Titel:
Ermittlung der für die Vermessungsgebühren maßgeblichen Baukosten
Normenketten:
BayVermKatG Art. 14
BayGebOVerm § 6
Leitsätze:
1. Bei den für die Benutzungsgebühren der Vermessungsbehörden maßgeblichen Baukosten handelt es sich nicht um die tatsächlichem Baukosten, denn im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung ist das genehmigte Bauwerk noch nicht errichtet. Für die Höhe der Baukosten sind grundsätzlich die Angaben maßgebend, die der Bauherr hierzu im Baugenehmigungsverfahren entsprechend den Vorschriften der Bauvorlagenverordnung zu machen hat. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Baukostenermittlung sind insoweit die im Bauvorhaben selbst liegenden besonderen Umstände zu berücksichtigen (etwa Untergrundverhältnisse, Grundwasserstand, Grundwasserschutzmaßnahmen, Baumschutzmaßnahmen, Fassadengestaltung, Dachgestaltung, verwendete Baumaterialien, Innenausstattung, kostengünstige Vertragsgestaltung bei Realisierung gleichartiger Bauvorhaben usw.). (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Nach dem abstrakt-typisierenden Ansatz des Abgabenrechts ist es im Interesse der Gebührengerechtigkeit nicht zu beanstanden, wenn die Vermessungsverwaltung die von der Baugenehmigungsbehörde mitgeteilten Baukosten, die der Baugenehmigung zugrunde gelegt worden sind, als Maßstab für die Bemessung der Vermessungsgebühren zugrunde legt. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein nach Stellung des Bauantrags abgeschlossene Werkvertrag über die Erstellung eines schlüsselfertigen Reiheneckhauses zu einem Festpreis ist nicht geeignet, die grobe Unrichtigkeit der ursprünglichen Angaben im Baugenehmigungsverfahren zu belegen, da nicht die tatsächlichen Baukosten maßgeblich sind, sondern die im Zeitpunkt der Genehmigung als objektiv erforderlich zu prognostizierenden Baukosten. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abschluss eines notariellen Werkvertrags nach Stellung des Bauantrags durch das Planungsbüro und vor Erteilung der Baugenehmigung, vereinbarter Festpreis, Dreispänner, Reiheneckhaus, Drittelung der im Baugenehmigungsverfahren angegebenen Baukosten, Landvermessung, Vermessungsbehörden, Gebühren, Bemessung, Baukosten, maßgeblicher Zeitpunkt, Bauantrag, nachträgliche Festpreisvereinbarung
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 28.02.2018 – M 23 K 17.3572
Fundstelle:
BeckRS 2021, 10942
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten hin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Verfahrenskosten in beiden Instanzen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Höhe der Gebühren für die Vermessung des klägerischen Reiheneckhauses (mit Garage), K.str. 8 in M. (Fl.Nr. 768/24 der Gemarkung P.).
2
Am 23. Januar 2015 stellte das als Bauherr auftretende Planungsbüro (K. UG & Co. KG) bei der Lokalbaukommission der Landeshauptstadt M. einen Bauantrag für das Gesamtvorhaben „Neubau von 3 Reihenhäusern mit Garage und Stellplatz“ auf dem Grundstück K.str. 8 in M. (Fl.Nr. 768/6 der Gemarkung P.). Dabei wurden im Rahmen der Baubeschreibung zum Bauantrag Gesamtkosten in Höhe von 1.134.071,10 EUR angegeben (für die drei Wohnhäuser 1.112.136,10 EUR und die beiden Garagen 22.735,00 EUR).
3
Die Kläger erwarben eine 193 qm große Teilfläche des Grundstücks Fl.Nr. 768/6 der Gemarkung P. mit notariellem Kaufvertrag vom 12. Februar 2015 von einer Erbengemeinschaft und schlossen am selben Tag einen notariellen Werkvertrag mit der E.G. UG über die Errichtung eines Reihenhauses zum Festpreis von 260.000 EUR (inkl. gesetzlicher Mehrwertsteuer).
