werden können und müssen. Für Kosten aufgrund einer Fehleinschätzung der Gefahrenlage durch die Einsatzleitung müsse der Kläger nicht aufkommen. Darüber hinaus wiederholte der Kläger seine Ausführungen in der Klagebegründung und der Zulassungsbegründung zur Verjährung der Kostenforderung der Beklagten.
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 5. Dezember 2019 den Bescheid der Beklagten 23. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Haßberge vom 18. Mai 2018 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Zur Begründung führt die Beklagte aus, es sei kein Bergeunternehmen tätig gewesen, sondern eine Firma für Brunnenbau etc., die sich eines LKWs mit Ladekran bedient habe. Dass der LKW über einen 3-Tonnen-Ladekran verfügt habe, erwecke den falschen Eindruck, dieser habe generell die Fähigkeit, eine solche Last unter allen Einsatzbedingungen zu heben. Das sei allenfalls im Nahbereich der Fall, je weiter jedoch die Ausladung solcher Ladekräne reiche, umso geringer werde die Möglichkeit, Lasten anzuheben. Der Kran sei auch nicht lang genug gewesen, um den Haken zum Anheben des Flugzeugs sicher platzieren zu können. Die Bergung sei nur durch ein extrem waghalsiges Manöver gelungen, von dem mehrfach eine weitere Gefahr ausgegangen sei. Weiter treffe die Behauptung, dass kein Öl oder Benzin ausgelaufen sei, nicht zu. Nachdem die Besatzung des Schlauchboots einen Ölfilm auf dem Wasser festgestellt habe, sei in Absprache mit einem Mitarbeiter des Umweltamts der Beklagten und dem Fachberater Gefahrgut eine kleine Ölsperre eingezogen worden. Es seien Personal und Gerätschaft seitens der Feuerwehr bereitgehalten worden, um einem weiteren Austritt vom Betriebsstoffen im Wasser oder beim Bergevorgang sofort begegnen zu können. Der Einsatz sei in enger Koordination mit den anwesenden Hilfsorganisationen - Polizei, Feuerwehr, Kreisbrandinspektor, Fachberater Gefahrgut, Wasserwacht, THW - und dem Umweltamt der Stadt durchgeführt worden. Wäre die Bergung schiefgegangen, wäre ein weiterer Einsatz der Feuerwehr sofort notwendig und erforderlich gewesen. Der Vortrag, dass die Bergung fachgerecht und sicher durchgeführt worden sei, entspreche nicht den Tatsachen. Der Einsatzleiter habe die Bergung mehrfach stoppen müssen, um ein Kippen des Kranfahrzeugs zu vermeiden. Zudem hätten sich immer wieder Personen im Arbeits- und Schwenkbereich des Krans sowie im Kippbereich des LKWs befunden. Eine Verkehrssicherung sei insoweit erforderlich gewesen, als die Zufahrt zur Einsatzstelle in Abstimmung mit der Polizei komplett abgesperrt worden sei, insbesondere um Schaulustige fernzuhalten. Die geltend gemachten Kosten seien auch nicht verjährt. Die Festsetzungsfrist betrage nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb KAG vier Jahre.
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Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligte sich mit Schriftsatz vom 5. März 2021 als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren und legte eine Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration vom 4. März 2021 vor, in dem die Auffassung vertreten wird, dass der Aufwendungsersatz im Sinne von Art. 28 Abs. 1, Abs. 4 BayFwG eine Abgabe im Sinne von Art. 10 Nr. 2 KAG sei, sodass die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb KAG gelte.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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1. Über die Berufung kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO).
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2. Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kostenbescheid der Beklagten vom 23. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Haßberge vom 18. Mai 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid des Landratsamts Haßberge und im Urteil des Verwaltungsgerichts verwiesen.
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a) Gegen die Höhe der geltend gemachten Kosten bestehen auch unter Berücksichtigung der Berufungsbegründung keine rechtlichen Bedenken.