4
Das Planungsbüro erhöhte am 3. März 2015 durch handschriftliche Änderung in der Baubeschreibung zum Bauantrag vom 23. Januar 2015 den ursprünglich im Bauantrag angegebenen Index für die drei Wohnhäuser von 530 EUR/m3 auf 580 EUR/m3, die Gesamtkosten für die drei Wohnhäuser von 1.112.136,10 EUR auf 1.217.054,60 EUR und die Baukosten für das Gesamtvorhaben im Baugenehmigungsverfahren von 1.134.071,10 EUR auf „1.239.790,00 EUR“.
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Mit Schreiben vom 6. Mai 2015 teilte die Lokalbaukommission der Landeshauptstadt M. gegenüber der Vermessungsverwaltung mit, das Bauvorhaben sei mit Bescheid vom 6. Mai 2015 genehmigt worden. Außerdem wurden die Baukosten mit 1.239.789,60 EUR angegeben.
6
Nach der am 9. Mai 2017 erfolgten Einmessung des klägerischen Reiheneckhauses (mit Garage) sind von den Klägern mit Kostenrechnung vom 7. Juli 2017 Kosten anhand des Baukostenrahmens von über 300.000 bis 500.000 EUR gem. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verordnung über die Benutzungsgebühren der unteren Vermessungsbehörden vom 15. März 2006 (GVBl S. 160, BayRS 2013-2-9-F, zuletzt geändert durch § 1 Abs. 33 der VO v. 26.3.2019, GVBl S. 98 - GebOVerm) in Höhe von 1.140,48 EUR für die Einmessung erhoben worden (Gebühr in Höhe von 990 EUR plus 19% Umsatzsteuer aus 80% von 990 EUR).
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Mit Schreiben vom 13. Juli 2017 wandten sich die Kläger unter Vorlage des notariellen Werkvertrags vom 12. Februar 2015 zunächst formlos an den Beklagten und beanstandeten die Anwendung des Kostenrahmens von über 300.000 EUR bis 500.000 EUR, da die Baukosten (einschließlich der Baunebenkosten) unter 300.000 EUR lägen. Die festzusetzende Gebühr dürfe lediglich 650 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer betragen.
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Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 24. Juli 2017 an der Kostenrechnung vom 7. Juli 2017 festhielt, erhoben die Kläger am 1. August 2017 Klage zum Verwaltungsgericht und beantragten sinngemäß, den Beklagten zu verpflichten, über eine Reduzierung der Kostenrechnung vom 7. Juli 2017 in Höhe von 391,68 EUR unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Zur Begründung führten die Kläger im Wesentlichen aus, es seien tatsächliche Baukosten in Höhe von 260.000 EUR zuzüglich weiterer Kosten für die Erstellung der Außenanlagen, der Ersatzbepflanzung und Anschlusskosten in Höhe von insgesamt 15.700 EUR angefallen. Maßgeblich für die Gebührenbemessung seien die tatsächlichen Baukosten, hilfsweise dürften die üblichen Baukosten herangezogen werden.
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Das Verwaltungsgericht verpflichtete den Beklagten mit Urteil vom 28. Februar 2018, über eine Reduzierung der Kostenrechnung vom 7. Juli 2017 in Höhe von 391,68 EUR unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Es sei zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte hinsichtlich der Gebührenberechnung auf die von der Baugenehmigungsbehörde mitgeteilten Baukosten abstelle. Allerdings bestehe für den vorliegenden Fall die Besonderheit, dass in der Baubeschreibung keine individuellen Baukosten für das Reihenhaus der Kläger angegeben worden seien, sondern sich der angegebene Betrag vielmehr auf den Dreispänner insgesamt bezogen habe. Die vom Beklagten vorgenommene pauschale Drittelung dieser Gesamtbaukosten zur Errechnung der Baukosten des Vorhabens der Kläger sei jedenfalls dann nicht sachgerecht, wenn - so wie hier durch Vorlage eines notariellen Werkvertrags, der vor Erteilung der Baugenehmigung geschlossen worden sei - belegt werde, dass die tatsächlichen Baukosten für das Bauvorhaben der Kläger deutlich niedriger gewesen seien als die vom Beklagten vorgenommene Quotelung der Gesamtbaukosten. Im Übrigen erscheine es auch zweifelhaft, ob und inwieweit die Angaben zu den Baukosten im Bauantrag vom 23. Januar 2015 den Klägern zugerechnet werden könnten.
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Mit der mit Beschluss vom 31. August 2020 wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassenen Berufung (19 ZB 18.1485) macht der Beklagte geltend, § 6 Abs. 1 GebOVerm verweise zur Bestimmung des Begriffs der Baukosten ausdrücklich auf Nr. 2.I.1/2.1 der Anlage zum Kostenverzeichnis. Nach dieser Bestimmung sei von den Kosten auszugehen, die unter bestimmten Umständen wie Ort der Bauausführung und Zeitpunkt der Baugenehmigung für das Bauvorhaben erforderlich seien. Damit werde ein eindeutiger Gegensatz der erforderlichen Kosten zu den tatsächlichen Baukosten normativ hergestellt, der durch Nr. 2.I.1/2.1 Satz 2 der Anlage zum Kostenverzeichnis bekräftigt werde, wonach Einsparungen durch Eigenleistungen (Material und Arbeitsleistungen) nicht zu berücksichtigen seien. Bei den Baukosten, die der Berechnung der Vermessungsgebühr nach § 6 GebOVerm zugrunde zu legen seien, handle es sich also um eine objektive bzw. objektiv bestimmbare Größe mit der Konsequenz, dass ausnahmsweise nicht oder nicht in vergleichbarer Höhe wie „normalerweise“ anfallende Baukosten nicht außer Betracht bleiben könnten. Um einen Ausnahmefall normalerweise nicht so niedriger tatsächlicher Baukosten handle es sich hier bei den 260.000 EUR nebst einigen weiteren Kosten, die aber 300.000 EUR nicht erreichten und von den Klägern als Grundlage der Berechnung beansprucht würden. Wenn die Kläger, als sie nach bereits erteilter Baugenehmigung in das Bauvorhaben „eingestiegen“ seien, besonders günstige Konditionen in Gestalt des benannten Festpreises erzielt hätten, komme das Einsparungen durch Eigenleistungen soweit gleich, dass es ebenso wie diese zu bewerten sei. Wenn es nach Bauvollendung bei dem bei Eintritt in das Bauvorhaben vereinbarten, besonders günstigen Festpreis bleibe, sei das nicht geeignet, die im Zeitpunkt der vorangegangenen Baugenehmigung erforderlichen Baukosten als die richtige Basis für die Berechnung der Vermessungsgebühr zu widerlegen. Der Entstehungsgeschichte des § 6 Abs. 1 GebOVerm (soweit recherchierbar) sei zu entnehmen, dass es dem Normgeber darauf angekommen sei, die Gebühren für die Verwaltungsleistungen der Baugenehmigung und der Vermessung anhand der gleichen Grundlage zu bemessen. Divergierende Kostenentscheidungen sollten vermieden werden, die beiden Verwaltungsleistungen sollten vielmehr ausgehend von der gleichen Grundlage berechnet werden. Dieser Gedanke der Kongruenz würde umgangen, wenn trotz - wie hier - bestandskräftig festgesetzter Baugenehmigungsgebühr, die von Baukosten in einer bestimmten Größenordnung ausgehe, der Vermessungsgebühr eine ganz andere Größenordnung bei den Baukosten zugrunde gelegt würde. Dies bestätige auch Nr. 12.1.4 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 14. Oktober 1985 Nr. IZ6-1052-20/12 über den Vollzug des Kostengesetzes (Kosten <Gebühren und Auslagen> in Bausachen), MABl. 1985, 630. Unerheblich sei, dass die Kläger im Baugenehmigungsverfahren nicht als Bauherrn aufgetreten seien. Sie hätten eine bereits erteilte Baugenehmigung benutzt, ohne dabei auch nur am Rande zu erwähnen, dass sie, hätten sie selbst das Baugenehmigungsverfahren betrieben, andere Angaben zu den Baukosten gemacht hätten. Objektiv seien Anhaltspunkte dafür nicht ersichtlich, dass die vom ursprünglichen Bauherrn gegenüber der Baugenehmigungsbehörde nach oben korrigierten Baukosten aufgrund dieser Korrektur unrealistisch hoch gewesen wären. Dergleichen wäre jedoch erforderlich, um die berechtigte Orientierung an den von der Baugenehmigungsbehörde mitgeteilten Baukosten zu beseitigen.