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Die Höhe der Strecken-, Ausrückestunden- und Personalkosten errechnet sich für die zum Einsatz gekommenen Feuerwehrfahrzeuge und das eingesetzte Feuerwehrpersonal aus der Satzung der Beklagten über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen städtischer Feuerwehren vom 23. März 2012 und der in der Anlage zu dieser Satzung festgelegten Pauschalsätze. Gegen die Gültigkeit der Satzung und der Pauschalsätze (vgl. hierzu grundlegend BayVGH, U.v. 18.7.2008 - 4 B 06.1839 - BayVBl 2009, 149 = juris Rn. 25 f.) sind rechtliche Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich. Maßgeblich für die Höhe der Kosten sind in erster Linie die eingesetzten Feuerwehrfahrzeuge, da jedes Fahrzeug eine standardmäßige Besatzung besitzt. Anhaltspunkte dafür, dass Personal über die standardmäßige Besatzung hinaus eingesetzt worden wäre, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Der Einsatz der im streitgegenständlichen Bescheid angesetzten Feuerwehrfahrzeuge war notwendig im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG.
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aa) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend zugrunde gelegt, dass die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten nicht mit einer unangemessen hohen Anzahl an Einsatzfahrzeugen ausgerückt ist. Zur Begründung im Einzelnen wird auf das Urteil (UA S. 14 f.) verwiesen. Das stellt der Kläger in der Berufungsbegründung auch nicht infrage. Die Streckenkosten der eingesetzten Feuerwehrfahrzeuge und auch die Ausrückestundenkosten für die drei Fahrzeuge, die nach einer ersten Lageeinschätzung vor Ort wieder zurückgeschickt wurden und in die Feuerwache einrückten, sind daher schon aus diesem Grund notwendig angefallen.
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bb) Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht das Vorhalten der noch bis zum Abschluss der Bergungsarbeiten anwesenden vier Feuerwehrfahrzeuge mit den dazugehörigen Einsatzkräften als angemessen beurteilt. Es handelte sich um ein breit gestreutes Einsatzgeschehen anlässlich eines Flugzeugabsturzes, an dem u.a. mehrere Feuerwehren, die Polizei, der Rettungsdienst, die Wasserwacht, das Technische Hilfswerk und der Umweltbeauftragte der Beklagten beteiligt gewesen sind. Nach nachvollziehbarer fachlicher Einschätzung der Einsatzleitung waren insbesondere eine Kontrolle des Gewässers auf austretende Betriebsstoffe, die Einrichtung einer Ölsperre, die Sicherstellung des Brandschutzes während der Bergung, die Bereitstellung von Kräften zum Abpumpen vom ggf. austretenden Betriebsstoffen, die Überwachung der Bergung des Flugzeugs durch die eingesetzte Firma, die Sperrung von Zufahrtswegen (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 21.11.2019 - 4 B 19.649 - BayVBl 2020, 488) sowie weitere Nebentätigkeiten (z.B. Einsatzdokumentation und Versorgung der eingesetzten Feuerwehrleute) erforderlich. Das vermag der Kläger in der Berufungsbegründung nicht infrage zu stellen. Die Tätigkeit der mit der Bergung beauftragten Firma entband die ausgerückte Feuerwehr nicht von ihrer Aufgabe, die im Verlauf der Bergung nicht auszuschließenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden bzw. solchen Gefahren durch - eventuell erforderliche - technische Hilfestellungen vorzubeugen. Zu Recht weist die Beklagte im Berufungsverfahren darauf hin, dass solche Gefahren zu befürchten waren. Soweit sie nicht eingetreten sind, war das Vorhalten der Feuerwehrfahrzeuge für den Fall des Eintretens dieser Gefahren dennoch angemessen. Im Widerspruchsbescheid des Landratsamts Haßberge vom 18. Mai 2018 wird im Einzelnen dargelegt, zu welchem Zweck die Fahrzeuge, die bis zum Ende der Bergung noch anwesend waren, vorgehalten wurden. Dort wird angeführt, dass neben dem Kommandotransportwagen (KdoW) für die Einsatzleitung das Fahrzeug LF 16/12 wegen der unsicheren Bergungsaktion, wegen der besonderen ökologischen Sensibilität des Sichelsees zur Beobachtung und zum sofortigen Eingreifen bei weiteren wassergefährdenden Flüssigkeitsaustritten vorgehalten wurde. Ein weiteres Fahrzeug (RW) diente dem Transport des tatsächlich zu Wasser gebrachten Schlauchboots, welches auch zur Beobachtung von möglichem Ölaustritt eingesetzt worden war. Das Mehrzweckfahrzeug (MZF) hat danach dazu gedient, die Absperrposten zu den geplanten und notwendigen Straßenabsperrungen zu bringen. Auch wenn es sich um einen Feldweg gehandelt hat, so war entgegen dem Vorbringen des Klägers in der Berufungsbegründung dessen Sperrung zur Sicherstellung einer gefahrlosen Bergung des Leichtflugzeugs gleichwohl notwendig, zumal sich, wie sich aus den von der Beklagten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Bildern ergibt, bereits Schaulustige an der Unfallstelle eingefunden hatten. Es ist daher auch nachvollziehbar, dass die Bergung des Leichtflugzeugs aus dem Sichelsee durch den auf einem LKW aufgebrachten Kran mittels Heranziehen des Flugzeugs ans Ufer und des anschließenden Anhebens der Überwachung bedurfte und dass dieser Bereich auch abgesichert werden musste.