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 28. Februar 2018 zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie führen aus, nach der Senatsrechtsprechung bestehe keine Bindung der Vermessungsbehörde an das Ermittlungsergebnis der Baugenehmigungsbehörde. Beiden Behörden obliege eine eigene Prüfungspflicht für die im Zeitpunkt der Baugenehmigung als objektiv erforderlich zu prognostizierenden Baukosten. Substantiierten Einwendungen gegen zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung angenommene Baukosten müssten nach der Rechtsprechung des Senats daher Rechnung getragen werden. Solche Einwendungen seien vorliegend von den Klägern substantiiert dargelegt und vom Beklagten erstinstanzlich auch nicht bestritten worden. Zudem habe der Beklagte auf die Vorlage weitergehender Nachweise durch die Kläger - wie von diesen angeboten - verzichtet. Den Klägern erschließe sich nicht, wie überhaupt jemals eine abweichende Bemessungsgrundlage möglich sein solle, wenn die vorliegenden Einwendungen keine Berücksichtigung finden sollten. Dies führe faktisch doch zu einer Bindungswirkung der Feststellungen der Baugenehmigungsbehörde für das Vermessungsverfahren, was gerade nicht dem Willen des Verordnungsgebers entspreche. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass der Festpreis in Höhe von 260.000 EUR für die Erstellung eines schlüsselfertigen Reihenhauses vertraglich bereits am 12. Februar 2015 vereinbart worden sei, mit Ausnahme von Anschlusskosten und Kosten für Zaun, Mülltonnenbox, Rasen und Ersatzpflanzung eines Baumes. Die über den Festpreis hinausgehenden Kosten seien bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung prognostizierbar und führten nicht dazu, dass die Gesamtkosten über 300.000 EUR lägen. Der streitgegenständliche Fall betreffe ausdrücklich nicht Einsparungen durch Eigenleistungen, da der Festpreis zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung bereits vereinbart gewesen sei. Im Baugenehmigungsverfahren seien dem Index entsprechende Angaben gemacht worden. Würden im Baugenehmigungsverfahren Kosten angenommen, die vom Index abwichen, verzögere dies den Genehmigungsprozess erheblich. Eine Verzögerung der Genehmigung führe in Ballungsräumen mit hohen Immobilienpreisen zu einem enormen finanziellen Druck, im Vergleich zu den etwaig erhöhten Genehmigungskosten, die nur marginal ins Gewicht fielen. Das aus einer solchen Praxis nun auch noch weitere finanzielle Nachteile für den Bauherrn aufgrund einer vermeintlichen Bindungswirkung auch im Vermessungsverfahren entstehen sollte, sei unbillig. Hierdurch werde auch die im Gesetz verankerte Vorrangigkeit von tatsächlichen gegenüber den gewöhnlichen Herstellungskosten konterkariert. Den Klägern seien die Kostenangaben im Baugenehmigungsverfahren erstmals im Vermessungsverfahren bekannt geworden, sodass es vor dem Kostenbescheid im Vermessungsverfahren keinerlei Anlass zu einer dementsprechenden Befassung bzw. Äußerung gegeben habe.
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Mit Schreiben vom 27. November 2020 und 2. Dezember 2020 haben die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
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Im Übrigen wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Über die Berufung konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§§ 101 Abs. 2, 125 Abs. 1 VwGO).
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Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Unrecht dazu verpflichtet, über eine Reduzierung der Kostenrechnung vom 7. Juli 2017 in Höhe von 391,68 EUR unter Beachtung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsauffassung zu entscheiden. Die Kostenrechnung erweist sich als rechtmäßig; sie verletzt die Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klage ist daher unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.
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Die streitgegenständliche Kostenrechnung vom 7. Juli 2017 ist nicht zu beanstanden.
21
Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Kostenrechnung bildet Art. 14 des Gesetzes über die Landvermessung und das Liegenschaftskataster vom 31. Juli 1970 (BayRS 219-1-F, in der Fassung durch § 1 Abs. 181 der VO v. 26.3.2019, GVBl. S. 98, Vermessungs- und Katastergesetz - VermKatG) i.V.m. § 6 Abs. 1 der Verordnung über die Benutzungsgebühren der unteren Vermessungsbehörden v. 15.3.2006 (GVBl. 2006, S. 160, BayRS 2013-2-9-F, in der Gültigkeit v. 26.3.2019, GVBl. 2019, S. 98 - GebOVerm). Gemäß Art. 14 Abs. 2 VermKatG werden für die Vermessung und katastertechnische Behandlung der Gebäudeveränderungen sowie für die in Verbindung damit notwendig werdenden Grenzfeststellungen Gebühren und Auslagen erhoben. Die Bestimmung des § 6 GebOVerm regelt die Gebühren für die Vermessung und katastertechnische Behandlung von Gebäudeveränderungen; nach § 8 Abs. 3 VermKatG gehört auch die Errichtung von Neubauten zu den Gebäudeveränderungen. Nach § 6 Abs. 1 GebOVerm werden den Vermessungsgebühren die Baukosten gem. Nr. 2.I.1/2.1 der Anlage zum Kostenverzeichnis (KVz - v. 12.10.2001, GVBl. S. 766, zuletzt geändert durch V.v. 1.11.2019, GVBl. S. 640), hilfsweise die gewöhnlichen Herstellungskosten, zu Grunde gelegt. Nach Tarifstelle 2.I.1/2.1 der KVz-Anlage ist, soweit die Gebühren nach den Baukosten berechnet werden, von den Kosten (einschließlich USt) auszugehen, die am Ort der Bauausführung im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung zur Vollendung des zu genehmigenden Vorhabens erforderlich sind, wobei Einsparungen durch Eigenleistungen (Material und Arbeitsleistungen) nicht zu berücksichtigen sind.
22
Zur weiteren Bestimmung des Begriffs der Baukosten in der KVz-Anlage kann auf die Rechtsprechung zur Baugenehmigungsgebühr zurückgegriffen werden, nachdem nicht nur die Vermessungsgebühren, sondern - wie die Tarifstellen unter 2.I.1/1.24 der KVz-Anlage ergeben - auch die Baugenehmigungsgebühren auf der Grundlage der Baukosten und damit auch der Tarifstelle 2.I.1/2.1 der KVz-Anlage festgesetzt werden.