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cc) Schließlich war auch nicht unangemessen, dass ein weiteres Fahrzeug (MTW) nachbeordert wurde, um neben dem Nachholen von Einsatzmaterial vom Feuerwehrgerätehaus zur Einsatzstelle auch die Versorgung der Einsatzkräfte mit Lebensmitteln und Getränken während des über dreistündigen Einsatzes sicherzustellen.
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dd) Einer Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht insbesondere hinsichtlich der Frage, ob die Bergung des Flugzeugs fachgerecht durchgeführt wurde, bedurfte es nicht, da die Bergung aus den dargelegten Gründen (Brandschutz, Gefahr des Austritts vom Betriebsstoffen, Absperren der Bergungsstelle) der Überwachung bedurfte. Es ist nicht ersichtlich, welche entscheidungserhebliche Tatsache noch zu ermitteln gewesen wäre. Auch haben die Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts - und im Übrigen auch im Berufungsverfahren - keinen Beweisantrag gestellt.
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b) Die Entscheidung der Beklagten, die angefallenen erforderlichen Kosten für den Feuerwehreinsatz in Rechnung zu stellen, leidet auch an keinen Ermessensfehlern. Die Geltendmachung der Kosten entspricht dem Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung gemäß Art. 61 Abs. 2 Satz 1 GO. Gründe für einen Nachlass der Kosten aus Billigkeitsgründen liegen nicht vor, zumal Kosten aus Unfällen mit Fahrzeugen in der Regel versichert sind.
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c) Die Kostenfestsetzung ist auch nicht verjährt. Entgegen der Berufungsbegründung unterliegt der Aufwendungsersatzanspruch für Feuerwehreinsatzkosten gemäß Art. 28 BayFwG der vierjährigen Festsetzungsfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b, Doppelbuchst. bb, Spiegelstrich 3 KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 AO. Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGBGB, der eine dreijährige Erlöschensfrist für Geldforderungen der Gemeinden vorsieht, ist nicht anwendbar.
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Zahlungsverpflichtungen aufgrund von Feuerwehreinsätzen sind Kommunalabgaben im Sinne des Art. 10 Nr. 2 KAG. Nach dieser Regelung gelten die Vorschriften des II. Abschnitts des Kommunalabgabengesetzes - auch - für Abgaben der Gemeinden, die aufgrund anderer Gesetze erhoben werden, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der II. Abschnitt des KAG fasst die allgemeinen Regeln zusammen, die für die Erhebung von Kommunalabgaben gelten, seien es Kommunalabgaben nach dem I. Abschnitt des KAG, seien es Abgaben, die aufgrund anderer Gesetze erhoben werden. Um eine Vereinheitlichung des Abgabenrechts zu erreichen und um unvollständige Regelungen zu ergänzen, enthält der II. Abschnitt des KAG ein geschlossenes Verfahrensrechtssystem für die Kommunalabgaben. In dieser Zusammenfassung des Gemeinsamen liegt die besondere Bedeutung des II. Abschnitts für eine einheitliche Rechtsanwendung (vgl. zum Ganzen Happ in Schieder/Happ, KAG, 3. Aufl. 2018, Art. 10 Rn. 1).