23
Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Juni 1983 (Az. 14 B 80 A. 1243 - BayVBl 1984 S. 50) ergibt sich aus der Wendung in Tarifstelle 2.I.1/2.1 der KVz-Anlage „… die … im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung zur Vollendung des zu genehmigenden Vorhabens erforderlich sind“, dass nicht auf die tatsächlichen Baukosten abzustellen ist, denn im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung ist das genehmigte Bauwerk noch nicht errichtet. Die tatsächlichen Baukosten entstehen nicht im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung, sondern erst bei der anschließenden Bauausführung. Nach den Urteilen des Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Februar 2003 (Az. 2 B 99.2523, juris Rn. 28 ff. sowie Az. 2 B 00.1313 - juris Rn. 22 ff.) sowie dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 10. April 2006 (15 BV 05.664 - juris Rn. 18 ff.) sind für die Höhe der Baukosten grundsätzlich die Angaben maßgebend, die der Bauherr hierzu im Baugenehmigungsverfahren entsprechend den Vorschriften der Bauvorlagenverordnung zu machen hat. Bei der Baukostenermittlung sind insoweit die im Bauvorhaben selbst liegenden besonderen Umstände zu berücksichtigen (etwa Untergrundverhältnisse, Grundwasserstand, Grundwasserschutzmaßnahmen, Baumschutzmaßnahmen, Fassadengestaltung, Dachgestaltung, verwendete Baumaterialien, Innenausstattung, kostengünstige Vertragsgestaltung bei Realisierung gleichartiger Bauvorhaben usw.). Nur dann, wenn Angaben des Bauwerbers über die Baukosten fehlen oder wenn im Rahmen dieser Angaben die Baukosten so niedrig beziffert werden, dass sie unter Zugrundelegung der konkreten Umstände keinen realistischen Bezug mehr zu den objektiv erforderlichen Baukosten aufweisen (im U.v. 10.4.2006, Rn. 18, wird ausgeführt, mehr als eine Plausibilitätsprüfung sei in diesem Zusammenhang nicht veranlasst), kann auf einen Baukostenindex zurückgegriffen werden.
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Nach dem abstrakt-typisierenden Ansatz des Abgabenrechts ist es im Interesse der Gebührengerechtigkeit nicht zu beanstanden, wenn die Vermessungsverwaltung die von der Baugenehmigungsbehörde mitgeteilten Baukosten, die der Baugenehmigung zugrunde gelegt worden sind, als Maßstab für die Bemessung der Vermessungsgebühren zugrunde legt. Der Verordnungsgeber hat mit seiner Entscheidung, sowohl der Baugenehmigungsgebühr sowie der Vermessungsgebühr die Baukosten i.S.d. Tarifstelle 2.I.1/2.1 der KVz-Anlage zugrunde zu legen, sowohl der Baugenehmigungsbehörde als auch der Vermessungsbehörde die Prüfung auferlegt, welche Kosten (einschließlich USt) am Ort der Bauausführung im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung zur Vollendung des zu genehmigenden Vorhabens erforderlich sind. Er hat hiermit eine Kongruenz des gebührenrechtlichen Maßstabs im Baugenehmigungs- und Vermessungsverfahren beabsichtigt. Eine Bindung der Vermessungsbehörde an das Ermittlungsergebnis der Baugenehmigungsbehörde ist jedoch nicht vorgesehen. Deswegen muss offenkundig unrichtigen Feststellungen im vorangegangenen Verfahren und substantiierten Einwendungen gegen die Bemessungsgrundlage durch eine eigenständige Prüfung und ggf. durch Ansatz von Baukosten, die von den der Baugenehmigungsgebühr zugrundeliegenden abweichen, Rechnung getragen werden (zusammenfassend ebenso Senatsurteil vom 20.5.2020 - 19 BV 16.2449 - juris).
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Nach diesen Maßgaben hat der Beklagte zu Recht die Baukosten für das Gesamtvorhaben zugrunde gelegt, die von der Baugenehmigungsbehörde angenommen worden sind (1.239.789,60 EUR; der vom Planungsbüro in der Baubeschreibung zum Bauantrag handschriftlich auf 1.239.790,00 EUR abgeänderte Gesamtkostenbetrag basiert lediglich auf einem Rechenfehler). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Vorlage des von den Klägern nach Stellung des Bauantrags durch die K. UG & Co. KG abgeschlossenen Werkvertrags über die Erstellung eines schlüsselfertigen Reiheneckhauses zu einem Festpreis von 260.000 EUR (exklusive der Kosten für Zaun, Mülltonnenbox, Ersatzpflanzung eines Baums und Rasen sowie Anschlusskosten) nicht geeignet, die grobe Unrichtigkeit der ursprünglichen Angaben im Baugenehmigungsverfahren zu belegen, da nicht die tatsächlichen Baukosten maßgeblich sind, sondern die im Zeitpunkt der Genehmigung als objektiv erforderlich zu prognostizierenden Baukosten. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Werkvertrag vor der Erteilung der Baugenehmigung abgeschlossen und darin ein Festpreis vereinbart worden ist. Die Vereinbarung eines Festpreises bedeutet nicht, dass abweichende vertragliche Vereinbarungen (mit Auswirkungen auf den Festpreis) während der Bauphase ausgeschlossen wären (die Bau- und Leistungsbeschreibung eröffnet in Nr. 6.2 gerade die Erfüllung von <kostenpflichtigen> Sonderwünschen auch während der Bauphase). Zudem sind den Klägern nach der Erteilung der Baugenehmigung weitere Kosten entstanden, die nicht Gegenstand der werkvertraglichen Regelungen waren (Kosten für Zaun, Mülltonnenbox, Ersatzpflanzung eines Baums und Rasen sowie Anschlusskosten).
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Es ist außerdem unerheblich, dass die rechtskundigen Kläger (der Kläger zu 2 ist als Rechtsanwalt zugelassen und vertritt die Kläger selbst), die laut eigenen Aussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Kenntnis von dem laufenden Bauantrag gehabt haben, die Baugenehmigungsgebühr zu tragen hatten (Nr. 1.1 der Bau- und Leistungsbeschreibung) und sich offensichtlich weder Kenntnis von den Angaben in der Baubeschreibung zum Bauantrag noch von der Höhe der Baugenehmigungsgebühr verschafft haben (vermutlich, weil die Baugenehmigungsgebühr im Hauspreis enthalten war <Nr. 1.1 der Bau- und Leistungsbeschreibung> und sich eine geringere Baugenehmigungsgebühr nicht auf den Festpreis ausgewirkt hätte), im Baugenehmigungsverfahren nicht als Bauherren aufgetreten sind, da keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Angaben im Baugenehmigungsverfahren keinen realistischen Bezug mehr zu den objektiv erforderlichen Baukosten hatten. Zwar besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass die Angabe von höheren Baukosten im Bauantrag dazu führt, dass diese Grundlage der Gebührenberechnung werden (vgl. das im Zulassungsverfahren vorgelegte Schreiben der Baugenehmigungsbehörde vom 9.12.2019). Anhaltspunkte für überhöhte Angaben des Bauherrn, die Grundlage der Gebührenberechnung geworden wären, sind aber nicht ersichtlich. Vielmehr ist von dem als Bauherr aufgetretenen Planungsbüro (K. UG & Co. KG) der ursprünglich im Bauantrag angegebene Index für die drei Wohnhäuser von 530 EUR/m3 auf 580 EUR/m3 und sind die Baukosten für das Gesamtvorhaben im Baugenehmigungsverfahren von 1.134.071,10 EUR (bei einer Drittelung dieses Betrags wäre ebenfalls von einem Kostenrahmen gem. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GebOVerm von über 300.000 bis 500.000 EUR auszugehen gewesen) auf „1.239.790,00 EUR“ jeweils handschriftlich erhöht worden. Zwar sei der Grund für die Änderungen laut der Genehmigungsbehörde (vgl. Schreiben vom 9.12.2019) nicht mehr abschließend nachvollziehbar, es werde aber ein - der gängigen Verwaltungspraxis im Rahmen der Überprüfung der Baukosten auf Plausibilität im Falle von einer mehr als geringfügig nach unten abweichenden Baukostenangabe entsprechender - mündlicher Hinweis an den Bauherrn, dass seine ursprünglichen Kostenangaben mit einem Index von 530 EUR/m3 im Vergleich zu den im Jahr 2015 üblichen 580 EUR/m3 als zu niedrig angesehen würden, im Rahmen der Erstprüfung der Antragsunterlagen vermutet. Das als Bauherr aufgetretene Planungsbüro hat daraufhin nicht etwa eine nachvollziehbare Erläuterung der Baukosten abgegeben, sondern am 3. März 2015 besagte Änderungen der Angaben - entsprechend des vermuteten Hinweises der Baugenehmigungsbehörde - vorgenommen. Es ist insoweit davon auszugehen, dass das Planungsbüro zum Zeitpunkt der Änderung der Angaben Kenntnis von dem notariellen Werkvertrag der Kläger mit der E.G. UG vom 12. Februar 2015 und auch dem vereinbarten Festpreis hatte, da das Planungsbüro offensichtlich mit dem Bauunternehmen im Kontakt gestanden hat (ausweislich der dem Werkvertrag als Anlage beigefügten Bau- und Leistungsbeschreibung stellt das Planungsbüro sicher, dass alle Genehmigungen zur Verfügung gestellt werden, vgl. dort Nr. 1.1; ausweislich des Internetauftritts des Planungsbüros <nach Umwandlung nun in geänderter Rechtsform > wurden und werden auch andere <entsprechende> Wohnprojekte in Kooperation mit der E.G. UG durchgeführt). Trotzdem hat das Planungsbüro keine Anpassung der Baukosten nach unten (z.B. unter Vorlage des notariellen Werkvertrags vom 12.2.2015), sondern vielmehr eine Erhöhung vorgenommen (dass sich - wie die Kläger meinen - die Erteilung einer Baugenehmigung bei einer Angabe von vom Index abweichender Baukosten „erheblich“ verzögern würde, ist weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich). Daher ist davon auszugehen, dass die ursprünglichen Angaben des Planungsbüros nicht zu hoch, sondern zu niedrig angesetzt waren und der im notariellen Werkvertrag vom 12. Februar 2015 vereinbarte Festpreis lediglich Ausdruck eines guten Verhandlungsgeschicks der Kläger war oder seinen Grund in einer anderen Bauweise oder Ausstattung hatte (eine Änderung des Festpreises aufgrund von <kostenpflichtigen> Sonderwünschen war auch während der Bauphase möglich, siehe bereits oben). Letzteres würde im Falle der Unkenntnis des Planungsbüros umso mehr gelten.
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Eine unrichtige Berechnung der Vermessungskosten durch die Heranziehung des Kostenrahmens gem. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GebOVerm von über 300.000 EUR bis 500.000 EUR ergibt sich zudem nicht aus dem Umstand, dass der Beklagte eine Drittelung der im Baugenehmigungsverfahren angegebenen Baukosten des Gesamtvorhabens vorgenommen hat. Es ist nicht ersichtlich, dass bezüglich des klägerischen Vorhabens ein Anteil von unter einem Drittel anzunehmen ist, da die Errichtung eines Reiheneckhauses im Vergleich zur Erstellung eines Reihenmittelhauses kostenintensiver ist und daher eher ein höherer Anteil aus den Baukosten des Gesamtvorhabens auf das Reiheneckhaus der Kläger entfallen müsste (um den Kostenrahmen gem. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GebOVerm von über 125.000 EUR bis 300.000 EUR zu erreichen, müsste sich der auf das Reiheneckhaus der Kläger entfallende Anteil sogar auf unter 25% der Baukosten des Gesamtvorhabens belaufen).
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO i.V.m. § 167 Abs. 1 und 2 VwGO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, da die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe nicht vorliegen.