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Bei dem Begriff Abgabe handelt es sich um einen allgemeinen finanzwissenschaftlichen und verwaltungsrechtlichen Begriff, der im Bundes- und Landesrecht vielfach verwendet wird, ohne jedoch gesetzlich definiert zu sein. Unter Abgaben versteht man im Allgemeinen Geldleistungen, die von öffentlichen Bedarfsträgern aufgrund gesetzlicher Vorschriften in Ausübung hoheitlicher Gewalt den Einzelnen auferlegt werden, und die mindestens auch der Einnahmebeschaffung dienen (vgl. Happ, a.a.O. Art. 1 Rn. 2). Innerhalb kommunaler Abgaben wird unterschieden zwischen solchen im engeren Sinne (nur die, die ihre Ermächtigungsnorm bzw. Rechtsgrundlage im KAG haben) und Kommunalabgaben im weiteren Sinne (einschließlich z.B. der Realsteuern, des Erschließungsbeitrags nach §§ 127 ff. BauGB, Kleineinleiterabgaben nach Art. 8 Abs. 3 BayAbwAG, öffentlichrechtliche Erstattungsansprüche im Sinne von Art. 9 KAG). Auch Stellplatzablösebeträge nach Art. 47 BayBO (vgl. BayVGH, U.v. 29.1.2004 - 2 B 02.1445 - BayVBl 2004, 1445 = juris Rn. 14) und Sondernutzungsgebühren nach Art. 18 Abs. 1 BayStrWG (vgl. BayVGH, U.v. 3.4.1998 - 8 B 97.2351 - BayVBl 1999, 308 = juris Rn. 11) sind Kommunalabgaben im weiteren Sinn.
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Auch Kosten, die nach Art. 28 BayFwG erhoben werden, sind Kommunalabgaben im weiteren Sinne (ebenso Forster/Pemler/Remmele, Bayerisches Feuerwehrgesetz, Stand 45. EL 2019, Art. 28 Rn. 11; Schober, Kostenersatz nach Feuerwehreinsätzen in Bayern, 3. Aufl. 2017, Rn. 87, 84a). Es handelt sich um eine aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift hoheitlich durch eine Kommune einem Einzelnen auferlegte Geldzahlungspflicht, die - unstreitig - mindestens auch der Einnahmebeschaffung dient (vgl. BayVGH, U.v. 14.12.2011 - 4 BV 11.895 - BayVBl 2012, 373 = juris Rn. 28). Wegen der Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung handelt es sich um eine Benutzungsgebühr im weiteren Sinne. Besonders deutlich wird das, wenn die Gemeinde - wie hier - gemäß Art. 28 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 BayFwG durch Satzung Pauschalsätze für den Ersatz der Kosten bei der Erfüllung der Aufgaben nach Art. 4 BayFwG festlegt, für die dann nach Art. 28 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 BayFwG Art. 8 KAG, der die Benutzungsgebühren regelt, und Art. 2 KAG, der Anforderungen für Abgabesatzungen stellt, entsprechend gelten.
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Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGBGB ist auch keine abweichende Bestimmung im Sinne von Art. 10 Nr. 2 KAG, die den Festsetzungsfristen des Kommunalabgabengesetzes als lex specialis vorginge. Vielmehr ist, wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil (UA S. 17) zutreffend ausgeführt hat, Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGBGB eine Auffangvorschrift für sonstige Geldforderungen der Gemeinde, die wegen der Regelung für Kommunalabgaben im II. Abschnitt des Kommunalabgabengesetzes nicht einschlägig ist.
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Der Umstand, dass es sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. bereits B.v. 26.2.2009 - 4 CS 08.3123 - juris Rn. 5; B.v. 18.8.2011 - 4 CS 11.504 - juris Rn. 6) bei dem Aufwendungsersatzverlangen nach Art. 28 BayFwG nicht um die Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO handelt, spricht nicht dagegen, den Kostenersatz nach Art. 28 BayFwG als Abgabe im Sinne von Art. 10 Nr. 2 KAG anzusehen. Zum einen ist der im Kommunalabgabengesetz verwendete Begriff der Kommunalabgabe nicht identisch mit dem Begriff der Abgabe in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO (vgl. Happ, a.a.O. Art. 1 Rn. 1). Für den Wegfall des Suspensiveffekts in Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO ist das Interesse an der Stetigkeit des Mittelzuflusses zur Sicherstellung einer geordneten Haushaltsführung der öffentlichen Hand die maßgeblich tragende Erwägung, die bei den nur fallweise entstehenden Feuerwehreinsatzkosten nach Art. 28 BayFwG nicht dieselbe Bedeutung hat. Zum anderen ist § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO restriktiv auszulegen, weil die in § 80 Abs. 1 VwGO vorgesehene aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage eine Ausprägung der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie und eine fundamentale Regel öffentlichrechtlicher Anfechtungsprozesse ist.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
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4. Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.